366 Tage - Beverly Black - E-Book

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Beverly Black

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Beschreibung

Sophie Wagner ist als Raumausstatterin in Berlin tätig. Als sie von einem gewissen Herrn Bolte den Auftrag erhält, ein Bordell einzurichten, ist sie im ersten Moment geschockt, doch sie nimmt den Auftrag an. Die beiden besprechen die Entwürfe, verstehen sich auf Anhieb und kommen sich näher.

Aber: Herr Bolte entpuppt sich als Sascha Kampmann – Immobilien Mogul aus Berlin. Er hat Sophie einen gefakten Auftrag erteilt, um sie näher kennenzulernen und bietet ihr zur Wiedergutmachung einen lukrativen Job in seinem Unternehmen an.

Sophie lehnt ab und möchte nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Um das Vertrauen und das Herz von Sophie zurückzugewinnen, greift Sascha zu illegalen Mitteln.

Zwischen den beiden entwickelt sich ein gefährliches Spiel um die Liebe.

Wer wird gewinnen?

 

Sophie gerät in Lebensgefahr, da sie herausgefunden hat, wer für den schweren Autounfall von Saschas Vater verantwortlich ist.

Wird Sascha sie retten können?

 

 

Hinweis: Der Roman enthält erotische Szenen!

 

 

 

Die Autorin Beverly Black lebt im Norden, wo die Liebe die Natur umarmt und der Himmel die Nordsee küsst.

Herz, Schmerz, Liebe, Hoffnung, gemischt mit etwas Erotik und einem Happy End – das ist ihr Genre.

 

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Beverly Black

366 Tage

Ein gefährliches Spiel um die Liebe

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

366 Tage - Ein gefährliches Spiel um die Liebe

366 Tage

 

Ein gefährliches Spiel um die Liebe

 

 

 

 

 

 

 

 

Von

Beverly Black

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Covergestaltung: Sanchellino

Bildmaterial: Adobe Stock

Lektorin: Rose G. Archer

Text: Beverly Black

 

 

 

 

 

 

Dieser Roman ist kein Produkt von ChatGPT oder KI, sondern ein Ergebnis meiner freien Fantasie und Kreativität.

Danke!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten! Ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Autors/Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden, wie zum Beispiel manuell oder mithilfe elektronischer und mechanischer Systeme inklusive Fotokopien, Bandaufzeichnungen und Datenspeicherung. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.

Alle im Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt. Die Personen und Handlung des Buches sind vom Autor frei erfunden. © Beverly Black 2023

 

1. Kapitel

 

Sardinien

 

Es war zum Mäuse melken. Seit er diese unbekannte Schönheit am Flughafen von Tortoli gesehen hatte, war es um ihn geschehen. Er musste unaufhörlich an sie denken. Ihre dunklen, langen, leicht gelockten Haare wehten im seichten warmen Wind und ihr strahlend weißes Lachen, ließ sein Herz schneller schlagen. Sie wäre fast mit ihm zusammengestoßen, hatte ihn aber gar nicht wahrgenommen, da sie in ein Gespräch mit drei Frauen vertieft war. Sicherlich ein Mädelstrip. Er war schon oft an verschiedenen Flughäfen gewesen und erkannte jedes Mal, wenn Frauen auf Tour waren. Und die kleine Truppe gehörte definitiv auch zu dieser Gattung. Sexy neue Outfits, Haare frisch geschnitten und sie hatten mehr Schminke in ihren Gesichtern als üblich. Außer: diese unbekannte Schönheit. Sie stach aus der Gruppe hervor, da sie nicht so stark geschminkt war und eher schlichte, sportliche Kleidung trug. Vielleicht war sie ihm deshalb gleich aufgefallen?

Alle vier Frauen hielten eine Dose Prosecco in der einen Hand und den viel zu voll gepackten Plastikkoffer in der anderen. Die Frauen lachten laut, albern und waren bereit für jedes Abenteuer. Die lustige Gruppe steuerte einen Taxi-Bus an.

 

Da er sein Smartphone in der Hand hielt, machte er ein Foto von der unbekannten Schönheit und dem Nummernschild des Taxis. Warum auch immer?!

„Los, wir müssen uns beeilen!“, drang die dunkle Stimme seines Vaters Wolfgang in seine Gedanken.

Er warf einen letzten Blick auf die dunkelhaarige Schönheit, die hinter einer beigefarbenen Schiebetür eines Bullis verschwand und stieg in den schwarzen Porsche Cayenne.

„Soll ich dich nicht doch begleiten, Paps?“, fragte Sascha seinen Vater, der grimmig und verschlossen neben ihm saß.

Wolfgang schüttelte kaum merklich den Kopf und sein Blick ging stur nach vorn. „Nein.“

Sascha seufzte und zuckte gleichgültig mit den Schultern. Er war eh mit seinen Gedanken bei der Unbekannten und schaute sich das Foto auf seinem Smartphone an. Was, in Gottes Namen, faszinierte ihn nur so an dieser fremden Frau? Er zoomte das Gesicht auf dem Foto näher heran und konnte ihre unglaublich grau-grünen Augen erkennen, die groß waren und ihr einen Hauch von einer Puppe verliehen. Ihre Gesichtszüge waren so fein und geschmeidig, sie musste eine Puppe sein. Ihre Haut war ebenmäßig und ihre vollen Lippen luden zum Küssen ein und ein Lächeln huschte um seine Mundwinkel.

„Was lachst du?“, wollte sein Vater von ihm wissen, doch es klang nicht freundlich.

Sascha seufzte, schloss das Foto und steckte das Smartphone in seine Jackentasche. „Nichts, Vater. Nichts.“

 

*

Enrico erkannte an dem verbissenen Gesichtsausdruck von Wolfgang, dass er seine Entscheidung nicht geändert hatte.

Vor einiger Zeit hatte Wolfgang ihm per Telefon mitgeteilt, dass er aus dem Geschäft aussteigen will, das die beiden vor Jahrzehnten gemeinsam aufgebaut hatten.

Wolfgang trat Enrico mit erhobenem Haupt entgegen und nickte. „Enrico.“

Eigentlich fielen die beiden sich stets zur Begrüßung in die Arme. Immerhin kannten sie sich seit dem Studium und waren wie Brüder zueinander, waren durch dick und dünn gegangen. Jetzt standen sie sich verloren und reserviert gegenüber. Und reichten sich noch nicht einmal die Hände.

Es herrschte eine kühle Atmosphäre zwischen den beiden, die Enrico mit einem Räuspern unterbrach. „Wolfgang … schön dich zu sehen. Aber bitte, setz dich doch. Möchtest du einen Whisky?“

Er lehnte dankend ab und nahm Platz.

„Deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hast du deine Meinung seit unserem letzten Telefonat nicht geändert.“ Enrico goss sich einen Whisky ein, nahm ihm gegenüber Platz und blickte ihn verständnislos an. „Wieso gerade jetzt?“

Wolfgang richtete sich auf und antwortete mit überzeugter Stimme: „Ich habe lange genug Geld gewaschen. Ich werde bald in Rente gehen und möchte meinem Sohn Sascha eine ehrliche Firma vererben.“

Enrico gab ein leises Lachen von sich und drehte das Glas zwischen seinen Fingern. „Ehrliche Firma? Ich glaube, den Zeitpunkt hast du schon lange überschritten. Wir beide haben ihn längst überschritten.“

„Tut mir leid. Ich bleibe bei meiner Entscheidung.“

 „Und das ist dein letztes Wort?“ Enrico sah ihn an, als würde er es ihm noch immer nicht glauben.

Wolfgang nickte. „Ich werde natürlich die letzte Summe waschen, aber dann bin ich raus.“

„Und was wird aus den neuen Ferienwohnungen? Die stellen wir noch gemeinsam zu Ende, oder? Der alten Zeiten wegen.“

„Das werde ich mir noch überlegen.“

„Gut, dann ist dem nichts mehr hinzuzufügen.“ Enrico erhob sich.

Wolfgang tat ihm Gleiches nach und beide reichten sich diesmal die Hand.

„Es w­­ar mir eine Ehre, mit dir Geschäfte gemacht zu haben und ich werde dich als Geschäftspartner schmerzlich vermissen, mein Freund.“ Enrico umschloss die Hand von Wolfgang und er meinte es aufrichtig.

 

*

Während der Rückfahrt zum Hotel, überlegte Wolfgang, ob er das Richtige getan hatte. Ja, es fühlte sich gut an, sich endlich von diesen illegalen Machenschaften gelöst zu haben. Schon viel zu viele Jahre war er die Marionette seiner eigenen Habgier gewesen. Außerdem hatte Wolfgang tatsächlich vor, aus dem Unternehmen auszusteigen und alles seinem Sohn Sascha, zu überlassen. Sascha war jetzt soweit und konnte die Immobilien- und Baufirma ohne Probleme leiten.

Wolfgang hatte seit der Gründung seiner Firma immer nur hart gearbeitet und war so gut wie nie in den Urlaub gefahren. Er hatte erst spät geheiratet und war Vater geworden. Jetzt wollte er alles, was er bisher versäumt hatte, mit seiner Frau Inge nachholen. Bei dem Gedanken huschte ein Lächeln über sein Gesicht, das in der nächsten Sekunde verschwand, da es laut krachte.

Ein schwarzer Wagen versuchte, ihn von der schmalen Fahrbahn zu drängen. Immer wieder prallte der Fremde in die Seite des Porsches und bugsierte ihn Richtung Steilküste.

