Geburtstagskuss mit Folgen - Alina Jipp - E-Book
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Geburtstagskuss mit Folgen E-Book

Alina Jipp

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Beschreibung

Der große Bruder, der große Held. Ihre Beziehung ist schon immer sehr eng. Doch was passiert, wenn ein Geburtstagskuss die Gefühle verändert? Wenn aus Geschwisterliebe mehr wird? Paula verliebt sich in ihren Adoptivbruder und weiß nicht, wie sie damit umgehen soll. Hat sie überhaupt eine Chance mit ihm glücklich zu werden? Fortsetzung von ›Der Arzt meiner Tochter‹, kann aber auch eigenständig gelesen werden.

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Alina Jipp

 

Geburtstagskuss mit Folgen

 

Roman

 

 

 

Die geschilderten Personen und Ereignisse sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig. Der Roman enthält Szenen, die reinweg Fantasy sind und nicht niedergeschriebenen Aspekten entsprechen muss.

 

 

© 2016 Alina Jipp

Alina Jipp

Am Georg-Stollen 30

37539 Bad Grund

 

Cover:

Art for you Book Sabrina Dahlenburg

 

Lektorat, Korrektorat & Buchlayout:

Lektorat Buchstabenpuzzle Bianca Karwatt

www.lektorat-buchstabenpuzzle.de

 

 

 

Paula - Prolog

In der Pause saß ich mit meinen Freundinnen in der Mensa zusammen und folgte ihrem Gespräch, während ich meine Pizza aß.

»Paula! Heute Abend ist die Party des Jahres und du bist endlich fünfzehn, da müssen deine Eltern es doch erlauben!« Ich seufzte genervt. Warum konnte Michelle nur nicht verstehen, dass meine Eltern mir das niemals erlauben würden? Heute war mein fünfzehnter Geburtstag und abgesehen davon, dass die Familien Baker und Scott zu Besuch kommen würden, dürfte ich auch sonst nicht zu der Party eines Zwanzigjährigen im Haus seiner Eltern, die im Urlaub waren. Und wenn ich ganz ehrlich war, dann war ich sogar froh darüber. Michelle schwärmte immer für ältere Jungs, während ich bisher noch nie wirklich verliebt gewesen war. Natürlich hatte es schon den einen oder anderen Jungen gegeben, den ich niedlich fand.

Vielleicht war ich einfach von Zuhause her zu verwöhnt, um diese Idioten toll zu finden. Jeden einzelnen Jungen verglich ich mit meinem Bruder und da kam keiner von ihnen gut bei weg. Die Meisten hatten entweder nur Sport im Kopf oder waren nur an Partys, Drogen und Alkohol interessiert. Weder mit dem einen noch mit dem anderen konnte ich etwas anfangen. Irgendwo auf dieser Welt musste es doch noch einen Jungen wie Alexander geben und wenn ich den treffen würde, dann würde ich mich sicherlich auch verlieben.

»Michi«, antwortete ich genervt. »Mein Dad ist Arzt und hat Ian erst vor drei Wochen wegen einer Alkoholvergiftung behandelt, als er Doktor Fuller vertreten hat. Glaubst du wirklich, dass er mich da zu einer von seinen nur allzu bekannten Partys lassen würde? Der ist doch nicht dämlich.« Ich wusste, dass es Michis Eltern egal war, wo ihre Tochter sich herumtrieb, aber meine waren zum Glück anders. Ich wollte nicht mit ihr tauschen, auch wenn sie weniger Probleme mit ihren Eltern hatte, wenn sie abends ausgehen wollte.

»Außerdem ist die ganze Familie heute da, sogar Alex kommt extra vom College, da kann ich doch nicht weg.« Michelle lächelte verträumt.

»Alexander kommt?«, fragte sie aufgeregt. »Kann ich dann nicht auch kommen? Dein Bruder ist so heiß und sogar noch viel süßer als Ian.« Michelle war, sehr zu meiner Belustigung, schon seit mindestens einem Jahr total in meinen Bruder verknallt. Sehr zu ihrem Leidwesen interessierte er sich aber gar nicht für Mädchen in unserem Alter.

»Morgen kommst du doch sowieso zu uns und mein Bruder bleibt bis Sonntag, also wirst du ihn auf jeden Fall noch sehen«, versprach ich ihr. Auch wenn meine Freundin wusste, dass sie keine Chance bei ihm hatte, so gab sie nicht auf und suchte bei jeder Gelegenheit seine Nähe. Alex schien das gar nicht zu bemerken, oder zumindest zeigte er es nicht, wenn er es doch tun sollte. Wahrscheinlich war es unter seinem Niveau, von kleinen Highschoolschülerinnen angehimmelt zu werden und er sagte nur nichts, um Michi nicht zu verletzen. Das würde ihm ähnlich sehen.

