Zwischen Lüge und Wahrheit - Patricia Vandenberg - E-Book

Zwischen Lüge und Wahrheit E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Conrad Steffen, Firmenchef einer Großhandelskette, mußte sich schon sehr krank fühlen, wenn er mal einen Arzt konsultierte, aber an Dr. Daniel Norden hatte er sich sehr rasch gewöhnt, seit dieser ihm bei einer Nierenkolik sehr schnell und nachhaltig geholfen hatte. Aber Dr. Norden hatte ihn auch gewarnt. Er würde zur Nierensteinbildung neigen, hatte er gesagt, und deshalb sollte er vorzeitig eine Diät einhalten. Dafür war Conrad Steffen allerdings nicht geschaffen. Er aß gern und gut, und er trank auch gern mal ein Bier. Die Nierenkolik lag acht Monate zurück, und eigentlich hatte er sich danach wieder ganz wohlgefühlt. Allerdings gehörte er zu denen, die nur gar zu gern Warnsignale ignorierten, denn er war ein sehr verantwortungsvoller Arbeitgeber, und in dieser Zeit mußte man der immer schärfer werdenden Konkurrenz gewachsen sein. Conrad Steffen war auch kein Choleriker. Er fraß so manchen Ärger in sich hinein, und das bekam seiner Gesundheit auch nicht gut, aber bei allem Streß, den er im Geschäft hatte, bereitete ihm sein Sohn Sascha doch die meisten Sorgen. Sascha fühlte sich mit seinen fünfundzwanzig Jahren schon ganz als der Alleinerbe des gut florierenden Unternehmens, ohne aber auch nur die geringste Lust zu zeigen, sich als solcher schon zu engagieren. Es war ihm vieles nachgesehen worden, weil seine Mutter schon zwei Jahre nach seiner Geburt an einer infektiösen Meningitis gestorben war, die sie sich auf den Seychellen geholt hatte. Aber sie hatte unbedingt dorthin fliegen müssen, um mitreden zu können, wenn die schon reichen Bekannten von ihren schönen Weltreisen schwärmten. Damals war Conrad Steffen noch nicht so reich gewesen, um einige Wochen kostspieligen Urlaub zu machen, und so hatte er seine Frau allein reisen lassen mit ein paar Bekannten, von denen sie auch animiert worden war. Es hatte sowieso schon Spannungen gegeben in der Ehe, weil sie sich mit dem lebhaften Kind überfordert fühlte, obgleich sofort eine Kinderschwester ins Haus genommen wurde. Sascha vermißte die Mutter wahrhaftig nicht nach ihrem plötzlichen Tod, aber später konnte Conrad Steffen feststellen, daß er Vera immer ähnlicher wurde. Er hatte dann seine verwitwete Sekretärin Thea Urban geheiratet, die ihm schon länger eine sehr verständnisvolle Freundin gewesen war und während der langen Krankheit ihres Mannes für den Lebensunterhalt sorgen mußte. Sie brachte ihre Tochter Sabine in die zweite Ehe, die drei Jahre jünger als Sascha war, und sie war überglücklich, daß sie ihrem Mann Conrad, den sie innig liebte, einen Sohn schenken konnte. Er wurde auf den Namen Constantin getauft, war jetzt fünf-zehn Jahre alt und ein sehr intelligenter und zielstrebiger Junge, in der Schule immer unter den Besten, was Sascha ein Dorn im Auge war.

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Dr. Norden Bestseller – 314 –

Zwischen Lüge und Wahrheit

Patricia Vandenberg

Conrad Steffen, Firmenchef einer Großhandelskette, mußte sich schon sehr krank fühlen, wenn er mal einen Arzt konsultierte, aber an Dr. Daniel Norden hatte er sich sehr rasch gewöhnt, seit dieser ihm bei einer Nierenkolik sehr schnell und nachhaltig geholfen hatte. Aber Dr. Norden hatte ihn auch gewarnt. Er würde zur Nierensteinbildung neigen, hatte er gesagt, und deshalb sollte er vorzeitig eine Diät einhalten.

