ALIEN VS PREDATOR: ARMAGEDDON - Tim Lebbon - E-Book

ALIEN VS PREDATOR: ARMAGEDDON E-Book

Tim Lebbon

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Beschreibung

Die Rage entfesseln den ultimativen Angriff auf die menschliche Heimatwelt. Ihre größte Waffe ist die gefürchtetste Kreatur des Universums – die Aliens. Vor Jahrhunderten geflohen, nehmen die Rage nun Rache und beanspruchen den Planeten für sich. Durch ein Abkommen mit den undenkbarsten Verbündeten verlässt sich die Menschheit nun auf die Predatoren, um ihr Überleben zu sichern. Doch selbst die vereinte Kraft beider Rassen scheint nicht auszureichen. Das Schicksal der Erde könnte in der Hand eines einzelnen Androiden liegen – Liliya. Eine Rage. "Wer Fan von einem oder beiden Franchises ist, wird seine helle Freude daran haben, Menschen, Predators und Aliens wieder im Kampf um die jeweils eigene Existenz vereint zu erleben." [City of Films]  

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RAGE WAR BUCH 3

TIM LEBBON

ALIEN ™ vs. PREDATOR: ARMAGEDDON

ISBN (gebundene Ausgabe): 978-3-95835-220-9

eISBN (E-Book-Version): 978-3-95835-221-6

This edition of Alien vs. Predator: Invasion, originally published in 2016, is published by arrangement with Titan Publishing Group Ltd.

This is a work of fiction. Names, characters, places, and incidents either are used fictitiously, and any resemblance to actual persons, living or dead, business establishments, events, or locales is entirely coincidental.

™ & © 2018 Twentieth Century Fox Film Corporation.

All rights reserved.

No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system, or transmitted, in any form or by any means without the prior written permission of the publisher, nor be otherwise circulated in any form of binding or cover other than that in which it is published and without a similar condition being imposed on the subsequent purchaser.

überarbeitete Ausgabe

Printed in Germany

Übersetzung: Peter Mehler

Lektorat: Johannes Laumann

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

RAGE WAR - BAND 1

RAGE WAR - BAND 2

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

DANKSAGUNG

Dieses Buch ist für alle NEWTs.

WAS BISHER GESCHAH …

RAGE WAR – BAND 1

PREDATOR: ARMADA

Als sich die Übergriffe der Yautja auf die Menschliche Sphäre häufen, werden die Colonial Marines in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Man fürchtet, dass eine Invasion unmittelbar bevorsteht.

In der Zwischenzeit flieht die Androidin Liliya vor den sogenannten Rage. Ursprünglich als »Die Gründer« bekannt, verbirgt sich hinter den Rage eine Gruppe von Menschen, die bereits vor Jahrhunderten aus der Menschlichen Sphäre flohen. Nun kehren sie zurück, angeführt von Beatrix Maloney und mit außerirdischer Technologie und Waffen ausgestattet, welche der Ausrüstung der Colonial Marines und dem Forschungsstand von Weyland-Yutani haushoch überlegen sind. Maloneys Ziel ist die Unterwerfung der menschlichen Rasse und die Herrschaft über die Sphäre.

Bei ihrer Flucht kann sich Liliya noch eine Probe der Technologie injizieren, die der Menschheit helfen könnte, sich gegen die Angreifer zu wehren. Maloney sendet daraufhin ihren besten General Alexander aus, um sie zu verfolgen.

Isa Palant ist eine Wissenschaftlerin und von den Yautja fasziniert. Sie kann erste Fortschritte im Verständnis der Sprache der Yautja verzeichnen, wird aber bei einem Terroranschlag auf die Forschungsbasis, auf der sie stationiert ist, beinahe getötet. Dieser gehört zu einer Reihe von Attacken quer durch die Menschliche Sphäre, welche die Rage durchführen, um so ihre Ankunft vorzubereiten.

Johnny Mains ist der Anführer einer Einheit der Excursionists, einem Ableger der Colonial Marines, die zur Beobachtung eines Yautja-Habitats außerhalb der Menschlichen Sphäre ausgesandt wurden. Als jemand – oder etwas – das Habitat angreift, sehen sich Mains und seine Crew gezwungen, auf dem Habitat notzulanden. Was sie dort entdecken, liegt jenseits ihrer Vorstellungskraft.

Die Yautja haben nicht vor, in der Menschlichen Sphäre einzufallen. Stattdessen fliehen sie vor Angriffen der Aliens – Xenomorphs, die jedoch als Waffen ferngesteuert werden.

Sie sind die Armee der Rage.

Am Ende des ersten Bandes gelingt es Isa Palant und Akoko Halley, einer Colonial Marine, die man zu ihrer Rettung aussandte, einen unsicheren Waffenstillstand mit Kalakta, dem Führer der Yautja, auszuhandeln.

Liliya, die an Bord eines Yautja-Schiffes gefangen gehalten und von der Kriegerin Hashori gefoltert wurde, entkommt mit ihrer Peinigerin in letzter Sekunde einem Angriff des Rage-Generals Alexander.

Lieutenant Johnny Mains und Lieder, die letzte Überlebende seiner Crew, sind auf dem Yautja-Habitat UMF 12 an Bord eines unbekannten Raumschiffes gefangen. Sie sind Zeugen der als Waffe umfunktionierten Aliens geworden und haben sie bekämpft. Ein General der Rage, Patton, befindet sich ebenfalls an Bord des Schiffes, wenn auch aufgrund eines früheren Kampfes schwer beschädigt. Mains und Lieder sind auf Hinweise gestoßen, dass sich uralte Kolonieschiffe menschlichen Ursprungs aus den Tiefen des unerforschten Weltraums der Menschlichen Sphäre nähern. Sie vermuten, dass diese als Brutstätten für Zehntausende Xenomorph-Soldaten fungieren.

Die Rage kommen …

RAGE WAR – BAND 2

ALIEN: INVASION

Johnny Mains und Lieder können von einer anderen Einheit der Excursionists gerettet werden und eine Warnung in die Menschliche Sphäre schicken, dass jemand oder etwas einen Angriff mit zu Waffen umfunktionierten Xenomorphs gestartet hat und dabei uralte Fiennes-Schiffe mit Kolonisten an Bord als Brutstätten benutzt. Die Invasion der Rage hat begonnen.

Während ihre Armeen immer mehr Sprungtore unter ihre Kontrolle bringen, dringen die Schiffe dabei immer tiefer in den von Menschen bewohnten Teil des Weltraums vor. Die Angriffe sind brutal und die Colonial Marines sehen sich beinahe machtlos einer Reihe furchtbarer Niederlagen gegenüber.

Isa Palant, die Wissenschaftlerin, die eine erste unsichere Allianz mit den Yautja schmieden konnte, erholt sich von einer Gehirnverletzung, doch der Konflikt holt sie schneller wieder ein als gedacht.

Jiango und Yvette Tann, ein Wissenschaftler-Ehepaar im Ruhestand, die sich vor dem Weyland-Yutani-Konzern verstecken, müssen feststellen, dass die Company Söldner angeheuert hatte, um sie ausfindig zu machen. Doch der Krieg mit den Rage ist größer als ihre eigenen Zwistigkeiten, und nachdem Liliya, die von dem Rage-General Alexander gejagt wird, auf ihrer Raumstation zwischenlandet, müssen sich die Feinde zusammenschließen, um sie zu beschützen.

Die Rage schwärmen unterdessen in die Menschliche Sphäre aus und zerstören alles und jeden, der sich ihnen in den Weg stellt. Gerard Marshall, der eine ranghohe Position bei Weyland-Yutani begleitet, bringt angesichts der Bedrohung eine ebenso gewagte wie undenkbare Möglichkeit ins Spiel – alle Sprungtore funktionsunfähig zu machen, um damit zu verhindern, dass die Rage weitere Sprünge in die Menschliche Sphäre unternehmen können.

Es ist ein Weltuntergangs-Szenario, doch je mehr Zeit verstreicht, umso mehr scheint man sich diesem Ausgang zu nähern.

AM ENDE DES ZWEITEN BUCHES …

Isa Palant und ein Trupp Soldaten um Majorin Akoko Halley werden auf ein Yautja-Habitat auf einem Asteroiden gebracht, um dort gemeinsam die Überreste eines geborgenen synthetischen Rage-Generals zu untersuchen.

Mains und Lieder opfern ihre Leben, um die Othello zu zerstören, dem Schwesternschiff der Macbeth, auf der Beatrix Maloney residiert, die Anführerin der Rage. Ein erheblicher Schlag gegen ihren Feind, doch selbst das reicht nicht aus …

Denn Beatrix Maloney plant, nun direkt in das Sol-System zu springen, und den Krieg auf die Heimatwelt der Menschen zu tragen.

1

LILIYA

Raumstation Hell, November 2692

Ich kann nicht auf ewig weglaufen.