 

Endlich war die letzte Unterrichtsstunde um und ich konnte nach draußen eilen, wo meine Großeltern, die gerade wieder zu Besuch in Aptos waren, mich schon erwarteten. Normalerweise fuhr ich mit dem Schulbus, aber wenn jemand in der Nähe war, wurde ich oft abgeholt. Ich verabschiedete mich schnell von Michi und stieg in Grandpas Auto.

»Herzlichen Glückwunsch, Große«, begrüßte Grandma Emma mich.

»Ich kann gar nicht glauben, dass du schon fünfzehn bist. Wie konntest du nur so schnell so groß werden?« Das fragte sie jedes Mal, wenn sie in Aptos war. Meistens war mir das mehr als peinlich, vor allem, wenn ich mir das alleine anhören durfte. Aber heute war mein Geburtstag, da konnte mir nichts so schnell den Tag versauen.

Außerdem würde Alexander nachher auch seinen Teil davon abbekommen und wir konnten dann heute Abend am Strand spazieren gehen und uns gemeinsam über die Sprüche unserer Familie lustig machen. Während des Tages würde ein Blick reichen, damit er mich verstand. Alex war einfach der beste Bruder, den es auf der ganzen Welt geben konnte. Ob das daran lag, dass wir nicht wirklich blutsverwandt waren und uns als Kinder sozusagen ausgesucht hatten, wusste ich nicht. Aber eins war sicher! Meine Beziehung zu ihm war etwas ganz Besonderes. Wir waren zwar mit unserer kleinen Schwester Lilli zu dritt und wir liebten sie auch sehr, aber der Altersunterschied war so groß, dass die Beziehung zu ihr eine ganz andere war. Ich würde alles tun, um sie zu beschützen, aber mit Alex konnte ich über alles reden, was mit einer Grundschülerin natürlich nicht möglich war.

 

Kaum hielten wir vor unserem Haus, das etwas außerhalb von Aptos lag und direkten Zugang zum Strand hatte, da hielten auch schon meine anderen Großeltern William und Olivia neben uns an. Gleich danach kam auch meine Tante Elizabeth mit ihrem Mann Landon und den drei D´s an, wie Alex und ich unsere Cousins Dave, Danny und Dylan nannten. Es gab noch vorm Haus ein großes Hallo, Küsse, Umarmungen, Gratulationen. Die Geschenke stapelten sich auf dem Tisch an der Tür. Trotz des Chaos und der Freude, die ganze Familie zu sehen, wartete ich sehnsüchtig auf meinen Dad, der Alex vom Flughafen abholte.

 

Wir waren gerade reingegangen, als der Wagen endlich hielt und schon rannten alle wieder hinaus, um Alexander zu begrüßen. Ich war zuerst bei ihm und fiel ihm einfach um den Hals. Dann tat er etwas, das mein Herz kurz zum Stillstand brachte. Er küsste mich kurz auf den Mund, ehe er mich umarmte und mir gratulierte.

Mir wurde ganz anders, erst heiß, dann kalt. Mein Herz begann wie wild zu schlagen und es war, als würden Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen. Ich wünschte mir schon lange, dass irgend ein Junge mal Gefühle in mir auslösen würde und dass ich mich endlich verlieben könnte. Aber nun war es nicht irgendein Junge aus Aptos, sondern ausgerechnet mein großer Bruder. Das durfte einfach nicht sein, das wusste ich.

 

Irgendwie schaffte ich es, dass mir niemand etwas anmerkte. Zumindest hoffte ich es, denn der ganze restliche Tag war anders als sonst. Manchmal war es, als hätte sich ein Nebel über mich gelegt, der alles dämpfte und weniger real erschienen ließ. Trotzdem schaffte ich es, den Tag irgendwie zu überstehen, auch wenn mein Herz jedes Mal schneller schlug, wenn Alexander mir näher kam. Am Abend, als alle weg waren, fragte er mich wie immer, ob ich mit ihm an den Strand gehen wollte. Fast hätte ich ›Nein‹ gesagt, obwohl ich es gar nicht wollte, aber dann sagte ich mir, dass ich das nicht durfte. Ich musste so tun, als wäre alles wie immer und schnellstens dafür sorgen, dass mein Herz aufhörte zu spinnen! Leicht fiel mir das nicht, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Vor allem nicht am Strand, denn der war mit einem Mal, im Licht der untergehenden Sonne, viel zu romantisch.

 

Wie konnte ein Kuss nur mein ganzes Leben auf den Kopf stellen? Alexander hatte mich schon oft brüderlich geküsst und an diesem Kuss war nichts anders gewesen als sonst. Warum reagierte ich auf einmal so? Ich war froh, als ich abends endlich allein in meinem Bett lag, auch wenn ich noch völlig durcheinander war. Aber zumindest musste ich nun nicht mehr so tun, als wäre alles wie immer. Denn plötzlich war nichts mehr wie zuvor und ich hatte niemanden, mit dem ich darüber reden konnte. Michelle war zwar meine beste Freundin, aber sie war selbst in meinen Bruder verliebt und außerdem wusste ich nicht, wie ich erklären sollte, dass er plötzlich mehr für mich war, als nur mein Bruder.

