AC/DC und das "erste Mal" - Stefan Frädrich - E-Book

AC/DC und das "erste Mal" E-Book

Stefan Frädrich

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  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Warum ist Erfolg eine Schräge? Welche Ratten verlassen ein Schiff als erste? Wann ist es gut, feige zu sein? Was verraten Verkehrsstaus über Autofahrer? Warum hat die perfekte Woche eigentlich drei Tage? Wie wird man mit Motzköpfen fertig? Und was kann man von Rock-Dinos wie AC/DC lernen? Motivationsexperte Dr. Stefan Frädrich zeigt wie man sein Leben auf die Reihe kriegt und dabei (ohne großes Drama und Getöse) langfristig wirklich erfolgreich und glücklich wird: im ganz normalen Alltag. Durch bewusstes Wahrnehmen, genaues Nachdenken und kluges Handeln.

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Seitenzahl: 204

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Stefan Frädrich

AC/DC und das „erste Mal“

29 motivierende Gedankengänge

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

AC/DC und das „erste Mal“

Wann es feige ist, feige zu sein (und wann nicht)

So explodiert Leistung

Nie wieder Stinkstiefel!

Umsatzbremse Angst

Arme Raucher

Was defekte Aufzüge über uns verraten können

So kriegen Sie Ihre Dinge geregelt

„Hilfe, ich bin ein Opfer!“

Motivation durch Lust oder Schmerz?

Das perfekte Zeitmanagement: Die Drei-Tage-Woche

So werden Sie zum Genie

Ohne Anstrengung kein Erfolg

So gewinnen Sie mehr Energie

Die perfekte Bedienung

Konkurrenz? Ja, bitte!

Drei Schritte für bessere Entscheidungen

So führen Sie eine glückliche Beziehung

Ratten, die das Schiff als Erste verlassen ...

Erfolg ist eine Kleinigkeit

Wie Sie mit destruktiven Motzköpfen fertig werden

Erfolg ist eine Schräge

„Du musst nur durchhalten!“

Du Außenseiter!

Schieß doch, Hexe!

Vorsicht, Erlaubnisbremse!

Strategien gegen die Vogelplage

Es lebe das Scheitern!

Es lebe der Zufall!

Was Verkehrsstaus über uns verraten

Weitere Bücher von Stefan Frädrich

Autor

AC/DC und das erste Mal - auch als Taschenbuch!

Impressum neobooks

Vorwort

Liebe Schweinehundefreunde,

die Kunst erfolgreicher Selbstmotivation ist nach meinem Verständnis keine große Sache. Sie zeigt sich in drei Stellschräubchen:

Erstens in der Art und Weise wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen und interpretieren. Wo der eine Grautöne sieht, Frust empfindet, Bedrohungen wittert, sieht ein anderer Farben, Handlungs-signale und Chancen.

Zweitens wie (und ob) wir die Welt verstehen. Denn oft muss man erst ein wenig nachdenken, um richtige Lösungen zu finden.

Und drittens wie wir auf das reagieren, was geschieht. Nur wer mehrheitlich das Richtige tut, wird sich langfristig an die Sonnenseite des Lebens wurschteln.

Doch Vorsicht: Die drei Schritte Wahrnehmen, Denken und Handeln sind weit elementarer als so mancher Motivations-Hysteriker anerkennen will. Denn sie bedeuten einen Lebensstil, in dem es nicht um motivatorische Strohfeuer oder ominösen Psycho-Schnickschnack geht. Diese kommen zwar mitunter trendy und wohltuend daher, machen aber leider oft abhängig und halten klein, weil sie nur kurzfristig wirken und Verantwortung an allwissende Gurus abgeben.

Nein, vielmehr geht es darum, immer wieder höchst selbst die vielen kleinen unprätentiösen Problemchen und Aufgaben zu erkennen und zu meistern, die unser Leben täglich für uns bereithält. Auch wenn das nicht sonderlich spektakulär erscheint, bauen sich genau auf diese Weise glückliche und erfolgreiche Menschen mit der Zeit ein Leben auf, welches man gerne als „rund“ bezeichnet: Sinn, Beziehung, Job, Gesundheit – irgendwie scheint alles zu stimmen.

