Zerrüttet - Ellie Brooks - E-Book

Zerrüttet E-Book

Ellie Brooks

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Beschreibung

Die 24-jährige Isabell hat gerade ihr Biologiestudium abgeschlossen und möchte nun zum Entsetzen ihrer Eltern ihr Geld mit ihrer Leidenschaft dem Eiskunstlaufen verdienen. Deshalb wird sie am Casting des Schneezauber, einer Bühnenshow auf Eis, teilnehmen. Zudem verliebt sie sich in den liebevollen Sven, der sie bei ihrem Vorhaben unterstützt. Ihr Glück könnte nicht perfekter sein, wenn ihr mangelndes Selbstwertgefühl sich ihr nicht ständig in den Weg stellen würden. Da nicht nur ihre Beziehung, sondern auch ihr Lebenstraum auf dem Spiel stehen, sieht Isabell sich gezwungen an sich selbst zu arbeiten.

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Inhaltsverzeichnis

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

EINS

»Isabell«, ruft Mama. Sie hat Frühstück gemacht und wartet nun darauf das Papa und ich runterkommen. Wir befinden uns beide im ersten Stock des geräumigen Einfamilienhauses, in dem wir zu dritt leben.

»Isabell«, ruft Mama erneut, diesmal lauter und gereizter, da ich nicht sofort auf ihren ersten Ruf reagiert habe.

»Ja, ich komme«, antworte ich und mache mich eilig auf den Weg ins Erdgeschoss. Dabei komme ich an Papas Büro vorbei, in dem mein Vater in Arbeit vertieft sitzt. Er wird heute wohl nicht mit uns frühstücken, was für ihn nicht ungewöhnlich ist. Der Parkettboden des Arbeitszimmers ist übersät mit Papierstapeln und ich frage mich, wie mein Vater dabei nur den Überblick behalten kann. Vorsichtig rollt er mit seinem Bürostuhl zur Seite, ohne dabei über die am Boden liegende Papiere zu fahren. Der große Holzschreibtisch ist bedeckt mit Akten, Dokumenten und Büchern, selbst der Drucker am Tischrand dient bereits als Ablagefläche. Der Tisch darunter ist kaum zu erkennen, was schade ist, da die Tischplatte ein sehenswertes Unikat aus Nussbaum ist. Ich verharre kurz an der Bürotür und Blicke auf Papas Hinterkopf. Mit den Jahren haben seine Haare sich weiß gefärbt, sind aber noch immer kräftig und voll. Ich stelle mir vor wie mein Vater mit vorgeschobener Unterlippe grübeln in einer seiner Akten blättert. Ich verwerfe den Gedanken ihn zu fragen, ob er gleich runterkommt, da er es nicht leiden kann bei der Arbeit gestört zu werden und gereizt reagieren würde. Mein Vater ist ein Workaholic und das ist noch eine Untertreibung. Er verbringt jede freie Minute mit Arbeiten, ob nun hier oder in seiner Firma, wo er 45 Angestellte managte. Er ist ein anerkannter Ingenieur und seine Firma kann sich vor Aufträgen kaum retten.

Auf dem Weg die Treppe runter kommt mir bereits ein wundervoller Geruch von frischen Brötchen entgegen, was mein Magen mit einem hungrigen Grummeln kommentiert.

Mama steht erwartungsvoll in der Küche. Ihr schulterlanges blondes voluminöses Haar wird von einem dicken Zopfgummi zusammengehalten, welches sie ausschließlich zum Backen trägt. Sie hat ihre blaue Schürze um mit dem Aufdruck ‚Chefkoch‘, die ich ihr zum 50. Geburtstag geschenkt habe. Meine Mutter ist schlank, attraktiv und wirkt deutlich jünger, was mich hoffen lässt, dass es bei mir auch so sein wird, wenn ich in ihrem Alter bin.

Mama hat sogar ihre selbstgebackenen Croissants vorbereitet, sie muss also schon einige Stunden in der Küche zugebracht haben. Ich liebe Mamas Croissants, sie sind kross und luftig zugleich, doch als Eiskunstläuferin muss ich auf mein Gewicht achten. Ich neige zwar nicht dazu schnell zuzunehmen, dennoch will ich bis zum Casting in perfekter Form sein und entscheide mich darum dazu, heute keines zu essen. Was auch bedeuten, dass Mama enttäuscht sein wird.

»Guten Morgen, Isabell.«

»Morgen.«, antworte ich knapp mit einem anschließenden Gähner.

Mama und ich beginnen, wie zu erwarten, ohne Papa zu frühstücken. Er ist noch immer in seinem Büro und wird auch erst runterkommen, wenn wir schon lange mit dem Frühstück durch sind. Die Stimmung ist angespannt, Mama kann es nicht ausstehen, wenn Papa ständig seine Arbeit vorzieht und sie allein am Essentisch warten lässt. Daran scheint sie sich auch nach all den Ehejahren nicht gewöhnen zu können.

Mama wirft einen Blick auf die unberührte Schüssel mit den Croissants und sieht mich vorwurfsvoll an.

»Möchtest du kein Croissant?«

»Nein Mama, du weißt doch ich möchte auf meine Ernährung achten.«

Mama rollt mit den Augen und funkelt mich böse an.

»Ein Croissant wird ja wohl nicht Fett machen. Zumal ich das ganze Theater eh nicht verstehe.«

Mama hat nur auf diesen Auslöser gewartet. Sie ist mit meiner Lebensplanung nicht einverstanden und nutzt jede Möglichkeit, um mich darauf aufmerksam zu machen. Obendrein benutzt sie mich auch als ein Ventil um die Enttäuschung über Papa rauszulassen, was in letzter Zeit zu meinem Leidwesen leider ständig vorkommt.

»Mama, als Eisläuferin muss ich schlank bleiben, das weißt du doch!«, antworte ich gereizt. Ich bin 24 Jahre alt und darf meiner Meinung nach wohl selbst entscheiden, was ich essen möchte. Doch meine Mutter kann es nicht lassen, sich in mein Leben einzumischen, nicht bevor ich nicht endlich, tue, was sie von mir erwartet. Doch ich habe mich entschieden, ich möchte professionelle Eiskunstläuferin werden.

»Aha. Du willst also immer noch dein Geld mit Eiskunstlauf verdienen?«, fragt Mama mit hochgezogenen Brauen und einem zynischen Blick.

»Ja.«, antworte ich knapp, da ich weiß, dass jedes weitere Wort nur eine Verschwendung ist, obwohl ich gerne schnippisch hinzugefügt hätte, dass sich meine Meinung seit gestern nicht geändert hat.

»Den Wunsch solltest du dir ganz schnell aus dem Kopf schlagen. Das ist eine brotlose Kunst. Damit kannst du kein Geld verdienen.«

»Wenn ich bei der Show Schneezauber angestellt werde, schon!«, entgegne ich, obwohl es überflüssig ist, da Mama schon längst von meinem Ziel weiß. Wieso kann sie meine Wünsche nicht einfach respektieren? Die häufigen Diskussionen und das Umgehen des Themas Eiskunstlaufen, machen mich mürbe und kosten Energie. Energie, die ich für mein Training bräuchte. Hinzu kommt noch, dass sie keine Ahnung von Eiskunstlaufen hat und daher überhaupt nicht in der Position ist, beurteilen zu können, ob ich damit Geld verdienen kann oder nicht. Aber würde ich meiner Mutter das an den Kopf werfen, würde sie nur noch sturer und bockiger reagieren. Denn wenn Mama von einem Thema eine Meinung hat, dann bleibt sie auch dabei, egal welch genialen Argumente ich hervorbringen könnte.

»Ja, wenn... Was meinst du wie viele junge Mädchen sich da bewerben? Du hast da keine Chance. Mach lieber was Vernünftiges. Du hast doch schon den Bachelor in Biologie. Mach doch einen passenden Master.«, entgegnet sie skeptisch.

Ich nicke nur schwach. Ich bin diese Diskussionen leid. Ich habe das Biologiestudium schon auf Drängen meiner Eltern hin absolviert. Eigentlich wollte ich mich schon damals direkt nach der Schule auf das Eiskunstlaufen konzentrieren. Klar, ich habe Mamas und Papas Argumente schon nachvollziehen können, da es leider nicht leicht ist mit meinem Hobby Geld zu verdienen. Allerdings habe ich schnell während des Studiums gemerkt, wie sehr mir das Eis fehlt. Ich war trotzdem regelmäßig trainieren, aber nicht mehr so intensiv wie vor dem Studium und in den Klausurenphasen teilweise mehrere Tage am Stück gar nicht.

Das Studium hat mir in erster Linie gezeigt, warum ich mir nichts anderes vorstellen kann, als so viel Zeit wie möglich auf dem Eis zu verbringen. Eiskunstlauf ist mein Leben, deswegen war ich auch sofort begeistert als ich online gelesen habe, dass die weltberühmte Show Schneezauber eine talentierte Eiskunstläuferin sucht. Es handelt sich beim Schneezauber um eine Bühnenshow, die ausschließlich auf dem Eis stattfindet. Mit pompösen Kostümen und adrenalinreichen Aufführungen.

