Zufall oder Schicksal - - Ramona Franken - E-Book

Zufall oder Schicksal - E-Book

Ramona Franken

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Beschreibung

Zufall oder Schicksal bestimmen unser Leben, und wie oft dachten wir schon, man trifft sich immer zweimal. Mona, eine starke Frau mit ganz normalen menschlichen Schwächen, beginnt eine Gratwanderung zwischen Familie und dem Einfluss einer Sekte, die ihr Erfolg, Macht und Liebe verspricht. Sie erlebt Euphorie und Zerstörung, sieht ihre Freunde, die sich beruflich von ihr verabschieden und wird selber gezwungen, sich zu entscheiden. So wie jeder von uns täglich Entscheidungen trifft. Mona wählt die Familie und entzieht sich der Sekte. Doch das Leben spielt nach seinen eigenen Regeln, und so trifft man sich zweimal.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XXI

Kapitel XXI

Kapitel XXII

Kapitel XXIII

Kapitel XXIV

Haftungsausschluss

I.

„Hallo Christoph, sicherlich hast Du schon gehört, dass ich meinen Abschied aus der Firma nehme. Manchmal ist es einfach besser zu gehen, nach vorn zu schauen und sich nicht umzudrehen. Warum? Du kennst die Antwort bereits, auch wenn sie für dich schwer verständlich ist. Ich möchte keine Gratwanderung - weder beruflich und schon gar nicht privat. An dieser Stelle würde ich sagen, man trifft sich immer zweimal im Leben, für uns wird das mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu treffen. Viele Grüße Mona.“

Jetzt nur noch auf „Senden“ drücken. Mona seufzte und sog die Luft tief durch die Nase, als wollte sie Kraft schöpfen, um die Taste zu betätigen. Klick! Nachricht gesendet, erschien auf dem Monitor. Dann schloss sie den Deckel des Laptops und damit ein Kapitel ihres Lebens, glaubte sie. Doch das rechte Gefühl der Freude wollte sich nicht einstellen. Traurig und erleichtert zugleich schweiften ihre Gedanken zurück. Sie wusste noch genau wie alles begann.

Mona seppte durch das Internet auf der Suche nach einem neuen Job. Sie hatte nach zehn Jahren ihre alte Stelle verloren. Nein, man nennt es „die Firma hat sich gesundgeschrumpft“. Richtig, so heißt es heute. Mona erhielt ihre Abfindung, Arbeitszeugnis und den berühmten Händedruck. Ende! Zehn Jahre waren innerhalb von Minuten ausgelöscht, es blieben nur gute und weniger gute Erinnerungen.

Abhaken und etwas Neues beginnen hatte Stefanie, ihre beste Freundin, versucht sie aufzumuntern.

Finanziell ging es Mona und ihrem Mann nicht schlecht und sie hätte sich eine Auszeit gönnen können. Doch nur zu Hause zu sein füllte die Frau nicht aus. Außerdem hatte die Ehe mit Fred einen tiefen Riss bekommen.

Diesem Problem wollte Mona sich nicht stellen. Es war einfacher sich einzureden, dass sich in die meisten Ehen nach einem viertel Jahrhundert die Routine einschlich. Deshalb wollte sie möglichst schnell eine neue Arbeit finden, um nicht darüber nachdenken zu müssen, warum wohl alles so gekommen ist und Fred wieder angefangen hat zu trinken.

Nur manchmal konnte sie in dem traurigen Gesicht ihrer Tochter Franziska lesen: Wie soll es weitergehen, Mama?

Fred hingegen zeigte wenig Interesse am Familienleben. Er hatte sich seine eigene Welt geschaffen, die darin bestand, zur Arbeit zu gehen, nach Hause zu kommen und sich zur Belohnung, mit einer Flasche Bier an den Küchentisch zu setzen.

Sprach Mona ihn auf sein Verhalten an, erhielt sie stets die gleiche Antwort. „Ich habe in meinem Leben genug gearbeitet und jetzt ist Pause.“ Traurig sah sie ihn dann an und dachte, vorbei die Zeit, als er duftend aus dem Badezimmer kam oder sie einfach mit ein einem Strauß Blumen überraschte. Damals träumten sie gemeinsam, hatten Ziele. Heute war aus gemeinsam „einsam“ geworden. Jeder lebte in seiner eigenen Welt und über die Zukunft wurde kaum noch gesprochen.

Das einzige Bindeglied war Franzi und auch sie war bereits im Teenie Alter. In wenigen Jahren würde auch sie gehen und auf eigenen Füßen stehen, genau wie ihre älteren Geschwister.

„Man wirft eine Ehe nicht einfach weg!“ Stefanie ermahnte sie stets, wenn Mona wieder einmal aufgeben wollte.