Andererseits kennen wir auch die großen Redenschwinger, die zwar angeblich könnten (wenn sie würden) und die (eigentlich) genau wüssten, was sie sollten. Leider tun sie oft nicht, was sie wissen. Und am Ende können sie auch nichts, weil sie nie etwas dafür getan haben. Also: Husch, husch zum Therapeuten, schmollend in die Opferecke, auf das nächste Seminar, um das Übel bei der Wurzel zu packen und (endlich) den Arsch hochzukriegen! So lange bis die nächste Diagnose, depressive Verstimmung oder lahme Ausrede daherkommt. Dann heißt es wieder: „Eines Tages, wenn du so weit bist, wirst du ...“ Drama, Drama …

Seit einigen Jahren mache ich mir daher einen Spaß daraus, scheinbar alltägliche Situationen mit der motivationspsychologischen Röntgenbrille zu durchleuchten und herzuleiten, durch welche oft erstaunlich simplen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern sich die (Vorsicht, Klischeewörter!) Gewinnertypen von den eher traurigen Verlierern unterscheiden.

So sind mittlerweile einige Texte entstanden, die ich in diversen Blogbeiträgen, Artikeln, Newslettern oder Podcasts veröffentlicht habe. Und als ich vor kurzem in meinen alten Texten schmökerte, ist mir die Idee gekommen, einige davon zusammenzustellen, teilweise zu überarbeiten – und als kleines Buch zu veröffentlichen. Dieses Buch halten Sie nun in den Händen.

Ich habe mich bemüht, die willkürlich ausgesuchten, inhaltlich voneinander unabhängigen Texte möglichst leicht konsumierbar zu machen. Wie bei einem Buffet sollen Sie sich leicht bedienen können, wobei das Buffet hier natürlich aus motivierenden Gedankengängen besteht: Ein bisschen hiervon, ein wenig davon. Beginnen Sie also ruhig in der Mitte, am Ende, am Anfang. Lesen Sie das Buch einfach so, wie Sie es wollen. Hören Sie auf, wenn Sie satt sind, fressen Sie sich durch, bis Sie satt sind. Oder lesen Sie sich so hungrig, dass Sie Appetit kriegen auf mehr. (Weitere Texte werden folgen, glauben Sie mir.)

Es würde mich also freuen, Ihnen mit diesem Büchlein ein paar Türen zu öffnen in eine Welt aus konstruktiven Wahrnehmungen, Gedanken und Handlungen, in der Sie wirklich gut leben und Großes vollbringen können. Auch wenn es dafür eigentlich immer wieder nur um vermeintliche Kleinigkeiten geht.

Ja, genau: eigentlich ...

Viel Spaß beim Gedankentanken!

Ihr Dr. Stefan Frädrich

AC/DC und das „erste Mal“

Vor ein paar Wochen genoss ich auf unserer Dachterrasse AC/DC – live: Am Stadtrand gaben die australischen Hard-Rock-Dinos ein kilometerweit hörbares Open-Air-Konzert. Gute Sache!

AC/DC auf dem Dach

Doch während ich ziemlich happy altbekannten Songs wie „For Those About to Rock“, „Back in Black“ oder „Thunderstruck“ lauschte, fragte ich mich, wie oft die älteren Herren um Angus Young und Brian Johnson diese Stücke in ihrem Leben wohl schon gespielt haben mochten – und wie sie es hinbekamen, ihr Publikum auch noch beim X-tausendsten Mal so mitzureißen? 

Ich vermute, die Antwort ist simpel: Sie spielen jedes Konzert so, als wäre es ihr erstes. Und nein, ich will damit nicht sagen, dass AC/DC unter Demenz leiden. Vielmehr glaube ich, dass sie sich jedes Mal (ja, jedes einzelne Mal!) so ihrer Sache hingeben, als wäre genau dieser gerade im Moment gespielte Song vor genau diesem Publikum der einzigste und wichtigste Moment in ihrem Musikerleben. Denn nur so schaffen sie (und andere Live-Performer) es, dass sich ihre Arbeit zwar professionell, aber immer noch frisch, echt und einzigartig anfühlt.

