3000 Sekunden - Andreas Wolter - E-Book

3000 Sekunden E-Book

Andreas Wolter

4,8

Beschreibung

"Glaube, Liebe, Hoffnung! Ja, Okay, aber viel wichtiger ist doch, alles bloß nicht so schwer zu nehmen. Man muss es doch auch mal raushauen dürfen!" So oder so ähnlich lässt sich der Inhalt mit einem Originalzitat des Autoren zusammenfassen. Andreas Wolter, geboren am 08.06.1980, ist verheiratet und hat ein Kind, beschreibt in seinen Geschichten und Anekdoten seine Einstellung und Sichtweisen nicht nur witzig, amüsant und zudem brutal einfach, sondern findet immer wieder auch zu sich. Der gebürtige Eckernförder, der in Kappeln in Norddeutschland sein Zuhause hat, ist, wie man sehr schnell erkennt, bekannender HSV-Fan und langlaufender Freitzeitsportler und setzt sich als Familienvater und Ehemann zwischen Beruf und Freizeit quasi in einer (Eigen-)Psychoanalyse mit sich und seiner Umwelt auseinander. Eines der Ergebnisse ist dieses Buch.

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Seitenzahl: 53

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Inhalt

Vorwort

Lauf um dein Leben

Wetten?

Der eigentlich Leidtragende einer Trennung

Helden des Alltags

Ei-Ei-Ei

Murphys Gesetz

Personalkostenquote

Diese Dreckskarre

Y-Chromosom

Schöne Aussichten

Der letzte Gast

Love hurts

Pascal Steif

Mein Publikum

Vorwort

3.000 Sekunden — das erste Buch.

3.000 Sekunden laut, anmaßend und gemein.

3.000 Sekunden lang ein persönlicher Egotrip auf der linken Überholspur, mit Lichthupe und Blinker links gesetzt.

3.000 Sekunden Dampf ablassen.

3.000 Sekunden übelster Independent-Schrammel-Punk, wenn’s ein Musik-Album wäre.

3.000 Sekunden voller dreckiger Scheiße, klebriger Rotze, literweise verschwendetem Ejakulat und voll mit stinkendem Schweiß.

3.000 Sekunden, die von keinem Kritiker oder Neunmalklugen in den Dreck gezogen werden können, weil das Buch schon voller triefendem Dreck war, als es erschien.

3.000 Sekunden quasi die eigene „Betty-Ford-Klinik“!

3.000 Sekunden Psychotherapie!

3.000 Sekunden Psychopharmaka-Ersatz!

3.000 Sekunden volles Rohr an Unterhaltung und Abwechslung!

3.000 Sekunden im Hier und Jetzt!

3.000 Sekunden Spaß beim Lesen oder Zuhören!

3.000 Sekunden, dann hat man dieses Buch durch.

3.000 Sekunden — mehr nicht!

Andreas Wolter

www.3000sekunden.de

Lauf um dein Leben

Sonntag, 18.10.2009, morgens um acht Uhr fünfundvierzig.

Dieses Jahr schied der HSV gegen seinen Erzrivalen Werder Bremen gleich zweimal im Halbfinale aus (im DFB-Pokal und im UEFA-Cup), der Bankenrettungsschirm verschlingt Milliarden und Deutschland wählt Schwarz-Gelb mit großer Mehrheit.

„Es wird höchste Zeit für etwas Positives, dieses Jahr!“, dachte ich mir, und so stehe ich hier am Start des „Palma de Mallorca“-Halbmarathons. Es sind nur noch wenige Minuten, dann geht’s los.

Dort, wo die meisten meines Alters und meiner Nationalität sich noch vor ein paar Stunden im „Eimersaufen“ übten, stehe ich inmitten tausender, müffelnder Gleichgesinnter und warte auf den Startschuss.

Okay, die „Eimersäufer“ fallen ab und an auch in die Kategorie der Gleichgesinnten, heute aber nicht.

Heute steh‘ ich kurz vor dem Beginn eines Kampfes gegen 21,1 Kilometer und gegen mich selbst.

Ein Wettkampf ist unter Läufern immer eine Materialschlacht. Nichts hab ich dem Zufall überlassen. Ich trage Brooks-Laufschuhe mit innengestützter Sohle, eine hautenge Sporthose, ein atmungsaktives Shirt, Kniestützstrümpfe und eine Uhr von Garmin, die man aus 500 m Entfernung sehen kann.

Zugegeben, ich sehe total bescheuert aus, aber das fällt hier nicht auf, denn hier sieht irgendwie jeder auf seine Art total bescheuert aus.

Meine Strümpfe trage ich schon seit drei Tagen in Mallorcas Affenhitze. Nicht, weil ich Wechselklamotten zuhause vergessen habe, sondern weil schweißgetränkte Socken dafür sorgen, dass man keine Blasen bekommt. Der alte Bundeswehr-Trick, eben.

Funktioniert echt!

