Albrechts Chroniken 5 - Friedrich S. Plechinger - E-Book

Albrechts Chroniken 5 E-Book

Friedrich S. Plechinger

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Beschreibung

Albrechts Chroniken 5, das letzte Buch, ist die Fortsetzung des historischen Romans von Albrechts Chroniken, Weg eines Templers, Die schwarze Krone, Astrolabium und In den Krallen Roms. Mit diesem Band endet die Geschichte dieses Romans.

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Zur Erinnerung an einem Freund

Für Kurt Scholz

Geboren am 15.01.1955/ + 04.09.2021

Auf dieser letzten Reise wirst Du die Wahrheit erfahren.

Vorwort, Widmung, Danksagung.

Ein Traum habe ich mir mit Albrechts Chroniken erfüllt und mit diesem letzten Buch, seine Geschichte zu Ende gebracht. Immer schon wollte ich geschichtliche Novellen schreiben, da ich mehrere lesenswerte Romane, von anderen Autoren, gelesen habe. Mehrmals hatte ich es versucht und immer tratt ein Name, für dem Hauptdarsteller dieses Romanes, auf. Albrecht. Warum Albrecht? Das kann selbst ich nicht sagen. Es passierte einfach und nach vielen Versuchen, gab ich Albrecht endlich seine Geburt. Auch für mich war es eine Reise, denn ich begleitete ihn und schrieb sein Tagebuch. Jetzt, wo ich dieses Vorwort hier tippe, fällt es mir schwer mich von ihm und seinen Erlebnisse zu verabschieden. Seine Geschichte floß einfach durch meine Finger, als ich Seite für Seite schrieb und nicht wußte woher das Ganze kam. Doch ich will es auch nicht wissen und einfach dankbar sein, daß ich als sein Autor sein durfte. Ich hoffe daß er, Albrecht, auch für Euch eine leserliche und abenteurliche Bereicherung war. Dann habe ich mit diesen Werken meinen Zweck erfüllt.

Meine Danksagung, geht vor allendingen den Lesern, die Albrechts Chroniken 1,2 3 und 4 bisher gelesen haben und sich darüber positiv äußerten. Ich denke Albrechts Chroniken 5 wird sie nicht enttäuschen.

Es wäre schön, wenn diese Werke auch den Rest der Welt erreichten.

Wer weiß was ich als nächstes schreiben werde. Zunächst erstmal nichts und nach drei Jahren und fünf geschriebenen Büchern mir etwas Distanz gönnen.

Meinen Dank an Euch

Friedrich S. Plechinger

Inhalt:

Flucht aus Caesarea

Abschied von Myriam

Kreta

Wir verlassen Kreta

Adieu Caesarea, Willkommen Rom

Die Ankunft

Eugen III

Die Viermundt Gesellschaft

Die Jahre des Friedens sind vorbei

Die Flucht

Longuedoc das magische Land

Aller Anfang ist schwer

Marcion von Sinope und das Johannes Evangelium

Evangelium

Besuch des Pryors

Weg mit Hindernissen

Christos

Paris

14 November 1173

Die See Hat mich wieder

Ein Überlebender erzählt

Die Rache der See

Die Abmachung

Queribus

Asacanio di Sassari ein Verräter

Ackon Voraus

Aleppo?

Ein Sultan namens Salah U Din

Unter Stern und Mondsichel

Wo ist Salah U Din

Tag der Flucht

Die Jahre mit Balduin

Hoffnung bleibt eben nur Hoffnung

Das Ende der christlichen Herrschaft Jerusalems

Zurück

Ein Rabi namens Isaac

Das Ende meiner Reise

Flucht aus Caesarea

18er Februar 1145

Menschen überall wo man nur hinsehen konnte, rannten mit ihren armseligen Habseligkeiten meinen Weg entlang. Ich hatte das Schlachtfeld bereits vor zwei Tagen hinter mir gelassen, doch das Szenario, das an Grausamkeit und Brutalität sich nicht mit dem zuvor erlebten verglich, schwebte noch vor meinen Augen.

Schreiende Kinder und streitende Frauen, sowie Männer jeden Alters, die Karren hinter sich herzogen, verlangsamten mein Tempo, um den Hafen Caesareas zu erreichen und mein Hengst Sokrates hatte die Nerven blank. Die Menschen machten nur widerwillig Platz, als wir uns durchzuzwängen versuchten und die Möglichkeit jemanden zu fragen, was denn eigentlich los sei und warum sich die Menschen so benahmen, ergab sich noch nicht. Ich hatte keine Ahnung, was eigentlich in diesem Moment hier passierte, aber anscheinend waren tausende auf der Flucht. Am Abend erst erreichte ich den Hafen und auch hier verirrten sich Menschen auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit auf einen der wenigen Koggen, die noch übriggeblieben waren. Ich spürte eine Besorgnis in mir aufsteigen. Würde ich noch von diesem verfluchten Heiligen Land wegkommen? Mein Auftrag hatte ich erfüllt und meine zwölf Männer, für die Ausbildung bei der schwarzen Bruderschaft, abgeliefert.

Daß ich unfreiwilliger weise eine Schlacht bezeugen durfte, die nicht auf dieser Reise geplant, jedoch ich zum Teil mitverantwortlich war, ist zu bedauern. Jetzt wollte ich nur noch weg hier, doch dies schien mir, an diesem Tag, ein schwieriges Unterfangen zu werden. Schreie, die einem den Verstand raubten und in Sprachen, die man zuvor nie gehört hatte, ließen bei vielen Panik ausbrechen. Kapitäne und Seeleute hatten alle Hände voll zu tun, um die Massen an Bord ihrer Boote nicht einstürmen zu lassen. Hunde und angeheuerte Schlägerbanden wurden eingesetzt, um den Chaos nicht außer Kontrolle geraten zu lassen und die Burschen schlugen ohne Skrupel zu. Endlich, erreichte ich einen Quai, wo es ruhiger zuging und konnte mir einen der Seeleute schnappen, die dort herumlungerten, um ihn nach einer Mitfahrgelegenheit zu fragen. Ziel sei zu diesem Augenblick egal gewesen. Hauptsache weg.

„Tut mir leid Herr. Ihr seht selbst was hier geschieht.“

„Was ist eigentlich los? Warum wollen die Armseligen alle weg?“

„Habt ihr nicht gehört? Ackon wurde gestern von den Sarazenen dem Erdboden gleich gemacht. Die Stadt war mit den eigenen Männern kaum geschützt, da Diese aus Ackon abgezogen wurden, um woanders gegen den Feind zu kämpfen und so blieb die Stadt wehrlos. Ackon wurde angegriffen, als der Feind sich darüber überzeugt hatte, daß sie nun leicht einzunehmen war. Die Menschen sprechen von tausenden von Toten und trotz der Überzahl des Feindes, konnte man die Festung und Ackon noch halten, als endlich Hilfe kam. Die kam jedoch viel zu spät. Der Schaden ist unbeschreiblich. Dies, was ihr hier seht ist die Konsequenz daraus. Man befürchtet einen zweiten noch größeren Angriff und wer weiß, nach dem Ackon solch ein Schicksal erlitt, ist vielleicht Caesarea als nächstes dran.“

„Ich zahle Euch zwei Goldthaler, wenn ihr es schafft mich an Bord irgendeines Kahnes zu schaffen. Das Pferd muß ebenso mit. Ich bin auf einer Mission des Vatikans unterwegs und meine Abreise ist von dringlichster Wichtigkeit. Ich muß dort Bericht darüber erstatten, was hier soeben geschieht.“

„Drei Goldthaler Herr und nehmt es mir nicht übel, aber ihr seht wie die Lage sich hier zuspitzt!“

Ich nickte.

„Trefft mich, in zwei Glasen, in der Kaschemme „Zur Schwarzen Gans“. Ich werde mich umhören und ein geeignetes Boot suchen. Wo genau ist das Ziel?“

„Rom!“ sagte ich kurz und bündig.

„In zwei Glasen werde ich dort sein und ihr Herr am besten auch!“

Der Seemann verschwand und ich zog Sokrates hinter mir her. Mein Herz pumpte schneller als sonst und die Nervosität der Fliehenden übertrug sich auf mich. Eigenartig, daß ein Mann meines Standes sich so beeinflussen ließ, doch eine Stimme in mir sagte, daß wenn nicht jetzt dann vielleicht nie und nun galt es die Kaschemme zu finden. Ich frug mich durch und schmale Wege und Gassen mußte ich durchqueren, bis ich endlich Lärm und Gesang aus einer Richtung hörte, die mich magisch anzog. Das Schild „Zur Schwarzen Gans“ stand nun direkt vor mir. Betrunkene Soldaten, Seeleute, Händler, Fischer, Huren, Priester und Sonstige, die auf eine Überfahrt warteten oder eine Möglichkeit hier sahen an schnelles Geld zu kommen, jaulten und maulten rum und als ich einen Platz suchte, wo ich mich hinsetzten konnte, nachdem ich Sokrates draußen angebunden hatte, spürte ich plötzlich eine Hand, die versuchte sich in meinen Wamst fündig zu machen, doch ich packte sofort zu. Eine Hure schrie vor Schmerz und fiel auf die Knie. Dreckig und in zerrissenen Lumpen tat sie mir fast leid und so löste ich den Griff an ihrem Hals. Sie stand auf und ergriff die Flucht, nachdem ich mir zuvor überzeugte, daß meine Wertsachen noch vollzählig waren.