Das Casting ist in vier Monaten Ende November, bis dahin muss ich in Topform sein. Als ich Mama und Papa davon berichtet habe waren sie geschockt und meinten nur, dass ich mir das lieber gründlich überlegen sollte. Schließlich könnte ich auch zum Oktober mit meinem Masterstudium beginnen. Aber für mich war das keine Option mehr, weshalb ich nun bei jeder Gelegenheit auf meinen vermeintlichen Fehltritt aufmerksam gemacht werde.

»Schön, wir werde diesen Zirkus nicht finanzieren.«, hat Mama mich bereits mehrfach wissen lassen und damit ihr Todesargument hervorgebracht. Schon immer haben meine Eltern ihr Geld als Waffe gegen mich verwendet. Zugegeben, sie haben mir immer alles finanziert und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Sie haben mir Dinge ermöglicht, wie Urlaubsreisen, teure Spielsachen und gute Klamotten die anderen Kinder von ihren Eltern nicht bekommen konnten. Zudem ist Eiskunstlaufen nicht gerade ein günstiges Hobby. Die Einzelstunden auf dem Eis haben einen stolzen Preis und hinzu kommen noch Ausgaben für die Ausrüstung, wie Schlittschuhe und Kostüme. Außerdem müssen auch die Reisen und Aufenthalte bei den unterschiedlichen Wettkampfsorten von den Sportlern getragen werden. Dennoch bin ich es leid, mir das immer wieder vorhalten lassen zu müssen. Mein Vater verdient sehr gut. Ihm tun diese Summen nicht weh. Doch meine Eltern haben es sich zur Angewohnheit gemacht mir immer, wenn sie verärgert sind oder möchten, dass ich etwas tue, was sie für richtig halten, damit drohen mich nicht mehr finanziell zu unterstützen. Deshalb habe ich bisher häufig getan, was sie von mir verlangten, da ich mir mein Hobby sonst nur unter großen Mühen hätte leisten können.

Doch diesmal lasse ich mich nicht erpressen. Immerhin habe ich einen Bachelorabschluss, womit ich mir einen passenden Job als biologisch technische Assistentin in der Nähe ergattern konnte. Dort arbeite ich nun fünf Tage die Woche abends im Labor, damit ich tagsüber zum Training gehen kann. Das Geld reicht gerade so für die nötigen Unterrichtseinheiten auf dem Eis aus, aber das mir egal. Hauptsache meine Eltern können mit ihrem Geld keinen Druck mehr auf mich ausüben.

Der Job im Labor ist zwar in Ordnung, kostet mich aber viel Zeit und Kraft. Von 10 Uhr bis 16 Uhr habe ich Training, danach arbeite ich von 17:30 bis 22 Uhr, um dann um 23 Uhr erschöpft ins Bett zu fallen. Dieses Pensum kann ich nicht ewig leisten, das spüre ich bereits, denn mir fehlt einfach Zeit zum Durchatmen und für die Erholung. Nur sonntags habe ich frei und die Zeit vergeht an diesem Tag meistens wie im Flug.

Im besten Falle ist es nur noch bis ich beim Schneezauber genommen werde und dann ist das Eislaufen meine Haupteinnahmequelle. Ich blicke auf die Uhr und schiebe meine Gedanken beiseite, denn es ist schon viertel vor neun und ich muss mich beeilen, um rechtzeitig um zehn Uhr beim Training zu sein. Leider befindet sich die Eiskunsthalle auf der anderen Seite der Stadt, wo ich mit dem Bus eine Stunde hin benötige. Total ätzend.

Ich lasse Mama am Frühstückstisch zurück, ohne ein weiteres Wort zu sagen und sprinte ins Bad. In Windeseile putze ich meine Zähne und schnappe mir meine bereits gepackte Sporttasche. Mein Trainer wird sauer, wenn wir zu spät kommen. Unglücklicherweise ist es mir schon einige Male passiert.

»Tschüss.«, rufe ich noch bevor ich vor die Haustür trete. Ich erschrecke als ich den Bus von weitem schon sehen kann. Ich setze zu einem Sprint zur hundert Meter entfernten Bushaltestelle an, doch der Bus überholt mich 50 Meter vor der Haltestelle. Unter meiner Tasche klebt mein T-Shirt an mir und Schweißperlen bilden sich auf meiner Nase, da wir bereits über 20 Grad haben. Der wärmste August seit langem laut den Nachrichtensprechern.

»Verdammt.«, zische ich und hoffe, dass jemand aussteigen muss, damit der Bus anhält und ich noch eine Chance habe ihn zu erreichen. An der Haltestelle sitzt niemand, der einsteigen möchte. Es ist mir schon häufig passiert, dass der Bus dann einfach weitergefahren ist, obwohl der Fahrer gesehen haben muss, wie ich zur Haltestelle renne.

Doch heute habe ich Glück, der Bus hält und eine ältere Dame steigt im gemütlichen Tempo aus, wodurch ich den Bus rechtzeitig erreiche. Der Bus ist voll und ich fühle mich schlagartig unwohl. Nicht nur weil ich schwitze, sondern auch weil ich ungern mit fremden Menschen auf so engem Raum eingesperrt bin. Früher, als meine Eltern noch nicht jegliche Kooperation eingestellt hatten, haben sie mir ihr Auto geliehen damit ich damit zum Training fahren kann. Das hat nicht nur Zeit gespart hat, sondern mich auch vor den lästigen Busfahrten bewahrt.

Nach zwanzigminütiger Fahrt erreichen wir den Hauptbahnhof, wo ein Großteil der Menschen aussteigt und ich mir endlich einen Sitzplatz ergattern kann. Der Platz neben mir bleibt zum Glück leer. Ich hole meine Kopfhörer raus und mache mir Musik an, auf der Suche nach einer geeigneten Kürmusik für den Schneezauber. Denn jeder Teilnehmer muss eine dreiminütige Kür aufführen. Für die besten zehn Kürläuferinnen folgt ein Vorstellungsgespräch und letztendlich erhält eine von ihnen den begehrten Platz beim Schneezauber.

Mit der Musik im Ohr lasse ich meiner Fantasie freien Lauf, denn nur in meiner Gedankenwelt bin ich völlig frei und unbeschwert. Hier kann ich so sein, wie ich es bestimme. Natürlich bin ich ausgesprochen hübsch und eine begnadete Eiskunstläuferin. Als Jugendliche habe ich mich ständig in meine Fantasiewelt zurückgezogen, denn hier stand ich den anderen in Sachen Jungs und Coolness nichts nach. Tatsächlich habe ich mich früher gerne in mein Zimmer zurückgezogen, um dort meinen Träumereien hinterher zu schwelgen. Sobald ich dann aber in die reale Welt zurückkehrte, wurden mir meine Unzulänglichkeiten nur wieder allzu deutlich. In meiner Fantasie habe ich nicht angeeckt und wurde nicht für komisch gehalten, in meiner Fantasie war ich offen und kommunikativ, sogar beliebt bei den Mitschülern. Ich hatte den hübschesten Jungen als Freund und alle Mädels waren neidisch auf mein Aussehen. Außerdem war ich taff und unerschrocken, also das genaue Gegenteil von meinem eigentlichen Ich.

»Karlsbacher Allee«, ertönt es aus den Buslautsprechern, hektisch drücke ich den Knopf damit der Bus an dieser Haltestelle stopp macht und ich in die Linie 52 umsteigen kann. Als ich aussteige zeigt die Anzeigetafel, dass der 52er erst verspätet in 15 Minuten kommt. Na großartig, stelle ich frustriert fest. Ständig kommen die Busse zu spät oder fallen komplett aus, weshalb ich häufig zu spät zum Training komme. Noch ein weiterer Grund, weshalb ich viel lieber mit Auto fahren würde.

Innerlich noch am Fluchen, verbessert meine Laune sich schlagartig als ich meine beste Freundin Sandra entdecke, die auf der Bank an der Haltestelle sitzt und auf ihr Handy blickt. Sie sieht fabelhaft aus mit ihrem enganliegenden hellblauen Kleid, das zu ihren blauen großen Augen passt. Sie hat ein hübsches herzförmiges Gesicht, welches von ihrem blonden glatten Haar umschmeichelt wird. Außerdem trägt sie Pumps, die ihre langen Beine betonen. Ich hingegen habe nur eine schlichte Jeans, T-Shirt und Sneaker an. Wie so oft hatte ich keine Zeit mir noch Gedanken, um mein Outfit zu machen. Meine Mähne besteht aus wilden Locken und ohne vorher ein Glätteisen zu benutzen, mag ich meine Haare nicht offen tragen, sodass ich sie auch heute in einem Zopf zusammengebunden habe.

Sandra ist ebenfalls Eiskunstläuferin und wir haben immer zusammen Ballett- und Krafttraining. Als Eiskunstläuferin findet ein Großteil des Trainings neben dem Eis statt, um die Verletzungsgefahr zu minimieren und die Fitness zu erhöhen. Auf dem Eis stehen wir leider nicht gemeinsam, da wir in unterschiedlichen Gruppen trainieren. Sandra ist 21 Jahre alt und hat nach zwei Ehrenrunden nun ihr Abitur in der Tasche und kann sich deshalb aktuell vollkommen auf das Eislaufen konzentrieren. Als Sandra mich sieht strahlt sie. »Hi Bell. Schön dich zu sehen.«

Sie springt auf und umarmt mich herzlich. Sandra hat eine großartige Ausstrahlung und ein einnehmendes Lächeln, was auf den Wettkämpfen ein wahnsinniger Vorteil ist. Ich muss gestehen, dass ich in diesem Punkt neidisch auf sie bin. Ich wünschte ich hätte eine solche Ausstrahlung, denn damit lässt sich das Publikum leichter begeistern. Mich halten die meisten für arrogant, da sie meine zurückhaltende, steife Art häufig fehlinterpretieren. Im Gegensatz zu Sandra habe ich nicht ständig ein offenherziges Lächeln auf den Lippen. Ich bin überzeugt davon, dass das einer der Hauptgründe ist, weshalb Sandra auf Wettkämpfen teilweise besser abschneidet als ich, denn technisch bin ich ihr überlegen.

