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»Turbulenzen« – Teil 5 von AERA – Die Rückkehr der Götter: Das große Dark-Fiction-eSerial des Meisters der Phantastik! Es geschah. Von einem Tag auf den nächsten waren sie wieder da: Götter. Und zwar die alten Götter. Jene, welche die Bibel mit »Du sollst neben mir keine anderen Götter haben« meinte – und deren Existenz die Heilige Schrift der Christen niemals in Abrede stellte. Interpol-Ermittler Malleus Bourreau ist Atheist geblieben in einer Welt, in der es vor Göttern nur so wimmelt. Und er ist gut in seinem Job, denn er hat keinen Respekt. Nicht vor Menschen und nicht vor Göttern. Sein aktueller Fall fordert ihn allerdings: Wertvolle Artefakte aus den verschiedensten Kulturen sind verschwunden, und die Diebe gehen dabei buchstäblich über Leichen. Wie hängen die Gegenstände zusammen? »Turbulenzen« ist der fünfte Teil des zehnteiligen eSerials »AERA – Die Rückkehr der Götter« von Markus Heitz: Sein aktueller Fall fordert ihn wie selten: Malleus befindet sich an Bord eines Flugzeugs, das ein unbekannter Gegenspieler entführte. Aber was führt er damit im Schilde? Geht es um die Maschine, einen der Passagiere oder um etwas ganz anderes? Was Malleus nicht weiß: Er hat einen geheimen Verbündeten an Bord. Und den hat er dringend nötig!
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Seitenzahl: 151
Markus Heitz
AERA Die Rückkehr der Götter
Episode 5 TURBULENZEN
Knaur e-books
»Turbulenzen« – Teil 5 von AERA – Die Rückkehr der Götter: Das große Dark-Fiction-eSerial des Meisters der Phantastik!
Es geschah. Von einem Tag auf den nächsten waren sie wieder da: Götter. Und zwar die alten Götter. Jene, welche die Bibel mit »Du sollst neben mir keine anderen Götter haben« meinte – und deren Existenz die Heilige Schrift der Christen niemals in Abrede stellte.
Interpol-Ermittler Malleus Bourreau ist Atheist geblieben in einer Welt, in der es vor Göttern nur so wimmelt. Und er ist gut in seinem Job, denn er hat keinen Respekt. Nicht vor Menschen und nicht vor Göttern. Sein aktueller Fall fordert ihn allerdings: Wertvolle Artefakte aus den verschiedensten Kulturen sind verschwunden, und die Diebe gehen dabei buchstäblich über Leichen. Wie hängen die Gegenstände zusammen?
»Turbulenzen« ist der fünfte Teil des zehnteiligen eSerials »AERA – Die Rückkehr der Götter« von Markus Heitz: Sein aktueller Fall fordert ihn wie selten: Malleus befindet sich an Bord eines Flugzeugs, das ein unbekannter Gegenspieler entführte. Aber was führt er damit im Schilde? Geht es um die Maschine, einen der Passagiere oder um etwas ganz anderes? Was Malleus nicht weiß: Er hat einen geheimen Verbündeten an Bord. Und den hat er dringend nötig!
Definition Turbulenz
(…)
Zusatz seit 12/2012:
Entitäten oder deren Wirken oder deren zugehörige Wesenheiten können ebenfalls zu Turbulenzen führen.
In einem beigefügten Update erhalten Sie einen Überblick, über welchen Gebieten es zu Dauerturbulenzen kommt.
Beachten Sie UNBEDINGT die veränderten Anforderungen an die Maschinen und die veränderten Flugkorridore!
! ACHTUNG !
Während des Flugs erhalten Sie minütlich Meldungen über Entitätensichtungen u. Ä. in Ihrem Gebiet und Ihrer Flughöhe!
Halten Sie sich bereit, JEDERZEIT den Kurs zu verändern, um eine Beschädigung/eine Zerstörung der Maschine zu verhindern.
Handbuch der Pilotenausbildung
überarbeitete Fassung 2018, V 18.09
Unbekannter Luftraum, November 2019
Malleus Bourreau erwachte davon, dass sein Mund schmerzte, weil er seine Zähne aufeinanderpresste. Zudem erklang ein reibendes Klirren.