Dafür war Conrad Steffen allerdings nicht geschaffen. Er aß gern und gut, und er trank auch gern mal ein Bier. Die Nierenkolik lag acht Monate zurück, und eigentlich hatte er sich danach wieder ganz wohlgefühlt. Allerdings gehörte er zu denen, die nur gar zu gern Warnsignale ignorierten, denn er war ein sehr verantwortungsvoller Arbeitgeber, und in dieser Zeit mußte man der immer schärfer werdenden Konkurrenz gewachsen sein.

Conrad Steffen war auch kein Choleriker. Er fraß so manchen Ärger in sich hinein, und das bekam seiner Gesundheit auch nicht gut, aber bei allem Streß, den er im Geschäft hatte, bereitete ihm sein Sohn Sascha doch die meisten Sorgen. Sascha fühlte sich mit seinen fünfundzwanzig Jahren schon ganz als der Alleinerbe des gut florierenden Unternehmens, ohne aber auch nur die geringste Lust zu zeigen, sich als solcher schon zu engagieren.

Es war ihm vieles nachgesehen worden, weil seine Mutter schon zwei Jahre nach seiner Geburt an einer infektiösen Meningitis gestorben war, die sie sich auf den Seychellen geholt hatte. Aber sie hatte unbedingt dorthin fliegen müssen, um mitreden zu können, wenn die schon reichen Bekannten von ihren schönen Weltreisen schwärmten.

Damals war Conrad Steffen noch nicht so reich gewesen, um einige Wochen kostspieligen Urlaub zu machen, und so hatte er seine Frau allein reisen lassen mit ein paar Bekannten, von denen sie auch animiert worden war. Es hatte sowieso schon Spannungen gegeben in der Ehe, weil sie sich mit dem lebhaften Kind überfordert fühlte, obgleich sofort eine Kinderschwester ins Haus genommen wurde. Sascha vermißte die Mutter wahrhaftig nicht nach ihrem plötzlichen Tod, aber später konnte Conrad Steffen feststellen, daß er Vera immer ähnlicher wurde.

Er hatte dann seine verwitwete Sekretärin Thea Urban geheiratet, die ihm schon länger eine sehr verständnisvolle Freundin gewesen war und während der langen Krankheit ihres Mannes für den Lebensunterhalt sorgen mußte. Sie brachte ihre Tochter Sabine in die zweite Ehe, die drei Jahre jünger als Sascha war, und sie war überglücklich, daß sie ihrem Mann Conrad, den sie innig liebte, einen Sohn schenken konnte. Er wurde auf den Namen Constantin getauft, war jetzt fünf-zehn Jahre alt und ein sehr intelligenter und zielstrebiger Junge, in der Schule immer unter den Besten, was Sascha ein Dorn im Auge war. Er haßte den Halbbruder, wenn er es auch nicht kundtat, aber für die Stiefschwester Sabine hatte er einiges übrig, wie auch für andere Mädchen.

Sabine glich ihrer Mutter, sie war zurückhaltend, fast scheu, aber sie war ein besonders reizendes Mädchen, und sie war Sascha gegenüber voller Abwehr. Aber auch das wollte sie nicht offen zeigen, denn nichts war ihr so wichtig, wie die Harmonie in der Familie. Sie liebte ihren Paps. Für sie war er kein Stiefvater, auch sie war ein fleißiges Mädchen.

Sie hatte ein gutes Abitur gemacht, aber studieren wollte sie nicht. Sie hatte eine Fachausbildung als Fremdsprachensekretärin gemacht und arbeitete in der Exportabteilung der Firma, während Sascha sich als Repräsentant der Firma Steffen verstand, aber seine Repräsentation war nur als ständiger Besucher von exclusiven Lokalen anzusehen. Und so langsam wurde Conrad Steffen doch ungeduldig, weil Sascha gar nichts auf die Beine brachte.

Weil er sich über den Burschen wieder gewaltig geärgert hatte, stieg sein Blutdruck so hoch, daß ihm schwindelig wurde. Er ließ sich sogar vom Chauffeur zur Praxis von Dr. Norden fahren. Korrekt wie er war, hatte er sich bei Dr. Norden angemeldet, obwohl es ihm wirklich nicht wohl war.

