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Die Auseinandersetzung über die Zukunft des Sozialstaats handelt von der Nachhaltigkeit des Sozialstaats. Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat im Jahr 2017 ein "Zukunftslabor" auf den Weg gebracht, das für die Zukunft der Sozialen Sicherung neben systemimmanenten Reformen die Reformideen Grundeinkommen und Bürgergeld untersuchen und diskutieren soll. Die vorliegende Literaturstudie dokumentiert die Ergebnisse der ersten Arbeitsphase, einer Bestandsaufnahme der Herausforderungen von Demographie und Digitalisierung an die Soziale Sicherung. Auf ihr sollen die Zukunftsszenarien und dann die konkreten Reformszenarien aufbauen, die später berechnet werden und die sozialpolitische Diskussion nach vorne bringen sollen.
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Seitenzahl: 218
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Weitere Informationen zum Zukunftslabor finden sie auf der Homepage des ISÖ – Institut für Sozialökologie gGmbH:
http://www.zlabsh.de
Vorwort
Ein Zukunftslabor für die Soziale Sicherung
Michael Opielka
Wirkungen des anstehenden demographischen Wandels auf die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland
Bruno Kaltenborn
Auswirkungen der Digitalisierung auf die Soziale Sicherung
Alexander Spermann
Zukunftsszenarien und Reformszenarien – Die morphologische Matrix als Instrument im Zukunftslabor
Kathrin Ehmann, Michael Opielka, Sophie Peter
Auftaktveranstaltung am 2.5.2019 in Kiel
Programm
Literatur
Autorinnen und Autoren
Tabelle 1: Ablaufplanung Zukunftslabor Schleswig-Holstein
Tabelle 2: Eckdaten aktueller amtlicher Bevölkerungsvorausberechnungen
Tabelle 3: Annahmen verschiedener Bevölkerungsvorausberechnungen
Tabelle 4: Implizite und explizite Staatsschulden nach Bahnsen/Manthei et al. (2018)
Tabelle 5: Nachhaltigkeitslücke und Konsolidierungsbedarf in Abhängigkeit von der Zuwanderung nach Bonin (2014)
Tabelle 6: Annahmen verschiedener Vorausberechnungen für die sozialen Sicherungssysteme
Tabelle 7: Demographieabhängige Ausgabenquoten der Basis- bzw. Referenzvarianten verschiedener Tragfähigkeitsanalysen im Zeitverlauf.
Tabelle 8: Demographieabhängige Ausgabenquoten bis 2060 nach Werding (2016a)
Tabelle 9: Sensitivitätsanalysen für die demographieabhängige Ausgabenquoten im Zeitverlauf nach Werding/Läpple (2019)
Tabelle10: Unterschiede zwischen der pessimistischen und optimistischen Basisvariante der Tragfähigkeitsanalyse von Werding (2016a)
Tabelle 11: Sensitivitätsanalysen für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen nach Werding (2016a)
Tabelle 12: Sensitivitätsanalysen für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen nach Aretz et al. (2016) und Werding (2016b)
Tabelle 13: Summe der Beitragssätze zur Sozialversicherung nach verschiedenen Tragfähigkeitsanalysen im Zeitverlauf.
Tabelle 14: Durchschnittliche Beitragssätze zur Sozialversicherung während eines idealtypischen Erwerbslebens nach Werding/Läpple (2019)
Tabelle15: Eckdaten zur gesetzlichen Rentenversicherung
Tabelle16: Vorausberechnungen für das Rentenniveau netto vor Steuern
Tabelle 17: Vorausberechnungen für den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung
Tabelle 18: Annahmen und Ergebnisse der Vorausberechnung von Türk et al. (2018) für die Alterssicherung
Tabelle 19: Annahmen verschiedener Vorausberechnungen für die gesetzliche Rentenversicherung
Tabelle 20: Eckdaten zur gesetzlichen Krankenversicherung
Tabelle 21: Annahmen verschiedener Vorausberechnungen für den Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung
Tabelle 22: Vorausberechnungen für den Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung
Tabelle 23: Eckdaten zur sozialen Pflegeversicherung
Tabelle 24: Annahmen verschiedener Vorausberechnungen für den Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung
Tabelle 25: Vorausberechnungen für den Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung
Tabelle 26: Eckdaten aktueller amtlicher Bevölkerungsvorausberechnungen
Tabelle 27: Anwendungsbeispiel einer Morphologischen Matrix im Projekt ZLabSH (Zeithorizont 2030+)
Abbildung 1: Zustimmung Grundeinkommen im europäischen Vergleich (in %)
Abbildung 2: Geburtenrate 1954 bis 2017
Abbildung 3: Lebenserwartung bei Geburt 1871/81 bis 2015/17
Abbildung 4: Außenwanderungen 1950 bis 2017
Abbildung 5: Annahmen zum jährlichen Außenwanderungssaldo nach Geschlecht und Altersgruppen in den Jahren 2021 bis 2060 nach der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (2015)
Abbildung 6: Bevölkerung bis 2060 nach verschiedenen aktuellen amtlichen Vorausberechnungen
Abbildung 7: Altenquotient bis 2060 nach verschiedenen amtlichen Bevölkerungsvorausberechnungen.