Behutsam lockerte er die Muskeln, knirschend lösten sich die Kiefer und beendeten den Hauptschmerz. Ein anderer pochte auf seiner Brust, genau an der Stelle, an der ihn die Stewardess höchst unerwartet mit dem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt hatte.
Eine Entführung! Malleus sah sich im Innenraum des Jets um, der sich nach wie vor in der Luft befand. Das metallische Reiben stammte von Handschellen, mit denen man ihn am Sitz fixiert hatte; mehr als ein paar Zentimeter bekam er die Arme auf seinem Rücken nicht angehoben.
Außer ihm waren vier weitere Leute an ihren Plätzen festgebunden, wie er mit einigen Körper- und Kopfdrehungen erkannte. Zwei Männer, zwei Frauen. Ein älterer Mann erwachte gerade, die anderen lagen noch im Elektroschlaf. Da sich die Passagiere in der Kabine des Jets verteilt hatten, war es nicht möglich, unauffällig Kontakt aufzunehmen. Malleus würde rufen müssen, um auf sich aufmerksam zu machen und sich abzusprechen.
Er wandte sich nach vorne, wo sich der Durchgang zum Crewbereich und Cockpit befand, einzelne schwarze Haarsträhnen hingen ihm in die Augen, die er mit raschem Pusten zur Seite blies.
Der blaue Vorhang war zugezogen, dahinter erklangen leise Stimmen.
Wir waren vor dem Start acht. Die Sitzpositionen der drei fehlenden Leute konnte er aus dem Gedächtnis ungefähr zuordnen. Allerdings gab es keinerlei Blutspuren oder Hinweise auf einen Kampf.
Die Stewardess gehörte sicherlich zu den Entführern – aber die fehlenden Menschen? Saßen sie im Cockpit? Waren sie in den Laderaum gebracht worden? Aus welchem Grund?
Zu viele Spekulationen. Malleus versuchte, mit den gefesselten Fingern an seine Kleidertasche zu gelangen, um zu prüfen, ob man ihm seine Deringer aus dem hellen, kurtaähnlichen Obergewand genommen hatte.
Aber die Schellen waren zu gut gesetzt. Er konnte lediglich den Sessel betasten und fühlte ein Rohr, an dem die Metallklammern angebracht waren. Ohne einen Trick käme er vermutlich nicht frei, und wie lange er das Bewusstsein verloren hatte, wusste er nicht. Weder kam er an sein Gepäck noch an den Mantel mit den Ersatzwaffen.
Ich muss warten. Malleus hasste es, zur Untätigkeit verdammt zu sein.
Er machte es sich bequem, soweit es die Fesseln zuließen, und lauschte, ob einer der vier Gefesselten hinter ihm sich meldete. Dabei grübelte er, was die Entführung zu bedeuten haben mochte.
Ein Learjet war eine teure Sache. Wenn man ihn stahl und in einem skrupellosen Land aufsetzte, den Transponder entfernte und das Flugzeug umbenannte, konnte sich eine reiche Person auf eine Maschine für wenig Geld freuen.
Der Grund für die Entführung konnte aber auch einer der Passagiere sein oder gleich mehrere von ihnen oder deren Gepäck.
Oder zusätzlich transportierte Fracht.
Oder ich.
Dazu gesellte sich die Option, dass der oder die unbekannten Verbrecher das Flugzeug als Waffe nutzen wollten.
In der Vergangenheit waren vor allem fanatische Christen, Moslems oder Juden durch ihre Opferbereitschaft für ihren Glauben in die Nachrichten gekommen, indem sie Heiligtümer der zurückgekehrten Entitäten angriffen. Einen Jet in einen Tempel oder eine geweihte Stätte zu lenken, würde für Aufmerksamkeit sorgen. Die Anhänger der sonstigen Gottheiten hielten sich mit solchen Aktionen vornehm zurück.