Die unzähligen kleinen professionellen Routinen nehmen ihnen so keine Lebendigkeit weg, sondern geben ihnen die Sicherheit, sich auf das zu konzentrieren, worauf es im Kern ankommt: auf die Sache selbst, auf ihre Performance, auf das Jetzt – und genau das spürt das Publikum.

Jeder spielt sein eigenes Konzert

Na? Kommt Ihnen das bekannt vor? Ich hoffe doch. Denn jeder (ja, wirklich jeder!), der voll und ganz „sein Ding macht“, kann (und sollte) in seiner Arbeit Ähnliches erleben:

Der Top-Chirurg operiert schon seinen 500sten Blinddarm – und ist dabei trotzdem zum allerersten Mal in genau diesem einen Bauch. Die Frisörin schneidet eine Frisur zwar schon zum 750sten Mal – aber verschönert damit einen Kopf, für den die Frisur eine Premiere ist. Der Verkäufer trifft auf seinen 1.000sten Kunden – und muss sich trotzdem auf ihn einstellen, als wäre es der Allererste.

Wer wirklich liebt, was er tut, kann das genau so erleben – und wird dadurch mit der Zeit immer besser werden. Wer es nicht liebt, kämpft gegen vermeintlich langweilige Routine – und bleibt im Mittelmaß stecken.

So wie beim „ersten Mal“

Der Trick besteht letztlich darin, sich wirklich auf jedes einzelne Mal so zu konzentrieren und dabei (trotz aller Routinen) ganz „da“ zu sein, im Moment zu leben und das Beste zu leisten, was gerade geht. Wer das schafft, wer sich das beibringt, lebt glücklich im Flow und wird zeitlebens besser.

Auch ich werde ab und zu gefragt, wie oft ich Vorträge und Seminare halte. Und wenn ich dann antworte, dass ich in den letzten Jahren auf locker über tausend komme, sehe ich in ungläubige Gesichter und höre hin und wieder die Frage: „Wie können Sie sich dazu denn noch motivieren?“

Nun, die Antwort ist im Kern die gleiche: Ich halte nicht tausend Mal den selben Vortrag oder das genau gleiche Seminar. Sondern jeder einzelne Vortrag vor jeder einzelnen Gruppe ist für mich wie eine Premiere (obwohl viele Inhalte immer wieder gleich sind). Denn (fast) jeder im Publikum oder in der Seminargruppe hört mich zum ersten Mal. Und wer mir bereits einmal gelauscht hat und es wieder tut, hat den Anspruch, es möge ihm mindestens so gefallen wie beim letzten Mal – sonst wäre er ja nicht wiedergekommen.

(Manchmal glaube ich sogar, ich halte gar keine Vorträge, sondern die Vorträge sprechen mich. Ich lasse einfach laufen, was ich sagen will: Es entstehen Gedanken, Worte, Sätze. Scheinbar mühelos quillt es dann aus aus mir heraus. Zwar schon oft formuliert, aber immer noch irgendwie neu. Der Inhalt benutzt mich gewissermaßen als Medium, um wieder und wieder vermittelt zu werden.)

Genau so hoffe und erwarte ich von AC/DC, dass sie sich bei jedem (ja, wirklich bei jedem einzelnen!) Konzert die Mühe geben, die es rechtfertigt, sich nicht einfach nur einen Song aus der Mediathek reinzuziehen, sondern ihre Musik live zu erleben.

Damit ein unvergesslicher Augenblick entsteht: für jeden einzelnen Musiker (Chirurg, Frisörin, Verkäufer) und für jeden einzelnen Open-Air-Besucher (Patienten, Kunden, Klienten, Kollegen, Freund(in), Partner, Sohn, Tochter, …).

Also: Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Was tun Sie so Tag für Tag (beziehungsweise müssen Sie täglich tun)? Schaffen Sie es, sich dabei so hinzugeben, wie ein paar ältere Herren aus Australien?