Abbildung 8: Amtliche Vorausberechnungen von Rentenniveau und Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung
Abbildung 9: Verteilung der Anwartschaften bei inländischen Altersicherungssystemen nach Kohorte und Geschlecht 2016
Abbildung 10: Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung nach Alter und Geschlecht 2017
Abbildung 11: Pflegequote nach Alter und Geschlecht Ende 2017
Abbildung 12: Verteilung der Pflegegrade Ende 2017
Abbildung 13: Produktivitätsentwicklung in Deutschland (1991-2015)
Abbildung 14: Job-Polarisierung in den USA und der Europäischen Union
Abbildung 15: Automatisierungspotential auf dem deutschen Arbeitsmarkt
Abbildung 16: Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung (1998-2018)
Abbildung 17: Entwicklung der Einkommensungleichheit in Deutschland (1991-2015)
Abbildung 18: Entwicklung der Solo-Selbstständigkeit in Deutschland (1991-2014)
Die Auseinandersetzung über die Zukunft des Sozialstaats handelt von der Nachhaltigkeit des Sozialstaats. Können wir Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen, in den Phasen unseres Lebens, in denen wir für uns selbst nicht gut sorgen können, bei Krankheit, bei Arbeitslosigkeit, vor allem im Alter, von der Gemeinschaft gut versorgt zu werden? Welche Gemeinschaft soll das sein, alle Bürgerinnen und Bürger, oder meine Berufsgruppe? Auf welchem Niveau will ich versorgt werden, genügt ein gutes Basisniveau oder soll der Sozialstaat den früheren Lebensstandard sichern? Die sozialpolitische Diskussion um Nachhaltigkeit hat mit der ökologischen Nachhaltigkeitsdiskussion fast keine Berührung. Das wird sich künftig ändern. Die Zukunftsforschung weiß das, die Weltgemeinschaft auch: mit der „Agenda 2030" der Vereinten Nationen hat sie 17 Nachhaltigkeitsziele aufgestellt, die Ökologie, Ökonomie und Soziales eng verknüpfen. Das erste der 17 „Sustainable Development Goals" (kurz: SDGs) lautet: „Keine Armut". Das ist eine klare Aussage. Denn damit begann der Sozialstaat, er sollte Armut verhindern und die Aufgabe ist bis heute noch nicht abgeschlossen.
Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat im Jahr 2017 ein „Zukunftslabor" auf den Weg gebracht, das für die Zukunft der Sozialen Sicherung neben systemimmanenten Reformen die Reformideen Grundeinkommen und Bürgergeld untersuchen und diskutieren soll. Die vorliegende Literaturstudie dokumentiert die Ergebnisse der ersten Arbeitsphase, einer Bestandsaufnahme der Herausforderungen von Demographie und Digitalisierung an die Soziale Sicherung. Auf ihr sollen die Zukunftsszenarien und dann die konkreten Reformszenarien aufbauen, die später berechnet werden und die sozialpolitische Diskussion nach vorne bringen sollen.
Ich danke der Geschäftsstelle Zukunftslabor im Sozialministerium Schleswig-Holstein, Astrid Mackeprang und Volker Behlau, für die hilfreiche Unterstützung, den Forschungspartnern des ISÖ, hier zunächst Bruno Kaltenborn und Alexander Spermann, aber auch Stefan Bach und Hermann Buslei vom DIW Berlin, für kritischen Input, und dem ISÖ-Team, Sophie Peter und Kathrin Ehmann als Mitautorinnen, Michaela Schwarzbach und Wolfgang Strengmann-Kuhn für die Begleitung, und Philipp Herbrich für die Layout-Unterstützung.
Michael Opielka
Die Einrichtung eines Zukunftslabors für die Soziale Sicherung ist nicht nur originell und in dieser Form in der deutschen Geschichte der Sozialpolitik einzigartig. Sie ist zugleich ein Versuch, eine immer verworrenere Diskussion um die Reformstrategien des Sozialstaats aufzuklären, Verständnis für unterschiedliche Ansätze auch dadurch herzustellen, dass die Beteiligten – wir sprechen heute auch von Stakeholdern – sie überhaupt erst einmal in ihrer Verschiedenheit und ihren Begründungen verstehen. In diesem Beitrag soll in vier Schritten die Besonderheit des Zukunftslabors Schleswig-Holstein skizziert werden: Im ersten Schritt werden die Projektintentionen beschrieben, im zweiten Schritt wird die vorliegende Literaturstudie eingeordnet, im dritten Schritt wird der Projektablauf mit Arbeitsplanung vorgestellt, im vierten und letzten Schritt werden die engeren und weiteren Projektbeteiligten gewürdigt. Da sich das Zukunftslabor während der Erstellung und Veröffentlichung dieser Literaturstudie in einem frühen Stadium befindet, handelt es sich bei dieser analytischen Darstellung um ein „Work in Progress". Zum Ansatz eines Zukunftslabors gehört das Experiment, der Versuch, aber eben auch der Irrtum.