„Hey! Spinnen Sie! Was soll das!“, schrie Wolfgang und versuchte gegenzulenken.

Doch die Küstenstraße hatte es in sich, da jetzt der kurvenreiche Teil anfing. Ihm kam ein Auto entgegen, dem er gerade noch ausweichen konnte. Der Porsche tänzelte auf dem heißen Asphalt und brauchte einige Sekunden, um wieder in die Spur zu kommen.

Der Angreifer war hartnäckig und schob Wolfgang von hinten an und brachte ihn damit auf die Gegenfahrbahn.

Dann geschah es.

Ein Lastwagen kam direkt auf ihn zu.

Wolfgang wusste in diesem Moment, dass er nie wieder mit seiner geliebten Inge einen Urlaub nachholen konnte.

Es knallte und der Porsche schoss im hohen Bogen über den Abgrund. Wie ein rollender Stein polterte er den Abhang hinunter und blieb kurz vor dem türkis-blauen Wasser liegen.

 

 

Eine Woche später

 

Sascha starrte auf den schwarz glänzenden Sarg, der vor einem dunklen tiefen Erdloch aufgestellt war. Die Worte des Pastors prallten an ihm ab.

Die Beisetzung fand, auf Wunsch seiner Familie, im kleinsten Kreis statt. Bei dem Bekanntheitsgrad seines Vaters wären sicherlich Hunderte von Trauergästen erschienen. Ihm waren diese dreißig Personen schon zu viel. Einer der Trauergäste und engster Freund seines Vaters war Enrico Romano. Enrico war die letzte Person, die seinen Vater lebend auf Sardinien gesehen hatte.

„Ich werde alles daransetzen, um den Verursacher des schrecklichen Unfalles zu ermitteln. Sicherlich war es ein Betrunkener oder Drogenjunkie. Solche schweren Verkehrsunfälle häufen sich in der letzten Zeit auf Sardinien.“ Enrico hatte Sascha fest an sich gedrückt. „Ich bin für dich da. Egal was du brauchst … rufe mich an, ja?“

„Danke Enrico, das weiß ich zu schätzen. Vielen Dank für alles.“

Enrico klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter. „Dafür nicht. Sobald es dir besser geht, klären wir die weiteren Geschäfte, ja? Die Ferienwohnungen müssen noch fertiggestellt werden. Und ich habe schon neue Aufträge, die dringend umgesetzt werden müssen.“

Sascha nickte. „Sobald ich hier alles geklärt habe, werde ich zu dir kommen.“

Ja, er war jetzt der Geschäftsführer von Kampmann Immobilien. Sein Vater hatte ihn seit Jahren auf diesen Moment vorbereitet. Doch keiner hatte gedacht, dass er so schnell in die Fußstapfen seines Vaters treten musste.

 

 

Tage später

 

Seit dem plötzlichen Tod seines Vaters, fühlte sich alles irgendwie dumpf und taub um ihn herum an.

Er saß hinter dem großen Schreibtisch und wusste nichts mit sich und der Zeit anzufangen.

Seine Mutter, seine Schwester und auch der Vorstand, rieten ihm, sich eine Auszeit zu nehmen, um zu trauern.

Wollte er nicht. Wo sollte er auch hin? Ihm würde nur die Decke auf den Kopf fallen. Ob jetzt hier in Berlin oder irgendwo sonst auf der Welt. Seine Mutter und seine Schwester Emma waren gemeinsam nach Rügen gereist, in eines ihrer Ferienhäuser, um sich zu erholen.

Sascha seufzte, nahm sein Smartphone und öffnete die Fotodatei. Das letzte Foto, das er von seinem Vater gemacht hatte, war, als dieser auf Sardinien aus dem Flugzeug gestiegen war und zum Wagen lief. Er konnte noch immer nicht glauben, dass sein Vater tödlich verunglückt war. Er war stets ein aufmerksamer Fahrer gewesen und die Aussage vom Lastwagenfahrer, dass ein anderer Wagen direkt hinter dem seines Vaters gewesen war und ihn von der Straße drängen wollte, machte ihn stutzig. Von dem Verursacher fehlte jedoch jegliche Spur.

Und dann, ganz plötzlich, entdeckte er das Bild der geheimnisvollen Schönheit, die er auf Sardinien am Flughafen fotografiert hatte. Er hatte sie seit dem Tod seines Vaters völlig vergessen. Sascha zoomte das Foto größer und als er ihr wunderschönes Gesicht sah, huschte ein Lächeln um seine Mundwinkel. Ein kleiner Lichtblick in der Dunkelheit, die ihn seit Tagen umhüllte. Was sie wohl machte und wo sie wohnte? Ob sie einen Freund hatte oder sogar verheiratet war? Wie war ihr Name? Hatte sie Kinder?

Und dann, ganz plötzlich, hatte er eine Idee und diese Idee verankerte sich in seinem Gehirn und lenkte ihn von seinem unendlichen Kummer ab. Er griff zum Hörer.

 

 

 

 

*

„Was haben Sie sich nur dabei gedacht?“ Herr Möller sah mich aus schmalen Augen an und seine Mimik war schlimmer, als das Wetter draußen. Passend zum Ende meiner zwei Wochen Urlaub, hatte die Sonne sich versteckt und dunkle Regenwolken zogen über Berlin hinweg. Und hier in seinem Büro braute sich gerade ein Unwetter zusammen. „Wie konnten Sie den Termin nur vergessen?“

„Ich habe den Termin nicht vergessen. Er wäre erst Morgen gewesen“, versicherte ich meinem Chef zum hundertsten Mal.

Seine viel zu buschige Augenbraue schoss nach oben. „Ach? Und warum hat Bastian dann den Termin gerettet, als Sie im Urlaub waren?“

„Sie glauben doch wohl nicht ernsthaft, dass ich einen Termin vergesse, beziehungsweise ihn ausgerechnet in meinen Urlaub lege?“ So langsam wurde ich sauer und machte das passende Gesicht dazu. Irgendetwas stimmte hier nicht.

„Tut mir leid, Frau Wagner, aber das hätte Ihnen nicht passieren dürfen.“ Er nahm hinter seinen Schreibtisch Platz und faltete die Hände wie zum Gebet. Dann warf er mir über den Rand seiner schmalen Brille einen tadelnden Blick zu. „Deswegen erhalten Sie eine Abmahnung. Bei einem weiteren Fehlverhalten muss ich Sie leider entlassen.“

Ich wollte ihm so viele Schimpfwörter um die Ohren hauen und in meinen Gedanken tat ich dies auch, aber meine Lippen blieben zusammengepresst. Ich nickte nur und verließ das Büro.

So eine verdammte Scheiße! Wie konnte das nur passieren? Ich wusste ganz genau, dass der Termin bei den Hagemanns erst für Morgen im Terminkalender stand. Oder hatte ich doch einen Fehler begangen? Immerhin war ich kurz vor meinem Mädelstrip nach Sardinen in ein tiefes Loch gefallen. Ich hatte drei Wochen zuvor meinen Freund beim Sex mit einer anderen erwischt. Wir waren seit drei Jahren zusammen und er hatte die meiste Zeit davon auf meine Kosten gelebt. Eigentlich wollte ich schon vor einem halben Jahr mit Jörg Schluss machen, aber irgendwie hatte ich es immer vor mir hergeschoben. Jörg vertröstete mich immer wieder damit, dass er bald einen besseren Job bekäme und mir dann alles zurückzahlen würde. Ich war so naiv und hatte ihm jedes Mal aufs Neue geglaubt. Nun ja, bis ich vor drei Wochen unverhofft nach Hause kam und ihn mit einer anderen Tusse in unserem Bett erwischte.

Nachdem ich zwei Tage lang nur geheult hatte, wurde mir klar, dass ich nicht wegen ihm traurig war, sondern weil ich so dumm war und nicht schon viel eher die Beziehung beendet hatte. Ich war total sauer auf mich selbst.

Zum Glück stand der Mädelstrip auf dem Plan. Er hatte mich aus dem Loch geholt und als ich auf der wunderschönen Mittelmeerinsel war, wurde mir bewusst, dass ich endlich frei war. Offen für ein neues Leben.

Dafür überraschte mich heute mein Chef mit diesem vergessenen Termin. Ich schaute in meinem Onlinekalender nach und tatsächlich: der Termin Hagemann war genau in meinem Urlaub eingetragen. Das war mir noch nie passiert!

Nun ja, aufstehen, Krone richten und weiter machen.

Ich machte mich an die Arbeit. Ich hatte einen neuen Auftrag. Ein lesbisches Pärchen hatte sich ein heruntergekommenes Café in Kreuzberg gekauft und ich sollte den beiden Frauen bei der Einrichtung behilflich sein. Ich öffnete die Unterlagen auf meinem Laptop, kontrollierte und überarbeitete sie und fuhr los.

Eva und Jamie erwarteten mich bereits voller Vorfreude. Wir nahmen an einem der alten Tische Platz, und ich präsentierte beiden Frauen am Laptop, wie ihr Café aussehen könnte.

„Und hier würde ich dann einige Vasen hinstellen immer mit frischen Blumen schmücken … oder als günstige Alternative diese Kunstblumen. Sie sehen wie echte Blumen aus. Ihr braucht sie nur ab und zu abzubrausen.“

„Das sieht einfach atemberaubend aus! Ich kann es kaum erwarten, bis wir mit dieser Einrichtung unser Café eröffnen können“, schwärmte Eva und ich konnte ihr ihre Aufregung regelrecht ansehen. Ihre Wangen glühten und ihre klaren blauen Augen strahlten. Genau wie die ihrer Frau Jamie. Die beiden gaben sich einen Kuss. „Ich bin so aufgeregt!“

„Und wann geht es los?“, wollte Jamie von mir wissen.