So fand sie eines Tages die Stellenanzeige, im Internet „Vertriebspartner gesucht“. Mona las den Text: „Vertriebspartner gesucht – für den IT Bereich, zur Betreuung eines festen

Kundenstammes. Unsere Kunden sind ausschließlich Firmen, die Sie betreuen und beraten sollen. Wir bieten Ihnen moderne Ausrüstung, Fixum und Provision, außerdem werden Sie von erfahrenen Ausbildern eingearbeitet.“

Klingt nicht schlecht, dachte sie. Voller Freude rief Mona ihren Mann an und erzählte ihm von der Annonce. „Hallo Fred. Ich hoffe ich störe dich nicht bei der Arbeit. Eben habe ich eine interessante Anzeige gefunden. Es wird ein Vertriebspartner gesucht. Ich würde im Verkauf arbeiten und wäre beratend tätig. Die ersten zehn Monate zahlt die Firma ein Fixum und nach vierwöchiger Ausbildung erhält man sogar schon Provision. Es klingt eigentlich ganz seriös. Der Haken ist, ich müsste während der Ausbildung nach Frankfurt und wäre nur an den Wochenenden zu Hause. Was sagst du dazu, ob die Arbeit etwas für mich ist?“

„Du findest es heraus, indem du dich bewirbst. Nein sagen kannst du immer noch, also probiere es aus“, ermutigte sie Fred.

„Okay, dann bewerbe ich mich direkt per Internet. Tschau Schatz.“ verabschiedete sich Mona.

„Bis heute Abend.“ sagte Fred.

Mona schrieb die Bewerbung, hängte ihre Unterlagen an und schickte die E-Mail ab. Bereits am nächsten Morgen lag die Antwort in ihrem Postfach.

Sehr geehrte Frau Sieben,

vielen Dank für Ihre Bewerbung. Nach eingehender Prüfung Ihrer Unterlagen möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mir nicht sicher bin, Ihnen eine geeignete Tätigkeit, gemäß Ihrer Qualifizierung bieten zu können.

Deshalb würde ich gern telefonisch am Donnerstag gegen 12 Uhr mit Ihnen Kontakt aufnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Fröhlich

Vertriebspartner/Ausbilder

Gut gelaunt las Mona die Mail und freute sich auf Donnerstag.

Endlich war es soweit. Ein wenig nervös, nahm sie den Hörer ab,

„Mona Sieben hier. Guten Tag“, meldete sie sich.

„Hallo Frau Sieben, mein Name ist Christoph Fröhlich von der Firma Johann Muster. Ich freue mich, sie zu hören. Wie bereits in meiner Mail geschrieben, stellt sich die Frage, ob Ihnen eine Tätigkeit in unserer Firma ausreicht. Denn aus Ihren Unterlagen konnte ich sehen, dass Sie die letzten zehn Jahre in einer Managerposition im Einzelhandel beschäftigt waren. Des Weiteren haben Sie eine Fachberaterstelle inne. Ist das richtig?“ fragte der Herr am Ende der Leitung ohne Umschweife.

Mona hörte seiner angenehmen dunklen Stimme zu.

„Das ist richtig“, sagte sie.

„Gut, dann würde ich Ihnen gern einiges über die Arbeit bei uns erzählen“, fuhr Christoph fort.

„Wir beraten Firmenkunden rund um ihren IT-Park. Das bezieht sich auf die Hardware und natürlich auch den entsprechenden Verkauf, bei Erweiterung, Erneuerung und Reparatur. Selbstverständlich werden Sie entsprechend auf Ihren Einsatz beim Kunden vorbereitet. Sie werden neben Bestandskunden natürlich ein Hauptaugenmerk der Neukundengewinnung widmen. Haben Sie bis hierhin Fragen?“

„Nein!“, antwortete Mona.

„Gut, dann würde ich gern einen Termin zur Vorstellung in unserem Hause mit Ihnen vereinbaren. Zu diesem Termin werden Sie unseren Firmeninhaber kennenlernen. Herr Muster lässt es sich nicht nehmen, mit den Bewerbern persönlich zu sprechen. Wäre Ihnen nächste Woche Donnerstag, gegen 11.00 Uhr recht?“ „Ja, das ist in Ordnung für mich. Brauchen Sie noch weitere Unterlagen von mir? Haben Sie eine genaue Anschrift der Firma für mich?“, fragte Mona.

„Nein ich habe alles von Ihnen. Den Rest besprechen wir am Donnerstag. Die Adresse schicke ich Ihnen mit einer Terminbestätigung per Mail.

Frau Sieben, dann freue ich mich Sie kennenzulernen und verbleibe bis Donnerstag. Auf Wiederhören.“

„Auf Wiederhören, Herr Fröhlich“, beendete sie das Gespräch gut gelaunt.

Schnell wählte Mona die Mobilnummer ihres Mannes. Glücklich lächelnd berichtete sie Fred über ihr Telefonat. Dann ging sie zur Küche und kochte sich eine Tasse Kaffee.

Zufrieden mit sich selbst saß sie am Küchentisch und freute sich auf die neue Chance.

Die Küche war klein aber Monas Schmuckstück im Haus. Der Lieblingsort der Familie alle wichtigen Entscheidungen wurden früher hier am Küchentisch getroffen. Da saßen die Kinder, Fred und sie oft stundenlang und unterhielten sich.

Jetzt war sie allein. Die beiden älteren Kinder waren ausgezogen und das Nesthäkchen Franzi, war gerade im fast sechszehn Jahre. In ihren Augen waren die Eltern uralt und es war reine Zeitverschwendung mit ihnen so viele Stunden zu verbringen.

Franzi war ein liebes Mädchen, mit blauen Augen und blondem Haar. Ihre Figur war zierlich. Ab und zu wurde ihr hübsches Gesicht von ein paar dicken Pickeln entstellt. Dann verbrachte sie ganze Ewigkeiten im Bad und versuchte mit allen erdenklichen Tricks, diesen absoluten Makel zu verstecken.