Im Koalitionsvertrag für die 19. Wahlperiode des Landtags von Schleswig-Holstein, der im Juni 2017 von den regierungsbildenden Parteien geschlossen wurde, haben sich die Regierungsparteien der sogenannten „Jamaika-Koalition" (CDU, Bündnis90/Die Grünen, FDP) auf ein „Zukunftslabor" verständigt: „Wir werden daher ein Zukunftslabor mit den Akteurinnen und Akteuren der Arbeitsmarktpolitik und aus der Wissenschaft ins Leben rufen, in deren Rahmen die Umsetzbarkeit neuer Absicherungsmodelle, z.B. ein Bürgergeld, ein Grundeinkommen oder die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme, diskutiert und bewertet werden sollen. Ebenso wichtig wie die soziale und ökonomische Flexibilisierung des Arbeitslebens soll dabei auch die Entbürokratisierung der Arbeits- und Sozialverwaltung sein. Die Ergebnisse dieses Prozesses wollen wir in die bundespolitische Debatte tragen, um unser Land fit für die Herausforderungen der Zukunft zu machen und um Existenzängste von den Bürgerinnen und Bürgern fern zu halten." (Koalitionsvertrag 2017, S. 31)
Die Landesregierung antwortete am 15.12.2017 (Drs. 19/393) auf die Frage „Welche Personen und Institutionen werden an dem Zukunftslabor teilnehmen?" wie folgt: „Mit Beschluss vom 25. September 2017 wurde in der Staatssekretärsbesprechung der Einrichtung einer Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) zugestimmt und die Federführung auf das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren übertragen. Die IMAG besteht aus dem Chef der Staatskanzlei sowie den Staatssekretären des Finanzministeriums, des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus sowie des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren. Die IMAG hat am 12. Dezember 2017 erstmalig getagt und sich auf die grundsätzliche Arbeitsstruktur verständigt. Es wird ein Beirat gegründet, der das Projekt ,Zukunftslabor SH' begleiten soll." Auf die zweite Frage: „Wie wird die finanzielle Ausstattung des Zukunftslabors für die nächsten Jahre aussehen?" antwortete die Landesregierung: „Für die Jahre 2018, 2019, 2020 sollen für das ,Zukunftslabor SH' jeweils 250.000 € zur Verfügung gestellt werden. Diese Angaben stehen unter Parlamentsvorbehalt. Es ist beabsichtigt, wissenschaftliche Expertisen zu den verschiedenen sozialen Sicherungsmodellen auszuschreiben." Schließlich die dritte Frage: „Wird es eine Modellregion geben, in der die entwickelten Modelle erprobt werden sollen? Wenn ja, anhand welcher Kriterien wird diese Modellregion ausgewählt und mit welchen Mitteln soll die Modellregion ausgestattet werden?" Hier war die Antwort deutlich und ohne eine Vorfestlegung: „Diese Frage wird am Ende des Diskurses erörtert werden, wenn die wissenschaftliche und politische Bewertung vorliegt."
Im August 2018 erfolgte die „Auftragsbekanntmachung" für die „Wissenschaftliche Begleitung und Koordinierung des Projektes ,Zukunftslabor Schleswig-Holstein'"1 für ein zweistufiges Verfahren, bestehend aus Teilnahmeantrag und späterem Angebot, sofern die Anbieter zu einem Angebot aufgefordert wurden. Das ISÖ – Institut für Sozialökologie beteiligte sich mit einem Teilnahmeantrag, wurde auf Grund einer Leistungsbeschreibung zu einem Angebot aufgefordert und erhielt im Dezember 2018 den Auftrag, das Zukunftslabor Schleswig-Holstein wissenschaftlich zu begleiten und zu koordinieren.
Die Vorgeschichte des Zukunftslabors Schleswig-Holstein ließe sich zeithistorisch noch weiter zurückverfolgen, einerseits in Schleswig-Holstein bei den die „Jamaika-Koalition" tragenden Parteien, andererseits in diesem Bundesland, und weit darüber hinaus, in der Stimmung der Zivilgesellschaft. Der Wunsch nach sozialpolitischer Zukunftsorientierung ist breit verankert (Druyen 2018). Es ist sicher kein Zufall, dass im partizipativ angelegten Prozess „Zukunftsszenario Altenhilfe Schleswig-Holstein 2030-2045", den das Diakonische Werk Schleswig-Holstein mit dem ISÖ – Institut für Sozialökologie von 2016 bis 2018 durchführte, mit einer großen Zukunftskonferenz im Februar 2018, die Forderung nach einem Grundeinkommen eine wesentliche Rolle spielt. Der „Zukunftspfad 1" (von vier Pfaden) lautet: „Grundsicherheit durch Begegnung und Grundeinkommen!" und es heißt dann weiter: „Auf politischer Ebene wird das Konzept eines ,Grundeinkommens' vorangetrieben. Die Wohlfahrtspflege ist dabei ein Akteur als Stimme der schutzbedürftigen Gruppen" (Opielka/Peter 2018, S. 109f.).
