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„Meine Laterneeeee!“. brüllt die Kleine, als ebendiese lichterloh in Flammen aufgeht. Zunächst macht sich die Dimmelwanger Polizistin Louisa Städele noch über das kleine Feuerteufelchen lustig. Doch dann wird aus Spaß Ernst, denn ein Brandstifter beginnt in Dimmelwang im schönen Allgäu sein Unwesen zu treiben. Eigentlich sollte Louisa jetzt ihre ganze Energie darauf lenken, den Täter dingfest zu machen. Doch der allgäuweit bekannte Dimmelwanger Gaudiwurm steht vor der Tür, für den sich ihre Begeisterung arg in Grenzen halten würde, wäre da nicht ihr neuer Freund Sebastian, Vorstand der „Dimmelwanger Gaudiwürmchen“. Auch ihre bis über beide Ohren verliebte tussige Kollegin Larissa lässt ihr gar keine Ruhe mehr und die Musikproben waren ohne das ganze Faschingsbrimborium auch schon mal entspannter. Doch der große Tag des Umzugs rückt immer näher und noch haben sie keinerlei Spur. Wird es ihnen gelingen, den Feuerteufel noch vor dem Gaudiwurm zu schnappen?
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Seitenzahl: 493
Über mich
Mein Name ist Sonja Wölfle und ich bin schon seit ein paar Jahren neunundzwanzig Jahre alt. Ich bin im Allgäu aufgewachsen und lebe mit meinem Mann und unseren drei Kindern sehr gerne hier!
Schreiben ist meine Leidenschaft. Meinen ersten „Krimi“ habe ich in der vierten Klasse verfasst. Damals durfte ich jeden Montag ein weiteres Kapitel vor der Klasse vorlesen und letztens habe ich das alte Heft erst wieder in der Hand gehalten. Es ist unglaublich, dass ich jetzt bereits meinen zweiten „richtigen“ Krimi geschrieben habe. Das Schreiben ist für mich eine so tolle Sache, weil es allein in meiner Hand liegt, wie meine Personen sich entscheiden und was passieren wird. Meine Dimmelwanger möchte ich nicht mehr missen, sie sind mir inzwischen sehr ans Herz gewachsen.
Ich plädiere dafür, dass wieder mehr Bücher gelesen werden, weil nur so entstehen Bilder im Kopf, nur so kann man der Fantasie freien Lauf lassen. Neulich habe ich meinen Kindern Michael Endes „Wunschpunsch“ als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen.
Ich hatte das Glück und durfte Michael Ende bei einer Lesung live erleben. Damals fragte ihn jemand, ob er es toll findet, dass seine „Unendliche Geschichte“ verfilmt wurde. Sofort schüttelte er vehement den Kopf und meinte, dass es ihm lieber ist, wenn sich jeder seine Figuren so vorstellt wie er es eben tut. Ein Film liefert einem keinen Raum für Fantasie. Vor Kurzem nun las ich beim „Wunschpunsch“ die Stelle, in der die Elementargeister in Beelzebub Irrwitzers Villa rebellieren und abhauen. Ich zeigte den Kindern das dazugehörige Bild und alle drei sagten: „Hä? So schauen die aus? Ich hab mir die ganz anders vorgestellt!“
Also liebe Leser, lassen Sie Ihrer Fantasie wieder freieren Lauf. Gönnen Sie sich den Luxus, sich eine Welt (oder ein Dorf samt Bewohner) so vorzustellen, wie SIE es möchten!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ganz viel Spaß beim Lesen!
Besuchen Sie mich auch gerne auf www.sonja-woelfle.de
Dimmelwang, Freitag, 31. Oktober, Halloween
Heute ist Halloween. Ich kann ja gar nichts mit diesem Tag anfangen. Meine Schwester Eva spinnt aber völlig drauf. Sie hat ihrer Tochter Jasmin auch extra ein Hexenkostüm gekauft, damit sie mit ihr um die Häuser ziehen kann.
„Tante“, die kleine Hexe schaut mich von unten herauf mit großen Augen an, „kommst du auch mit?“
Ich lache herzhaft.
„Nein, Mäuslein, wirklich nicht. Ich ruhe mich jetzt noch aus und wenn ihr zurück seid, muss ich dann los.“
Jasmin zieht eine Schnute. Da kommt Eva ums Eck. Ihre Haare sind jetzt schon wieder halb normal. Das heißt, das Rot, das sie sich vor ein paar Monaten färben hat lassen, wächst so langsam raus. Sieht zwar katastrophal aus, aber für Halloween ist es eigentlich perfekt. Sie braucht kaum Schminke, und schon schaut sie aus wie ein Monster.
„Was wird denn das, wenn´s fertig ist?“, frage ich sie gespielt neugierig.
Sie wirft sich einen Umhang über die Schultern und fletscht die Zähne. Ihre Eckzähne sind gruselig spitz.
„Ah, du bist ein Gremlin! Vorsicht, geh nicht zum Wasser!“
„Ich bin doch kein Gremlin“, empört sie sich.
„Oh, verstehe, du gehst als Vampirlady.“
„Richtig.“
„Na dann viel Spaß euch und denk dran, um viertel vor sieben muss ich los.“
„Ja, wir kommen schon rechtzeitig. Rebecca ist frisch gewickelt und gestillt, da sollte es jetzt nichts brauchen.“
„Alles klar. Wir kommen schon zurecht.“
Ein letzter Blick in den Spiegel, und die beiden machen sich auf den Weg. Ich schließe nachdrücklich die Tür. Na endlich. Jetzt habe ich erst einmal meine Ruhe. Rebecca liegt im Laufstall und brabbelt quietschend vor sich hin. Da klingelt mein Handy. Es ist Sebastian.