»Hi Sandra. Mit dir habe ich hier nicht gerechnet. Ich dachte deine Mutter fährt dich.«

»Nein, sie musste spontan arbeiten, weil eine Kollegin krank ist.«

Sandras Mutter Sybille ist alleinerziehend und hat zwei Jobs, um sich finanziell über Wasser halten zu können. Ich schätze Sybille sehr, sie ist eine wunderbare Mutter, die Sandra unterstützt, wo sie nur kann und ihr als ehemalige Eiskunstläuferin mit Rat und Tat zur Seite steht. Sandra und ihrer Mutter sind beinah wie beste Freundinnen und sprechen über alles, was für mich ungewohnt ist, da ich mich meinen Eltern nur ungern anvertraue. Sybille ist sehr jung Mutter geworden und konnte deshalb nach der Schule keine Ausbildung angefangen, weshalb sie nun als Kassiererin im Supermarkt und nachts an der Tankstelle arbeitet.

»Wie geht es dir Bell?«, fragt Sandra.

»Ganz gut.«

»Das klingt aber nicht so. Was ist los?«

Ertappt. Es ist sinnlos Sandra etwas vorzumachen. Sie kennt mich zu gut und spürt sofort, wenn mich etwas beschäftigt.

»Ach, ich habe mich heute Morgen wieder über meine Mutter geärgert.«, antworte ich deshalb ehrlich und spüre, wie die Wut über das Ereignis am Morgen wieder aufflammt.

»Oh, wieso das? Ging es wieder, um deinen Plan dich beim Schneezauber zu bewerben?«

Regelmäßig darf Sandra sich Geschichten über unsere Streitereien anhören und ich habe Angst, dass sie es allmählich leid ist.

»Ja, sie sagt ich hätte keine Chance. Ich solle lieber weiter studieren.«

Frustriert blicke ich auf das Plakat hinter Sandra, bemüht meine Emotionen zu verbergen.

»Du bist eine einzigartige Eiskunstläuferin. Ich glaube an dich.«

Sandras Augen funkeln mich aufrichtig an, doch ihre Worte können mich heute nicht beruhigen. So gerne ich ihr auch glauben möchte. Der Samen, den meiner Eltern gesät haben und den sie täglich gießen, fängt langsam an zu sprießen und verursacht Unruhe in mir.

»Wirklich? Was ist, wenn sie recht hat und ich meine Zeit verschwende?«

Ganz unrecht hat meine Mutter schließlich nicht, auch wenn ich das nur ungern zugebe. Die Konkurrenz wird aus begnadeten Eiskunstläuferinnen bestehen und nur eine von uns wird den begehrten Platz erhalten.

Es muss aber klappen! Ich will mit dem Eiskunstlaufen mein Geld verdienen, kein anderer Job könnte mich erfüllen.

»Ach Schwachsinn. Sag so was nicht. Selbst wenn sie dich nicht nehmen, kannst du nächstes Jahr noch immer studieren. Wenn du zum Sommersemester anfängst, verlierst du sogar nur ein halbes Jahr.«

»Mama geht davon aus, dass ich mit so einer Lücke im Lebenslauf niemals eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hätte.«, reproduziere ich die Worte meiner Mutter und frage mich wieso sie immer an allem etwas auszusetzen hat.

Ich glaube nicht, dass an ihrer Aussage etwas dran ist, aber was, wenn doch? Was wenn ich beim Schneezauber nicht genommen werde und mir alle Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbaut habe? Mit zusammengepresstem Kiefer stehe ich da und gehe im Kopf meine Optionen durch. Ich weiß bereits, dass dieses Spiel sinnlos ist, denn ich habe es schon tausend Mal durchgekaut.

»Welche Lücke? Du arbeitest doch zurzeit in einem Labor. Stress dich nicht so, Bell. Ich finde du solltest es versuchen. Sonst wirst du es immer bereuen.«

Sandra lächelt mich aufmunternd an und ich entspanne mich ein wenig. Sie hat Recht. Ich muss es versuchen. Dieses eine Mal entscheide ich, wie ich mein Leben gestalten möchte. Oft genug bin ich eingeknickt, wenn meine Eltern andere Pläne für mich hatten oder mir mit ihren endlosen Argumenten meine Pläne vermiest haben. So habe ich an einigen Wettkämpfen nicht teilnehmen können, da sie Angst hatten, dass meine Schulnoten unter den häufigen Turnieren leiden würden. Dabei war ich immer gut in der Schule und hatte nie Probleme damit den Stoff nachzuarbeiten. Im Gegensatz zu vielen anderen Kindern aus meinem Verein, die trotzdem das gesamte Wochenende mit zu den Wettkämpfen durften.

»Danke, dass du für mich da bist.«

»Klar doch!«

»Schließlich möchte ich bei jedem deiner Auftritte in der ersten Reihe sitzen.«, fügt Sandra scherzhaft hinzu und wir müssen beide grinsen.

»Weißt du Bell, du musst den Kopf frei bekommen und ich weiß auch schon was da hilft. Tim gibt am Samstag seine Abschiedsfeier, da er für seinen Master nach London zieht. Komm doch auch.«

»Ich muss ich bis 22 Uhr arbeiten.«, sage ich halb enttäuscht, halb erleichtert.

Einerseits hätte ich schon große Lust feiern zu gehen, denn ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt auf einer Party gewesen bin. Andererseits darf ich mich aktuell nicht ablenken lassen. Ich muss mich auf mein Training und den Schneezauber konzentrieren, wenn ich wirklich eine Chance auf den beliebten Platz haben möchte. Ich sollte mich also bis Ende November zusammenreißen und mich auf das wesentliche konzentrieren.

»Ist doch kein Problem. Vor 23 Uhr wird da eh noch nicht viel los sein.«, versucht Sandra mich zu überzeugen.

Tim ist ehemaliger Eiskunstläufer und sieht verdammt gut aus. Er ist muskulös, groß und hat ein markantes Gesicht. Ich hatte nie sonderlich viel mit ihm zu tun, was auch daran lag, dass ich mich nie getraut habe mit ihm zu sprechen als er noch regelmäßig zum Training kam. Gerade bei Männern, die ich attraktiv finde, bin ich sehr zurückhaltend. Ich würde nie ein Gespräch mit ihnen anfangen, aus Angst etwas Dummes zu sagen oder komisch rüberzukommen. Ganz im Gegensatz zu Sandra, die mit ihrer lockeren Art mit jedem ins Gespräch kommt.

Ich zögere, denn sonntags habe ich Trainingspause und könnte ausschlafen. Dennoch brauche ich diesen Tag auch, um mich wirklich auszuruhen. Durch die Arbeit und das sechstägige Training bin ich doch immer wieder froh mich sonntags erholen zu können, um meine Batterie wieder voll aufzuladen. Das möchte ich mir ungern durch einen Kater versauen. Sandra bemerkt meine Zurückhaltung und sagt: »Na komm schon, das wird lustig.«

»Bitte, bitte.«

Sandra zieht einen Schmollmund.

»Na gut, ich komme mit.«, gebe ich nach.

»Aber ich werde mich nicht betrinken.«, ergänze ich Ernst.

Bis zum Vorlaufen sind es noch vier Monate, da werde ich mir diese eine Party wohl erlauben können. Außerdem könnte ein wenig Ablenkung tatsächlich nicht schaden, der Stress mit meinen Eltern und das Gedankenkarussell um meine Zukunft rauben mir meine Nerven.

»Klasse! Du kannst nach der Arbeit direkt zu mir kommen. Dann machen wir uns gemeinsam fertig. Das wird phänomenal!«, entgegnet Sandra mit Begeisterung. Noch immer unsicher, ob meine Entscheidung mit zur Party zu gehen eine gute Idee ist, nicke ich nur stumm. Doch Sandras Begeisterung kann ich dadurch nicht bremsen, die Busfahrt über redet sie von nichts anderem mehr.

Um Punkt zehn Uhr stehen wir abgehetzt im Ballettsaal, doch das stört mich wenig, denn ich bin erleichtert über unsere Pünktlichkeit. Unser Trainer Dimitrij rauscht in eben diesem Moment herein. Er ist ein kleiner drahtiger Mann, den ich auf den ersten Blick total unterschätzt habe. Er hat für sein Alter und seine Statur eine unglaubliche Kraft, die er uns regelmäßig unter Beweis stellt.

Dimitrij hat einen blauen Trainingsanzug an und wirkt wie immer gehetzt. Er kam in den 1980er Jahren mit 18 Jahren als Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland, um hier seine Ballettkarriere voranzutreiben. Doch aufgrund einer Verletzung musste er seine aktive Ballettzeit beenden und begann mit seiner Trainertätigkeit. Noch heute hat er dieses Schicksal nicht überwunden.