„Ich habe alle Handwerker für die nächste Woche bestellt, schicke euch die Firmennamen und den genauen Ablaufplan und werde dann öfter bei euch vorbeischauen und kontrollieren, ob die Jungs auch keinen Unfug machen.“

Zum Abschied umarmten die beiden mich und gaben mir eine Tüte mit selbstgemachten Muffins mit.

 

Als ich zurück im Geschäft ankam, begrüßte Bastian mich. „Na, sind die Damen mit deinen Entwürfen zufrieden?“

„Ja.“ Ich hielt ihm die Tüte mit den leckeren duftenden Muffins entgegen. „Komm, wir trinken einen Kaffee.“

Wir schlenderten in die Küche und hatten uns gerade einen Milchkaffee gemacht, als Herr Möller zu uns trat.

„Sophie, du hast eine erneute Anfrage erhalten.“ Seine Stimme war brummig und sein Gesicht noch immer grimmig.

„Oh. Und von wem?“ Ich umklammerte den warmen Becher.

„Von einem gewissen Herrn Bolte.“

„Okay. Und worum geht es?“, hakte ich nach.

„Ich habe dir alle Daten auf deinen Account geschickt. Du sollst dich morgen mit ihm treffen.“

„Gut. Danke, Herr Möller, ich werde mir gleich alles durchlesen.“ Ich lächelte ihn gekünstelt an und nippte am Milchschaum.

„Gleich? Wie wäre es mit jetzt. Nicht, dass Sie noch mal einen Termin vergessen, Frau Wagner“, teilte er böse aus und verschwand.

„Oh Mann, der hat es echt auf dich abgesehen“, seufzte Bastian und biss genussvoll in den Muffin.

„Sag mal, und du hast den Termin von Hagemann gerettet? War der echt in meinem Urlaub?“, fiel es mir ein.

„Ja. Ich habe es auch nur durch Zufall erfahren, da Herr Hagemann hier angerufen hat und nachgefragt hat, wann du genau kommen wolltest“, brachte er entschuldigend hervor.

„Schon gut. Danke, dass du so schnell für mich eingesprungen bist.“ Ich tickte ihn an die Schulter und stand auf.

„Gern geschehen.“ Bastian zwinkerte mir zu und steckte sich den Rest vom Muffin in den Mund.

 

Ich stellte meinen Milchkaffee ab, öffnete die Datei und da stand lediglich, dass es sich um eine Villa handelte, die im Stadtteil Weißensee renoviert werden sollte. Mehr nicht. Seltsam. Wie sollte ich mich denn darauf vorbereiten? Egal. Ich traf mich morgen mit Herrn Bolte und dann erfuhr ich sicherlich Genaueres.

Den Rest des Arbeitstages ließ mich Herr Möller, zum Glück in Ruhe, und ich machte pünktlich Feierabend.

 

 

 

2. Kapitel

 

Am nächsten Tag

 

Es war doch wirklich zum Verrecken! Mein Wagen wollte partout nicht anspringen. Ich drehte verzweifelt den Schlüssel hin und her, doch außer einem dröhnenden Husten des Motors, tat sich gar nichts. Was hatte er denn jetzt? Heute Morgen lief er doch noch einwandfrei. Ich war extra eher vom Studio nach Hause gefahren, da es von hier aus wesentlich einfacher war, nach Weißensee zu kommen und warf einen panischen Blick auf die Uhr. In dreißig Minuten war der Termin mit Herrn Bolte. Mit dem Wagen kein Problem, aber jetzt musste ich auf die Tram ausweichen und bis Weißensee mehrmals die Linie wechseln. Ich öffnete die Datei und suchte verzweifelt nach einer Telefonnummer. Nichts. Herr Bolte hatte nichts Konkretes angegeben aber jammern half mir auch nicht weiter. Ich haute auf das Lenkrad und stieg aus. Eigentlich wollte ich die Tür zuschlagen, aber besann mich in letzter Sekunde, dass mein armer Käfer nichts dafür konnte. Ich hatte meinen kleinen Gefährten leider etwas vernachlässigt. Der TÜV war längst fällig gewesen. Es grenzte schon an ein Wunder, dass ich nicht von der Polizei angehalten wurde. Aber im Moment fehlte mir das Geld, den TÜV zu bezahlen, geschweige denn eine größere Reparatur.

„Probleme?“, rief Frau Becker mir aus dem Küchenfenster zu.

„Ja, meine Kiste springt nicht an.“

„Dann nehmen Sie doch meine“, bot sie mir freundlich an.

Ohjeh, Frau Becker war eine fünfundsiebzig Jahre alte Dame, die seit dreißig Jahren nicht mehr hinterm Steuer gesessen hatte. Und das Schlimme war: das Steuer gehörte einem Trabi, der seitdem im Schuppen stand.

„Danke. Ich werde wohl mit dem Bus und der Tram fahren.“ Ich wollte gerade gehen, als sie wieder rief. Ich hatte jetzt wirklich keine Zeit, um mit ihr ein Schwätzchen zu halten.

„Aber er fährt noch. Ich war gestern Abend bei Franz … wir haben Karten gespielt.“

Ich blieb abrupt stehen und drehte mich in Zeitlupe zu ihr um. Sie war gestern noch mit dem ollen Ding zu Franz gefahren? Franz war ihr Freund, der im nächsten Stadtteil wohnte. Anscheinend konnte sie meinen pikierten Gesichtsausdruck deuten, denn sie lachte. „Ja, Sie können ihn nehmen. Er ist auch vollgetankt. Der Schlüssel steckt.“

Meine Gedanken sprangen von „Hilfe?“, zu „Gott sei Dank!“

Ich entschied mich für „Gott sei Dank!“ und eilte zur Garage. Der Schlüssel steckte tatsächlich und ich stieg ein. Bevor ich den Wagen startete, seufzte ich mehrmals verzweifelt und wusste nicht, ob es nicht doch die falsche Entscheidung gewesen war. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich jetzt schon zehn Minuten zu spät kommen würde. Herr Möller riss mir morgen sicherlich den Kopf ab, wenn der Kunde sich über mich beschwerte. Also: erneut aufstehen, Krone richten, Schlüssel drehen und schon knatterte ich durch die Berliner Innenstadt.

Mit siebzehn Minuten Verspätung erreichte ich die Adresse. Ein schwarzer Porsche Cayenne parkte bereits davor und ein Mann lehnte lässig an der Motorhaube.

Ich schnappte mir meine Tasche und stieg schweißgebadet aus dem kleinen fahrenden Pappkarton. „Herr Bolte? Entschuldigen Sie bitte vielmals meine Verspätung!“, rief ich ihm entgegen und reichte ihm meine verschwitzte Hand. „Sophie Wagner.“

Obwohl er eine verspiegelte Pilotenbrille trug, konnte ich seinen abschätzenden Blick regelrecht spüren. Er machte keine Anstalten, meine Begrüßung zu erwidern, also zog ich meine Hand schnell zurück. War vielleicht ganz gut, dass er nicht erwidert hatte, ich schwitzte wirklich aus jeder Pore. Also lächelte ich verlegen und wich einen Schritt zurück.

„Sie fahren einen Trabi?“, fragte er, als wäre ich mit einem ekeligen, versifften Fahrzeug erschienen.

„Äh … nein, er gehört meiner Vermieterin. Mein Wagen ist nicht angesprungen, deshalb bin ich auch z…“

Er löste sich von der Motorhaube und schlenderte überheblich zum Eingangstor hinüber. „Dann wollen wir uns mal das Gebäude ansehen“, fiel er mir unhöflich ins Wort.

Ich folgte ihm und rollte mit den Augen. Das hatte mir ausgerechnet gefehlt. Ein arroganter Pinkel und auch leider noch gutaussehend, wie so oft. Ich mochte solche Spinner nicht. Sie glaubten, dass sie, nur weil sie Geld hatten, sich wie die letzten Arschlöcher benehmen und machen konnten was sie wollten. Seine Kleidung schien von irgendwelchen angesagten Designern zu stammen und kostete sicherlich so viel, wie ich in einem halben Jahr verdiente. Aber: der Kunde ist ja bekanntlich König!

 

Herr Bolte zeigte mir die Räumlichkeiten, die in einem sehr schlimmen Zustand waren. Anscheinend stand die Villa schon viele Jahre leer. Aber das liebte ich ja an meinem Beruf … aus alt mach neu. Nachdem ich mir alle Zimmer angesehen hatte, blieben wir auf der Terrasse stehen. Der Garten wirkte wie aus einem verwunschenen Märchen und Herr Bolte wie der dazugehörige Prinz. Dann war ich Aschenputtel oder es gab hier einen Kaninchenbau, der zu Alice ins Wunderland führte. Ich musste über meine verrückten Gedanken selber lachen, worauf er mich mit einer hochgezogenen Braue anschaute. So, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich räusperte mich. „Haben Sie konkrete Vorstellung, Herr Bolte? Ich meine, welchen Stil bevorzugen Sie und wann möchten Sie einziehen?“, fragte ich ihn und holte meinen Notizblock hervor.

