Aladin und die Wunderlampe - Märchen aus 1001 Nacht - E-Book

Aladin und die Wunderlampe E-Book

Märchen aus 1001 Nacht

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Beschreibung

Die weltberühmte Erzählung von Aladin und dem wundersamen Geist: Aladin, der Sohn eines armen Schneiders in China, bekommt von einem Zauberer den Auftrag, ihm aus einer tiefen Höhle in den Bergen eine Öllampe zu holen. Doch als Aladin in der Höhle gefangen zu sein scheint, erscheint ihm aus der Lampe ein riesiger Geist. Der Geist zeigt ihm den Weg aus der Höhle und erfüllt ihm von nun an alle Wünsche!-

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Märchen aus 1001 Nacht

Aladin und die Wunderlampe

Übersetzt Enno Littmann

saga

DIE GESCHICHTE VON ’ALÂ ED-DÎN UND DER WUNDERLAMPE

»Es ist mir berichtet worden, o größter König unserer Zeit, daß in einer Stadt Chinas ein armer Schneidersmann lebte; der hatte einen Sohn namens ’Alâ ed-Dîn. Und dieser Knabe war von Jugend auf ein Tunichtgut und Taugenichts. Als er aber zehn Jahre alt war, wollte sein Vater ihn ein Handwerk lernen lassen; und da er arm war, so war es ihm nicht möglich, viel Geld für ihn auszugeben, um ihn in einem Handwerk oder einer Wissenschaft oder einem anderen Beruf unterrichten zu lassen. So nahm sein Vater ihn denn mit sich in seine eigene Werkstatt, um ihn selbst das Schneiderhandwerk zu lehren. Weil der Knabe jedoch nun einmal ein Tunichtgut war und immer nur die Gewohnheit hatte, mit den Knaben des Stadtviertels zu spielen, so blieb er niemals auch nur einen einzigen ganzen Tag in der Werkstatt, sondern er lauerte immer nur auf den Augenblick, in dem sein Vater ausging, um eine Besorgung zu machen oder um einen Kunden zu besuchen; dann lief er sofort weg und trieb sich draußen in den Gärten herum, zusammen mit den anderen bösen Buben, Lehrlingen von seinem Schlage. So trieb er es stets; er gehorchte seinen Eltern nicht und lernte auch kein Handwerk. Sein Vater grämte und betrübte sich so sehr über die Untugend seines Sohnes, daß er krank ward und starb. Der Knabe ’Alâ ed-Dîn aber blieb bei seiner Art. Wie seine Mutter nun überlegte, daß ihr Gatte dahingeschieden war, daß ihr Sohn aber ein Tunichtgut war, der zu gar nichts taugte, da verkaufte sie den Laden mit allem, was in ihm war, und begann Baumwolle zu spinnen, um durch ihrer Hände Arbeit den Lebensunterhalt für sich und ihren mißratenen Sohn ’Alâ ed-Dîn zu gewinnen. Der aber wurde, da er nun sah, daß er der Strenge seines Vaters entronnen war, in seiner Unart und Nichtsnutzigkeit noch bestärkt. Ja, er gewöhnte sich sogar daran, nur zur Essenszeit nach Hause zu kommen. Seine arme, unglückliche Mutter aber mußte ihn von dem ernähren, was sie durch Spinnen mit eigener Hand verdiente, bis er fünfzehn Jahre alt geworden war.