Paula - Der 18. Geburtstag

Als der Wecker klingelte, knurrte ich erst kurz und wollte mich noch einmal umdrehen und mir die Decke über den Kopf ziehen. Aber dann fiel mir ein, was für ein Tag heute war und ich war mit einem Schlag hellwach. Heute war mein großer Tag. Mein 18. Geburtstag, das war sowieso schon etwas Besonderes und für mich erst recht.

 

Denn ER würde heute endlich wieder kommen. Wenn ich nur daran dachte, lächelte ich verträumt, denn er fehlte mir furchtbar. Seit ich drei Jahre alt gewesen war, waren wir unzertrennlich und seit er ausgezogen war, um zu studieren, war es, als hätte er einen Teil von mir mitgenommen. Noch schlimmer war es in den letzten drei Jahren geworden, denn seit er mich an meinem fünfzehnten Geburtstag geküsst hatte, war ich rettungslos verliebt. Verliebt in den eigenen Bruder! Okay, Adoptivbruder, aber wirklich besser machte es das nicht. So etwas Dämliches konnte nur mir passieren.

Auch wenn Alexander nicht mein leiblicher Bruder war, sein Vater hatte meine Mutter geheiratet und mittlerweile waren wir längst vom anderen Elternteil adoptiert worden und sie hatten noch ein gemeinsames Kind bekommen, unsere kleine Schwester Lilli. Ich liebte Sebastian wie einen Vater und Alex liebte Mom auch, wie man seine richtige Mutter liebte. Keinen interessierte es, dass wir nicht alle blutsverwandt waren. Wir waren einfach eine völlig normale Familie. Na ja, zumindest, wenn man davon absah, dass ich eben unsterblich in meinen Bruder verliebt war.

 

In den letzten drei Jahren sprach ich mit niemandem darüber. Wie hätte ich es auch erklären sollen? Selbst mit meiner besten Freundin Michelle konnte ich darüber nicht reden, denn auch sie war immer mal wieder in Alexander verliebt. Zum Glück war sie jetzt schon seit acht Monaten mit ihrem Freund Ryan zusammen und schwärmte mir nicht mehr von meinem Bruder die Ohren voll. Zukünftig würden sich unsere Wege sowieso trennen, aber das störte mich kaum noch. Zu sehr hatte sie sich verändert, seit sie mit ihrem Freund zusammen war. Während sie gemeinsam mit Ryan in Los Angeles studieren würde, war ich an der Universität von New York angenommen worden. Dort studierte auch Alexander Psychologie und nach den Semesterferien würde ich mit ihm zusammen in einer WG in direkter Nähe des Campus wohnen. Weder er noch unsere Eltern hatten in den letzten Jahren etwas bemerkt, ansonsten hätten sie wohl nicht zugestimmt, dass wir nun zusammenzogen. Unsere Eltern besaßen zwar noch immer eine Stadtwohnung in New York, aber dort wollten wir beide nicht wohnen. Erstens war sie viel zu weit vom Campus entfernt und zweitens viel zu groß und luxuriös für eine Studentenbude. Deshalb kauften unsere Eltern die Wohnung, in der nun die WG war und schenkten sie Alex zum Beginn seines Studiums.

 

Alexander, der sein Grundstudium vor den Semesterferien abgeschlossen hatte, lebte bisher mit drei Jungs in dieser Wohnung. Zwei davon waren nun fertig mit ihrem Studium und ausgezogen. Eines der Zimmer würde ich übernehmen. Das letzte Zimmer war noch frei, dafür suchten wir noch eine Mitbewohnerin, denn Alexander wollte nicht, dass ich nur mit Kerlen zusammen wohnte.

 

Aber zunächst waren jetzt noch zwei Wochen Ferien und die würde Alexander hier bei uns in Aptos verbringen. Seit Anfang der Semesterferien war er mit einem Freund in Europa gewesen. Die Reise war sein Geschenk zum Abschluss des Grundstudiums gewesen. Eigentlich sollte er schon gestern zurückkommen, aber durch schlechtes Wetter hatten sich seine Flüge so verspätet, dass er wieder erst an meinem Geburtstag ankommen würde. Das war fast ein Déjà-vu. An meinem fünfzehnten Geburtstag war er auch erst zu meiner Geburtstagsfeier angekommen und als er mich dann küsste, wurde mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt.