Für die Mutter war dieser Prozess so alt, wie sie zurückdenken konnte. Auch sie hatte als junges Mädchen gegen diese lästigen Gesichtskrater gekämpft und später ihre nun erwachsenen Kinder. Jetzt versuchte die Jüngste, Herr der Lage zu werden und es schien noch genauso erfolglos wie früher zu sein. Diese Dinger kamen und gingen, wie sie wollten und immer zur unpassendsten Zeit.

Franzi konnte genauso gut absolut stur und trotzig sein. Eben dieses Alter, in dem man an der ganzen Welt zweifelt und alles oder nichts in Frage stellt. Die Schule betrachtete sie als notwendiges Übel und Lehrer gab es nur, um Schüler zu ärgern.

Ein Blick zur Uhr holte Mona in die Wirklichkeit zurück. Es war noch kein Essen gekocht und gleich würden Franzi und Fred nach Hause kommen. Jetzt aber los, schnell schälte sie Kartoffeln und stellte die Pfanne für die Schnitzel auf den Herd. Während das Fett schmolz, stellte sie die Kartoffeln auf und richtete einen bunten Salat an.

Kaum war der Tisch gedeckt, sah sie vom Küchenfenster den Schulbus kommen und dahinter fuhr der PKW ihres Mannes. Perfekt dachte sie.

Da betrat auch schon Fred das Haus. Mona schaute aus der Küche und rief ihren Mann ein „hallo Schatz“ zu. Dann sah sie wieder nach dem Essen, damit nichts anbrannte. Während dessen kam Fred zur Küche, gab Mona einen flüchtigen Kuss und setzte sich an den vorbereiteten Tisch.

„Mona, möchtest du auch Kaffee?“

Fragend schaute er seine Frau an, dann goss er seine und anschließend Monas Tasse ein. Der Kaffeeduft durchzog die Küche und schon hörte man die Haustür erneut zuschlagen. Krachend flog sie ins Schloss.

Die Schultasche erreichte, mit beachtlicher Geschwindigkeit, geräuschvoll den Fußboden und hereinstapfte Franziska. Bereits ihr Gesicht verriet den Eltern, dass ihr Tag keinesfalls ein Beitrag zur guten Laune sei. Bestenfalls hätte das Mädchen den Talentwettbewerb zum größten Sauertopf gewonnen.

„Alles in Ordnung?“ fragte die Mutter.

„Sieht es denn so aus“, gab Franzi zurück, um gleich darauf weiter zu sprechen. „Die sind ja so was von mittelalterlich in der Schule. Heute, weißt du Mama, hatten wir in der vierten Stunde mit unserer Klassenlehrerin und haben über die Abschlussfahrt gesprochen. Da sagt die doch ganz im Ernst zu uns, einige Eltern hätten geäußert wir dürfen kein Handy, keinen Fotoapparat oder IPod mitnehmen und Taschengeld wäre auch auf 15 Euro für die Zeit begrenzt, weil es ja geklaut werden kann. Na geklaut kann es immer werden, dafür muss ich nicht wegfahren, habe ich zu ihr gesagt. Sie will morgen mit dir, über meine angeblich vorlaute Äußerung, bei der Klassenpflegschaftssitzung sprechen.“

Während sie nun ihren ganzen Frust heraussprudelte, stach sie mit der Gabel kraftvoll ins Schnitzel und schnitt sich ein mundgerechtes Stück ab. Dabei machte das Messer ein quietschendes Geräusch auf ihrem Teller.

„Du holst erst einmal Luft und isst in Ruhe. Dann besprechen wir alles. So schlimm kann es ja nicht sein. Vielleicht sind einige Eltern nur sehr besorgt und bedenke: viele können es sich auch nicht leisten ihren Kindern viel Taschengeld zu geben. Das Geld muss erst verdient werden. Ich habe mich heute auch auf eine neue Stelle beworben und nächsten Donnerstag fahre ich nach Frankfurt zum Vorstellungstermin. Was sagst du dazu?“ Fragend schaute Mona ihre Tochter an. Kauend nickte Franzi und lächelte zurück.

„Mama, du schaffst das schon. Papa und ich kriegen das zu Hause hin. Fahr mal, schau es dir an und wenn es gut ist, dann mach es ruhig.“

Während Franzi das sagte, stand sie auf, ging um den Tisch und drückte Mona ganz fest.

„Mama danke, dass Du morgen Abend mit der Ollen sprichst. Vielleicht kannst du ja mal ganz nebenbei erwähnen, dass wir keine kleinen Kinder mehr und auch noch weit vom Altenheim entfernt sind. Weißt du, wir sind so dazwischen würde ich vermuten. Vielleicht ist es eben nur noch keinem aufgefallen.“

Damit gab sie ihrer Mutter einen dicken lauten Kuss und setzte sich wieder, um weiter zu essen. Die schlechte Laune verzog sich aus dem schönen alten Fachwerkhaus und alle drei ließen sich ihr Essen schmecken.

Nach dem Essen half das Mädchen ihrer Mutter, das benutze Geschirr in die Spülmaschine zu stellen. Als sich Mona zu ihrem Mann an den Küchentisch setzte, ging Franzi in ihr Zimmer, um die Hausaufgaben zu erledigen.

Die Familie wohnte schon viele Jahre in dem Häuschen, das vor weit mehr als einhundertzwanzig Jahren erbaut wurde. Mit viel Liebe, Zeit und Geld hatten sie aus dem Hexenhaus ein gemütliches Heim geschaffen.