Dorthe führte ihn sofort in das Behandlungszimmer. »Dr. Norden ist gleich fertig, Herr Steffen. Ruhen Sie sich inzwischen aus.«

»Kann ich ein Glas Wasser haben?« fragte er.

»Selbstverständlich.«

Als Dorthe es brachte, kam Dr. Norden schon aus dem Sprechzimmer.

»Wieder eine Kolik?« fragte er, als er die dicken Schweißtropfen auf Steffens Stirn sah.

»Ärger, der mich umbringt«, murmelte Conrad Steffen.

»Sie werden sich doch so schnell nicht umbringen lassen«, sagte Daniel Norden lächelnd. »Wir werden jetzt mal was gegen den hohen Blutdruck tun, und durchuntersuchen müßten wir Sie auch mal, am besten gleich in der Klinik.«

Er erwartete einen heftigen Widerspruch, aber der blieb aus.

»Eigentlich keine schlechte Idee, dann könnte der Junge doch mal zur Vernunft kommen«, brummte Conrad Steffen. »Mein Sohn«, fuhr er rasch fort, »der Sascha. Conny macht uns ja keine Sorgen, und wenn Sascha wenigstens ernsthaft studieren würde, hätte ich ja auch nichts dagegen. Aber er taugt zu gar nichts, das bringt mich noch um. Er ist wie seine Mutter, immer nur auf andere blicken, die noch mehr haben. Eine andere Frau als meine Thea würde das gar nicht mitmachen. Sie ist für mich ein Gottesgeschenk, sonst würde ich schon längst nicht mehr leben.«

»Jetzt reden Sie bloß nicht dauernd vom Sterben, Herr Steffen«, sagte Daniel Norden. »Sie werden noch viel leisten in Ihrem Leben. Ziehen Sie die Zügel bei Sascha mal strenger an. Daß er einen starken Hang zum Luxus hat, wissen wir ja, aber er soll sich das Geld für seine Extravaganzen auch selber verdienen. Sie haben schließlich noch zwei Kinder.«

»Und die macht er mir zum Vorwurf«, sagte Conrad Steffen niedergeschlagen. »Aber Sabine ist doch so tüchtig. Sie würde in einem anderen Betrieb sicher bald fast das Doppelte verdienen, aber sie will ja gar nicht mehr haben. Und Conny wird mir keinen Kummer machen. Er ist ein lieber Junge. Wenn ich daran denke, wie uns Sascha schikaniert hat, als er im Rüpelalter war, ich will ja nicht sagen, daß es die Pubertät allein war, er war ein richtiger Rüpel, und das ist er unter einem glatten Lächeln immer noch. Er ist falsch, und es gibt nichts Schlimmeres für einen Vater, wenn er das von seinem Sohn sagen muß.« Er machte eine kleine Pause. »Gut, ich werde mich mal drei Tage in die Klinik legen. Es wird ja nicht gleich alles zusammenbrechen. Ich habe ja einen Direktionsassistenten, den Harald Holm, das ist ein tüchtiger Junge. Wenn er doch mein Sohn wäre! Aber so ein bißchen habe ich die Hoffnung, daß er wenigstens mein Schwiegersohn wird. Er schielt schon ein bißchen nach Binchen. Sie ist ein goldiges Dirndl. Das richtet mich ja auch immer wieder auf. Aber Conny darf ich halt nicht zu sehr loben, sonst kriegt Sascha einen Haß auf ihn. Es ist nicht so einfach, drei Kinder aus verschiedenen Ehen unter einen Hut zu bringen, Dr. Norden, aber dazu muß man auch eine Frau wie Thea haben.«

Und alle Liebe und Verehrung, die er für seine Frau fühlte, sprach aus seinen Worten. Darüber konnte sich Daniel Norden freuen, wenn er sich sonst auch ernsthafte Sorgen um diesen Patienten machte. Conrad Steffen hatte sich nie geschont, und wenn zu seinen organischen Beschwerden jetzt auch noch Depressionen hinzukamen, konnte es bald mal zu einem völligen Zusammenbruch führen.