Ferner ist mir berichtet worden, o größter König unserer Zeit, daß ’Alâ ed-Dîn, als er fünfzehn Jahre alt geworden war, eines Tages auf der Straße saß und mit den bösen Buben spielte; da kam plötzlich ein maurischer Derwisch und blieb stehen, um den Kindern zuzuschauen; er blickte auf ’Alâ ed-Dîn und sah seine Gestalt genauer an als seine Genossen. Dieser Derwisch stammte aus dem fernsten Westlande, und er war ein Zauberer, der durch seine Kunst einen Berg auf den andern türmen konnte und der auch in der Astrologie erfahren war. Nachdem er den ’Alâ ed-Dîn genau betrachtet hatte, sprach er bei sich selber: ›Dieser Knabe da ist der, den ich suche, ja, er ist es; um ihn aufzuspüren, habe ich meine Heimat verlassen.‹ Dann nahm er einen der Knaben beiseite und fragte ihn nach ’ Alâ ed-Dîn, wessen Sohn er sei, und erhielt von ihm Auskunft über alles, was jenen anging. Darauf trat er an ’ Alâ ed-Dîn heran, nahm ihn beiseite und fragte ihn: ›Mein Sohn, bist du nicht der Sohn des Schneiders Soundso?‹ ›Jawohl, mein Herr‹, erwiderte ihm der Knabe, ›aber mein Vater ist längst tot.‹ Wie der maurische Zauberer das hörte, warf er sich auf ’ Alâ ed-Dîn, umarmte ihn, begann ihn zu küssen und weinte, so daß die Tränen über seine Wangen strömten. Als ’Alâ ed-Dîn dies Gebaren des Mauren sah, wunderte er sich darüber, und er fragte ihn und sprach: ›Warum weinst du, mein Herr? Und woher kennst du meinen Vater?‹ Mit trauriger, gebrochener Stimme antwortete ihm der Maure: ›Mein Sohn, wie kannst du eine solche Frage an mich richten, nachdem du mir kundgetan hast, daß dein Vater, mein Bruder, tot ist? Ja, dein Vater war mein Bruder! Ich bin jetzt aus meinem Lande hierher gekommen, und nach meinem Aufenthalt in der Fremde war ich schon froh, da ich hoffte, ihn wiederzusehen und durch ihn Trost zu finden! Du aber hast mir jetzt kundgetan, daß er tot ist. Ach, das Blut konnte es mir nicht verhehlen, daß du der Sohn meines Bruders bist; ich habe dich aus all den Knaben heraus erkannt, obwohl dein Vater, als ich mich von ihm trennte, noch nicht verheiratet war. Jetzt ist es mir versagt, Trost und Freude zu finden durch deinen Vater, meinen Bruder, den ich nach meinem Fernsein noch einmal vor meinem Tode zu sehen hoffte. Ach, das Schicksal der Trennung hat ihn mir geraubt; aber dem Geschicke kann niemand entgehen, und gegen das, was Allah der Erhabene beschlossen hat, gibt es kein Mittel.‹ Dann nahm er ’Alâ ed-Dîn bei der Hand und sprach zu ihm: ›Mein Sohn, ich habe jetzt keinen Trost mehr als dich allein; du trittst nun für deinen Vater ein, denn du bist nun sein Stellvertreter. Wer Nachkommen hinterläßt, der ist nicht tot, mein Sohn!‹ Nun legte der Zauberer seine Hand in die Tasche, holte zehn Dinare hervor und gab sie dem ’Alâ ed-Dîn mit den Worten: ›Mein Sohn, wo ist euer Haus, und wo ist sie, deine Mutter, die Frau meines Bruders?‹ ’Alâ ed-Dîn nahm ihn bei der Hand und zeigte ihm den Weg zu ihrem Hause. Da sagte der Zauberer zu ihm: ›Mein Sohn, behalte dies Geld und gib es deiner Mutter; grüße sie von mir und sage ihr, daß dein Oheim aus der Ferne wiedergekommen ist. So Gott will, komme ich am morgigen Tage zu euch, um sie selbst zu begrüßen und um das Haus zu schauen, in dem mein Bruder gewohnt hat, und auch um zu sehen, wo sein Grab ist.‹ Darauf küßte ’Alâ ed-Dîn die Hand des Mauren und lief in seiner Freude eilends zu seiner Mutter; er kam zu ungewohnter Zeit zu ihr, da er ja sonst immer nur zur Essenszeit bei ihr einzutreten pflegte. Fröhlich ging er zu ihr hinein und rief: ›Mutter, ich bringe dir gute Botschaft, mein Oheim ist aus der Fremde heimgekehrt und läßt dich grüßen.‹ ›Mein Sohn‹, erwiderte sie, ›willst du mich etwa verspotten? Wer ist dein Oheim? Woher hast du einen lebendigen Oheim?‹ Doch ’Alâ ed-Dîn sagte darauf: ›Mutter, wie konntest du zu mir sagen, ich hätte keine Oheime und keine Verwandten, die am Leben wären, wo doch dieser Mann mein Oheim ist? Er hat mich ja umarmt und hat mich geküßt mit Tränen im Auge. Und er hat mir gesagt, ich sollte dir dies mitteilen.‹ ›Mein Sohn‹, gab sie ihm zur Antwort, ›ja, ich weiß, du hattest einen Oheim, aber der ist gestorben; und ich habe keine Kunde davon, daß du einen zweiten Oheim hättest.‹