Mit seinem russischen Akzent brüllt er uns seine Anweisungen wie Befehle beim Militär entgegen, weshalb ich als Kind Angst vor ihm hatte. Mittlerweile habe ich mich an seine ruppige Art gewöhnt und schätze sie sogar, da ich mich durch die Autorität, die er ausstrahlt im Training mehr bemühe.

»An die Barre«, weist er uns an.

Kein Hallo, kein Bitte. Aber so ist Dimitrij eben.

Heute sind wir zu sechst. Abgesehen von Sandra und mir sind noch zwei Paarläufer dabei. Emma und Sven, die beide ein wenig älter sind als ich. Emma ist der dünnste Mensch, den ich kenne. Ich habe sie in all den Jahren noch nie essen sehen, was sie damit begründet hat, dass sie zwei Stunden vor und nach dem Training nicht essen würde. Zudem würde sie sich an Wettkampfstagen nur flüssig ernähren. Ihre Disziplin ist beeindruckend, doch wäre für mich die reine Folter. Wenn ich an Wettkampfstagen nichts essen würde, wäre ich viel zu schlapp auf dem Eis und nicht in der Lage meine anstrengenden Küren zu laufen.

Emma ist hübsch, erscheint aber immer verkniffen und ernst, ein Lächeln ist eine große Seltenheit bei ihr. Ihre Mutter ist eine bekannte Paarläuferin und es ist ein offenes Geheimnis, dass sie Emma zu viel Druck macht.

Sven hingegen ist ein fröhlicher Mensch, der immer einen flotten Spruch auf Lager hat und schon so manche Trainingseinheit mit seiner Art aufgelockert hat. Er nimmt sich selbst nicht zu ernst und gerät deshalb häufig mit Dimitrij aneinander. Sven ist groß und muskulös mit einem breiten Gesicht und markantem Kinn. Er trägt sein braunes Haar in einen Undercut und hat schöne braune Augen, mit feurigem Blick. Zugegeben, ich finde ihn sehr attraktiv. Aber wie so oft versuche ich es mir nicht anmerken zu lassen denn er hat sowieso ein Auge auf Sandra geworfen. Er lächelt ihr regelmäßig zu und sucht in den Trainingspausen immer ihre Nähe. Jeder Mann in unserer Umgebung scheint auf Sandra zu stehen, was mich tatsächlich sehr an mir zweifeln lässt. Nur zu gerne würde ich auch Mal die Aufmerksamkeit der Männerwelt auf mich ziehen. Meinen Ex-Freund habe ich ganz unromantisch über das Internet kennengelernt, denn mich hat noch nie jemand auf der Straße angesprochen. Sandra hingegen scheint das beinahe täglich zu passieren. Klar, sie ist auch eine Schönheit, doch für hässlich halte ich mich nun auch nicht. Ich bin groß mit langen Beinen und durch das Training habe ich einen schlanken, durchtrainierten Körper. Meine hellblauen Augen sind ausdrucksstark und für mein volles voluminöses Haar wurde ich schon oft beneiden. Trotzdem fühle ich mich neben Sandra häufig wie das hässliche Entlein.

Sven und Emma sind Studenten mit einem Sport-Stipendium, welches extra für hoch erfolgreiche Sportler konzipiert wurde, damit auch diese die Möglichkeit haben neben den vielen Trainingsstunden zu studieren. Ich kenne die beiden nun schon seit über zehn Jahren und wir unternehmen gelegentlich auch, in unserer selten vorkommenden Freizeit, was miteinander.

Das zweite Paar besteht aus Helen und Adrian. Sie sind neu bei uns, da sie gerade erst hergezogen sind. Helen hat ein spitz zu laufendes Gesicht mit braunem dünnem Haar. Sie ist nicht sonderlich hübsch, hat aber einem verblüffend durchtrainierten Körper. Adrian ist klein, aber kräftig. Er hat schwarzes lockiges Haar und braune Augen, die häufig überheblich funkeln. Adrian und Helen sind nicht nur auf dem Eis ein Paar, aber leider auch keine Bereicherung für unsere Gruppen, denn die beiden fallen eher durch Arroganz auf. Sie scheinen sich für was Besseres zu halten, weil sie bereits mehrere Meisterschaften gewonnen haben. Da wir ihnen nicht würdig genug sind unterhalten sie sich ausschließlich untereinander. Natürlich ist der Verein begeistert, dass dieses Meisterschaftspärchen bei uns trainiert, und so wird jedes Verhalten der beiden toleriert. Wie der Vorstand so schön sagte: »Das ist eine großartige Möglichkeit für euch, um von den beiden zu lernen.«

Ich frage mich nur wie das funktionieren soll, wenn Helen und Adrian sich so unkooperativ verhalten. Früher habe ich ihnen häufiger bei ihrem Eislauftraining zugeschaut, was ich nun allerdings aufgrund des Nebenjobs nicht mehr schaffe. Helen hat eine ausbalancierte Haltung auf dem Eis und auch Adrian ist ein erstklassiger Läufer, der obwohl körperlich aufgrund seiner Größe benachteiligt, Helen in jeder Hebefigur schweben lässt. Es war faszinierend den beiden zuzusehen, auch wenn sie mir dadurch trotzdem nicht sympathischer wurden.

Sandra und ich nehmen ausschließlich an Einzelläufen teil. Nicht weil wir es nicht anders gewollt hätten, allerdings gab es damals kaum Jungs in unserem Alter im Verein, weshalb uns keine Wahl blieb. Mittlerweile sind wir beide glücklich mit unserem Schicksal.

Unser Balletttraining geht eine Stunde, Dimitrij ist wie immer nur mäßig zufrieden mit unserer Leistung und lässt uns wissen, dass er mehr von uns erwartet. Helen und Adrian quittieren seine Aussage mit einem missbilligenden Blick. Doch wer Dimitrij kennt, der weiß, dass er nie ein Lob zu erwarten hat und dass es schon eine gute Einheit war, wenn man nicht vor allen von Dimitrij zur Sau gemacht wurde.

Anschließend haben wir zwei Stunden Trockentraining bei Thomas, der beliebteste unserer Trainer. Er ist Mitte 40 und von Kopf bis Fuß durchtrainiert. Bei ihm dreht sich alles nur um Fitness und er erkennt sofort bei jedem die individuellen muskulären Schwachstellen. Er ist riesig, 2,10 Meter und hat die größten Hände und Füße, die ich je gesehen habe. Er trägt ungewollt eine Glatze und zum Ausgleich einen langen Bart, dessen unteres Ende er bereits flechten kann. Er ist immer fröhlich, treibt uns aber trotzdem regelmäßig an unsere körperlichen Grenzen. So auch heute. Schwitzend sitzen wir am Ende der Einheit auf dem Boden, unfähig uns zu bewegen, da jeder einzelne Muskel vor Ermüdung jegliche Arbeit eingestellt hat. Die Mittagspause kommt genau rechtzeitig, denn aktuell wäre ich nicht in der Lage überhaupt Schlittschuhe anzuziehen, da mein Körper sich wie ein wackeliger Pudding benimmt. Wie so oft verbringe ich die Pause mit Sandra, Emma und Sven.

»Seid ihr am Wochenende auch auf Tims Party?«, fragt Sven neugierig, nachdem wir umgezogen vor der Vereinstür stehen. Mir entgeht nicht wie er dabei nur Sandra anblickt.

»Ja klar.«, antwortet Sandra und schenkt Sven ein Lächeln.

»Das wird gigantisch.«, ergänzt sie übertrieben und zwinkert mir unter Kichern zu.

»Klar.«, antworte ich gestelzt.

»Ja, das denke ich auch. Ich habe mich gestern mit Tim unterhalten und er hat 100 Leute eingeladen.«, berichtet Sven.

Wow, 100 Leute, beeindruckend. Mir würden maximal 10 Freunde einfallen, die ich einladen könnte, stelle ich deprimiert fest.

Emma verdreht nur genervt die Augen.

»Also ich bin nicht dabei. Ich konzentriere mich lieber auf das Training.«

»Du trainierst doch nicht nachts?«

Sven sieht Emma neckisch an. Doch Emmas kalter Blick wischt Sven das freche Grinsen aus dem Gesicht.

»Doch, ich gehe Samstagabends joggen und mache dann noch ein wenig Krafttraining mit meiner Mutter. Könnte dir auch nicht schaden, Sven. Dann würden die einarmigen Hebefiguren auch endlich besser funktionieren.«, antwortet Emma kühl.

Doch Sven hat sich mittlerweile wieder gefangen und ist für Emmas Sticheleien nicht empfänglich.

»Ich habe dich auch lieb, Emma.«, ist seine schnippische Antwort.

Wie die beiden miteinander zu Recht kommen ist mir ein Rätsel. Emma ist mit ihrer steifen Art das totale Gegenteil zu dem tiefenentspannten Sven und doch sind die beiden schon seit über zehn Jahren ein Paar auf dem Eis und das hoch erfolgreich. Und dass, obwohl Sven sich auch noch herablassende Kommentare von Emmas Mutter gefallen lassen muss, der Sven ein Dorn im Auge ist. Ihrer Meinung nach nimmt Sven das Eiskunstlaufen nicht ernst genug und ist es deshalb nicht würdig mit ihrer ambitionierten Tochter zu aufzutreten.