 

Wie oft hatte ich danach versucht, mich in einen Jungen von der Aptos High zu verlieben, aber da war einfach nichts gewesen. Man konnte sich halt nicht auf Befehl verlieben, auch wenn das so vieles erleichtert hätte. Trotz einiger Dates in den letzten Jahren und obwohl ich mich auch ab und zu küssen ließ, musste ich feststellen, dass bei keinem der Jungen mein Herz so schnell schlug, wie bei Alexander. Mittlerweile war es mir auch egal, dass ich als eiserne Jungfrau ausgelacht wurde. Ich war wohl das einzige Mädchen in ganz Aptos, das auch nach ihrem Highschoolabschuss noch Jungfrau war.

Es gab in den letzten Monaten sogar eine Wette unter den Jungs, wer von ihnen es zuerst schaffen würde, mich ins Bett zu bekommen, aber da ich keinen von ihnen ran gelassen hatte, gab es nun das Gerücht, dass ich lesbisch sei. Selbst Michelle schien daran zu glauben und zog sich langsam immer mehr von mir zurück.

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich ihr die Wahrheit erzählt hätte, aber ich traute mich nicht. So sehr ich Michelle mochte, sie war eine unheimliche Klatschtante und ich hatte keine Lust darauf, dass die ganze Stadt darüber sprach, wie ich mich fühlte. Aptos war eine Kleinstadt und es wurde unheimlich viel geredet. Dass die Tochter des Chefarztes der neurologischen Klinik in ihren eigenen Bruder verliebt war, wäre über Monate das Thema im Ort gewesen. Auch wenn wir gar nicht blutsverwandt waren, so waren wir doch eine Familie und wie richtige Geschwister aufgewachsen. In Aptos würde es einen riesigen Skandal geben und der könnte der ganzen Familie, der Klinik und sogar der Rehaklinik schaden. Und alles nur, weil ich mein Herz nicht im Griff hatte.

 

»Happy Birthday to you!«, erklang es plötzlich ziemlich schief an meiner Zimmertür und Lilli stürmte herein. Unser kleiner Wirbelwind war inzwischen acht Jahre alt. Sie konnte manchmal eine richtige Nervensäge sein, da sie mir in allem nacheiferte, aber wenn ich ehrlich war, liebte ich die Kleine trotzdem sehr.

»Es gibt Pancakes zum Frühstück«, jubelte sie. »Und deine Geschenke warten unten, kommst du endlich? Mom sagt, dass ich erst etwas bekomme, wenn du da bist.« Lilli schmiss sich auf das Fußende meines Bettes und seufzte schwer.

»Dad kommt auch gleich, meinte Mom eben. Der musste noch mal ins Krankenhaus …« Das war für uns alle völlig normal. Seitdem mein Vater eine der bekanntesten neurochirurgischen Klinik Kaliforniens in Aptos aufgebaut hatte, kam es oft vor, dass er wegen eines Notfalls zu den ungünstigsten Zeiten weg musste. Viele Leute kamen extra hierher, nur um sich von ihm operieren zu lassen. So hatten meine Eltern sich auch kennengelernt. Als Kleinkind war ich an einen Hirntumor erkrankt und mein Dad war mein behandelnder Arzt gewesen. Meine Mutter verliebte sich während meiner Behandlung in ihn.

An meinen leiblichen Vater erinnerte ich mich kaum. Meine Mutter sprach nicht viel über ihn, sie hatte zwar Fotos von ihm für mich aufgehoben und mir ein paar Dinge darüber erzählt, wie sie sich kennenlernten. Aber sonst sprach sie kaum über ihn. Granny Stone, seine Mutter, war da gesprächiger gewesen, als sie noch lebte. Für sie war er ein Nichtsnutz und Rabenvater und das erzählte sie mir auch immer wieder. Sie und Grandpa Stone, an den ich mich kaum erinnern konnte, hatten nicht nur den Kontakt zu ihrem Sohn abgebrochen, sondern ihn auch enterbt und mir stattdessen alles vermacht. So war ich schon seit einigen Jahren Besitzerin eines Hauses hier in Aptos, welches vermietet war, solange ich nicht dort wohnen wollte. Außerdem gab es ein Treuhandkonto, über das ich jetzt, da ich achtzehn war, verfügen könnte. Ich brauchte aber gar nichts, da ich alles Nötige von meinen Eltern bekam. Mein Angebot, das Geld für mein Studium zu nutzen, hatten sie lächelnd abgelehnt.

»Ich zahle allen meinen Kindern ihr Studium, Paula.« Dad war fast böse geworden wegen meines Vorschlages. »Lass dein Geld angelegt, wenn du es jetzt nichts brauchst, oder erfüll dir einen Traum damit. Für eure Ausbildung bin ich zuständig.«

Dad machte keinen Unterschied zwischen uns dreien, auch wenn ich ›nur‹ sein Adoptivkind war, wie manche ältere Leute gern betonten. Im Gegenteil, manchmal sagte er, dass ich etwas ganz Besonderes wäre, weil er ohne mich Mom nie begegnet wäre und somit nicht gelernt hätte, Alexander ein guter Vater zu sein. Das bewunderte ich sehr an Dad, er gab es offen zu, wenn er Fehler machte und er erzählte oft, dass er Alex anfangs kein guter Vater gewesen war und dass ihm das sehr leidtat. Auch wenn er sonst mal ungerecht war oder einen Fehler machte, dann stand er immer dazu und entschuldigte sich. Das konnten nicht viele Erwachsene, vor allem nicht Kindern oder Jugendlichen gegenüber. Aber er sagte immer, dass ihn das ›nicht zu seinen Fehlern stehen‹ fast seine Familie gekostet hätte und das Risiko wollte er nie wieder eingehen.

