AERA – Die Rückkehr der Götter - Markus Heitz - E-Book
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AERA – Die Rückkehr der Götter E-Book

Markus Heitz

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Beschreibung

Im Jahr 2019 herrscht eine neue Weltordnung: Die Götter kehren auf die Erde zurück. Alle Götter – bis auf einen. Während Odin, Zeus, Manitu, Anubis, Shiva und Co. sich ihre alten Kultstätten zurückholen und ihre Anhänger um sich scharen, warten Christen, Moslems und Juden vergeblich. Die einst mächtigsten Religionen der Welt werden bald als bedeutungslose Sekten belächelt. Mit »AERA - Rückkehr der Götter« hat Markus Heitz einen neuen Kosmos geschaffen - ein großes Vergnügen für alle Fans von düsterer Spannung und filmreifer Action! Die Gesamtausgabe des großes Dark-Fiction eSerials von Markus Heitz:

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 1010

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Markus Heitz

AERA Die Rückkehr der Götter

Roman

Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG.

Über dieses Buch

Es geschah. Von einem Tag auf den nächsten waren sie wieder da: Götter. Und zwar die alten Götter. Jene, welche die Bibel mit »Du sollst neben mir keine anderen Götter haben« meinte – und deren Existenz die Heilige Schrift der Christen niemals in Abrede stellte. Interpol-Ermittler Malleus Bourreau ist Atheist geblieben in einer Welt, in der es vor Göttern nur so wimmelt. Und er ist gut in seinem Job, denn er hat keinen Respekt. Nicht vor Menschen und nicht vor Göttern.

Inhaltsübersicht

Prolog

Episode 1

Episode 2

Episode 3

Episode 4

Episode 5

Episode 6

Episode 7

Episode 8

Episode 9

Episode 10

Season 2

AERA im Internet

AERA-Götterlexikon

Prolog

Teil 1

Teil 2

Teil 3

Teil 4

Teil 5

Teil 6

Teil 7

Teil 8

Teil 9

Teil 10

Prolog

 

 

 

TUN & LASSEN

Die informativ-amüsante Ratgeber-Serie für die Welt von 2019, in der es GÖTTINNEN und GÖTTER gibt.

Mit exemplarischen Beispielen

342. erweiterte Auflage, November 2019

keine Gewähr, keine Haftung

 

Geneigte Leser und Leserinnen,

mit diesem kleinen Ratgeber wollen wir die einschneidenden Ereignisse der letzten Jahre Revue passieren lassen … Wir erinnern uns an das Jahr 2012:

 

Von einem Tag auf den nächsten waren sie wieder da: Götter.

Und zwar die alten Götter.

Jene, welche die Bibel mit Du sollst neben mir keine anderen Götter haben meinte – und deren Existenz die Heilige Schrift der Christen niemals leugnete oder in Abrede stellte.

 

Manche Götter eroberten sich ihre alten Kultstätten zurück, auf welche vor allem die Christen ihre Kirchen gestellt hatten. Prächtige Bauten wurden dem Erdboden gleichgemacht und durch vergessene Symbole ersetzt.

 

Manch einer von Ihnen erinnert sich sicher an die Verwirrung, das Chaos auf der Welt; manch einer von Ihnen war vielleicht sogar dabei, als die Götter sich erstmals zeigten. Für Sie und alle anderen haben wir in den Archiven gegraben und einige Beispiele der damaligen Vorkommnisse zusammengestellt.

#1

Deutschland, RadioaufzeichnungAntenne Hamburg, 21.12.2012, 00.14 Uhr

SPRECHER: »Das war das Wetter in dieser wunderschönen Winternacht. Und jetzt haben Sie wie immer die Gelegenheit, in unser Studio durchzuklingeln und uns zu erzählen, was Sie alles an Silvester machen werden. Hier ist unser erster Anrufer, nein, eine Anruferin, wie ich gerade höre: Iris aus Horn.«

IRIS: »Ja, hallo, aber das … das ist gerade total abgefahren!«

SPRECHER: »Was genau machen denn du und deine Freunde?«

IRIS: »Wir wollten eben ins Auto steigen, dann kam da dieses Licht und … das ist gar kein Licht. Das ist so ein Wagen mit einem Mann drauf.«

SPRECHER: »Auf der Straße?«

IRIS: »Am Himmel! Kein Scheiß! Mit einer … keine Ahnung. Sah aus wie … der hatte zwei Vögel dabei, die um uns rumgeflattert sind! Nachts!«

SPRECHER: »Yo, Iris, ihr habt aber ganz schön einen gebechert, kann das sein?«

IRIS: »Ich verarsche dich nicht! Und jetzt … Scheiße, da ist noch einer. Der hat einen Hammer und … Scheiße! Scheiße, der hat die Kirche weggerissen! Das ganze Gebäude ist eingestürzt! Und …«

Das Telefonat bricht an dieser Stelle ab.

 

Im 21. Jahrhundert rechnete niemand damit, dass die Götter zurückkehren. Mitten hinein in das, was man Realität nennt.

Pyramiden, Tempel, Schreine und jedwede Heiligtümer oder besonderen Orte bekamen ihre Wichtigkeit zurück.

Mannigfaltig kamen die Götter und wirkten. Die Meldung über Sichtungen häuften sich und über die Wunder, die sie vollbrachten.

Hier unser nächster Beleg.

#2

MODERATOR: »Die Meldungen über Sichtungen von rätselhaften Wesen häufen sich. Experten gehen von einem perfekt koordinierten Streich aus. Die Weltuntergangshysterie rief so manche Spaßvögel auf den Plan. Teilweise sind die in den sozialen Netzwerken hochgeladenen Filmchen von extrem hoher Qualität, andere hingegen erinnern an das Blair Witch Project. Wir schalten live zu David Brauer, der mit einem Kamerateam für uns die Feier in Berlin am Brandenburger Tor begleiten sollte und erstaunliche Beobachtungen machte. David, was haben Sie gesehen?«

BRAUER: »Es ist schwer zu verstehen, was sich genau ereignete, aber mitten im Feuerwerk gab es einen gigantischen Lichtblitz wie bei einer elektrischen Entladung, und sämtliche Raketen erloschen. Man hat das Knallen gehört, aber es gab keine Explosionen am Himmel. Und dann erschien dieses übergroße Wesen, das die meisten Besucher, die wir anschließend befragten, an einen Wikinger erinnerte. Es hatte nur ein Auge und rief einige Worte in schwer verständlichem Deutsch.«

– Einblendung der aufgezeichneten Bilder vom Team, danach abgefilmte Handydisplays –

MODERATOR: »Die Skepsis befiehlt zu fragen: Kann es sich dabei um einen der zahlreichen Scherze handeln, mit der eine Gruppe von Hackern und Spaßvögeln die Welt in Atem hält?«

BRAUER: »Allerdings. Davon gehen zurzeit alle aus. Die Polizei sucht die Dächer der umliegenden Gebäude sowie das Brandenburger Tor ab, um die Projektoren zu finden. Es muss sich um sehr starke Apparate handeln, vermutlich ausrangierte Filmprojektoren.«

MODERATOR: »Wie lässt sich das Nichtzünden der Raketen erklären?«

BRAUER: »Die Polizei geht davon aus, dass der oder die Täter die eigentlichen Pulverkammern oder die innenliegenden Zündvorrichtungen einfach durchnässten. Das wäre durchaus möglich gewesen.«

MODERATOR: »Danach gingen die Feiern trotz der ungeplanten Unterbrechung weiter?«

BRAUER: »Ja. Das kann man wohl sagen!«

– Er tritt zur Seite, dahinter werden zahlreiche Holzfässer sichtbar. –

BRAUER: »Die Ablenkung nutzten die Täter, um fünfzig Fässer mit Met auf dem Platz abzuladen. Und es soll …«

– er hebt die Hand mit einer Tasse –

BRAUER: »… ausgezeichnet schmecken.«

 

Manche Götter traten vor Kameras, gaben Interviews und damit denen Mut und Antrieb, die immer an sie geglaubt hatten und deswegen verspottet worden waren.

Und ja: Sie offenbarten dabei auch ihre Persönlichkeit.

#3

Schweden, Oslo(nach der Abspaltung), Film auf einer Internetplattform, 29.12.2012, 21.11 Uhr

Ein Typ in einem Loki-Kostüm aus dem Film THE AVENGERS

MANN 1: »Ich bin Loki, Erdenmenschen! Ich bin gekommen, um …«

Die Tür geht auf, ein Mann in einem perfekt sitzenden Anzug kommt herein.

MANN 2: »Es tut mir leid, aber du bist eine Fälschung.« – lächelt in die Kamera –»Hallo, liebe Channel-User. Ich bin Loki und wollte mich kurz vorstellen. Ihr müsst wissen, dass eine neue Ära angebrochen ist.«

MANN 1: »Raus, du Idiot. Du versaust mir den Stream!«

MANN 2: – sieht Mann 1 an –»Welch albernes Kostüm. Damit folgt dir kein Mensch, mein Junge. Aber ich schlage dir eine Wette vor: Wenn du es schaffst, innerhalb von drei Sekunden meinen Namen zehnmal hintereinander richtig auszusprechen, mache ich dich steinreich! Und besorge dir ein besseres Kostüm.« – nickt in die Kamera –»Ich schwöre es!«

MANN 1: – schaut verwirrt –»Dann: Loki Loki Loki Loki Loki Loki Loki Loki Loki Loki!« – lacht laut –»Bämm! So!«

MANN 2: »Ich meinte meinen anderen Namen: Hveðrungr.« – zuckt mit den Achseln –»Aber ich will nicht so sein.« – macht eine Handbewegung, von der Decke lösen sich ganze Stücke und begraben den Typen unter sich samt Stuhl –»Steinreich sollst du dennoch werden.« – schaut in die Kamera –»Liebe Zuschauer: Vertraut den Bildern – ich bin zurück. Folgt mir. Spielt mit mir. Werdet reich, aber anders als er.« – lächelt und deutet eine Verbeugung an –

 

Fazit der Beispiele:

 

Egal ob Großer Geist, ob Mictlantecuhtli, ob Anubis, ob Odin und Thor, ob namenlose Naturgottheiten oder Legenden wie Mars und Hephaistos, ob Olorun, ob Erdmutter und Loa, ob Shiva oder Kami oder Manifestationen Buddhas oder Cai Shen – sie existieren. Real.