„Oh, ich werde hier nicht einziehen.“

„Nicht?“ Ich stutzte.

„Nein, ich will hier ein Bordell eröffnen.“

Ich hatte mich doch gerade verhört oder hatte der Lackaffe tatsächlich Bordell gesagt? Da ich nicht antwortete, sprach er weiter. Er schlenderte arrogant vor mir her, wobei mir sein wohlgeformter, knackiger Hintern auffiel. Er musste sich sportlich betätigen, denn seine Arme waren stramm und ein Bizeps deutete sich unübersehbar unter seinem Designer- Poloshirt ab. Herr Bolte nahm nun endlich auch seine blöde Sonnenbrille ab. Als er sich zu mir umdrehte, hätte ich mir gewünscht, dass er sie nicht abgenommen hätte. Wahnsinnig blau-graue Augen, in einem mehr als gutaussehenden Gesicht, funkelten mich provozierend an. „Oder haben Sie ein Problem damit?“

Ich straffte meine Haltung und schenkte ihm ein breites Grinsen. Ich schluckte den ersten Schock hinunter. Er wollte mich ärgern aber nicht mit mir, du Blödmann. „Nein. Ich habe zwar noch nie so ein Etablissement eingerichtet. Aber wie heißt es doch so schön: einmal ist immer das erste Mal.“

„Schön. Haben Sie schon konkrete Vorstellungen, Frau Wagner?“

„Ehrlich gesagt: nein. Aber wenn Sie mir einen Tag Zeit geben und ich von Ihnen die Umrisse der Räume erhalte, werde ich sie bis morgen nachreichen.“

„Gut. Ich werde Ihnen alles zuschicken und erwarte bis morgen, siebzehn Uhr, die ersten Entwürfe.“ Er setzte wieder seine Brille auf und begab sich zur Wohnungstür.

Ich eilte ihm nach und hatte meine Augen wieder auf sein Gesäß geheftet. Ich seufzte innerlich. „Und wann soll … soll … das Bordell eröffnet werden? Ich bräuchte da schon einen genauen Termin.“

Herr Bolte warf mir über seiner breiten Schulter einen Blick zu. „Sagen wir in drei Monaten, schaffen Sie das?“

„Und wie hoch ist das Budget?“

„Es gibt kein Budget. Sie können sich austoben.“ Er nickte mir zu und hielt mir doch tatsächlich die Tür auf. „Bitte nach Ihnen, Frau Wagner.“

„Danke“, murmelte ich und stürmte die Stufen des Gebäudes hinunter zum Trabi. Ich musste hier schnellstens weg.

Herr Bolte öffnete seinen Wagen per Fernbedienung und hielt sich an der Tür fest. „Also, dann bis morgen siebzehn Uhr. Schönen Tag noch!“ Er stieg ein und fuhr mit hohem Tempo los.

Ich blieb noch einige Zeit am Trabi stehen und blickte dem arroganten Pinkel hinterher. Dann sah ich zur Villa hinüber und konnte noch immer nicht fassen, was ich dort einrichten sollte. Ein Bordell? War es denn zu fassen? Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie ein Bordell von innen aussah. Oh man, was sollte ich denn jetzt machen?

Während der Fahrt nach Hause ging ich schon mal in Gedanken die einzelnen Räume durch. Brauchte ein Bordell überhaupt eine Küche? Nun ja, sicherlich waren die Damen auch mal hungrig oder wollten sich einen Kaffee oder Tee kochen. Ebenso notwendig war sicher auch ein Badezimmer, jede Frau wollte doch wohl nach dem Liebesakt duschen, oder? Gäste -WC? Und sicherlich gab es Personal, das nur für die Sauberkeit und den Bar-Service zuständig war, oder? Fragen über Fragen ratterten, wie ein Waggon einer Achterbahn, durch meinen Kopf.

 

„Und? Hat er Zicken gemacht?“, begrüßte mich Frau Becker, als ich langsam knatternd den Weg zum Haus hinauffuhr.

„Nee, alles super!“ Ich stieg aus und kam zu ihr ans Fenster. „Sie haben mir wirklich das Leben gerettet, Frau Becker. Vielen Dank!“

Sie freute sich und winkte meine Worte mit einer laschen Handbewegung fort. „Ich bin froh, dass Kurt bewegt wird. Ich fahre ja nicht mehr so viel.“

„Kurt?“ Ich lachte.

„Ja. Er gehörte meinem Mann Kurt und als er gestorben ist, konnte ich es nicht übers Herz bringen und ihn verschrotten lassen. Mein Neffe hat ihn auf Vordermann gebracht, damit ich ihn noch fahren kann.“

„Eine liebevolle Geste, das ist eine schöne Erinnerung an Ihren Mann.“

„Ja. Gott hab` ihn selig. Oh. Meine Kartoffeln kochen.“

„Ich habe Kurt auch wieder vollgetankt!“, rief ich ihr nach, als sie vom Fenster verschwand.

 

*

„Findest du das nicht gemein? Wieso hast du dich nicht als Sascha Kampmann vorgestellt?“, wollte Kay wissen, als sein Freund ihm von dem angeblichen Bordellprojekt erzählte.

Sascha zuckte mit den Schultern. „Ich wollte sie testen … ob sie sich schnell aus der Ruhe bringen lässt oder schockiert über so einen pikanten Auftrag ist. Außerdem bin ich die letzten Male genug auf die Nase gefallen, als ich Frauen kennengelernt habe. Sobald sie erfahren, wer ich wirklich bin, tanzen nur noch die Dollarzeichen in ihren Augen. Ich will endlich was … etwas Ehrliches finden.“

„Wow … welch weise Worte aus dem Mund eines Millionärs“, zog ihn sein Freund auf.

„Der plötzliche Tod meines Vaters hat mir verdeutlicht, dass das Leben so schnell vorbei sein kann. Meine Eltern wollten endlich ihr Leben genießen und dann …“ Sascha verstummte und merkte wie sich sein Herz zusammenzog. „Und jetzt ist meine Mutter allein.“

Kay klopfte ihm tröstend auf die Schulter. „Du hast vollkommen Recht. Dann bin ich mal gespannt, wie Frau Wagner das Bordell einrichtet.“

Sascha wischte sich flink über die Augen und lachte leise. „Und ich erst. Sie sitzt bestimmt vor ihrem Computer und verzweifelt.“

„Oder sie ist so genial und hat fabelhafte Ideen, sodass du vielleicht ernsthaft überlegst, doch ein Bordell zu eröffnen“, brachte Kay mit amüsierter Miene hervor.

 

*

Ich war kurz davor zu verzweifeln! Seit Stunden googelte ich mich durchs Internet und schaute mir Bordelle an. Ich durfte nicht vergessen, meinen Browserverlauf zu löschen. Sollte ich morgen plötzlich tot sein, aus welchen Gründen auch immer und meine Sachen wurden von meinen Eltern abgeholt, wäre es megapeinlich, wenn meine Eltern die Bordelle sehen würden.

Eigentlich wiederholte sich der Einrichtungsstil immer wieder und die meisten Räume waren nostalgisch kreiert, so, als wäre der Mann im 19. Jahrhundert gelandet. Aber es gab auch einige Ausnahmen, die sehr modern aussahen. Ich entschied mich, einen Mix aus beidem anzuwenden.

Herr Bolte hatte mir bereits eine halbe Stunde nach unserem Treffen die gesamten Pläne der Villa geschickt. Also machte ich mich ans Werk und plante bis spät in die Nacht.

Als ich gegen 1 Uhr wie tot ins Bett fiel, war ich, kaum dass ich das Kissen berührt hatte, eingeschlafen.

Ich träumte, dass Herr Bolte vor mir stand und ich als Prostituierte in der Villa arbeitete und er mein Kunde war. Peinlich. Ich hatte ihn sogar mit freiem Oberkörper gesehen.

 

Gegen neun Uhr erreichte ich meinen Arbeitsplatz und wurde sofort von Bastian in Beschlag genommen. „Und? Was wollte dieser Herr Bolte von dir?“

Ich lief einfach weiter zu meinem Schreibtisch und stellte die Tasche ab. „Ich soll ein Bordell für ihn einrichten.“

Bastian schaute mich an, als wollte ich ihn auf den Arm nehmen und lachte. „Ach, komm schon. Mir kannst du es doch sagen.“

Meine Mimik blieb ernst und ich nahm Platz. „Echt jetzt. Herr Bolte plant in Weißensee ein Edelbordell.“

Bastian schien noch nicht überzeugt zu sein und setzte sich einfach vor mich auf den Tisch, worauf ich eine böse Grimasse zog. „Komm schon. In Weißensee bekommt er nie und nimmer eine Genehmigung für dieses Sexding.“

Als Bastian das sagte, geriet ich ebenfalls ins Grübeln. „Stimmt, da sagst du auch was. Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.“

„Siehste. So, und nun sag schon, was für einen lukrativen Auftrag hast du schon wieder an Land gezogen?“ Er wippte wie ein kleines Kind mit den Beinen herum und brachte dadurch meinen Bilderrahmen zum Wackeln, der in der rechten Ecke des Tisches stand. Darauf waren meine Eltern zu sehen. Sie lebten in Schwerin.