Was man von Rockmusikern so alles lernen kann …

Wann es feige ist, feige zu sein (und wann nicht)

Ich finde ja, es ist nichts dabei, „feige“ zu sein: wenn uns ein betrunkener Autofahrer chauffiert, wir unser gesamtes Vermögen auf eine einzige Aktie setzen oder wir in den Eisbärkäfig klettern, um mit Knut zu kuscheln. Hier gilt: hohes Risiko! Mag ja sein, alles geht gut aus. Aber was, wenn nicht? Dann hätten wir gute Chancen auf einen „Darwin-Award“ wegen Dämlichkeit. Besser also, wir kneifen.

Einsatz verdoppeln?

Was aber ist ein Feigling? Einer, der so gut wie immer feige ist – und zwar selbst bei überschaubaren Gefahren. Wenn Sie Backgammon spielen, kennen Sie die Funktion des Doppel-Würfels: Sobald sich ein Spieler im Vorteil wähnt, kann er seinem Gegner anbieten, um den doppelten Einsatz zu spielen – also etwa um zwei Punkte statt um einen. Nimmt der Gegner nun an, riskiert er wahrscheinlich einen doppelten Verlust – schließlich liegt er im Spiel zurück. Lehnt er hingegen ab, verliert er sofort – und zwar nur den einfachen Punktwert. Na, wie würden Sie reagieren, wenn Sie zurückliegen? Alles hinwerfen? Lieber gleich einfach verlieren als den doppelten Verlust riskieren? Schade! Denn: Immerhin können Sie noch gewinnen – vor allem wenn der Doppel-Würfel sehr früh im Spiel zum Einsatz kommt, ist noch alles drin!

Rechnen wir mal: Angenommen, Ihr Gegenspieler doppelt, sobald er schätzt, dass die Gewinnchancen 70:30 für ihn stehen, und Sie nehmen den Doppel an. Dann verlieren Sie in zehn Partien 7 mal 2 Punkte, also 14 Punkte. 6 Punkte aber gewinnen Sie! Immerhin 30 Prozent aller Spiele, also 3 Siege mit je 2 Punkten. Und unterm Strich kommt dabei ein Verlust von 8 Punkten heraus (6 gewonnene minus 14 verlorene). Schade, schade. Aber: Lehnen Sie den Doppel-Würfel hingegen jedes Mal ab und geben sofort auf, verlieren Sie alle 10 Partien einfach – und somit ganze 10 Punkte! Sie bringen sich also um zwei Siegespunkte.

Arme „Feiglinge“!

Es scheint also so, als hätte ein „Feigling“ schlechtere Karten: Er vermeidet Risiken und verliert deswegen nicht nur häufiger, er verliert auch mehr Punkte. Außerdem gewinnt er nicht. Apropos gewinnen: Drehen wir die Betrachtung einmal um! Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Wahl, entweder mit 80-prozentiger Sicherheit 1.000 Euro zu gewinnen oder mit 100-prozentiger Sicherheit nur 700 Euro. Wie würden Sie sich entscheiden? Wohl die meisten würden hier spontan die sicheren 700 Euro nehmen – schließlich ginge man leer aus, wenn man das Pech hätte, zu den 20 Prozent Verlierern zu gehören. 

Aber: Auch hier ist die „feige“ Entscheidung statistisch betrachtet falsch: Denn diejenigen, die die unsichere Variante wählen, gewinnen im Schnitt 800 Euro – also 100 Euro mehr als die vermeintlichen Feiglinge! Am besten fahren wir also, wenn wir uns an der höchsten Gewinn-wahrscheinlichkeit orientieren und Verluste gut wegstecken können – denn immer gewinnen geht halt nicht.

Durst in der Wüste

Warum aber neigen wir so häufig zur „Feigheit“? Weil unser Gehirn („Günter“) in erster Linie unser Überleben sichern will – und dafür reagiert es kurzfristig auf Gefühle: weg vom momentan Unangenehmen, hin zum Angenehmen. Statistik ist dem Gehirn dabei egal. Langfristigkeit auch.

Stellen Sie sich mal vor, Sie wandern durch die Wüste und haben einen riesigen Durst. Plötzlich treffen Sie auf einen anderen Wanderer, der Ihnen ein paar Schluck aus seiner Wasserflasche anbietet. Es wäre nun wahrlich bescheuert, die Flasche abzulehnen, nur weil in fünf Kilometern die nächste Oase auf Sie wartet! Also: Belohnung? Klar: sofort und mit 100-prozentiger Sicherheit! Egal, ob später mehr und vielleicht bessere Drinks auf Sie warten.