Aus Glaube wurde Wissen.

 

Aber warum tauchten sie erst im Jahr 2012 auf?

Dazu gibt es verschiedene Theorien, die von Zufall bis Absicht reichen. TUN & LASSEN will sich an dieser Stelle nicht an Spekulationen beteiligen.

 

Gerne bemüht wird dazu der Maya-Kalender, der seiner ganz eigenen Zeitrechnung folgte und bis Ende 2012 reichte, was von vielen als »Ende der Welt« interpretiert wurde.

Allerdings, so ergaben die T&L-Recherchen, wurden bis heute keine Inschriften entdeckt, die auf den Untergang beziehungsweise den Anfang einer neuen Welt hinweisen. Lediglich das Inschriftenmonument 6 (Fundort: El Tortuguero, westlich von Palenque) liefert eine interpretierbare Auslegung: Die Gottheit Bolon Yokte' K'uh erscheine in einem großen Akt.

Doch dass so viele Entitäten zurückkehren, davon wird nichts geschrieben.

 

Dementsprechend gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass der Christengott oder Allah oder Jahwe (dazu später mehr) erscheinen.

Forschungsergebnisse dazu fallen sehr unterschiedlich aus und genießen aufgrund der fehlenden Relevanz für die Gegenwart keine gesteigerte Aufmerksamkeit.

 

Oft zitiert von Skeptikern werden Erklärungsmodelle nach Malleus Bourreau, Ermittler bei Interpol, der als Atheist verschiedene Kriminalfälle verfolgt, in denen Gottheiten oder göttliches Einwirken eine Rolle spielt oder zu spielen scheint (siehe Kapitel: Persönlichkeiten).

 

Was tun die Götter weltweit?

 

Darauf kann leider auch bei dieser erweiterten und aktualisierten Ausgabe von TUN & LASSEN keine pauschale Antwort gegeben werden. Für die Eigenheiten und Handlungen regionaler Gottheiten nutzen Sie bitte unser T&L-Produkt: WO DIE GOTTHEITEN LEBEN im T&L-Shop (Datei und App).

Generell: Manche Götter leben unter den Sterblichen, in alten Tempeln, in neu errichteten Anlagen, in Hochhäusern, alleine in unterirdischen Bunkern oder kilometerhohen Türmen.

Manche von ihnen gründeten Firmen, um ihren Einfluss in der Welt der Sterblichen auszuweiten, mischen sich in Wertpapierhandel ein, betätigen sich in der Wirtschaft. Die Konzerne haben ein enormes Interesse daran, mit den Göttern ins Geschäft zu kommen.

Sollten Sie zu den Reisewilligen und Abenteuerlustigen gehören: Gerüchten nach nehmen manche Götter Auserwählte mit auf andere Planeten. Die Menschen bringen Andenken von dort mit oder errichten Gebäude, um dort zu verweilen.

 

TUN & LASSEN liegen keine schlüssigen Beweise vor, dass es sich dabei um wahrhaftige extraterrestrische Aufenthalte handelt oder ob die Personen einer vorsätzlichen Wahrnehmungstäuschung aufsaßen.

 

Das Mysterium der großen Drei

 

Bis zum heutigen Tag (Nov. 2019) warten Christen, Moslems und Juden nach Informationen von TUN & LASSEN unverändert auf das Erscheinen ihrer Gottheiten Allah, Gott und Jahwe.

Wiederum beteiligen sich TUN & LASSEN nicht an Spekulationen oder stellen gar die Existenz fehlender Entitäten infrage.

Womöglich wandeln die Erwarteten bereits im Geheimen auf der Erde oder wirken unerkannt Wunder, die bisher falsch zugeordnet wurden. Auch nach intensiven Recherchen ist T&L nicht in der Lage, hierauf eine Antwort zu geben.

 

Aus dem Fehlen der großen Drei folgte aber:

Die einst mächtigsten Religionen der Historie schrumpften zu Sekten ohne Gott.

Ihre Anhänger werden aktuell verlacht und verspottet, die betroffenen Glaubensrichtungen müssen ihre Gottesdienste im Geheimen oder dürfen sie nur unter Auflagen abhalten (siehe Kapitel: Religiöse Minderheiten).

Es folgten nach 2012 Massenkonvertierungen und Kriege, bis sich das Gefüge neu eingepasst hat (siehe Kapitel: Wie die Welt sich wandelte).

 

Fazit unserer kleinen Einleitung:

 

Die Welt hat sich gewandelt.

Sie wurde düsterer, nicht wenige Analysten vergleichen die Zeiten mit einer Stimmung, die man aus Filmen wie Blade Runner, Sin City oder dem klassischen Film noir kennt.

Aber das Positive ist: Es gibt die Menschheit noch.

 

Wir von TUN & LASSEN sind der festen Überzeugung, dass die Wandlung im November 2019 noch nicht abgeschlossen ist.

Und wir sind ebenso hoffnungsfroh, dass die Welt sich zum Guten entwickelt – denn Götter können keinen Gefallen daran finden, die Menschheit ins Unglück zu stürzen.

 

[…]

 

Die historisch interessierten LeserInnen haben mehrfach den Wunsch geäußert, eine einfache Zusammenfassung der gravierendsten Veränderungen von 2012 bis 2019 zu erhalten.

Diesen Anfragen kommen wir von TUN & LASSEN gerne nach.

Zur Vertiefung einzelner geschichtlicher Meilensteine empfehlen wir die Eigenlektüre sowie das Studium von T&L: Die Kontinente, die Gottheiten, die Veränderungen (24. dig. u. erw. Aufl., Mai 2019).

Wie es unsere Leserschaft gewohnt ist, bieten wir >>>exklusiven histo-Content, den Sie sonst nirgends finden werden.

 

Beginnen sollte man mit dem Dezember 2012, gemeinhin »die Phase des Wunderns, des Staunens, der Ungläubigkeit« genannt.

Die Welt hielt es zunächst für einen Scherz von Hackern in Verbindung mit Schauspielern und engagierten Nerds, um der Menschheit rund um den 21.12.2012 einen Schrecken einzujagen – bis die ersten echten nicht negierbaren Wunder und Angriffe durch Götter und göttliche Wesen geschahen (siehe Einleitung, Fallbeispiele).

 

Die erste größere Übertrittswelle begann Anfang 2013 in Europa (inkl. Russland) vom Christentum zu germanischen Gottheiten, Keltentum/Druiden, slawischen Gottheiten. Jene, die immer schon an den alten Riten festgehalten hatten, wurden von den Göttern bevorzugt. Auch Naturgottheiten, wie der Wicca-Kult, bekamen stärkeren Zulauf.

Die christlichen Kirchen wetterten, konnten aber nichts dagegen unternehmen.

 

Die erste Übertrittswelle im Nahen Osten beziehungsweise in muslimischen Staaten begann extrem moderat, zu stark waren die Bindungen der Menschen an Allah, egal ob Sunnit oder Schiit. Zudem war sehr wenig über die alten Gottheiten, wie beispielsweise Marduk, bekannt.

Ausnahme bildete hierbei Ägypten.

Die Götter hatten leichtes Spiel, ihr Volk wieder für sich einzunehmen. In Scharen traten die Ägypter zu den Entitäten über, was man in muslimischen Nachbarstaaten und Israel misstrauisch beäugte. Der herrschende Präsident ernannte sich zum Prä-Pharao.

 

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Erwähnt werden muss an dieser Stelle der Fall von Amunet Syrah Abdelghani.

Die junge Frau war als Fremdenführerin in den Pyramiden unterwegs. Bei einer solchen Tour blieb sie für mehrere Tag verschollen. Auch ein Suchtrupp fand keinerlei Spuren von ihr.

Als sie nach vier Tagen plötzlich in ihrer Wohnung auftauchte, konnte sie sich an nichts erinnern. Es gab keinerlei Zeichen von Gewalteinwirkung an ihr, ganz im Gegenteil: Sie war gebadet, geölt, und ihre Kleidung duftete.

Bei der abendlichen Dusche fiel Abdelghani ein Mal an ihrem Bauch auf, das an eine alte Hieroglyphe erinnerte. Auch wenn es sich nicht um eine Tätowierung handelte, ließ sich das Zeichen nicht mehr entfernen.

Als die junge Frau neun Monate später ein Kind zur Welt brachte, hatte das gesunde Mädchen exakt an der gleichen Stelle dieses Mal.

 

Somit lautet das Fazit 2013: Die Welt veränderte sich extrem, was teils gefürchtet, teils herbeigesehnt, teils gefeiert wurde.

Das größte Problem damit hatten jene Länder, welche den großen monotheistischen Religionen angehörten.

Die fernöstlich-asiatischen, polytheistischen Länder waren eindeutig im Vorteil: Sie bejubelten die Götter, götterähnlichen Wesen und Kreaturen, die sich plötzlich zeigten und die Gläubigen in ihren Ansichten bestärkten.

Auch in Australien und in den arktischen Gebieten wurde von vielen Wundern berichtet.

 

Kommen wir nun zum Jahr 2014.

Es brachte keine Ruhe oder gar eine rationale Auflösung der rätselhaften Erscheinungen. Vielmehr festigte es die Unterschiede und schürte Neid sowie das Begehren.

Die Konvertierten und Alt-Gläubigen erhielten in Europa zahlreiche Zuwendungen seitens ihrer Gottheiten, von Häusern, die aus dem Nichts entstanden, bis zu Gold und Reichtümern – sie wurden sogar von Krankheiten geheilt.

Die unendlich vielen Filme und Fotografien im Internet und im TV hinterließen ihre Spuren. Es war die beste und billigste Propaganda, welche sich die Gottheiten wünschen konnten.