Liliya saß auf der Brücke der Satan's Saviour, die riesige Yautja namens Hashori neben ihr, während sie auf dem Holo-Schirm vor dem Sichtfenster Zeuge der Raumschlacht wurde. Diese fand zehn Milliarden Meilen entfernt statt, aber alles nur wegen ihr selbst.

Alexander ist hinter mir her. Unablässig, ohne Gnade, und wird mich immer und überall finden.

Sie war aus eigenem Antrieb von dem Rage-Schiff Macbeth geflohen, um Beatrix Maloney und ihren verqueren, von Hass zersetzten Zielen zu entkommen. Sie hatte Alexander zu ihrer Verfolgung ausgesandt. Er und seine Armee waren ihr bis zum Rand der Menschlichen Sphäre gefolgt, hatten es irgendwie geschafft, ihr kleines Schiff in der Unendlichkeit des Weltalls aufzuspüren. Und nachdem sie sich der Gnade der Yautja auslieferte, verfolgte er sie weiter. Von Hashori mitgenommen zu werden und durch ein Sprungtor Lichtjahre weit zu fliehen, hatte ihn nicht abschütteln können.

Vielleicht ist jetzt wirklich der Moment gekommen, sich ihm zu stellen und zu kämpfen.

»Ich muss mit dem Rat sprechen«, sagte Jiango Tann. Obwohl er selbst kein Mitglied des Rates der Raumstation Hell war, hatte er doch die Verpflichtung, ihnen zu berichten, was er wusste.

»Aber wir können im Laufe der nächsten Stunde starten!«, lautete Captain Wares Einwand. Sie war die Anführerin einer kleinen Indie-Einheit, die die Tanns angeheuert hatten, um sie zusammen mit Liliya zum nächstgelegenen Stützpunkt von Weyland-Yutani zu bringen. Die Indies wirkten auf Liliya hart und schnodderig, aber sie hatte gleichzeitig das Gefühl, dass es sich um professionelle Leute handelte, die ihre Karriere sorgfältig gewählt hatten.

Trotzdem fühlte sie sich alles andere als sicher.

»Wir können jetzt nicht einfach verschwinden«, sagte Liliya. »Wenn wir das tun, werden Alexander und seine Armee uns bemerken und weiter verfolgen. Sie sind zu nah, als dass wir ihnen entkommen könnten. Und selbst wenn wir das könnten …« Sie verstummte.

»Selbst wenn wir es könnten?«, hakte Yvette Tann nach.

»Ich bin ihnen schon einmal entwischt«, sagte Liliya. »Doch er findet mich immer wieder.«

Jiango musterte sie von oben bis unten, als würde er sie nach etwas absuchen, was den Rage-General in die Lage versetzte, sie über Trillionen von Meilen durch das leere, kalte All hinweg aufzuspüren. Aber es handelte sich dabei nicht um etwas Sichtbares. Vielmehr vermutete sie, dass es etwas mit dem zu tun hatte, was sie stahl – es in ihre Venen zu injizieren war der beste Weg gewesen, den Rage die außerirdisch inspirierte Technologie zu entwenden. Doch damit hatte sie sich womöglich selbst der Verdammnis ausgeliefert.

Sie sah, wie Tann die Erkenntnis traf und er die Schultern sinken ließ.

»Dann also hier«, sagte Jiango. »Das ist der beste Ort, um sich ihnen entgegenzustellen.«

»Ja«, stimmte Liliya zu. »Besonders jetzt, da die Yautja eingetroffen sind.«

»Und wer sagt uns, dass diese Bastarde hier sind, um uns zu helfen?«, warf jemand der Crew ein. Es war Robo, die Frau mit dem mechanischen Arm.

»Das sagt Hashori«, erwiderte Liliya.

Robo warf einen Blick zurück auf die Yautja, die alle anderen auf der Brücke überragte. Das Misstrauen in ihren Augen war unübersehbar.

»Und woher sollen wir wissen, was dieses Ding wirklich im Schilde führt?«, fragte Robo.

Die Indie hatte recht. Die Yautja war undurchschaubar. Liliya hatte Unsagbares unter Hashori erlitten, und ihre synthetische Haut trug noch immer die Narben und Wunden ihrer anhaltenden und grausamen Folter. Doch sie hatte sie auch gerettet und zu dieser Station begleitet, obwohl sie sehr genau wusste, wie man sie hier empfangen würde.

Die Yautja musterte Robo mit zusammengekniffenen Augen, und ihre Kiefer bewegten sich dabei ein wenig. Sie packte ihren Kampfspeer fester, während sie wachsam ihren möglichen Feind beäugte.

»Wir müssen ihr vertrauen«, warf Jiango ein. »Ihr habt sie an Bord eures Raumschiffes gebeten. Wollt ihr jetzt wirklich einen Streit anzetteln?«

»Der echte Kampf findet da draußen statt«, sagte Liliya. Ihre Stimme war schwach, doch sie erregte die Aufmerksamkeit der anderen. »Die Rage kommen. Sie sind erbarmungslos und unaufhaltsam, und sie sehen mich als Gefahr an. Sonst hätten sie niemals Alexander und seine Armee ausgesandt, um mich zurückzubringen. Hier geht es nicht nur um Maloneys verletzten Stolz. Was die Yautja angeht – sie sind hier, um zu helfen. Darauf müssen wir vertrauen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Alexander nahe genug ist, um loszuschlagen.«

»Also liefern sich da draußen in zehn Milliarden Meilen Entfernung gerade die Verbündeten Ihrer Freundin, die Yautja, eine Schlacht mit unseren Feind?«, fragte Ware.

Liliya fragte Hashori in ihrer eigenen Sprache danach. Sie alle blickten die Yautja-Kriegerin fragend an, und diese nickte. Die Geste schien für sie ungewohnt, wie der Versuch, eine grundlegende Form menschlicher Unterhaltung nachzuahmen.

»Auf der Station seid ihr sicherer«, sagte Jiango.

»Sie wird auf der Satan's Saviour sicherer sein!«, rief Ware. »Wer weiß, was dieser Alexander auffahren wird? Ein direkter Treffer mit einer großen Atomrakete oder einem Partikelmodulator – und die Station ist Toast. Hier an Bord, bei uns, bleibt ihr immerhin die Chance, zu entkommen.«

»Ich muss mich mit dem Rat treffen«, wiederholte Jiango. »Sie warnen.«

»Dann warnen Sie sie«, entgegnete Ware und deutete mit dem Kopf auf Liliya. »Sie haben selbst gesagt, wie wichtig sie ist. Mir scheint, unsere Hauptsorge gilt im Moment ihr.«

Die Hauptsorge, dachte Liliya. Sie warf den Tanns einen Blick zu. Deren Leid war offensichtlich, denn sie wussten, dass es der Wahrheit entsprach.

Die Weltraumstation Hell, jener Ort, der ihnen so lange Zeit ein Zuhause gewesen war, mochte vielleicht dem Untergang geweiht sein, und doch war es von essenzieller Bedeutung, dass Liliya einer Gefangennahme entging.

»Seien Sie zurück, bevor die hier sind«, sagte Ware zu Jiango. »Ich meine es ernst. Wir werden nicht auf Sie warten.«

»Hätte ich auch nicht gedacht«, sagte Jiango. Er stand auf, noch immer die Hand seiner Frau haltend.

»Wenn der Angriff erst einmal angefangen hat, wird hier Chaos herrschen«, sagte Ware. Sie beobachtete weiterhin die Kämpfe auf dem Holo-Schirm. Selbst aus dieser Entfernung registrierten ihre Sensoren nukleare Detonationen und blendende Laser-Salven. Es war schwierig auszumachen, wer welche Partei war – Rage, Yautja, oder wer sich sonst noch den Kampfhandlungen angeschlossen haben mochte – und unmöglich zu sagen, wer die Oberhand hatte. Die Verlierer aber, die zu kurzen, grellen Wolken radioaktiven Gases aufflammten, bevor sie in der Dunkelheit des Alls verglühten, waren hingegen klar und deutlich auszumachen. »Ein Durcheinander. Die Wirren einer Schlacht. Das ist dann der Moment, wo wir verschwinden werden.«

»Wir laufen vor einem Kampf weg, Boss?«, fragte einer der anderen Indies.

Ware starrte ihn für einen Moment giftig an, dann lächelte sie. »Nur, um zu einer möglicherweise noch größeren Schlacht zu kommen, Millard.«

Nicht nur möglicherweise, dachte Liliya bei sich. Mit einiger Sicherheit sogar.

»Ich denke, dir bleibt noch eine Stunde,«, sagte Yvette Tann an ihren Ehemann gewandt. »Mach das Beste daraus.«

Er küsste ihre Wange und warf Liliya über die Brücke hinweg einen Blick zu. Sein Lächeln sollte ihr wahrscheinlich Hoffnung vermitteln, doch alles, was sie darin sah, war Schmerz. Das alles hier war ihr Fehler. Sie war hierher gekommen und hatte das alles ausgelöst.