Wir schlendern gemütlich zum Türken an der Ecke. Wie immer isst Emma nichts, während Sandra und ich uns einen Salat bestellen und Sven einen Döner ordert. Emmas Blick spricht Bände. Doch Sven entgegnet nur: »Dieser Astralkörper benötigt eine Menge Kalorien.«, und zwinkert Emma frech zu.

»Ich hoffe nur, dass du wenigstens heute die Zaziki Sauce weglässt. Der Geruch war beim letzten Training unerträglich.«

Emma sieht Sven vorwurfsvoll an.

»Okay, Prinzessin.«, entgegnet Sven und deutet eine Verbeugung an.

Alle lachen außer Emma.

Wir setzen uns draußen an einen der leeren Tische im Schatten. Mittlerweile ist es brühend heiß und in der Sonne nicht auszuhalten. Ich mag den Sommer eigentlich sehr, doch heute freue ich mich darauf gleich auf dem kühlen Eis zu stehen. Nach dem anstrengenden Trockentraining liegt die schwüle Hitze drückend auf mir und macht mich müde.

Eine ältere erschöpft wirkende Frau mit Kopftuch bringt uns das Essen. Eilig stellt sie es auf den Tisch und zieht, ohne ein Wort zu sagen von dannen.

Hungrig falle ich über meinen Salat her und schlinge die grünen Blätter, ohne zu genießen hinunter. Was ich anschließend bereue, denn als ich fertig bin, sind Sandra und Sven noch genüsslich am Kauen.

Nach dem Essen heitert Sven uns auf, indem er Dimitrij imitiert. Selbst Emma muss Lächeln, obwohl ich ihr den Zwiespalt im Gesicht ablesen kann. Sie mag es nicht, wenn Sven sich über unsere Trainer lustig macht, doch Svens Darbietung ist einfach zu amüsant.

ZWEI

Auf dem Rückweg knallt die pralle Sonne unerbittlich auf uns hinab, weshalb wir erleichtert unsere kühle Eingangshalle betreten. Dort mache ich mich zusammen mit Emma auf den Weg zu den Umkleidekabinen.

Voller Vorfreude streife ich meine Schlittschuhe über, denn der beste Teil des Trainings erwartet mich nun, meine Zeit auf dem Eis. Meine tägliche Dosis Freiheit.

Ich trainiere bei Susanne, einer ehemaligen Olympiateilnehmerin. Sie ist 65 Jahre alt und eine wahnsinnig strenge Trainerin. Doch trotz ihrer ruppigen Art schätze ich sie sehr, da ich bei ihr mehr gelernt habe als bei all meinen anderen Trainern zusammengenommen. Aus diesem Grund bin ich auch bereit 65 € die Stunde für ihren Unterricht auszugeben. Schließlich möchte ich mich verbessern, um mir meinen Platz beim Schneezauber sichern.

Ich betrete das Eis, atme tief ein und fahre eine erste Runde auf dem glatten, harten Untergrund. Die bekannte kühle Luft in meinen Lungen schmeckt nach Heimat. Der Wind weht sanft durch mein Haar und ich gleite federleicht durch die Halle. Meine Gedanken schweigen und eine angenehme Stille breitet sich in mir aus. Wann immer ich das Eis betrete, spüre ich, warum alle Torturen des Trockentrainings es wert waren, um hier sein zu dürfen. Hier gehöre ich her, hier bin ich frei.

Um Punkt 14 Uhr -meine Trainer legen alle großen Wert auf Pünktlichkeit- kommt Susanne in die Halle. Das raspelkurze Haar hat Susanne wie immer mit Gel nach hinten gekämmt. Ihr Make-up ist ausdrucksstark und mit ihren großen goldenen Ohrringen und dem goldenen Kettchen um den Hals ähnelt Susanne großen Filmdiven. Auch ihre Attitüde erinnert an eben diese. Doch obwohl ich vom Typ her das komplette Gegenteil von Susanne bin, kommen wir sehr gut miteinander aus. Susanne war eine großartige Eiskunstläuferin. Ich bekomme noch immer augenblicklich eine Gänsehaut, wenn ich Videos von Susannes früheren Auftritten sehe. Mit absoluter Perfektion tanzt sie über das Eis und zieht das Publikum und die Jury in ihren Bann. Eben diese Perfektion verlangt sie auch von ihren Schülern, was sich noch gesteigert hat, seit sie gehört hat, dass ich mich beim Schneezauber beworben habe.

»Isabell, du musst beim Schneezauber Bestleistung zeigen, sonst wirft das ein schlechtes Licht auf mich als deine Trainerin.«, ermahnt sie mich regelmäßig und steigert damit den inneren Druck, den ich mir eh schon selbst mache. Ein paar ermutigende Worte wären zur Abwechslung auch nicht schlecht, denke ich mir dann immer im Stillen. Doch wie bei Dimitrij liegt bei Susanne der Fokus mehr auf dem, was nicht optimal gelingt, so auch heute, denn Susanne möchte nach einigen leichten Aufwärmübungen meinen doppelten Axel verbessern. Der Axel ist einer der schwierigsten Sprünge beim Eiskunstlauf und so ist er auch bei mir der Sprung mit dem ich die größten Probleme habe.

Wir beginnen mit vorbereitenden Übungen und leichteren Sprüngen, bei denen ich bereits ein sicheres Gefühl habe. Somit kann ich jeden Sprung genießen, ohne viel über meine Technik nachdenken zu müssen. Es ist immer wieder ein unglaubliches Hochgefühl, wenn ich in die Luft abheben und es mir anschließend mit absoluter Präzision gelingt zu landen, ohne aus dem Gleichgewicht zu geraten. Zufrieden beenden wir die vorbereitenden Übungen. Als ich kurz durchatme und mich in der Halle umblicke, bemerke ich, wie Adrian und Helen an der Bande stehen und mich beobachten. Sofort zieht sich mein Magen ein wenig zusammen, seit wann stehen die beiden da? Haben sie mich schon länger beobachtet? Ich mag es nicht, wenn ich beobachtet werde. Schon gar nicht von Eiskunstläufern, die besser sind als ich. Bestimmt ziehen die beiden gerade über mich her. Aus dem Augenwinkel versuche ich die Blicke der beiden zu erhaschen, um einzuordnen, ob sie über mich sprechen könnten. Doch ich kann nicht ergründen, worüber die beiden sich gerade unterhalten.

Ausgerechnet jetzt möchte Susanne mit dem doppelten Axel beginnen und ich kann ihr schlecht sagen, warum ich gerne warten würde bis Helen und Adrian verschwinden. Verkrampft fahre ich über das Eis und mein gutes Gefühl von eben ist wie verflogen, plötzlich fühle ich mich nicht mehr frei und leicht. Die Blicke von Adrian und Helen bohren in mich hinein wie ein Laser. Meine Hände fühlen sich feucht an, meine Beine instabil wie Äste im Wind. Abgehackt gleite ich über das Eis und setze zu meinem ersten Axel des Tages an, kurz vor dem Absprung halte ich angespannt die Luft an. Der Sprung gelingt, doch in der Landung verliere ich die Balance und Stürze. Hart pralle ich auf das Eis, die Luft wird aus meinem Körper gepresst, doch es ist nicht der Schmerz der überwiegend, sondern das Schamgefühl. Hitze steigt in mir auf und mein Gesicht läuft rot an. Klasse, jetzt habe ich Helen und Adrian einen Grund gegeben über mich zu lachen. Genau das, was ich auf keinen Fall wollte. Bewusst meide ich es zu ihnen hinüberzublicken, denn ich möchte ihren spöttischen Blicken nicht begegnen. Warum musste ich ausgerechnet jetzt Stürzen? Wie peinlich.

»Nochmal Isabell. Versuch dich mehr zu konzentrieren!«, gellt Susannes Stimme durch die Halle.

Ich rapple mich auf und nehme Fahrt auf, doch meine Unsicherheit hat sich durch den Sturz nur noch verstärkt. Es darf nicht sein, dass ich diesen Sprung nicht hinbekommen. Zugegeben, er ist schwer, aber nicht unmöglich. Viele in meiner Leistungsklasse beherrschen ihn perfekt und einige der Mädchen sind sogar noch deutlich jünger als ich. Die quälenden Gedanken breiten sich aus wie heiß kochende Lava, die meinen Körper lähmt und mich peinigt. Jegliches Vertrauen in mich ist verschwunden und mein einziger Wunsch ist es, nicht wieder zu stürzen, denn dann würden Adrian und Helen mich endgültig und vollkommen zu Recht für eine Versagerin halten.

Dumpf höre ich Susanne in dem Unwetter meiner Gedanken Anweisungen brüllen, unfähig diese wahr zu nehmen. Meine Atmung geht flach und schnell, meinen Kiefer habe ich fest aufeinandergepresst. Voller Zorn auf mich selbst setze ich zum Sprung an. Welcher mir zwar ohne Sturz gelingt, doch durch meinen verkrampften Körper nur mit einer unharmonischen, ausdrucksschwachen Haltung umzusetzen war. Die Noten auf diesen Sprung wären in einem Wettkampf miserabel gewesen.