 

Verschwiegen darf dabei nicht werden, dass es zu Streitereien bis hin zu Eskalationen kam und bis heute (Nov. 2019) zwischen den Alt-Gläubigen und den Konvertierten kommt.

Dazu unterteilt man die Alt-Gläubigen in Traditionalisten und NeoPagans (Anhänger des Neu-Heidentums, das je nach Strömung noch exakter sein möchte als die Traditionalisten oder sich mehr als Fortsetzung von Woodstock begreift und nichts mit Riten zu tun haben will).

Es wurden mehrere Fälle von Raub, Erpressung und Totschlag bekannt, bei denen die Alt-Gläubigen von den neu Konvertierten zusätzliche Abgaben verlangten, da sie sich als die besseren und ehrlicheren Anhänger der Entitäten sahen.

Entstand der Eindruck, dass jemand nicht aus Überzeugung, sondern aus reiner Berechnung übertrat, kamen durchaus Morde vor.

Nicht selten traf es Politiker, die aus den etablierten Parteien ausscherten, um sich den neuen Strömungen anzuschließen. Von Tribunalen war die Rede, die manche gar mit der Inquisition auf eine Ebene stellten.

 

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Es gab und gibt (Nov. 2019) die Prüfung der Steine in Carnac.

Menschen, denen vorgeworfen wird, ihre Konvertierung nicht ehrlich zu meinen oder absichtlich gegen die Entitäten zu lästern und zu beleidigen, werden gezwungen, in Neumondnächten durch die Steinfelder von Carnac zu gehen. Die Gegend in der Bretagne ist berühmt für ihre mehr als dreitausend Menhire, die zu Steinreihen gruppiert sind.

Wer lebend aus den Steinfeldern zurückfindet, darf in der Gemeinschaft bleiben. Die Toten werden am nächsten Morgen eingesammelt und verbrannt.

Es gab und gibt zahlreiche Personen, die mit tiefen Wunden erschienen; manche erholten sich mental niemals von dem, was ihnen zugestoßen war, wobei keiner genau zu sagen vermochte, was in den Feldern vor sich ging.

 

Ein äußerst bemerkenswerter Umstand: In London zeigten sich verstärkt indische Gottheiten.

Hielten sich die Entitäten allgemein bei ihrem Auftauchen überwiegend an die Grenzen ihres geografischen Einflussbereichs, so scherten Shiva und Co. in der Stadt an der Themse aus.

Die hinduistische Gemeinde wuchs beständig an, London wurde zum Brückenkopf für die hinduistischen Entitäten nach Europa.

Allerdings setzte keinerlei Missionierung ein, vermutlich aus Respekt vor den vorherrschenden keltischen Gottheiten. Dennoch ist bis heute (Nov. 2019) nicht zu übersehen, dass London einem starken indischen und somit hinduistischen Einfluss unterliegt.

 

Werfen wir einen Blick über den großen Teich.

In den Vereinigten Staaten ging 2014 die Angst um: Während die Beklemmung unter den Weißen zunahm, erstarkten die First Nations, im Volksmund Indianer genannt.

Sie forderten mit der Rückkehr des Großen Geistes eine Beteiligung an der Regierung der USA und sämtlichen Einnahmen sowie eine Ökologisierung der amerikanischen Wirtschaft.

Die Sorge vor allem bei den Weißen trieb mitunter merkwürdige Blüten – denn man machte sich auf die Suche nach indigenen Wurzeln, um vor möglicher Rache durch den Großen Geist, Manitu oder wie auch immer man das Wesen nennen möge, geschützt zu sein und Vorteile zu erlangen.

Ahnenforscher konnten sich vor Aufträgen nicht retten, manche Expertisen wurden rasch gefälscht und DNA-Untersuchungen massenhaft vorgenommen.

 

Somit wäre das beunruhigende Fazit 2014: Die Veränderungen gingen weiter, aber die christlichen, islamischen und jüdischen Machthaber rüsteten sich heimlich zum Gegenschlag. Sie wollten ihre Religion nicht abgeschlagen wissen, nur weil ihre Gottheiten nicht erschienen. Man bereitete sich auf schnelle, harte Aktionen gegen errichtete Zentren der Entitäten vor, auch wenn nicht alle am Tisch mit dem Vorgehen einverstanden waren: Es gab Gegenstimmen und Enthaltungen.

Doch die Reaktion erfolgte prompt: Politiker, die zu den neuen alten Göttern übergetreten waren, wurden von den Besprechungen ausgeschlossen.

Eine Abstimmung ergab dennoch eine klare Mehrheit für Operation Theoclast: die unmittelbare Attacke auf Gottheiten und deren Wirkungsstätten.

 

Wer hätte gedacht, wie dramatisch das Jahr 2015 werden sollte: Operation Theoclast startete, ohne dass zunächst klar war, ob sie überall stattfinden würde.

Wie geplant führten die Militärs an manchen Stätten harte Schläge gegen neu errichtete Zentren der Entitäten, überwiegend in Europa und Nordamerika. Im asiatischen, mittel- und südamerikanischen sowie mittel- und südafrikanischen Raum geschah so gut wie nichts.

(Details zu den Übergangskriegen entnehmen Sie bitte der T&L-Detaildatei zum Selbststudium: Die Übergangskriege-Gewinner und -Verlierer.)

 

Aber in Europa gab es Abweichler; gerade die skandinavischen Staaten entschlossen sich überraschend zur Neutralität, auch Griechenland und Italien scherten unabgesprochen aus.

In Deutschland ergab sich ein recht gemischtes Bild.

Die Anhänger der germanischen Stätten leisteten erheblichen und massiven Widerstand. Großkalibrige Waffen und Sprengstoffe kamen zum Einsatz, nur mit schwerem Gerät konnten die Einheiten der Polizei vorrücken.

 

>>>Exklusiver histo-Content

Es wiederholte sich bei Bramsche in den waldreichen, feuchten Geländen eine Varusschlacht in kleinerem Maßstab.

Vorrückende Spezialkräfte wurden vom Anführer der germanischen Kultgemeinschaft, Irmin Menius, und seinen Leuten in einen Hinterhalt gelockt und aufgerieben. Eingesetzte Hubschrauber vermochten aufgrund der dichten Wipfel nicht einzugreifen, und mithilfe der erbeuteten Waffen wurden weitere Einheiten der Staatsmacht zurückgeschlagen.

Aufsehen erregten mehrere kurze Filmausschnitte, welche die Arminiusstatue zeigt, die sich mit ihren knapp 28 Metern Höhe und ihrem sieben Meter langen Schwert an den Kämpfen beteiligt und auch gegen Helikopter vorgeht, indem sie Baumstämme wirft.

Hielt man die Aufzeichnungen zunächst für einen Trick, zeigten sich an der Statue auf dem Sockel in der Grotenburg Dellen, Einschusslöcher sowie Blut an der Klinge, was von T&L verifiziert worden ist.

 

Weniger heftig ging es in China zu. Das Land war seit jeher ein bunter Schmelztiegel voller religiöser Vorstellungen.

Aber die kommunistische Staatsmacht hatte kein Interesse daran, ihren Führungsanspruch zu teilen. Sie führte eine sogenannte Aufklärungskampagne durch, die an Operation Theoclast zumindest angelehnt war.

Es wurden Tempelanlagen eingerissen oder zu Sport- und Volkspalästen umgewidmet zum Beweis, dass die Götter nur Blendwerk seien. Anhänger der chinesischen Volksreligion wurden schwersten Repressalien ausgesetzt.

Doch sickerten Nachrichten von dort bis nach Europa. Die verifizierten Aufnahmen liegen T&L vor.

So zeigten sich die Acht Unsterblichen bei verschiedenen Gelegenheiten, wenn die Repressalien des Staates zu groß wurden. Verschiedene heimlich angefertigte Aufnahmen unterstützten die Berichte darüber.

Auf einem Foto ist eindeutig ein Mann in traditionellen chinesischen Gewändern zu sehen, der auf einem schwarzen Tiger reitet, in einer Hand einen goldenen Stab, in der anderen eine lange Lanze haltend, mit der er gegen eine Truppe der Aufklärungsbeamten antritt.

Auch Lei Gong, der chinesische Donnergott, erschien an mehreren Orten, und diese Gestalt ist mit ihren Vogelfüßen und Flügeln unverkennbar. Mit Hammer und Meißel, die sinnbildlich für den Donner stehen, richtete er eingerissene Tempel wieder auf. Der reißzahnbewehrte Schnabel zerfetzte diverse Beamte.

Natürlich stufte die Regierung diese Bilder, Filme und Zeugenaussagen als plumpe Fälschungen ein. Wir von T&L prüften die Daten und kamen zur Erkenntnis, dass keine Manipulationen daran vorgenommen wurden.

 

So lautet das Fazit 2015: Die christlichen, islamischen und jüdischen Machthaber, die sich an Operation Theoclast beteiligten, standen mit dem Rücken zur Wand und mussten kämpfen, um ihren eigenen Fortbestand zu sichern.

Die Regierungen und Initiatoren, Politiker und Geistliche wussten, dass sich nun entschied, was mit ihnen geschehen sollte. Denn die alten Götter waren wenig zu Nachsicht und Milde aufgelegt.

 

Im Jahr 2016 schlugen die Gottheiten in den Ländern, in denen die Operation Theoclast stattfand, hart zurück. Damit zündete die zweite Stufe der sogenannten Übergangskriege.

Ganze Dörfer, Städte und Landstriche wurden verwüstet, wobei nicht wenig Zerstörung durch reguläre Truppen und konventionelle Waffen geschah.

Es dauerte daher nicht lange, dass es zu Waffenstillständen und neuen Regierungen kam.

Die Entitäten zeigten sich gütig, indem sie von Strafaktionen gegen die Politiker absahen, die sie vernichten wollten, sondern den Schwachen und Gebeutelten halfen mit großen und kleineren Wundern. Sie gründeten eigene Hilfsorganisationen, ihre Wohltaten waren begehrt.