Es gab obendrein die Organisation GodsEnd, die Götter zu Fall bringen wollte, indem sie deren Verwundbarkeit und Nicht-Allmacht aufzeigte, und das mit drastischen Aktionen. Auch dafür ließe sich ein Jet sehr gut einsetzen.
Der Vorhang bewegte sich, und die brünette Stewardess schob sich durch den Spalt in die Passagierabteilung.
Sie trug nach wie vor das adrette grün-gelbe Kostüm, doch die Jacke war geöffnet und darunter ein Schulterhalfter zu sehen. Rechts steckte ein Revolver, links der Taser, den Malleus zu spüren bekommen hatte.
»Ah, Mister Bourreau«, grüßte sie freundlich. »Entschuldigen Sie die Vorgehensweise, aber in Ihrem und unserem Interesse mussten wir die Passagiere rasch ruhig stellen.« Sie blieb vor ihm stehen. »Ist alles in Ordnung? Herzprobleme vom Stromschlag?«
»Nein«, gab er zurück. »Ich würde gerne eine Culebra rauchen. Blaue Banderole.«
Sie lachte freundlich und routiniert, wie man es von einer Flugbegleiterin gewohnt war. »Das kann ich Ihnen leider nicht gestatten. Aber was zu trinken vielleicht?«
Malleus nickte. »Was hat die Entführung zu bedeuten?«
Sie zwinkerte freundlich, verschwand kurz durch den Vorhang und kehrte mit einem vollen Becher Wasser und einem langen Strohhalm zurück. »Ich mache gleich eine Durchsage, wenn die anderen Gäste erwacht sind. Damit alle auf dem gleichen Stand sind.« Elegant stellte sie das Behältnis vor ihm auf dem Tischchen ab und steckte ihm das Trinkröhrchen zwischen die Lippen. »Nicht ungeduldig werden. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
Malleus trank, während sie weiterging und nach den übrigen Passagieren sah.
Einer fluchte und tobte, eine heulte und schimpfte, eine verlangte, aufs Klo zu dürfen, und der Vierte bat um ein Bier und einen Cognac.
Langer Weg, sagt sie. Wie hoch wird die Reichweite des Jets wohl sein?
Die Stewardess kam bald wieder nach vorne, nahm sich den Hörer der Sprechanlage und drückte ein Knöpfchen.
Ein Signalton erklang, mit dem um Aufmerksamkeit gebeten wurde.
»Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie im Namen von unserer soeben gegründeten Airline Con Air an Bord des Charterfluges 08-15 von Neu Karthago nach Wohin-auch-immer«, sagte sie gekonnt und ohne zu stocken. »Mein Name ist Tiffy. Wie Sie bemerkten, haben sich einige Dinge für Sie geändert. Über die genauen Gründe werden wir Sie einzeln am Platz unterrichten. Unser Sicherheitsexperte prüft gerade das Gepäck auf verbotene Gegenstände und Substanzen, bevor er zu Ihnen kommt und das Gespräch sucht. Bis dahin bitten wir Sie, Ruhe zu bewahren. Toilettengänge werden zu einem späteren Zeitpunkt angeboten. Nun wünschen der Kapitän und ich Ihnen und uns einen guten Flug.« Sie hängte den Hörer ein und verschwand lachend durch den Vorhang. »Das wollte ich schon immer tun«, hörte man sie leise sagen.
Jetzt bin ich so schlau wie vorher. Malleus hatte das Glas ausgetrunken und lehnte sich zurück.
Ein Blick aus dem ovalen Fensterchen zeigte ihm, dass sie hoch über den Wolken flogen; weder Meer noch Land waren zu sehen.
Die Sonne stand schräg hinter ihnen, demnach flogen sie nördlich. Noch schien der Kurs ungefähr der gleiche zu sein wie beim Start vorgesehen.
Ein untersetzter, korpulenterer Mann in einem schwarzen Overall und mit einer schwarzen Sturmhaube über dem Gesicht kam durch den Vorhang und setzte sich neben Malleus. Die Augen verdeckte er mit einer Sonnenbrille, als Waffe trug er eine Beretta 92 im Achselholster.