Andere Beiträge machen deutlich, dass ein Grundeinkommen nicht aus Perspektive aller der favorisierte Ansatz für die Zukunft der Sozialen Sicherheit ist. So sieht der Zeithistoriker Andreas Rödder in seinem Buch „Konservativ 21.0" die Diskussion zum Grundeinkommen kritisch: „Die Dominanz verteilungspolitischer Themen zeigt sich auch in der Debatte um das ,bedingungsloses Grundeinkommen'. Diese Idee verfolgt ein ehrbares Ziel: ein würdiges, nicht stigmatisiertes Leben unabhängig vom Arbeitsplatz und vor allem dann, wenn dieser unverschuldet durch den Strukturwandel verloren geht und die Betroffenen abgehängt zu werden drohen. Auch gibt es ganz unterschiedliche Modelle eines bedingungslosen Grundeinkommens, die von der Addition bereits existierender Sozialleistungen bis zu einem echten Gehaltsersatz reichen. Die zugrunde liegende These von einem Ende der klassischen Arbeitsgesellschaft ist allerdings nicht neu, sie hat sich freilich bislang nicht bewahrheitet, und sie ist auch für das Zeitalter der Digitalisierung zumindest nicht evident." (Rödder 2019, S. 93) Ob „dem" Grundeinkommen die These vom Ende der Arbeit „zugrunde" liegt, werden andere Autoren wiederum bestreiten. Klar ist, dass die Debatte auch durch politische und weltanschauliche Hintergründe geprägt ist. Eine Betrachtung vor dem Hintergrund der relevanten gesellschaftsprägenden Faktoren Demographie und Digitalisierung erscheint daher umso dringender.
Es ist daher bemerkenswert, dass eine Landesregierung ein solch anspruchsvolles Projekt in Angriff nimmt und dafür beachtliche Ressourcen einsetzt. Hinzu kommt, dass die Landespolitik für einen Großteil der im Zukunftslabor zu bearbeitenden Fragen gar nicht primär zuständig erscheint, die Sozialpolitik ist, zumindest was die großen Geldleistungssysteme (monetäre Systeme) betrifft, im Wesentlichen das Gebiet der Bundespolitik und, hinsichtlich der EU-Harmonisierung, teils in Zuständigkeit der Europäischen Union beziehungsweise der sogenannten „Offenen Methode der Koordinierung" (OMK), mit der sich die Mitgliedstaaten in einem komplexen Prozess untereinander abstimmen. Obwohl es sich also bei den im Zukunftslabor diskutierten Perspektiven ganz überwiegend um Regelungen handelt, die in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen, betreffen die Fragestellungen in politischer Hinsicht sowohl die Bundes- als auch die Landespolitik, was sich in einer Vielzahl verschiedener Bundesratsinitiativen zeigt. Landtag und Landesregierung sind vor diesem Hintergrund für den Mut zu loben, das Zukunftslabor eingerichtet zu haben. Es fehlt seit langer Zeit an einem umfassenden „Sozialplan für Deutschland" (Auerbach et al. 1957), einer Reflexion der Zusammenhänge, der Interdependenzen der sozialen Sicherungssysteme. Nur dann sind abgewogene Urteile im aktuellen Reformdiskurs zu Grundeinkommen und Bürgergeld möglich. Das war der Beginn des Zukunftslabors. Einige Akteure wollten, dass das Land hier ein Vorreiter wird, andere waren und sind sehr skeptisch. Bevor im folgenden Unterabschnitt der unmittelbare Kontext der vorliegenden Literaturstudie erläutert wird, sollen an dieser Stelle drei größere gesellschaftliche Diskurse zum Thema des Zukunftslabors kurz skizziert werden, die Debatten um Grundeinkommen, um Wachstum und um Soziale Nachhaltigkeit.
Sobald die Grundeinkommens-Diskussion ein gewisses Niveau erreicht hat, stellen alle Beteiligten fest, dass wir mehr wissen müssen, um nicht nur zu meinen. So irritiert die derzeit häufige Verwendung des Präfixes „bedingungslos" in der Diskussion um ein Grundeinkommen schon deshalb, weil Sozialleistungen immer an Bedingungen geknüpft sein werden, als Minimum die Zugehörigkeit zu einer konkreten politischen Gemeinschaft. Daher sind Ergebnisse der Einstellungsforschung vorsichtig zu betrachten, wie jüngst des DIW mit einer Auswertung des European Social Survey über die recht hohe Zustimmung zur Einführung eines Grundeinkommens im europäischen Vergleich (Abbildung 1): „Die hier ermittelten Zustimmungsraten zum bedingungslosen Grundeinkommen sind aber nicht mit einer Reformbereitschaft in diese Richtung gleichzusetzen. Sie bedeuten nämlich noch lange nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger ein solches Vorhaben auch dann noch begrüßen würden, wenn die Finanzierung und ihre Konsequenzen transparent gemacht würden. Dazu wären weitere Befragungen nötig, die differenziertere Verfahren der empirischen Sozialforschung nutzen und beispielsweise Szenarien (und damit verbundene Finanzierungssysteme) offenlegen." (Adriaans et al. 2019, S. 269) Das soll das Zukunftslabor in angemessener Weise leisten.