Und dabei hatten die wirklichen Schmerzen noch nicht einmal begonnen.

Nachdem Jiango gegangen war, verfolgte Liliya weiter den Verlauf der Gefechte auf dem Holo-Schirm. Hashori blieb neben ihr stehen, und Yvette nahm auf der anderen Seite neben ihr Platz. Die Crew der Indies war währenddessen damit beschäftigt, sich für den Start vorzubereiten und Diagnosen der Waffensysteme durchlaufen zu lassen.

Den Geschehnissen haftete eine furchtbare Art der Unvermeidbarkeit an. Jede neue Explosion oder jedes neue Aufflammen der Laser wurde von der Crew mit einem Kommentar oder einem Ausruf des Erstaunens quittiert, aber Liliya wusste, was es eigentlich zu bedeuten hatte: Alexander kam näher. Ganz gleich, welche Widersacher sich ihm in den Weg stellen würden – er würde sie beiseite fegen, sie zerstören, zu Staub zermahlen, um dann heranzustürmen und die Gewalt nach Hell zu tragen.

Aus dem Backbord-Fenster der Brücke konnte sie einen Teil der anmutigen Aufbauten der Station sowie einen der langen Andockarme erkennen, an dem mehrere Schiffe wie Samen an einem Halm hingen. So viele Menschen lebten auf Hell, und jeder Einzelne von ihnen war nun wegen ihr in Gefahr.

Doch trotz allem war sie davon überzeugt, dass sie dies tat, um die Menschen zu retten. Sie trug das Wissen in sich, mit denen sich die Rage bekämpfen ließen. Von Hashori wusste sie bereits, dass die Yautja immense Verluste erlitten hatten, und gemeinsam hatten sie aus erster Hand erfahren können, was aus einem von den Rage eroberten Sprungtor und der daran angeschlossenen Kontrollstation geworden war. Dieses Schicksal musste sich in der Sphäre herumgesprochen haben, doch selbst jetzt konnte es bereits zu spät sein.

In Wirklichkeit galt die Hauptsorge keineswegs ihr selbst. Das, was sie in sich trug, war das Einzige, was wirklich zählte. Das Einzige, für das sie Sorge tragen mussten.

Die Spuren der entfernten Gefechte verblassten von dem Schirm und Ware und ihre Crew schienen plötzlich sehr viel ängstlicher zu werden.

Hashori trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich sollte da draußen sein, in meinem Schiff«, sagte sie. Fünf Yautja-Schiffe umkreisten Hell in einer Entfernung von mehreren hundert Meilen. Ihre Ankunft hatte mit einiger Sicherheit dazu geführt, dass man die Station in Kampfbereitschaft versetzt hatte, doch ihre Aufmerksamkeit richtete sich nach außen, nicht nach innen. Sie bereiteten sich auf die Ankunft des Feindes vor. Der General und seine Armee, die gerade erst eine Schlacht geschlagen hatten, würden kampfbereit sein.

»Danke, dass du hier bei mir bleibst«, sagte Liliya.

»Was geht da draußen vor?«, fragte Yvette.

»Ihr Mann scheint Einfluss zu haben«, sagte Ware. »Die Verteidigungssysteme von Hell sind scharf. Drohnen mit Atomraketen wurden gestartet, und mehrere Angriffsschiffe sind klar zum Start. Ein paar wenige Schiffe haben sich auch aus dem Staub gemacht, aber der größte Teil der Station bereitet sich auf einen Angriff vor.«

»Wie nahe sind sie heran?«, fragte Yvette.

»Sie dürften binnen einer Stunde hier sein«, schätzte Ware. »Der Computer verarbeitet gerade die Daten, die hereinkommen, danach sollten wir einen ersten Hinweis auf ihre Stärke haben.«

»Ein großes Schiff, mit unterstützenden Angriffskreuzern«, erklärte Liliya. »Alexanders Flaggschiff ist das Werk des Faze, mächtig und schnell, geschaffen für den Krieg. Seine Angriffskreuzer sind wendiger als die Schiffe der Yautja, außerdem stärker bewaffnet.«

»Was ist ein Faze?«, erkundigte sich Yvette.

»Das ist ein …« Liliya stockte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie die Dinge beschreiben sollte, die sie auf dem weit entfernten außerirdischen Habitat vorgefunden hatten.

»Ihr Göttergatte ist wieder zurück«, meldete Hoot. Er war ein weiteres Mitglied der Crew, ein kleiner, stämmiger Mann, von dem eine unterschwellige, konstante Bedrohung auszugehen schien. Mit einem leisen Flüstern öffnete sich die Tür zur Brücke und Jiango erschien. Yvette stand auf, und für eine Weile herrschte auf der Brücke betretenes Schweigen, während sich das Paar umarmte. Vielleicht, weil ein Teil von ihnen nicht damit gerechnet hatte, dass sie sich wiedersehen würden.

»Und?«, fragte Ware nach.

»Sie haben sie beobachtet«, sagte Jiango. »Sie sind bereit zu kämpfen!«

»Um meinetwillen«, sagte Liliya.

»Nein«, korrigierte Jiango. »Um ihretwillen! Sie verteidigen Hell, und ich habe ihnen versprochen, dass wir alles in unserer Macht stehende tun werden, um ihnen zu helfen.«

Ware seufzte geräuschvoll. »Sie sollten sich so langsam mal entscheiden, Paps. Sollen wir Fersengeld geben und sie retten? Oder hierbleiben und kämpfen?«

»Ich dachte an eine Möglichkeit, mit der uns beides gelingen könnte«, erwiderte Jiango. Er warf einen Blick auf den Holo-Schirm, auf dem nun, da die entfernte Schlacht vorüber war, nur die dunkle, gähnende Unendlichkeit zu sehen war. Dann sah er Hashori an und bat Liliya, für ihn zu übersetzen. »Hör mir zu. Wir haben nicht viel Zeit.«

Der Angriff brach schnell und unbändig über sie herein.

General Alexander ließ sein Hauptschiff erst eine Million Meilen vor Hell unter Warp gehen, schoss mit maximaler Sub-Warp-Geschwindigkeit heran und entfesselte ein Sperrfeuer aus Atomraketen auf die Schiffe, die die Station umkreisten. Sieben solcher Schiffe waren gestartet, um die große Station zu verteidigen.

Die Atomraketen zogen unsichtbare Linien durch das All und dann explodierten sie zu grellen, brodelnden Flammenwolken, bevor sie wieder verglühten. Eine von ihnen zerstörte ein Bergungsschiff, das sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen konnte, während die anderen Schiffe ihnen auswichen und sich im Zick-Zack-Kurs ihren Weg durch die verblassende Glut der Zerstörung bahnten.

»Wo sind seine Angriffskreuzer?«, fragte Liliya verwirrt.

»Schätze, die behält er sich als besondere Überraschung noch vor«, sagte Ware.

Jiango hatte ihr die Zugangscodes zum Hauptrechner von Hell gegeben, der sie mit einem komplexen und ausführlichen Statusbericht des Angriffs versorgte. Sie wechselte durch die verschiedenen Ansichten, die auf den drei Haupt-Schirmen der Brücke zu sehen waren, und deutete dann auf einen von ihnen, auf denen die Leere hinter der Region zu sehen war, in der der hauptsächliche Angriff stattfand.

Und tatsächlich glommen dort wenige Sekunden später mehrere Lichtpunkte auf, als eine Reihe kleinerer Schiffe unter Warp ging.

»Und da sind sie auch schon.«

»Jetzt?«, fragte Robo.

»Nur noch ein paar Sekunden«, hielt Ware sie zurück. »Wenn das, was der alte Mann sagt, stimmen sollte …«

»Es ist unsere beste Chance«, warf Jiango ein.

»Er ist noch gar nicht so alt«, fuhr Yvette dazwischen, doch wenn es als mutiger Versuch gedacht war, die Stimmung aufzuheitern, scheiterte dieser kläglich.

»Heilige Scheiße, was ist das bloß für ein Ding?«, fragte Millard. Alexanders Flaggschiff, welches sich Hell langsam näherte und dabei funkelnd Gegenmaßnahmen ausspuckte, um die Raketen und Lasersalven abzuwehren, die darauf abgefeuert wurden, füllte jetzt einen der kleineren Holo-Schirme aus. Liliya versuchte sich auszumalen, wie es sich anfühlen musste, zum ersten Mal ein solches Schiff zu sehen. Monströs und in einem sanften pinken Farbton schimmernd, der es wie die Innereien einer riesigen Kreatur wirken ließ, rollte und wirbelte das Schiff auf sie zu, wehrte die Schüsse der Laserkanonen ab und feuerte gleichzeitig seine eigenen Waffen ab, deren Strahlen wie Samen durch die Nacht flirrten.

»Das ist das Werk des Faze«, sagte Liliya. Sie runzelte die Stirn, und überlegte, wie sie so vieles in so kurzer Zeit erklären könnte. Aber das war unmöglich, und deshalb ließ sie es bleiben.

