Inhaltsverzeichnis
Einleitung
ERSTER SCHLÜSSEL – Achtsamkeit
Meditation im Alltag und andere Glücks-Übungen
ZWEITER SCHLÜSSEL – Balance
Das rechte Maß finden
DRITTER SCHLÜSSEL – Dankbarkeit
Gib dem Leben Leichtigkeit
VIERTER SCHLÜSSEL – Ehrlichkeit
Werde der, der du bist
FÜNFTER SCHLÜSSEL – Einfachheit
Umarme das Leben
Das Symbol für Einfachheit: der Kieselstein
Übungen
Morgenmeditation
Abendbilanz
Wunsch
SECHSTER SCHLÜSSEL – Geduld
Warten als Chance
SIEBTER SCHLÜSSEL – Großzügigkeit
Eigentlich geht es uns gut
Das Symbol für Großzügigkeit: die offene Hand
Übungen
Morgenmeditation
Abendbilanz
Wunsch
ACHTER SCHLÜSSEL – Hingabe
Liebe zum Tun entwickeln
Das Symbol für Hingabe: das Herz
Übungen
Morgenmeditation
Abendbilanz
Wunsch
NEUNTER SCHLÜSSEL – Humor
Der Mittelpunkt der Lebensfreude
Symbol für Humor: der Smiley
Übungen
Morgenmeditation
Abendbilanz
Wunsch
ZEHNTER SCHLÜSSEL – Klugheit
Das Wissen vom Leben
Das Symbol für Klugheit: der Pfeil
Übungen
Morgenmeditation
Abendbilanz
Wunsch
ELFTER SCHLÜSSEL – Mut
Scheitern als Chance
Das Symbol für Mut: der Löwe
Übungen
Morgenmeditation
Abendbilanz
Wunsch
ZWÖLFTER SCHLÜSSEL – Vertrauen
Seiltanz mit Netz
Das Symbol für Vertrauen: das Netz
Übungen
Morgenmeditation
Abendbilanz
Wunsch
Stress ade!
Danksagung
Kontakt
Literatur
Copyright
Einleitung
Gelassenheit ist eine anmutige Form des Selbstbewusstseins.
MARIE FREIFRAU EBNER VON ESCHENBACH
Um wirklich gelassen mit Ihrem Schicksal umgehen zu können, müssen Sie Ihren Job kündigen (vorher Ihrem Chef tüchtig die Meinung sagen), sich scheiden lassen (falls Gatte/Gattin zur Hand), die Kinder zur Adoption freigeben (falls vorhanden), Ihre Wohnung aufgeben und die Möbel verschenken (Besitz ist ja so was von vulgär), Ihre Persönlichkeit vollständig verändern (schauen Sie sich doch mal an), sich in einem fernen Land als Aussteiger/in niederlassen (sehr fern) und sieben Jahre meditieren (mindestens).
Halt! Nein! Witz! Bitte: Das ist nicht mein Ernst!!! Ich will Sie nur foppen! Glauben Sie das nicht!
Aber so stellen wir uns oft die Konsequenzen von Veränderungen vor: alles umkrempeln, alles hinschmeißen, ganz von vorne anfangen. Eine Aussicht, die selbst denen, die wirklich Mut zu Neuem haben, kalten Angstschweiß auf die Stirn treibt. Kein Wunder, dass wir erschrocken die Augen wenden und das Gewohnte dann doch ganz kuschelig finden. Eine Zeit lang jedenfalls. Bis der nächste Unzufriedenheitsschub kommt.
Ach je, Veränderungen, die wirklich zur Gelassenheit beitragen, sind im Gegensatz zu diesen Horrorvorstellungen kleine, winzig kleine Mäuseschritte. Schritte, die wir kaum bemerken (andere oft sowieso nicht), die aber diese heitere Gelassenheit erzeugen, die Stressschwellen hebt, Lebensqualität erhöht und uns zu guten Partnern, Freunden, Nachbarn, Familienmitgliedern, Bürgern, Vorgesetzten und Kollegen werden lässt.
Ich habe einmal eine ganze Reihe Menschen gefragt, in welchen Situationen sie sich Gelassenheit wünschen. Wunderbar auf den Punkt gebracht hat es Dr. Kerstin Schaper-Lang aus der Schweiz:
»Gern möchte ich gelassener bleiben,
• wenn ich angegriffen werde;
• wenn ich gestresst bin und trotzdem noch einige Dinge regeln muss;
• wenn das Konto sich dem Ende zuneigt;
• wenn ein Autofahrer drängelt;
• in Diskussionen, die mich sehr bewegen, bei denen ich sehr engagiert bin, wenn das Thema mich interessiert.«
Und wobei möchten Sie gelassener bleiben? Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit, schauen Sie ein bisschen vor sich hin, lassen Sie die Frage auf sich wirken und stellen Sie dann selbst einmal Ihre Liste zusammen: »Ich möchte gelassener bleiben,...« Denken Sie an Situationen, an Menschen, an Gefühle. Schreiben Sie alles auf, was Ihnen dazu einfällt.
Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht: Allein das Lesen meines »Ungelassenheits-Katalogs« beruhigt mich enorm. Ich kann über manches lächeln, erinnere mich an manche Situation, in der ich nicht »bei mir«, sondern »außer mir« war, und vielleicht sehe ich sogar ein Muster in diesen Situationen. Worum ging es meistens? Was hat mich so »gepiekst«, dass ich an die Decke ging? Auf die einzelnen »Kränkungsknöpfe«, die wir haben, werde ich in den nächsten Kapiteln dieses Buchs eingehen. Auch darauf, wie wir sie entschärfen können, um auch dadurch Gelassenheit zu gewinnen. Zwölf Schlüssel sind es, mit denen wir den Weg zur Gelassenheit öffnen können. Doch dazu später mehr.
Gelassenheit – ist dies nicht ein Wort, das man sich auf der Zunge zergehen lassen kann? Gelassenheit. Klingt es nicht fast wie Gelato? Dieser zarte Schmelz, dieser feine Duft, dieser umwerfende Geschmack. Na, steigt schon die Sehnsucht in Ihnen auf? Gelassenheit – da schließt sich das Lid verträumt, da erscheinen Bilder vor dem inneren Auge, von einem Schaukelstuhl, von einem Steg. Mit Blick über einen friedlich daliegenden See. Und ein sanfter Wind streicht durch unser Haar.
Genug geträumt. Gelassenheit ist nicht nur etwas für Romantiker. Gelassenheit ist ein Lebensgefühl, das uns auch in schwierigen Zeiten einen ruhigen Kopf bewahren lässt, inmitten von Hektik und Unsicherheit, inmitten von Krise und Euphorie. Die Zeiten sind stürmisch, ohne Frage. Doch Lebensfreude heißt nicht, immer schneller, immer steiler, immer atemloser dem Erfolg nachrennen. Es heißt nicht, mit ausgefahrenen Ellenbogen andere zur Seite zu kicken. Es heißt auch nicht, aus eigener Unzufriedenheit dem anderen sein Leben zu missgönnen.
Das Streben nach Lebensfreude bedeutet im Gegenteil, immer wieder mal innezuhalten, sich umzuschauen: Wo bin ich, wo sind die anderen? Stimmt der Weg noch, auf dem ich mich befinde? Lohnt der Preis noch, den ich für meine Ziele zu zahlen habe? Wovon will ich mehr, wovon weniger?
Gelassenheit entsteht auch, wenn wir immer wieder mal Bilanz ziehen. Und interessant ist es auch, sich anzuschauen, welcher Gelassenheitstyp man ist. Sieben Grundtypen habe ich definiert:
• Die Schildkröte: Lässt sich nicht erschüttern, hat sich einen dicken Panzer zugelegt. Glaubt aber leider nichts und niemandem mehr. Hat die Hoffnung auf Wunder aufgegeben.
• Der Elefant: Wirkt nach außen völlig ruhig, andere laden viel auf ihm ab. Er ist aber trotz seines »dicken Fells« leicht zu kränken und seine zarte Seele vergisst das dann nie mehr. Reizt man ihn an einer bestimmten Stelle, wird er schlagartig wütend und greift blindwütig an. Dadurch schadet er sich oft selbst.
• Der Panther: Er ist immer auf dem Sprung, misstraut anderen Menschen und dem Leben an sich. Ruhelos muss er sich kümmern, sich absichern, neigt zur Perfektion, um sich Sicherheit zu schaffen. Wirkt auf andere eher aggressiv, da er blitzschnell auf vermeintliche Angriffe reagiert.
• Der Hase: Ist leicht zu erschrecken. Kaum fallen lautere Worte oder jemand spricht von Schwierigkeiten, zittert er wie Espenlaub. Bricht leicht in Tränen aus. Will man sich mit ihm auseinandersetzen, schlägt er Haken oder flüchtet sich in seine schützende Höhle. Streitkultur ist ihm total fremd.