Ferner ist mir berichtet worden, o größter König unserer Zeit, daß der maurische Zauberer am nächsten Morgen ausging und sich wieder nach ’Alâ ed-Dîn umzuschauen begann; denn er hatte die Absicht, sich nicht mehr von ihm zu trennen. Und während er in den Straßen der Stadt umherging, traf er auf ’ Alâ ed-Dîn, der wie gewöhnlich mit den bösen Buben spielte. Nachdem er an ihn herangetreten war, ergriff er ihn bei der Hand, umarmte ihn, küßte ihn und nahm aus seinem Beutel zwei Dinare heraus, indem er sprach: ›Geh zu deiner Mutter, gib ihr diese beiden Dinare und sprich zu ihr: ›Mein Oheim möchte heute abend bei uns speisen; darum nimm diese beiden Dinare und bereite uns ein schönes Abendessen!‹ Vor allem aber zeige mir noch einmal den Weg zu eurem Hause! ‹ ›Das will ich gern tun, mein Oheim‹, rief ’Alâ ed-Dîn, ging vor ihm her und zeigte ihm den Weg zum Hause. Dann verließ der Maure ihn und ging seines Weges. ’Alâ ed-Dîn aber ging heim und erzählte es seiner Mutter; auch gab er ihr die beiden Dinare mit den Worten: ›Mein Oheim wünscht bei uns zu Abend zu speisen.‹ Die Mutter des ’Alâ ed-Dîn machte sich sofort auf, ging zum Basar und kaufte alles Nötige ein. Dann kam sie wieder nach Hause und begann das Abendessen vorzubereiten; von ihren Nachbarn entlehnte sie, was sie an Schüsseln und anderem Geschirr nötig hatte, und als es Abend ward, sprach sie zu ihrem Sohne ’ Alâ ed-Dîn: ›Mein Sohn, das Abendessen ist gerichtet. Vielleicht kennt dein Oheim nicht den Weg zu unserem Hause; drum geh ihm eine Strecke weit entgegen!‹ ›Ich höre und gehorche! antwortete er. Doch während sie noch miteinander redeten, ward plötzlich an die Tür geklopft. ’Alâ ed-Dîn ging hin, um zu öffnen; da war es der maurische Zauberer mit einem Diener, der Wein und Früchte trug. ’Alâ ed-Dîn ließ sie ein; der Diener ging seines Weges, der Maure aber trat hinein, begrüßte die Mutter ’ Alâ ed-Dîns und begann zu weinen. Dann fragte er sie: › Wo ist die Stätte, an der mein Bruder zu sitzen pflegte?‹ Da zeigte die Mutter des Knaben dem Fremdling die Stätte, an der ihr Gatte zu seinen Lebzeiten gesessen hatte; jener aber ging dorthin, sank auf die Knie und küßte den Boden, indem er sprach: ›Ach, wie armselig ist mein Glück, wie traurig ist mein Geschick, seit ich dich nicht mehr habe, mein Bruder, o du Ader meines Auges!‹ In dieser Art und Weise jammerte und klagte er, so daß die Mutter ’Alâ ed-Dîns wirklich glauben mußte, er sei in Wahrheit ihr Schwager. Ja, er wurde sogar ohnmächtig von seinem vielen Weinen und Greinen; da trat sie zu ihm und redete mit ihm, und nachdem sie ihn vom Boden aufgerichtet hatte, sprach sie zu ihm: ›Was hilft es, wenn du dich zu Tode peinigst?‹