„Hi Louisa, bleibt es dabei? Ich hole dich um Viertel vor sieben ab, o. k.?“
„Hi! Ja klar, ich bin dann fertig. Komm einfach her.“
„Bis nachher. Ich freue mich schon!“
„Ich mich auch. Bis dann.“
Ich lege auf. Sebastian, Miriams Bruder, dieser unglaublich gut aussehende Typ, ist seit guten zwei Monaten mein Freund. Ich bin ziemlich verliebt in ihn, muss ich zugeben. Und das erklärt auch, warum ich mich bereiterklärt habe, mit ihm zum Treffen der Dimmelwanger Gaudiwürmchen zu gehen. Ja, es hört sich echt bescheuert an, ist aber der allseits bekannte Faschingsverein von Dimmelwang. Ich habe mir sagen lassen, dass es keinen besseren Gaudiwurm allgäuweit gibt als in Dimmelwang. Riesige und ausgefallene Festzüge rollen da wohl am Faschingssonntag durch den Ort, und jeder will mit dabei sein.
Und ausgerechnet mein Freund Sebastian ist der Vorsitzende. Irgendeinen Haken hatte bisher jeder meiner Freunde. Ich habe beschlossen, dass dies nur ein kleiner Haken ist, weil Fasching ja eine relativ kurze Zeitspanne hat und wir somit den Großteil des Jahres ja vernünftig miteinander verbringen können. Jedenfalls hat er mich gefragt, ob ich nicht mitkommen möchte, da wird jede Hand gebraucht und ich könnte auch mit Rat und Tat zu Seite stehen, falls jemand etwas Rechtliches wissen möchte. Also gut. Wie gesagt, ich bin ziemlich verliebt. Fasching ist nämlich gar nicht meins. Aber für Sebastian …
Es klingelt an der Tür. Nanu, es ist doch noch gar nicht Viertel vor sieben? Ich öffne und schaue erst mal ins Leere. Dann wandert mein Blick nach unten, wo zwei Gespenster, ein Zombie und ein kleiner Marienkäfer, stehen.
„Gib mir Süßes oder ich geb dir Saures“, piepst da der Marienkäfer.
Der Zombie gibt seltsam röchelnde Geräusche von sich, und die Gespenster stehen recht statisch da.
„Oh, hallo“, ich bin etwas aus der Fassung. Mist, wo hat Eva denn die Süßigkeiten? Ich weiß, dass sie irgendwo welche hat, sie aber vor Jasmin und mir versteckt hält.
„Moment“, ich knalle den Gestalten die Tür vor der Nase zu und mache mich auf die Suche. Da fängt Rebecca wie aufs Stichwort zu röhren an.
„Ja, ist ja gut“, ich werfe einen Blick in den Laufstall, streiche ihr über den Bauch und gehe dann weiter auf die Suche. Ich reiße Schublade um Schublade auf, aber nichts. Ich gebe auf und gehe wieder zur Haustür.
Doch als ich sie öffne, steht niemand mehr davor. Umso besser. Ich gehe wieder zu Rebecca, nehme sie auf den Arm und laufe mit ihr herum. Das mag sie und schon hört sie zu weinen auf. Da klingelt es schon wieder an der Tür. Dieses Mal ist es ein Zauberer, der mit forscher Stimme Süßigkeiten fordert.
„Hör mal zu, du Zwerg, ich hab nichts da, außerdem wird man von dem süßen Zeug dick und fett und bekommt schlechte Zähne. Also sei froh, dass ich dir nichts gebe.“
Ich werfe die Tür ins Schloss und tröste Rebecca, die schon wieder weint. Wahrscheinlich fand sie das Kostüm genauso schlecht wie ich. Schon wieder klingelt es. Ein Gespenst, zwei Hexen und ein undefinierbares Etwas stehen da.
„Süßes oder Saures!“
„Ich hab nichts für euch, tut mir leid.“
„Ach Menno, du bist die Einzige hier in der Straße, die nichts für uns hat. Du bist voll blöd!“, sagt das undefinierbare Etwas.
„Ey, Kleiner, führ dich hier nicht so auf, du hast ja wohl schon genug in deinem Säckchen, oder?“
„Das geht dich gar nichts an!“
Ich mache die Tür zu. Die werden sich schon wieder verziehen. Es ist erst halb sechs! Hoffentlich kommen nicht so viele Kinder! Jetzt ist zum Glück erst einmal eine Viertelstunde nichts los. Ich spiele mit Rebecca, verstelle ganz doof meine Stimme und knuddele sie. Richtig süß ist sie jetzt mit ihren viereinhalb Monaten. Es klingelt und ich seufze. Auf in den Kampf. Ich habe die Tür noch nicht ganz geöffnet, da trifft mich auch schon ein Wasserstrahl mitten ins Auge.
„Aua! Hey, was soll das?“
Der Marienkäfer von vorhin steht zusammen mit dem Zombie da und zielt mir mit seiner Wasserpistole mitten ins Gesicht.
„Sag mal, geht´s noch?“
„Du hast uns vorhin nichts gegeben, du hast es nicht anders verdient!“
Bevor ich den Marienkäfer zu fassen bekomme, rennen die beiden auch schon weg.