»Was war das denn?«, keift Susanne durch die Halle.

»Achte auf deine Haltung!«

Doch heute will mir nichts mehr gelingen, denn ich spüre die gesamte Zeit über Adrians und Helens höhnische Blicke in meinem Nacken. Umso mehr ich mich über mich ärgerte, desto schlechter wurden meine Sprünge. Am Ende der Trainingseinheit war sowohl Susanne als auch ich mehr als unzufrieden mit dem Resultat. So etwas darf mir nicht passieren, nicht wenn ich auch nur den Hauch einer Chance bei Schneezauber-Casting haben möchte.

»Isabell, wenn du deinen Axel verbessern möchtest, dann musst du dich mehr konzentrieren. Du bist heute 50-mal den Axel gesprungen, aber keiner von den Sprüngen war gut. Das musst du besser können bis zu deinem Vorlaufen beim Schneezauber. Deine Haltung war grausam, du warst verkrampft und zu langsam vor dem Absprung!«, dröhnt Susannes Stimme in meinem Ohr.

Das weiß ich doch, hätte ich am liebsten zurück gebrüllt, doch ich nicke nur stumm und schaue niedergeschlagen zu Boden. Ich nehme mir vor unter allen Umständen fokussiert zu bleiben und mich nicht ablenken zulassen beim morgigen Training. Am liebsten würde ich gleich weiter trainieren, um meinen Fehler sofort auszumerzen. Doch nun bleibt mir nur die Frage, warum ich mich nicht zusammenreißen kann und warum es mir nicht egal sein kann, ob die beiden Aasgeier zuschauen. Wütend blicke ich zu den beiden hinüber, doch sie sind gar nicht mehr dann. Wann sind die beiden bloß gegangen? Habe ich mich die ganze Zeit unnötig verspannt, weil ich immer noch davon ausging, beobachtet zu werden, obwohl Adrian und Helen schon lange nicht mehr da waren? Diese Erkenntnis verstärkt meine Wut auf mich selbst nur noch weiter. Wieso bist du so blöd, mault mich die Stimme in meinem Kopf an und ich merke, wie die Tränen in mir aufsteigen wollen. Doch ich unterdrücke sie mit aller Macht, schließlich bin ich selbst schuld an meiner schlechten Leistung und habe nicht das Recht jetzt auch noch darüber zu jammern. Außerdem möchte ich nicht, dass Susanne mich weinen sieht, weshalb ich meinen Blick weiter angestrengt von ihr abwende, damit sie auf keinen Fall meine wässrigen Augen bemerkt.

Völlig frustriert trete ich den Weg zur Damenumkleide an und hoffe inständig darauf niemanden zu begegnen. Denn dann würden bestimmt Nachfragen kommen, warum ich so niedergeschlagen aussehe, und ich müsste von meiner desaströsen Leistung berichten. Ich habe Glück, die Gänge zur Umkleide, sowie die Umkleide selbst sind menschenleer.

Unter der Dusche kann ich die Tränen dann nicht mehr zurückhalten. Zu groß ist der Ärger über mich selbst. Gott verdammt, warum bin ich nur so? So wird das nichts mit dem Schneezauber. Ich habe keine Lust, dass meine Eltern am Ende wieder sagen können, dass sie ja recht hatten und ich in Zukunft lieber auf sie hören sollte. Außerdem will ich nicht studieren. Ich kann es mir nicht vorstellen wieder den ganzen Tag lernen zu müssen und das Eis tagelang nicht zu sehen. Das entspricht mir nicht. Es gibt also nur einen Weg. Ich muss besser werden! Eiskunstlaufen ist das Einzige, worin ich gut bin, das Einzige, was mir Spaß macht. In allem anderen bin ich nur mittelmäßig und das reicht heutzutage nicht, wie für das Medizinstudium, welches ich nach dem Abitur anstrebte. Schnell stellte ich fest, dass ein Abiturschnitt von mindestens 1,2 von Nöten sei, um einen der begehrten Plätze zu ergattern. Mit meiner 1,9 war der Traum dann schnell geplatzt und so entschied ich mich letztendlich für ein Biologiestudium.

Wenn Eiskunstlaufen nicht ein so teures Hobby wäre, könnte ich auch einfach einen Teilzeitjob machen und weiterhin den Großteil meiner Zeit auf dem Eis verbringen. Quasi so, wie ich es gerade mache. Aber dann könnte ich mir nie eine eigene Wohnung, geschweige denn ein Auto leisten und bei meinen Eltern möchte ich auch nicht bis in alle Tage leben. Wenn ich wiederum einen Vollzeitjob hätte, hätte ich kaum noch Zeit für das Training, weshalb diese Variante für mich ähnlich unattraktiv ist. Eine Anstellung beim Schneezauber scheint für mich der einzige Weg aus diesem Teufelskreis. Ich muss es also schaffen. Ich werde morgen meine Geschwindigkeit vor dem Absprung erhöhen, so wie Susanne es von mir wollte. Jeder Eiskunstläufer stürzt, das muss ich in Kauf nehmen. Außerdem sollte ich mich nicht von zwei Zuschauern verunsichern lassen, es sollte mir egal sein, was andere über mich denken und sagen. Beim Schneezauber werden deutlich mehr Zuschauer sein und dann kann ich mir ein solches Fauxpas nicht leisten.

Ich stehe lange unter dem kalten Wasser, bis ich allmählich ruhiger werde und meine Fassung langsam zurückerlange. Eilig ziehe ich mich an, um mich auf den Weg zum Bus zu machen.

Davor verabschiedete ich mich noch schnell von Sandra, deren Stunde auf dem Eis gerade endete. Sie hat immer Gruppenstunden, da ihre Mutter sich die Einzelstunden nicht leisten kann.

»Ist alles in Ordnung bei dir Isabell?«

Sandra sieht mich besorgt an. Sie muss mitbekommen haben, wie Susanne mich kritisiert hat. Als hätte Sandra meine Gedanken gelesen, antwortet sie: »Du sahst eben sehr unzufrieden aus auf dem Eis.«

Ich merke, wie die Tränen sich wieder ihren Weg nach oben bahnen. Nein, ich kann jetzt nicht mit Sandra darüber reden, denn ich bin noch viel zu aufgewühlt. Um weiteres Tränenvergießen zu verhindern, entscheide ich mich Sandra abzuwimmeln.

»Ich rufe dich nachher an, in Ordnung? Ich muss jetzt los, sonst komme ich zur spät zur Arbeit.«, was nicht einmal gelogen ist, da mein Bus gleich abfährt.

Ich laufe zur Tür und lasse Sandra stehen, die mir eine Verabschiedung hinterherruft. Wie jeden Tag fahre ich direkt von der Eislaufhalle zur Arbeit, während die anderen noch regelmäßig nach dem Training zusammensitzen, lachen und Spaß haben. Auf dem Weg hole ich mir beim Umsteigen, wie so oft, beim Supermarkt ein abgepacktes Sandwich. Wenn ich Pech habe, wird das mein Abendbrot für heute sein, da ich nicht weiß, ob Mama heute gekocht hat und noch was übrig ist, wenn ich nach Hause komme. Ich beobachte durch das Busfenster, wie die Menschen in kurzen Klamotten freudig durch die Stadt schlendern. Wahrscheinlich auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen oder dem nächsten Eiscafé. Wie gerne wäre ich eine von ihnen? Stattdessen darf ich bei bestem Wetter ins Labor, um zu arbeiten. Erschöpft und unbeweglich hänge ich auf dem muffig riechenden Sitzplatz des Busses, mein Blick ist starr, doch in mir brodelt es. Heute bin ich nicht nur erschöpft von der körperlichen Anstrengung, sondern auch mental ausgebrannt. Wild sprudeln die Gedanken durch meinen Kopf, ohne dass ich in der Lage bin auch nur einen von ihn zu fassen zu bekommen, weshalb sie ebenso schnell wieder verschwunden wie aufgetaucht sind. Eine altbekannte Leere hat sich wieder in den Vordergrund gedrängelt, eine Leere, die sich nicht füllen lässt, wie sehr ich es auch versuche und ich habe es schon so oft versucht. Mal agiert sie im Hintergrund, sodass ich sie kaum wahrnehme und schon glaube sie sei nicht mehr da, doch dann taucht sie plötzlich wieder auf, überdeutlich und präsent zeigt sie mir schonungslos meine Unzulänglichkeit auf. Ich kann sie nur loswerden, wenn ich beim Schneezauber genommen werde, denn dann kann ich endlich mit meinem Hobby Geld verdienen, kann mein Leben dem Eiskunstlaufen widmen, zu Hause ausziehen und mir ein neues schönes Leben aufbauen.

Ich komme pünktlich auf der Arbeit an und stemple mich genau um 17:30 Uhr ein. Meine Tasche stopfe ich im feuchten Umkleideraum in den Spind, was immer Fingerspitzengefühl erfordert, denn die Tasche passt nur geradeso in den viel zu kleinen Spind. Doch heute geht mir die Geduld dafür aus.

»Verdammt!«, brumme ich und trete unbeherrscht gegen die Tasche, bis sie endlich mit einem lauten Poltern durch den Türrahmen rutscht. Hastig ziehe ich meinen Laborkittel an. Erschöpft vom Training und meiner schlechten Leistung, hoffe ich auf einen ruhigen Arbeitstag und einen frühen Feierabend.