Abbildung 1: Zustimmung Grundeinkommen im europäischen Vergleich (in %)
Quelle: Adriaans et al. 2019, S. 265. Die Abbildungsüberschrift lautet dort: „Zustimmung zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens im europäischen Vergleich."
Das Zukunftslabor wird auch deshalb neben dem Diskurs um Grundeinkommen und Bürgergeld in zwei weitere Kontexte eingebettet: in die Diskussion um die Krise und Zukunft des Sozialstaats seit den späten 1970er Jahren und in die Diskussion um Zukunft und Nachhaltigkeit, wie sie mit der „Agenda 2030" der Vereinten Nationen und ihren „Sustainable Development Goals" unterdessen zum Pflichtenheft aller Gebietskörperschaften gehört.
Mit der ersten Wachstumskrise der westlichen Industrienationen im Anschluss an den „Ölpreisschock" geriet auch der Sozialstaat in den späten 1970er Jahren unter heftige Kritik. Das sogenannte „Lambsdorff-Papier", das „Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" war eine wirtschaftspolitische Programmschrift, die in der Endphase der sozialliberalen Koalition im Jahr 1982 im Bundeswirtschaftsministerium unter Leitung des Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff (FDP) und der Mitarbeit seines Staatssekretärs Otto Schlecht sowie des damaligen Leiters der Abteilung Wirtschaftspolitik Hans Tietmeyer ausgearbeitet und in einem Schreiben an Bundeskanzler Helmut Schmidt am 9. September 1982 vorgestellt wurde. Es brach der „Deregulierung" eine Lanze und forderte eine „Eindämmung der explodierenden Sozialstaatskosten"2. Durch die Autoren selbst wie den intensiven öffentlichen Diskurs wurde jenes Papier in den Kontext einer „neoliberalen" Erneuerung der Gesellschaft gestellt, wie sie in jenen Jahren durch den US-Präsidenten Reagan und die britische Premierministerin Thatcher repräsentiert wurde. Schon damals allerdings blieb der Aufruf zum Abbau des Sozialstaats nicht unwidersprochen und diskutierten durchaus einflussreiche Publikationen eine „Zukunft des Sozialstaats", einen „Umbau des Sozialstaats" oder erkannten eine neue Verbindung von sozialer und ökologischer Frage, die „ökosoziale Frage".3 Auch bald vierzig Jahre später beklagen Autoren wie Christoph Butterwegge einen seit damals durchgängigen Abbau des Sozialstaats. Die empirische Evidenz dafür ist allerdings dünn. Zwar stagnierte die Sozialleistungsquote in den letzten Jahrzehnten in Deutschland zeitweise, ein Rückgang lässt sich jedoch nicht beobachten.4 Es sollte allerdings zu denken geben, dass der erste große Krisendiskurs in der Sozialpolitik die Folge einer durch Rohstoffprobleme verursachten wirtschaftlichen Wachstumskrise war.
Dies lenkt den Blick auf den dritten Kontext, die Diskussion um Soziale Nachhaltigkeit (Opielka 2017). Derzeit scheint es noch möglich, die erheblichen Transferkosten hin zu einer klimafreundlichen, nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft aus den Überschüssen eines robusten Wirtschaftswachstums aufzubringen, ob es sich um den Verzicht auf die Nutzung der Atomkraft, um den Ausstieg aus der Kohleverstromung oder um die Reduzierung von Verkehrs-Emissionen handelt. Zunehmend wird jedoch thematisiert, besonders heftig von Seiten eines erstarkenden Rechtspopulismus, dass Klima- und Zukunftsfragen gegenüber gegenwärtigen Verteilungsfragen nachgeordnet seien, ohnehin sei fraglich, ob menschliches Handeln für den Klimawandel verantwortlich sei (Probst/Pelletier 2017). Uns scheint, dass der Konflikt um die Prioritätenentscheidung zwischen sozialen und ökologischen Folgekosten des Industriesystems künftig weiter zunehmen wird, möglicherweise sogar im dramatischen Umfang. Dies wird den Sozialstaat unter Druck setzen und wirft die Frage auf, ob seine Architektur unter Druck eher den bereits Benachteiligten zusätzliche Nachteile aufbürdet oder ob eventuell geringere Verteilungsspielräume vor allem denjenigen zugutekommen, die benachteiligt sind.