Die alten Balken, des Fachwerks, wurden freigelegt und bearbeitet, dann wurden neue Fenster eingesetzt und überall Fußbodenheizung installiert. Egal wer die Eheleute besuchte, jeder war von der Raumaufteilung und Gestaltung beeindruckt. Denn Mona hatte das Alte erhalten und geschickt mit moderner Einrichtung verbunden.

Von der Haustür schaute man direkt in den offenen Wohn- und Essbereich. Im Esszimmer stand ein großer heller Eichentisch mit cremefarbenen Lederstühlen und an der Stirnwand prangte eine dunkle altdeutsche Anrichte. Die Wände hatte Fred weiß gestrichen und an einer Wand hinter dem Esstisch hing quer ein großer alter Spiegel, der die Optik des Raumes vergrößerte.

Rechts neben dem Esszimmer befand sich die Küche. Sie war hellblau gestrichen, die Einbauküche sowie Tisch und Stühle waren aus hellem Birkenholz. An den Fenstern hingen weiße Gardinen, die hellblau abgesetzt waren und auf dem Fensterbrett standen drei Pflanztassen mit Petersilie, Basilikum und Schnittlauch. Der frische Kräuterduft schwebte ständig durch die Küche.

Ein kleiner Flur verband Esszimmer und Wohnzimmer. Von der Diele ging eine Tür rechts ins Bad und die nächste in die Dusche, zur linken Hand gelangte man ins Arbeitszimmer. Gerade aus lag, erreichbar über drei weitläufige rundgehaltene Stufen der Wohnbereich. Ein Teil der Decke war von der Dachschräge durchzogen und die komplette Stirnwand bestand aus Fenstern und einer Glastür, in den Garten. Das Zimmer wirkte dadurch groß und hell.

Der Blick fiel direkt auf die Polstergarnitur aus Eiche und zeitlosen gehaltenen Stoffen. Genauso wie der schwere Eichenschrank und das Bücherbord hatte Mona bei der Einrichtung stets sorgfältig überlegt, was gut in das Häuschen passte.

Die alte Nähmaschine ihrer Oma fand einen Ehrenplatz am Fenster. Sie war noch voll funktionstüchtig. Bei Mona stand sie nur zur Dekoration, sie hatte ein Stück feinen Stoff darauf gelegt und ihr alter Teddy saß daneben.

Gerade so, als wäre die Näherin eben aufgestanden und würde ihre Arbeit nach der Unterbrechung wieder aufnehmen. Auch hier waren die Wände hell gestrichen und im gesamten Haus waren weiß, grau, blau und braun bemusterte Fliesen verlegt worden. Fred und sie hatten manchmal nächtelang gearbeitet, egal ob tapeziert, gestrichen oder gefliest wurde.

Jede Entscheidung haben sie gemeinsam getroffen und gerechnet: Würde das Budget reichen oder muss der Umbau pausieren? Denn bei allen waren auch die Kinder zu bedenken, für sie musste zuerst geplant werden.

Oft war die Haushaltskasse knapp, doch hatten die Eheleute Spaß und fanden immer einen gemeinsamen Weg. Nie hatte Mona früher das Gefühl, allein zu sein, beschlichen. Sie war stolz auf ihren Mann, der mit seinen Händen so viel Schönes schaffen konnte.

Er zauberte warme Farben an die Wände, zog Holzdecken ein, legte Fliesen im Muster, das sie vorher auf ein Stück Papier malte.

Trotz allem ging er morgens fünf Uhr pfeifend und gut gelaunt zur Arbeit, um pünktlich 17Uhr wieder lachend nach Hause zu kommen und mit ihr weiter zu planen, zu träumen und zu arbeiten.

Damals war sie sich sicher den besten Mann der Welt geheiratet zu haben und heute ist ihr nur die Erinnerung geblieben. Immer öfter dachte sie darüber nach. Wie konnte es soweit kommen und vor allem - konnte sie ihre Ehe noch retten?

Die Beiden saßen, jeder in seine Gedanken versunken, am Küchentisch und schwiegen. Dann stand Fred müde auf und holte sich eine Flasche Bier. Mona schaute ihrem Mann hinterher als der die Küche verließ und genauso saß sie, den Kopf in die Hände gestützt als er zurückkam da.

„Du wolltest ab heute mit dem Bier trinken pausieren!“, erinnerte sie ihn leise.

Fred seufzte und schaute seine Frau verständnislos an, bevor er ihr antwortete: „Du kannst nur meckern. Hoffentlich klappt es mit deinem Vorstellungstermin, dann kannst du dich auf der Arbeit austoben. Ich habe Durst und außerdem hatte ich richtig Stress. Deshalb trinke ich heute noch mal ein Bier und morgen eben keins.“

Verletzt und enttäuscht nahm Mona ihre Kaffeetasse, stellte sie in die Spülmaschine und wollte die Küche verlassen. Fred griff nach ihrer Hand und hielt sie zurück. Dann sagte er: „Du trinkst doch auch jeden Tag Mineralwasser und da rege ich mich nicht auf.“

„Ja Fred, das ist richtig. Nur eben vom Mineralwasser werde ich nicht betrunken und es ist auch noch gesund. Was soll das, erwartest du Verständnis von mir? Bei Durst trinkst du am besten Wasser, Bier ist hier die falsche Lösung!“, antwortete sie Kopfschüttelnd. Mona schob die Hand ihres Mannes, die sie früher so gern gehalten hatte, von sich und ging, den Blick zu Boden gerichtet.