Das große Labor ist um diese Uhrzeit nur dünn besetzt. Viele der Vollzeitkräfte haben bereits Feierabend, doch an einigen Abzügen stehen noch Menschen in Kitteln. Ich grüße kurz, während ich mich auf dem Weg zu meinem Platz mache. Ich habe eine kleine Nische mit einem Rechner und meinem eigenen Abzug, wo ich die mir zugeteilten Proben bearbeite.

Als ich dort ankomme sehe ich Tamara, die Laborleiterin an meinem Platz stehen, neben ihr ein junger Mann, den ich nicht kenne. Tamara ist Anfang dreißig, klein und korpulent. Leider ist sie aufgrund des Personalmangels überarbeitet und häufig leicht gereizt. Kein Wunder bei dem Gehalt und den Arbeitszeiten. Einen solchen Job würde ich auch nicht freiwillig als Hauptberuf machen wollen. Als Nebenjob eignet er sich allerdings hervorragend für mich, da im Labor nie Feierabend ist und ich so nach dem Training arbeiten kann. Tamara lächelt künstlich als sie mich sieht und ich ahne Böses.

»Isabell, schön, dass du da bist. Das ist Jan, der neue Mitarbeit.«, stellt sie mir den schmächtigen Mann neben sich vor. Er scheint in meinem Alter zu sein und hat beinah längeres Haar als ich, welches er zu einem Zopf zusammengebunden hat. Der Ansatz ist fettig, wodurch Jan ungepflegt wirkt, sein Gesicht ist von verzerrten Aknenarben gezeichnet.

»Hi Jan. Ich bin Isabell.«, entgegne ich und reiche ihm die Hand, die er feucht und schwach drückt.

»Isabell, könntest du die Einarbeitung von Jan übernehmen? Ich muss jetzt los, meine Tochter bei meinen Eltern abholen. Es reicht, wenn du deiner normalen Arbeit nachgehst und Jan dir dabei über die Schulter sieht.«, teilt mir Tamara meine neue Aufgabe hektisch mit. Sie hat ihr Anliegen zwar als Frage formuliert, dennoch befürchte ich keine Wahl zu haben.

Na fabelhaft, denn darauf habe ich gerade heute so gar keine Lust. Trotzdem nicke ich. Was bleibt mir auch anderes übrig?

»Klasse.«, strahlt Tamara und verlässt uns eilig.

Eigentlich schätze ich Tamara, doch heute könnte ich sie verfluchen. Wieso lässt sie mich nicht vorab per Mail wissen, das heute jemand dazu kommt? In diesem blöden Labor wird man auch über gar nichts informiert. Ständig ändern sich Versuchsabläufe und Lagerorte von Chemikalien, doch wir Mitarbeiter sind immer die letzten die davon erfahren. Ich bin heilfroh, hier nicht für immer arbeiten zu müssen, denn dann würde ich früher oder später durchdrehen.

Ich verschaffe mir einen kurzen Überblick darüber, was heute ansteht und stelle fest, dass wir jede Menge Proben zu bearbeiten haben. Hoffentlich ist Jan eine Hilfe.

»Seit wann arbeitest du hier?«, fragt Jan mich neugierig.

»Seit vier Monaten. Bist du gelernter biologisch technischer Assistent?«, frage ich zurück in der Hoffnung auf ein ja. So könnte ich ihm ohne viel Erklärungen bereits Aufgaben übergeben.

»So in etwa. Ich habe die Ausbildung im 1. Lehrjahr abgebrochen. Hat mir kein Spaß gemacht. Ich wollte dann studieren, habe aber keinen Studienplatz bekommen. Deswegen arbeite ich nun hier, bis ich mich wieder für die Uni bewerben kann.«, erklärt mir Jan und lässt meinen Optimismus schwinden.

»Hmm.«, gebe ich als Antwort zurück und kann meine Frustration kaum verbergen. Wäre auch zu schön gewesen, wenn ich Mal Glück gehabt hätte.

Ich zeige Jan, wo wir ankommende Proben abholen und wie wir erfahren, welche Analysen durchzuführen sind. Gemeinsam sortieren wir die Proben den entsprechenden Geräten zu. Mit steigender Ungeduld erkläre ich Jan den Ablauf, denn durch seine ständigen Rückfragen und Anmerkungen werden wir aufgehalten und innerlich brodelt es bereits in mir. Am liebsten würde ich ihn anbrüllen, dass er die Klappe halten und zuhören soll, damit wir hier nicht bis 23 Uhr stehen. Doch das tue ich nicht, stattdessen setze ich eine freundliche Miene auf und versuche mir meinen Frust nicht anmerken zu lassen. Ich wünschte ich hätte den Mumm Jan auf eine freundliche Art darüber zu informieren mir zuzuhören und nicht über Gott und die Welt zu plaudern. Sandra hätte das sofort gemacht, doch ich bin einfach zu nett. Ich möchte nicht, dass Jan sich an seinem ersten Tag auf den Schlips getreten fühlt und unser Verhältnis dauerhaft zerstört wird, schließlich werden wir wohl nun regelmäßig zusammenarbeiten müssen. Bei dem Gedanken daran läuft mir ein Schauer über den Rücken. Ich arbeite gern allein, ich genieße die abendliche Ruhe im Labor, weil ich dadurch Zeit habe über meine Kür für den Schneezauber nachzudenken. Wenn Jan nun dauerhaft abends hier sein wird, ist es mit meiner Ruhe bald geschehen, denn aus ihm sprudeln die Worte wie aus einem tosenden Wasserfall.

»Also das habe ich in meiner Ausbildung anders gelernt.«, unterbricht Jan meine Erklärung.

Mir egal, hier machen wir das so, denke ich mir meinen Teil. Ich habe die Arbeitsschritte nie hinterfragt, da es mir ehrlich gesagt ziemlich egal ist. Ich bin hier nur, um meine Proben abzuarbeiten, damit ich Geld für das Eiskunstlaufen habe. Trotzdem höre ich Jans Ausführung über die Problematik an unserem Arbeitsablauf zu. Am Ende nicke ich nur stumm und hoffe auf keine weiteren Fragen mehr.

Zur Pause haben wir erst ein Drittel der fälligen Proben bearbeitet, was Überstunden bedeutet. Ich hätte gern die Pause weggelassen, allerdings habe ich mittlerweile so Hunger, dass mir keine andere Wahl bleibt. Jan begleitet mich. Er erzählt mir ununterbrochen von seiner abgebrochenen Ausbildung. Wenn er so weiter macht, kenne ich bald all seine Berufsschullehrer mit Namen und das, obwohl ich mir Namen nur schwer merken kann.

»Ich möchte Humanmedizin studieren und dann für Ärzte ohne Grenzen arbeiten.«, berichtet er mir nun freudestrahlend.

»Das klingt doch spannend.«, gebe ich zurück, obwohl ich kaum noch hinhöre. Was Jan nicht weiter aufzufallen scheint oder was ihn schlichtweg nicht stört. Er führt sowieso eher ein Monolog statt einem Gespräch.

»Und bis dahin arbeite ich jetzt immer in den Abendstunden hier im Labor.«, berichtet er weiter.

Großartig, das heißt ich werde diese Quasselstrippe tatsächlich jeden Tag sehen. Ich kann meine Unlust, die nächsten Abende hier mit Jan zu verbringen kaum verbergen, doch im selben Moment bereue ich meine fiesen Gedanken, denn Jan scheint nett zu sein und er hat es nicht verdient, wie negativ ich über ihn denke.

Jan befragt mich, weshalb ich hier arbeite, und ich berichte ihm vom Eiskunstlaufen, von meinem Bachelor und von dem Casting beim Schneezauber. Allein der Gedanke und das Gespräch über Eiskunstlaufen verbessert meine Stimmung. Jan hat, wie die meisten, keine Ahnung vom Eiskunstlaufen, aber er sieht es sich immer bei den olympischen Spielen an. Er findet es interessant und schaut gerne zu. Wenn ich beim Schneezauber genommen werde, verspricht er mir vorbeizukommen. Vom Eiskunstlaufen wechselt Jan nun das Thema auf Musicals und dann weiter zu seinen Lieblingsbüchern. Aufgrund seines Redeflusses fiel die Pause länger aus als ich es wollte. Deshalb versuche ich nun so schnell und konzentriert wie möglich zu arbeiten, was bei Jans weiteren pausenloser Kommentierung und Aufzeichnung der Schritte nicht leicht ist. Ich bin heilfroh als wir um 22:30 Uhr endlich alle Proben fertig haben. Die letzten habe ich unkonzentriert und eilig angelegt, in dem Glauben, dass die Untersuchungen trotzdem plausible Ergebnisse liefern und sich niemand beschwert.

»Das hat einen Riesenspaß gemacht.«, sagt Jan vergnügt und strahlt mich an.

Ich nicke nur und zwinge mich zu einem Lächeln. Woher nimmt Jan nur all diese Wörter? Als Jan dann herausfindet, dass wir auch noch den gleichen Bus nehmen, ist er hellauf begeistert, während ich nur noch versuche, das ewig auf mich einprasselnde Gerede von Jan an mir abprallen zu lassen, ohne auszusehen als würde ich ihm nicht zuhören. Ich nicke gelegentlich zustimmend und versuche mich gedanklich mit dem doppelten Axel auseinander zu setzen. Ich stelle mir gerade vor, wie ich einen dreifachen Axel auf dem Eis springe während um mich herum das Publikum jubelt, als Jan mich fragt: »Wie siehst du das?«, und mich erwartungsvoll ansieht.