Landen wir, mit dieser Studie, in der Gegenwart. Hier werden die ersten Forschungsergebnisse der Wissenschaftlichen Begleitung und Koordination des Zukunftslabors vorgestellt. Eine systematische Literaturstudie setzt in ganzheitlicher Betrachtung die Megatrends Demographie und Digitalisierung in Beziehung zu den sozialen Sicherungssystemen und ihrer nachhaltigen Entwicklung. Ergeben sich aus diesen Megatrends – wir sprechen im Folgenden zumeist von „Schlüsselfaktoren" – spezifische Herausforderungen? Können sie national, nur EU-weit oder nur global politisch bearbeitet werden? Wie steht Schleswig-Holstein in Bezug zu diesen Megatrends? Die vorliegende Veröffentlichung ist zugleich Bestandteil eines komplexen Prozesses, der den Namen Zukunftslabor trägt. Sie wird in einer partizipativen Auftaktveranstaltung im Mai 2019 der Öffentlichkeit präsentiert und diskutiert. Die Veranstaltung wird durch den Offenen Kanal Schleswig-Holstein dokumentiert. Methodisch wird bereits die Auftaktveranstaltung die Grundprinzipien des Zukunftslabors offenlegen und realisieren: wissenschaftliche Expertise trifft auf interessierte BürgerInnen, der so entstehende Diskurs wird öffentlich dokumentiert und zurückgespiegelt. Neben analogen Kommunikationen wird das Zukunftslabor durch digitale Formate geprägt, dazu gehört die Software (App) „Mentimeter".
Die vorliegende Literaturstudie besteht zentral aus zwei Teilstudien, die im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung von zwei angesehenen Experten erstellt wurden. Die Teilstudie zu den Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf die Soziale Sicherung wurde von Bruno Kaltenborn verfasst, der seit den 1990er Jahren zahlreiche Expertisen für Ministerien und Stiftungen zu arbeitsmarkt-, familien- und sozialpolitischen Fragen erarbeitete.5 Im Jahr 2006-7 wirkte er an einem Gutachten des ISÖ im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung mit, das das Modell „Solidarisches Bürgergeld" des damaligen Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus unter finanz- und sozialpolitischen Gesichtspunkten analysierte und breite Beachtung fand.6 Die Teilstudie zur Auswirkung der Digitalisierung auf die Soziale Sicherung erstellte Alexander Spermann, der sich gleichfalls seit den 1990er Jahren einen Namen als Politikberater zum Schnittfeld Arbeitsmarkt und Sozialpolitik gemacht hat.7 Beide Teilstudien werden ergänzt durch die vorliegende Darstellung und Reflexion auf die Idee des Zukunftslabors selbst. Abgeschlossen wird die Literaturstudie im letzten Kapitel mit der Vorstellung und Diskussion der sogenannten „Morphologischen Matrix". Sie ist ein wichtiges methodisches Element der Zukunftsforschung und wird im Zukunftslabor dafür genutzt, nachvollziehbar den Schritt von der Bestandsaufnahme möglicher Zukünfte in Form von Zukunftsszenarien hin zur Entwicklung konkreter Reformszenarien für die Zukunft der Sozialpolitik zu entwickeln. Das ISÖ hat dabei – nicht zuletzt aufgrund zahlreicher früherer, zumindest in Teilen vergleichbarer Projekte – die Erwartung, dass komplexe und widersprüchliche Probleme und Diskurse durch wissenschaftliche Aufbereitung und Analyse einer besseren Lösung zugeführt werden können. Wir gehen davon aus, dass Politik rational, vernünftig gestaltet werden kann und muss, trotz unterschiedlicher Normen und Werte, oder wie man heute sagt: trotz unterschiedlicher Normative.
Beide Teilstudien liefern interessante und teils überraschende Ergebnisse. Die Teilstudie zur Demographie macht deutlich, wie sozial nachhaltig – im konservativen Sinn von Sozialer Nachhaltigkeit (Opielka 2017) – das deutsche Sozialversicherungssystem des Bismarck-Typ institutionalisiert wurde. Vor allem die 1889 eingeführte Gesetzliche Rentenversicherung erweist sich auch nach gut 130 Jahren als lebendiges und lebensfähiges Ergebnis sozialen Ingenieurgeistes. Die Kombination aus lohnbezogenen Beiträgen mit Beitragsbemessungsgrenze, Umlageverfahren und einem Bundeszuschuss zum Ausgleich „versicherungsfremder Leistungen", sowie dem Verzicht auf die Integration von Beamten, Freiberuflern und gut verdienenden Selbständigen bewegte im Jahr 2018 Ausgaben und Einnahmen im Umfang von etwa 307 Milliarden Euro.8 Bruno Kaltenborn kann in seiner differenzierten und luziden Analyse zeigen, wie vielfältig und umfassend die Projektionen bis weit in die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts reichen. Immerhin sind die Neu-RentnerInnen des Jahres 2083 bereits geboren, sollte das Renteneintrittsalter dann bei 65 Jahren liegen. Versicherungsmathematik und demographische Forschung zeigen deutlich, dass die Alterung der Gesellschaft die Sozialsysteme unter erheblichen Druck setzt. Einfache Lösungen sind nicht in Sicht, solange das Bismarck-System in seiner Grundstruktur nicht verändert wird.