Als sie aufschaute, sah sie Franziska mit einem Schulheft in der Hand, im Esszimmer stehen. Das Mädchen hatte diese unschöne Unterhaltung der Eltern wieder einmal miterlebt.

„Kann ich dir helfen?“, fragte sie ihre Tochter. „Mama, ich habe die Mathehausaufgaben nicht verstanden. Erklärst du mir, das bitte mal?“ Während sie sprach, legte sie ihr Schulheft und das Buch auf den großen Holztisch. Mutter und Tochter setzten sich gemeinsam an die Lösung der Aufgaben. Franzi war froh, ihre Mama abzulenken und Mona ließ sich bereitwillig darauf ein, glücklich nicht über das Alkoholproblem ihres Mannes nachdenken zu müssen.

Während die Beiden lachend ihre Köpfe über die Schularbeiten zusammensteckten, saß Fred immer noch in der Küche am Tisch, allein mit seinem Bier. Dabei fühlte er sich ausgeschlossen und unverstanden, von seiner Frau und seiner Tochter.

„Weißt du Mama,“ sagte Franzi „fahr mal ruhig nach Frankfurt und schau dir die Arbeit an. Den einen Tag schaffe ich schon mit Papa. Außerdem kann ich ja in mein Zimmer gehen und Saxofon spielen, wenn er mich nervt.“

„Danke Franzi, das ist lieb von dir. Ich verspreche dir mich nicht länger als nötig aufzuhalten und alles andere besprechen wir, sobald ich wieder zu Hause bin. Vielleicht ist die Arbeit gar nicht so schön. Wir werden sehen, was sich ergibt.“

Sie streichelte über die Hand ihrer Tochter und lächelte ihr zu. Dabei dachte sie: Eigentlich hätte ich die Fahrt mit meinem Mann besprechen sollen und nicht mit meinem Kind. Eine total verfahrene Situation. Mona drehte sich um und sah Fred in die glasigen Augen, der zu ihnen herüber stierte.

II.

Ein wenig nervös und gut vorbereitet startete Mona Donnerstag früh nach Frankfurt. Sie hatte sich besonders hübsch gemacht. Ihr anthrazitfarbener Anzug passte perfekt. Dazu trug sie ein schwarzes T-Shirt, schwarze Pumps und einen schwarzen Ledergürtel, der Schmuck war, bis auf ihren Ehering in Silber. Er bestand aus Kette, Ohrringen, Armband und Uhr.

Statt Make-up hatte sie Puderrouge benutzt, ihre schönen braunen Augen wurden nur durch schwarzen Kajal und Wimperntusche hervorgehoben. Das schulterlange dunkelbraune Haar trug sie glatt geföhnt.

Gut gelaunt stieg sie in ihren Pkw ein und tippte den Zielort in das Navigationssystem ein. Dann fuhr sie los, vor ihr lagen mehr als 350 Kilometer Fahrweg. Die Frau lenkte das Fahrzeug auf die Autobahn, lauschte der Musik im Radio und war gespannt auf die Dinge, die sie erwarteten. Pünktlich parkte sie den Wagen vor einem modernen, weiß gestrichenen, Bürogebäude mit mehreren Stockwerken. Große getönte Fensterscheiben reflektierten das Sonnenlicht und schützten so die Mitarbeiter vor der sich aufbauenden Hitze des Tages.

Als sie das Haus betrat, wurde sie von angenehmer Kühle, erzeugt durch die Klimaanlage, empfangen. Mona überlegte einen Moment, ob sie den Fahrstuhl oder die Treppe benutzen sollte. Dann entschied sie sich für den Lift in die zweite Etage. Sie hörte ihr Herz aufgeregt schlagen und wünschte sich einen Augenblick Fred wäre mit ihr gefahren und würde im Auto sitzend, ihr die Daumen drücken.

Doch da betrat sie bereits den Empfangsraum der Firma. Freundlich lächelte die Dame hinter dem Tresen sie an und fragte nach ihren Wünschen.

„Ich habe einen Vorstellungstermin bei Herrn Muster, mein Name ist Mona Sieben“, antworte sie.

„Frau Sieben, einen Augenblick bitte noch! Vielleicht möchten sie solange Platz nehmen. Kann ich ihnen ein Glas Wasser oder einen Kaffee anbieten, um ihnen die Wartezeit angenehmer zu machen?“ forderte die Empfangsdame sie auf.

„Ein Glas Wasser nehme ich gern.“

Mona setzte sich in einen der weichen schwarzen Ledersessel, legte ihre Handtasche neben sich und blätterte in einer der Illustrierten, die auf dem kleinen runden Tisch lagen, nebenbei nippte sie an ihrem Wasserglas.

Ab und an schweifte ihr Blick durch den Raum. Er war hell und modern eingerichtet. Hinter der Theke saßen die nette Empfangsdame und noch zwei weitere junge Frauen. Die Türen der angrenzenden Büros rechts und links standen weit geöffnet und sich angeregt unterhaltende Männerstimmen drangen daraus zu ihr. Große Grünpflanzen waren die Highlights des Büros.