Ich wische mir das Wasser aus dem Gesicht und will gerade fluchend wieder reingehen, da höre ich ein „Na was is denn mit dir passiert? Haste denen nüscht jejeben?“
Oh nein, Sabine! Ganz kurz überlege ich, ob ich so tun soll, als hätte ich sie nicht gehört. Ich könnte einfach die Tür hinter mir zumachen. Aber meine Höflichkeit siegt.
„Sabine, hallo.“
„Hallo Louisa, na, haste nüscht Süßes mehr? Franzi würde sich so freuen, wenn sie was von dir bekäme. Ach schade, schau Franzi, Louisa hat heute jar nich ihre schnieke Uniform an.“
Franziska steht völlig verängstigt neben ihrer Mutter. Ist auch kein Wunder, denn Sabine hat sich als Spinne verkleidet. Als ziemlich hässliche, dicke, haarige Spinne. Franziska daneben sieht in ihrem Mumienkostüm richtig harmlos aus.
„Tut mir leid, ich habe wirklich nichts Süßes da. Dann wünsche ich euch noch viel Spaß beim Rumlaufen.“
„Ach du, wir sind schon am Ende anjekommen, dachte, wir könnten uns bei euch noch oofwärmen.“
Und schon drängelt sie sich an mir vorbei ins Haus. Eines ihrer acht Beine bleibt in der Tür hängen. Ratsch.
„Och nö, jetze muss ich dat Bein wieder annähen.“
„Sag mal, Sabine, hast du Größeres vor?“
„Na, ich dachte, wir trinken zusammen een Käffchen, ich und die Eva?“
Die Spinne nennt sich immer zuerst, denke ich bei mir.
„Eva ist nicht hier.“
„Na dann trinken eben wir beede een Käffchen zusammen.“
Sie sieht mich aufmunternd an.
„Wo hast du eigentlich Kevin-Pascal gelassen?“
„Och, der is schon dabei.“
Sabine ist im September Mutter ihres „Stammhalters“ geworden. Kevin-Pascal ist ihr ganzer Stolz. Jetzt schält sie sich aus ihrem Spinnengewand und mir wird klar, warum sie so eine dicke Spinne war – Kevin-Pascal hängt in ein Tragetuch eingewickelt vorne an ihr dran.
Es gibt Dinge, die möchte ich eigentlich gar nicht sehen. Und das gehört definitiv dazu. Unter ihrem Spinnenkostüm und dem Tragetuch trägt sie nur einen BH und so eine Schwangerschaftsunterhose.
„Bitte, Sabine, du kannst dich doch hier nicht so einfach ausziehen.“
„Ach? Warum nich? Mir is so heiß, das glaubste jar nich.“
Zum Glück klingelt es wieder. Ich lange in Franziskas Körbchen nach einer Handvoll Süßigkeiten und schenke sie bereitwillig den Kindern, die vor der Tür stehen. Als nächstes stelle ich die Klingel ab. Langsam nervt mich dieser Schmarrn nämlich gewaltig.
Widerwillig kehre ich in die Küche zurück. Ich muss ja nach Rebecca sehen, nicht, dass sie noch ein Trauma erleidet. Franzi steht noch genauso da wie vorher, und Sabine hat es sich auf einem Stuhl gemütlich gemacht.
„Magste uns nüscht zu trinken anbieten?“
Na, das ist ja wohl die Höhe!
„Sabine, ich habe euch nicht eingeladen. Ich muss mich auch fertig machen, ich muss dann nämlich gleich los.“
„Na, wo musste denn noch hin?“
„Ich habe eben was vor.“
Ich höre ein komisches Geräusch. Irgendwie so schmatzend. Ich lausche.
„Was ist denn das für ein Geräusch? Hört ihr das auch?“
Ich lausche. Sabine lacht.
„Aber ja, das ist Kevin-Pascal, der trinkt jerade.“
Ach du Schreck. Tatsächlich. Wie praktisch, Kevin-Pascal kann direkt aus dem Tragetuch nuckeln. Puh, jetzt habe ich mich bei Eva gerade daran gewöhnt, jetzt kommt Sabine auch noch mit dieser Stillerei daher.
„Sabine, bitte, ich habe jetzt wirklich keine Zeit für dich.“
„Ja, is ja schon jut. Komm Franzi, wir gehen dann ma wieder.“
Sie hievt sich auf, zieht den Reißverschluss hoch, so dass gerade noch Kevin-Pascals Kopf ein bisschen heraus schaut und trollt sich zur Tür.
„Schönen Gruß an Eva.“
„Richte ich aus. Und tschüss.“
Ich atme erst einmal tief durch. Auf Sabine kann ich gut und gerne verzichten.
Jetzt ist es auch schon höchste Zeit, dass ich mich fertig mache. Mit Rebecca unter dem Arm sprinte ich nach oben und inspiziere meinen Kleiderschrank. Was zieht man zur ersten Versammlung der Dimmelwanger Gaudiwürmchen an? Soweit ich weiß, kommen heute Abgesandte von allen Vereinen, die am Gaudiwurm mitwirken wollen. Ich finde das ja alles völlig übertrieben, aber die werden es schon wissen. Es hat schon Tradition, dass man dieses Treffen am einunddreißigsten Oktober abhält. Gehen die da auch als Gespenster verkleidet hin? Nein, kann ich mir nicht vorstellen. Außerdem hätte Sebastian mir das gesagt. Aber es ist ein Faschingsverein. Ich beschließe, wenigstens ein bisschen originell zu sein und ziehe meine Uniform an. Ja, das ist gut. Und falls ich damit auffalle, kann ich immer noch sagen, ich muss dann auf die Wache. So mache ich das.