Die Mutter ’Alâ ed-Dîns fuhr fort, den maurischen Zauberer zu trösten; sie bat ihn, sich zu setzen, und nachdem er sich gesetzt hatte, begann er, noch ehe der Tisch aufgetragen wurde, mit ihr zu plaudern, indem er sprach: ›Frau meines Bruders, wundere dich nicht darüber, daß du mich zeit deines Lebens noch nicht gesehen und mich auch zu Lebzeiten meines entschlafenen Bruders nicht kennen gelernt hast! Denn ich habe schon vor vierzig Jahren dies Land verlassen und bin der Heimat fern geblieben. Ich bin nach Hinterindien und Vorderindien gereist, ich habe ganz Arabien durchstreift; dann zog ich nach Ägyptenland und wohnte eine lange Weile in seiner großen Hauptstadt, die zu den Weltwundern gehört; und zuletzt begab ich mich nach dem fernsten Westen, und in jenem Lande blieb ich dreißig Jahre lang. Eines Tages aber, o Frau meines Bruders, während ich so dort saß, begann ich an mein Heimatland und an meinen Bruder, der jetzt dahingeschieden ist, zu denken. Da ergriff mich übermächtige Sehnsucht danach, ihn wiederzusehen; ich begann zu weinen und darüber zu klagen, daß ich so fern von ihm in der Fremde war; und schließlich machte mich die Sehnsucht nach ihm so unruhig, daß ich beschloß, nach diesem Lande zu reisen, meiner Heimat, in der ich geboren bin, um meinen Bruder wiederzusehen. Denn ich sprach bei mir selber: ›Mann, wie lange bist du schon in der Fremde, fern deinem Heimatlande, und dabei hast du nur einen einzigen Bruder und sonst keine Geschwister; drum auf, reise hin, sieh ihn noch einmal, ehe du stirbst! Wer kennt die Schicksalsschläge der Zeit und die Wechselfälle der Tage? Das wäre doch ein herbes Leid, wenn ich stürbe, ehe ich meinen Bruder noch einmal sähe! Allah hat dir ja – Ihm sei Dank! – großen Reichtum verliehen, während dein Bruder vielleicht in Mangel und Armut lebt; dann könntest du ihm helfen und zugleich sein Antlitz sehen.‹ Da machte ich mich denn sogleich auf, rüstete mich zur Reise, sprach nach dem Freitagsgebete die erste Sure, bestieg mein Reittier und kam zu dieser Stadt nach vielen Mühsalen und Beschwerden, die ich im Schutze des Herrn, des Allmächtigen und Hocherhabenen, geduldig ertrug; und so zog ich hier ein. Während ich nun vorgestern in den Straßen der Stadt umherging, sah ich, wie der Sohn meines Bruders,’Alâ ed-Dîn, mit den Knaben spielte; und beim allmächtigen Gott, o Frau meines Bruders, als ich ihn erblickte, da ward mein Herz zu ihm gerissen, denn Blut wird zu Blut hingezogen, und die Stimme meines Herzens sprach zu mir, daß dies meines Bruders Sohn sei. Ich vergaß all meine Mühsal und Bekümmernis, als ich ihn sah, und fast wäre ich vor Freuden geflogen; doch als er mir kundtat, daß der Selige zur Barmherzigkeit Allahs des Erhabenen eingegangen ist, da ward ich im Übermaße meines Grames und Kummers ohnmächtig; vielleicht hat ’Alâ ed-Dîn dir schon berichtet, wie es mich überwältigt hat. Aber jetzt habe ich ein wenig Trost durch ’Alâ ed-Dîn gefunden, der nun an die Stelle des Entschlafenen tritt; denn wer Nachkommen hinterläßt, ist nicht tot.‹