»Guten Tag, Mister Bourreau«, sagte er auf Englisch mit einem hörbar harten osteuropäischen Akzent. Ein Hauch von Leberwurst-Schweiß-Geruch ging von ihm aus. »Die Passagierdaten sagen, Sie sind Inspektor bei Interpol?«
»Das stimmt.«
»Dann wird es Sie bestimmt mehr ärgern als die anderen, nichts gegen die Übernahme tun zu können.« Er zog die Nase hoch.
»Es hätte mich mehr geärgert, wenn Sie ein Gott wären«, erwiderte Malleus und sah sein eigenes Gesicht in den Gläsern der Brille. Zu gerne hätte er sich mit Daumen und Zeigefinger über seinen Fu-Manchu gefahren, ein Manierismus, den er gerne pflegte. Aber die Fesseln verhinderten es ebenso wie das Rauchen einer dringend notwendigen Culebra. Grün wäre besser. Grün unterstützte sein Denken. »Oder sind Sie einer?«
»Ich entscheide zwar gerade über Leben und Tod, aber das tun die Menschen öfter als die Götter.« Der Maskierte lachte leise. »Was haben Sie in Neu Karthago gemacht, Polizist?«
Malleus fand es angenehm, dass man sich nicht weiter nach ihm erkundigt hatte – insofern es kein Trick war, um ihn in eine Falle zu locken. »Ermittelt. Privat.«
»Man kann Sie anheuern?«
»Ja.«
»Ist das erlaubt?« Der Mann klang verwundert. »Bei uns heißt das Bestechung, wenn ich einem Polizisten Geld gebe.«
»Bestechung ist etwas anderes. Und mein Arbeitsvertrag gestattet es mir.« Malleus fürchtete, dass er lange auf eine Zigarre warten müsste, die ihn beruhigte. Mehr als beruhigte. Abhängigkeit, die über ein normales Maß hinausging und über die er sich zum ersten Mal Gedanken machte. Machen musste. Alleine die Vorstellung, keine Culebra rauchen zu können, sorgte für körperliches Unwohlsein, Panik keimte auf. »Aber da Sie den Jet offensichtlich nicht meinetwegen entführt haben, ist es unerheblich für Sie. Habe ich recht?«
»Haben Sie.« Die schwarzen Brillengläser erlaubten keinen Blick auf die Augen und damit auf die Gefühlslage des bullig-kräftigen Mannes. »Sie werden wissen wollen, was ich mit dem Flugzeug vorhabe.«
»Sie machen nicht den Eindruck, als würden Sie es überall herumerzählen.« Malleus nickte zu Tiffy, die in diesem Moment durch den Vorhang trat und ihre aufmerksamen Blicke über die übrigen Passagiere wandern ließ. »Ich habe schon darüber nachgedacht, aber es gibt zu viele Möglichkeiten.«
Der Mann hob die Hand und klopfte damit mehrmals auf Malleus’ linke Schulter. »Das freut mich. Überraschungen bereichern doch das Leben.« Er erhob sich. »Verhalten Sie sich ruhig, Polizist, und ich tue Ihnen nichts.« Er ging weiter zum nächsten Passagier, der Leberwurstgeruch verschwand mit ihm.
Tiffy marschierte unterdessen den Gang entlang und verschwand auf der anderen Seite der Kabine durch einen weiteren Vorhang, danach erfolgte das Klacken einer Tür, deren Schloss einrastete. Sollte sie nicht auf die Toilette gegangen sein, befand sie sich auf dem Weg in den kleinen Frachtraum.
Was tut sie dort?
Nicht der beste Ort, um zu reisen, das gebe ich zu.
Schon gar nicht in einem Flugzeug, das sich auf über zehn Kilometern Höhe befindet.
Aber da ich ihm folge und ihn nicht wieder aus den Augen lassen will, nehme ich diese Sache in Kauf. Geht ja nicht anders.
Hier hinten gibt es für den Notfall zwei Atemmasken. Das erleichtert mir das Dasein als blinder Passagier.
Wieso eigentlich »blind«?
Habe ich nie drüber nachgedacht.