Rebecca ist auf meinem Bett eingeschlafen, und ich schaffe es doch tatsächlich, sie schlafend in ihr eigenes Bett zu verfrachten. Eva und Jasmin kommen zurück und haben sogar Sebastian im Schlepptau.
„Schau, Tante, ich hab voll viel Zeugs!“
Freudestrahlend hält sie mir ihren prall gefüllten Korb unter die Nase.
„Aber iss nicht alles auf einmal, das gibt Bauchweh“, ermahne ich sie. „Hi“, ich gebe Sebastian einen Kuss.
„Iiiiii, Tante“, Jasmin verzieht ihr Gesicht und wir lachen alle.
„Also, gute Nacht, Rebecca schläft schon oben. Bis morgen früh!“
Sie verabschieden uns noch, dann machen wir uns auf den Weg ins Musikerheim, wo das Treffen stattfindet.
Als wir dort ankommen, stehen Xaver, Irmgard und die neue Dirigentin Diana Bosch schon da. Der Ferdinand Liebig hat uns ganz spontan zum Ende des letzten Schuljahres sitzen gelassen, weil er ein besseres Angebot in München bekommen hat. Wie es der Zufall so wollte, war die Diana gerade mit ihrer Dirigentenausbildung fertig und auf der Suche nach ihrer ersten eigenen Kapelle. Ich mag sie sehr. Sie ist sehr aufgeschlossen, lustig und nicht so pingelig wie der Liebig es immer war.
„Guten Abend die Herrschaften“, grüßt Sebastian fröhlich und sperrt auf.
„Griaß euch, ihr zwei“, brüllt die Irmgard und wuselt gleich hinter Sebastian her nach oben.
Wir stellen die Stühle um die Tische und nach und nach trudeln alle ein. Um viertel nach sieben sind alle da – immerhin dreizehn Leute – und Sebastian eröffnet das Treffen.
„Ich darf euch alle ganz herzlich zu unserem ersten Gaudiwürmchen-Treffen heuer begrüßen und wünsche uns allen ganz viel Spaß und gutes Gelingen, dass auch diesen Fasching unser Umzug wieder ein ganz Besonderer wird. Dürfte ich ganz kurz jeden bitten sich vorzustellen, es hat ja doch ein paar personelle Veränderungen gegeben. Ach so, ja, mich kennen ja alle. Ich bin Sebastian Zink, der Vorsitzende des Faschingsvereins. Ich habe euch alle angerufen bzw. angeschrieben. Sonst gibt es eigentlich auch schon nichts mehr zu sagen. Louisa, würdest du gleich weitermachen?“
Er zwinkert mir zu, und ich fühle mich völlig überrumpelt. Was sagt man denn da so?
„Äh, ja, hallo, ich bin die Louisa Städele und bin eigentlich nur da, weil der Sebastian mein Freund ist.“
Gelächter. Ich merke, wie mir das Blut in den Kopf steigt.
„Ach ja, und ich bin bei der Polizei, also zieht hier keine krummen Dinger ab.“
Noch mehr Gelächter.
„Jo, Liesl, dann mach i doch glei weiter“, erlöst mich Xaver. „I bin der Xaver Hartmann, frisch gebackener Bürgermeister unserer schönen Marktgemeinde, und i möcht mi wie jeds Johr selbstverständlich wieder am Fasching beteiligen. Des gfreit mi immer wieder, wenn i sig, wos für Massen wir hier anziehn, des is super.“
„Jo, Xaver, langt scho. Also i bin die Irmgard Hartmann, die Frau Bürgermeister“, fällt ihm Irmgard ins Wort und platzt fast vor Stolz, „und i wuill oifach olle bei ollem unterstützn.“
„Ich bin Frau Edith Kreuther, die Leiterin des Kindergartens, und hoffe, dass wir auch dieses Jahr wieder mit dabei sein können. Letztes Mal hatten wir ja einen Wagen, das hat den Kindern sehr viel Spaß gemacht.“
„Danke, Frau Kreuther, das sollten wir wieder hinbekommen“, Sebastian nickt einem Herrn zu, den ich bisher hier in Dimmelwang noch gar nicht gesehen habe.
„Gut, dann mache ich weiter. Ich bin Dr. Rolf Wengener, der Direktor der Grundschule und ich würde ab diesem Jahr gern die Schulkinder mit einbinden, wenn schon so ein großer Festumzug hier stattfindet. Bisher habe ich mich ja immer dagegen gesträubt, aber das Interesse von Seiten der Eltern war zu groß, um es länger zu ignorieren.“
Er zwinkert und ein paar lachen.
„Ich bin der Schorsch, und wir Veteranen werkeln schon jede freie Minute an unserem Festwagen. Wir sind wieder mit dabei, auf alle Fälle.“
„Super, Schorsch, da freu ich mich, dass ihr schon so fleißig seid. Ingolf, magst du weitermachen?“
„Ja, gut, also ich bin der Ingolf Brückmann vom Maibaumverein, und wir sind natürlich auch wieder mit von der Partie.“
„Lydia Merk, ich bin zuständig für die Minigarde und wir proben seit letzter Woche.“
„Super, dass ihr auch schon angefangen habt, Lydia. Margarete, magst du dich kurz vorstellen?“
„Aber mich kennt doch jeder hier!“, entrüstet sich die Dame neben mir. „Na gut. Mein Name ist Margarete Diller und werde wie schon die letzten zweiunddreißig Jahre zuvor die Oberaufsicht über die Essens- und Getränkestände haben.“
„Wow, machst du das schon so lange? Was würden wir nur ohne dich tun?“, fragt Sebastian und lächelt sie an.