Eine schlanke dunkelblonde Frau, in tiefblauer Hose mit weißem T-Shirt kam auf sie zu und sprach sie an. Ihr Lächeln wirkte auf Mona zu freundlich - mit einer Spur Aufgesetztheit.

„Guten Tag Frau Sieben mein Name ist Stine Kaltofen. Ich bin die Sekretärin von Herrn Muster. Kommen sie bitte mit. Ich hoffe sie mussten nicht zu lange warten.“

Mona legte ihre Zeitschrift aus der Hand, griff nach ihrer Tasche und folgte ihr. Sie gingen an dem Empfangstresen vorbei, daran grenzte ein offener Bereich, rechts stand ein großer Esstisch, von bequemen Stühlen umringt und links an der Wand befand sich eine Küchenzeile, in der nichts an Geräten fehlte, auch hier standen alle angrenzenden Bürotüren offen.

Herr Muster saß in einem elegant eingerichteten Büro, vor seinem Schreibtisch stand ein dunkler Konferenztisch mit weichen Polsterstühlen. Das grelle Sonnenlicht wurde von Jalousien ferngehalten und hüllte den Raum in Dämmerlicht.

Als Mona das Büro betrat, stand der schlanke Herr mittleren Alters im Anzug auf und kam auf sie zu. „Guten Tag Frau Sieben. Mein Name ist Johann Muster. Ich bin Geschäftsführer und Inhaber dieser Firma. Ich freue mich sie kennenzulernen. Setzen sie sich doch bitte.“

Er zeigte auf einen der Polsterstühle und ging zu seinem Schreibtisch zurück, um in seinem Sessel Platz zu nehmen.

„Danke“, sagte Mona höflich und setzte sich.

„Ich hoffe sie hatten eine gute Anreise. Sind sie mit Bahn oder Pkw angereist?“ fragte er weiter.

„Ich habe das Auto bevorzugt. Damit bin ich doch unabhängiger als mit der Bahn. Die Fahrt war reibungslos und es gab keine Staus“, erzählte sie unbeschwert.

Sie plauderten eine ganze Weile. Herr Muster erzählte viel über die Firma, die er selber aufgebaut hatte. Am Anfang hatte er in einer Garage gearbeitet.

Mona konnte den Stolz und die Liebe die er in seine Arbeit investierte deutlich hören. Während er begeistert sprach, hatte sie Gelegenheit sich einen ersten Eindruck von ihm zu machen: sehr schlank, maßgeschneiderter Anzug, dunkle Haare, gepflegter Schnitt, blasse Haut, seine Hände ruhten beim Sprechen würdevoll auf der Schreibtischplatte vor ihm.

Dieser Mann strahlte vornehme Ruhe aus und besaß die Gabe, beim Erzählen, die Aufmerksamkeit seines Zuhörers auf sich lenken. Mona fühlte sich angenehm überrascht. Ihm war jedes, noch so winzige Detail, seiner Firma vertraut und eben beendete er seine sprachliche Führung durch alle Räume.

„Die Küche, die sie eben gesehen haben, kann von allen Mitarbeitern genutzt werden. Fast täglich wird hier gekocht und das Obst auf dem Tisch besorge ich immer frisch vom Biobauern. Denn die meiste Zeit sind die Angestellten hier im Haus tätig und ich fühle mich für sie verantwortlich. Aber nun erzählen sie mir doch auch ein bisschen über sich. Aus ihren Unterlagen habe ich gesehen, dass sie viel im Personalbereich eingesetzt waren.“

Mona erzählte über ihre Arbeit, ihr Studium und natürlich ihren Austritt aus dem Konzern. Sie erklärte, dass dieser Termin heute für sie ein Neuanfang werden sollte und sie die Tätigkeit als Herausforderung sah. Die Familie hatte sich verkleinert und sie konnte nun beginnen, ihre Zukunft zu gestalten.

Herr Muster hörte ihr aufmerksam zu und fragte immer wieder.

„Wie hat ihnen eigentlich der Flughafen von Frankfurt gefallen, als sie auf der Autobahn daran vorbei gefahren sind? Sieht das Gebäude nicht aus als wäre ein Wolkenkratzer auf die Seite gelegt worden? Ich finde es immer wieder faszinierend.“

Mona stach dieses Gebäude im vorüberfahren tatsächlich ins Auge. Sie hatte sich vorgenommen auf dem Heimweg noch einmal genau hinzuschauen. Jetzt erinnerte sie sich durch die Frage wieder daran.

„Ich finde das Flughafengebäude äußerst interessant und werde es mir auf dem Weg nach Hause noch einmal genauer ansehen. Diese Bauweise zieht natürlich sofort den Blick auf sich. Tatsächlich sieht es aus wie ein umgefallenes Hochhaus auf Tausendfüßler Beinen.“, antwortete sie.

„Frau Sieben, ich bin begeistert und würde Ihnen gern Herrn Röhrich vorstellen, er ist verantwortlich für die Berater im mittleren Bereich Deutschlands.“, sagte er höflich mit einem Lächeln, griff zu seinem Handy und wählte eine Nummer. Kurze Zeit später erschien ein Herr mit lachenden dunkelbraunen Augen und starkem Akzent.

„Hallo, ich bin der Herr Röhrich.“ stellte er sich mit bayrischem Dialekt vor. Er setzte sich ihr gegenüber an den Tisch und fragte.