Verdammt, ich weiß nicht, wovon er redet. Ich sehe auf die Anzeigetafel im Bus und stelle erleichtert fest, dass ich aussteigen muss.

»Sorry Jan, ich muss hier raus. Mach´s gut.«

Das ist meine Rettung. Endlich habe ich Ruhe. Ich habe fast schon ein schlechtes Gewissen, weil ich so froh bin, Jan endlich los zu sein. Doch sein ewiges Geredet ist einfach unglaublich anstrengend für mich.

»Bis morgen.«, ruft er mir hinterher.

Ich kann es kaum erwarten, antworte ich in Gedanken voller Ironie. Hoffentlich legt sich sein Redefluss in den nächsten Tagen, ansonsten weiß ich nicht, wie ich konzentriert arbeiten soll und ich habe wirklich nicht die Zeit nun auch noch jeden Tag Überstunden zu machen.

Als ich vor der Haltestelle stehe, atme ich tief durch und genieße kurz die Ruhe. Ich zieh mein Handy aus der Tasche und stelle fest, dass ich einen verpassten Anruf von Sandra habe. Stimmt, wir wollten telefonieren. Das habe ich in der ganzen Aufregung total vergessen. Ich wähle Sandras Nummer, doch sie geht nicht ran. Bestimmt ist sie schon im Bett.

Ich schließe die Haustür auf und höre leise den Fernseher im Wohnzimmer laufen. Meine Eltern schauen einer ihrer vielen Krimi-Serien, bei denen ich schon nach zwei Minuten weiß, wer der Täter ist. Ich schaue kurz um die Ecke und begrüße meinen Papa. Er sitzt mit überschlagenen Beinen auf dem Sessel und schiebt hochkonzentriert seine Unterlippe vor. Er hält einige Zettel in der Hand und ein weiterer Stapel liegt auf dem Couchtisch. Er ist, wie üblich, noch am Arbeiten. Mama liegt bereits schlafend auf der Couch, ein ebenfalls vertrauter Anblick, denn sie nickt immer beim Fernseher schauen ein.

»Du bist aber spät heute.«, bemerkt Papa und schaut kurz von seinen Unterlagen auf.

»Ja, ich musste heute einen neuen Kollegen einarbeiten.«

Für Papa ist das Thema damit offensichtlich beendet, denn er widmet sich wieder seinen Papieren.

Ich schaue kurz in der Küche vorbei, um festzustellen das Mama heute nicht gekocht hat. Nicht schlimm, denke ich mir, denn es ist eh schon zu spät für eine Mahlzeit. Ich bin froh diesen Tag nun abhaken zu können. Missmutig denke ich an mein verpatztes Training und nehme mir vor so eine Katastrophe bei der Aufnahmeprüfung für den Schneezauber nicht vorkommen zu lassen. Das wäre ein Desaster. Die Jury würde mich auslachen und mir sagen, dass Eiskunstlaufen nichts für mich ist. Morgen beim Training muss ich mich noch viel mehr anstrengen. Ich muss alles geben für meinen Traum, das steht fest!

Im Bett liegend kreisen meine Gedanken immer wieder um den Schneezauber und meine berufliche Perspektive. Doch umso mehr ich darüber nachdenke, desto aussichtsloser erscheint mir meine Lage. Wie hoch ist schon die Wahrscheinlichkeit das ausgerechnet ich beim Schneezauber genommen werde? Völlig erschöpft schlafe ich nach stundenlangem Grübeln endlich ein.

Unruhig träume ich davon am Tag des Castings zu verschlafen und viel zu spät zum Vorlaufen zu kommen. Als ich endlich da bin, gelingt es mir nicht meine Schlittschuhe anzuziehen, im Hintergrund werde ich bereits aufgerufen, doch ich bin noch nicht warmgelaufen. Mit aller Kraft versuche ich meine Füße in die Schlittschuhe zu pressen als durch den Lautsprecher eine Ansage ertönt: »Frau Brandt wird disqualifiziert.«

»Scheiße. Nein!«, brülle ich.

»Ich bin doch hier! Ich muss nur in die verdammten Schlittschuhe kommen.«

Verzweifelt versuche ich meine viel zu großen Füße in die Schlittschuhe zu pressen, doch als durch den Lautsprecher die nächste Teilnehmerin aufgerufen wird gebe ich auf. Ich schmeiße die Schlittschuhe in die Ecke und beginne zu bitterlich weinen. Das kann doch nicht wahr sein. Was ist hier los?

Endlich wache ich schweißgebadet, aber erleichtert auf. Es war nur ein Traum, stelle ich beruhigt fest und schlafe kurze Zeit später wieder ein.

DREI

Es ist Samstag und ich bin froh, dass diese Woche langsam endet. Im Training lief es wieder besser, allerdings haben wir auch nicht mehr den doppelten Axel geübt. Susanne wollte lieber die Grundlagen festigen, um dann kommende Woche den Axel neu anzugehen. Ich bin froh über diese Entscheidung und es hat mir vor Augen gehalten meine Präzision auf dem Eis nicht zu vernachlässigen. Auch auf der Arbeit wurde es etwas angenehmer, Jan redet zwar noch immer wie ein Wasserfall, aber er kann nun einige der Probenbearbeitungsschritte allein durchführen, sodass wir immer pünktlich Feierabend machen konnten. Mittlerweile freue ich mich auch richtig auf die Party heute Abend, da ich ein wenig Ablenkung gebrauchen kann und mit Sandra und Sven ist für Spaß gesorgt.

Selbst Jans permanentes Gerede als wir nebeneinander im Labor arbeiten kann mir die Vorfreude nicht nehmen.

»Du strahlst heute so.«, bemerkt Jan und sieht mich neugierig an.

»Ja, ich gehe heute auf eine Party und ich freue mich schon richtig. Es ist echt schon lange her als ich zuletzt Feiern war.«

»Das klingt doch klasse. Ich war schon lange nicht mehr auf einer.«, sagt er mitleidig.

Die nächste Viertelstunde berichtet Jan von der letzten Hausparty, auf der er gewesen ist, während ich mich wieder meinen Proben widme. Ich habe mir angeeignet weiterzuarbeiten, wenn Jan mit mir spricht, da ich sonst nie vor Mitternacht nach Hause kommen würde.

Am Bus verabschieden wir uns, da ich heute in die andere Richtung zu Sandra fahre, worum ich zugegeben gar nicht böse bin.

Auf dem Weg zu Sandra höre ich mir wieder potenzielle Kürmusik an und überlege hin und her, ob ich lieber eine ruhige klassische Nummer wählen soll oder ein modernes schnelles Stück. Bis der Bus bei Sandras Haltestelle anhält und ich aussteigen muss, habe ich keine Antwort auf die Frage gefunden. Desto glücklicher bin ich gleich abgelenkt zu werden und darüber nicht weiter nachgrübeln zu können, denn es würde heute eh zu nichts führen. Sybille öffnet mir die Tür und strahlt als sie mich sieht.

»Hallo Isabell, schön dich zu sehen.«

»Hallo Sybille«

Sie nimmt mich lächelnd in den Arm. Sybille muss heute wohl nicht mehr arbeiten, denn sie trägt eine graue Jogginghose und ein übergroßes weißes T-Shirt, welches ihr locker über die Hüften hängt. Ihre Haare hat sie zu einem unsortierten Dutt hochgesteckt. Von der Küche strömt der Geruch von Zigaretten herüber, da Sybille dort häufiger raucht. Sehr zum Ärger ihrer Tochter. Leider lässt Sybilles Haut den regelmäßigen Zigarettenkonsum mittlerweile erkennen, wodurch sie älter wirkt als sie ist. Doch wenn sie lächelt, hat sie die gleiche unverkennbare Ausstrahlung wie Sandra, die einen immer wieder fasziniert. Im Hintergrund höre ich den Fernseher laufen.

»Hast du heute Nacht frei?«, frage ich höflich.

»Ja, ein Glück. Meine erste freie Nacht seit langem.«

»Sandra ist oben in ihrem Zimmer. Möchtest du noch was zu essen mit hochnehmen? Ich habe heute Brot gebacken.«, fährt Sybille fort.

»Klar gerne.«

Allein bei dem Gedanken an das frische Brot, läuft mir das Wasser im Mund zusammen.

»Ach und einen Sekt habe ich auch noch für euch.«

Sie fuchtelt wild mit den Armen und deutet mir ihr zu folgen. Sybille reicht mir das duftende Brot und den Sekt und lässt mich wissen, dass gleich ihre Lieblingsshow beginnt und sie zurück ins Wohnzimmer muss. Vom Flur aus kann ich ein Teil des Wohnzimmers erkennen und sehe auf dem Couchtisch, dass Sybille sich bereits ein Glas Rotwein eingeschenkt und sich Käse aufgeschnitten hat. Ich bedanke mich bei Sybille für das Essen und den Sekt und mache mich hastig auf den Weg die Treppe hinauf.