Bomben im Stadion

Natürlich ist die Situation nicht vergleichbar – der Einsatz in der Wüste ist schließlich ungleich höher: Es geht um unser Leben. Also scheinen wir immer dann gut beraten zu sein, den langweiligen Spatz in der Hand zu wählen, wenn es um besonders viel geht. Würden Sie zum Beispiel zu einem Fußballspiel ins Berliner Olympiastadion gehen, wenn Sie wüssten, dass bei jedem Spiel irgendwo eine Bombe hochgeht, bei der vier Menschen getötet werden? Vermutlich nicht, Sie sind ja nicht bescheuert. Das Spiel sollen sich lieber andere angucken! Und schon gar nicht, wenn wir die Wahrscheinlichkeit erhöhen, von der Bombe erwischt zu werden – sagen wir mal, indem wir 525 Leute wegbomben. Bei jedem Spiel wohlgemerkt.

Sie fragen sich, was das soll? Nun: Jedes Jahr sterben in Deutschland etwa 3.000 Menschen am Passivrauchen. Bei großzügig geschätzten 60 Millionen Nichtrauchern ist das ein Anteil von 0,005 Prozent, was etwa 4 Personen (3,75 um genauer zu sein) in einem 75.000 Leute fassenden Stadion entspricht. Ach, und wir meckern über das Rauchverbot in Gaststätten? Als Raucher würde man sich über solchen Zahlenkleinkram totlachen? Richtig: 140.000 Zigaretten-Tote gibt es jedes Jahr unter Rauchern zu beklagen, was bei ungefähr 20 Millionen Rauchern (die Ex-Raucher mal nicht mitgerechnet) einem Anteil von 0,7 Prozent entspricht – oder eben 525 Toten in einem 75.000 Leute fassenden Stadion. Bei jedem Spiel – und Sie haben eine Dauerkarte …

Sicherheit im Hier und Jetzt 

Wie gesagt: Wahrscheinlichkeiten sind unserem Gehirn egal. Es zählt nur die vermeintliche Sicherheit des Hier und Jetzt. Rauchen aufhören? Verlustgefahr! Also: rauchen, so wie immer. Die Folgen: kurzzeitig Erleichterung, langfristig Aua. Mal eine neue Herausforderung angehen und sich freiwillig verändern? Verlust des Gewohnten möglich – lieber nicht! Sollen die anderen die Chancen ergreifen. In die Selbständigkeit investieren bei guten Gewinnchancen? Was aber, wenn es nicht klappt? Besser abwarten, bis alles wirklich sicher ist – und sich unsere Mitbewerber das größte Stück vom Kuchen geschnappt haben. Sie sehen: eigentlich ganz logisch unser „Günter“! Schließlich will er, dass es uns gut geht.

Kluge „Feiglinge“!

Wie aber geht es uns noch besser? Indem wir den Tatsachen ins Auge sehen: Oft tun wir besser daran, Risiken in Kauf zu nehmen und etwas zu wagen, uns zu verändern und nicht so sehr an unseren kurzfristigen Gefühlen zu kleben, als immer den vermeintlich sicheren Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Vor allem wenn wir durchaus realistische Gewinnchancen haben und das Risiko überschaubar bleibt. Voraussetzung natürlich aber: Im Falle eines Verlustes darf keine (lebens)bedrohliche Situation für uns entstehen!

Nein, wir sollten also nicht unser gesamtes Geld beim Roulette auf nur eine Farbe setzen. Und wir hoffen, dass der Pilot vor unserem Flug in den Urlaub auch jedes Mal alle Instrumente checkt. (Auch wenn wir gerne mal unsere ganze Karriere bequem an einen einzigen Arbeitgeber knüpfen und im Auto mitunter den TÜV verpennen …) Denn je höher das Risiko, desto egaler wird die Wahrscheinlichkeit: Wenn es uns erwischt, sieht es düster aus – selbst wenn es uns nur ganz selten erwischt.