Dort, wo Operation Theoclast stattgefunden hatte, hinterließ der Krieg Spuren: in Spanien, Portugal, Frankreich, England, Nordirland, Österreich, Deutschland, den Benelux-Staaten und den christlichen beziehungsweise russisch-orthodoxen Länder Osteuropas.

 

>>>Exklusiver histo-Content

Was allerdings nicht ganz aufgeklärt werden kann, auch nicht durch die Experten von T&L, sind die Meldungen über das Auftauchen während der Kampfhandlungen von göttlichen beziehungsweise mystischen Wesen, die mit dem europäischen Kulturkreis nichts zu tun haben.

Auf sie gehen die meisten Gräueltaten zurück: entvölkerte Areale, Dörfer und Städte, die nachweislich nicht unter Beschuss lagen. Viele menschliche Überreste wurden nicht gefunden.

Die wenigen Zeugenaussagen zum Aussehen dieser Wesen sind unterschiedlich und widersprüchlich, Filmmaterial gibt es nicht. So schnell, wie sie zuschlugen, so rasch verschwanden sie wieder.

Kein keltischer oder germanischer oder slawischer Gott gibt bis heute (Nov. 2019) zu, für deren Auftauchen verantwortlich zu sein.

T&L bleibt dran, wir haben ein eigenes Recherche-Team darauf angesetzt.

 

Somit bleibt als Fazit 2016: Die Regierungen wurden hinweggefegt oder passten sich an. Viel Unruhe herrschte bis Ende des Jahres dort, wo die Übergangskriege wüteten. Trotzdem hatten die Menschen verstanden und akzeptiert, dass die Götter da sind. Und real sind.

(Details zur restlichen Welt entnehmen Sie bitte der T&L-Detaildatei zum Selbststudium: Wie die Welt sich wandelte.)

 

Zum Jahr 2017 ist zu sagen, dass sich die Machtverhältnisse in Europa endgültig verschoben.

Italien, Griechenland, die Republik Irland, die skandinavischen Länder Island, Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland, außerdem Schottland, Italien und Griechenland stabilisierten sich weiter und erlangten wirtschaftliche Vorherrschaft in Europa. Sie hatten sich neutral verhalten oder die Götter akzeptiert.

 

Die besiegten und niedergerungenen Theoclasten Spanien, Portugal, Frankreich, England, Nordirland, die Benelux-Staaten, Österreich, Deutschland und die christlichen beziehungsweise russisch-orthodoxen Länder Osteuropas erholten sich allmählich. (Details in T&L: Wie die Welt sich wandelte.)

Der Wiederaufbau war in vollem Gang, die Wirtschaft wurde angekurbelt, die Entitäten zeigten sich gnädig und unterhielten nicht nur soziale und medizinische Einrichtungen, sie kümmerten sich um Kultur und Wirtschaft. Etliche Götter stiegen bei Firmen mit ein oder gründeten welche, errichteten in den Städten eigene Gebäude oder ganze Viertel für ihre Anhängerschaft.

 

>>>Exklusiver histo-Content

Der Gott Loki fällt besonders auf, weil er keinen Hehl aus seinem Engagement macht. Er errichtet sein eigenes Spiele- und Rundfunk-Imperium in Europa.

Die Show Loki’s Lost, die durch unglaubliche hohe Gewinne und eine hohe Todesrate auffällt, ist ein Quotenrenner.

Die Kandidaten spielen dabei um ihr eigenes Leben und manchmal mit dem ihrer Kandidaten. Es ist eine perfide Mischung und fällt durch den unberechenbaren Ablauf auf.

Besonders berühmt wurde die Ausgabe vom 21.12.2017 zur Wintersonnenwende, bei der sämtliche zweihundert Kandidaten ums Leben kamen, weil der Gewinner als Statement für seinen Gott (der nicht Loki war) erst alle anderen umbrachte und danach sich selbst opferte – allerdings wurde der Name der Entität ausgeblendet.

Bis heute ist es ein Geheimnis, welche Gottheit dahintersteckte. Loki kündigte an, den Schuldigen zu vernichten, ganz gleich, wer oder was es sein möge.

 

Auch Pläne für brandneue Städte wurden realisiert, angelehnt an alte Formen des Zusammenlebens in germanischer, keltischer beziehungsweise slawischer Zeit.

 

Als Fazit 2017 kann festgehalten werden, dass Ruhe auf der Welt einkehrte.

Die Menschen akzeptierten die zurückgekehrten Entitäten und empfanden sie nicht mehr als Bedrohung oder Nachteil. Ganz im Gegenteil: Die Gottheiten traten nach den Kämpfen und Schlachten als Helfer auf, die zwar hart, aber gerecht über jene urteilten, die den Krieg begonnen hatten.

Mit den neuen Regierungen gingen auch Gesetzesänderungen einher: Beispielsweise wurden Strafgesetzgebungen im Sinne der Entitäten gewandelt, was zunächst nicht nach außen drang.

Und: Die ersten menschlichen, aber von Entitäten gezeugten Kinder wurden geboren sowie weitere Kinder aufgefunden, die ganz offenbar von Göttinnen abgelegt worden waren.

T&L liegen Aufzeichnungen und Dateien zum Beweis vor, dass manche von ihnen sehr schnell wuchsen, zuweilen (unter größter Geheimhaltung) innerhalb eines Jahres vom Säugling zum Jugendlichen wurden. Mitunter griffen die überforderten Elternteile zur Ausrede der Adoption.

Die Halbgötter waren unter uns, die Verschmelzung hatte spätestens nun begonnen.

 

>>>Exklusiver histo-Content

Ein junges Model namens Aurora Monti macht seit Ende 2017 Furore, da sie mit ihrer blendenden Schönheit alle in ihren Bann schlägt.

Was auch immer sie trägt, ob Schmuck, Pelz, Unterwäsche, es wird ein Verkaufsschlager.

Ein Model-Agent sagt über sie: »Sie kann Waschmaschinen über den Catwalk ziehen, und die Leute werden die Dinger kaufen.«

Gerüchten zufolge ist sie eine Tochter von Venus, da man sie in der Öffentlichkeit ausschließlich mit ihrem Vater sieht.

Als Mutter ist eine Jane Doe in der auf 2016 datierten Geburtsurkunde eingetragen.

Die Behörden sind sichtlich überfordert mit den neuen Umständen.

 

Das Jahr 2018 hatte es in sich: Vollkommen überraschend riefen die verbliebenen christlichen und islamischen Geistlichen zur Reconquista, zum Kreuzzug, zum Jihad, zum Kampf für den jeweiligen Gott auf.

Insgeheim hatten sich Freiwillige ein Jahr lang auf diese Aktion vorbereitet. Sie spionierten im Vorfeld die Zentren der Entitäten und kundschafteten die wichtigsten Persönlichkeiten vor Ort aus.

Als der Befehl kam, schlugen Tausende Überzeugte und Fanatische in Europa los: Heiligtümer brannten, Gebäude wurden eingerissen, Menschen umgebracht, und sogar Angriffe auf Götter und göttliche Wesen geschahen.

(Details zur restlichen Welt entnehmen Sie bitte der T&L-Detaildatei zum Selbststudium: Wie die Welt sich wandelte.)

 

Die Antwort erfolgte umgehend, denn die Entitäten rechneten nach den ersten Schlachten der Übergangskriege damit, dass der Widerstand der unterlegenen Glaubensrichtungen nicht beendet war.

Die Gottheiten ließen Verderben und Vernichtung los – aber wohldosiert und ausschließlich gegen jene gerichtet, die den Aufstand wagten. Zusammen mit ihren Anhängern vernichteten sie die überwiegende Zahl der Angreifer oder verstümmelten die Überlebenden, verpassten ihnen Brandzeichen, damit alle wussten, dass diese Leute einen Aufstand gegen die Entitäten gewagt hatten.

Dabei kam es zu bemerkenswerten Auftritten von Gottheiten, die sich zeigten und straften, ohne die Umgebung der Menschen, die sie richteten, in irgendeiner Weise zu verletzen oder zu beschädigen.

 

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In Stuttgart besuchte eine keltische Entität persönlich die Versammlung der Bewegung Protestanten gegen die Rückkehr der Götzen – ProgediRüdeGö –, erschlug den Pfarrer und gab den Anhängern die Möglichkeit, sich ihr anzuschließen.

Jene, die sich weigerten, starben; die anderen durften ihm folgen.

 

Auch wenn wir die T&L-Detaildatei zum Selbststudium Wie die Welt sich wandelte empfehlen, möchten wir nochmals über den Atlantik schauen.

Spannend wurde es in 2018 in den Vereinigten Staaten, denn: Mexiko sah seine Gelegenheit gekommen, die eigene Macht auszudehnen, und zwar nicht nach Süden, sondern nach Norden.

Das durch die aufgetauchten Götter plötzlich sehr selbstbewusst gewordene Land eignete sich große Teile von Texas, New Mexico, Arizona und Kalifornien an.

Der mexikanische Präsident verteidigte den Angriff, der in den Wirren ohne große Probleme vonstatten ging, mit den Repressalien der Staaten in den vergangenen Jahrhunderten gegen den Nachbarn. Außerdem habe sich die USA in der Vergangenheit nicht weniger bedient.

 

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Angeführt wurden die mexikanischen Truppen, so sagen es Augenzeugen, von den Entitäten Itzli und Xocotl sowie Mextli.

 

Die USA nahmen den Gebietsverlust hin, da sich die betroffenen Gebiete ohnehin von den Vereinigten Staaten losgesagt hatten (siehe T&L-Detaildatei). Aber niemand würde mehr den Fehler begehen, die Mexikaner zu unterschätzen.

Rätselraten herrschte in den eroberten Gebieten lediglich bei den First Nations darüber, warum sich der Große Geist nicht gegen die Angreifer aus Mexiko stemmte.

 

Somit kann das Fazit 2018 folgendermaßen gezogen werden: Es kam erneuter Aufruhr in die Welt, der aber rasch beseitigt wurde. Die Entitäten zeigten, welche Macht sie haben.

Auch gesetzlich gingen die Gottheiten gegen die Religionen vor: Sie verlangten von den Regierungen, ein Verbot des Christentums, des Islam und des Judentums zu verhängen oder zumindest die öffentliche Ausübung mit Strafen zu belegen.