Er verabredete mit Conrad Steffen, daß er selbst mit Dr. Behnisch sprechen würde, damit er auch optimal betreut werden könnte während des Klinikaufenthalts.

»Aber Sie sagen meiner Frau, daß es nur eine Routineuntersuchung ist, wenn sie anruft, und sie ruft bestimmt an«, bat Conrad Steffen.

»So wird es gemacht«, erwiderte Dr. Norden aufmunternd.

Thea Steffen rief nicht an, sie kam anderntags persönlich, sehr besorgt, und ihr konnte Dr. Norden nichts vormachen.

»Ich merke doch, wie er sich neuerdings alles zu Herzen nimmt«, erklärte sie. »Sascha merkt das natürlich nicht. Ich bemühe mich doch redlich, überhaupt keinen Unterschied zwischen den Kindern zu machen, lieber Dr. Norden. Sie wissen das doch.«

»Es macht Ihnen auch niemand einen Vorwurf, Frau Steffen, Ihr Mann schon gar nicht. Sie sind sein ganzer Halt. Aber gibt es denn gar nichts, was Sascha mal zur Vernunft bringen kann, vielleicht mal ein ordentliches, vernünftiges Mädchen?«

»Darauf ist er doch nicht aus. Das sind alles Eintagsfliegen, mit denen er sich abgibt, und so bitter es auch ist, ich glaube nicht, daß sich ein anständiges Mädchen noch mit ihm einläßt. Er hat keinen guten Ruf. Bine hat mir gesagt, daß er hinter Vicky Bründel her ist, die sich in der Firma schon im Gehaltsbüro sehr bewährt hat, aber sie zeige ihm die kalte Schulter. Vicky ist ein sehr apartes Mädchen. Wenn Sascha ihrer würdig wäre, könnten wir uns keine bessere Schwiegertochter wünschen. Ich kenne ihre Mutter sehr gut. Wir sind ein paar Jahre auf die selbe Schule gegangen, und ich habe Conrad veranlaßt, sie einzustellen, obwohl sie ihm für einen so verantwortungsvollen Posten zu jung erschien. Er hört ja immer auf mich, aber ob ich ihm auch immer richtig rate, bin ich doch im Zweifel. In bezug auf Sascha war ich wohl auch zu tolerant.«

»Sie haben es gut gemeint, Frau Steffen«, sagte Dr. Norden. »Vielleicht wird Sascha vernünftig, wenn ihm klargemacht wird, daß sein Vater geschont werden muß.«

»Hoffentlich«, sagte Thea leise. Sie war eine anmutige Frau, nicht die Spur arrogant, und Dr. Norden wußte auch genau, daß sie es nie ausgenutzt hatte, die Frau des nun sehr reichen Conrad Steffen geworden zu sein. Für sich war sie immer bescheiden geblieben, drängte sich nie in den Vordergrund, war überall beliebt, weil sie auch half, wo es zu helfen galt. Sie war wirklich eine ideale Ehefrau.

Am nächsten Montag sollte Conrad Steffen in die Behnisch-Klinik kommen. Ein schönes Zimmer war reserviert, und das Arztehepaar Behnisch wußte, daß sie nur die halbe Mühe haben würden, weil ja Daniel sich um seinen Patienten auch selbst kümmern würde, und von ihm bekamen sie ja auch schon alle Hinweise, was bei ihm am meisten beachtet werden mußte.

Es war Freitag, als dieser Entschluß gefaßt wurde und auch bereits akzeptiert war. Doch im Hause Steffen stand nun ein recht aufregendes Wochenende bevor.

Sabine war gleich voller Angst, als ihre Mutter ihr erklärte, daß der Paps ein paar Tage in die Klinik müsse.