Wie traurig das ausgehen kann, zeigt sich hin und wieder wenn Menschen ohne wirkliche Sicherheiten hohe Fehlspekulationen getätigt haben – und plötzlich vor einem scheinbar nicht zu bewältigenden Scherbenhaufen stehen. Wäre also ein „gesundes“ Maß an „Feigheit“ beim Spekulieren vorher besser gewesen? Es scheint so.

Mögliche Lösung: nachdenken und abwarten

Also: zocken? Niemals, wenn das Risiko nicht weit genug gestreut und der Einsatz alles ist, was man hat! Andererseits: Warum nicht, wenn verlockende Gewinne winken und wir den Einsatz als Spielgeld betrachten können?

Deshalb: Auf welche Erfolgsfaktoren läuft all das hinaus? Zunächst auf eine gewisse Portion abstraktes Denkvermögen. Wir sollten nicht jedem Impuls blind folgen und uns auf unsere unfehlbare Intuition berufen. Ab und zu empfiehlt es sich, nachzudenken. Und es ist wichtig, Belohnungen aufschieben zu können und nicht immer sofortige Bedürfnisbefriedigung zu erwarten – denn morgen sind Befriedigungen oft noch schöner!

Malediven trotz Tsunami-Gefahr

Ich selbst bin übrigens auch nicht frei von „Feigheit“. Als wir für unseren Silvesterurlaub die Malediven aussuchten, geisterten mir nicht nur die Begriffe „Palmen“, „Sonne“, „blaues Meer“ und „Tauchen“ durch den Kopf, sondern vor allem auch der Begriff „Tsunami“! Immerhin waren am 26. Dezember 2004 auch die Malediven von einer der schlimmsten Tsunamikatastrophen der Geschichte betroffen gewesen. Sie denken sich nun womöglich: „Na der hat Probleme! Will auf die Malediven und macht einen auf Mitleid?“

Doch ganz im Ernst: Als ehemaliger Möchtegern-Rechtsmediziner (ja, lange Zeit wollte ich einmal ein „Quincy“werden – ein paar Wochen Praktikum in der Berliner Rechtsmedizin reichten allerdings aus, um diesen Wunsch wieder zu zerstreuen …) assoziiere mit dem indischen Ozean genauso schnell „Tsunami-Opfer“ wie „Strandurlaub“ – tatsächlich habe ich noch etliche sehr realistische Erinnerungen an Menschen im Kopf, die ertrunken waren. Der Tod durch Ertrinken gehört für mich somit jederzeit in den Bereich realistischer Möglichkeiten. Gebrannte Kinder scheuen eben das Feuer.

Aber: Ich WOLLTE doch unbedingt auf die Malediven! Also half wieder der Stadionvergleich: 2004 starben von den 300.000 Einwohnern der Malediven durch den Tsunami etwa 100. Das ergab 0,0333 Prozent und somit 25 Bombenopfer im 75.000-Leute-Stadion – keine Chance, ich würde zuhause bleiben! Naja, zumindest ließ ich mir sehr viel Zeit mit der Bezahlung und schloss ausnahmsweise mal eine Reiserücktritts-versicherung ab… Geholfen hat letztlich die Überlegung, dass so ein schlimmer Tsunami nur alle paar Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte vorkommt. Und wann, das weiß letztlich keiner. Also gehen wir mal davon aus, die Bombe ginge nur in jedem 25. Spiel hoch (alle 25 Jahre, was hoffentlich nicht vorkommen wird), sind wir schon bei „nur“ einem einzigen Opfer pro Spiel – und dieses Risiko wiederum würde ich durchaus eingehen! So als echter Fußballfan. Außerdem hatte ich ja die Möglichkeit, mich zu informieren, was im Falle eines Falles zu tun sei: irgendwo festhalten, auf Dächer klettern und ähnliches.

Sprich: Das Risiko wurde durch nachdenken bewusst und erschien durch weitere Informationen begrenzbar. Es ist demnach um das Vierfache wahrscheinlicher, am Passiv-Rauchen zu sterben als durch eine Monsterwelle! Oder wollte ich den Urlaub einfach zu sehr? Rationalisiere ich hier nur? Naja, egal: Ich muss Ihnen wohl nicht verraten, wo wir unseren Silvesterurlaub verbrachten – es war traumhaft! Und wir würden jederzeit wieder hinfliegen.