Es kam zu zahlreichen Einschränkungen, wie Verbot des Geläuts und religiöser Feiern, die bislang noch geduldet worden waren.

Christentum, Judentum und Islam wurden fortan als Sekten tituliert, da sie keinen Gott vorweisen konnten.

 

Für das laufende Jahr 2019 ist festzuhalten, dass sich die Welt mit den Entitäten arrangiert hat. Die Staaten konzentrieren sich darauf, wieder auf die Füße zu kommen.

Auch wenn Reconquista, Jihad und Kreuzzug ihre Spuren hinterlassen haben, erholen sich die Länder.

 

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Wer sich offen zum Christentum bekennt, wird von vielen inzwischen als Querulant betrachtet, als jemand, der den Zorn der Entitäten weckt, indem er an etwas glaubt, das es nicht gibt.

Meistens gelingt das Zusammenleben recht gut, gelegentlich kommt es zu Übergriffen und Lynchmobs gegen Christen, Muslime und Juden.

Die Obrigkeit schreitet zwar ein, dennoch ist die Motivation oftmals gering.

Sollten Sie den Sekten angehören, achten Sie zu Ihrem eigenen Wohl auf Ihr Umfeld, in dem Sie sich gerade aufhalten. Beten Sie an sicheren Orten, verzichten Sie auf laute Gesänge o. ä.

T&L empfiehlt die Sekten-App, die Ihnen anzeigt, welche Areale sicher und welche unsicher sind. Das gilt sowohl für Entitäten als auch für Bewohner.

 

Eine Ausnahme bildet der Vatikan.

Ihn ließ man bis zum heutigen Tag (Nov. 2019) stehen, auch der Papst blieb unangetastet, weil man keine Empörung heraufbeschwören wollte; zudem ist es ungebrochen ein Zufluchtsort für die verfolgten Katholiken der Welt.

 

Anders als die Christen hielten die Juden nicht an ihrem traditionellen Pilgerort fest.

Der Staat Israel löste sich am 1.1.2018 aufgrund der immensen Bedrohung durch die Nachbarstaaten, die alle mit Gottheiten aufgerüstet sind, bis auf Weiteres auf, hielt sich aber offen, an diese traditionelle Stätte zurückzukehren.

Die Bewohner schwärmten in sämtliche Ecken der Welt aus, wo sie hofften, ungefährdeter leben zu können. Die ultraorthodoxen Juden zogen nach Masada, das inzwischen eine Festung geworden ist und weiter ausgebaut wird.

 

Ansonsten drehen sich die Räder auch im November 2019 weiter, die Leben der Menschen schreiten voran.

Die Entitäten zeigen sich mal mehr, mal weniger, errichten Bauwerke, gründen Firmen entweder selbst oder über Vertraute.

Das lässt Forderungen nach speziellen Gerichten für Entitäten laut werden (siehe Kapitel: Persönlichkeiten, Malleus Bourreau). Allerdings fanden sich bisher keine Wege, solche Gerichte durchzusetzen.

 

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Aktuell wird das Aufbauen der alten Stätten noch schneller vorangetrieben, von Babylon, Sodom, Gomorrha, Nimrud, Assur, Hatra, Ninive, Machu Picchu und Angkor bis Petra, Chichén Itzá und viele mehr.

In Europa erheben sich vergessene Gebäude und Monumente wieder und bilden einen spannenden Kontrast zwischen Moderne und Antike.

 

Auch wenn Silvester noch nicht erreicht ist, kann man als Fazit 2019 vorsichtig andeuten: Die Welt wird ruhiger.

Die Entitäten sind Normalität und bringen sich mehr ins Leben der Menschen ein. Weitere Halbgötterkinder tauchen auf, überall auf der Welt.

Die Grenze zwischen Menschen und Entitäten verschwimmt immer mehr, wobei es auch hierbei große Unterschiede im Verhalten gibt: von unnahbar bis kumpelhaft, von Geschäftsfrau bis Wohltäter.

Anscheinend haben sich die Gottheiten abgesprochen, was ihre Zuständigkeitsbereiche angeht: Es gibt kein Ausbrechen über die Grenzen hinaus, abgesehen von kleineren Niederlassungen oder London als Brückenkopf der Hindu-Götter (siehe dieses Kapitel und die T&L-Datei: London – seine Welten).

 

Nach wie vor werden treue Anhänger von Entitäten an fremde Orte mitgenommen, es wird von fremden Planeten und Welten gesprochen.

Die neue AERA stabilisiert sich.

 

Und dennoch treibt die letzten Gläubigen unter unseren LeserInnen vielleicht die Frage um: Wo sind Allah, Gott und Jahwe?

Sind sie unter den Menschen und spenden Trost?

Oder erscheinen sie nicht als Götter, um die Menschen zu prüfen?

Es gibt keine Antworten, die wir von TUN & LASSEN an dieser Stelle geben können.

 

Auszug Ende

Episode 1 OPFERGABEN

INTRO

Es geschah 2012.

Von einem Tag auf den nächsten waren sie wieder da: Götter.

 

Und zwar die alten Götter.

Jene, welche die Bibel mit Du sollst neben mir keine anderen Götter haben meinte – und deren Existenz die Heilige Schrift der Christen niemals leugnete. Oder in Abrede stellte.

 

Im 21. Jahrhundert rechnete jedoch niemand damit, dass die Götter zurückkehren. Mitten hinein in das, was man Realität nennt.

 

Sie ritten aus den Himmeln.

Sie stiegen aus Pyramiden, aus Tempeln, Schreinen und Heiligtümern, aus Wäldern, Sümpfen und Nebeln.

Sie sprachen zu den Ihren – überall.

 

Mannigfaltig kamen sie und wirkten.

Die Meldungen über Sichtungen häuften sich und über die Wunder, die sie vollbrachten.

Egal ob Manitu, ob Mictlantecuhtli, ob Anubis, ob Odin und Thor, ob namenlose Naturgottheiten oder Legenden wie Mars und Hephaiston, ob Olorun, ob Erdmutter und Loa, ob Shiva oder Kami oder Manifestationen Buddhas oder Cai Shen – sie existierten.

 

Manche Götter traten vor Kameras, gaben Interviews und damit denen Mut und Antrieb, die immer an sie geglaubt hatten und deswegen verspottet worden waren. Manche Götter eroberten sich ihre alten Kultstätten zurück, auf die vor allem die Christen ihre Kirchen gestellt hatten. Prächtige Bauten wurden dem Erdboden gleichgemacht und durch vergessene Symbole ersetzt.

 

Manche Götter lebten unter den Sterblichen, in alten Tempeln, in neu errichteten Anlagen, in Hochhäusern oder ganz alleine in unterirdischen Bunkern und kilometerhohen Türmen.

Manche von ihnen gründeten Firmen, um ihren Einfluss in der Welt der Sterblichen auszuweiten, mischten sich in Wertpapierhandel ein, betätigten sich in der Wirtschaft.

Und die Konzerne hatten ein enormes Interesse daran, mit den Göttern ins Geschäft zu kommen.

 

 

Manche Götter nahmen Ausgewählte mit auf andere Planeten.

Sie brachten Andenken von dort mit oder errichteten Gebäude, um dort zu verweilen. So sagen es die Gerüchte.

 

 

Und siehe, eine neue Ära der Historie begann: Aus Glaube wurde Wissen.

 

… nur die Christen, die Moslems und die Juden warteten vergebens.

Kein Gott, kein Allah und kein Jahwe.

Keine Engel, keine Dämonen.

Nicht einmal der Teufel erschien.

 

Die einst mächtigsten Religionen der Historie schrumpften zu Sekten ohne Gott. Ihre Anhänger wurden verlacht und verspottet.

 

Es folgten Massenkonvertierungen und Kriege, bis sich das Gefüge neu eingepasst hatte.

 

So änderte sich die Welt.

Ob zum Guten oder zum Schlechten – würde sich noch herausstellen …

 

 

 

»Ich habe die Götter, die meine Eltern mich gelehrt haben, verehrt alle Zeit meines Lebens, und jene, die mir das Leben geschenkt haben, habe ich immer in Ehren gehalten.

Von den anderen Menschen aber habe ich keinen getötet und keinen eines mir anvertrauten Gutes beraubt noch sonst ein nicht wiedergutzumachendes Unrecht begangen.«

 

Ägyptisches Totenbuch,

um 1500 v. Chr.

 

 

Mich hätte das nicht interessiert.

Überhaupt nicht.

Wer in diesen Tagen lebt, kennt die Grausamkeiten, von alten abgefuckten Wesen begangen, von verblendeten dumpfen Menschen bejubelt. Oder auch mal umgekehrt.

Modern-komplizierter.

Archaisch-brachialer.

Wir stecken in einem beschissenen diametralen Gegensatz, und das macht uns fertig. Technik, Wunder, Grausamkeiten. Ohne meinen Wodka wäre ich am Arsch.

Als die Nachrichten Bilder aus der Via del Sudario sendeten, da dachte ich: Scheiß drauf.

Dann aber sah ich bei einem verhuschten Schwenk über die Hausfront ihn – den Mann, der aus dem Fenster blickte.

 

Man muss wissen, wer er ist, um ihn zu erkennen.

Er ist um die vierzig, per se nicht sonderlich auffällig, weder an Statur noch Gesicht, das recht schmal ist. Die schwarzen Haare trug er an den Seiten kurz, oben etwas länger und im Nacken ausrasiert. Er ließ sich neuerdings eine abgespeckte Version des Fu-Manchu-Schnittes mit Kinnbärtchen stehen, was zusammen mit den Stoppeln recht verwegen aussah, wie ein verfickter älterer Musketier – nur in männlich. Unterhalb des rechten Auges verläuft eine kaum sichtbare waagrechte Narbe, die ihm ein Messer verpasste. Das weiß ich.

Zusammen mit schwarzem Hut und runder Sonnenbrille war er so gut wie unkenntlich.

Aber nicht für mich.