 

»Paula! Lilli! Kommt ihr bald runter?«, rief Mom nach uns und ich schwang die Beine aus dem Bett, um endlich aufzustehen.

»Sagst du Mom, dass ich noch schnell dusche?«, fragte ich Lilli. Die nickte und lief schon mal hinunter. Keine Viertelstunde später folgte ich ihr in die Küche und prallte überrascht zurück, als ich fast in Alexander hineingelaufen wäre.

»Was machst du denn schon hier?«, fragte ich völlig perplex. Alexander lachte laut.

»Was für eine nette Begrüßung, Schwesterchen. Ich wollte dir persönlich zum Geburtstag gratulieren und habe einen Nachtflug genommen. Freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?«

»Klar freue ich mich«, quietschte ich aufgeregt und verfluchte mich innerlich selbst dafür. Konnte ich nicht einfach mal normal reden, wenn er da war?

»Ich habe nur nicht so früh mit dir gerechnet.« Strahlend lächelte ich ihn an und er zog mich in eine feste Umarmung, die ich am liebsten nie enden gelassen hätte.

»Happy Birthday, Paula«, flüsterte er mir ins Ohr und sein Atem verursachte bei mir eine Gänsehaut.

»Danke, Alexander«, flüsterte ich fast atemlos zurück. »Du hast mir so gefehlt.« Ehe ich mich versah, war der Satz raus. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Natürlich wieder gar nichts, wie immer in Alexanders Nähe. Aber zum Glück war seine einzige Reaktion, dass er mich fester drückte. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht bemerkte, was ich wirklich damit meinte.

Zum Glück kam nun Dad aus dem Krankenhaus und wollte mir ebenfalls gratulieren, ehe wir alle gemeinsam frühstückten. Lilli jammerte zwar, dass ich doch erst einmal die Geschenke auspacken sollte, aber mir war das nicht so wichtig. Mein schönstes Geschenk saß ja schon am Tisch. Und wenn Alexander das nächste Mal abreisen würde, würde ich ihn nach New York begleiten. Was wünschte ich mir also mehr?

Paula - Die Party

Ich saß grübelnd auf dem Bett und starrte auf die vier Outfits, die neben mir lagen. Welches sollte ich heute nur anziehen? Da ich meinen Geburtstag wie immer mit der Familie gefeiert hatte, war nun heute meine Geburtstags- und gleichzeitig Abschiedsparty mit allen meinen Freunden. Alles Wichtige war eingepackt und per Post nach New York verschickt worden, nun musste ich nur noch einige Sachen, wie meinen Laptop und etwas Kleidung, einpacken, die wir im Flugzeug mitnehmen würden. Die meisten Sachen, wie meine Möbel, Pflanzen und leider auch meine Katzen, würden sowieso bei meinen Eltern bleiben. Lucky und Happy waren mit ihren fünfzehn Jahren einfach zu alt, um ihnen einen Umzug in eine Studenten-WG zumuten zu können. Wahrscheinlich wäre schon der lange Flug zu viel für meine beiden Süßen. Ich wusste schon jetzt, dass sie mir sehr fehlen würden, auch wenn ich wusste, dass sie es hier bei meinen Eltern am besten hatten.

Der Abschied von meiner Familie würde mir auch nicht leicht fallen, aber dank Telefon, Handy und Internet konnte ich ja wenigstens regelmäßig mit ihnen sprechen und sie auch via Bildschirm sehen. Außerdem besuchte Mom regelmäßig den Verlag für den sie Kinderbücher schrieb und illustrierte und würde uns dann besuchen kommen. Dad versprach, sie ab und zu bei diesen Reisen zu begleiten. Das versuchte er sowieso immer, aber oft klappte es nicht, weil er in der Klinik gebraucht wurde. Das war der Nachteil, wenn der Vater ein sehr guter Arzt war. Immer wieder kam es vor, dass er plötzlich in die Klinik musste. Allerdings machte es mich auch stolz, das er als berühmter Neurochirurg trotzdem auf dem Boden geblieben war und in der Notaufnahme aushalf, wenn Not am Mann war. Für mich war er sowieso ein Held. Im Laufe der Jahre hatte ich immer mehr über meine Erkrankung als Kleinkind erfahren und war mir heute sehr bewusst, dass ich ihm und Mom, die immer um mich gekämpft hatte, mein Leben verdankte.