„Was darf ich bringen Durchlaucht?“ grölte ein Wirt sarkastisch.

„Einen Krug eures Weines und etwas Käse und Oliven!“

„Wird sofort erledigt. Benötigt der Herr eine Übernachtungsmöglichkeit? Ich habe Zimmer frei.“

„Ich denke nicht. Danke!“

Er drehte sich um und verschwand. Mein Blick umkreiste den Saal, doch zum Glück kannte ich keinen und so machte ich mir Gedanken, welche Ziele, alternativer Weise, noch in Frage kämen. Messina, Malta, sowie Kreta und Rhodos lagen nicht gerade auf dem Weg und würden sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, doch welche Priorität bliebe mir denn noch übrig?

So wie sich die Lage hier entwickelte, würde dieses Land, früher oder später, brennen und in die ewige Dunkelheit für alle verschwinden. Ich frug mich, ob das nicht das Beste gewesen wäre, um diesen Gotteswahn endlich und für alle Zeit zu beenden. Eine Hure näherte sich meinen Tisch und ihrem Aussehen nach, war sie eine der Edleren. Geschmeide und Schmuck zeugten von wohlhabender Kundschaft, doch bei mir würde sie nichts zu holen haben.

„Na mein Süßer? Auf der Flucht oder auf Handelsreise?“

„Ich wüßte nicht, was es dich angehen sollte. Verschwinde und suche dir einen anderen!“

„Aber, aber. Warum denn gleich so abweisend und unfreundlich? Wir sitzen doch beide im selben Bott schöner Mann. Du versuchst, genauso wie ich zu überleben und glaube mir Herzchen, ich habe Mittel und Wege dir das Universum auf Erden zu zeigen. Na, wie wärs? Einen Silberthaler und die Milchstraße wird dir gehören Habibi!“

„Ich bleibe lieber mit beiden Beinen am Boden und das Universum hat keine Verwendung für solche wie mir. Versuch dein Glück woanders.“ Rief ich genervt.

„Du suchst bestimmt eine Mitfahrgelegenheit, um hier wegzukommen, nicht wahr? Vielleicht kann ich helfen?“

„Ich habe jemanden schon beauftragt!“

„Verstehe. Wie schade. Na, dann ein andermal Schätzchen!“

Elegant drehte sie sich endlich weg und schritt davon. Ihre prallen Hüften und die schmale Taille, waren ohne Zweifel verführerisch und seit meiner Nadine hatte ich mich der Versuchung nicht hingegeben. Das waren dreißig Jahre her, stellte ich erschrocken fest. Um so mehr erschrak es mich zu erkennen, zu welch Leben mir mein Schicksal geführt hatte.

Viel Freude hatte ich nicht und die Zeitspanne, die ich fleischlichen Vergnügen mich hingab, war sehr schmal. Eine Kurtisane, die mir Raschid einst in meinem Zelt als Geschenk eingeschmuggelt hatte, und meine Ehefrau Nadine, die nach der Geburt meines Sohnes Adelbert, verstarb, waren die einzigen Liebesabenteuer, die mir vergönnt waren. Im Templerorden wurden die Regularien streng und klar, durch den Eid manifestiert, befolgt und auf See war ich meiner Mission verschrieben, so wie jetzt als Diener und Legat des Vincenzo di Cardia und des Vatikans.

„Laßt es euch schmecken Durchlaucht!“ rief der Wirt laut, als er mich aus meinen Gedanken befreite und den Krug Wein als auch die Schüssel mit dem Brot, den Oliven und den Käse, auf dem Tisch knallte. Empört über dieses Verhalten, jedoch wissend, daß es mit solchen Grobianen reine Zeitverschwendung gewesen wäre einen Dolch in den dummen Hals zu stoßen, schüttete ich mir den Kelch voll und nahm einen kräftigen Schluck. Der Käse schmeckte ranzig und alt und das Brot war hart und brüchig, der Wein allerdings konnte sich zeigen lassen.

Die Zeit verging, doch der Seemann ließ sich nicht blicken. Nur gut, daß ich ihn die drei Goldthaler nicht im Voraus bezahlt hatte. Nach drei Krügen Wein, stellte der Wirt die Stühle schon auf den Tischen und nur zwei Betrunkene, die kurz davor waren weg zu wanken und die edle Hure, befanden sich im Gasthaus. Ich wartete schon sechs Glasen hier und er wollte sich aber nach drei blickenlassen.

Müdigkeit machte sich bei mir breit, denn ich hatte seit zwei Tagen keinen Schlaf finden können

„Wir schließen Durchlaucht!“

„Bring mir noch einen Krug. Ich warte auf Nachricht!“

„Das geht nicht Herr. Die Nachtwache läßt mit sich nicht spaßen, denn wir haben Sperrstunde und wenn ich sie überschreiten sollte, kostet es mir richtig Geld.“

„Verstehe!“

„Nicht daß es mir was anginge, aber auf welche Nachricht wartet ihr denn? Sucht ihr etwa eine Passage mit dem Boot weg von hier? Kann ich jetzt schon sagen, daß heute nichts mehr geht Durchlaucht!“

„Hör auf mich Durchlaucht zu nennen. Kann ich dann auf dein Angebot zurückgreifen und ein Zimmer für die Nacht nehmen? Mein Pferd sollte ebenso untergebracht werden.“

„Das wäre zu machen Herr. Fünf Piaster pro Tag und einen Piaster für das Pferd.“

„Könnt ihr mir vielleicht helfen Jemanden zu finden, der mir einen Platz auf irgendeinen der Kähne besorgen könnte?“

„Sicher Durch…verzeiht, Herr!“ Der Wirt drehte sich in Richtung Hure und zeigte auf sie.

„Myriam, komm her!“

„Was willst Du?“

„Der Herr hier sucht ein Platz für sich und sein Pferd auf irgendeiner Kogge. Ich bin mir sicher, daß einer deiner wertgeschätzten Kunden einen Hebel oder zwei in Bewegung setzen könnten gegen etwas Entgelt.“

Die Hure, die ich nun hier beim Namen nennen werde, stand langsam und angetrunken von ihrem Schemel auf und schritt zu meinem Tisch. Ohne um Erlaubnis zu fragen, nahm sie neben mir Platz und hakte sich bei mir ein.

„Dem Schicksal kann man sich nicht entziehen mein Liebling. Ich habe es gewußt, daß es mit uns Zwei noch funken wird.

Was bezahlst du und wohn willst du hin?....Bring uns noch einen Krug Carlos!“

„Das geht nicht….!“

„Halt den Mund und tu was ich dir sage Pendecho. Der Laden gehört schließlich mir. Verschließe die Fenster und danach versorgst du das Tier dieses noblen Herren hier.“

„Puta de dios!“ Zornig tat der Wirt was Myriam sagte und knallte noch einmal laut den vollen Krug auf dem Tisch, doch diesmal packte ich ihm am Handgelenk und drückte fest zu.

„Porfavor Herr, Hört damit auf!“ brüllte der Wirt vor Schmerz.

„Dann hör damit ebenso auf mich als einen ungewollten Gast zu behandeln, kapiert?“

„Si si. Es tut mir leid!“

„Hast du meinen Hengst entsprechend untergebracht und mein Zimmer vorbereitet?“

„Ja Herr!“

Angetrunken wie ich schon war, doch meiner Sinne noch mächtig, sah ich Myriam in die Augen und es schoß mir plötzlich heiß den Lenden hoch. Ich würde heute Nacht mir etwas gönnen, was ich schon vor langer Zeit hätte tun sollen.

Ich wollte es wieder spüren von zwei warmen Frauenschenkel umringt zu sein und mich diesen teuflischen Trieb hingeben, den ich in all den Jahren als teuflisch und schlecht ansah. Was solls. Wer wüßte denn schon ob es morgen früh noch einen morgen gäbe und ob es sich lohnt die heutige Nacht, mit dem was nicht mehr zu ändern ist, den Kopf weiter zu belasten.

„Bring mir den Krug in meinem Zimmer und vergewissere dich, daß das Bett Platz für zwei hat!“ rief ich befehlend ohne dabei meinen Blick von Myriams Augen zu lassen, dessen Farbe ich mir bis heute nicht im Klaren bin, welche es waren.