Feigheit? Mut? Es kommt drauf an!

Also, was bleibt? Wir haben immer noch keine Ahnung, was die Zukunft für uns bringt. Aber – vor Entscheidungen gestellt – können wir nun einen groben Algorithmus herleiten:

Wenn wir nicht wissen, wie die Dinge für uns ausgehen, sollten wir

erstens – unsere Chancen so realistisch wie möglich einschätzen! Oft steht es gar nicht so schlecht um unsere Gewinnwahrscheinlichkeit.

Zweitens: Machen wir uns klar, welche Risiken wir mit jeder möglichen Entscheidung eingehen! Oft droht uns schließlich der größte Verlust, wenn wir überhaupt kein Risiko eingehen. Ist der Einsatz also überschaubar, spricht nichts gegen ein wenig Mut – denken wir lieber optimistisch und langfristig! 

Aber drittens: Je größer unser Einsatz wird, desto eher wird Risiko zur Dummheit – vor allem bei schlechten Chancen. In diesem Falle: Finger weg! Wir sind ja nicht blöde. 

Na, wie sieht es nun mit Ihnen aus? Sind Sie ein „Feigling“? Ich jedenfalls nehme mir die Freiheit auch in Zukunft hin und wieder einer zu sein. So wie ich ebenfalls in Zukunft immer wieder gewagte Projekte beginnen werde. Und zwar beides zu recht. Es kommt eben drauf an.

So explodiert Leistung

Wovon hängt eigentlich ab, wie leistungsfähig wir sind? Ja, ja, ich weiß: Viele Faktoren bestimmen die momentane Leistungsfähigkeit. Zum Beispiel unser Talent, unsere Tagesform, die Laune unserer Mitarbeiter und Kunden, unsere aktuellen Kenntnisse und Fähigkeiten, die Wirtschaftskrise, der Blutalkoholspiegel vom Vorabend, unsere Gene, unser Umfeld, nicht bewältigte (oder besonders gut bewältigte) Kindheitstraumata, und, und, und.

Talent, Trauma, Gene?

Aber welche Faktoren lassen unsere Leistung so richtig explodieren? Nur Talent kann es kaum sein – schließlich kennen wir alle den Typus des erfolglosen „ewigen Talents“. Wäre dieses eben „nur“ systematisch entwickelt worden …

Auch die Kindheitstraumata alleine sind nicht schuld – im Gegenteil: Wussten Sie zum Beispiel, dass der Verlust eines Elternteils während Kindheit und Jugend sogar zum Lebenserfolg beitragen kann? Traurige Tatsache: Etliche A-Persönlichkeiten waren oder sind Waisen – Caesar, Kopernikus, Michelangelo, Napoleon, Washington, Newton, Bach, Händel, Darwin, Nietzsche, Louis Armstrong, Mahatma Ghandi, Charlie Chaplin, Bill Clinton, Madonna, Bono, Paul Mc Cartney, John Lennon, und viele mehr. Warum? Nun, manchmal scheint gerade das Erleben äußerster Verwundbarkeit das Gefühl zu wecken, nicht sicher zu sein im Leben – und sich dann in höchste Leistung umzuwandeln: „Je besser ich bin, desto sicherer lebe ich.“ Ja, Traumata können motivieren: Was so weh tut, darf schließlich nie wieder passieren!

Und wie sieht es mit den Genen aus? Alles weist darauf hin, dass diese zwar eine Rolle spielen können, aber längst nicht müssen.

Was das Lernen von Musikinstrumenten über Leistung verrät

Einen Riesenschritt zur Lösung unseres Rätsels hat der Psychologe Gary McPherson gemacht („Commitment and Practice: Key Ingredients for Achievement during the early Stages of Learning an Musical Instrument“, in Council for Research in Music Education 147, 2001): McPherson untersuchte 157 zufällig ausgesuchte Kinder, die ein Musikinstrument lernten. Ziel der Untersuchung: Welche Kinder wurden dank welcher Faktoren besonders gut?