Es gab für mich kein Halten mehr: Ich musste dorthin!

Ich füllte mit zitternden Fingern den Flachmann, zog mich an und kramte meine Automatik aus den Müllbergen meiner heruntergekommenen Bude.

 

Und seitdem folge ich ihm.

Er weiß nicht, dass es mich gibt. Aber ich bin da.

Ich bin da …

* A Ω *

Italien, Rom, November 2019

 

Malleus betrachtete das Büro des Bürgermeisters, in dem sich nichts mehr befand, abgesehen von dem großen steinernen Schreibtisch in Grau, der den Tätern wohl zu schwer zum Mitnehmen und zu stabil zum Zerschlagen gewesen war; dafür hatten sie ihn mit aufrecht stehenden roten Pfeilen beschmiert, wie ein Laie vermuten würde.

Hellere Rechtecke an den vertäfelten Wänden zeigten, wo einst Bilder gehangen hatten, staubfreie Flecken am Boden und auf den Teppichen sprachen von Gegenständen, die mitgenommen worden waren. Musikanlage, Boxen und andere elektronische Einbauten wie den Fernseher hatten sie fachmännisch entfernt, wie die heraushängenden Kabel bezeugten. Die Tür zum Tresor stand offen, darin herrschte gähnende Leere.

Was Malleus ins Auge sprang, waren grobe Seile, die bei näherer Betrachtung aus frischen, zähen Zweigen bestanden. Er konnte riechen, dass die Ästchen vor nicht langer Zeit abgeschnitten worden waren. Drei Schlingen lagen um den schweren Tisch, die Stränge führten zum offenen Fenster.

Man hätte vermuten können, dass die Diebe – aus welchen Gründen auch immer – statt Kunststofffasern Naturmaterial bevorzugt hatten, um den Tatort zu verlassen.

Dagegen sprach das, was am anderen Ende der Seile hing.

Leise knirschten die verdrehten Zweige, bewegten sich sachte, als würde jemand daran ziehen.

Malleus machte einige große Schritte durch das Zimmer und warf einen Blick aus dem Nachbarfenster, zuerst hinaus auf die Straße, die im Schein der untergehenden Sonne lag und voller Menschen war.

Die Neugierigen drängten sich in der Via del Sudario hinter den Polizeiabsperrungen. Es wurde fotografiert und diskutiert, einige gingen, manche kamen hinzu, angelockt von der Neuigkeit, um sie mit eigenen Augen zu sehen.

Malleus hob seinen Personal Digital Assistant – kurz PDA – und filmte die Menge in einem Schwenk. Dabei fing er auch die aufragenden Tempel und Paläste ein, die sich überall im Stadtbild in neuer Pracht erhoben, aufmerksamkeitsheischend mit Scheinwerfern beleuchtet; auf einzelnen Säulen und Flachdächern loderten Flammen in riesigen Feuerschalen.

Aus dem notdürftigen Instandhalten war nach dem Erscheinen der alten Götter ein prunkvolles Restaurieren geworden. Ein neues Rom entstand, prächtig und neo-antik.

Im Kolosseum strahlten die Lichter, beleuchteten die vielen Bögen und warfen helle Kegel in den sich verdunkelnden Himmel, um Jupiter zu grüßen.

Das Forum Romanum, einst buchstäblich ruinöse Touristenattraktion, erstand von Neuem. Die Arbeiten liefen noch, die Planungen für Neubauten gingen bis 2050, hatte Malleus in einer Zeitung auf dem Weg nach Rom gelesen. Die Götter wollten es so.

Die Götter wollen viel, dachte er.

»Monsieur Bourreau! Kommen Sie runter, damit wir das unwürdige Schauspiel beenden können«, rief einer der Kriminalkommissare in Zivil hinauf. »Die hingen lange genug.«

Malleus nickte und steckte den PDA ein, durchquerte den Raum und besah ihn ein letztes Mal, bevor er in den Flur trat und durch das Haus nach unten ging. Er trug seinen dunklen Gehrock, dessen Schnitt an indischer Herrenmode angelehnt war, darüber einen schwarzen Militärmantel mit extra hohem Kragen. Die Füße steckten in flachen, schwarzen Schuhen.

Unterwegs entzündete er eine seiner krummen, dünnen Zigarren, die sich Culebras nannten und richtig rochen und genug Qualm fabrizierten, um sämtliche Feinstaubmessgeräte der Welt zu überlasten. E-Zigaretten hasste Malleus ebenso wie Rauchverbote, daher ignorierte er beides. Er paffte eine Culebra mit grüner Banderole. Sie helfen am besten beim Denken.

Er hätte den herumbrüllenden Beamten korrigieren können: Er war kein Monsieur, weder Franzose noch Belgier. Er war Deutscher, so stand es zumindest in seinem Pass. Aber es hätte nur unnötig die Aufmerksamkeit der Menge erregt. Er mochte es nicht, erkannt zu werden, was trotz Sonnenbrille und Hut gelegentlich geschah.

Als Malleus das Freie betrat, ballten sich die Wolken zu einem grauschwarzen Konvolut, aus dem erste Blitze zuckten; leiser Donner grollte über den Köpfen und Gebäuden.

»Zeus kommt! Seht, er kommt und sieht nach dem Rechten«, hörte er im Vorbeigehen eine Frau voller Überzeugung sagen. Sie schoss wie eine Verrückte Fotos von den rollenden Gespinstformationen. »Er findet die germanischen Mörder noch vor der Polizei. Achtet auf seine Zeichen!«

Malleus rückte seinen Hut zurecht. Ihm lag vieles auf der Zunge. Beispielsweise dass es Zeus nicht interessierte, wer wen umbrachte. Dass Zeus bestimmt gerade eine wie sie hinter einem Busch vernaschte. Oder dass Zeus sich nicht die Mühe machte, sich als Gewitter zu tarnen. Zudem stand man auf römischem Boden, und damit wäre es Jupiter, der anrücken müsste.

Aber wer an diese scheinbar göttliche Show glauben wollte, glaubte eben an die Show. Seit ein paar Jahren gab es dazu die vermeintlichen Beweise. Überall auf der Welt.

Malleus blieb davon unbeeindruckt.

Für ihn gab es ein halbes Dutzend Erklärungen für die Rückkehr der Götter; beispielsweise dass Außerirdische es verstanden, wie man den menschlichen Geist übertölpelte, und sich in den Gesamtpantheon von Terra eingelesen hatten. Oder Massenhypnose in Kombination mit Technik, um den Menschen etwas zu geben, auf das sie Energie verschwendeten, sodass sie nun lieber zu Wesenheiten beteten, anstatt gegen Dinge und Zustände aufzubegehren. Das und vieles mehr zog er in Betracht.

Malleus schritt an der Absperrung vorbei und erreichte den grauhaarigen Ermittler, der passend zur Stadt auf den Namen Romano hörte. Der Mantel war auch grau, die Augen, die Barthaare, einfach alles an diesem Polizisten schien grau zu sein.

Sie schüttelten sich die Hand, dann wandten sich beide dem Haus zu.

Aus dem Fenster baumelte – gut sichtbar im Schein der Straßenlampen – eine männliche, nackte Leiche. Den Ausmaßen und Tätowierungen nach handelte es sich um Bürgermeister Emanuele Domenico, über dessen Kopf ein schwarzer Sack gezogen war. Rechts und links von ihm hingen tote Haushunde, ebenso aufgehängt wie ihr Herr. Schneeweiße Labradore; die Zungen ragten schlaff und lang aus den Schnauzen.

Der auffrischende Wind spielte mit den drei Körpern, die am frühen Morgen von Passanten entdeckt worden waren. Tiere und Mensch begannen einen grotesken Tanz, pendelten und stießen zusammen, drehten Pirouetten. An den Beinen des Mannes hafteten Exkremente, die inzwischen eingetrocknet waren.

»Eingenommen ist die Stadt Rom, die zuvor die ganze Welt besiegt hatte«, las Romano die gekrakelten Runen, die über den Fenstern geschrieben standen. »Und dazu wieder die aufrecht stehenden Pfeile.«

»Tīwaz: das T und die Rune des Gottes Tyr.« Malleus paffte an der krummen Zigarre, die in seinem linken Mundwinkel steckte und ihren Rauch gen Himmel sandte, als würde sie mit eigenen Zeichen protestieren. Er nahm die Sonnenbrille ab, um besser sehen zu können; die blauen Kontaktlinsen kaschierten, dass er verschiedenfarbige Augen hatte. »Stammvater der Germanen und in der späteren Mythologie zu einem Sohne Odins erklärt.« Er steckte die Hände in die Taschen und achtete darauf, die Brille nicht zu knicken. »Schlachtenlenker. Und Kriegsgott.«

»So weit waren wir auch schon.« Der graue Romano zuckte zusammen, als sich ein Blitz knisternd über den Himmel erstreckte und verblassend auflöste. Einige Zuschauer klatschten und priesen Jupiter. »Unsere Götter mögen es nicht, wenn Germanen Morde in ihrer Stadt begehen.«

»Würden sie es mögen, wenn sich die eigenen Gläubigen umbringen, Commissario?« Malleus grinste breit. »Die Götter sind sich mal wieder ähnlicher, als sie wollen.«

»Wie meinen Sie das?«

»Tīwaz besitzt eine verwirrend große Ähnlichkeit mit dem Planetenzeichen für Mars. Da könnte man doch überlegen, ob Tyr, Jupiter und Zeus und Mars nicht doch …«

Romano schnaubte. »Keine blasphemischen Abhandlungen. Ich weiß, was Sie sind, Monsieur Bourreau.«

»Und genau deswegen stehe ich hier. Weil ich klar denken kann.« Malleus blieb in seinem Tonfall stets höflich. Er nahm die Rechte aus der Tasche und zeigte auf den Satz an der Wand. »Es ist ein Zitat, das dem Kirchenvater Hieronymus zugeschrieben wird, als er von Roms Plünderung durch Alarichs Truppen erfuhr. Das war im Jahr 410, nach christlichem Kalender.«

»Wissen wir.« Der graue Romano war entnervt, musste jedoch erdulden, dass er die gesamte Unterrichtsstunde bekam.