Die Teilstudie zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Sozialsysteme ist auch deshalb kürzer und datenärmer, weil es sich um ein sehr bewegliches und unsicheres Forschungsfeld handelt. Wie das Zukunftslabor insgesamt konzentriert sie sich nicht auf die sehr langfristigen, sondern eher auf mittelfristige Zeithorizonte (2030+). Doch selbst dafür sind die Projektionen riskant. Alexander Spermann verbindet seine Analyse mit einer Methodenkritik der bisherigen Projektionen der Arbeitsmarkteffekte der Digitalisierung. Seine Ergebnisse sind einerseits beruhigend, wir müssen in Deutschland nicht mit einem Kollaps des Arbeitsmarktes rechnen. Andererseits sind teils erhebliche soziale Spaltungen zu erwarten, die nahe legen, die Architektur des deutschen Sozialstaats einer gründlichen Inspektion zu unterziehen.
Im vierten Teil dieser Literaturstudie geht der Blick nach vorne. Das ISÖ-Team präsentiert und diskutiert die im Zukunftslabor für die Entwicklung der Zukunftsszenarien und schließlich der Reformszenarien zur Anwendung kommende Methode der „Morphologischen Matrix". Der Beitrag der Literaturstudie im Zukunftslabor ist die Bestandsaufnahme der zentralen sozialen Probleme, auf die sozialpolitische Reformen antworten sollen. Zugleich stellt die Fokussierung auf Herausforderungen von Demographie und Digitalisierung, die am Beginn des Zukunftslabors steht, eine auf den ersten Blick willkürliche Auswahl dar, bei der die Gefahr besteht, dass andere wesentliche Herausforderungen an die Soziale Sicherung übersehen werden, vom Wertewandel bis hin zum Klimawandel. Mit der Methode der Morphologischen Matrix wird daher versucht, andere Megatrends über Variablen und Indikatoren in die Analyse zu integrieren.
Die Reformszenarien, die schließlich das Ergebnis des Zukunftslabors bilden werden, lassen sich jedoch nicht unmittelbar aus einer solchen Bestandsaufnahme entwickeln. Als Zwischenschritt soll die Bestandsaufnahme daher in Zukunftsszenarien verdichtet werden, in komplexen Beschreibungen möglicher – sowohl wünschenswerter wie befürchteter – Zukünfte. Damit die wissenschaftliche Logik der Arbeitsschritte deutlicher wird, erscheint es sinnvoll, den gesamten Projektablauf an dieser Stelle zu skizzieren. Ziel des Zukunftslabors ist es, möglichst viele Stakeholder zu beteiligen. Das erfordert Transparenz, denn im Verlauf des Projektes werden Entscheidungen getroffen, werden bestimmte Diskussions- und damit Ideenstränge nicht mehr weiterverfolgt, andere stehen im Zentrum.
Der Ablauf des Projektes Zukunftslabor bestimmt sich einerseits aus den Vorgaben und Erwartungen der Landesregierung Schleswig-Holstein als Auftraggeber, andererseits aus den Vorstellungen und Ideen des mit der Umsetzung beauftragten Wissenschaftlerteams. In einem ersten Schritt soll im Interesse der Transparenz aus der Leistungsbeschreibung für die Wissenschaftliche Begleitung und Koordination ausführlich zitiert werden. Im zweiten Schritt wird der bisherige Stand der Ablaufplanung vorgestellt und diskutiert.
Leistungsbeschreibung
Die zunehmende Digitalisierung wird die Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt verändern. Wenn auch die Prognosen zur Auswirkung der Digitalisierung differieren, ist sicher, dass mehr Flexibilität bei der Ausübung der Arbeit, schneller wechselnde Qualifikationsanforderungen und die möglicherweise sinkende Nachfrage nach menschlicher Arbeitskraft ein Neudenken in Kernbereichen der sozialen Sicherungssysteme und des Arbeitsmarktes erfordern.
Es stellt sich die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass die Menschen in Deutschland in Zukunft sozial ausreichend abgesichert sind.
Eine weitere Herausforderung für die sozialen Sicherungssysteme ist der demografische Wandel. Die Geburtenrate sinkt, die Bevölkerung wird zunehmend älter. Dadurch stehen immer mehr Rentner immer weniger Berufstätigen gegenüber, die in die Sozialversicherungssysteme einzahlen. In einigen Branchen herrscht Fachkräftemangel.
Im Koalitionsvertrag für die 19. Wahlperiode des schleswig-holsteinischen Landtages haben sich die Regierungsparteien darauf geeinigt, ein „Zukunftslabor" mit den Akteurinnen und den Akteuren der Arbeitsmarktpolitik und aus der Wissenschaft ins Leben zu rufen. Im Rahmen dieses Projektes soll die Umsetzbarkeit neuer Absicherungsmodelle, z.B. ein Bürgergeld, ein Grundeinkommen oder die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme diskutiert und bewertet werden. Die Ergebnisse sollen die bundespolitische Debatte anregen bzw. ergänzen.