• Die Eule: Sie ist die Ruhe selbst. Sie kann auch die kompliziertesten Hintergründe erkennen, denn sie sieht auch im Dunkeln. Nicht umsonst gilt sie als die Tierfigur der Weisheit. Manchmal bedeutet es aber auch Trägheit. Sie lässt sich viel gefallen, bis sie mal aus ihrer Ruhe aufschreckt.
• Das Pferd: Wittert ständig Gefahr und ist leicht zu erschrecken. Aber im Gegensatz zum Hasen bäumt es sich dann auf und schlägt um sich. Überreaktionen sind nicht selten. Das Pferd kennt nur zwei Alternativen: flüchten oder angreifen. Pferde am Steuer haben lauter Feinde und werden im Stau »zum Tier«.
• Die Katze: Wirkt nach außen wie das Sinnbild von Gelassenheit. Wenn es ihr gut geht, kann man sie direkt schnurren hören. Sie besitzt eine tiefe Sehnsucht nach Harmonie. Aber wehe, sie wird gereizt, oder man rückt ihr zu nahe, drückt sie zu fest. Erst hält sie lange still, aber dann faucht sie und kratzt auch ihre besten Freunde.
Können Sie sich einem Typ zuordnen oder sind Sie eine Mischung aus verschiedenen Beschreibungen? Was bedeutet das für Ihre Gelassenheit? Woran wollen Sie etwas ändern?
Gelassenheit ist ein sehr deutscher Begriff. Andere Sprachen verweigern sich der direkten Übersetzung. Sehen Sie sich das Englische an, es weicht aus auf »calmness«, Ruhe, auf »serenity«, Heiterkeit, auf »inner peace«, also inneren Frieden. Auf Hawaii, so erzählte mir eine Freundin, benützt man den Ausdruck »hang loose«, die Seele baumeln lassen.
Gelassenheit beinhaltet all dies und mehr. Es handelt sich um eine Lebenseinstellung, und Einstellung hat immer auch etwas mit Entscheidungen zu tun. Vielleicht kennen Sie den Satz: »Wenn man sich ärgert, dann gibt es einen 15-Sekunden-Reflex, danach entscheidet man sich, sich zu ärgern.« Und so ist Gelassenheit auch eine Entscheidung, dem Leben positiv zu begegnen, sich nicht kränken zu lassen und mit klarem Kopf auf schwierige Situationen zu reagieren.
Gelassenheit hat nichts mit einer Schlaffi-Einstellung zu tun, sondern ist immer kraftvoll-aktiv. Gelassene Menschen kennen die Spielregeln im Umgang mit anderen Menschen, wissen, wie Menschen »ticken«. Sie kennen sich aus mit den Fährnissen des Lebens und gehen entschlossen ihren Weg. Gelassenheit wird als Aufgabe erlebt, als ein sich Einlassen auf das Leben, das Annehmen von Herausforderungen. Die Lebensqualität im Zeichen von Gelassenheit steht auf »Selbstbestimmt«.
Was wir nicht unter Gelassenheit verstehen sollten, ist Lässigkeit, Laissez-faire oder gar Nachlässigkeit. Sie bedeutet nicht Müßiggang oder Erdulden. Mit einer »Ist-mir-doch-alles-Wurscht«-Einstellung hat Gelassenheit nichts zu tun, auch nichts mit »stoischer Ruhe«. Gelassenheit bedeutet nicht Kismet oder Fatalismus, also das Gefühl, selbst nichts verändern oder entscheiden zu können. Im Gegenteil: Gelassenheit schafft die Macht, über mein Lebensgefühl mitzubestimmen, und ist ein Mittel gegen das Gefühl von Ohnmacht. Gelassenheit dämpft nicht, sondern macht hellwach und aufmerksam und wirkt auf eine wunderbare Weise herrlich intensiv.
Leider (Gott sei Dank?) kommen wir nicht als gelassener Mensch auf die Welt. Erst müssen wir uns selbst entdecken, ausprobieren, kämpfen und streiten, uns abgrenzen und finden. Und dann kommen wir, wenn wir bereit sind, mit jedem Geburtstag der Gelassenheit näher. Eine Studie der Fordham Universität in New York besagt: Menschen ab 45 haben die größte Chance, Sorgen und Mühen hinter sich zu lassen, zufrieden und gelassen zu werden.