„Wie schaut`s aus Herr Muster, soll ich Frau Sieben mit ins Vertriebler Haus nehmen und etwas herumführen?“

„Einen Augenblick noch. Frau Sieben wir sollten noch über Ihre Gehaltsvorstellungen sprechen. Natürlich biete ich jedem neuem Mitarbeiter eine Unterstützung an. Dabei können Sie zwischen zwei Varianten wählen. Die Erste sieht folgender Massen aus. Sie erhalten einen Monat 5000Euro und 11 weitere 3000€. Die Zweite Variante wäre: Sie erhalten den ersten Monat 3000Euro und 11 weitere 1000€. Sollten Sie Variante eins wählen, müssen Sie die Hälfte zurückzahlen, dies entfällt bei dem anderen Vorschlag. Was möchten Sie lieber mit mir vereinbaren?“

Beide Herren schauten sie abwartend an. Der Blick den sich die beiden Männer dabei zuwarfen, erinnerte sie an einen Fuchs.

Ohne zu überlegen antwortete Mona: „Ich nehme das zweite Angebot. Geben Sie das Erste besser jemanden, der es nötiger braucht als ich.“ Später erst stellte sich heraus, wie richtig ihre Entscheidung war. Denn alle neu angeworbenen Mitarbeiter wurden auf ihre finanzielle Abhängigkeit geprüft.

„Sehr gut!“, lachte nun Herr Muster, „Frau Sieben, das war nur ein Test. Ich wollte prüfen, ob Sie nur des Geldes wegen zu uns kommen oder ernsthaft eine Tätigkeit suchen. Wenn Sie einverstanden sind, dann würden wir uns am Dienstag nächste Woche bei Ihnen melden und Sie teilen uns mit, ob Sie unser Arbeitsangebot annehmen möchten. Ich würde mich auf eine Zusammenarbeit mit Ihnen freuen. Herr Röhrich zeigt Ihnen nun noch unsere Vertriebsabteilung. Die Damen und Herren sitzen im Gebäude nebenan, hier wäre es für uns alle zu eng. Es gibt nur ein paar kleine Unterschiede zu der Einrichtung hier.

Aber das zeigt und erklärt Ihnen alles ihr Begleiter. Ach, und Herr Röhrich vergessen Sie bitte nicht, Frau Sieben, ein paar Dosen meiner firmeneigenen Bonbons mit zu geben. Auf Wiedersehen.“

Herr Muster verabschiedete sich von ihr und überließ sie dem netten Herrn im braunen Anzug.

„Also dann, lassen`s uns gehen. Vielleicht können Sie gleich ein paar ihrer künftigen Kollegen kennenlernen, Donnerstag und Freitag sind`s die Damen und Herren immer in der Zentrale zum Meeting. Ich geh vielleicht mal voraus.“, forderte er sie auf und übernahm er die Führung.

Flink bewegte er sich und Schweißperlen liefen ihm vom Gesicht über den Hals ins offenstehende Hemd.

Mona folgte ihm ins Nachbargebäude, das sich von außen durch nichts unterschied. In der zweiten Etage waren alle überflüssigen Wände entfernt worden. Dadurch wirkte es wie ein einziger großer Raum, nur zwei Räume waren mit Hilfe von Glasscheiben abgetrennt. Später erfuhr sie, dass hier die Rekruten, so wurden die Neuen genannt, in Ruhe lernen konnten. Der Küchenbereich war genauso gut ausgestattet wie im Hauptgebäude. Ansonsten standen Schreibtische überall verteilt und waren nur durch Raumteiler abgetrennt.

An einigen Schreibtischen saßen Männer, mit Headsets, und telefonierten. Es war eine absolut entspannte Atmosphäre, die ihr sofort auffiel.

Als sie den Raum betraten, erhob sich ein Herr, mit weißem Hemd und Krawatte von seinem Schreibtischstuhl und kam auf sie zu.

„Ah Christoph, da bist`s ja“, rief Herr Röhrich lachend. „Das ist der Herr Christoph Fröhlich, ihr Ausbilder. Wenn`s sich entschließen bei uns anzufangen. Er ist für die Neuen zuständig.“ Stellte er Mona vor.

Dann wandte er sich, mit seiner tiefen warmen Stimme, an Herrn Fröhlich:

„Christoph das ist Frau Sieben, sie überlegt`s sich bis nächste Woche, ob sie bei uns anfangen tut. Du musst dich mal mit dem Johann kurzschließen.“

Mona fühlte, wie ihr die Röte langsam den Hals hinauf bis in die Wangen kroch. Seit Ewigkeiten passierte ihr das zum ersten Mal. Sie konnte sich den Grund dafür nicht erklären. Denn bisher hatte sie täglich mit gut aussehenden Männern gearbeitet. Aber keiner hatte sie so angesehen wie Herr Fröhlich mit seinen dunklen braunen, beinahe schwarz strahlenden Augen. Mona fühlte sich als schaute er in ihr Herz. Herr Fröhlich schien ebenso zu empfinden, denn auch sein Gesicht überzog sich mit einer sanften Röte.

„Hallo Frau Sieben, schön sie kennenzulernen.“ Während er sprach, hielt er ihre Hand fest in seiner.

„Guten Tag Herr Fröhlich. Nun lernen wir uns persönlich kennen und die Stimme bekommt ein Gesicht. Ich freue mich ebenfalls.“ Damit entzog sie ihm vorsichtig ihre Hand, die er etwas länger als nötig hielt.