„Na, also Sebastian, das ist doch Ehrensache.“
Man merkt, dass sie sich äußerst geschmeichelt fühlt.
„Gut, dann fehlt nur noch ihr drei.“
„Ich bin Daniel Graf, Vorsitzender vom Dimmelwanger Schützenverein, und auch wir werden heuer wie immer wieder dabei sein. Danke.“
„Mein Name ist Michael Unger, Chef von den Fußballern, und wir haben auch schon ganz tolle Ideen für unseren Festwagen, aber da verrate ich nichts. Na gut, es hat natürlich mit dem Weltmeistertitel zu tun.“
Wir grinsen alle und freuen uns auch Monate später noch, dass Deutschland den Pott endlich mal wieder heim geholt hat.
„Danke, dann bleibt nur noch ein ganz neues Gesicht, und zwar die Diana Bosch. Diana, würdest du dich bitte kurz vorstellen?“
„Klar. Hallo zusammen, ich bin die Diana und neue Dirigentin bei der Musikkapelle und ich freue mich riesig darauf, mit meinen Musikern beim Umzug mitwirken zu dürfen. In Marktoberdorf, wo ich herkomme, gibt es ja auch einen Faschingsumzug und ich denke, ich habe da schon so einiges an Erfahrungen sammeln können, was hier vielleicht auch hilfreich ist. Also wenn es irgendwo brennt, dürft ihr mich gern anrufen, ich helfe gern überall mit aus.“
Sie strahlt in die Runde und ich finde, man muss sie einfach mögen.
„Also an Erfahrung mangelt es uns sicher nicht“, wirft Margarete spitz in die Runde.
„So habe ich das ja auch nicht gemeint“, Diana wendet sich ihr zu, „aber ich bin so faschingstechnisch auch schon ein paar Jahre aktiv und ich denke, da ist jeder Einzelne wertvoll und man kann ja auch mal andere Ideen einbringen. Aber natürlich nur, wenn euch das recht ist.“
Margarete zieht nur die Augenbrauen nach oben und verkneift sich jeden weiteren Kommentar. Wofür ich ihr wirklich dankbar bin. Die alte Ratschkattl. Jetzt wo die Anne Fehner weg ist, hat sich wohl etwas Frust bei ihr aufgestaut. Immer wenn ich mit ihr zu tun habe, ist sie so grätig. Aber mal sehen, ich will ja ganz unvoreingenommen sein.
„Gut“, ergreift Sebastian wieder das Wort, „dann kennt ja jetzt jeder jeden und ich würde sagen, wir handhaben das so wie jedes Jahr, wir duzen uns einfach alle, das ist doch viel einfacher. Oder hat jemand was dagegen?“
Er schaut in die Runde und ich sehe, dass es Margarete so gar nicht recht ist, aber sie sagt nichts.
„Sehr schön, also, wo fangen wir an? Lydia, unter was für einem Motto probt ihr denn?“
„Wir gehen als Schlümpfe, und ich habe da ganz tolle Lieder so im Schlumpf-Style, die Mädels sind ganz begeistert. Wir würden wieder den Traktor samt Hänger von letztem Mal nehmen und ihn dieses Mal als Wald herrichten mit so kleinen Schlumpfhäuschen an den Ecken und die Mädels tanzen in der Mitte. Ich hab schon ein paar Leute, die mir da helfen wollen, vor allem die Eltern.“
„Super, das hört sich doch schon mal gut an. Ich sehe schon, ihr habt euch Gedanken gemacht. Rolf, wie würdest du denn die Schulkinder in den Umzug einbauen wollen?“
Rolf Wengener räuspert sich.
„Nun gut, konkret habe ich mir da noch keine Gedanken gemacht, ich wollte das mal beim Lehrerkollegium nächste Woche ansprechen, da haben wir einige kreative Köpfe. Nach unserer nächsten Sitzung weiß ich dann mehr.“
„In Ordnung. Wir müssen nur die Zeit im Auge behalten, die paar Monate vergehen rasend schnell. Wenn dann erst mal Adventszeit ist, stehen immer andere Dinge im Vordergrund, da dürfen wir unseren Gaudiwurm nicht vergessen. Edith, was hat sich denn der Kindergarten ausgedacht?“
„Nun ja, ich würde ein Motto für den gesamten Kindergarten vorgeben und die Kinder laufen mit. Wir nehmen wieder Leiterwägen für die ganz Kleinen, das hat beim letzten Mal auch gut geklappt.“
„Stimmt. Habt ihr schon ein Motto?“
„Ich hatte da an Tiere gedacht. Jedes Kind kann sich als irgendein Tier verkleiden. Sonst haben wir wieder Ärger mit den Eltern, die ihren Kindern nicht extra nur für diesen Tag ein besonderes Kostüm kaufen möchten. Und als irgendein Tier werden sie ihre Kinder schon verkleiden können.“
„Das wird bestimmt ein süßer Anblick“, Sebastian lächelt sie an.
„O. k., gut, Margarete, du kümmerst dich um das leibliche Wohl. Hast du noch deine Listen, wer was wann macht? Die haben uns beim letzten Umzug schon ziemlich was gebracht.“
„Selbstverständlich habe ich meine Listen noch! Außerdem weiß ich ganz genau, wen ich für was einteilen kann. Irmi, wärst du so gut und würdest mir helfen? Jetzt, wo die Anne ja nicht mehr da ist…“
Wehmut breitet sich in ihrem Gesicht aus.