»Paula! Michelle ist da«, rief meine Mutter mir plötzlich zu und ich sah erschrocken auf die Uhr. Es war ja schon fast sieben, wahrscheinlich würden auch meine anderen Gäste gleich kommen und statt mich endlich umzuziehen, saß ich noch immer auf meinem Bett und dachte über meine Familie nach.

»Michi!«, schrie ich leicht verzweifelt zurück. »Komm hoch und hilf mir, ich weiß nicht, was ich anziehen soll!« Irgendwo hörte ich Alexander lachen, aber das war mir jetzt egal. Er behauptete immer, dass ich einen Klamottentick hätte, aber jetzt wusste ich wirklich nicht, was ich tragen sollte.

»Hey, Paula«, begrüßte Michi mich, als sie ins Zimmer kam. Wir umarmten uns kurz und dann warf sie einen Blick auf die Kombinationen, die auf dem Bett lagen.

»Paula, das Zeug ist alles schwarz! Trägst du heute Trauer oder fällt dir der Abschied von mir so schwer?«, neckte sie mich. Sie wusste, dass ich meine Kleidung oft nach meiner Stimmung aussuchte.

»Mir fällt der Abschied insgesamt sehr schwer«, gab ich zu. »Irgendwie ist es, als wäre nun unsere Jugend endgültig vorbei, und der Ernst des Lebens uns einholt.« Dabei dachte ich an Julie, ein Mädchen, das mit uns zusammen zur Schule gegangen war und die gleich nach dem Abschluss geheiratet hatte, weil sie schwanger war. Irgendwie konnte ich mir das noch gar nicht vorstellen, natürlich wollte ich irgendwann heiraten und eine eigene Familie, aber doch noch nicht mit achtzehn.

»So ein Quatsch!«, antwortete Michelle lachend. »Unsere Jugend ist noch lange nicht vorbei. Die schönste Zeit kommt jetzt doch erst.« Sie sprang vom Bett, auf dem sie bisher saß, auf und begann im Zimmer herum zu gehen und dabei wild mit den Händen zu gestikulieren, während sie weiter sprach. Das tat sie immer, wenn sie aufgeregt war.

»Auf dem College werden wir viel freier sein, als hier in Aptos. Los Angeles ist eine so aufregende Stadt und du gehst sogar nach New York, was du da alles erleben wirst. Du darfst nur nicht so dämlich sein wie Julie und dich gleich vom erstbesten Kerl schwängern lassen.« Sie verzog verächtlich das Gesicht.

»Aber das kann dir ja sowieso nicht passieren. Du bist doch noch Jungfrau und vögelst bestimmt nicht mit irgendwem, ohne zu verhüten.« Ich stöhnte auf. Hätte ich nur nichts gesagt.

»Ich habe auch nicht vor zu vögeln!« Das letzte Wort betonte ich extra, da ich diesen Ausdruck nicht leiden konnte.

»Aber natürlich würde ich an Verhütung denken, wenn ich irgendwann Sex haben werde. Allerdings solltest auch du wissen, dass kein Verhütungsmittel hundertprozentige Sicherheit bietet.«

»Wer ist schwanger?«, fragte plötzlich Jodie neugierig hinter uns. Michelle und ich waren so in unser Gespräch vertieft gewesen, dass wir gar nicht bemerkten, wie sie in mein Zimmer gekommen war.

»Redet ihr mal wieder über Julie? Ich kann das immer noch nicht fassen. Also, wenn mir das passiert wäre, dann hätte ich sicher nicht geheiratet und brave Hausfrau gespielt.« Keine von uns konnte verstehen, warum sie das tat. Schließlich hatte sie einen super Notendurchschnitt.

»Wusstet ihr, dass sie gar nicht mehr aufs College will, nicht einmal nach einem Jahr Pause?«, fragte sie entsetzt. Jodie war sehr ehrgeizig und wollte Anwältin werden. Sie hatte ein Stipendium bekommen und würde in Boston studieren. Ihr Traum war es, irgendwann am obersten Gerichtshof zu arbeiten.

Wir alle drei konnten es uns nicht vorstellen, keine Ausbildung zu machen. Wir hatten alle unsere Ziele, auf die wir seit Jahren hinarbeiteten und bisher dachten wir das auch von Julie und nun ließ sie alles sausen, um Ehefrau und Mutter zu werden. Während wir über unsere Pläne für die Zukunft redeten, zog ich mich endlich um. Ich trug ein schwarzes, knielanges Kleid mit weißen Punkten. Ich liebte den gerade wieder angesagten Fiftieslook. Lange Zeit war es mein Traum gewesen, später einmal Modedesign zu studieren. Obwohl ich Mode immer noch sehr liebte, hatte ich mich nun für ein Architekturstudium entschieden. Baustile waren nicht so vergänglich wie Mode und ich wollte nicht, dass ich monatelang arbeitete, nur damit die Sachen dann ein paar Monate getragen wurden, ehe sie entsorgt wurden. Ich wollte am liebsten etwas für die Ewigkeit erschaffen und wenn mir das nicht gelingen sollte, dann wenigstens für viele Jahre.