Stumm mit glühenden Gesichtern standen sie sich gegenüber. Herr Röhrich nahm das Gespräch wieder auf und schob Mona weiter.

„Dann wollen wir mal weiter gehen. Ich zeige ihnen noch die restlichen Räumlichkeiten und gebe ihnen die firmeneigenen Bonbons mit. Die dürfen wir keinesfalls vergessen, da legt der Chef Wert drauf. Wissens er sagt immer, wenn uns mal ein Kunde vergisst, spätestens, wenn die Bonbons alle sind, erinnert er sich wieder an uns.“ Bei diesem Scherz lachte er herzhaft.

Nach der Führung brachte er Mona zu ihrem Auto und verabschiedete sich freundlich von ihr.

„Also überlegen´s sich das Angebot, ich bin schon zehn Jahre hier und mir gefällt`s immer noch. Außerdem wär ich dann ihr Bereichsleiter und ich würd gern mit ihnen arbeiten. Wenn`s Fragen haben rufen`s einfach an.“

Mona bedankte sich und verabschiedete sich. Sie hatte Herrn Röhrich sofort in ihr Herz geschlossen. Diese offene freundliche Art gefiel ihr gut. Ja, mit ihm würde sie gern zusammenarbeiten wollen.

Erleichtert und fröhlich ging die Frau zu ihrem Wagen zurück.

Sie öffnete die Fahrertür und Hitze schlug ihr entgegen. Das Fahrzeug hatte sich in der Sonne aufgeladen. Schnell startete sie den Motor und stellte die Klimaanlage ein. Dann begab sie sich auf den Heimweg, der Feierabendverkehr hatte bereits eingesetzt und so zogen sich die Kilometer schleppend dahin. Doch es machte ihr heute gar nichts aus, denn sie musste über vieles nachdenken. Zwischen ihre Gedanken schob sich immer wieder ein Männergesicht, lenkte sie ab und ließ sie lächeln.

Mona ärgerte sich über ihr albernes Verhalten. Sie war eine verheiratete Frau. Es war keinesfalls akzeptabel über andere Männer nachzudenken. Außerdem behinderte Ablenkung nur die Arbeit. Der attraktive Christoph Fröhlich würde ihr Ausbilder sein, nicht mehr und nicht weniger. Mona wollte sich nur auf ihren Job konzentrieren und sich ein neues Standbein aufbauen.

Zuhause warteten indessen ihre Tochter Franzi und Fred. Sie wählte über ihr Handy die Nummer ihres Mannes und setzte das Headset auf.

„Hallo Schatz“, begrüßte sie ihren Mann.

„Hallo Mona. Wie lange brauchst du noch?“, fragte Fred.

„Ich habe ungefähr noch 50 Kilometer, zu fahren. Also knapp eine Stunde und dann bin ich bei euch. Ist Franzi auch zu Hause? Dann können wir gemeinsam über meinen Vorstellungstermin sprechen.“

„Ja, Franzi bereitet gerade das Abendessen vor. Es soll eine Überraschung für dich geben. Also bis gleich!“, verabschiedete er sich von seiner Frau.

Endlich parkte Mona ihr Auto auf dem Seitenstreifen gegenüber von ihrem Haus. Sie stieg aus und musste erst einmal ihre müden Glieder strecken. Gerade in diesem Moment öffnete sich die Haustür, Fred und Franzi kamen ihr entgegen. Das Mädchen lachte ihre Mutter an und umarmte sie stürmisch.

„Endlich bist du wieder da!“, rief sie.

„Na, aber ich war nur einen Tag weg und du begrüßt mich als wäre ich Jahre von dir getrennt gewesen.“, scherzte Mona.

Sie legte einen Arm um ihre Tochter und drückte sie fest an sich.

Fred gab seiner Frau einen Kuss. Dann hakte er sich auf ihrer anderen Seite bei ihr ein. Gemeinsam gingen sie ins Haus. Dort wurde Mona von einem hübsch gedeckten Tisch überrascht, außerdem schwebte ihr frischer Pizzaduft entgegen.

„Hm, das riecht aber gut. Wer war der gute Geist, der hier gezaubert hat?“, fragte Mona scheinbar unwissend.

„Mama setz dich. Ich habe schon alles vorbereitet. Papa komm, hilf mir und reich bitte die Teller an!“, forderte sie ihren Vater auf.

Franzi öffnete den Backofen, herrlicher Pizzaduft strömte heraus und durchzog die Küche.

Mona freute sich und schaute, ihrer geschäftig wirkenden Tochter, zu. Mit größter Vorsicht schob sie die heißen, duftenden Teigstücke auf die Teller.

Als alle Teller gefüllt waren, setzte sie sich zu ihren Eltern an den Tisch.

„Nun erzähl schon Mama und lass uns nicht so lange zappeln. Wie war es? Nimmst du die Arbeit an?“, wollte ihre neugierige Tochter wissen.

Mona schob sich ein Stück Pizza in den Mund und kaute genüsslich.

„Die schmeckt aber super! Das hast du wirklich gut gemacht, ich hätte es nicht besser gekonnt.“, lobte Mona das Mädchen. Fred schloss sich dem Lob seiner Frau an.

Als sie fertig gegessen hatten, begann Mona zu erzählen, zuerst von der Fahrt und dann natürlich von dem Gespräch.