„Oh Bastian, echt jetzt! Ich muss ein Bordell einrichten, aber du hast mich auf etwas aufmerksam gemacht, was ich nicht in Betracht gezogen hatte“, fuhr ich ihn einen Ton schärfer an, worauf er das Wippen einstellte und einen Schmollmund machte. „Würdest du bitte von meinem Tisch hüpfen.“

Er sprang herunter und wirkte nun echt angepisst. „Ist ja schon gut. Du meinst auch, du bist hier die Heldin der Firma!“ Und dann zog er beleidigt von dannen.

Ja, war ich auch - irgendwie. Vor knapp einem Jahr hatte ich bei „Möller Einrichtung“ angefangen und hatte in dieser Zeit unzählige lukrative Aufträge an Land gezogen. Bastian war bereits seit drei Jahren hier angestellt und ging oft leer aus, beziehungsweise erhielt er nur Larifari Aufträge. Was aber auch daran lag, dass Bastian irgendwie kein Händchen für Farben hatte und sein Geschmack außerdem langweilig und konservativ war. Genau wie bei Herrn Möller, dem Inhaber der Firma. Ich wunderte mich eh, dass er sich so lange über Wasser halten konnte. Aber sein Glück war, dass es viele alteingesessene Berliner gab, die im Osten gelebt hatten und noch der guten alten Zeit hinterher trauerten. Geschmäcker waren zum Glück verschieden. Und an meinen Entwürfen hatte Herr Möller auch meistens etwas zu meckern. Zu bunt, zu schrill, zu modern, affig und er würde keine Luft in diesen Räumlichkeiten bekommen. Aber das Geld, dass ich dadurch in die Firma brachte, dass gefiel ihm natürlich. Manchmal spielte ich echt mit dem Gedanken, mich selbstständig zu machen. Ich war wirklich gut und würde in Berlin sicherlich einige interessante Projekte an Land ziehen können. Ich freute mich schon auf das Café von Jamie und Eva. Wenn ich mit dieser Einrichtung punktete, und sich das in Berlin herumsprach, konnte ich sicherlich noch andere Cafés einrichten. Aber jetzt konzentrierte ich mich erstmal auf das Bordell. Ich veränderte noch einige Details und baute neue Elemente ein. Um kurz vor sechzehn Uhr war ich fertig und betrachtete mein Ergebnis. Also ehrlich? Wenn ich ein Kerl wäre, ich würde mir ein Abo für dieses Bordell holen.

Was mich trotzdem stutzig machte, war, dass der Stadtteil Weißensee eher dem Familienleben und der Freizeitgestaltung galt. Hier gab es tolle Ausflugsziele am See entlang und viele Einrichtungen, in den die Kinder toben konnten und alles wirkte so freundlich und gesittet. Und hier wollte Herr Bolte ein Edelbordell eröffnen? Nun, war nicht mein Problem, da musste er sich schon mit dem Bauamt und den Bürgern des Stadtteiles auseinandersetzen.

Herr Bolte hatte mir per Mail mitgeteilt, dass er mich in einem Restaurant treffen möchte, das direkt am Weißensee lag.

Da ich allein in der Firma war, beschloss ich, mich vorher noch umzuziehen. Ich wählte ein dunkelgrünes Sommerkleid, legte etwas silbernen Schmuck an und schminkte mich, was ich sonst nie so richtig tat, also nicht so intensiv wie jetzt. Aber ich wollte dem arroganten Bordellheini zeigen, dass ich nicht das langweilige Landei war, für das er mich angeblich hielt.

Ich war tatsächlich nervös, als ich meinen Wagen, der zum Glück jetzt wieder einwandfrei lief, vor dem Restaurant parkte. Warum er gestern nicht anspringen wollte, war mir noch immer ein Rätsel.

Ich warf einen letzten prüfenden Blick in den Rückspiegel und kontrollierte mein Make-up. Da. Ein schwarzer Porsche Cayenne fuhr auf den Parkplatz des Restaurants. Ich hielt den Atem an, als Herr Bolte ausstieg. Er war ganz in schwarz gekleidet und betrat mit eleganten Schritten das Gebäude. Er strahlte eine unglaubliche Macht und auch Sexappeal aus. Und dieser intensive, alles durchdringende Gang, brachte seinen heißen Hintern zum Glühen. Und mich auch. „Showtime“, sagte ich zu meinem Spiegelbild und machte mich auf den Weg.

 

 „Guten Abend!“, wurde ich von einem Kellner freundlich begrüßt.

„Guten Abend. Ich bin mit Herrn Bolte verabredet.“ Ich streckte meinen Hals und konnte ihn sehen. Er saß bereits an einem Tisch und als hätte er meine Anwesenheit gespürt, blickte er auf und hob die Hand.

„Ah, ich habe ihn entdeckt. Danke.“ Ich lief los und als ich den Tisch erreichte, stand Herr Bolte auf und diesmal reichte er mir sofort die Hand. Ich hatte das Gefühl, dass ein ganz anderer Mann vor mir stand. Dieser Bolte wirkte freundlich und überhaupt nicht so arrogant wie gestern. Er hatte wohl einen schlechten Tag gehabt. Auch gutaussehenden Menschen konnte das tatsächlich passieren. Es war halt nicht alles Gold was glänzte.

„Guten Abend, Frau Wagner. Sie sehen bezaubernd aus.“ Er ließ seinen Blick über meine Gestalt gleiten, was mich nervös machte.

„Danke, danke … für einen zukünftigen Bordellbesitzer, werfe ich mich gern in Schale“, scherzte ich und nahm Platz. Ich hatte mir geschworen, mich von ihm nicht zum Narren halten zu lassen. Er sollte gleich wissen, dass er mich nicht einschüchtern konnte.

Herr Bolte lachte über meine Worte, wobei er mich mit seinen strahlend weißen Zähnen anfunkelte. „Na dann, spannen Sie mich nicht länger auf die Folter und zeigen mir mein neues Spielparadies“, teilte er mit gleicher Münze zurück.

Ich holte den Laptop aus der Tasche. „Mit dem größten Vergnügen.“

Der Kellner kam. „Darf ich Ihnen schon etwas zu trinken servieren?“

„Ein Wasser bitte“, sagte ich, und öffnete das Programm.

„Ich hätte gern einen trockenen Weißwein und ein Wasser, bitte.“

Der Kellner nickte. „Darf ich die Speisekarte bringen?“

Ich verneinte dies durch ein Kopfschütteln. Ich wollte bestimmt nicht mit Herrn Bolte hier den Abend verbringen. Seine Anwesenheit machte mich irgendwie nervös. Das Schwarz seiner Kleidung stand ihm ausgezeichnet. Seine Haut war leicht gebräunt und ein gepflegter Bart umspielte sein schmales Kinn. Seine dunkelblonden Haare waren etwas länger aber durch einen akkuraten Schnitt, gut in Szene gesetzt. Ihm liefen sicherlich tausende von Frauen hinterher. Ach was, er hatte sicherlich tausende von Frauen gleichzeitig. Immerhin war er ein Papagallo, der einen Nobelpuff eröffnen wollte.

„Sehr gern, danke“, widersprach er sanft.

Ehe ich was sagen konnte, schwirrte der Kellner davon. „Ich möchte aber nichts essen, danke.“

„Ach kommen Sie, Frau Wagner. Bis Sie mir alle Entwürfe gezeigt haben, sind Sie verhungert. Ich lade Sie gerne ein.“ Er sah mich dabei so bittend und intensiv an, dass ich eine Gänsehaut bekam und zustimmte. Denn ich verspürte tatsächlich einen kleinen Hunger. „Na, gut.“

Er freute sich und beugte sich mir entgegen. „Dann zeigen Sie mal!“

Wir wurden zwischendurch vom Kellner besucht, der die Getränke servierte und uns nach dem Essenswunsch fragte.

„Warten Sie, ich setze mich zu Ihnen, dann sehe ich besser.“ Und schwupps - saß er neben mir. Ich konnte seine Körperwärme spüren und ein atemberaubender Duft von Rauch und Sandelholz stieg mir in die Nase. Oh Mann … Herr Bolte war bis jetzt mein attraktivster Kunde. Reiß dich zusammen, ermahnte ich mich und nach den ersten fünf Minuten, in denen ich noch unsicher war und stotterte, plapperte ich einfach drauf los. Ich zeigte ihm jeden Raum und die Deko-Elemente, die ich passend dazu ausgesucht hatte.

Er schien begeistert zu sein und unterbrach mich so gut wie gar nicht und wenn, dann lobte er meine Ideen. Ob Herr Bolte einen Zwillingsbruder hatte und gestern hatte mich der böse davon aufgesucht?

Als das Essen serviert wurde, wechselte er zu seinem alten Platz zurück. „Sagen Sie Frau Wagner, Sie haben nicht zufällig schon des Öfteren Bordelle ausgestattet?“

Ich spürte einen Hauch rosa auf meinen Wangen und war froh, dass ich Rouge aufgelegt hatte, somit fiel es hoffentlich nicht so auf. Ich schnappte mir das Besteck, stopfte mir eine Kartoffel in den Mund und schüttelte leicht den Kopf. „Nein.“

„Ist es Ihnen eigentlich unangenehm, so einen Auftrag zu erfüllen?“, hakte er nach.

„Warum?“ Ich sah ihn aus großen Augen an. Spiel bloß mit, Sophie, er will dich nur wieder in Verlegenheit bringen.

„Nun, ich gehe davon aus, dass es eher nicht zu Ihrem Aufgabenbereich zählt oder?“ Er kaute fröhlich auf dem Stück Filet herum.