Ein weiteres der verteidigenden Schiffe wurde getroffen und pulverisiert, und dann sprach Ware in ihr Kehlkopfmikrofon: »Hell, hier spricht die Satan‘s Saviour. Von Sektor Sechs-Sechs aus nähern sich Angriffskreuzer. Wir fangen sie ab.«

»Was?«, entfuhr es Yvette.

Ware reagierte nicht weiter auf ihren Einwurf. Ihre Crew stellte ihren Funkspruch nicht infrage, und binnen weniger Sekunden entfernten sie sich von ihrem Andockarm und Hell, die hinter ihnen immer kleiner wurde. Vor ihnen erstreckte sich das leere All.

Doch es blieb nicht lange leer.

»Hoot?«, fragte Ware.

»Bin schon dabei.« Ein Zittern fuhr durch das Schiff, als seine Waffensysteme das Feuer eröffneten. Laserschüsse stoben in die Nacht hinaus, drei Atomraketen brannten sich ihren Weg durch die Dunkelheit und ein pulsierendes Licht schien beinahe zu funkeln, während es sich im Zick-Zack-Kurs von ihrem Schiff entfernte wie tastende Finger eines blinden Riesen. Eine der Raketen explodierte, als sie auf einen der Gegner traf. Ein anderes Schiff fing Feuer, geriet ins Trudeln, trieb auf sie zu und dann über sie hinweg, als Ware ihren Kurs entsprechend leicht anpasste. Die restlichen Schiffe der Verstärkung verteilten sich im All.

»Zwei getroffen«, meldete Hoot. »Die anderen drei Schiffe sind an uns vorbeigezogen und halten auf Hell zu.«

»Oh nein«, seufzte Jiango. Liliya sah, dass er und seine Frau sich an den Händen hielten, und für einen Moment lang sehnte sie sich nach jemandem, der ihr hätte Trost spenden können. Aus den Augenwinkeln warf sie einen Blick auf Hashori. Die Yautja hatte sich ihren von früheren Kämpfen zerschrammten Helm aufgesetzt. Sie war unergründlich.

»Okay, wir drehen noch eine Runde, und dann verschwinden wir«, verkündete Ware. »Bist du bereit, Hoot?«

»Klar doch.«

»Dir bleiben vielleicht drei Sekunden.«

»Das ist mehr als genug.«

»Liliya, bist du bereit?«

»Natürlich.« Sie griff nach dem Kommunikator, den man ihr zuvor übergeben hatte. Sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte. Aber wahrscheinlich spielte es keine allzu große Rolle.

Ware wendete ihr Schiff in einer engen Kurve, bis Hell im Zentrum des Haupt-Holo-Schirmes wieder in Sicht kam. Es überraschte Liliya, wie weit sie sich bereits von der Station entfernt hatten. Dann aber sank ihr Mut, als sie sah, dass die Station bereits erste Treffer einstecken musste.

Alexanders Flaggschiff war nun ganz in der Nähe, und sie konnte unzählige kleine Lichtpunkte ausmachen, die von dem Schiff aus auf die Station zuhielten, wie Pollen, die in einer unsichtbaren Windböe trieben. Überall flackerten Explosionen der Verteidigungseinrichtungen von Hell auf, die versuchten, den furchtbaren Angriff abzuwehren, aber sie blieben wirkungslos. Als sich schließlich auch die restlichen Angriffskreuzer näherten, verstärkte sich das erbarmungslose Feuer noch einmal zusehends.

»Wer sind die?«, fragte Yvette. Niemand antwortete ihr. Liliya hatte ihnen bereits erzählt, welche Art von Soldaten Alexander mit sich bringen würde.

»Wir hätten bleiben sollen«, sagte Jiango. »Wir könnten sie bekämpfen, wir alle. Jeder Einzelne von uns hätte etwas bewirken können.«

»Sie ist die Einzige, die etwas bewirken kann«, sagte Yvette, sah Liliya dabei aber nicht an, so als könnte sie ihren Anblick kaum ertragen. Stattdessen begrub sie ihr Gesicht am Hals ihres Ehemannes.

»Liliya«, rief Ware.

Liliya aktivierte ihren Kommunikator.

»Alexander«, sprach sie hinein. »Du schimpfst dich einen General? Du hast mich schon wieder entwischen lassen.«

»Okay«, sagte Ware. Sie wischte über ihre Kontrollen und Hell rutschte in die linke untere Ecke des Bildschirmes, wurde schnell immer kleiner und verschwand schließlich vollends, als die leistungsfähigen Triebwerke sie mit annähernder Lichtgeschwindigkeit von der Station wegbrachten. Der Warp-Antrieb war bereit, aber noch nicht aktiviert. Sie alle hatten sich darauf geeinigt, alles zu riskieren, um Alexanders Verfolgung aufzuhalten.

»Wir haben sie ihrem Schicksal überlassen«, sagte Yvette. »Alle, jeden Einzelnen auf Hell.«

»Sie wissen, wie man kämpft«, erwiderte Jiango.

Liliya wollte etwas einwerfen, entschied aber, dass es das Beste wäre, zu schweigen. Sie wusste, welchem Schicksal sich die Bewohner der Station nun gegenüber sahen. Sie wusste, dass sie keine Chance hatten. Es laut auszusprechen, würde niemandem helfen.

»Sie kommen«, rief Millard.

»Wie viele?«, erkundigte sich Ware.

»Alle. Das große Schiff und die drei übrig gebliebenen Kreuzer.«

»Sie haben den Angriff abgebrochen«, schlussfolgerte Hoot und warf über seine Schulter den Tanns einen Blick zu, der ihnen Hoffnung geben sollte. Dann bemerkte er jedoch Liliyas Gesichtsausdruck und erstarrte.

»Ich hoffe, Ihre Freunde treiben sich noch irgendwo da draußen herum«, sagte Ware.

»Das werden sie«, antwortete Liliya. »Alexander wird sie noch vor uns zu Gesicht bekommen.«

»Das ist gut, denn sie kommen sehr schnell näher. Millard, bring die Warpspulen auf Touren und warte auf mein Zeichen, auf Warp zu gehen.«

»Wir können den Warpsprung aber nicht einleiten, bevor …«, warf Liliya ein, doch der Captain fiel ihr ins Wort.

»Wenn die Yautja nicht in den nächsten sechs Sekunden hier auftauchen, machen wir uns verdammt noch mal aus dem Staub.«

Ein frostiges Schweigen senkte sich über die Brücke, welches nur von leisen Warntönen, dem Summen verschiedener Instrumente und dem konstanten Brummen der starken Triebwerke unterbrochen wurde.

»Da!«, rief Hoot. »Da, seht doch nur, sind sie nicht wunderschön, einfach wunderschön?«

Der Anblick, der sich hinter ihnen bot, wurde auf den Haupt-Holo-Schirm projiziert und verschlug ihnen den Atem.

Alexanders Flaggschiff, das sie verfolgte, wurde urplötzlich von einem Dutzend Explosionen in Brand gesetzt. Jede von ihnen schien Lichtblitze abzugeben, die einen Kreisbogen beschrieben und wieder und wieder in das Schiff einschlugen. Die Explosionen pulsierten und ein Lichtblitz nach dem anderen kroch um das Schiff herum. Die Angriffsschiffe, die mit ihm flogen, wurden ebenfalls zerstört, und dann sahen sie für einen kurzen Augenblick die wundervollen Spuren eines Yautja-Schiffes über den Bildschirm huschen.

Ohne Tarnvorrichtung und vollständig bewaffnet schwang das Schiff zusammen mit seinen vier Begleitern herum, um einen erneuten Angriff auf das Rage-Schiff zu starten.

»Direkter Treffer«, schrie Millard.

»Sie sollten sich noch nicht zu früh freuen«, warf Liliya ein.

»Die Yautja werden triumphieren«, sagte Hashori in ihrer eigenen Sprache, doch Liliya sah davon ab, es zu übersetzen.

Vielleicht hat sie ja recht, dachte sie bei sich. Vielleicht konnten wir ihn dieses Mal wirklich schlagen.

Aus dem Inneren der Feuersbrunst, in die sich Alexanders Schiff verwandelt hatte, schoss ein Laserstrahl, und eines der Yautja-Schiffe löste sich in Nichts auf.

Ein erschrockenes Keuchen war auf der Brücke zu hören.

»Niemand könnte so etwas überleben«, sagte Hoot.

Die Yautja griffen erneut an. Grell leuchteten Atomexplosionen und Ionenstrahlen zu wirbelnden Bällen aus Flammen und Zerstörung auf, heller als jede Sonne. Detonationen brachen scheinbar aus dem Nichts hervor und zuckten über die Bildschirme.

