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Das wohl bekannteste Märchen aus 1001 Nacht: Der Holzfäller Ali Baba sieht zufällig, wie eine Räuberbande ihr Diebesgut in einem Berg versteckt, der sich dank eines Zauberspruches öffnen und schließen lässt. Ali Baba und sein Bruder bedienen sich an dem Schatz, doch als der Bruder von den Räubern erwischt wird und sie nun auch hinter Ali Baba her sind, ist es nur der klugen und schönen Sklavin Mardschana zu verdanken, dass die Räuber bezwungen werden können. -
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Seitenzahl: 106
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Märchen aus 1001 Nacht
Saga
Ali Baba und die 40 RäuberCoverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © 2020, 2020 1001 Nacht und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726692495
1. Ebook-Auflage, 2020
Format: EPUB 3.0
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»Es wird berichtet – Allah aber ist Allwisser seiner verborgenen Absichten und kann über sie am besten richten! – in den Erzählungen aus alter Zeit und aus der Völker Vergangenheit und den Nationen, die längst dem Untergange geweiht, daß in früheren Tagen, die weit in entschwundene Zeitalter ragen, in einer Stadt von Chorasân im Perserlande zwei Brüder von gleichem Vater und gleicher Mutter lebten, von denen der eine Kâsim, der andere aber Ali Baba hieß. Ihr Vater war bereits gestorben, und was er ihnen hinterlassen hatte, war ein Erbteil von geringem Wert, eine Habe, die nicht sehr beschwert. Da teilten die beiden, was ihr Vater ihnen vermacht hatte, wenn es auch nur wenig war, in Recht und Gerechtigkeit, ohne Widerspruch und ohne Streit. Nachdem sie also die Erbschaft von ihrem Vater geteilt hatten, vermählte Kâsim sich mit einer reichen Frau; die besaß Grundstücke und Gärten in großer Zahl, Weinberge und Läden zumal, und diese wiederum waren voll von prächtigen Dingen und kostbaren Waren, die ins Unermeßliche gingen. So begann er denn Handel zu treiben, zu verkaufen und zu kaufen; er kam zu Wohlstand, das Geschick war ihm günstig, und er gewann großen Ruf unter den Kaufleuten weit und breit sowie unter den Leuten von Reichtum und Vornehmheit. Doch sein Bruder Ali Baba nahm ein armes Mädchen zur Frau, der kein Dirhem, kein Dinar, kein Haus, kein Grundstück zu eigen war. Darum gab er auch in kurzer Zeit alles aus, was er von seinem Vater geerbt hatte; so geschah es, daß bald die Not mit ihrem Gram und die Armut mit ihren schweren Sorgen über ihn kam. Er war ratlos, was er tun sollte, er sah keinen Weg mehr, seine Nahrung und seinen Lebensunterhalt zu beschaffen; und doch war er ein Mann von Wissen und Verstand, in Gelehrsamkeit und feiner Bildung gewandt.
In dieser mißlichen Lage begann er über einen Ausweg nachzudenken; wohin sollte er sich flüchten? wie sollte er seinen Lebensunterhalt gewinnen? was sollte er tun, um sein tägliches Brot zu verdienen? So sprach er denn bei sich selber: ›Wenn ich nun mit dem Gelde, das mir noch verblieben ist, eine Axt und ein paar Esel kaufe und mit ihnen ins Gebirge ziehe, dort Holz abschlage, dann wieder herunterkomme und es auf dem Markt der Stadt verkaufe, so wird der Erlös davon mir sicher so viel einbringen, daß meine Not aufhört und daß ich meine Familie unterhalten kann!‹ Diesen Plan hielt er also für den richtigen, und so beeilte er sich, die Esel und die Axt zu kaufen. Des Morgens zog er nun mit drei Eseln, von denen ein jeder so groß wie ein Maultier war, ins Gebirge; dann blieb er den Tag über dort, damit beschäftigt, Holz zu hacken und die Bündel zusammenzubinden. Wenn es dann Abend ward, belud er seine Esel und zog mit ihnen zur Stadt hinab, bis er auf den Markt kam. Dort verkaufte er das Holz, und mit dem Erlös davon konnte er für sich selbst sorgen und die Ausgaben für seine Familie bestreiten; so wurde der Kummer von ihm genommen, und er war nicht mehr von Sorgen beklommen. Da pries und lobte er Allah