Als der maurische Zauberer, nachdem er seine Ansprache an die Mutter ’Alâ ed-Dîns geschlossen hatte, sah, wie sie darüber weinte, wandte er sich zu ’Alâ ed-Dîn; dabei war es seine Absicht, daß sie nicht mehr an ihren Gatten denken sollte und daß er sie darüber hinwegtröste, um so seinen listigen Plan an ihr zu vollenden. ›Mein Sohn ’Alâ ed-Dîn‹, redete er ihn an, ›was für ein Handwerk hast du gelernt? Was für einen Beruf hast du? Hast du ein Handwerk gelernt, das euch beide, dich und deine Mutter, ernährt?‹ Da ward ’Alâ ed-Dîn beschämt und verlegen, er ließ den Kopf hängen und senkte ihn zu Boden. Doch seine Mutter rief: ›Woher sollte er? Bei Allah, er versteht gar nichts! Einen so nichtsnutzigen Buben habe ich noch niemals gesehen. Den ganzen Tag über treibt er sich herum mit den bösen Buben des Stadtviertels, die ebenso sind wie er. Sein Vater – o mein Jammer! – starb nur aus Gram um ihn. Und ich lebe jetzt auch im Elend; mühsam spinne ich Baumwolle Tag und Nacht, um mir ein paar Laibe Brot zu verdienen, die wir gemeinsam aufessen. Ja, so ergeht es mir, lieber Schwager! Bei deinem Leben, er kommt nur zur Essenszeit zu mir, sonst nie. Ich habe schon daran gedacht, ich wollte die Haustür schließen und ihm nie mehr aufmachen und ihn laufen lassen, damit er sich einen Unterhalt suche, durch den er sein Leben fristet. Ich bin jetzt eine alte Frau, ich habe keine Kraft mehr, mich so abzuquälen und auf diese Weise für das tägliche Brot zu sorgen. Ach Gott, muß ich meinen Lebensunterhalt beschaffen? Ich brauche jemanden, der mich ernährt!‹ Da wandte sich der Maure an ’Alâ ed-Dîn mit den Worten: ›Wie kommt es, o Sohn meines Bruders, daß du es so böse treibst? Das ist eine Schande für dich! Das paßt sich nicht für Leute deiner Art! Du bist doch verständig, mein Sohn, und ein Kind ehrbarer Leute! Eine Schmach für dich ist es, daß deine Mutter in ihrem hohen Alter sich noch um deinen Lebensunterhalt kümmern muß, während du schon ein Mann bist, der sich nach einem Lebensweg umsehen sollte, durch den er sich ernähren kann. Schau, mein Sohn, in unserer Stadt gibt es – gottlob! – so viele Lehrmeister wie sonst nirgends; wähle dir das Handwerk aus, das dir zusagt, damit ich dich darin unterbringe; wenn du dann älter wirst, mein Sohn, so hast du deinen Beruf, von dem du leben kannst. Es ist ja möglich, daß du das Handwerk deines Vaters nicht magst; dann suche dir ein anderes aus, ein Handwerk, das dir gefällt! Erzähle mir davon; ich will dir helfen, so viel ich nur irgend vermag, mein Sohn!‹ Als der Maure aber sah, daß ’Alâ ed-Dîn schwieg und ihm keine Antwort gab, merkte er, daß der Knabe überhaupt keine Arbeit haben, sondern nur ein faules Leben führen wollte; und da sprach er zu ihm: ›Sohn meines Bruders, ich will dir nicht weh tun. Wenn du denn doch kein Handwerk erlernen magst, so will ich dir einen Kaufmannsladen mit kostbarsten Stoffen eröffnen, damit du unter den Menschen bekannt wirst, Handel treiben, kaufen und verkaufen kannst und ein angesehener Mann in der Stadt seiest.‹ Als nun ’ Alâ ed-Dîn die Worte seines maurischen Oheims hörte, wie er die Absicht hatte, ihn zu einem Kaufherren zu machen, freute er sich sehr; denn er wußte genau, daß diese Herren alle immer feine und saubere Kleider tragen; lächelnd blickte er den Mauren an, nickte mit dem Kopfe und deutete so an, daß er einverstanden war.