Das Verteidigungsfeuer blieb aus, und schließlich begannen sich die Flammen und die Glut zurückzuziehen. Sie ließen ein zerstörtes, treibendes Wrack zurück. Die Überreste von Alexanders Schiff trudelten langsam um die eigene Achse. Wrackteile lösten sich von dem Schiff und trieben mit anderen Trümmern dahin.

»Die sind erledigt«, kommentierte Ware. »Aber lieber die als wir.« Sie warf einen Blick über ihre Schulter und nickte Hashori anerkennend zu. Die Kriegerin erwiderte die Geste jedoch nicht.

»Hell«, sagte Jiango.

»Du weißt, dass wir nicht dorthin zurückkehren können«, sagte Yvette. »Was immer auf Hell passiert, ist jetzt deren Geschichte. Wir dürfen Liliya nicht aufs Spiel setzen, nicht nach all dem.«

Liliya hörte ihre Unterhaltung, doch sie schwieg. Sie musterte das Wrack, das einmal Alexanders Schiff gewesen war. Die Yautja umkreisten es. Zwei ihrer Schiffe manövrierten sich näher heran. Vielleicht suchten sie nach einer Trophäe für ihren Sieg. Das riesige zerstörte Schiff glühte noch immer von den nuklearen Feuern, die in seinem Inneren brannten, und sie versuchte, den Gedanken zu verarbeiten, dass sie nun endlich frei war.

Maloney, nun bin ich dir also endlich entkommen, dachte sie. Sie wünschte, sie hätten ihren Gedanken als eine Nachricht direkt in den Kopf dieser wahnsinnigen Frau senden können.

2

GENERAL MASHIMA

Verschiedene Sprungtore im Gamma-Quadranten, November 2692

Zu Beginn eines jeden neuen Tages nahm sich General Mashima stets die Zeit, auf die Knie zu fallen und seinen Gott anzubeten.

Zuerst nahm er sich in seiner Kabine an Bord der Aaron-Percival einen Moment Zeit, um sich selbst für die Übertragung vorzubereiten. Er war kein eitler Android, doch bestand stets darauf, vorzeigbar auszusehen, bevor seine Mitteilungen an Mistress Maloney ausgesandt wurden. Immerhin war es ihr zu verdanken, dass er überhaupt am Leben war. Er existierte, weil sie ihm erlaubt hatte, zu existieren, und erachtete es deshalb als notwendig. Sie war das, was für ihn an einer Mutter am nächsten kam, und wenn eine Mutter schon nicht dem Bild einer Gottheit entsprach, was dann?

Seine Kabine war klein und spärlich eingerichtet. Sie enthielt einen bequemen Stuhl, eine Kommunikationseinrichtung und einen Spiegel in Lebensgröße an einer der Wände. Mashima schlief nie, aber hin und wieder verbrachte er eine gewisse Zeit auf seinem Stuhl, dachte über seine Mission nach und vergewisserte sich, dass alles nach Plan verlief.

Nun stand er vor dem Spiegel und überprüfte sein Erscheinungsbild.

Seine Uniform saß perfekt und war makellos gearbeitet. Sein Gesicht war ebenso makellos und nichtssagend. Mashima erkannte sich im Spiegel, aber er war sich bewusst, dass nichts an diesem Gesicht besonders war. Seine Gesichtszüge waren funktionell und spiegelten nur wenig Persönlichkeit wider.

Ich selbst erfülle es mit Persönlichkeit, dachte Mashima. Er lächelte. Die Falten, sie sich an seinen Wangen bildeten, wirkten wie tiefe Einschnitte in seine Haut.

Seine Existenz dauerte nun schon beinahe fünfzig Jahre an. Seine Geburt war eine getrübte Ahnung in den Tiefen seiner Erinnerungsdatenbank, eine Zeit, in der sich sein physisches Ich gebildet und gewartet hatte und sein Geist von Maloney und ihren Wissenschaftlern der Rage in ihn überspielt wurde. Es gab keinen Zeitpunkt, den er als erste wirkliche Erinnerung hätte benennen können. Vielmehr war es ein Prozess gewesen, ein immer größer werdendes Bewusstsein, das sich zu dem entwickelte, was er nun war.

In diesen verschwommenen, sich manchmal aufklarenden Visionen war Beatrix Maloney stets bei ihm gewesen.

Ihm und seinen synthetischen Gefährten – von denen einige Generäle, andere aber niederere Schöpfungen waren, die man auf der Macbeth oder einem der Eskortschiffe einsetzte – war die Fähigkeit der freien Entscheidung und des Reifens gegeben worden, und jeder von ihnen sah Maloney als einzige und wahre Führerin an. Mashima war sich unschlüssig, ob diese Sichtweise der Programmierung eines unsicheren Anführers entsprang oder eine natürliche Folge seines freien Willens war.

Im Falle der ersten Möglichkeit würde diese Programmierung jedoch nie zulassen, dass er die Wahrheit erkennen würde, weshalb er die zweite Theorie als die richtige annahm.

Sein größter Wunsch war es, Maloney und ihren Rage so gut wie möglich zu dienen oder bei dem Versuch sein Leben zu lassen. Kaum etwas anderes schien ihm von Wichtigkeit zu sein. Die Ziele der Rage waren seine eigenen Ziele, obwohl sie hinter der Wichtigkeit zurücktreten mussten, seiner Mistress zu dienen.

Mashima war auf eine Mission von größter Wichtigkeit ausgesandt worden, und er widmete jeden einzelnen Moment seiner Existenz, sich auf ihren Erfolg vorzubereiten.

Er rief die Brücke und sprach mit seinem Kommunikationsoffizier.

»Jacobs, ich wäre dann soweit.«

»Danke, General. Alle Systeme bereit.«

Allein in seiner Kabine nahm Mashima vor seiner Kommunikationseinheit Haltung an und zeichnete einen Statusbericht auf.

»Mistress Maloney, es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir gute Fortschritte machen«, begann er. »Sieben Tage, nachdem wir sie verlassen haben, passierten wir Sprungtor Gamma 123. Es konnte bereits von General Rommel erobert werden, deshalb konnten wir es ungehindert passieren. Sechzehn Tage später näherten wir uns Gamma 114. Dieses Sprungtor wurde von einem nahegelegenen Mond aus kontrolliert, der von einem Kontingent Colonial Marines bewacht wurde. Ich entsendete drei meiner sechs Angriffsschiffe, um die Marines zu neutralisieren, während ich mit der Aaron-Percival in einem Orbit um den Mond Stellung bezog.

Sie leisteten erbitterten Widerstand, waren unseren Soldaten aber in keiner Weise gewachsen. Wir verloren mehr als einhundert Xenomorphs, aber keine Schiffe und auch keine Rage-Besatzung. Der Sieg war unser allein. Einen Tag später durchquerten wir das Sprungtor und nähern uns nun Gamma 98. Laut unseren Sensoren wird es von einer Orbitalstation aus betrieben und von einer unabhängigen Militäreinheit bewacht. Da wir es dieses Mal nicht mit Colonial Marines zu tun haben, verspricht dieses Gefecht eine neue, interessante Erfahrung zu werden. Ich freue mich schon auf einen weiteren Kampf, und rechne innerhalb der nächsten zwei Stunden mit unserem vollständigen Sieg.

Ausgehend von den Fortschritten, die wir derzeit machen, rechne ich außerdem damit, dass wir nach zwei weiteren Sprüngen innerhalb von achtzehn Tagen auf Weavers World eintreffen werden. Dort wird meine eigentliche Mission beginnen. Wir bereiten unterdessen unsere Ankunft dort vor, und nach unserer Einnahme von Gamma 98 werde ich eine vollständige Inspektion unserer Truppenstärke vornehmen.

Ich stehe zu Ihren Diensten, Mistress, zum Ruhme der Rage.«

Er legte eine Pause ein, denn er spürte das Verlangen, seiner Liebe und Ergebenheit noch mehr Ausdruck zu verleihen. Aber er wusste, dass Mistress Maloney das nicht wünschte. Sie würde es als Schwäche seiner künstlichen Psyche bewerten. Pflichterfüllung und Hingabe, was die Mission anging, würden genügen. Deshalb deaktivierte er die Aufnahme, bevor er hinzufügte: »Mein Herz und meine Seele gehören Ihnen, Mistress.«

Schweigen erfüllte Mashimas Kabine. Ein grüner Lichtschein auf der Kommunikationseinheit zeigte an, dass seine Nachricht gespeichert worden war, und er wusste, dass Jacob sie nun für die Subraumübertragung vorbereitete.

»Senden Sie sie unverzüglich«, befahl er.

»Jawohl, Herr General.«

»Und sagen Sie Kilmister, dass er mich auf der Brücke treffen soll.«

»Er ist bereits hier.«

»Gut. Ich bin auf dem Weg.«

Mashima unterbrach die Verbindung, überprüfte sich ein letztes Mal im Spiegel, und verließ seinen kleinen, leeren Raum.

Es war Zeit für einen weiteren Kampf.