Weil die Besatzungen blind für die nicht zahlenden Gäste waren?
Weil sie mit blindem Vertrauen an Bord schlichen?
Egal.
Ziemlich wenig Gepäck, wo doch der Flug angeblich ausgebucht war. Haben vielleicht alle nur Handgepäck. Das in den Regalen sieht nach Zusatzfracht aus. Express.
Mal sehen, was die Passagiere dabeihaben.
Zeigt dem Onkel mal den teuren Fummel, Luxus-Ladies. Dessous wären lecker.
Mh. Merkwürdig. Einfache Klamotten, Durchschnittszeug, keine teuren Marken, wie ich vermutet hätte. Charterflüge sind nicht die billigsten.
Zudem … Munition?
Scheiße, tatsächlich. In dem Koffer sind randvolle Magazine mit je fünfzig Schuss. Ungewöhnliches Kaliber, Patronen ohne Hülsen. 9 Millimeter. Und das sind … geschätzte 5 Millimeter.
Ich kenne nur ein Gewehr, das mit dem mickrigen Kaliber und der Munition getestet wurde: das G11.
Die Leibwächter, die in diesem Jet fliegen, rechnen wohl mit schweren Angriffen. Gut zu wissen, dass Menschen mit solchen Wummen dabei sind.
Was geben die anderen Taschen noch so her?
Zzzzipp, klack, klack: aha, Geld.
Alte Euro, altrussische Rubel, Goldmünzen. Geschätzte fünfhunderttausend, würde ich sagen. Viel Geld, normale Klamotten – Understatement, um keine Räuber anzulocken. Und falls doch, sind ja die Herrschaften mit den Gewehren dabei.
Im Stauraum liegen verschiedene Pakete. Luftfracht, die nach Frankfurt mitgenommen wird. Was gibt es denn hier zu … huch, die Tür!
Da erscheint Besuch!
Eine brünette Stewardess kommt rein, die … einen Taser und eine Walther PPK unter ihrem Jäckchen trägt.
Das ist keine Standardausstattung, wenn ich mich nicht sehr irre.
Ich ducke mich zwischen die wenigen Koffer und schiebe behutsam den größten vor mich, damit sie mich nicht sieht.
Sie checkt die Staufächer … mit … einem Skinner. Ungewöhnlich, die schlanken Klingen werden eigentlich zum Häuten von Tieren benutzt. Wie sie das Messer handhabt … routiniert. Könnte damit auch Hälse aufschneiden. Bin ein bisschen verliebt. Hat bestimmt auch schicke Unterwäsche an, die Dame.
Sie wühlt zwischen den Paketen herum: Champagnerkisten, Panzerkassetten, in denen sich garantiert irgendwelcher Schmuck befindet, Packungen mit Weihrauchessenzen. Sie sieht enttäuscht aus. Hatte sich wohl mehr erwartet.
Eine Stimme kommt aus ihrer Jackentasche. »Wo bleibst du?«
Sie zückt ein Funkgerät. »Inigo, hier ist es nicht.«
»Es ist da. Ich habe den Behälter hingelegt.«
»Er ist nicht in den Staufächern. Und zwischen die Pakete ist er auch nicht gerutscht«, erwidert sie angepisst und betrachtet eine Champagnerflasche, als überlegt sie, die Pulle zu köpfen und sich wegzuschütten. Ich wäre dabei, Schönchen.
»Nicht in den Staufächern«, motzt Inigo. »Ich sagte: Neben den Staufächern. Sieh nach, ob es noch gut aufgehoben ist. Unser Kunde wünscht es so.«
»Soll ich es nicht …«
»Negativ. Lass es vorerst da.«
Die Stewardess steckt das Funkgerät wieder in die Tasche, flucht vor sich hin und findet endlich einen der Hardcase-Koffer, auf dem HUMAN GRAFT aufgedruckt ist.
Sie öffnet ihn, nimmt ein Behältnis raus, in dem … ist das ein Herz?
Scheiße, ja, das ist ein Herz in einer Plastiktüte!
Klein, frisch. Von einem Tier … von einem Kind?