„Jo aber freilig höif i dir, Margarete, des is doch Ehrensach!“
Irmi strahlt. Sie ist wirklich wie gemacht für ihren Posten als Frau des Bürgermeisters. Gut, dass sich alles so ergeben hat.
„Wie schaut´s bei den Schützen und Fußballern aus? Wer richtet denn dieses Jahr den Rosenmontagsball aus?“
„Das machen wir“, meldet sich Daniel zu Wort.
„Habt ihr schon ein Motto? Klappt das dieses Mal mit den Karten?“
„Das hoffe ich doch. Wir müssen sie echt begrenzen, das war viel zu voll letztes Mal. Die Turnhalle ist ja jetzt auch nicht so riesig. Doch, ich denke, das kriegen wir hin. Und wenn die Karten weg sind, sind sie nun mal weg. Motto, hm, da sind wir uns noch nicht ganz sicher. Wir wollen aber gern so was Ähnliches wie in Buchloe machen, so eine Art Rote-Meile-Ball, der kommt da immer super an. Vielleicht was mit Vampiren? Ich weiß es noch nicht hundertprozentig. Beim nächsten Treffen weiß ich aber auch mehr.“
„Ich sehe, die Planung läuft. Sehr schön. Diana, was würdest denn …“
Doch Sebastians Worte ersterben, weil genau in dem Augenblick die Sirene losgeht. Und weil die Sirene hier auf dem Dach vom Musikerheim montiert ist, fallen uns schier die Ohren ab.
Sebastian springt auf, ruft: „Ich muss los!“ und rennt auch schon raus. Außer ihm ist wohl hier sonst niemand bei der Feuerwehr, also warten wir alle, bis die Sirene aufhört zu heulen. Wir könnten uns sowieso nicht unterhalten. Dann endlich verstummt sie.
„Jo mei, nachad geh ma halt heim, wenn unser Häuptling weg is“, sagt der Xaver, weil irgendwie alle ihn anschauen.
„Jo dann leit halt du die Sitzung, du bist ja schließlich au der Bürgermeister“, fordert Irmi ihn auf.
„Naaa, des is dem Sebastian sei Zeug, i denk, es is doch scho mal soweit alles geklärt, oder?“
Wir nicken alle, weil was bleibt uns übrig? Da klingelt mein Handy. Ich entschuldige mich und gehe raus.
„Louisa, Larissa hier, du sollst mal in der Fichtenallee vorbeischauen, da brennt´s“, höre ich Barbies Tussistimme.
„O. k., alles klar. Bis dann.“
„Bis dann und pass auf dich auf.“
Als ob ich ein Kleinkind wäre. Also echt. Ich verabschiede mich von den anderen, die auch alle schon in Aufbruchsstimmung sind und mache mich auf den Weg in die Fichtenallee.
Dort angekommen, sehe ich schon das LF16 dran stehen. Sebastian kommt mir entgegen. In seiner Feuerwehrmontur sieht er wirklich zum Anbeißen aus.
„Was ist passiert?“
„Ach, die Hecke hier hat gebrannt. Wir haben aber alles unter Kontrolle. Kannst du mal mitkommen?“
„Klar.“
Ich folge ihm zu besagter Hecke. Zwei seiner Feuerwehrkollegen löschen noch die letzten Glutnester.
„Schau mal. Ich glaube, das hier hat den Brand ausgelöst.“
Er deutet auf etwas Verkohltes am Rand der Hecke. Ich bücke mich und erkenne das Gerippe einer Laterne. Man erkennt noch das Drahtgestell vom Stab und dieses Metallding, in das man die Kerze reinsteckt.
„Hm, ja, wahrscheinlich hat ein Kind die hier aus Versehen stehen gelassen. Hat man an Halloween Laternen dabei?“
„Ja, ich hab schon ein paar Kinder mit Laternen rumlaufen gesehen. Also ich würde sagen, Brandursache geklärt, oder?“
„Ja, ganz offensichtlich. Wir schauen einfach, wer an Sankt Martin keine Laterne hat und schon haben wir unser Täterkind.“
Ich grinse ihn an und er grinst zurück.
„Also, Jungs, packen wir´s.“
Es dauert noch eine Weile, bis alles wieder verstaut ist. Sebastian spricht noch mit den Leuten, deren Hecke abgebrannt ist. Ich helfe seinen Feuerwehrkollegen beim Einräumen und werfe noch einen Blick auf die Hecke. Die eine Seite ist wirklich total niedergebrannt. Aber es ist ja doch nur eine Hecke. Zum Glück ist kein Mensch zu Schaden gekommen. Wir fahren zurück zum Feuerwehrhaus.
„Sind die anderen noch im Musikerheim?“
„Nein, die sind schon alle weg. Xaver wollte die Sitzung nicht leiten, also sind sie heim gegangen.“
„Na gut, ich werde morgen mal rumtelefonieren.“
Er schaut müde aus.
„Komm, lass uns heimgehen, der Brand ist gelöscht.“
Und schon auf dem Nachhauseweg lachen und scherzen wir wieder so viel miteinander, dass die brennende Hecke schon gar nicht mehr an unseren Gedanken kratzt.
Dimmelwang, Dienstag, 11. November, Sankt Martin
Ich kann es nicht fassen, dass ich mich von Eva dazu breitschlagen habe lassen, mit Jasmin zum Sankt-Martins-Umzug in den Kindergarten zu gehen. Es schneit und ist eiskalt. Ich stehe hier mit unfassbar vielen Eltern, Großeltern, Paten und Kindern im Kindergarten-Garten und schaue mir mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze das Martinsspiel an, das ein paar Kinder eingeübt haben.