Kilmister erwartete ihn bereits auf der geräumigen Brücke. Weitere schiffsgeborene Angehörige der Rage saßen vor einer Reihe von Kontrollpulten, auch wenn die Aaron-Percival sich praktisch selbst flog.

Jacobs behielt die Kommunikation zwischen dem Schiff und den sechs Angriffskreuzern im Auge, die es begleiteten, während die anderen Personen sich um die Schiffssysteme, die Navigation und die Einsatzbereitschaft von Truppen und Waffen kümmerten. Es gab nur sehr wenig für sie zu tun. Der Faze hatte das jahrhundertealte Fiennes-Schiff angepasst und verbessert, verändert und umgebaut, und es in ein fortschrittliches Kriegsgerät verwandelt.

Niemand, der damals eines der originalen Fiennes-Schiffe gebaut oder geflogen hatte, hätte dieses Schiff wiedererkannt. Äußerlich war die glatte, funktionale Hülle seltsamen Formen und Ausbuchtungen gewichen, die dem Schiff den Eindruck verliehen, eher gewachsen als konstruiert worden zu sein. Im Inneren waren die meisten Kontrollsysteme entfernt oder modernisiert worden, und der Warpantrieb und die Treibstoffsysteme arbeiteten nun jenseits von Mashimas technischem Verständnis.

Aber er brauchte es auch nicht zu verstehen. Das sich selbst wartende, selbst reparierende Schiff war beinahe lebendig. Und sie seine Passagiere.

»General«, begrüßte ihn Kilmister nickend. Er war einer der Schiffsgeborenen, aber älter als die meisten anderen. Er ging auf die einhundert Jahre zu und war so Feuer und Flamme für den Krieg wie eh und je. Mit seinen Narben und Wunden, die er sich über die Jahrzehnte hinweg in unzähligen Gefechten zugezogen hatte, war Kilmister der beste menschliche Commander der Rage. Als solcher war ihm aber die Fähigkeit der Androiden nicht vergönnt, die Armee der Xenomorphs zu kontrollieren, die sie im Lagerraum der Aaron-Percival mit sich führten. Stattdessen war er ein Pilot und Kommandeur der sechs Angriffskreuzer, die im Umkreis von eintausend Meilen Mashimas Flaggschiff eskortierten.

»Captain. Sind alle Vorbereitungen getroffen?«

»Natürlich. Ich bin bereit, auf Ihr Kommando hin den Befehl zu geben. Gamma 98 scheint unseren Anflug noch nicht bemerkt zu haben. Wenn sie es tun, werden ihre Verteidigungssysteme bereits funktionsunfähig sein und wir können unsere Truppen landen lassen.«

Mashima nickte und ließ seinen Blick über die Brücke schweifen.

»General …«, begann Kilmister, unterbrach sich aber sofort.

»Captain? Wenn Ihnen etwas auf dem Herzen liegt, sollten Sie es aussprechen.«

»Ich würde gern den Angriff leiten.«

Mashima hob eine seiner Augenbrauen. »Natürlich würden Sie das gern.« Er lächelte. »Und natürlich sollten Sie das auch dürfen.«

Kilmister nickte einmal. »Ich danke Ihnen.«

»Machen Sie mich stolz, Captain.«

Kilmister eilte von der Brücke und Mashima nahm seinen Platz auf der großen, kreisrunden Plattform in deren Zentrum ein. Von hier konnte er alles überblicken – die gesamte Brücke, eine Anordnung von Bildschirmen und die Übertragungen von jedem einzelnen der sechs Angriffskreuzer. Wenige Minuten, nachdem Kilmister die Brücke verlassen hatte, lösten sich drei der Angriffsschiffe aus der Formation, beschleunigten in den Hyperraum und verschwanden.

Fünfzig Minuten später flackerten die Bildschirme erneut hell auf und eine vergrößerte Ansicht von Sprungtor Gamma 98 erschien. Die vertraute Kreisform der Konstruktion funkelte im Licht der Sterne, und in einigen hundert Meilen Entfernung erwachten die Orbitalstationen – die Kontrollstellen des Tores und ihr Ziel des Tages – zum Leben. Mehrere kleine, schlanke Schiffe starteten aus den Landebuchten, und ein größeres Kriegsschiff entfernte sich von der Basis und begann, eine Reihe hochentwickelter Waffen abzufeuern.

Sie müssen mit einem Angriff gerechnet haben. Die Rage hatten bereits einige Sprungtore erobert und davor hatte es sporadische Angriffe von Yautja gegeben, die vor den Rage in die Menschliche Sphäre geflohen waren. Kilmister und seine Piloten waren auf ein gewisses Maß an Gegenwehr eingestellt, aber niemand hätte ahnen können, wie heftig dieser hier ausfallen würde.

Nur für einen kurzen Moment machte sich Mashima Sorgen.

Die Schlacht war kurz, erbittert und verwirrend. Die Übertragungen jedes Rage-Schiffes tanzten und wirbelten über die Bildschirme, Sterne zogen sich wie Schlieren darüber und immer wieder flammten Explosionen zu kurzen, grell lodernden Sonnen auf. Laserfeuer schien das streifenförmig in die Länge gezogene Licht der Sterne zu imitieren. Immer wieder ließen heftige Einschläge die Bilder verschwimmen.

Mashima stand auf seiner Beobachtungsplattform und seine Hände krallten sich in das halbhohe Geländer, das diese umschloss. Die Möglichkeit des Scheiterns zog er aber kaum in Betracht, und vielleicht war blindes Vertrauen eine seiner Schwächen. Aber in all den Jahren, in denen er den Rage diente, war Scheitern nie eine Option gewesen. Er war der Ansicht, dass ihm diese Einstellung Stärke verlieh. In Wahrheit jedoch machte es ihn vielmehr naiv.

Die Übertragung von einem der Rage-Angriffskreuzer flammte unvermittelt auf, so grell, dass die immense Helligkeit den Holo-Schirm knistern ließ. Dann wurde das Bild schwarz, und der Holo-Schirm fiel in sich zusammen.

»Ist das Schiff verloren?«, erkundigte sich Mashima. Keiner auf der Brücke antwortete ihm. Sie waren damit beschäftigt, die Informationen auszuwerten, und es dauerte einige Augenblicke, bis Jacobs die Schiff-zu-Schiff-Kommunikation überprüft hatte.

»Ein Schiff zerstört«, bestätigte er. »General, es befinden sich dort Yautja-Schiffe, die die Station zusammen mit den Söldnern verteidigen.«

»Yautja?« Dieser Umstand bereitete ihm keine Sorgen, denn sie hatten die Yautja in den letzten Jahrzehnten schon öfter angegriffen und besiegen können. Aber es überraschte ihn.

Die Raumstation schwoll auf einem der Bildschirme auf einmal riesig an, als Kilmister sein Schiff nahe an sie heranbrachte. Eine Salve aus Laserfeuer zerstörte einen der Andockarme und die Explosion und der urplötzliche Druckabfall brachten die Station ins Trudeln.

Die Schlacht tobte weiter. Datenströme rannen durch Jacobs' Kontrollpult, doch Mashima nahm den Blick nicht von den Bildschirmen. Dort boten sich ihm die ehrlichen und ungefilterten Darstellungen der Verwirrung und des Chaos der Schlacht.

Das große feindliche Kriegsschiff wurde von einem Ionenstrahl der Rage getroffen. Durch die Schäden auf subatomarer Ebene begann die Hülle sich beinahe sofort aufzulösen. Die Ausbreitung dieses Effekts war nicht aufzuhalten. Einige seiner Geschütze mussten in dem letzten, verzweifelten Versuch, noch weitere Feinde mit in den Tod zu reißen, detoniert sein, doch all das trug nur noch mehr zu der spektakulären, beinahe wunderschön anzusehenden Explosion bei, die sich über dutzende Meilen hin erstreckte, weiß und hellgelb in ihrem Zentrum, rot und purpurn an den Rändern, wie bei einem sich schnell ausbreitenden Bluterguss auf der Haut der Unendlichkeit.

Danach waren Mashimas Bedenken wie weggefegt, und für den Rest der Schlacht genoss er es, der unübertroffenen Fertigkeiten und der Effektivität seiner Rage-Piloten, Schiffe und Waffentechnik zuzusehen.

Es dauerte fünfzehn Minuten.

»Die Station ist gesichert«, meldete Kilmister von seiner Position aus. »Alle mobilen Verteidigungseinrichtungen wurden zerstört, die Waffensysteme der Station sind außer Betrieb. Die Sensoren zeigen über einhundert Überlebende an Bord an. Ich bin dabei, mich der Rotation der Station anzupassen, um dann die Truppen zu landen.«

»Gute Arbeit, Captain«, sagte Mashima. »Entsenden Sie Ihre Truppen sofort. Wir wollen nicht, dass das Sprungtor in irgendeiner Weise beschädigt oder deaktiviert wird.«

Das war der Moment, auf den Mashima gewartet hatte. Der Moment, da er seinen Kindern bei der Arbeit zusah.