Das kostete Malleus aus. »Das ausgeräumte Büro spielt ebenso auf die Plünderung an.« Er zog die linke Hand aus der Tasche und nahm die Zigarre aus dem Mundwinkel, spuckte einige Tabakkrümel auf den Boden. Der Nachteil, wenn man das Ende anschnitt und nicht anbohrte. »Das Aufhängen an einem öffentlichen Ort, die Stränge aus Zweigen, die Kapuze über dem Kopf, die toten Hunde, das alles ist eine Reminiszenz an eine germanische Bestrafungsform. Sie haben ihn zudem hoch aufgehängt, was eine besondere Schmach darstellt.«

»Sie?«

»Es braucht mehr als zwei Männer, um Hunde zu bändigen, diesen Brocken von Bürgermeister zu hängen und das Büro komplett zu leeren.« Malleus zeigte mit dem Daumen hinter sich, die Zigarre malte wieder Rauchzeichen, während ein lauter Donner auf sie niedergrollte. »Sehr viel Aufwand.«

Die ersten Menschen verließen den Bereich. Man fürchtete das Unwetter oder eben doch, Opfer von Jupiters Zorn zu werden. Ein Blitz in den Boden würde etliche von den Beinen holen und schwer verletzt zurücklassen.

»Dachten wir uns auch schon.« Romano machte beschwichtigende Gesten in Richtung seiner Einsatztruppe, die zu den Leichen hinaufzeigte und anschließend in den Himmel deutete. Sie wurden nervös. »Alles in allem hielten wir es für einen religiös motivierten Mord: Germanen, die ihr Kommen ankündigen und Tyrs Macht zur Schau stellen wollen. Deswegen töteten sie Signore Domenico nach alter Sitte. Wir wollten die Expertise eines Fachmannes dazu. Sicherheitshalber, bevor wir damit vor die Medien und das Pantheon treten. Teilen Sie meine Einschätzung?«

»Pantheon. Richtig. Das wollte ich mir noch anschauen.« Malleus kratzte sich an der linken Augenbraue.

Romano blickte entsetzt. »Sie wollen nicht allen Ernstes einen Fuß in das Heiligtum setzen?«

Malleus lachte. »Was soll geschehen? Stürzt der Bau dann ein?« Er paffte und blies den Rauch nach oben. Der blaugraue Dunst stieg senkrecht hinauf, als könnten ihm die Böen nichts anhaben.

Der Ermittler hatte sich rasch wieder im Griff. »Ihre Sache, was Sie in Ihrer Freizeit anstellen. Nicht meine.« Er sah zu den Leichen, die stärker pendelten und sich drehten, als tanzten sie vor Freude, an der frischen Luft sein zu dürfen. »Dann lasse ich sie jetzt abschneiden.«

»Für meine genaue Expertise ist es noch zu früh. Ich werde mir die Schrift und Farbe genauer ansehen«, warf Malleus ein. »Doch wer immer diese Runen schrieb, war nach meiner ersten Einschätzung kein versierter Germane.« Er zeigte mit der linken Hand auf die Schrift an der Wand, deutete auf und ab, die Zigarrenglut zog die Runen in der Luft rot nach. »Krakelig, ungleich, unsicher. Auch die Tyr-Runen auf dem Schreibtisch des Opfers waren unsauber gemalt. Zeit hatten die Täter genug, also war Hektik nicht der Grund. Jemand, der den Anspruch seines Gottes öffentlich machen will, würde sich Mühe geben. Viel Mühe. Der Verfasser hier hat abgemalt.«

»Aha?«

»Das Erhängen war eine Diebesstrafe.« Malleus zeigte auf den Toten. »Eigentlich hätten sie ihm den Kopf abschlagen müssen und den Schädel separat zur Schau stellen. Es handelt sich immerhin um den Bürgermeister. Eine Persönlichkeit. Den Stellvertreter jenes Roms, das man brechen will. Und Blut wirkt auch besser, wenn es irgendwo runterläuft.« Er sah den Kommissar an. »Kennen Sie doch von den Opferungen in den Tempeln.«

Der graue Romano biss die Zähne fest zusammen, wie an den hervortretenden Wangenmuskeln zu sehen war. »Also doch nichts Religiöses?«

»Nein. Und dass die vermeintlichen Germanen den Tresor fanden, ihn öffneten ohne Gewaltanwendung …«

»Domenico hätte es ihnen verraten können.«

Malleus nickte ablehnend. »Denke ich nicht. Es gibt keinerlei Wunden, die auf Folter und Prügel hinweisen. Zumindest sind von hier aus keine zu erkennen. Dazu kommt: Sie haben alles Wertvolle mitgenommen – ausschließlich aus dem Arbeitszimmer. Was für eine Plünderung ist das denn?«

»Eine symbolische?«

»Ich bitte Sie, Commissario.« Malleus lachte Qualm in den Wind. »Germanen und gesittet? Bei einer Plünderung? Würde das zusammengehen?« Er paffte die Zigarre und schnippte den Stummel davon. Kaum hatte sie seine Hand verlassen, erlosch die Glut, und die Rauchkringel vermochten sich nicht mehr gegen die Böen zu wehren.

Ein leichter Regen setzte ein, und weitere Schaulustige entfernten sich. Nasser Boden leitete Elektrizität besser. Viele Gesetze der Physik griffen nach wie vor, auch wenn die Götter sich gezeigt hatten und manche es Wunder nannten, was geschah.

»Finden Sie heraus, woher die Gegenstände in Domenicos Büro stammten, denn ich wage zu behaupten: Nichts davon hat er bezahlt. Dann haben Sie den sehr irdischen Grund, warum er und seine Hunde aus dem Fenster baumeln«, empfahl Malleus. »Meine Vermutung: Jemand hat sich die Geschenke zurückgeholt sowie das Geld, das er dem Bürgermeister zuvor gegeben hatte. Kann sein, dass es ein Mafia-Arm war. Kann sein, dass es ein enttäuschter Industrieller war, der seine Repo-Leute nach Bestechungsgaben ausschickte. Und um die Spannungen zwischen Germanien und Italien anzufachen und vom eigentlichen Hintergrund abzulenken, stichelt man zwischen den Göttern.«

»So wie Atheisten?«, erwiderte der graue Romano schneidend.

Malleus lächelte. »Lieber Commissario! Atheisten können sich nicht über etwas lustig machen, was es nicht gibt. Das wäre ein Paradoxon.«

Romano sandte sein Team aus, das unter vielen halblauten Kommentaren Vorbereitungen zum Bergen der Leichen traf. »Dann sage ich den Medien, dass wir nicht von einem religiös motivierten Mord sprechen.«

»Wäre weiser, Commissario. Sie verlieren zwar den Vorsprung, weil die echten Täter danach wissen, dass Sie nicht auf das emotionale Ablenkungsmanöver hereinfielen, doch es ist seriös.« Malleus setzte zu einem weiteren Satz an, als sich kreischend ein Blitz aus den Wolken löste.

Die elektrische Spannung in der Luft wurde auf der Haut spürbar, die knisternde Energie jagte gleißend in den Bürgermeister und ließ ihn Funken schlagen.

Die Menge an der Via del Sudario schrie im Kollektiv auf.

Die Wucht der Entladung riss den Leichnam auseinander, das Blut spritzte über die Hauswand, der verbrannte Unterkörper klatschte auf die Straße, verkohlte Zehen zerplatzten beim Aufschlag. Die Innereien folgten, manche hingen wie lang gezogene Würmer aus dem Kadaver, bevor sie rissen. Der Geruch nach Exkrementen verstärkte sich.

Der Strang aus Zweigen hatte sich entzündet, das Tuch über dem Kopf fing ebenso Feuer und verbrannte das Antlitz des Ermordeten.

Die Schaulustigen starrten und schwiegen und dachten fassungslos nach, wie man dieses Zeichen des Gottes zu deuten hatte.

Malleus reichte dem perplexen Romano die Hand und schüttelte sie, ohne dass der Kommissar den Druck nennenswert erwiderte. »Sie täten gut daran, dieses Ereignis in der Öffentlichkeit zu einem späteren Zeitpunkt als göttliche Bestätigung für die kriminellen Machenschaften von Signore Domenico zu interpretieren. Jupiters Strafe oder so. Aber so schlau« – er ging los und winkte – »sind Sie von selbst, Commissario.«

Malleus zog die auberginefarbenen Handschuhe an, schlüpfte unter dem Absperrband hindurch und drängte sich durch die verstummte Masse, die den herbeispringenden Feuerwehrleuten zusah, wie sie die Kadaverreste mit Pulver löschten.

Ihn zog es ins Pantheon wie einen Wissenschaftler zu den schlimmsten Seuchenherden.

* A Ω *

Ich folge ihm.

Auch am Abend der ersten Begegnung, von der er nichts bemerkt.

Wie locker er durch Roms Straßen geht – als fürchte er nichts und niemanden. Er hat keine Angst, das merkt man.

 

Es gibt verschiedene Geschichten über ihn, und alle habe ich gesammelt.

Er kämpfte in den Übergangskriegen, als sich Islam, Christentum und Judentum gegen die ubiquitären Götter auflehnten und echt dachten, sie könnten gewinnen.

Diese arroganten Narren. Sie kämpften gegen GÖTTER!

Und da ihre eigenen nicht auftauchten, endete es mit einer Niederlage. In den christlichen Hochburgen der USA, in Mittel- und Südamerika wurde es besonders unschön, aber auch in der arabischen Welt und dort, wo die Muslime stark gewesen waren, spritzte das Blut nur so. Auch Europa kam nicht ohne Tote aus.

Tja, so ist das, wenn Glaube auf Wissen trifft: Eines davon bleibt auf der Strecke.

Heute sind die Verfechter der ehemals mächtigen Religionen kleine Häufchen, die sich über die ganze Welt verteilt haben und belacht werden. Die Völker ohne Gott, so werden sie genannt. Nichts anderes als Sekten. Das eint sie. Scheißgeile Ironie, wenn man mich fragt.