Jasmin sitzt direkt vor mir auf einer kleinen Bank und schaut völlig fasziniert dem Jungen zu, der auf seinem Steckenpferd im Kreis herum hoppelt und den Martin spielt. Die ganze Zeit frage ich mich, ob es Absicht ist, dass links und rechts an ihm zwei Stücke roter Stoff herunterhängen. Doch da ist er beim Bettler angekommen und alle versuchen ganz leise zu sein, damit man überhaupt ein Wort verstehen kann.
„Oh hilf mir doch in meiner Not“, brüllt das Kind, das den armen Bettler spielt und in einer dicken Winterjacke von Esprit auf einer Decke im Matsch kniet.
Der Martin-Junge steigt von seinem Stecken herunter, schleudert ihn auf den Boden und zieht ein Holzschwert aus dem Gürtel.
„Ich, der heilige Martin, helfe dich schon, du Bettler“, krakeelt er und reißt sich einen der roten Stofffetzen von der Seite und drischt mit seinem Schwert drauf ein. Hilfe, was ist denn mit dem los? Ach, das soll der halbe Mantel sein! Jetzt kapiere ich das.
Der Martin-Junge hebt nun den roten Fetzen auf und legt ihn dem Bettler-Kind um die Schultern. Anscheinend die Mutter von dem Bettler-Kind stürzt in den Kreis und reißt das matschige Stoffknäuel von ihrem Kind herunter. Zu spät, die Jacke ist schon dreckig.
„Jetzt schau dir diese Sauerei an!“, fährt sie das Martin-Kind an.
Frau Kreuther geht beherzt dazwischen und redet beschwichtigend auf die Mutter ein. Ach je, die kenne ich ja. Das ist doch die Frau in dem Leoparden-Mini, die mich so blöd angemacht hat, als ich Jasmin im Kindergarten angemeldet habe. Jetzt trägt sie ein weißes Eisbärenkostüm. Na gut, es ist eine weiße Felljacke, sieht aber fast aus wie ein Eisbär. Und die Schicht Schminke sehe ich bestimmt fünf Kilometer weit weg noch leuchten. Meint sie vielleicht wirklich, dass irgendjemand glaubt, dass ihre Wangenknochen so weit oben sind, nur weil sie so viel Rouge aufträgt? Und die viel bessere Frage: Findet das tatsächlich irgendjemand schön?
Ich stehe noch so da und grüble, als mir jemand von hinten ins Ohr flüstert: „Ist der kleine Martin nicht bezaubernd?“
Ich drehe mich um und sehe in Sebastians lachendes Gesicht.
„Oh ja, der ist super. Was machst du denn überhaupt hier?“
„Eva hat mir gesagt, dass du hier bist und da dachte ich, du brauchst bestimmt Beistand.“
„Ach, es ist doch ganz lustig hier. Bloß saukalt.“
„Pscht“, ertönt es um uns herum.
Also grinsen wir uns an und schweigen. Mittlerweile haben sich noch einige Kinder mehr in den Kreis gestellt und fangen an zu singen. Ein Quartett aus unserer Kapelle begleitet sie. Johannes, Andreas, Berti und Diana stehen so gut es geht geschützt unter einem kleinen Vordach und spielen „Laterne, Laterne“.
„Ja sag mal, was ist denn mit deinen Musikerkollegen los? Das höre ja sogar ich, dass sich das schief anhört“, stellt Sebastian fest.
„Mich wundert das nicht. Bei der Kälte sind bestimmt die Ventile eingefroren. Schau, wie sich der Berti mit seiner Posaune abmüht, die Züge gehen auch nicht so geschmeidig wie sonst.“
Die Armen, sie tun mir ja wirklich leid. Ganz rote Finger haben sie, und es stimmen leider bei Weitem nicht alle Töne.
„Tanteeee“, Jasmin, die dick in ihre Jacke gemummelt ist und sich die Mütze tief ins Gesicht gezogen hat, schaut zu mir hoch.
„Jetzt laufen wir hinter der Edith her durch Dimmelwang!“
Sie freut sich wie eine Schneekönigin, und ich hoffe, dass ich nicht wie auf dem Herweg alle zwei Minuten ihre Kerze neu anzünden muss und dass ihre Laterne nicht abfackelt. Aber wenn ich mich hier so umsehe, bin ich mit meiner Sorge bestimmt nicht allein.
„Halt die aber schön gerade“, „Wackel nicht so rum“, „Pass auf, dass die Kerze immer schön in der Mitte bleibt“, höre ich von allen Seiten. Na, wird schon schief gehen.
Die Kinder verlassen gruppenweise den Kindergarten-Garten, und ich schlüpfe zu meinen Musikern.
„Na, Leute, alles klar bei euch?“
„Servus, Louisa, hast nicht gehört, wie wir gespielt haben? Das war ja eine Katastrophe!“
„Was war denn los?“
„Ja die dummen Ventile, die saudummen“, Johannes ist richtig grantig.
„Ist doch nicht so schlimm“, versucht Diana ihn zu beschwichtigen.