Myriam lächelte feurig, schnappte sich meine Hand und wir verschwanden in das kleine, fertiggemachte Zimmer, das für die erwarteten Verhältnisse, einen sehr gepflegten Eindruck mir hinterließ. Eine Kerze brannte und gab etwas Licht, doch die weitgeöffnete Fenster, die die Form eine Bogens hatten, ließen genug Helligkeit in den Raum dringen, da der Mond hell und breit draußen schien. Myriam wollte es sofort wissen, doch ich bremste.

„Bevor wir uns der fleischigen Sünde hingeben, liebste Freundin, sollten wir meine morgige Abreise besprechen. Du hast also Beziehungen zu Jemanden, der mir eine Passage weg von hier verschaffen kann?“

„Ja mein Liebster. Sorge dich nicht, denn es ist schon längst erledigt. Der Kontakt des Seemanns, der dich hierhergeschickt hatte, bin ich. Nicht ihn solltest du nach drei Glasen treffen, sondern mich. Doch hast du mich ja grob und unhöflich verwiesen.“

Welch ein irrführendes Spiel dachte ich mir. Deswegen hatte mich der Seemann hierher Zur Schwarzen Gans geschickt. Sie war sein Kontakt, oder besser, er war nur ein Mittelsmann.

„Ich muß mich entschuldigen Verehrteste. Ich konnte nicht ahnen, daß du diejenige welche sein solltest, die mir die Passage verschaffen würde. Welch ein Zufall!“

„Jeder denkt, daß ich nur eine Hafenhure bin, jedoch gehört die Hälfte des Hafens mir. Alles mit dem Fleisch meines Körpers erarbeitet. Bischöfe, Kommandanten, Admiräle, Gouverneure, Patriarchen, Prinzen und gar Könige hatten ihre Schwänze tief in mir versenkt mein Schätzchen und mit jedem Stoß ihrer Lenden, erkaufte ich mir eine Halle nach der anderen, eine Kaschemme nach der anderen, ein Kogge nach der anderen und ja auch die Seelen meiner Stecher. Du hattest drei Goldstücke den Seemann geboten. Dies nur für den Kontakt. Was aber würdest du für die Überfahrt bezahlen mein Täubchen?“

„Nenn mir deinen Preis?“ flüsterte ich fast entsetzt über die sehr detaillierte Beschreibung ihres erlangten Vermögens.

„Du willst also nach Rom? Wie wichtig wäre es dir dorthin zu kommen?“

„Sehr wichtig!“

„Ich weiß. Hat mir der Seemann ebenso erzählt. Irgendeine Mission für den Vatikan. Nun gut. Zwanzig Goldstücke für dich, fünf für dein Pferd und drei für den Kontakt. Deinen Schwanz darfst du dafür umsonst in mich einführen. Was sagst du dazu?“

„Achtundzwanzig Goldstücke? Bist du wahnsinnig? Dafür kann ich eine Kogge kaufen?“

„Wenn du jedoch das Verhältnis bedenkst, was du bereit gewesen warst den Seemann für den Kontakt zu bezahlen, so ist das ein fairer Preis. Des Weiteren wirst du nicht auf dem Deck mit hundert anderen die Überfahrt verbringen müssen.

Du bekommst eine Kabine und die Passagierzahl beschränkt sich auf ganze fünfzehn. Dein Schaukelpferd bekommt ein Plätzchen im Frachtraum und wird verpflegt, wie es sich gehört. Das wichtigste jedoch mein Freund, ist das Ziel. Die Kogge segelt direkt nach Ostia und von dort ist es nur ein Katzensprung nach Rom.“

Ich dachte über den unverschämten Preis nach und so wunderte es mich nicht, wie Myriam zu all dem Vermögen gekommen ist. Sie hielt „IHREN HAFEN“ für die edle Kundschaft ständig offen und nur die Nobelsten aller Nobelsten durften in ihren, von zwei festen rosaroten Schenkeln umgebenen Hafen, anlegen. Ich hatte keine Wahl.

Auch wenn ich genug Gold besaß, so war der Preis unglaublich hoch. Was war da noch? Ich durfte meinen Schwanz dafür umsonst einführen? „Wenn das so ist, dann wirst du Tage nicht mehr laufen können meine Liebe“ schoß es mir in den Kopf.

„Abgemacht. Und jetzt zieh deine Kleider aus.“ Befahl ich ihr und kaum hatte ich es ausgesprochen stand sie nackt vor mir.

Ihre Brüste waren prall und ihre Taille fügte sich perfekt, an ihre runden Hüfte an. Das schwarzbraune Dreieck zwischen ihren Schenkel raubte mir die Sinne und mein Verstand schien sich zu verabschieden. Solche Gefühle hatte ich vergessen und vor Jahren aufgegeben. Nie hätte ich gedacht je wieder solche zu hegen, doch hier explodierte ein Vulcan bildlich vor meinen Augen. Gierig und schmachtend riß ich mir die Kleider vom Leib und warf mich auf sie wie ein Raubtier.

„Wie heißt du denn überhaupt?“ frug sie mich.

„Albrecht Viermundt!“ antwortete ich benebelt, während draußen Tausende versuchten um ihr Leben zu rennen.

Abschied von Myriam

19 Februar 1145

Grob wurde ich an diesem Morgen vom Wirt geweckt.

„Herr, wenn ihr hier noch weg wollt, dann mußt ihr jetzt aufwachen.“

Ich konnte die Augen kaum öffnen, denn der Wein und diese Liebesnacht hatten mich meiner Substanz beraubt. Ich dachte ich würde noch träumen und öffnete, so gut ich konnte, meine noch schlaftrunkenen Augen. Myriam lag nicht mehr neben mir und starr vor Schreck stand ich senkrecht auf. Ich suchte nach meinen Goldbeutel, den ich sofort fand und wem auch immer gedankt sei, es hatte nichts gefehlt.

„Was ist los Wirt? Es ist noch früh am Morgen!“ schrie ich leicht gereizt.

„Ihr müßt weg. Myriam hat alles für euch in Bewegung gesetzt. Sie ist unten in der Kaschemme und verhandelt mit dem Kapitän, der beim Sonnenaufgang lossegeln wird und dieser ist bald!“

Ich zog Hose, Hemd und Stiefeln hastig an und packte meine Sachen so schnell ich konnte ein. Mit eiskaltem Wasser wusch ich noch schnell mein Gesicht und rannte danach die Treppen runter und um ein Haar, wäre ich vom eigenen Schwert zum Stolpern gebracht worden, der sich in der Eile zwischen meinen noch schwachen Beinen befand. Benommen wie ich war, konnte ich mich kaum an die vergangene Nacht erinnern, doch anscheinend habe ich mich nicht dumm angestellt, als Myriam mich unten, in der Kaschemme, katzenartig begrüßte.

„Na, mein wilder Krieger? Kannst Du überhaupt noch aufrecht stehen?“

Ich lächelte nur kurz und drang nach Aufklärung.

„Ich bin hier. Wann kann es losgehen?“

„Sobald du bezahlt hast mein Hengst!“ kam schnurrend aus ihr raus, ihr Hemd noch nicht ganz zugeknöpft und trotz der Spuren der letzten Nacht, sah sie unsagbar schön aus. Ich nahm die 28 Goldthaler aus dem Beutel und reichte es ihr, ohne, daß es der Kapitän sehen konnte.

„Dein Pferd ist bereits gesattelt mein Hübscher. Schade, daß die Umstände dir es nicht erlauben länger zu bleiben!“

„Schade in der Tat meine Liebe. Doch wer weiß. Vielleicht führt uns das Leben wieder zusammen eines Tages. Du wirst in meiner Erinnerung bleiben Myriam!“

Sie lächelte traurig, so als ob sie es sich wirklich wünschen würde, daß ich noch bliebe, doch man wusste es nie bei solchen Frauen, die ihren Körper zum beruflichem Zweck verwenden. Und trotzdem, mein Herz klopfte wie verrückt jedesmal, wenn ich in ihren Augen sah, dessen Farbe sich keiner Bezeichnung erklärt. Wer weiß wann ich solche Eskapaden je wieder genießen durfte. Ich küßte sie noch einmal, bevor unsere Wege sich trennten und siehe da, sie hatte tatsächlich feuchte Augen.

„Weinst du?“ frug ich hilflos.

„Ja, das tue ich. Bitte paß auf dich auf und vergiß mich nicht allzuschnell.“ Ich wußte nicht was ich dazu sagen sollte, denn mein Bauch wurde von nervösen Unwohlsein gequält. Sollte ich mich etwa in einer Hure verlieben? Einer Hure die vermögend und anscheinend intelligent noch dazu ist?“ Dann sagte ich etwas was ich selbst nicht verstand.

„Komm doch mit!“ Sie schaute mich an und lächelte, doch sie winkte schnell ab.