Sie fluteten das All. Von einem kurzen Luftstoß angetrieben, der sie aus dem Angriffsschiff stieß, trieben mehr als einhundert Xenomorphs auf die Station zu, rollten sich sofort nach ihrer Landung auseinander, kletterten über die Oberfläche und suchten nach einem Eingang. Einige von ihnen krochen durch die zerstörten Bereiche des Andockarms und der Waffenphalanxen, während andere nach Luken und Fenstern suchten und sich durch diese gewaltsam Zugang verschafften.

Vielerorts entwich Luft aus der Station, wenn Versiegelungen aufgebrochen wurden, und hier und da konnte man verzweifelt mit den Armen rudernde Menschen sehen, die von der Station abtrieben.

Trotz der tausend Meilen, die zwischen ihnen lagen, konnte Mashima jeden einzelnen Xenomorph spüren, der mit ihm verbunden war, ihre Raserei und Aufregung, und er bündelte seine Gefühle, um sie damit zu instruieren und zusätzlich zu ermutigen. Sie kannten ihre Mission – die Station entern, jagen und töten. Als er seine Augen schloss und seinen Sinnen erlaubte, noch mehr mit den ihren zu verschmelzen, begann seine unmittelbare Umgebung in den Hintergrund zu treten und seine Wahrnehmung öffnete sich. Heiß und kalt existierte nicht länger, Bewegung und Stillstand wurden zu Facetten ein und desselben Daseinszustands. Er war nicht länger ein künstlicher Mensch.

Er war ein Xenomorph.

Das Gemetzel war schnell vorüber. Nachdem sie sich erst einmal Zutritt zur Station verschafft hatten, gab es kaum noch Gegenwehr. Die meisten Menschen an Bord waren bereits durch die Dekompression der Explosion ums Leben gekommen, und die wenigen, die es noch rechtzeitig in Schutzanzüge geschafft hatten, wurden schnell von den Horden der Xenomorphs überwältigt. Anzüge wurden zerfetzt, aus denen der Sauerstoff in Wolken aus diamantenem Eis entwich. Blut spritzte und gefror in dem Vakuum zu dunklen Kügelchen. Bald waren die einzigen lebenden Lebewesen an Bord jene todbringenden Soldaten der Rage.

»Die Station wurde eingenommen«, meldete Kilmister.

»Ja«, antwortete Mashima. »Ich weiß. Wir werden sofort da sein. Beordern Sie die Truppen zurück und errichten Sie einen Verteidigungsring im Orbit.« Er öffnete einen Kanal. »An die Mannschaft, bereiten Sie sich auf einen Sprung in den nächsten fünfzehn Stunden vor.«

Zufrieden über eine weitere erfolgreich geschlagene Schlacht sah sich Mashima auf der Brücke um. Der Verlust eines Angriffskreuzers war beunruhigend, besonders da sie nach diesem noch einen weiteren Sprung vor sich haben würden, und sich dann Weaver's World nähern würden, welche sicherlich stark verteidigt würde.

»General Mashima an Berlioz, ich komme in die Brutkammer hinunter.«

»Natürlich, General«, antwortete die Frau. Hinter ihrer sanften Stimme vernahm er die Geräusche seiner Soldaten, die geboren wurden.

Schreie. Knacken, Reißen.

Es gab Tage, da genügte es Mashima vollkommen, eine Gruppe Nachkommen im Leben willkommen zu heißen, um glücklich zu sein.

Berlioz erwartete ihn im Eingangsbereich, der zu der Brutkammer führte. Dabei handelte sich um eine von drei riesigen Lagerhallen an Bord der Aaron-Percival, von denen jede mit tausenden Menschen gefüllt war, die seit Jahrhunderten im Kälteschlaf lagen. Diese Menschen teilten eine unglaubliche Geschichte, und wahrscheinlich auch eine sehr traurige, wenn Mashima sich solchen Überlegungen hingegeben hätte. Doch obwohl er die Tragik ihres Schicksals verstand, wurde jeder Anflug von Traurigkeit von dem Ruhm erstickt, was sie hier schufen, was diese schlafenden Körper bargen, und was sie gebären würden.

Diese Körper waren in Cryo-Pods eingeschlossen worden, Jahrhunderte bevor die heute Lebenden überhaupt geboren worden waren – selbst noch vor der Geburt von Mistress Maloney, deren Alter nach menschlichen Maßstäben bereits biblisch erschien. Ohne sie hätten die Rage nie ihrer Bestimmung folgen können.

Die Entdecker, die von ihrer Heimatwelt ausgesandt wurden, um die Sterne zu bevölkern, brachten nun den Tod zurück, der unter ihren Rippen und zwischen ihren Organen schlummerte. Einen glorreichen, wundersamen Tod.

»General, wie ich hörte, sind wir unserem Ziel wieder einen Schritt näher gekommen«, begrüßte ihn Berlioz. Sie war eine seltsame Frau, die sich inmitten ihrer Schlafkapseln immer sehr viel wohler als zusammen mit anderen fühlte. Mashima empfand die Unterhaltungen mit ihr immer als schwierig. Einmal hatte er Jacobs befragt, ob das daran liegen konnte, dass er ein Android war, und dessen Antwort hatte ihn überrascht. Jacobs hatte schallend gelacht und ihm dann versichert, dass es jedem an Bord so mit ihr erging.

»Sie ist noch weniger menschlich als Sie, General.«

»Wir stehen kurz vor unserem Sprung«, sagte Mashima. »Ich bin nur gekommen, um nach dem Rechten zu sehen.«

»Nach dem Rechten …«, wiederholte Berlioz. Ihr ständiges, unterkühltes Lächeln zuckte nur ein klein wenig.

»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte er sich.

»In bester Ordnung«, versicherte sie ihm. »Besser als … je zuvor.«

Ein unangenehmes Schweigen schloss sich an. Dann sagte Mashima: »Ich würde es gern sehen.«

»Natürlich!« Berlioz trat einen Schritt beiseite und gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, einzutreten. Ihr Lächeln verschwand dabei. Mashima konnte sie verstehen. Schließlich war es offensichtlich. Diese Lagerräume waren ihr Reich und jeder Besucher hier war ein Eindringling. Selbst er.

»Ich hätte mir nie erträumt, dass es so wundervoll sein würde«, sagte sie. »Ich hätte nie damit gerechnet, so viele auf einmal ausbrüten zu können, und … es ist herrlich. Ich habe seit drei Tagen nicht mehr geschlafen. Es gibt so viel zu tun!«

Mashima betrat eine der schwebenden Plattformen, die hinter der Tür standen, und ließ sie in die Luft steigen. Berlioz betrat die Plattform ebenfalls, und als sie schließlich der Decke näher als dem Boden waren, betrachtete er ihr Werk. Sie hatte recht. Es gab noch so viel zu tun.

Für ihren bevorstehenden Angriff auf Weaver's World würden sie jeden Xenomorph benötigen, den sie bis dahin ausbrüten konnten, und Berlioz nahm ihre Aufgabe sehr ernst. Der Lagerraum hatte sich in eine Produktionslinie aus Geburt und Tod verwandelt, und erst seit Beginn dieser Mission hatte Mashima sie in dieser Größenordnung in Betrieb gesehen.

Zu seiner Linken befanden sich die Wirte, Reihen über Reihen bleicher, nackter Körper, auf deren Haut noch immer immer das Cryo-Gel schimmerte. Ihre Pods wurden in einem der angrenzenden Räume aufbewahrt. Nachdem man die schlafenden Insassen aus ihnen entfernt hatte, wurden sie durch ein Eindämmungsfeld geschickt, bis sie schließlich sanft gegen die aufgereihten Körper stießen, die vor ihnen lagen. Sie befanden sich noch im Kälteschlaf, auch wenn einige von ihnen sich bereits langsam regten, Arme und Beine bewegten, sich ihre Bäuche nach innen zogen, wenn ihre Organe langsam wieder ihre Funktion aufnahmen und ihre Gehirne langsam, ganz langsam aus dem tiefsten und längsten Schlummer erwachten, den sie je erlebt hatten.

Nur wenige von ihnen hatten die Chance, vollständig aufzuwachen.

Noch in den Schlafkapseln war jedem von ihnen ein Xenomorph-Embryo eingepflanzt worden. Und diese erwachten nun ebenfalls.

Unter und vor der Position, über der Mashima und Berlioz nun schwebten, lag die Brutzone. Ein großes Areal, welches man freiräumte, als das erste Schiff geentert und seine schlafenden Bewohner geerntet wurden. Die Umbauten und Verformungen der Bauten wurden von dem Faze vorgenommen. Wenn das vorprogrammierte Eindämmungsfeld einzelne Individuen in das Areal entließ, schwebten Roboterdrohnen heran, die geringfügige Entladungen auf ihre Brustkörbe abgaben. Jedes einzelne leise Zischen brachte die Schlafenden dabei dem vollen Wachsein ein Stück näher, und zwang, was noch wichtiger war, die Kreaturen, die sie in sich trugen, hinaus ins Freie, ins Licht.