Ferner ist mir berichtet worden, o größter König unserer Zeit, daß der maurische Zauberer sah, wie ’Alâ ed-Dîn lächelte; nun wußte er, daß der Knabe damit einverstanden war, ein Kaufherr zu werden, und so sprach er denn zu ihm: ›Da du einverstanden bist, daß ich dich Kaufmann werden lasse und dir einen Laden eröffne, Sohn meines Bruders, so zeige dich als Mann! Morgen, so Gott will, werde ich dich zunächst mit zum Basar nehmen und dir einen feinen Anzug anmessen lassen, wie ihn die Kaufleute tragen; danach werde ich dir einen Laden aussuchen und dir so mein Wort halten.‹ Die Mutter ’Alâ ed-Dîns hatte bisher immer noch ein wenig daran gezweifelt, daß der Maure ihr Schwager sei; aber als sie nun hörte, daß er ihrem Sohne versprach, er wolle ihm einen Kaufherrenladen eröffnen und ihm Stoffe und Kapital und dergleichen geben, da entschied die Frau in ihrem Sinne, daß dieser Maure wirklich ihr Schwager sei, weil ein fremder Mann so etwas doch nicht für ihren Sohn tun könne. Deshalb begann sie, ihren Sohn auf den rechten Weg zu leiten und ihn zu ermahnen, er solle die Torheit aus seinem Kopfe verbannen, sich als Mann erweisen, stets seinem Oheim, der ihm wie ein Vater sei, gehorchen und die Zeit, die er im Nichtstun mit seinesgleichen nutzlos hatte verstreichen lassen, wieder gutmachen. Darauf breitete die Mutter ’Alâ ed-Dîns den Tisch aus und trug das Abendessen auf; alle drei setzten sich hin und begannen zu essen und zu trinken, während der Maure sich mit ’ Alâ ed-Dîn über Fragen des Kaufmannsberufes und dergleichen Dinge unterhielt. Darüber freute ’Alâ ed-Dîn sich so sehr, daß er in jener Nacht nicht schlafen konnte. Als der Maure bemerkte, daß die Nacht bald zu Ende war, ging er zu seiner Wohnstätte, nachdem er ihnen versprochen hatte, am nächsten Tage zurückzukehren, um mit ’ Alâ ed-Dîn zum Basar zu gehen und ihm einen Kaufmannsanzug anmessen zu lassen. Wie es dann Morgen geworden war, klopfte er auch schon wieder an die Tür. ’Alâ ed-Dîns Mutter erhob sich und machte ihm die Haustür auf; er wollte aber nicht eintreten, sondern verlangte nur nach ’Alâ ed-Dîn, um mit ihm zum Basar zu gehen. So kam denn ’Alâ ed-Dîn heraus, wünschte seinem Oheim einen guten Morgen und küßte ihm die Hand. Der nahm ihn bei der Hand und schritt mit ihm dahin bis zum Basar. Dort trat er in einen Tuchladen ein, in dem sich Kleider von jeglicher Art befanden. Er forderte einen vollständigen Anzug von hohem Werte; da brachte der Kaufmann, was er wünschte, in allen seinen Teilen fertig geschnitten und genäht. Nun sprach der Maure zu ’ Alâ ed-Dîn: ›Wähle dir aus, mein Sohn, was dir gefällt! ‹ Der Knabe war hocherfreut, wie er sah, daß sein Oheim ihm die Wahl ließ, und er suchte sich nach seinem Belieben die Kleidungsstücke aus, die ihm gefielen. Dann bezahlte der Maure dem Kaufmann sofort den Preis dafür, ging fort und nahm ’ Alâ ed-Dîn mit ins Badehaus. Nachdem sie gebadet hatten, verließen sie den Baderaum und tranken Scherbett in der Halle; dann legte ’ Alâ ed-Dîn froh und fröhlich den neuen Anzug an, trat vor seinen Oheim hin, dankte ihm und küßte ihm, dankbar für seine Güte, die Hand.