Bevor ich antwortete, nahm ich einen Schluck Wasser. „Das stimmt. Aber ich liebe Herausforderungen und: der Kunde ist König.“

„Wie sind Sie nur auf all die Ideen gekommen? Sagen Sie bloß, Sie haben gestern noch ein Bordell aufgesucht?“ Er schaute mich neugierig an.

„Wissen Sie, meine Oma war die größte Puffmutter von Schwerin, ich bin als Kind in diesem Milieu großgeworden“, haute ich ihm mit so einer überzeugten Miene entgegen, dass ihm tatsächlich die Kinnlade herunterfiel. Ich musste herzhaft anfangen zu lachen.

„Oh, der war gut. Ich habe es Ihnen doch tatsächlich im ersten Moment abgekauft, Frau Wagner!“ Er stieg in mein Lachen mit ein. „Sie sind ganz schön gerissen.“

„Danke, ich nehme das gerne als Kompliment an.“

Er hob sein Weinglas und warf mir über den Rand des Glases einen funkelnden Blick zu. „Und nicht auf den Mund gefallen, das mag ich.“

Jetzt hätte ich zu gern auch Alkohol gehabt, denn sein intensiver Blick hinterließ ein aufgeregtes Kribbeln auf meiner Haut.

Als er hätte er meine Gedanken erraten, fragte er mich: „Möchten Sie nicht doch ein Glas Wein trinken? Immerhin müssen wir anstoßen.“

„Tut mir leid, aber ich muss noch Autofahren“, lehnte ich ab.

„Ach was, ich zahle Ihnen das Taxi.“ Wieder legte er diesen intensiven heißen Blick auf und etwas in mir jubelte und haute ein: „Okay, sehr gern“, heraus.

Er winkte sofort den Kellner zu sich und deutete auf sein Weinglas. „Wir hätten gern eine Flasche davon und ein zweites Glas.“

Der Kellner grinste mich schelmisch an, als würde er sagen. Na,geht doch. „Kommt sofort.“

Es dauerte nur wenige Augenblicke und ich hielt ein Glas Wein in der Hand. Und Herr Bolte setzte sich wieder direkt neben mich. „So, dann weiter. Ich bin gespannt auf den Rest.“

Den Rest gab mir das erste Glas Wein. Ich merkte den Alkohol sofort und musste mich wahnsinnig konzentrieren. „Im Garten würde ich einige Whirlpools, eine Sauna und einen Spa-Bereich anlegen. Der Garten ist prima dafür geeignet, da das Grundstück von keiner Seite aus einsehbar ist.“

„Sie haben aber auch an alles gedacht, Frau Wagner.“

„Haben Sie eigentlich schon die Genehmigung für diese Einrichtung?“, hakte ich nach.

„Noch nicht, aber es liegt allen Ämtern vor.“

„Sie wissen schon, dass Weißensee für so eine Einrichtung eigentlich nicht geeignet ist? Ich glaube nicht, dass ein Familienvater nach einem Tag mit seinen Kindern, noch schnell Ihr Bordell aufsucht, während die Ehefrau die Kinder zu Bett bringt.“

Herr Bolte lehnte sich zurück und rieb sich lächelnd den Bart. „Ja, damit mögen Sie vielleicht Recht haben, aber ich warte den Bescheid der Ämter ab.“

„Und wie lange kann das dauern? Vorher würde ich auf keinen Fall mit den Renovierungsarbeiten beginnen, sonst investieren Sie eine Menge Geld und dann erhalten Sie die Genehmigung vielleicht gar nicht“, riet ich ihm.

„Gut. Sobald ich das Okay bekommen habe, legen Sie los. Und schicken Sie mir die Rechnung für Ihre bisherige Leistung.“

Ich schloss das Programm und steckte den Laptop in meine Tasche. „Einverstanden.“

„Wo wohnen Sie denn eigentlich?“

„In Biesdorf.“

„Biesdorf?“, wiederholte er interessiert.

„Ja, ist nicht gerade die Nobelgegend von Berlin, aber dort gibt es sehr schöne ruhige Ecken. Und ich habe das Glück und wohne in einer davon.“

„Mein Vater ist dort aufgewachsen.“ Plötzlich wirkte sein sonst so strahlendes Gesicht, traurig und er drehte das Glas zwischen seinen Fingern.

„Echt? Wo denn da?“, fragte ich.

„Am Wall Süd.“ Er hatte das Elternhaus seines Vaters noch genau vor Augen. Sie hatten es renoviert und einer Familie mit zwei Kindern verkauft.

„Ja, da ist doch die Grundschule in der Nähe oder? Wohnt Ihr Vater immer noch dort?“ Ich merkte wie mir der Wein die Zunge lockerte.

„Mein Vater ist leider verstorben.“

„Oh. Das tut mir leid, entschuldigen Sie bitte.“ Ich nagte verlegen an meiner Unterlippe und machte ein betroffenes Gesicht.

„Das können Sie doch nicht wissen.“ Er zwang sich zu einem Lachen und deutete auf mein leeres Glas. „Darf ich nachschenken?“, wechselte er das Thema.

„Ich bin gleich schon betrunken“, kicherte ich und hielt ihm trotzdem mein Glas entgegen.

„Ist doch egal. Sie müssen morgen doch nicht arbeiten oder?“ Er goss nach und schenkte sich den Rest ein.

„Wenn morgen Samstag ist, dann nicht.“ Ich hob das Glas und prostete ihm zu.

„Ja, morgen ist zum Glück Samstag.“

Ich stellte das Glas ab. „Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, Bordellbesitzer zu werden und haben Sie noch woanders welche?“

Er verschluckte sich fast, als er meine Fragen hörte und räusperte sich. „Äh, nein … ist mein erstes Objekt … bin durch einen Freund darauf gekommen.“

„Und wie sind Sie bei Möller Einrichtung gelandet? Das Studio ist nicht gerade ansprechend, wenn ich ehrlich sein darf?“ Das fragte ich mich seitdem ich erfahren hatte, dass ich ein Bordell einrichten sollte.

Er zuckte mit den Achseln. „Durch meinen Onkel. Ich dachte mir, so ein unscheinbares Studio schlägt nicht so hohe Wellen, wenn es sich um so einen heiklen Auftrag handelt.“

Ich nickte und nahm das mal so hin. „Und was machen Sie sonst so?“

„Ja, was mache ich sonst so …“ Er kratzte sich am Hinterkopf und überlegte fieberhaft was er sagen könnte. So langsam fühlte er sich wirklich gemein, wie er sich ihr gegenüber verhielt. Sophie war eine atemberaubende, lustige, natürliche und charmante Frau, die ihr Herz am rechten Fleck hatte und er verarschte sie nach Strich und Faden. Er würde alles beim nächsten Treffen aufklären und hoffte, dass sie ihm nicht allzu böse war. Er mochte sie und hatte das Gefühl, sich in sie zu verlieben.

 

 

 

 

 

 

 

3. Kapitel

 

„Ah, Sie wollen es mir nicht verraten, schon gut. Ist vielleicht auch besser so“, winkte ich lasch. Ich wollte gar nicht wissen, womit genau, der attraktive Traummann vor mir, seinen Unterhalt verdiente. Vielleicht war er sogar ein Zuhälter? Nee, dafür sah er nicht schmierig genug aus. Er trug keinen überdimensionalen Goldschmuck am Körper oder hatte einen goldenen Zahn in Sichtweite. Hatte ich ihn tatsächlich gerade als Traummann bezeichnet? Vor dem Treffen hatte ich ihn noch als arroganten Pinkel beschimpft. Oha, der liebe Alkohol vernebelte mal wieder meine Sinne.

„Und, Sie wollten schon immer die Räume anderer Personen verschönern?“, wechselte er das Thema.

„Ja, schon als kleines Mädchen habe ich meine Puppenstube stets umgebaut und in der Schule die Bühnenbilder unserer Theatergruppen gestaltet.“ Ich zuckte mit den Schultern und lächelte. „Ich liebe es, kahlen oder vergessenen Räumen, neues Leben einzuhauchen. Für mich haben alle Häuser eine Seele … sie geben uns Schutz und in unserem Zuhause sollten wir uns wohlfühlen. Wissen Sie, ich war vor kurzem auf Sardinien und das Hotel, in dem ich mit meinen Mädels übernachtet habe, war schrecklich eingerichtet. Ich hätte am liebsten alles umgestaltet.“ Bei der Erinnerung an diese bunte, völlig kitschige Einrichtung, musste ich lachen. Leider hatte damals unser Budget nicht für ein anderes Hotel ausgereicht. Aber der Urlaub war der Knaller gewesen, soviel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr gehabt und ließ mich die Trennung von Jörg sehr gut vergessen.

 

Sardinien. Ja, da hatte er sie zum ersten Mal gesehen und sein Vater war tödlich verunglückt. Als er zufällig das Foto von ihr auf seinem Telefon wieder entdeckt hatte, hatte er sofort einen Privatdetektiv auf sie angesetzt. Dadurch, dass er zufällig auch das Nummernschild vom Taxi fotografiert hatte, war es leicht, den Namen von ihr herauszufinden. Und als der Detektiv ihm dann auch noch mitteilte, dass sie in Berlin wohnte und als Inneneinrichterin arbeitete, leitete er die Sache mit dem Bordell in die Wege. „Sie haben wirklich sehr großes Talent, Sophie.“

 

Als er meinen Namen sagte, blickte ich zu ihm auf und nahm flink einen Schluck.