„Es tut mir leid Liebster. Ich habe meine Geschäfte hier zu führen und die kann ich nicht aufgeben. Zumindest nicht so schnell, als das ich Hals über Kopf mich in ein Abenteuer wage, wo man nicht weiß wo einem das Schicksal trägt.“

„Das tue ich täglich. Für mich ist die Ungewißheit mein ständiger Begleiter, doch das ist es, was mein Leben so lebenswert macht. Besitzlos wie ich bin, kann ich tun und lassen was ich will. Das Gut, das ich bewohne, gehört dem Vatikan, auch wenn ich auf Lebenszeit dort leben darf, könnte ich trotzdem jederzeit dort weg. Merke dir diesen Namen gut, falls du jeweils in Rom sein solltest. Giustiniana. Frag nach dem Legaten Albrecht Viermundt. Dort wirst du mich finden, solltest du deine Meinung irgendwann mal ändern. Ich muß los. Der Kapitän drängt!“

Ich küßte sie noch einmal und bestieg meinen lieben Hengst Sokrates, der sichtlich froh war, daß es weiterging. Ein letzter Blick vergewisserte mich, daß mein Erlebnis mit Myriam kein Traum war. Was war geschehen letzte Nacht? Ich mußte meinen Verstand ordnen und an die Abreise denken.

Der Gang zum Hafen verlief, zu meiner Beruhigung, ohne Vorkommnisse. Menschen schliefen links und rechts am Wegesrand und bewachten im Schlaf ihr armseliges Gut. Sie taten mir leid und ein Mittgefühl überfiel mich. Ich würde einen ganzen Kahn mit 15 zahlenden Passagieren teilen wohlwissend, daß auf solch einer Kogge gut und gern bis hundert Menschen transportiert werden konnten, um solch eine Evakuierung zu ermöglichen. Doch leider mußte ich an diesem Tag nur an mich denken und das Mitleid bei Seite schieben. Kurz vor Sonnenaufgang kam ich am Quai an und Seeleute eilten mir zu, um Sokrates und mein Gepäck abzunehmen. Es war leicht den Hengst über die Planke auf das Deck zu führen, denn auch Sokrates wollte anscheinend nur weg von hier.

„Mein Herr, willkommen an Bord der „Konstanza“. Ich führe euch zu eurer Kajüte und seid unbesorgt. Wir kümmern uns um euren Roß.“ Versicherte mir der Maat. Der Kapitän wäre noch nicht eingetroffen, da er die anderen Vierzehn Passagiere beim Hafenamt abfertigen müßte. Ich nickte und schritt die Treppe hinunter die mich zu den Kabinen brachte.

Der Maat öffnete mir die kleine Holztür und ich machte mich in meiner Kajüte, die mein Quartier auf dieser Reise werden würde, bequem. Müde, wie ich noch von der aufregenden Nacht war, legte ich mich auf die Pritsche und kämpfte damit die Augen nicht zu verschließen, denn ich wollte die Abfahrt mitbekommen und sicher gehen, daß dies reibungslos geschieht. Doch die Müdigkeit hatte gesiegt und ich schlief ein. Geweckt wurde ich, als es plötzlich auf Deck sehr laut zu ging und mir klar wurde, daß die Männer dort oben, Schwierigkeiten hatten. Ich zog mir die Stiefel an, nahm das Schwert und eilte nach oben und was ich sah versetzte mich in solch Erstaunen, daß ich eine kleine Ewigkeit brauchte, um das Geschehen zu verstehen. Die „Konstanza“ wollte gerade ablegen als die Planke noch nicht eingezogen und das Heck-Schot vom Poller nicht gelöst wurde. Menschen stürmten auf den Kahn zu und schreiende und um Hilfe suchende Väter, die versuchten ihre Frauen und Kinder an Bord zu hieven, wurden mit heftigen Prügeln von Bord geschlagen. Kinder weinten und griffen nach ihren Vätern und Müttern, die ihn Ohnmacht fielen und in ihrer Verzweiflung einfach losließen. Dann erkannte ich aber, was der eigentliche Grund für die Panik war. Die Sarazenen fielen in Caesarea ein und Feuer brannte überall, so daß schwarze Wolken gen Himmel zogen. Die Brut kam immer näher und ich erschrak zunehmendst, wie unmenschlich und mit welcher Brutalität hier Christen gegen Christen auf diesem Deck kämpften. Ich packte dem Kapitän zur Seite und beschwor ihn.

„Nehmt die Menschen auf. Ich bezahle!“

„Den Preis dafür könnt ihr nicht bezahlen Herr und es sind Bischöfe und der Patriarch an Bord, die mit diesem Pack nichts zu tun haben will!“

„Es sind Christen Kapitän. Auch ich war Seefahrer. Ich war sogar Admiral der Templerflotte in La Rochelle. Zeigt ein Herz und ich zahle was ihr verlangt. Hört auf, auf die Menschen derart einzuschlagen. Hört ihr mich? Sie werden hier alle getötet. Wollt Ihr das? Die Hölle wird für Euch noch ein Plätzchen warm halten, wenn ihr euch nicht jetzt entscheidet!“

Der Kapitän schaute mich mit zornigen Augen an, doch in der Hölle wollte er als Christ nicht landen und so gab er nach und nahm, so viele er aufladen konnte, auf. Viele mußten zurückbleiben. Meistens die Ehemänner und die Alten.

Herzzerreißende Szenen spielten sich vor meinen Augen ab und ich konnte dieses Unglück nicht glauben, daß auf die Menschen so herabfiel und kein Zeichen von einem Gott, der hier Einhalt walten ließ weit und breit. Ich half den Seeleuten das Heck-Schot mit einem Beil vom Poller zu lösen. Krachend setzte die Kogge sich in Bewegung und es hätte keinen Augenblick später passieren dürfen, denn die Sarazenen erreichten den Hafen und töteten alles was ihnen vor die Füße kam. Ich dachte in diesem Augenblick an Myriam und mein Herz fing an zu schmerzen. Caesarea brannte und glich einer von Menschenhand gemachten Hölle. Die ersten Pfeile flogen, doch sie trafen die „Konstanza“ nicht. Schwer, wie sie nun mal war, nahm sie wenig Fahrt auf, jedoch waren wir zunächst mal in Sicherheit. Langsam entfernte sich das Ufer dieses so Heiligen Landes mehr und mehr und ich half den Menschen auf Deck so gut ich konnte. Kinder, die vor Schreck und mit starrendem Blick den Tod gerade noch entfliehen konnten. Frauen, die weinten und hin und her wippten da sie um ihre Männer trauerten. Ich öffnete einen der Wasserfässer und reichte die Kelle so gut ich konnte an diesen verzweifelten Menschen weiter. Ich konnte nicht anderes tun als weinen, als ich dieses Elend sah. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, wie die Zivilbevölkerung unter solchen Kriegen litt, denn ich war immer auf der anderen Seite der Szene. Bei den Kriegern. Eine Frau griff mich am Arm und bedankte sich auf französisch. Der Herr möge mich segnen, doch ich wollte seinen Segen nicht. Ein Gott, der sowas zuläßt, ist ein schlechter Gott oder gar kein Gott und alle Ausreden, man solle doch sein Vorgehen verstehen, verstand ich nicht.

„Na Bravo. Wegen Euch werden wir die Fahrt nach Ostia mit solch einen Müll verbringen müssen.“ schrie plötzlich einer hinter mir. Ich drehte mich um und sah in das warzige, fette Gesicht eines Bischofs dessen Hände zehn goldene Ringe bekleideten. Ich schlug mit aller Kraft zu und hörte wie sein Nasenbein brach. Entsetzen machte sich auf der Kogge breit, als andere Geistliche dies sahen. Der Patriarch warf mir einen Blick zu, der mir eigentlich auf der Stelle zu Stein hätte werden lassen sollen, doch seine Bosheit reichte nicht dafür aus.

„Ihr wollt Christen sein?“ schrie ich. „Es wäre mir ein Leichtes euch alle über Bord zu werfen, dann hätten die Haie ihre Freude an euch gottloses Pack! Keinen Finger habt ihr gerührt, um diese Menschen zu helfen und seid versichert, ich werde es dem Papst melden.“ Totenstille herrschte auf der „Konstanza“ und die Geistlichen verschwanden vom Deck.

Außer einen. Er zog seine schwere Robe aus und stand in einer leichten Leinenkutte plötzlich da.

„Laß mir dich helfen mein Sohn. Das sind die ersten wahren Worte, die ich in zwei Jahren gehört habe und ich schäme mich, daß ich nicht mitgeholfen hatte. Ich hatte einfach Angst. Wie heißt du?“ er reichte mir die Hand und ich nannte ihn meinen Namen.

„Irgendwo habe ich diesen Namen schon gehört, doch ich weiß nicht wo. Ich heiße Alonso Elia Martinez. Ich bin Spanier.

Sag mir wie ich helfen kann.“

„Reiche ihnen Wasser und schenke ihnen Trost. Das ist alles was du tun kannst Bruder!“

„Du kennst den Papst?“ frug er mich als er den Armseligen Wasser reichte.