und verbrachte die Nacht mit frohem Herzen, mit freudigem Gemüte und mit ruhiger Seele. Wie es dann wieder Morgen ward, machte er sich von neuem auf, zog ins Gebirge und tat wie am Tage zuvor. Das ward nun seine Gewohnheit: jeden Morgen begab er sich ins Gebirge, und am Abend kehrte er zur Stadt zurück, ging auf den Markt, um sein Holz zu verkaufen, und bestritt mit dem Erlös die Ausgaben für seine Familie. So sah er denn dies Handwerk für einen Segen an und blieb immerfort dabei, bis er eines Tages, während er im Gebirge dastand und Holz hackte, plötzlich eine Staubwolke sah; die wirbelte empor und legte der Welt einen Schleier vor. Doch als die Wolke sich hob, da erschien unter ihr eine Schar von Rittern, dräuenden Löwen gleich; die starrten in Waffen, sie waren mit Panzern angetan, mit Schwertern gegürtet, sie trugen die Lanzen unter den Armen und die Bögen über den Schultern. Ali Baba erschrak vor ihnen; zitternd und bebend eilte er zu einem hohen Baume, kletterte hinauf und verbarg sich zwischen den Zweigen, um vor den Rittern sicher zu sein, da er sie für Räuber hielt. Als er nun hinter den belaubten Zweigen versteckt war, richtete er den Blick auf die Männer.
Ferner sagte mir der Erzähler dieser wunderbaren Geschichte und der unterhaltenden, seltsamen Berichte, daß Ali Baba, nachdem er auf den Baum gestiegen war und die Ritter mit scharfem Blicke gemustert hatte, sich davon überzeugte, daß sie Räuber und Wegelagerer waren. Dann zählte er sie und fand, daß sie vierzig Männer waren, von denen ein jeder auf einem edlen Rosse saß. Da fürchtete er sich noch mehr, und die Angst bedrückte ihn schwer; seine Glieder erbebten, sein Speichel ward ihm trocken gar, und er wußte nicht mehr, wo er war. Nun hielten die Ritter an, stiegen von ihren Rossen ab und hängten ihnen die Futtersäcke mit Gerste um; darauf griff ein jeder von ihnen zu seiner Satteltasche, die über dem Rücken seines Renners lag, nahm sie ab und hängte sie sich über die Schulter. All das geschah, während Ali Baba sie beobachtete und ihnen vom Baume herab zuschaute. Der Räuberhauptmann schritt den anderen voran, ging mit ihnen zu einer Felswand und blieb vor einer kleinen Stahltür an einer Stelle stehen, die so dicht mit Gestrüpp bewachsen war, daß man die Tür nicht sehen konnte; so viel Dorngebüsch befand sich dort. Auch Ali Baba hatte sie bisher übersehen; nie hatte er sie geschaut oder bemerkt. Als nun die Räuber vor der Stahltür standen, rief ihr Hauptmann, so laut er konnte: ›Sesam, öffne dein Tor!‹ Und in demselben Augenblick, in dem er diese Worte gesprochen hatte, öffnete sich die Tür. Der Hauptmann ging hinein, und die Räuber folgten ihm, mit den Satteltaschen beladen. Da wunderte Ali Baba sich über ihr Tun, und er schloß in Gedanken, daß jede Satteltasche voll von geprägtem weißen Silber und rotem Gold sein müsse. Dem war auch wirklich so. Denn jene Diebe pflegten auf den Landstraßen zu lauern, auf Dörfer und Städte loszujagen und die Einwohner zu plagen. Und jedesmal, wenn sie eine Karawane geplündert oder ein Dorf überfallen hatten, brachten sie ihre Beute an diesen abgelegenen versteckten Ort, der den Blicken der Menschen fern war. Ali Baba blieb unterdessen in seinem Versteck auf dem Baume; er verhielt sich ruhig und rührte sich nicht, aber er schaute den Räubern unverwandt nach und beobachtete ihr Tun, bis er sie wieder, geführt von dem Hauptmanne, mit den leeren Satteltaschen herauskommen sah. Sie banden die Taschen wieder auf den Rücken der Pferde fest, wie sie vorher gewesen waren, legten den Tieren die Gebisse um, saßen auf und zogen in derselben Richtung ab, aus der sie gekommen waren. Sie ritten immer weiter dahin, bis sie weit in der Ferne den Blicken entschwanden. Auch dies alles geschah, während Ali Baba still dasaß und in seiner Angst sich nicht rührte, ja, nicht einmal zu atmen wagte. Erst als die Räuber in der Ferne seinem Blicke entschwunden waren, stieg er von dem Baume herab.