»Paps ist doch nicht ernsthaft krank?« sagte Sabine sofort verstört. »Ich habe schon gemerkt, daß er nicht mehr so fit ist, aber es wird ihm doch zu helfen sein, Mami?«

»Natürlich ist ihm zu helfen. Mach dir nicht gleich so große Sorgen, Binchen«, sagte Thea. »Ich bin froh, daß Dr. Norden ihn überredet hat. Es wird höchste Zeit, daß etwas für seine Gesundheit getan wird.«

»Es wäre alles nicht so schlimm, wenn sich Sascha anders benehmen würde«, sagte Sabine gedankenvoll, »aber er rutscht immer mehr ab. Er befindet sich in einer miesen Gesellschaft. Natürlich sind das alles so welche, deren Väter das große Geld machen, und nur so was imponiert ihm, aber ich sehe da ein böses Ende, Mami, wenn er sich nicht endlich mal fängt.«

»Vielleicht tut er das, wenn man ihm die Augen öffnet«, meinte Thea.

Das versuchte Conrad Steffen. Er sagte am Samstagvormittag zu Sascha, daß er ihn sprechen wolle.

»Warum?« fragte Sascha, »es ist ausnahmsweise mal schönes Wetter, ich will zum Segeln gehen. Ich bin verabredet.«

Conrad schwollen die Adern auf der Stirn bei diesem herablassenden Ton.

»Du bleibst jetzt. Du weißt, daß ich am Montag in die Klinik gehe, und du wirst jetzt mal zeigen, ob du überhaupt fähig bist, etwas für den Fortbestand der Firma zu tun. Und wenn es nichts ergibt, dann wirst du ausbezahlt und wirst machen können, was du willst, solange das Geld reicht, aber allzuviel wird es nicht sein, und lange wird es nicht reichen.«

Sascha kniff die Augen zusammen. »Was erwartest du eigentlich?« fragte er. »Ich werde doch sowieso hinter die andern beiden gesetzt.«

»Das bildest du dir bloß ein, weil es dir bequem ist. Sabine verdient ihr eigenes Geld, und Conny wird es bestimmt auch früher tun als du. Aber du wirst dich jetzt schon ein bißchen auf die Hosen setzen müssen, Sascha. Du bekommst fortan nur noch tausend Mark monatlich, und davon mußt du alles begleichen, was dir deine Ambitionen wert sind, sofern du nicht selbst dazuverdienst. Ich bezahle keine Rechnungen mehr für dich, ich rackere mich nicht zu Tode, damit du ein lockeres Leben führen kannst, hast du mich verstanden?«

»Du sprichst ja laut genug«, sagte Sascha zynisch. »Dann werde ich eben ausposaunen, daß mein Vater nicht mehr zahlungsfähig ist.«

»Tu das doch«, erwiderte Conrad, »ich werde dann publik machen, was du mich kostest. Und ich möchte auch sagen, daß ich es nicht erleben will, daß du so verkommst wie deine sogenannten Freunde, von denen man ja schon zwei in der Gosse fand, gestorben an einer Überdosis.«

»Du bist gemein«, zischte Sascha. »Meine Freunde werden von ihren Eltern nicht im Stich gelassen.«

»Weil diese armen Menschen kein Rückgrat haben und nur um ihr Ansehen fürchten. Mit mir kann man so was nicht machen, Sascha. Ich habe zu hart arbeiten müssen, um soweit zu kommen.«

»Du bist eben so ein Parvenü«, sagte Sascha verächtlich. »Du hast kein Niveau.«

Conrad starrte seinen Sohn fassungslos an. Er schnappte nach Luft. »Und was für ein Niveau hast du?« stieß er hervor. »Große Schnauze und nichts dahinter, wie man so treffend sagt! Scher dich raus, geh zu deinen feinen Freunden, verkünde ihnen, daß du von deinem niveaulosen Vater keine müde Mark mehr bekommst, mal sehen, was sie dann sagen!«

»Du bist ein richtiger Prolet«, schrie Sascha ihn an, und in seinen Augen stand blanker Haß. Conrad erstarrte.

»Und was bist du?« sagte Conrad mit letzter Beherrschung. »Ein Tunichtgut, ein Schmarotzer.«

Ein Wort, wenn Sascha es gesagt hätte, nein zwei Worte oder drei, »es tut mir leid«, vielleicht, wenn es auch vier Worte waren, die versöhnlich geklungen hätten, aber nein, er sagte: »Meinetwegen kannst du verrecken, aber mich wird keiner um mein Erbe bringen, ich weiß, wie ich dazu komme.«