„Ja. Ich bin Legat im Vatikan!“

„Legat? Was ist das für ein Rang? Dieser ist völlig neu für mich!“

„Den bekam ich von Innozenz den II. Zuvor war ich im Templerorden. Admiral der Templerflotte!“

„Jetzt weiß ich, woher ich dich kenne!“ rief er erfreut. „Du bist der Albrecht Viermundt. Einer der Mitbegründer des Ordens, doch wie es mir scheint etwas in Ungnade gefallen, mit dem lieben Bernard.“

„Etwas ist untertrieben. Er warf mich aus dem Orden raus, nachdem er selbst mich nach Rom geschickt hatte. Ich wollte das nie. Ich liebe die See, doch sein Plan lief nicht nach seiner Vorstellung und Innozenz fand Gefallen an mir und gab mir diesen Rang. Wer dem Papst nicht gehorcht, der hat nichts zu lachen. Ist es nicht so eure Eminenz?“

„Nenn mich einfach Alonso. Lassen wir die Förmlichkeiten. Zumindest hier auf diesem Deck der Verzweifelten. Deine Geschichte ist traurig. Ja, da hast du recht. Innozenz war sehr eigen. Und was hattest du hier im Heiligen Land zu tun, wenn ich fragen darf?“

Ich lächelte ihn an und sagte nur „Geschäfte für den Vatikan!“

Alonso ersparte sich weiterer Fragen, um welche Geschäfte es sich handle und wischte, mit einem kühlen, nassen Tuch das Gesicht eines kleinen Jungen ab. Erschöpft legten sich viele dieser armen Seelen hin und schliefen endlich ein. Ihr Verlust, den sie zurückgelassen hatten, konnte man nicht ermessen und ich rede nicht vom materiellen Verlust.

Familienangehörige, die in Caesarea zurückgeblieben waren, würden sie nie wiedersehen. Die „Konstanza“ segelte so schnell sie konnte davon, doch sie war nicht schnell genug.

Der Kapitän kam später zu mir und bat um das Wort, als sich Alonso Martinez zurückzog.

„Ich kenne euch nicht mein Herr und ich weiß nicht, wie ich diese zusätzliche Ladung berechnen kann, denn Myriam ist die Besitzerin dieses Bootes und sie macht die Preise.

Jedenfalls muß ich mich mit der Tatsache abfinden, daß Myriam diesen Überfall der Sarazenen vielleicht nicht überlebt hat!“ er bekreuzigte sich dreimal dabei.

„Kommt zum Punkt Kapitän. Sagt was ihr zu sagen habt. Macht ihr Euch Sorgen um die Bezahlung so seid versichert, ich werde Euch gut entlohnen. Was Myriam betrifft….!“ Mein Herz wurde schwer als ich an sie denken mußte, „….so hoffe ich, daß sie es geschafft hat aus diesem Hexenkessel zu entkommen.“

„Es geht nicht um das Geld Herr. Auch ich denke, daß wir das Richtige getan haben und ich danke euch dazu, doch wir müssen die Fliehenden in Kreta von Bord gehenlassen. Sie können nicht mit nach Ostia!“

„Und warum nicht?“ frug ich neugierig.

„Ihr behauptet selbst, ein Seemann zu sein. Die „Konstanza“ ist zu langsam der zusätzlichen schweren Ladung wegen. Das Mittelmeer ist verseucht mit osmanischen und ägyptischen Piraten, die auf solchen, langsamen Kähnen Ausschau halten.

Für sie wären diese Menschen ein fettes Fressen.

Sklavenhandel. Dämmerts jetzt?“

Ja, es hatte gedämmert. Ich selbst kam nicht auf diesen Gedanken, da ich die andere Seite des Meeres meistens besegelte, dort wo sonst keiner hinkam. Er hatte vollkommen recht. Wir alle befanden uns in Lebensgefahr und von Sicherheit konnte jetzt nicht die Rede sein. So sehr hat es gedämmert.

„Erschwerend kommt hinzu…“ fuhr er weiter fort,

„…es sind nur Frauen und Kinder. Wären Männer bei den Fliehenden dabeigewesen, hätten wir wenigstens die Möglichkeit uns gegen einen Angriffsversuch der Piraten zu wehren. Die Geistlichen wären die ersten, die aufgeknüpft werden. Dann der Proviant, das nicht für solch einer Anzahl von Menschen verladen wurde. Das was wir verladen haben würde dafür nicht reichen. Versteht ihr das Problem?“

„Ja, vollkommen. Wie weit ist es nach Kreta? Wäre Zypern nicht näher?“

„Kreta ist bei dieser Fahrt 6 Tage entfernt. Doch wenigstens ist die See in diesen Breiten sicherer als der Seeweg nach Zypern!“

„Dann segeln wir eben nach Kreta!“

„Das muß aber zunächst unter uns bleiben. Die Hohen Herren der Kirche dürfen darüber nichts erfahren.“

„Verstehe. Aber sagt mir noch Eines Kapitän. Wer sagt uns, daß es in Kreta keine Sklavenhändler gibt, die auf solche Möglichkeiten nur warten?“

„Ich selbst bin aus Kreta. Myriam ist zwar Spanierin, doch ihr Vater stammte ebenso aus Kreta. Sie wuchs in Kreta auf als ihr Vater mit ihr aus Spanien floh. Ihre spanische Mutter kam dabei ums Leben. Die Menschen dort in Kreta sind arm und einfach, doch vor allen Dingen sind sie hilfsbereit. Die Piraten trauen sich dort nicht hin, denn die Einwohner kennen keinen Spaß mit Seeräubern. Außerdem kann in einem Monat ein Kahn von dort nach Caesarea zurücksegeln, um die Situation zu erkunden. Vielleicht haben es einige Angehörige überlebt, die Sarazenen trotz alledem nicht gewonnen und die Flüchtlinge könnten zurück, wenn sie das wollten. Die Verpflegung an Bord wurde nur für fünfzehn Passagiere, einem Hengst und uns Seeleute berechnet und nicht für über einhundert Flüchtlinge. Ostia kann so niemals erreicht werden. Dazu muß die „Konstanza“ zunächst in Kreta ans Land, um diese Armseligen von Bord zu schaffen.“

„Das habe ich alles verstanden. Es macht Sinn was ihr da sagt und ich stimme zu. Wie ist euer Name Kapitän?“

„Der ist nicht wichtig Herr. Wer für Myriam arbeitet der bleibt besser unbekannt. Also sind wir uns einig?“

„Das sind wir!“

Die Tage verstrichen und wir warfen alles über Bord, was nicht mehr gebraucht wurde. Leere Fässer, alte Tauen und Habseligkeiten der Menschen, die sie nicht mehr benötigten.

Es war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, doch es gab uns Hoffnung.

Am 26en Februar, einen Tag mehr als vom Kapitän geplant, erreichten wir Kreta und lauthals schrie der Seemann aus dem Nest „Land in Sicht!“. Wir waren noch nicht nah genug als daß wir uns in Sicherheit wiegen konnten, doch zumindest brachte die felsige Erscheinung Kretas am Horizont bei vielen den Lebensmut wieder. Die Einfahrt in den sehr kleinen Hafen namens Xyxos, verlief vier Glasen nach der Ankündigung aus dem Krähennest, nicht einfach. Strömungen und messerscharfe Riffe stellten eine noch nicht abwendbare Gefahr dar, doch am Ende schafften es die fähigen Hände dieses Kapitäns, die „Konstanza“ sicher anzulegen. Die Planke knallte gegen den Boden der Anlegestelle und die Flüchtlinge wurden abgeladen. Der Kapitän hatte nicht zuviel versprochen. Arm, wie die Bewohner dieser kleinen Hafenstadt waren, gaben sie den Hilfsbedürftigen ihr letztes Hemd her. Ich muß zugeben, daß ich heute noch mit den Tränen kämpfen muß, so gerührt war ich. Alonso, die Seeleute und meine Wenigkeit, halfen so gut wir nur konnten.

Dieser Halt auf Kreta kam auch Sokrates sehr gelegen, denn er konnte sich auf einem trockenen Feld austoben. Nur die hohen Herren der Kirche rümpften die Nase und einer von ihnen spürte starke Schmerzen dabei.

„Du hast nicht den falschen getroffen!“ versicherte mir Bischof Alonso Elia Martinez. „Ich kann ihn ebensowenig ausstehen. Auch ein Emporkömmling reicher Eltern, der sich nur an den Armen bereichert!“

„Und warum unternimmst du nichts dagegen? Warum beschwerst du dich nicht darüber?“

Alonso schaute mich lächelnd an, als wir so am Zaun des Feldes standen und Sokrates beim Toben bewunderten.