»Paula!«, rief Alex genervt. »Kommst du heute noch runter? Ich bin nicht dein Türsteher.« Lachend liefen wir zu dritt die Treppe hinunter.

»Ich bin doch schon da, Bruderherz«, scherzte ich und ignorierte den bösen Blick, den er mir zuwarf einfach. Manchmal war er halt wirklich nur mein Bruder und ich konnte die anderen Gefühle, die ich für ihn hatte, fast völlig zurückdrängen. Unten angekommen begrüßte ich die anderen Gäste, die schon eingetroffen waren. Gemeinsam gingen wir hinaus auf die Terrasse, auf der mein Vater schon fleißig am Grillen war, und stürmten die bereits gedeckten Tische. Später wollten wir unten am Strand noch ein Feuer anzünden und Marshmallows in den Flammen rösten. Aber erst einmal mussten alle da sein. Unsere Clique war ziemlich groß und ich war froh, dass meine Eltern so großzügig waren und uns erlaubten, hier gemeinsam zu feiern. Kaum einer von uns würde hier in Aptos bleiben und es war vielleicht das letzte Mal für lange Zeit, dass wir alle zusammen kommen würden.

Auch Alexander und sogar Lilli hatten ein paar ihrer Freunde einladen dürfen. Allerdings würden Lilli und ihre Freundin Emily nach dem Essen in Lillis Zimmer gehen, wenn wir hinunter an den Strand gehen würden. Wir saßen schon alle zusammen an den Tischen, erzählten und lachten. Es gab niemanden, der nicht seinen Spaß hatte.

»Was für eine tolle Party«, erklärte Sue gerade, als es noch einmal an der Tür klingelte.

»Ich mache schon auf«, erklärte ich sofort, auch wenn ich eigentlich niemanden mehr erwartete, aber ich wollte sowieso gerade schnell im Bad verschwinden.

Als ich allerdings die Tür öffnete, staunte ich doch nicht schlecht. Dort stand Nikki Nelson und grinste mich an. Sie war in Alexanders Stufe und die beiden waren sogar ganz kurz ein Paar gewesen. Aber ich mochte sie noch nie, sie sah immer auf die jüngeren Schüler herab, als wären wir Ungeziefer. Was wollte die denn jetzt hier? Soviel ich wusste, war sie zum Studieren nach Los Angeles gegangen und hatte seit dem Highschoolabschluss keinerlei Kontakt zu Alexander gehabt. Zumindest hatte er nie etwas erzählt und sonst erzählte er von jedem, den er von seinen alten Freunden wieder traf.

»Ashly«, flötete sie regelrecht, was natürlich doppelt dämlich klang, wenn man den falschen Namen benutzte. »Es ist so schön, dich zu sehen. Dein Bruder hat mich eingeladen doch heute zu seiner Party zu kommen. Bringst du mich bitte zu ihm?«

»Ich heiße Paula!«, korrigierte ich sie. »Außerdem ist es meine Party und ich weiß nichts davon, dass du eingeladen bist.«

Sie starrte mich böse an und von ihrer gespielten Freundlichkeit blieb nichts zurück.

»Lass mich jetzt rein. Alexander erwartet mich«, zischte sie nun regelrecht und verzog dabei böse das Gesicht. Von der gerade noch gespielten Freundlichkeit war nichts mehr übrig. »Woher sollte ich denn von dieser Party wissen, wenn ich nicht eingeladen wäre?« Das fragte ich mich auch, aber trotzdem hatte ich keine Lust, mir den Abend verderben zu lassen. »Das hier ist meine Party und du bist nicht eingeladen!«

»So ein Quatsch. Nun lass mich rein, du dummes Gör. Was weißt du denn schon?«

»Ich weiß, dass ich dich hier nicht haben will. Bitte verlasse nun unser Grundstück.« Ich musste wohl unbewusst immer lauter geworden sein, denn diese Frau wollte ich nicht in Alexanders Nähe wissen. Na gut, wenn ich ehrlich war, wollte ich gar keine Frau in seiner Nähe haben, aber bisher schaffte ich es immer irgendwie, das nicht so sehr zu zeigen. Plötzlich stand ausgerechnet Alexander hinter mir.

»Was ist denn hier los? Warum schreist du so, Paula?«, fragte er und sah verständnislos von Nikki zu mir und zurück.

»Alexander«, flötete die falsche Schlange und ging zwei Schritte auf ihn zu. »Wir hatten nur ein kleines Missverständnis, aber nun ist alles geklärt. Lass uns Spaß haben und diesen kleinen Zwischenfall vergessen.« Das konnte ja wohl nicht ihr Ernst sein. Alex schien ihr zum Glück nicht zu glauben, sondern sah sie sehr zweifelnd an, während er etwas vor ihr zurückwich.