Die Kirchen wurden eingerissen oder umgebaut und umgewidmet, den meisten Moscheen und Synagogen ging es ebenso. Hing vom Gott ab, wie tolerant er sich denen gegenüber zeigte, die ihn einst als Aberglaube abgetan hatten. Manche von ihnen wollten die Unterdrücker von einst einfach brennen sehen und schlachteten ganze Gemeinden ab. Muss viel Spaß gemacht haben, schätze ich, über Jahrhunderte angestaute Wut rauszulassen. Entchristianisierung nennen sie es.

 

Gerade ist Ruhe unter den Göttern, abgesehen von Gerangel und Muskelspielchen und Wunderwettstreiten: Verletzte heilen, Unwetter machen und so was. Schwanzvergleich. Aber kein Gott scheint viel Lust zu haben, seine alten Weltreiche wiederaufzubauen. Das ist gut für die Menschen.

Früher hatten die Supermächte wegen der Atombomben Schiss, den Knopf zu drücken.

In diesen Tagen hat jeder Götter in der Garage, vor deren Kraft man sich fürchtet.

Ich bin sicher, dass es heute hässlicher enden würde als damals mit den nuklearen Sprengköpfen.

 

Auf welcher Seite Bourreau gekämpft hat?

Ich glaube, er war Freischärler. Hat ordentlich ausgeteilt, in sämtliche Richtungen. Es geht das Gerücht, dass er einen persönlichen Verlust erlitten hat, der ihn umso unbeugsamer machte. Angeblich hat er es sogar geschafft, ein paar von den kleinen Göttern umzubringen, um sich danach zu ergeben und von der Amnestie Gebrauch zu machen.

Schlauer Hund.

Harter Hund.

Wenn Sie mich fragen, respektieren ihn die Götter deswegen.

 

Er geht aufs Pantheon zu, dieses Frischhaltegebäude für die römischen Überwesen, das krachneu und doch alt ist. Anbauten, Erweiterungen und der ganze alte Grabkram flogen raus. Ist jetzt alles neoromanisch. Irgendein Priester ist immer da und opfert, damit die Götter über Rom und Bella Italia wachen.

Bourreau ist zum ersten Mal in der Ewigen Stadt. Klar, dass er sich einen Ort ansehen will, an dem sie versammelt sind, von Jupiter bis … keine Ahnung.

 

Das ist mehr als Mut, was er da abzieht.

Wahnsinn?

Schwachsinn?

* A Ω *

Malleus erreichte die Piazza della Rotonda vor dem Pantheon, das mehr als 1700 Jahre lang mit seinen 43 Metern Höhe und Innendurchmesser die größte Kuppel der Welt besessen hatte.

Neben dem ägyptischen Obelisken in der Mitte des Platzes blieb er stehen und ließ den Anblick auf sich wirken.

Die Rotunde war von Kaiser Trajan im Jahr 114 nach Christus begonnen worden und hatte seitdem einiges an Veränderungen durchlaufen. Doch niemals besaß sie mehr Bedeutung als jetzt – für die Menschen, die sich dem römischen Götterhimmel verpflichtet fühlten, und jene, die ihn hassten.

Dem beeindruckenden Kuppelbau war ein rechteckiges Gebäude vorgeschoben, der Pronaos, der mit seiner Fassade und Säulen an einen klassischen Tempel erinnerte. Man hatte viel Blattgold auf die korinthischen grauen Marmorsäulen aufgetragen, auch die vergoldeten Bronzeplatten, mit denen die Kuppel einst gedeckt war, saßen seit Oktober an ihrem Platz und warfen das Licht der Scheinwerfer von den umliegenden Gebäuden in den Abendhimmel.

Prunk.

Reichtum.

Göttlichkeit, die an Malleus’ Überzeugungen scheiterte. Wo sich andere in den Staub warfen, zündete er sich eine Culebra an und stellte Fragen. Auch einem Gott, wenn es denn einer wagte, sich seinem Verhör zu stellen.

Jeweils im Osten und Westen der Säulenhalle hatte man Brunnenbecken aufgestellt, Statuen der Flussgötter Tiber und Nil waren vom Kapitolsplatz hierher verfrachtet und als Brunnenfiguren aufgestellt worden – auch sie mit viel Aufwand verschönert.

Verschwendung.

Malleus ging die Stufen des rechteckigen Tempelvorbaus hinauf und durch die offene, sechs Meter hohe Bronzetür ins Innere. Anfang des fünften Jahrhunderts hatte man den Tempelbetrieb eingestellt, danach bekam das Bauwerk während seiner christlichen Nutzung den Namen Sancta Maria ad Martyres, im Anschluss Santa Maria Rotonda.

Aber das Katholische war hinweggefegt, wie sich deutlich vor ihm offenbarte.

Malleus wusste, dass die Gräber des Malers Raffael ebenso aus der Rotunde entfernt worden waren wie das von Carracci oder das Herz des Kardinals Ercole Consalvi. Den verschrumpelten Muskelüberrest hatte man auf Geheiß des Jupiter verbrannt, die Überreste der Künstler und Könige hingegen umgebettet, um nicht zu viel Aufregung in Italien zu erzeugen. Das Pantheon gehörte wieder ganz den römischen Göttern.

Malleus zog seinen Hut ab. Er sah das Schimmern der vielen Fackeln und Kohlefeuer, die im Innern der Rotunde brannten und der immensen Rundkuppel eine besondere Mystik verliehen. Man verzichtete bewusst auf LED-Scheinwerfer und andere moderne Lichtquellen, sondern lobpries die Vergangenheit.

Vielfarbiges Gestein aus allen Teilen der damaligen römischen Welt war zum Einsatz gekommen. Große Quadrate und Kreise aus Porphyr, grauem Granit und Giallo Antico fügten sich zu seinem Bodenmuster; Malleus bestaunte die beiden verschiedenen Dekorzonen der umlaufenden Wand.

Im Innenraum gab es sieben Nischen, mal rechteckig, mal halbrund und von Säulen umrahmt, in denen sich überlebensgroße Götterstatuen erhoben und vor denen Gläubige standen oder knieten, um leise murmelnd um ihre Anliegen zu bitten.

Priester in traditionellen Togen gingen umher, sammelten die Opfergaben der Menschen ein und verbrannten sie in gewaltigen Kohlebecken, die zu den Füßen der Abbilder ruhten.

Malleus blickte dem Rauch nach, der die Götter erreichen und sie gnädig stimmen sollte. Er zog in Schwaden hinauf und verschwand durch die kreisrunde Öffnung von neun Metern Durchmesser: das Opaion. Das Loch und das Eingangsportal bildeten die einzigen Lichteinlässe.

Malleus orientierte sich und entdeckte die Statue von Jupiter, setzte sich in Bewegung. Der aufwendig gestaltete Boden war leicht abschüssig, gegen Überflutung durch das Regenwasser war er zum Mittelpunkt geneigt und mit Abflüssen versehen.

In den Zeiten, bevor die Götter zurückgekehrt waren, rätselten Archäologen und Wissenschaftler, welche Gottheiten man in dem Pantheon verehrt hatte. Inzwischen waren den Priestern klare Anweisungen erteilt worden, wen die Götter in der Rotunde zu sehen wünschten. Die weniger bedeutsamen Wesen bekamen einen Platz in den Ädikulen, kleinen Wandaufbauten, die einer Tempelfront nachempfunden waren.

Malleus ging vorbei an Mars und Venus, Sol, Luna, Mercurius und Saturnus, bis er Jupiter erreicht hatte und sich in die Schlange davor einreihte.

Niemand schenkte ihm besondere Beachtung.

Nicht einmal die sogenannten Götter. Grinsend sah er über die Wände und die marmornen Abbilder, die aus leeren Augen gleichgültig auf die Menge stierten. Weder zerbarsten sie, noch wurden sie lebendig, um ihn aus dem Pantheon zu vertreiben.

Als Malleus an die Reihe kam, näherte sich ihm ein Priester, um seine Opfergabe in Empfang zu nehmen.

»Was ich anbieten kann, sind meine Worte«, sagte Malleus freundlich zu dem Mann und hielt den Hut mit den behandschuhten Fingern vor der Gürtelschnalle. »Hallo, Jupiter. Du wirst wissen, wer ich bin. Ihr Götter wisst ja angeblich so viel. Und da du, so sagen sie sicherlich, die Leiche von Bürgermeister Domenico eben mit einem Blitz zerfetzt hast, nehme ich an, wir sind beide der gleichen Meinung, was den Mord angeht.« Er sprach laut und deutlich, sodass seine Stimme durch das Gemurmel der Gläubigen drang und im Pantheon nachhallte. »Du weißt, ich lasse mir solche Gelegenheiten nicht entgehen, einem Gott zu begegnen und vielleicht ein kleines Streitgespräch über seine Herkunft zu führen.« Er sah sich um, seine Blicke schweiften über die entsetzten Blicke der Menschen. »Aber ich sehe, du hast nur das Stück Marmor abgestellt.«

»Ich muss dich bitten, zu gehen«, sagte der Priester und breitete die Arme aus, als wolle er Hühner hinausscheuchen.

»Kann das Jupiter nicht selbst, wenn er mich nicht bei sich haben möchte?«, konterte Malleus in freundlichem, unaufgeregtem Tonfall. »Ich hätte nichts gegen einen Rausschmiss durch ihn.«

»Verschwinde!«, rief ein Mann aus der Schlange hinter ihm. »Jupiter kommt nicht einfach wegen dir vorbei.«

»Jupiter wird dich strafen«, versprach ihm eine Frau. »Wie kannst du ihn derart beleidigen?«

»Du solltest jetzt gehen«, verlangte der Priester mit Nachdruck.

»Sicher.« Malleus wandte sich der Statue zu. »Wirklich schade. Wenigstens im Pantheon hätte ich auf dein Erscheinen gehofft. Bis zum nächsten Versuch.«

Er drehte sich um und ging auf das Portal zu.

Dem Geräusch nach bespuckte ihn jemand.