„Weil sie alle Schlangen aus derselben Grube sind. Macht, Geld und Kontrolle ist ihr Motto!“

„Und du? Du bist ebenso ein Bischof!“

„Ja, das bin ich. Unfreiwilliger weise. Unser Orden hatte keinen Vertreter im Vatikan und so wurde ich gewählt. Da ich schon immer Mönch und Prior in einem Kloster hoch oben in den Pyrenäen war, wurde ich so Bischof. Doch ich behaupte von mir sagen zu dürfen, daß ich nicht mit den anderen zu vergleichen bin. Ich glaube noch an die Werte unseres Heilands.“

Ich rümpfte die Nase bei seinen Worten und er erkannte eine gewisse Blasphemie in meinem Verhalten, jedoch schockte ihm das nicht, ganz im Gegenteil, er lachte darüber!“

„Sehe ich da etwa einen Häretiker vor mir stehen mein Sohn?“

Auch ich mußte lächeln und da ich ihn kaum kannte, mußte ich sehr vorsichtig sein mit dem was ich sagte. Ich versuchte abzulenken und öffnete das Gatter, das zum Feld führte. Mit der Führleine holte ich Sokrates aus seinen Träumen wieder und protestierend schnaubte und wieherte dieser energisch, doch als ich einen Apfel unter die Nüstern hielt, hörten die Proteste auf.

„Ich bring ihn in den Schatten. Der Kapitän segelt erst morgen wieder weiter und ich habe alle Zeit der Welt. Sokrates kann heute auf sauberes Stroh schlafen, ohne salzigen Schimmel einatmen zu müssen.“

„Du liebst dein Pferd!“

„Das tue ich! Schon zu meiner Templerzeit brachte man uns dieses bei. Wir hatten das Recht sogar zwei Pferde zu halten und ich hatte den besten Lehrmeister was dies betraf.“ Ich sagte es mit einem traurigen Unterton. Sehr vermißte ich den alten Gondamer und als ich so an ihn dachte, mußte ich ebenso an meinen Sohn Adelbert, an Ramen und die anderen zehn Mann denken, die jetzt, mit apostolischen Pseudonymen in ein Haschichinenlager ihre Fähigkeiten beweisen mußten, um zu den Besten anzugehören. Templer mit Haschichinen Fähigkeiten ist etwas, was man mit Gold nicht aufwiegen kann.

„Riechts du das?“ flüsterte Alonso plötzlich.

„Ja. Gebratener Fisch!“

„Köstlich, nicht wahr? Ich geh schon mal was essen mein Freund. Du solltest dich beeilen, wenn du was davon haben willst!“

Ich lächelte ihn an und striegelte den guten Sokrates mit der Bürste über das Fell weiter. Der Fisch konnte warten, auch wenn ich Hunger hatte. Ein Glasen später, gesellte ich mich zu den anderen und wir aßen über dem Feuer gerösteten Fisch, wie auch Lamm. Oliven, Feigen, Schafskäse und Zitronen gab es zuhauf und dazu einen guten, harzigen Wein, der meine Kehle noch nie zuvor beglückte. Von den anderen Geistlichen war keine Spur zu sehen und von den Flüchtlingen ebensowenig, da sie zu mehreren Klöstern, mit den örtlichen Karren, auf der Insel verteilt wurden. Sie befanden sich jetzt in Sicherheit und wie es mit ihnen eines Tages weiter geht, wer weiß das schon. In der Nacht wurde die „Konstanza“ wieder aufgeladen, denn der Kapitän wollte bei Sonnenaufgang lossegeln und nicht den halben Tag damit verschwenden Passagiere und Fracht zusammenzusuchen. Er war sehr organisiert und besaß eine unbarmherzige Disziplin die bewundernswert herüberkam. Sein Alter konnte ich nicht einschätzen, da er flink wie ein Wiesel sich bewegte und seinen Verstand so einsetzte, daß keiner je seine Vorgehensweisen befragen oder kritisieren konnte und auch wenn er mit jemanden sein Vorhaben besprach, diese so umgesetzt wurde, wie er es entschied. Ein Kommandant, den ich jederzeit eine Karavelle anvertrauen würde, wäre ich noch im Besitz meines alten Amtes. Auch die Tatsache, daß er seinen Namen mir nicht nennen wollte zeigte Diskretionstalent und nicht ein arrogantes Verhalten. So half ich der Mannschaft mit dem Beladen des Pferdes und des frischen Proviants, da ich selbst eine Beschäftigung benötigte, als ich plötzlich eine entwickelnde Aufregung um mich herum bemerkte. Die Seeleute legten ihre Arbeit nieder und zeigten zum Hafeneingang. Ich versuchte zu erkennen, was sie wahrgenommen hatten und sah es nun ebenso. Zwei Koggen, die es mit marodierenden Piraten auf hoher See, oder mit einem schweren Sturm zu tun hatten, segelten in die Einfahrt des Hafens ein. Ein trauriges und erbärmliches Bild warfen sie ab, denn ihre Segel hingen teilweise zerrissen den Masten runter und killten am Wind mit ein lautem Flattern und Brandspuren am Rumpf und Takellage sagten, daß diese Koggen hier zum letzten Mal den Anker werfen werden. Wie sie es in solch einen Zustand bis hierhergeschafft hatten, kam einen Wunder gleich. Menschen hielten sich auf den Decks der Koggen auf und es waren keine Seeleute. Frauen und Kinder sowie vereinzelt Alte und junge Männer waren zu sehen.

„Die „Faucon Marin“ und die „Isabella“.“ Flüsterte der Kapitän leise.

Ich war mir nicht sicher, ob meine Ohren mir ein Streich spielten, als ich den Namen „Isabella“ hörte und so frug ich ihn noch einmal.

„Die Faucon Marin“ und wie heißt die zweite Kogge nochmal?“

„“Isabella“. Eine Kogge des Templer Ordens Herr!“

Mein Blick starrte hinaus und tatsächlich erkannte ich die Silhouette der kleinen, zierlichen, aber schnellen und robusten Kogge, die Prüfungen mit mir bestanden hatte, die keiner glauben würde, hätten sie unsere Geschichten gekannt. Ich frug mich wer sie kommandierte und was sie hier zu suchen hatte und die Antwort kam von selbst zurück als mir klar wurde, daß Truppentransporte auf allen verfügbaren Koggen und Kähne durchgeführt wurden und warum nicht auf die vom Orden zur Verfügung gestellte Flotte. Wenn die „Isabella“ noch eingesetzt wurde, dann müßte die „Magdalena“ ebenso noch auf See zu finden sein.

Erinnerungen erschienen schleierhaft vor meinen Augen und eine Sehnsucht, die ich nicht mehr erwartete, überkam mich in diesem Moment. Die Sehnsucht auf die weite, große See und den fremden Ländern auf der anderen Seite des Meeres.

Doch nun sah ich nur zwei Koggen, die seeuntüchtig hier versuchten anzulegen. Wir alle legten die Arbeit nieder und liefen zum Quai. Die zwei angeschlagenen Boote legten an und die Planken wurden fast gleichzeitig hinabgelassen.

Menschen eilten fluchtartig diese hinunter und manche küßten den Boden, als sie Muttererde betraten. Der Kapitän frug sich durch und sehr bald erfuhren wir, daß beide Boote mit Müh und Not es geschafft hatten Jaffa zu verlassen.

Sarazenen hatten diese Stadt Tagelang angegriffen und belagert und tausende wurden getötet oder als Sklaven gefangengenommen. Die Überzahl der feindlichen Einheiten, machte es unmöglich die Stadt zu halten und die Kämpfe wurden höchstwahrscheinlich noch zu dem Zeitpunkt stattgefunden haben, als diese angeschlagenen Koggen eintrafen.

„Kannst Du in Erfahrung bringen, wer der Kapitän der „Isabella“ ist?“ frug ich besorgt und wie versteinert stand ich da, als ich den Namen Ralf de Saddeleye hörte. Es dauerte drei Glasen, bis wieder Ruhe reinkam und ich mir ein Bild machen konnte über den Schaden an den Koggen. Sie wurden von Piraten angegriffen und nur der Tatsache, daß sich Templer an Bord der Koggen befanden, war es zu verdanken, daß nichts Schlimmeres passierte. Sie wurden zum Schutz der Fliehenden eingesetzt und wären am liebsten wieder zurückgesegelt, um die zurückgelassenen Brüder zur Hilfe zu eilen. Plötzlich sah ich IHN die Planke der „Isabella“ hinunterlaufen. Ralf de Saddleeye in Person. Ich hätte mich vielleicht nicht zeigen sollen, doch meine Neugier war einfach zu groß und ich wollte mehr erfahren, was alles auf die von mir zuletzt befohlenen Seereisen passierte. Ich wollte wissen, ob meine damals gegebenen Befehle, vollständig ausgeführt und ob die Reliquien ebenso ordnungsgemäß versteckt wurden. So stellte ich mich vor ihn und als er mich sah, wurde er weiß wie Kalk und wußte nicht, ob er sich freuen oder ob er mir einen Dolch in die Rippen stoßen sollte. Auch ich wußte in diesem Moment nicht, ob es ein Fehler war mich so in seinem Leben wieder zu stellen und zu erscheinen.