Deshalb müffelt es hier am Start auch so. Das Anziehen heute Morgen wurde von einem andauernden Würgreiz begleitet. Übelst!

Ich gönne meinem ärgsten Feind nicht, in der Nähe zu sein, wenn ich nach dem Lauf aus den Schuhen schlüpfe.

Peng! Startschuss! Endlich.

Auf den ersten Metern verfliegt auch der beißende Gestank tausender Socken.

Aus zwei Kanonen wird an der Startlinie Konfetti in die Luft geschossen und ich wetze euphorisch über die Strecke. Anfangs ist das Vorankommen immer noch etwas schwierig, bis sich das Teilnehmerfeld auseinander zieht. Alle paar Meter ein Trottel, der den Zuschauern zuwinkt, anstatt zu laufen – oder zwei, drei Frauen, die nebeneinander laufen, um sich den neusten Tratsch zu erzählen und damit ein Vorbeikommen fast unmöglich machen.

Nach drei, vier Kilometern komme ich recht gut voran, bis mir ein Schwabbelhintern um die Ohren schlackert, welcher in schwarze Hot-Pants gezwungen wurde. Auf ihm steht in Großbuchstaben „ANGELIKA“. Auf ihrem gelben Laufshirt steht der Name des Kaffs, in dem sie wohl ihre Trainingsrunden dreht.

Wieso steht das eigentlich auf dem Shirt, frage ich mich. Auf den Hot-Pants wäre Platz genug für ihre gesamte Anschrift gewesen. Und ihre Lebensgeschichte.

Aber Moment mal! Schwarze Hose, gelbes Shirt, also schwarz-gelb… Hallo! Angelika — wie die Kanzlerin?!

Das erste Feindbild dieses Laufes war geboren!

So, nun etwas Gas geben und locker vorbeiziehen. Aber natürlich ganz dicht, damit sie sieht, von wem sie überholt wird. Demütig, erstaunt und ehrfürchtig soll sie mir hinterherschauen.

Es wird Zeit, einen Blick auf den Hochleistungsrechner zu werfen, den ich an meinem Handgelenk trage und den die Firma Garmin „Uhr“ nennt.

Während ich Zwischenzeit, Höhenmeter, Luftfeuchtigkeit, etc. überprüfe, sehe ich in meinen Augenwinkeln die schwarz-gelbe Koalition wieder an mir vorbeiziehen.

Wie hat sie das nur geschafft? Wird sich die SPD wohl auch gefragt haben.

Sie schwabbelt vor mir her. Der Schriftzug „ANGELIKA“ auf ihrem Hintern erstreckt sich in meiner Wahrnehmung bei jedem Schritt von 10 cm über dem Boden bis zu ihrem Haaransatz — so schwabbelt das.

Und bei jedem Schritt wächst auch mein Hass. Ja, genau, ich hab „Hass“ gedacht.

Ein Herzanfall soll sie fällen, denke ich, während ich nach Luft japse.

So, nun reicht es, ein Zwischensprint wird ihr jegliche Motivation rauben.

Während ich im Asphalt eine Feuerspur hinterlasse und an ihr vorbeiziehe, will ich am liebsten schreien:

„Ich hab die anderen gewählt!“.

Ich lass es aber lieber bleiben.

Das wird aber auch so gereicht haben, um die Fronten mit diesem fetten Kapitalistenarsch zu klären. Wahrscheinlich hat sie sich die Reise von der Steuerersparnis geleistet, die ihr die FDP versprochen hat.

Ich hab für die Reise hart gearbeitet. Ich hab sie mir verdient.

Achtung, Angelika, halt‘ deinen Hintern fest, jetzt überholt dich die Arbeiterklasse!

Ich erreiche Kilometer 9.

Wieder zieht die fette Kuh an mir vorbei und mit ihr ein Teil meiner Selbstachtung.

Das kann doch gar nicht sein, oder gibt es irgendwelche Muskelgruppen, die am ganzen Körper hin und her schlackern? Aber mithalten hieße, nach weiteren vier, fünf Kilometern komplett einzubrechen.

Während sie sich langsam von mir entfernt, wedelt sie mit ihren Händen, als wolle sie ihre frisch lackierten

Fingernägel trocknen. Das macht sie doch nur, um mich zu demütigen!

Kilometer 14.

Angelika ist längst aus meinem Bewusstsein verschwunden. Ich empfinde mittlerweile nur noch Selbsthass. Wieso mach‘ ich auch immer so eine Scheiße mit? Wozu?

Ich könnte jetzt auch mit einem Eimer am Strand liegen. Ich greife in die Tasche, um meinen letzten Joker auszuspielen. Normalerweise hab´ ich dort einen „Mars“-Riegel. Der Zucker puscht mich immer noch über die letzten Kilometer. Hier haben die heute Morgen kein „Mars“ am Kiosk gehabt, leider nur ein „Twirl“. Keine genaue Ahnung, was das für ein Riegel ist. Während ich reinbeiße hoffe ich, dass es kein Hundekuchen ist.

Kilometer 19.