Zwischenzeitlich wurde eine interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) bestehend aus dem Chef der Staatskanzlei sowie den Staatssekretären des Finanzministeriums, des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus sowie des federführenden Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren eingerichtet.
Darüber hinaus wurde ein Beirat gegründet, der sich aus Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, der Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände, der Kranken- und Rentenversicherungsträger, der Bundesagentur für Arbeit, der Kommunalen Landesverbände, des Landes Schleswig-Holstein, der im Landtag vertretenen politischen Parteien zusammensetzt.
Der Beirat soll die veränderten Bedingungen einer digitalisierten und dem demografischen Wandel unterworfenen Gesellschaft und der damit einhergehenden Herausforderungen an die sozialen Sicherungssysteme mit Unterstützung wissenschaftlicher Expertisen offen erörtern. Er hat Beratungs- und Unterstützungsfunktion und gibt hierzu einvernehmliche Empfehlungen ab.
Der Auftrag beinhaltet
die Bestandsanalyse bestehender sozialer Sicherungssysteme vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der fortschreitenden Digitalisierung sowie eine Prognose zu den Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme,
die Darstellung verschiedener alternativer Modelle sowie der Entwicklungsmöglichkeit bestehender sozialer Sicherungssysteme,
die Aufbereitung und Auswertung der Erfahrungen auf Bundes- und EU-Ebene.
Die Umsetzung erfolgt durch schriftliche Gutachten, Stellungnahmen, Vorträge und Teilnahme an Diskussionsrunden, teilweise aufgrund von Einzelanforderungen aus der IMAG und dem Beirat. Anforderungen und Umsetzung müssen koordiniert werden. Veranstaltungen sollen moderiert, vor- und nachbereitet werden. Das Gesamtprojekt soll dokumentiert werden.
A. Ermittlung der Grundlagen und deren Vermittlung an IMAG und Beirat
° Zusammenstellung und Darlegung der fortschreitenden Digitalisierung sowie des demografischen Wandels im Kontext mit ihren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme – in Form von schriftlichen Gutachten und Vorträgen
° Darstellung alternativer sozialer Sicherungsmodelle, insbesondere Bürgergeld und Grundeinkommen – in Form von schriftlichen Gutachten, Stellungnahmen, Vorträgen, Teilnahme an Diskussionsveranstaltungen
(insbesondere
zum erfassten bzw. zu erfassenden Personenkreis
zur Ableitung der Höhe der Sicherung
zum Finanzbedarf, Finanzierung
zur institutionellen Ausformung, Verwaltung
zur Berücksichtigung von Sonderbedarfen
zu den Auswirkungen auf steuerfinanzierte Sozialtransfers
zu den Auswirkungen auf Sozialversicherungen
zu den Auswirkungen auf öffentliche Infrastrukturen, Dienstleistungen
zu den Auswirkungen auf die Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik
zur Sicherung von Selbständigen
zu den gesellschaftspolitischen Ansätzen)
sowie der Entwicklungsmöglichkeit bestehender sozialer Sicherungssysteme – schriftliche Gutachten, Vorträge, Teilnahme an Diskussionsveranstaltungen
(Rentenversicherung
Kranken- und Pflegeversicherung
Unfallversicherung
Arbeitslosenversicherung)
° Zusammenstellung der Erfahrungen im In- und im europäischen Ausland (privates Projekt in Berlin/öffentliche Projekte in den Niederlanden, in Finnland, in der Schweiz) – in Form von schriftlichen Gutachten, Stellungnahmen, Vorträgen, Teilnahme an Diskussionsveranstaltungen
B. Bearbeitung von Einzelbedarfen (Fragestellungen) der Gremien IMAG und Beirat, Rückkopplungen (Vorträge), Beratungen
Zurzeit stehen folgende Einzelfragen an:
Ist eine umlagefinanzierte Sozialversicherung noch allein zukunftsfähig oder bedarf es eines Wechsels hin zu einer teilweisen Steuerfinanzierung?
Liegen Erkenntnisse über die Wirkungen von „Lebensarbeitskonten" entsprechend den Regelungen in Frankreich vor und wäre dieses Modell auch in Deutschland umsetzbar?
Müsste das Sozialversicherungsrecht für den Fall der Schaffung ergänzender Modelle (z.B. Grundeinkommen) angepasst werden?
C. Berichte. Dokumentation
° Zwischenberichte an die IMAG über den Diskussionstand im Beirat: Es sind Zwischenberichte zu fertigen, die die Fragestellungen, die Einschätzungen und Bewertungen innerhalb des Beirates wiedergeben. Die Zwischenberichte werden jeweils innerhalb der von der IMAG gesetzten Frist erstellt. Die Rückkopplung wird mit der IMAG abgestimmt.
° Das Projekt insgesamt ist zu dokumentieren und ein Abschlussbericht über die wesentlichen Ergebnisse der Diskussion und Bewertung durch den Beirat nach Beendigung des Projektes innerhalb von drei Monaten zu erstellen.
D.