Wahrscheinlich hatte er mich bereits vergessen und mein Name aus allen Registern des Ordens gestrichen. Doch ich irrte als er dann sprach:

„Mein Admiral. Träume ich? Bitte sagt mir daß ich nicht halluziniere!“

„Nein Bruder. Du siehst schon richtig. Ich bin es, Albrecht Viermundt!“

Er umarmte mich und seine Freude war ehrlich. Er sagte kein Wort und wir beide konnten es nicht fassen, daß sich unser Weg je einmal wieder kreuzen würde und daß auf dieser unerwarteten und dramatischen Art und Weise. War es wieder diese unbeschreibliche Art wie Gott mit einem sprach zwei lang verloren geglaubte Ordensbrüder so zusammen zu bringen und daß, seitdem ich Ralf de Saddeley nicht gut behandelt und ihn mein Vertrauen fast gänzlich entzogen hatte? Zeigte er dort oben so seine Gnade, indem man in der Not einen alten Vertrauten hervorzauberte, damit man sich der Hilfe dieser Person bewußt wird?

„Wir müssen reden Ralf!“ sagte ich nur.

„In der Tat, das müssen wir Admiral. Ich werde nur die Mannschaft sicher irgendwo unterbringen lassen und hier warten, bis eine andere Kogge uns wieder nach Ackon oder Jaffa fahren wird. Zeit haben wir nun, um über alte Zeiten zu sprechen.“

Der Kapitän der „Konstanza“ schaute mich unglaubwürdig an, als ich mit dem Titel des Admirals angesprochen wurde. Ich hatte also nicht gelogen, als ich ihn dies erzählte. Er unterbrach nichtsdestotrotz unsere Unterhaltung kurz und bot Ralf seine Hilfe an. Nach Ostia würde er weitere sechs bis sieben Tage brauchen und dann würde er zurückkommen. Er könnte, gegen einen angemessenen Preis, die Männer der „Isabella“ und der „Faucon Marin“ zurück nach Ackon segeln.

Dies würde jedoch vom heutigen Tag, vierzehn bis fünfzehn Tage dauern. Ralf de Saddleye sagte dankend ab, denn weitere Boote würden aus Ackon eintreffen und er könnte so lang nicht warten. Während die Beiden miteinander plauderten, schaute ich mir die „Isabella“ an. Ja, sie war unsagbar schwer beschädigt, doch man könnte sie innerhalb zwei bis drei Monaten wieder zum alten Glanz bringen und falls der Orden sie, so wie sie dasteht, nicht mehr brauchen konnte und die Kosten einer Reparatur lieber in die Beschaffung einer neuen Karavelle investieren würde, so würde ich diese Kogge kaufen und für rein private Zwecke verwenden, so wie zum Beispiel, um die neu erworbene Sonderheit auch auf dem Seeweg einsetzen zu können, ohne den unsicheren Landweg verwenden zu müssen. Doch auch der Seehandel würde mein Unternehmen mit zusätzlichem Reichtum belohnen. Als die Beiden sich die Hand gaben und der Kapitän der „Konstanza“ sich verabschieden wollte, wußte ich nicht, ob Ralf de Saddeleye auf meinen Vorschlag eingehen würde und ob er überhaupt befugt gewesen wäre solch Handel im Auftrage des Ordens durchführen zu können.

Doch ich wollte die „Isabella“ koste es was es wolle. Es wäre eine Schande solch ein legendäres Boot, den Flammen der Vernichtung zu überlassen. Dieser Kahn würde die ganze Welt den Atem rauben, konnte es ihre Geschichte erzählen und solch ein schändlicher Abgang hat die „Isabella“ auf keinen Fall verdient. Ein Maat erteilte Ralf Bericht. Beide Koggen seien nicht mehr seetüchtig und sollten hier auf Kreta, durch Feuer, vernichtet werden. Die Mannschaft und die Templer seien in Klöster und auf Bauernhöfen untergebracht worden.

Ralf nickte nur müde und niedergeschlagen und sein Verhalten verriet eine gewisse Resignation.

„Warte auf weitere Befehle Bruder. Jetzt kann ich nichts mehr dazusagen. Ermahne jeden Mann, sollten sich einer an der Landbevölkerung respektvoll vergreifen, wird er erhängt. Das ist alles!“ Der Maat nickte und ging.

„So Admiral. Wo können wir zusammen uns hinsetzen und reden?“

„Dort neben der Lagerhalle, stehen Tische und Bänke. Nichts Luxuriöses, jedoch halbwegs bequem.“ Wir nahmen an einer der Bänke Platz. Kein Wein, keine Milch nicht einmal ein Krug Wasser hatten wir, um uns die trockene, salzige Kehle zu befeuchten.

„Sprich Bruder. Wie ist es Euch seit unserer Trennung ergangen? Ich will alles wissen, auch wenn ich dem Orden nicht mehr zugehöre!“

„Glaubt mir Admiral. Die, die mit Euch mitgesegelt und durch den Tod für euch gegangen sind, kommen mit ihrem Leben im Orden nicht mehr klar, seitdem ihr dort nicht mehr seid.

Jeden Tag fällt euer Name und in jedem Gebet schließen wir Euch ein. Es gibt keinen Zweiten, den wir so viel zu verdanken haben. Die Abenteuer, die Strenge, die rücksichtlose Zuneigung seinen Männer gegenüber, die Ausbildung und die Erfahrung, die wir zusammen erleben durften, läßt sich mit keinem Gold dieser Welt aufwiegen. Besonders Ascanio di Sassari leidet darunter. Alles was er macht und erstellt, tut er in euren Namen. Neu Ashkelon, auf der neuen Welt, wurde umbenannt in Albrechtsburg. Die Reliquien sind so untergebracht, wie von Euch befohlen. Keiner dort hat Zugang zum dem Ort des Verstecks und nur Ascanio, meine Wenigkeit, Bernard de Clairvaux und Robert de Craon wissen über den Ort bescheid. Ab heute werdet auch ihr den genauen Standort und wie es dort weiter ging, erfahren, denn letztendlich war das alles Eure Mission. Wir sind damals aus La Rochelle losgesegelt mit den Karavellen und Ihr wart selbst dort und habt uns verabschiedet. „Die Jerusalem“ wurde von mir und die „Nazareth“ von Guarta kommandiert.

Furchtbares hat sich auf diese Seereise zugetragen. Kurz vor unserem Ziel brach Krankheit, Flaute, Seuche und Mißgunst aus. Am Ende wurde Guarta wahnsinnig und stichelte die Mannschaft an, ich würde die Mission gefährden und meine Mannschaft von der „Jerusalem“ aus zur Meuterei gegen ihn und den Seinen auf der „Nazareth“ aufwiegen. Er bekam Fieber und sein Verhalten wurde immer gefährlicher, sodaß wir eines Nachts und ohne sein Wissen, die Reliquien von der „Nazareth“ auf die „Jerusalem“ schmuggelten und ein kleiner Teil seiner Mannschaft half uns dabei, denn ihr Vertrauen ihm gegenüber löste sich auf. Er erfuhr davon und befahl den noch übrig gebliebenen, ihn loyalen Männern uns anzugreifen, doch sie weigerten sich ebenso. Am selben Tag kam ein Sturm auf uns zu und bei allen Heiligen, solch ein Sturm hat kein Mensch je gesehen. Der Wind nahm an Stärke so zu, daß sich die Masten gefährlich weit bogen. Die Richtung der Winde wechselte sich ständig und die Wellen wurden so hoch, daß unsere Kähne nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden konnten. Dann geschah alles sehr schnell auf der „Nazareth“. Der Mast brach und das Ruder wurde aus der Halterung gerissen. Sie verschwand außer Sichtweite, denn der Niederschlag, der fiel and diesem Tag, oder sollte ich Tage sagen, raubte uns jegliche Orientierung.

Wir sahen sie nicht mehr und hatten selber alle Hände voll zu tun nicht von der See verschlungen zu werden und als endlich Ruhe einkehrte, machten wir uns auf die Suche nach der „Nazareth“. Nach vier langem, qualvollen Tage fanden wir die ersten Spuren. Holzfässer, zerrissener Segelstoff, Truhen, Wrackteile und dann die ersten Leichen. Darunter auch die Leiche Guartas. Wie durch ein Wunder, fanden wir vier Überlebende, die es geschafft hatten aus Fässern und Wrackteilen im Wasser ein Floß zusammenzubauen. Wir sammelten sie auf und suchten weitere zwei Tage nach Überlebenden, doch wir gaben auf, da die Zeit uns davonrannte und noch ein Sturm sich näherte. Die Überlebenden erzählten mir, daß ihnen auf der Reise die Rationen gekürzt wurden und Guarta ihnen sagte, daß ich mit der Verteilung des Bordproviants in La Rochelle bevorteilt wurde und daß sie kaum, mit dem was sie hatten, es bis zum Ziel schaffen sollten. Haßpredigen und Lügen wurden über mich auf der „Nazareth“ durch Guarta auf die Mannschaft übertragen und es dauerte nicht lange, bis sich die Mannschafft entzweite. Ich würde ihnen die Rationen nicht gönnen und nicht mit der, der „Jerusalem“ teilen wollen und vieles mehr. Zwei starben an der Ruhr auf Guartas Boot, dann noch weitere drei an Skorbut. Die Schuld wurde mir angehangen, obwohl ich das andere Boot, das weiter weg lag, kommandierte. Der Sturm kam uns eigentlich gelegen, um uns zu retten an diesem Tag, denn Guarta wollte uns angreifen und zerstören, auch wenn er wußte, daß meine Mannschaft es jederzeit mit der seinen aufnehmen konnte.