»Missverständnis? Du hast mich beleidigt und erwartest dann noch, dass ich dich auf meine Party lasse?« Wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt wohl umgefallen. Aber zum Glück interessierte es mich nicht, was sie von mir hielt.

»Nikki, du hast meine Schwester gehört«, erklärte Alex ruhig. »Es ist ihre Party und sie will dich hier nicht haben. Also geh bitte.«

Ohne sie weiter zu beachten, drehte er sich wieder um, zog mich mit ins Haus und schloss die Tür vor ihrer Nase.

Nun konnten wir endlich weiter feiern und entgegen meiner Erwartungen tauchte sie auch am Strand nicht auf, sodass es noch ein richtig schöner Abend mit unseren Freunden wurde.

Alexander - Abreisetag

Es war fünf Uhr am Morgen, als mein Wecker klingelte. Eigentlich war es noch viel zu früh zum Aufstehen, gerade nach der Party gestern. Ich war erst um zwei Uhr ins Bett gekommen und könnte noch schlafen, da wir uns erst in vier Stunden auf den Weg zum Flughafen machen mussten, aber ich hatte den Wecker extra früher gestellt, damit ich den Sonnenaufgang am Strand beobachten konnte. Ich liebte die Ruhe dort unten, wenn ich ganz allein war. Einen besseren Ort zum Nachdenken gab es einfach nicht. Es war fast ein Ritual, dass ich freiwillig in den Ferien früh aufstand, um den Sonnenaufgang zu beobachten. Mein Strand hatte mir während der Europareise furchtbar gefehlt, obwohl es wirklich aufregend und lehrreich gewesen war. Aber es war halt nicht mein Zuhause. Die nächsten Ferien würde ich auf jeden Fall wieder in Aptos verbringen.

 

Der Abschied von meiner Heimat fiel mir selbst nach vier Jahren immer wieder sehr schwer, auch wenn ich dieses Mal nicht allein zurück nach New York ging. Ich freute mich schon sehr auf die WG mit meiner Schwester, Ben und seiner Freundin Catherine. Mit Ben wohnte ich schon mein komplettes Studium zusammen und lernte auch viel mit ihm gemeinsam, da er ebenfalls Psychologe werden wollte. Seine Freundin Catherine kannte ich bisher nur von kurzen Besuchen in unserer Wohnung. Sie war vor ein paar Tagen eingezogen und Ben hatte mir vorgestern schon einige Nachrichten wegen der Zimmerverteilung geschickt, aber da würde ich nicht nachgeben. Paula sollte das große Zimmer bekommen. Catherine war im zweiten Jahr ihres Grundstudiums und wollte Juristin werden. Die beiden waren schon seit eineinhalb Jahren ein Paar und testeten nun in der Wohngemeinschaft, wie das Zusammenleben wäre.

 

Es war ein Vorschlag meines Vaters gewesen, dass wir neben Paula noch ein Mädchen einziehen lassen sollten, nachdem Marc und Andrew ihr Studium beendet hatten und ausgezogen waren. Ihm gefiel der Gedanke nicht, dass Paula mit drei jungen Männern zusammen wohnen könnte. Das Verhältnis von Paula und ihm war etwas ganz Besonderes, deshalb hatte ich die Idee für meine ausgegeben, damit sie nicht dachte, er würde sie bevormunden. Als ich noch ein Teenager gewesen war, war ich darauf oft eifersüchtig gewesen. Mich vernachlässigte er als Kind jahrelang und seit sie in unserem Leben war, hatte er sich völlig geändert. Dabei ließ ich das aber nie an Paula aus, sondern immer nur an Dad und es krachte sehr oft zwischen uns. Vor allem, als Mom mit Lilli schwanger war. Irgendwie war meine Angst groß gewesen, dass er sich durch das Baby wieder ändern würde. Heute musste ich aber zugeben, dass es nicht so gewesen war und unser Verhältnis war wieder besser geworden. Vor allem seit ich ausgezogen war, um zu studieren. Jetzt freuten wir uns immer, wenn wir uns mal sehen konnten.

 

»Na grübelst du mal wieder?«, sprach Mom mich auf einmal an. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie auf mich zugekommen war.

»Du kennst mich doch, ich liebe die Stille hier am Morgen«, antwortete ich lächelnd.

»Soll ich dich alleine lassen?«, fragte sie. Das liebte ich so an ihr, sie drängte sich nie auf, war aber immer da, wenn wir es wollten.

»Nein, bleib ruhig und warte mit mir auf den Sonnenaufgang.« Wir gingen zusammen zu dem Baumstamm, der an unserem Lagerfeuerplatz als Sitzbank lag und setzten uns hin.

---ENDE DER LESEPROBE---