Neun von zehn der Aliens schlüpften, bevor der Wirt vollständig bei Bewusstsein war. Nur hin und wieder öffnete einer von ihnen vorher die Augen.

Mashima sah zu, wie in jeder Minute weitere Xenomorphs geboren wurden. Die welken menschlichen Körper erzitterten, wenn die Rippen von innen zerbrochen wurden, die Brustkörbe sich ausdehnten und aufrissen und sich blutige Fontänen zu schaurigen Blüten auf den rotgetränkten Boden ergossen. Manche von ihnen stöhnten, und einer oder zwei schrien, bevor sie starben. Eine immer gleiche Symphonie, welche diesen wundervollen Moment der Geburt begleitete.

Seufzen, stöhnen, knacken, reißen, schreien, keuchen, sterben … und dann das sanfte Kreischen der Neugeborenen, die der Welt geschenkt wurden.

Mashima spürte ihre Ankunft. Sie kamen als seine Diener, seine Soldaten auf diese Welt. Die sie kontrollierende Nanotechnologie, die jeden dieser Xenomorphs mit ihm verband, war bereits in sie eingepflanzt worden. Manche von ihnen schienen sich sogar zu ihm umzudrehen, so als würden sie seine Anwesenheit spüren, und vielleicht war das sogar der Fall.

»Meine Kinder«, flüsterte er und war alles andere als schockiert, als Berlioz seine sentimentale Bemerkung wiederholte.

Die jungen Xenomorphs wurden von einer größeren fliegenden Drohne eingesammelt und quer durch die Halle zu speziellen Pferchen transportiert, die sich abseits an jenen dunklen, feuchtwarmen Orten befanden, wo die Kreaturen schnell zu ihrer vollen Größe heranwachsen konnten. Diese einzelnen, blasenförmigen Gehege waren darauf ausgelegt, zusammen mit ihren Bewohnern zu wachsen und sie mit Nährstoffen zu versorgen. Wenn sie ausgewachsen waren, bekamen die Xenomorphs das Zeichen in ihr Exoskelett gebrannt, das sie als sein Eigentum auswies.

»Wie viele sind es bisher?«, fragte er.

»Seit wir die Macbeth verlassen haben, habe ich beinahe siebentausend zur Welt bringen können«, erklärte Berlioz.

»Ja«, entgegnete Mashima. »Ich kann ihre Macht spüren. Sie sind stark und gesund.«

»Natürlich sind sie das«, sagte sie. »Ich kümmere mich um sie und füttere sie gut.«

Mashima konnte hören, wie ihr Futter zubereitet wurde. Nachdem die Aliens geschlüpft waren, wurden die toten Menschen durch Abflussschächte im Boden in darunter liegende große Mischbehälter gespült. Dort machten sich Mahlwerke an die Arbeit und zerkleinerten die Überreste zu einer fleischigen Masse, die mit Vitaminen angereichert wurde und dann in die Pferche zur Aufzucht gepumpt wurden. Nichts wurde verschwendet.

»Zum Zeitpunkt unseres Eintreffens erwarte ich noch viertausend weitere«, sagte Mashima. »General, ich beabsichtige, alle Xenomorphs binnen der nächsten fünfzehn Tage auf die Welt gebracht zu haben.«

Mashima hob eine Augenbraue.

»Noch einmal zwölftausend«, fügte sie hinzu. »Eine Armee von insgesamt sechzehntausend Soldaten.«

»Und alle unter meinem Kommando«, ergänzte Mashima. Er schloss die Augen und stellte sich für einen kurzen Moment die Zukunft vor, in der Wellen von Xenomorphs über die Oberfläche von Weaver's World einbrachen und alles und jeden umbrachten, der sich ihnen in den Weg stellte.

Diese Zukunft war ruhmreich.

Und blutrot.

3

ISA PALANT

Gamma-Quadrant, Dezember 2692

Das Erstaunlichste an der Yautja-Basis auf dem Asteroiden war, dass so vieles vertraut wirkte.

Wir haben immer schon vermutet, dass sie andere außerirdische Technik verwenden, um ihre eigene zu entwickeln und zu verbessern, dachte Isa Palant. Das hier bestätigt unsere Vermutungen. Das Innere des Asteroiden hinter den riesigen geschlossenen Toren der Landebucht hätte auch eine große Basis der Colonial Marines sein können. Die Höhle, die man in den Asteroiden getrieben hatte, war von beeindruckender Größe. Beleuchtungssysteme, Überwachungseinrichtungen und Greifarme hingen von der Decke und den Wänden herab und mehrere Schiffe waren an unterschiedlichen Positionen der großen Halle verankert.

An diesem Punkt endeten die Gemeinsamkeiten mit einer Basis der Marines, denn diese Schiffe waren eindeutig Yautja. Obwohl sich keine zwei Schiffe vollständig glichen, gab es doch Gemeinsamkeiten in ihrem Design, mit denen Isa über die Jahre immer mehr vertraut war – die dunkelgraue Farbgebung, die glatte, fischähnliche Form, welche ihre Tarnfähigkeiten unterstützte, und die Ausbuchtungen der Waffensysteme an der Hülle, die stets einsatzbereit waren.

In den Quantenspeichern von Weyland-Yutani gab es Datenbanken, in denen jedes bekannte Yautja-Schiff verzeichnet und gespeichert wurde. Die Informationen reichten von reinen Abbildungen derer, die man nur aus der Ferne entdeckte, bis hin zur Zusammensetzung und den Eigenschaften derer, die man bergen konnte oder teilweise zerstört hatte. Isa hatte nie angenommen, dass diese Datenbanken vollständig waren oder neugierigen Blicken von außen komplett zugänglich sein würden, und hatte deshalb vor Jahren ihre eigene Datenbank angelegt.

Ihre Faszination galt in der Hauptsache der Biologie, den sozialen Strukturen und der Sprache der Yautja, doch diese waren untrennbar mit den technischen und kriegerischen Aspekten verbunden. Sie vermutete, dass sie mehr Informationen über die Yautja in ihren privaten Speicherbänken gesammelt hatte als jeder andere innerhalb der Menschlichen Sphäre.

Sie wusste, dass sie diese Datenbank in den kommenden Tagen um einiges erweitern konnte, wenn sie das wünschte.

»Leck mich am Arsch«, stieß Bestwick hervor.

»Wenn ich es mir genau überlege, würde ich davon lieber Abstand nehmen«, erwiderte Sprenkel.

»Klar. Ich bin ja auch eine Nummer zu groß für dich.«

»Seht mal, da drüben«, rief Huyck. Er befand sich noch immer im Pilotensitz der Pixie, aber ihr Schiff war von einem Eindämmungsfeld umgeben worden, dass sie langsam an einen der Ränder der riesigen Höhle zog.

»Unser Begrüßungskomitee«, sagte Huyck. »Das gefällt mir nicht, Boss. Das gefällt mir überhaupt nicht.«

»Ich denke, es ist zu spät, um sich darüber noch den Kopf zu zerbrechen«, entgegnete Major Akoko Halley.

Palants Magen schlug Purzelbäume, als sich die Schwerkraft einschaltete. Sie hatten die künstliche Schwerkraft der Pixie bei ihrem Anflug auf den Asteroiden langsam reduziert, in der Annahme, dass ein Objekt dieser Größenordnung – mit einem Durchmesser von vierzig Meilen an seiner breitesten Stelle – über eine eigene Anziehungskraft verfügen würde.

Die Yautja-Basis verfügte jedoch über ihre eigenen Einrichtungen zur Erzeugung künstlicher Schwerkraft, und als sie die Hangartore passierten, bewegten sie sich gleichermaßen auch durch die Auswirkungen dieses Feldes. Sie schloss die Augen und versuchte, die Übelkeit herunterzuschlucken. Sie hatte seit einiger Zeit nicht mehr unter der Weltraumkrankheit gelitten, aber andererseits hatte sie vor der Zerstörung ihres Labors und dem Tod ihrer Freunde für mehr als zehn Jahre nicht mehr festen Boden unter den Füßen verlassen.

Als sich die Pixie einem Felsvorsprung näherte und an der Stelle eine Andockvorrichtung herausfuhr, meldete sich Billy, ihr Schiffscomputer.

»Alle meine Sensoren wurden blockiert. Die Kommunikationseinrichtungen sind deaktiviert, und Lebens- und Bewegungssensoren werden gestört. Wir sind blind.«

»Zumindest fürs Erste«, sagte Palant.

»Vielleicht wollen sie ja nur unser Schiff«, überlegte Sprenkel. »Verdammt, das ist Gerard Marshalls persönliches Schiff, eines der höchstentwickelten der ganzen Flotte. Haben wir die Pixie vielleicht gerade dem Feind persönlich übergeben?«