Als Ali Baba sich vor Schaden von ihnen sicher fühlte und sich von seinem Schrecken erholt und beruhigt hatte, stieg er von dem Baume herunter und ging zu der kleinen Tür. Dort blieb er stehen, und indem er sie betrachtete, sprach er bei sich selber: ›Ob sich die Tür, wenn ich so wie der Räuberhauptmann rufe: ›Sesam, öffne dein Tor!‹ wohl öffnen wird oder nicht?‹ Dann trat er dicht herzu, sprach diese Worte, und siehe da, die Tür sprang auf. Die Sache verhielt sich nämlich so: diese Stätte war von den Geistern, den Mârids, hergerichtet, verzaubert und durch einen starken Talisman gebunden. Doch die Worte ›Sesam, öffne dein Tor!‹ waren die geheime Formel, die dazu bestimmt war, den Talisman zu lösen und die Tür zu öffnen. Wie nun Ali Baba die Tür offen sah, ging er hindurch; aber kaum hatte er die Schwelle überschritten, da schloß sich das Tor hinter ihm. Darüber war er so sehr erschrocken, daß er die Worte sprach, die keinen, der sie spricht, im Stiche lassen: ›Es gibt keine Macht und es gibt keine Majestät außer bei Allah dem Erhabenen und Allmächtigen!‹ Und als er dann wieder an die Worte ›Sesam, öffne dein Tor!‹ dachte, legten sich Furcht und Schrecken, die über ihn gekommen waren; denn er sagte sich: ›Es geht mich nichts an, wenn die Tür sich schließt, da ich ja das Geheimnis kenne, durch das ich sie wieder öffnen kann!‹ Nun ging er etwas weiter, und da er der Meinung war, die Höhle wäre ein dunkler Raum, so geriet er in die größte Verwunderung, als er dort eine aus Marmor erbaute weite, helle Halle schaute, die war mit hohen Säulen geziert und in prächtiger Weise ausgeführt, und in ihr war alles angespeichert, was das Herz an Speisen und Getränken wünschen konnte. Von dort aus schritt er in eine zweite Halle weiter, die noch größer und geräumiger war als die erste; in ihr sah er Güter von wundersamer Art mit den seltensten Kleinodien gepaart, deren Glanz die Augen entzückt und deren Beschreibung keinem Menschen glückt. Dort lag eine Menge Barren von Gold, echt und rein, und anderer Dinge von Silber fein; gemünzte Dinare und Dirhems, unübersehbar; all das in Haufen wie von Kieseln und Sand, bei denen jede Zahl und Berechnung schwand. Nachdem er sich eine Weile in dieser wunderbaren Halle umgeschaut hatte, tat sich vor ihm noch ein anderes Tor auf; er ging hinein und kam in eine dritte Halle, die war noch herrlicher und schöner als die zweite, und die war angefüllt mit den feinsten Gewändern aus allen irdischen Gebieten und Ländern; in ihr fanden sich Stoffe, aus kostbarer feiner Baumwolle hergestellt, und Kleider aus Seide und den prächtigsten Brokaten der Welt; ja, es gab keine einzige Art von Stoffen, die sich nicht in diesem Raume gefunden hätte: sie stammten von Syriens Auen und aus Afrikas fernsten Gauen, aus China und dem Industal, aus Nubien und Hinterindien zumal. Und weiter schritt er in die Halle der edlen Steine, das war die größte und wunderbarste von allen; sie enthielt Perlen und Juwelen, die konnte man weder erfassen noch zählen, Hyazinthe und Smaragde, Türkise und Topase; Berge von Perlen lagen dort, und Achate sah man neben Korallen am selben Ort. Schließlich ging er in die Halle der Spezereien und des Weihrauchs und der Wohlgerüche, und das war die letzte jener Hallen. Dort fanden sich von diesen Dingen Sorten so zart und von jeder feinsten Art. Der Duft von Aloeholz und Moschus wallte dort empor; Ambra und Zibet strahlten in ihrer vollen Schönheit hervor; der Zauber von Rosenwasser und Nadd 1