Erst später erfuhren wir, daß ein Blitz im Frachtraum, der „Nazareth“ einschlug, wo sich Materialien für die Erstellung von griechischem Feuer befand. Es brach zusätzlich zum anderen Unglück also noch ein unlöschbares Feuer aus und das Schicksal Guartas wurde so dann besiegelt. Wir segelten dann weiter und fanden tatsächlich, nach Wochen der Irrnavigation, den Wasserfall und die Basis wieder. Wie Helden wurden wir empfangen und ich verschwendete keine Zeit. Die Wachablösung wurde nach Fünf Tagen übernommen, nachdem wir genug Proviant und Trinkwasser, sowie das übliche an Gold, Silber, Edelholz und anderes aufgeladen hatten. Ascanio, Chaplain Rutherford und all die anderen waren wohlauf und erfreuten sich der Heimreise. Die Neuen nahmen ihre Pflicht und das Kommando auf der Basis dankend und freudig an und ich muß zugeben, es war eine sehr elitäre Truppe, die Gondamer de Lille damals aufstellen ließ. Nun zu den Reliquien….“

Ralf de Saddeley suchte sich ein kreidehaltiges Gestein und zeichnete auf der Tischplatte eine Karte aus dem Kopf heraus.

Ich erkannte den Wasserfall, die Basis, den Wald und die Schlucht und als er so zeichnete, konnte ich mich erstaunlicher Weise auf jede Einzelheit von damals erinnern.

Die Bergkette und den See erkannte ich jedoch nicht. Dies müßten Neuentdeckungen der damals dort gelassenen Truppen gewesen sein.

„Einen Tagesmarsch durch den Wald und an der Siedlung der Eingeborenen vorbei kommt man an einer Bergkette und am Fuße dieser Bergkette liegt ein See. Nicht besonders groß, doch gut versteckt und vom umgebenen Waldbewuchs abgesichert. Diesen See sollte man mit einem Floß vom Süden nach Norden durchqueren wo man eine Gabelung erreicht und wo sich der See entzweit und sich in nordöstlicher wie auch nordwestlicher Richtung teilt. Eine Insel gabelt diesen See auf. Ihr nehmt den nordwestlichen Teil und rudert bis ihr eine Hügelkette trifft. Dort befindet sich eine von der alten Garde erstellte Grube, die mit viel Können, Raffinesse, und mit viele Fallen bestückt für Unwürdige schwer zugänglich ist.

Diese Grube erkennt man an zwei Eichen und warum sage ich zwei Eichen? Da es die einzigen zwei sind. Die anderen wurden abgeholzt. Hinter diesen Eichen ist der Eingang zur Grube, erkenntlich gemacht mit einem Grabstein zu Ehren der gefallenen der „Nazareth“. Auch für die Nachwelt würde dieser Stein nur als ein Grabdenkmal einem erscheinen, jedoch für die, die Würdig sind, erkennt man in diesem Stein, wenn man genau hinschaut, drei kleine unscheinbare Löcher, gebohrt in drei verschiedenen Namen der Gefallenen. Das erst kleine Loch ist in Guartas Namen zu finden, und zwar in das letzte „a“. Das zweite Loch weiter unten in den Namen Quandille. Das Loch hier befindet sich in den Buchstaben „n“ und letztenlich das dritte Loch im Namen ganz unten und dieser lautet Rosario. Zu finden in das letzte „o“.

Drei Schlüssel wurden für jedes Loch gefertigt und jeder ist mit den anderen nicht identisch und da kommt jetzt das Besondere. Drei Personen verfügen über je einen Schlüssel.

Bernard de Clairvaux, Robert de Craons, und der neue Admiral Ascanio di Sassari. Nun, da ich an der Entwicklung dieser Schloßanlage beteiligt wurde, kenne ich die Charakteristiken der drei Schlüssel genau. Es wäre für mich ein Einfaches diese nachzufertigen. Ein Wort von Euch und ich zeichne Euch die Maße und die Formen auf. Dann habt ihr die genaue Kopie. Eine Mappe des Standortes gebe ich Euch ebenso.“

„Und warum tut ihr das Bruder? Wäre das nicht Verrat?“

„Verrat haben die Begangen, die andere für ihre Drecksarbeit benutzten und die sich anmaßen Bruder zu nennen. Ich habe über vieles nachgedacht. Es gibt keine Bruderschaft in der Bruderschaft mehr. Der Orden spaltet sich in kleinere Untergruppen auf und so könnt ihr Euch nur glücklich schätzen, daß Bernard de Clairvaux solch eine Dummheit begangen hatte Euch vom Orden zu entfernen!“

„Und Ascanio? Ist er wirklich immer noch so loyal mir zugewandt, wie du sagst? Ich höre von anderen, daß er sich mit meinen Federn schmückt!“

„Das tut er und mit viel Stolz Bruder. Jedes zweite Wort aus seinem Mund ist euer Name. Alles was er tut ist in eurem Namen. Dies geht dem Abt sogar mächtig auf die Nerven.“

Ich mußte bei dieser Schilderung kräftig lachen, doch ich wollte nicht vergessen um was ich de Saddeley bitten wollte.

„Was habt ihr mit der „Isabella“ vor?

„Sie wird morgen, zusammen mit der anderen Kogge verbrannt. Die Reparatur rechnet sich nicht. Die Kämpfe haben mächtige Schäden verursacht, denn mit vier Kähnen haben uns die Schweine aus allen Seiten gerammt. Wie durch ein Wunder haben wir es bis hierhergeschafft!“

„Ich will die „Isabella“ kaufen. Nenn mir ein Preis und den bekommst du sofort. Entweder mit Gold, sofern ich genügend dabeihabe oder durch eine von mir ausgestellte Depesche mit vatikanischem Siegel. Denk nicht lange nach Bruder.“

„Was wollt ihr mit dem übriggebliebenen Abfall?“

„Wieder aufbauen und segeln. Sie verdient solch ein Ende nicht, denn wir haben zuviel gemeinsam erlebt Ralf. Verkauf mir die „Isabella“. Keiner solls je erfahren. Es ist ja Abfall, wie du schon sagst.“

„Ich schenke sie Euch und Ihr bekommt ebenso die „Faucon Marin“, denn sie liefert gutes Balkenholz und nötiges Material und das Gold braucht ihr für den Wiederaufbau. Keine Sorge.

Ich werde es als Geschenk an der Bevölkerung im Buch eintragen, auch wenn ich es laut Statuten nicht darf.“

Freude und Begeisterung durchdrangen meinen Körper, so als ob ich ein altes Spielzeug wiedergefunden hatte, an das ich sehr hing. Ich würde nun hier auf Kreta die Monate verbringen, die ich für den Wiederaufbau der „Isabella“ benötige und ich denke, daß die Bevölkerung dieses kleinen Ortes ganz gewiß mir zur Hand gehen würde, würde ich sie gut entlohnen. So ließ ich Sokrates wieder aus der „Konstanza“ entladen und weder Roß noch Kapitän verstanden meinen Schritt.

„Ich kann aber das Gold nicht zurückentrichten, für nicht erfüllte Fahrten, wenn der Kunde selbst unterwegs abspringt!“ sagte der Kapitän und ich versicherte ihn, daß das schon in Ordnung sei. Er könne nun seinen Anteil entsprechend erhöhen, jetzt wo mehr Gold für die Hälfte der erfüllten Leistung kassiert wurde. Der Kapitän rümpfte entsetzt die Nase und sagte, „Ich weiß nicht wie Euresgleichen über Ehre, Stolz und Loyalität seinen Vorgesetzten gegenüber denkt, ich jedoch werde nichts dergleichen tun. Wie kämmt ihr Euch den vor….Admiral…wenn eure Untergebenen sich so verhielten?“

Damit hatte er einen empfindlichen Nerv bei mir getroffen. Ich bedankte mich bei ihm und wünschte ihn eine gute und sichere Reise. Rom vermißte mich nicht und ich vermißte Rom ebensowenig. „Isabella“ Du wirst wieder zum Leben erweckt.

Kreta

22.er April 1145

Zwei Monate war ich schon hier und in diesen zwei Monaten lebte ich nur für den Wiederaufbau der mißhandelten und lieblos geschundenen „Isabella“. Die Einwohner hatten nun ein Nebenverdienst, da sie mir bei der Überholung dieser Kogge tatkräftig mithalfen und ich muß schon sagen, fleißig waren sie. Tag und Nacht wurde gesägt und gehämmert.