Zunächst zeigte sich, was zu erwarten war: Ein paar lernten sehr schlecht, ein paar wenige unerwartet gut, und die mit Abstand meisten Kinder landeten irgendwo im Mittelfeld dazwischen. Wie aber kamen die besonders guten Leistungen zustande? Überraschung: Zunächst konnte McPherson ausschließen, dass die besonders erfolgreichen Entwicklungen etwas mit Intelligenz, Gehör, Mathematikkenntnissen, sensomotorischen Fähigkeiten oder Familieneinkommen zu tun hatten! Unerwartet, nicht wahr?

Woran lag es dann? Überraschung Nummer zwei: Wie sich zeigte, lag der Unterschied in einer kleinen, scheinbar unbedeutenden Frage, die den Kindern zu Beginn der Übungsphase gestellt worden war: „Was meinst du, wie lange du das Instrument spielen wirst?“ Die Kinder hatten folgende Antworten zur Auswahl: dieses Schuljahr, nur während der Grundschulzeit, während der gesamten Schulzeit, oder das ganze Leben lang.

Die Kinder gaben also einen Tipp ab, wie wichtig das Instrument für sie zukünftig werden würde. Und nun wurden die Antworten in drei Kategorien eingeteilt: kurzfristige, mittelfristige und langfristige Leistungsbereitschaft. Sie ahnen schon, was kommt? Geduld noch.

Weiter mit dem Versuch: Denn jetzt teilte McPherson die Kinder auch noch danach ein, wie lange sie wöchentlich übten: wenig (20 Minuten), mittel (45) oder viel (90). Und als McPherson nun die Übungszeiten mit der langfristigen Leistungsbereitschaft verglich, zeigte sich ein unerwartetes Ergebnis:

Die Kinder, die nur eine kurzfristige perspektivische Leistungs-bereitschaft hatten, erbrachten klar die schlechtesten Leistungen. Besonders interessant dabei: Sie wurden selbst durch intensives Üben nicht besser!

Die Kinder mit der mittelfristigen Leistungsbereitschaft waren erwartungsgemäß besser. Hier verbesserten sich die Leistungen auch mit der Übungsdauer.

Nun der Hammer: Die Kinder mit der langfristigen Leistungs-bereitschaft waren die mit Abstand besten. Selbst mit der geringsten Übungsdauer waren sie immer noch besser als die kurzfristig Motivierten mit der längsten Übungsdauer! Und: Ihre Leistung schnellte mit längerer Übungsdauer viel steiler nach oben als bei den mittelfristig Motivierten – sie explodierte förmlich! Bei gleichen Übungszeiten waren die Kinder, die langfristig motiviert waren um ganze 400 Prozent besser als die nur kurzfristig Motivierten!

Die Leistungsbooster: Motivation plus Übung

Damit liegt auf der Hand, was die eigentlichen Booster für Spitzenleistungen sind: Motivation und Übung. Treten sie gemeinsam auf, können sie sich gegenseitig in stratosphärische Höhen schießen. Sie sind somit wichtiger als Intelligenz, Herkunft, Talent, Geld oder Erziehung. Sie sind die Erfolgsmacher unseres Lebens.

Was heißt das aber im Umkehrschluss? Womöglich, dass Übung ohne Motivation, Sinn oder Perspektive vergebene Liebesmühe ist! Mal ehrlich: Haben wir diese Erfahrung nicht alle schon etliche Male seit Beginn unserer Schulzeit gemacht? Dass wir zum Beispiel in Fächern, die uns nicht interessierten, schlecht waren, selbst wenn wir darin geübt hatten? Könnte es also sein, dass schlechtere Leistungen überhaupt nichts über unsere Intelligenz oder grundsätzliche Leistungsfähigkeit aussagen, sondern nur über unsere Motivation bezüglich eines bestimmten Themas (oder Lehrers)?

Und: Würde das nicht auch bedeuten, dass große Teile unserer schulischen und beruflichen Auswahlverfahren am Ziel vorbeischießen, indem sie „nur“ durch Leistung die Guten identifizieren und die weniger Guten aussortieren wollen?