„Haben Sie eigentlich schon mal darüber nachgedacht, sich selbstständig zu machen? Ich meine, dort, wo Sie jetzt arbeiten, sind Sie doch völlig fehl am Platz, oder?“

Ich blies die Wangen auf und ließ die Luft quietschend entweichen. „Ja, schon … aber ich … also traue mich nicht so richtig. Immerhin habe ich dort ein festes Gehalt. Es ist zwar nicht so viel, aber ich will mich nicht beklagen. Außerdem mir fehlt das nötige Startkapital.“

Der Kellner erschien und erkundigte sich, ob wir noch einen Wunsch hätten.

„Oh, ich muss nach Hause“, sagte ich und versteckte ein Gähnen hinter meiner Hand.

„Dann bitte die Rechnung.“

„Kommt sofort.“

„Und können Sie bitte zwei Taxen für uns bestellen?“, bat er.

„Zwei?“ Der junge Mann blickte neugierig zwischen uns hin und her. Die Blicke sagten so viel wie: Wie? Sie fahren getrennt nach Hause?

„Ja, bitte zwei“, bestätigte er.

Der Kellner nickte. „Wird erledigt.“

Ich kicherte in das Weinglas und nahm den letzten Schluck. „Er dachte, wir fahren gemeinsam nach Hause.“

„Wäre das schlimm?“

Ich schaute ihn völlig perplex an, denn seine Stimme klang rau und sexy und seinem Gesichtsausdruck zu entnehmen, meinte er die Frage ernst. Flirtete Herr Bolte etwa mit mir? Ich richtete mich auf und strich mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. „Also, Herr Bolte. Ich bin keine Ihrer Bordellangestellten. Sie haben sicherlich eine heiße Dame, die zuhause auf Sie wartet.“ Die Vorstellung versetzte mir, warum auch immer, einen Stich.

Plötzlich nahm er meine Hand. „Stellen Sie sich vor, liebe Frau Wagner, ich bin solo.“

Ich entzog mich flink seinem liebevollen Griff, sonst stieg ich doch noch in sein Taxi ein. „Ja, wer‘s glaubt, wird selig.“

Er lachte herzhaft und dieses Lachen war so ansteckend, dass ich mitlachen musste. Genau in dem Moment kam der Kellner mit der Rechnung und sah uns amüsiert an. „Bitteschön, Ihre Rechnung und die Taxis sind in zehn Minuten hier.“

Er warf einen Blick auf die Rechnung und drückte dem Kellner einige Scheine in die Hand. „Stimmt so.“

„Oh. Vielen Dank. Dann wünsche ich den Herrschaften noch einen schönen Abend.“ Er verneigte sich und verabschiedete sich bei so viel Trinkgeld lieber schnell, bevor der Gast es sich noch anders überlegte.

Sascha stand auf und kam zu mir herüber. „Dann werden wir an der frischen Luft auf die Taxis warten.“

Ich schwankte leicht und spürte auf einmal seine warmen schlanken Hände auf meiner Taille. Wir sahen uns an, und wie aus heiterem Himmel traf mich der Pfeil von Amor. Er näherte sich langsam meinem Gesicht, doch ich wich instinktiv einen Schritt zurück. „Ich küsse keinen Bordellbesitzer“, haute ich ihm um die Ohren, worauf er grinste und wir gemeinsam nach draußen gingen.

Da ich nicht damit gerechnet hatte, so lange zu bleiben, hatte ich keine Jacke dabei und fröstelte, als uns die frische Luft umhüllte.

Er bemerkte es und eilte zu seinem Wagen, der nicht weit von uns entfernt stand. Er kam mit einer schwarzen Jacke zurück und legte sie mir um die Schulter.

„Machen Sie das für all Ihre Frauen?“ Ich war, warum auch immer, plötzlich wütend auf ihn. Vielleicht weil ich ihn so heiß und sexy fand und die Vorstellung, dass er jetzt zu einer Geliebten fuhr, um mit ihr im Bett wilden Sex zu haben, mich einfach nur anwiderte. Aber die Jacke wärmte mich, das war wiederum sehr schön.

Er stand ganz nah vor mir und seine schlanken Finger strichen sanft über meine Wange. Was tat er denn da? „Für wen halten Sie mich eigentlich?“ fragte er. Seine Stimme klang wieder rau, leise und kehlig. Seine blau-grauen Augen glänzten und ich hatte das Gefühl, dass er tief in meine Seele blickte.

Mein Körper vibrierte unter seiner Berührung und ich hätte ihn am liebsten an mich gezogen und wild geküsst. Doch meine Alarmglocken waren zum Glück noch in Bereitschaft. Ich ließ mich nie wieder von einem Kerl manipulieren und ausnutzen. Leider sauste der Alkohol durch meine Adern und somit setzte mein Gehirn aus. „Für ein Bordellmonster.“

Er stutzte kurz und lachte dann. „Ein … ein Bordellmonster? Was soll das denn sein?“

Ich kniff die Lippen zusammen und bereute es, dass ich seiner Einladung gefolgt war. Er hatte mich doch manipuliert. Ich wollte gar nicht den bescheuerten Auftrag annehmen und hatte es doch getan. Ich wollte ihm nur die Entwürfe bei einem Glas Wasser zeigen und? Es wurde eine Flasche Wein daraus und ich stand jetzt hier, angeheitert, vor ihm und hasste mich selbst. Verdammt, wieder auf einen gutaussehenden Typen hereingefallen! Bilder von Jörg, vögelnd mit einer heißen Tusse in unserem Bett, bauten sich vor meinen Augen auf. „Das Wort habe ich gerade erfunden“, gab ich erstickt von mir und merkte, dass sich meine Augen mit Tränen füllten.

„Hey… alles in Ordnung? Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.“ Seine Worte klangen aufrichtig, doch halfen sie mir in diesem Moment nicht wirklich.

Ich wich zurück und geriet ins Straucheln. Er war blitzschnell bei mir und bewahrte mich vor einem peinlichen Sturz.

Ich krallte mich in seinem Hemd fest, worauf einige Knöpfe seines schwarzen Hemdes aufgingen und ich einen Blick auf seinen muskulösen Oberkörper erhaschen konnte. Ich rang nach Atem, unsere Blicke verankerten sich und irgendetwas geschah in diesem magischen Moment. Als ich in seine wahnsinnig blau-grauen Augen blickte, war es um mich geschehen. Ich näherte mich seinen Lippen und dann …

 

Er sah, dass sie ihn küssen wollte, genauso wie er das Verlangen danach hatte, sie zu küssen. Er zog ihr Gesicht zu sich, berührte ihre sinnlichen Lippen und seine Hände umschlossen fest ihre Taille.

 

Ein Stromschlag durchfuhr meinen Körper. Bunte explosionsartige Farben sausten vor meinem inneren Auge. Erst spürte ich seine warmen Lippen und dann seine Zunge in meinem Mund … ich stöhnte genussvoll auf! Er war ganz sanft aber irgendwie auch schüchtern.

In der nächsten Sekunde fuhren zwei Taxis auf den Parkplatz und ich löste mich von ihm.

Er hielt mich noch einen Moment fest, damit ich nicht hinfiel und einen festen Stand hatte. „Sophie …“

„Danke, für das Essen“, brachte ich außer Atem hervor und löste mich langsam von ihm. Wie in Trance stürmte ich zum ersten Taxi, riss die Tür auf und stieg ein. Ich war außer Atem, völlig neben mir. Hatte ich mich gerade von einem Bordellbesitzer küssen lassen? Und das nach einem Geschäftsessen? Ich war hin- und hergerissen, sollte ich weinen oder laut lachen?

„Wohin soll es gehen?“, schallte die Stimme des Fahrers zu mir.

„Boschpoler Straße 98, Biesdorf“, sagte ich, und drückte seine Jacke fest um meinen Körper. Ich schloss die Augen und …verdammt noch mal, die Jacke roch nach ihm. Nach Sex, nach verbotenen Gefühlen…verdammt, verdammt …

 

*

Das Wochenende war die absolute Hölle für mich. Ich hatte mich doch tatsächlich die ganze Zeit in seine Jacke gewickelt und mich daran totgeschnuppert. Krank, ich weiß. Und dieser Kuss - oh Mann, konnte Herr Bolte gut küssen.

Ha, ich kannte noch nicht mal seinen Vornamen. Ich googelte Herrn Bolte und fand nur alltägliche Männer. Paul. Werner. Thomas. Bernd. Kurt. Und niemandem gehörte ein Bordell.

Kurt? So hieß doch der verstorbene Mann meiner Vermieterin. Und ihr jetziger Trabi. Ich musste lachen, denn die Vorstellung, dass mein Traummann Kurt hieß, war echt witzig.

Wie konnte mir das nur passieren? Wie konnte ich mich nur in einen hammergeilen, sexy, attraktiven Mann verlieben, der ein Bordell im Stadtteil Weißensee eröffnen wollte? Der so arrogant und schleimig schön aussah, dass er Schauspieler oder ein Dressman sein könnte.

Oh Mann, es war zum Verrückt werden!

Doch irgendwie ging das beschissene Wochenende auch vorbei und schon hatte mich der Arbeitsalltag wieder.

 

Als ich am Montagmorgen das Büro erreichte, standen Bastian und mein Chef in einer Ecke zusammen und warfen mir seltsame Blicke zu. Ich grüßte nett und hatte gerade meinen PC angemacht, als mein Handy klingelte. „Hey Jamie, guten Morgen.“

„Die Handwerker kommen nicht“, schallte es böse zurück.