Gelassenheit hat sicher etwas mit Weisheit zu tun. Vielleicht kennen Sie das Stoßgebet: »Herr, gib mir die Kraft, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.« Doch Alter allein macht noch nicht gelassen. Gelassenheit ist das Ergebnis eines ganz bewussten Umgangs mit mir selbst und mit dem, was man Leben nennt, und hat zu tun mit dem Wissen über den Zusammenhang von Ursache und Wirkung: »Wenn ich dies oder das tue, werde ich dies oder jenes damit erreichen.«
Gelassen sein heißt akzeptieren, dass manche Dinge im Leben nicht für mich gedacht sind. Und damit, dass ich mich mit jeder Entscheidung, die ich treffe, gegen viele andere Möglichkeiten entschieden habe. Wenn ich die eine Tür öffne, bleiben die anderen für mich verschlossen. Doch der Psychologe und Therapeut Bernd Hohmann, den ich für dieses Buch interviewt habe, hat Trost parat: »Wenn es tatsächlich unser Weg war, den wir links liegen gelassen haben, dann kommen wir dort noch einmal vorbei!«
Als ich mich einmal in einer schwierigen Lebenssituation befand, beruflich sehr angespannt, von Terminen gehetzt, brach ich in einem Taxi zum Flughafen in Tränen aus. Der Taxifahrer war ein belesener, wirklich weiser Mensch. Er hörte sich meine Geschichte an und sagte zu mir: »Glauben Sie mir, auch wenn Sie die Lösung noch nicht sehen, so ist sie doch da.« Niemals werde ich diesen Satz vergessen. Und schon einige Tage später zeigte sich mir die Lösung und führte mich aus der Misere. Ich bin überzeugt davon, dass mir dieser Taxifahrer an diesem Tag »geschickt« wurde. (Fragen Sie mich nicht von wem, das weiß ich auch nicht so genau. Na ja, von der Taxizentrale sicher...)
Gelassenheit heißt auch, an kleine Wunder zu glauben. Wir alle kennen Situationen, die wir als unerträglich empfinden, und wo uns dieser Glaube durchaus abhanden kommen kann. Aber ohne den Glauben daran, dass wir aus dem »Elend« wieder herausfinden, ist keine »Heilung« möglich. Gelassenheit bedeutet deshalb auch, mir den Weg ins Bessere, Rettende nicht zu verbauen, aus der Opferrolle wieder herauszukommen. Oder, wie Bernd Hohmann formuliert: »Es gibt immer die Möglichkeit, Subjekt deiner Geschichte zu werden.« Ein Satz, der das Herz fröhlich machen kann.
Aus unzähligen Untersuchungen weiß man, dass das Geheimnis des Lebensglücks viel komplizierter ist, als wir oft denken. Es kann schon verwundern, dass beispielsweise plötzlicher Reichtum, etwa durch einen Lottogewinn, nicht automatisch glücklich macht; dass aber Menschen nach schweren Erkrankungen von einer ganz neuen Lebensfreude sprechen; dass New-Economy-Opfer nach dem Zusammenbruch feststellten, dass sie das Leben zurückgewonnen haben; dass Menschen im Nachhinein von Krisenzeiten schwärmen: »Da hielten wir alle ganz fest zusammen...« Und dass die Erfüllung unserer Wünsche auf Dauer oft viel weniger Glück mit sich bringt, als wir erwartet hatten.
»Wennze meins, du hätts noch Zeit, datte so viel Zeit vertun kanns, bisse bekloppt, dat is nich wahr, du hasset eilig.
Wennze tot bis, isset vorbei.
Und vorm Sterben musse leben.
Und dann musse auch ma fragen, oppe happy bis...«
EIN SONGTEXT DES FRAUENDUOS »MISSFITS«
Ricarda Huch, die große deutsche Schriftstellerin, hat Glück einmal auf drei Säulen gestellt: »Wir brauchen Menschen, die wir lieben, eine Aufgabe und eine große Hoffnung.« Hoffnung, ein wunderbar verheißungsvolles Wort. Wir brauchen die Hoffnung, dass unser Leben auch über den Tag hinaus lebenswert ist. Nur dann können wir die Gelassenheit entwickeln, Dinge zu ertragen, die uns weniger gut tun, die wir aber momentan nicht ändern können.
Haben Sie Lust auf eine kleine Übung? Denken Sie doch einmal darüber nach, was Ihr Leben lebenswert macht. Legen Sie auf einem Blatt Papier eine »Lebenswert-Liste« an. Schreiben Sie auch kleine, vermeintlich profane Momentaufnahmen des Glücks auf. Nichts sollte uns zu winzig sein, um uns nicht einen Sonnenstrahl zu schicken.
Auf meiner Liste könnte beispielsweise stehen:
• Morgens durch den Park laufen, wenn die Sonne hinter den Bäumen aufsteigt und die Vögel zwitschern.
• Mit meinen Kindern Skat spielen.
• Die Fahrt mit dem Zug durch eine herrliche Landschaft.