Kurzer Blick von ihr, und wieder rein damit. Danach ist sie verschwunden.
Ha, ha, ha, das ist mal ein Horrortrip. Wir fliegen also ein süßes, niedliches Herzchen in einem Learjet, zusammen mit Munition von ausgemusterten Waffen, in dem zudem noch eine … ach, was soll’s.
Ich folge der schnieken Saftschubse heimlich bis hinter den Vorhang zum Passagierbereich. Will nach ihm sehen.
Ihm, dem ich folge.
Habe das Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Er wird mich brauchen.
Malleus konzentrierte sich, um die Unterhaltungen des kräftig-dicklichen Maskierten mit den Passagieren zu verstehen.
Der Entführer redete zwar sehr leise, doch die zwei Männer und zwei Frauen antworteten laut genug, um einen Eindruck davon zu bekommen, wer sich noch an Bord befand.
Und die Runde schien illuster zu sein.
Die jüngere blonde Frau schräg hinter ihm war die Tochter eines reichen Industriellen; der etwa dreißigjährige Typ in billiger Kleidung verdingte sich als Hacker, der anscheinend die besten und kompliziertesten Systeme geknackt hatte; der ältere Herr gehörte zur Spitze eines Konzerns, dessen Namen Malleus leider nicht verstand, und die gestandene Blondine war Multimillionärin.
Durch die Bank Ziele, die sich lohnen. Aus verschiedenen Gründen.
Malleus begriff, dass er Beifang war. Die Entführer der Maschine konnten ihn am wenigsten brauchen. Er nützte ihnen nichts, nicht einmal als Geisel. Die übrigen vier Menschen brachten mehr Geld und mehr Aufmerksamkeit als er.
Wie Beifang üblicherweise endete, wusste er: Über Bord.
Malleus hatte beim Lauschen nicht aufgehört, seine Handschellen mit den Fingern zu erkunden, um das Fabrikat einzuschätzen. Als Ermittler kannte er Schwachstellen. Aber ohne passendes Werkzeug würde es unmöglich sein, die Fesseln loszuwerden.
Was er durch die Gespräche nicht herausfinden konnte, war der Grund der Kaperung.
Alle vier? Nur einer? Es blieb weiterhin Spekulation.
Sein Mund wurde trocken, obwohl er Wasser getrunken hatte, die Nervosität nahm zu. Sein Körper wünschte freundlich, aber bestimmt einen Zug von der Culebra. Nicht in einer Stunde, nicht in dreißig Minuten, sondern unverzüglich. Schweiß brach ihm aus.
Die Schritte des Maskierten näherten sich, der massige Mann ging an ihm vorbei und verschwand hinter dem Durchgang.
Die Gefangenen waren alleine in der Kabine.
»Sie sind Polizist?«, hörte Malleus, noch bevor er sich umdrehen konnte. Es war der Hacker, der panisch gefragt hatte, wie er an der Stimme erkannte. »Machen Sie was!«
Er rutschte auf dem Sessel zur Seite, soweit es die Schellen zuließen, der helle Stoff seines Obergewandes spannte sich unangenehm am Hals. »Das würde ich sofort. Aber ich befinde mich in der gleichen Lage wie Sie, Sir.« Wieder musste er eine schwarze Strähne mit einer Kopfbewegung aus den Augen schütteln. Ohne den bändigenden Hut machten die längeren Haare, was sie wollten.
Der ältere Mann lachte. »Das gefesselte Gesetz. Könnte ein Buchtitel sein.«
»Können wir uns kurz vorstellen? Damit wir wissen, mit wem wir es zu tun haben?«, warf die Millionärin ein. »Ich bin Eleonore Haviland.«
»Theodor Smythe«, erwiderte der Konzernmann.
»Ryko«, steuerte der Hacker bei.
»Ivanka de Bonde«, schloss die Blondine.
»Mein Name ist Bourreau«, stellte sich Malleus vor.
»Echt? Der Bourreau? Ryko lachte sofort auf. »Von Ihnen habe ich im Netz gelesen. Sie sind der Atheist, der auch gegen Götter ermittelt.«