„Bitte?“ Ich war verwirrt und mein Puls erhöhte sich von null auf hundert.

„Na, Eva und ich stehen hier seit einer geschlagenen Stunde und keiner kommt. Ich habe angerufen und die sagten mir, dass der Auftrag von dir storniert wurde und sie jetzt in Spandau arbeiten.“ Jamie klang mächtig böse.

„Das kann nicht sein. Ich habe die Firma ganz sicher nicht angerufen um sie abzubestellen. Ich kläre das umgehend und melde mich gleich wieder bei dir, okay? Es tut mir wirklich leid, da muss irgendetwas schiefgelaufen sein.“

„Gut. Bis gleich.“ Jamie beendete das Gespräch.

Meine Finger zitterten, als ich die Nummer der Handwerksfirma wählte. Es klingelte eine Zeit lang und endlich erklang am anderen Ende eine mehr als brummige Männerstimme. „Schulte Handwerksservice. Watt kann ick für`se tun?“

„Hallo, Sophie Wagner, von der Firma Möller Einrichtung. Mir wurde gerade von meiner Kundin gesagt, dass Sie den Auftrag in der Berndt-Straße, nicht mehr erledigen.“

„Ja, ditt wurde heute kurzfristig storniert.“

„Von wem denn? Ich habe Sie nicht angerufen und das veranlasst.“ Mein Herz schlug so laut in meiner Brust, dass es in meinen Ohren zu pochen begann.

„Na ja, irgend eener von Ihre Fima wird ditt wohl jewesen sein, oder meenen se, ick hab ditt erfunden?“, raunzte der Kerl mich durch den Hörer unfreundlich an.

„Nein, ich glaube Ihnen ja. Ich möchte nur erfahren, wer es war. Wissen Sie noch den Namen?“ Meine Handinnenflächen begannen zu schwitzen.

„Dit wees ick doch och nich mehr! Is mir ehrlich jesacht och völlich ejal, denn wir ham eenen neuen Oftrach anjenommen.“ Seine Unfreundlichkeit nahm zu.

„Ich habe den Auftrag nicht storniert. Können Sie ein anderes Team zu der Adresse schicken? Hören Sie, ich habe keine Ahnung wie das passieren konnte, aber ich brauche ganz dringend ein Handwerker-Team in der Berndt-Straße“, versuchte ich mit Engelszungen auf den muffeligen Kerl einzureden.

„Nee, meen Fräulein, ick kann mir ja keen aus dem Hut zaubern. Da müssen se sich en anderet Team suchen. Schönen Tach och!“

Ehe ich reagieren konnte, hörte ich das Besetztzeichen und mein Puls schlug ins Unermessliche. Was für eine verdammte Scheiße war das denn schon wieder? Ich hatte gerade aufgelegt, als mein Blick durch die Büroräume schweifte und ich sah, dass Bastian ein triumphierendes Grinsen auf dem Gesicht hatte. Als er bemerkte, dass ich zu ihm schaute, versteinerte sich seine Miene augenblicklich und er tat so, als würde er etwas am PC machen. Hatte er etwa den Handwerkern abgesagt? Nein, so gemein würde ich ihn nicht einschätzen. War jetzt auch völlig egal, denn ich hatte ein riesiges Problem. Wo sollte ich denn so schnell ein neues Handwerker-Team herzaubern?

Nach stressigen dreißig Minuten hatte ich das große Glück und fand ein Handwerker-Team, das sich noch heute die Räumlichkeiten ansehen wollte, um morgen starten zu können. Und sie waren sogar günstiger und wesentlich freundlicher zu mir.

Ich rief Jamie an, teilte ihr den Namen der neuen Firma mit, sagte ihr, dass es unendlich leidtat und ich keine Ahnung hatte, wer bei der anderen Firma einfach angerufen hatte, um diesen Auftrag zu stornieren.

Jamie war nicht mehr so böse wie vor einer knappen Stunde und versicherte mir, dass ich mir nicht zu viele Gedanken machen sollte.

Puh - noch mal Glück gehabt. Trotzdem ging mir das blöde Grinsen von Bastian nicht mehr aus dem Kopf. Ich musste ihn im Auge behalten.

Wen ich die ganze Zeit über in meinem Herzen behielt, war Herr Bolte und der fantastische Kuss. Da fiel mir ein, dass ich ihm noch die Rechnung schicken musste und seine Jacke war auch noch bei mir. Ob er es merken würde, wenn ich die einfach behielt?

 

In der Mittagspause kam Bastian zu mir geschlendert. „Sag mal, hattest du heute Morgen irgendwie Stress? Ich habe dich hektisch telefonieren gesehen.“

„Ja. Die Handwerker für das Café haben kurzfristig abgesagt. Ist das zu fassen?“ Ich erzählte ihm nicht, dass angeblich jemand den Auftrag storniert hatte.

Bastian wirkte entsetzt. „Nein? Wie jetzt? Die haben einfach abgesagt?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Tja, auf manche ist halt kein Verlass. Aber ich habe zum Glück schnell ein neues Team gefunden. Sind sogar günstiger.“

„Zum Glück.“ Er nickte und spielte nervös mit seiner Kaffeetasse. „Willst du auch zum Italiener?“

„Nee, habe mir heute was mitgebracht, danke.“ Ich schenkte ihm ein freundliches Lachen, dass sofort erstarb, als er mir den Rücken zudrehte und das Büro verließ.

Ich suchte mir die Nummer von Familie Hagemann heraus. Den Termin hatte ich ja angeblich verbaselt. „Ja, guten Tag, Herr Hagemann, hier ist Sophie Wagner von Möllers Einrichtung.“

„Ah, guten Tag, Frau Wagner. Was kann ich für Sie tun?“

„Ich habe da mal eine Frage.“

„Na, dann legen Sie mal los“, lachte er in den Hörer.

„Wir hatten doch einen Termin vereinbart, der letzte Woche stattfinden sollte, nicht wahr? Wissen Sie, warum der vorverlegt wurde und von wem?“

„Wir haben uns schon gewundert, dass uns ein junger Mann angerufen hat und gesagt hat, dass Sie leider nicht können und er den Auftrag jetzt erledigen würde“, erzählte mir Herr Hagemann. „Der Name war Krücke … den kann ich mir sehr gut merken.“ Wieder erklang ein Lachen.

Ich zog scharf die Luft ein und konnte es nicht glauben. Bastian Krücke. Mein lieber Kollege. „Gut, entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten. Mein Kollege hat das leider missverstanden, ich war an dem Tag doch in Berlin. Sind Sie denn zufrieden?“

„Nun ja … Sie wären uns lieber gewesen, aber Herr Krücke hat all ihre Ideen umgesetzt.“

„Das freut mich zu hören. Vielen Dank, Herr Hagemann, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“

„Den wünsche ich Ihnen auch, Frau Wagner. Und noch mal vielen Dank für Ihre tolle Ideen!“

Als ich den Hörer aufgelegt hatte, war ich kurz davor, zu explodieren! Bastian hatte einfach meinen Termin vorgezogen und Möller erzählt, dass ich ihn vergessen hatte. Und dann war er sicher auch derjenige gewesen, der die Handwerker abbestellt hatte. Er war neidisch auf meine ganzen Aufträge und wollte mich bei Möller in Ungnade fallen lassen.

Und weil unsere Computer nicht passwortgeschützt waren, war es ein Leichtes für Bastian, einfach meine Termine zu ändern.

Na warte, du Bürschchen, da muss ich mir aber noch was einfallen lassen, um es dir mit gleicher Münze heimzuzahlen.

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Kapitel

„Sie sollen heute noch zu Kampmann Immobilien“, erklang die unfreundliche Stimme von Herrn Möller, worauf ich erschrocken aufblickte. Ich war gerade dabei, mir einen gemeinen Plan für Bastian auszudenken.

„Kampmann Immobilien?“, wiederholte ich.

„Ja. Sagen Sie bloß, Sie kennen Kampmann Immobilien nicht?“ Er blickte mich pikiert an.

„Nein, tut mir leid, das sagt mir im Moment gar nichts.“

Herr Möller gab einen lauten und sehr genervten Seufzer von sich. „Das ist wirklich ein Armutszeugnis für eine Raumausstatterin.“

Mein Puls erhöhte sich ein weiteres Mal. Wenn das heute so weiter ging, würde ich definitiv noch einen Herzinfarkt erleiden. So viel Aufregung an einem Tag verhieß nichts Gutes, auch nicht in meinem jungen Alter. Ich schenkte ihm ein aufgesetztes Grinsen. „Dann klären Sie mich doch bitte auf, Herr Möller. Ich lerne gerne dazu.“

Er räusperte sich. „Kampmann ist die größte Firma in ganz Europa, wenn es um Immobilien geht. Sämtliche bekannten Geschäftshäuser, Einkaufspassagen und Hotels wurden von ihnen gebaut.“

Ich nickte und hob den rechten Zeigefinger. „Ah, ja … jetzt, wo Sie es sagen, klingelt was.“ Da klingelte rein gar nichts, aber das brauchte der Blödmann vor mir ja nicht zu wissen.

Seinem Gesichtsausdruck zu entnehmen, hielt er mich trotzdem für blöd. „Ich habe keine Ahnung, was die von Ihnen wollen, aber Sie sollen heute um sechzehn Uhr in das Hauptbüro kommen. Die Adresse habe ich Ihnen bereits geschickt.“

„Gut.“