„Ja toll, was sollen denn die Leute von uns denken?“
„Ach, die haben doch sowieso nur Augen für ihre Kinder.“
„Warum ist es auch so kalt, dass gleich die Ventile einfrieren?“
„Ja schau, mein Zug ist auch ständig am Einfrieren. Das ist halt so im November, da können wir auch nichts dafür!“
„Aber schau, du könntest wenigstens in den Zug reinbieseln, damit er warm wird.“
„Ja bist du deppert, die Diana kann doch net in ihre Posaune bieseln!“
„Doch könnte sie. Mich ärgert das schon an der Trompete, dass ich da so gut wie nichts machen kann.“
„Johannes, ich weiß doch, was für ein guter Trompeter du bist. In den Proben bist du immer spitze.“
„Danke. Aber trotzdem. Schau, dir geht es ja mit deinem Horn auch nicht anders, oder?“
„Ich puste halt dauernd rein. Bissl was bringt das schon.“
„Komm, Johannes, lass doch gut sein, jetzt ist es doch eh schon vorbei“, sage ich und gucke, ob ich Jasmin irgendwo entdecken kann. Sebastian läuft Hand in Hand mit ihr die Straße entlang.
„Ich muss dann mal wieder los. Wir sehen uns ja dann in der Probe.“
„Es müsste mal einer was erfinden, dass die Ventile nie wieder einfrieren“, mault der Johannes.
„Ja Herrschaftszeiten, jetzt lass es halt endlich mal gut sein!“, fährt ihn der Andi an. „Dann sabber halt net so viel rein in dein gutes Instrument. Sapperlott!“
Ich verziehe mich lieber. Einem Streit zwischen Johannes und Andi mag ich jetzt wirklich nicht beiwohnen.
Schnell habe ich Sebastian und Jasmin eingeholt und wir laufen gemütlich hinter den anderen her durch Dimmelwang. Ein paar Feuerwehrler haben die Straßen abgesperrt, damit wir hier ungestört unseren Umzug abhalten können.
Als wir gerade so lachend und singend durch die Straßen ziehen, bemerken wir ein Stück vor uns helle Aufregung. Sebastian schaltet als erster, was los ist.
Zwanzig Meter vor uns hat doch tatsächlich eine Laterne Feuer gefangen. Er rennt hin und tritt das Feuer aus. Sämtliche Erwachsene stehen unschlüssig herum und schauen zu. Ein kleines Mädchen steht da und plärrt was das Zeug hält. Die Mutter redet beruhigend auf es ein.
„Meine Laterneeeee“, brüllt die Kleine.
Ach Gott, das arme Ding. Sebastian wendet sich ihr zu und erklärt ihr, dass sie ganz viel Glück gehabt hat und ein sehr schlaues Kind ist, weil sie die brennende Laterne gleich losgelassen hat.
„Schau, jetzt kannst du allen Kindern erzählen, dass deine Laterne gebrannt hat.“
Er lächelt sie an, und langsam versiegt der Tränenstrom. Na, ob das jetzt so pädagogisch wertvoll war? Egal, das Mädchen nimmt jetzt die Hand ihrer Mama und läuft weiter. Sebastian nimmt die kaputte Laterne und wirft sie in den nächsten Abfalleimer.
„Schau, so schnell kann es gehen“, sagt er zu Jasmin.
„Ich will nicht, dass meine Laterne brennt.“
„Aber die brennt doch gar nicht. Mach dir keine Sorgen. Ist doch alles in Ordnung.“
Wir setzen unseren Weg fort.
„Auf alle Fälle wissen wir jetzt, dass dieses Mädchen nicht die Brandstifterin von der Hecke war.“
Sebastian lacht laut und ich stimme ein.
„Oh ja, stimmt, aber ich hätte es ihr zugetraut.“
„Ja, sie hat schon wie ein kleiner Feuerteufel ausgeschaut.“
„Was ist ein Feuerteufel?“
„Ach, nichts, das haben wir nur so gesagt.“
Hätte ich da schon gewusst, was in den nächsten Wochen und Monaten in Dimmelwang so alles passieren würde, hätte ich besser mal keine Scherze gemacht.
Dimmelwang, Freitag, 5. Dezember, Tag vor Nikolaus
Heute kommt der Nikolaus! Jasmin ist schon ganz aus dem Häuschen und rennt wie eine Irre die Treppe herunter.
„Tante“, schreit sie, „der Nikolaus kommt gleich in den Kindergarten. Ich freu mich ja schon soooooooooo!“
„Warst du auch immer schön brav?“
Jetzt zieht sie einen Schmollmund.
„Aber klar.“
Sie stemmt die Hände in die Hüfte.
„Du weißt ja, nur brave Kinder bekommen was vom Nikolaus.“
„Ja, weiß ich.“
„Und zu den bösen Kindern kommt der Knecht Rupprecht und haut sie mit seiner Rute.“
Jasmin reißt die Augen auf.
„Echt?“
„Mhm“, ich setze eine bedeutungsschwere Miene auf.
„Mamaaaa“, ruft sie und rennt in die Küche. „War bei euch immer der Knuprecht?“
„Hä?“
„Die Tante hat gesagt, zu den bösen Kindern kommt der Knuprecht und nicht der Nikolaus.“
„Was hat die Tante gesagt?“
„Ach, Eva, ich wollte Jasmin doch nur ein bisschen Angst machen.“
„Aber der Nikolaustag ist nicht zum Angst machen da“, tadelt sie mich mit vorwurfsvollem Blick.
„Aber ein bisschen Respekt hat noch keinem geschadet“, verteidige ich mich.
„Tante, war jetzt der Knuprecht immer bei euch? Kennst du den Nikolaus gar nicht? Komm mit in den Kindergarten, dann zeig ich ihn dir.“
Sie blinzelt mich auffordernd an.
„Nein danke, ich muss in die Arbeit.“
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