• Auf eine Bühne gehen und die erwartungsvollen Gesichter der Menschen sehen.
• Der Blick vom Viktualienmarkt in München auf die Türme der Frauenkirche bei Sonne und strahlend blauem Himmel.
• Eine Tasse heiße Schokolade bei Schmuddelwetter.
• Die E-Mail einer Seminarteilnehmerin, in der sie schildert, was sie gerade bei ihrem Chef erreicht hat.
• Mit einem Freund in einer Bar »chillen«, wie meine Kinder es nennen (bedeutet entspannt herumsitzen).
• Ein Schluck kaltes, frisches Wasser.
• Die letzte Zeile eines Buches geschrieben zu haben.
• Das Lächeln eines Kindes.
• Eine ayurvedische Ölmassage von Kopf bis Fuß in der »Wellnessoase« bei mir gegenüber.
• Mit meiner Mitarbeiterin lachen.
• An einer Rose riechen.
• Von einer Freundin angerufen werden, von der man lange nichts gehört hat.
• An der Isar entlanglaufen und Steine als Handschmeichler sammeln...
Ach, ich könnte das ganze Buch mit dieser Liste füllen. Das Leben ist so herrlich, wenn wir die Augen offen halten. Wenn wir uns nicht mit Ärger und Übelnehmen, mit Herummäkeln und Ätzen selbst die Lebensfreude stehlen. (Glauben Sie mir, auch wenn ich das alles weiß, muss ich mich doch selbst immer wieder daran erinnern. Der Alltag schleift die Freude manchmal ab.)
Gelassenheit heißt auch, die Dinge zurechtzurücken, uns von negativen Erlebnissen und Erfahrungen nicht beherrschen zu lassen. Sie hilft uns, nicht bitter zu werden aufgrund von Verletzungen und Kränkungen und mit Menschen umgehen zu lernen, die uns nicht gut gesonnen sind. Erst durch ein gutes Maß an Gelassenheit schaffe ich die Chance für Verständnis, auch mit schwierigen Zeitgenossen. Ein Beispiel: Sie kommen in ein Geschäft und die Verkäuferin ist supermuffig. Sie können jetzt »zurückpampen« und mit schlechter Laune wieder aus dem Laden herausgehen. Gelassenheit hilft Ihnen, entweder das Verhalten der Verkäuferin nicht persönlich zu nehmen oder aber sogar die schlechte Stimmung mit einer Bemerkung aufzuhellen. Und Sie gehen lächelnd aus dem Geschäft.
Ausgeglichenheit und Sorglosigkeit sind die Schwestern der Gelassenheit. Sie zeigen, dass ich die Angst vor dem Leben überwunden habe. Und auch die vor dem Tod. Ja, wirklich. Ich verrate Ihnen etwas sehr Persönliches: Seit ich mit viel Gelassenheit mein Leben so lebe, wie ich es möchte, habe ich keine Angst mehr vor dem Tod. Ich kann mich mit dem Gedanken versöhnen, dass dieses Leben irgendwann seinen Abschluss findet. Denn ich muss ja nicht mehr hadern: »Hätte ich doch, wäre ich doch, ich wollte doch eigentlich noch...« Sondern ich tue. Und bin zufrieden. Gelassenheit hat also auch viel mit Handeln zu tun.
Psychologen gehen sogar so weit zu behaupten, dass Gelassenheit der Gesundmacher überhaupt ist. In der Salutogenese, also der Wissenschaft von der Gesundheit, beschäftigen sie sich mit den Ursachen vom Gesundbleiben. Und sie wissen, dass beispielsweise die Überwindung von Angst gesund erhält. Gelassenheit wirkt also als Gegenteil von Mobilmachung, der ständigen Selbstmobilisation und Selbstausbeutung. Sie schafft die Möglichkeit, sich selbst loslassen zu können, genauso wie diese verkrampfende Alles-im-Griff-Haltung, mit der viele Menschen herumlaufen. Gelassenheit kann ein Gegenmittel zu Stress, Erschöpfung, ja sogar dem bekannten »Burn-out-Syndrom« sein, dem Gefühl des Ausgebranntseins, das Top-Manager/innen wie Lehrer/innen, Sozialpädagog/innen oder Hausfrauen/Hausmänner treffen kann.
Verlagsgruppe Random House
5. Auflage 2007
Copyright © 2004 Kösel-Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlagmotiv: Constanze Wild, Raisting
Cartoons: Heinz Pfister, Bern. www.pfuschi-cartoon.ch
eISBN : 978-3-641-02288-4V002
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