Am Wendepunkt des Schicksals - Fritz-Hermann Raabe - E-Book

Am Wendepunkt des Schicksals E-Book

Fritz-Hermann Raabe

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Beschreibung

Ostpreußen wurde als Land mit immergrünen Wäldern, dunkelblauen Seen, hügeligen Landschaften beschrieben. Die vielen Seen und tiefen Wälder und das fruchtbare Ackerland beflügelte Menschen. "Wer liebt, der lebt." Gibst du mir die Liebe, dann ich gebe dir das Leben! Worte eines russischen Soldaten. Eine dramatische Liebesgeschichte. Eine Liebe fürs Leben? Lieben heißt Leben? Unser Leben wird von der Liebe bestimmt. Schönheit, zum Lieben und Verlangen verführt uns. Wann begann die Liebe zwischen den Schenkeln des Mannes? Ein Autor sucht immer nach neuen Motiven, da er Papier und Bleistift bei sich trägt. Es war ein Tag wie jeder andere? Ich schaute mit Interesse auf ein Bild, das mich irgendwie faszinierte. Es zeigte ein verschlafenes Dorf in Ostpreußen, ich nahm mein Notizbuch zur Hand, schrieb interessante Dinge auf. Ein Gehöft, Pferde, ein junger Mann, ein Mädchen, ein Kuss. Das war, was ich suchte. Eine junge Liebe, die nicht entdeckt werden durfte. So entstand mein neuer Roman. Dieses Dorf, das ich beschreibe, hat es gegeben, die Namen der Personen, die dort wohnen nicht, sollten sie auftauchen, die ich irgendwo aufgegriffen habe, wäre es reiner Zufall. Fritz Hermann Raabe

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Handelnde Personen

Gutsbesitzer Gustav von Fedderau

Sohn Friedhelm Michel

Doktor Ramsauer, Freund des Hauses Fedderau

Bedienstete:

Der Knecht Hannes, Josef und Gustl

Die Magd: Charlotte Greibe

Alexandra

Die Stellmacherfamilie mit ihren Kindern:

Joswig und Lisbeth Greibe mit Christian, Claudia, Else, Tanja, Elisabeth, Irmchen, Charlotte

Die Gastwirtfamilie Zum Hirschen-Hof:

Heinrich und Else Assmann

Polizeirevier:

Polizeiwachtmeister Hein Bönisch

Kommissar Duschel von der Sitte

Inspektor Banat von der Mordkommission

Weitere Mitwirkende

Der Schweinebauer Bliesaht

Vertreter für Landmaschinen Biebau

Der Rittmeister Dregenus

Hans Fleischhut, 1936 der SS beigetreten

Das Freudenmädchen Laura Jeckstett (Rosa Korell)

Die Schwester Liesa Jeckstett

Die Freundin Anja

Der Pater Edgar

Anna Bernot und die Nonne Johanna

Der Dozent Ralf Domas

Der Fleischfabrikant Justus Bobroski

Das deutsche Heer des Generalstabes des Feldführers 1914

Die Kommandantur der Russen

Marschall Andrey Nikolai Beljakov

Ehefrau Olga Waleria Beljakov

Generaloberst Larissa-Waleria Beljakov

Armeegeneral Igor Michail Jegorow

Ehefrau von Jegorow Tamara Xenja

Major Anatoli Boris Stepanow

Doktor Oberst Viktor Vadien Nikolajew

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Ostpreußen…

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Vorwort

Eine dramatische Liebesgeschichte

Eine Liebe fürs Leben?

Lieben heißt Leben?

Unser Leben wird von der Liebe bestimmt.

Schönheit, zum Lieben und Verlangen verführt uns.

Wann begann die Liebe zwischen den Schenkeln des Mannes?

Ein Autor sucht immer nach neuen Motiven, da er Papier und Bleistift bei sich trägt.

Es war ein Tag wie jeder andere? Ich schaute mit Interesse auf ein Bild, das mich irgendwie faszinierte. Es zeigte ein verschlafenes Dorf in Ostpreußen, ich nahm mein Notizbuch zur Hand, schrieb interessante Dinge auf. Ein Gehöft, Pferde, ein junger Mann, ein Mädchen, ein Kuss. Das war, was ich suchte. Eine junge Liebe, die nicht entdeckt werden durfte.

So entstand mein neuer Roman.

Dieses Dorf, das ich beschreibe, hat es gegeben, die Namen der Personen, die dort wohnen nicht, sollten sie auftauchen, die ich irgendwo aufgegriffen habe, wäre es reiner Zufall.

Fritz Hermann Raabe

Ostpreußen…

...wurde als Land mit immergrünen Wäldern, dunkelblauen Seen, hügeligen Landschaften beschrieben. Die vielen Seen und tiefen Wälder und das fruchtbare Ackerland beflügelte die Menschen.

„Wer liebt, der lebt.“ Gibst du mir die Liebe, dann gebe ich dir das Leben! Worte eines russischen Soldaten.

Kapitel 1

Gehen wir in das Jahr 1875 zurück: Vereinigung der marxistischen Sozialdemokraten, Führer August Bebel und Wilhelm Liebknecht; das Gothaer Programm, die marxistische Richtung war führend in der deutschen Arbeiterbewegung.

Gustav von Fedderau wurde in dem Jahr in Blumenau geboren. Die Familie trug den Titel „VON“. Sie war mit dem Adelstitel belegt. Das betonte Gustav von Fedderau gerne.

Der Name von Fedderau stammt wohl aus dem Elsass. Verarmt und verbittert, gab es für sie nur Ostpreußen als Alternative. Hier, so hatte man ihnen gesagt: »Es waren Leute, die Ackerbau und Viehzucht betreiben wollten.«

Sie waren dort mit Freude aufgenommen worden.

Deutschland lag so fern. Wer wollte da nach Ostpreußen umsiedeln. Es wurde als die Kornkammer des Landes bezeichnet.

War die Arbeit auf dem Hof noch so schwer, nach der Liebe Ausschau zu halten, ließ sich der Jungbauer nicht nehmen, ein Hof ohne Frau konnte sich keiner vorstellen. So waren, wenn die Zeit es zuließ, die Stiefel zum Tanzen geputzt. Waren doch viele Blicke der Dorfschönen auf diesen gutaussehenden Burschen gerichtet. Streitigkeiten und eifersüchtige Burschen gab es natürlich auch. Schon sehr früh fing er ein Verhältnis mit einem Mädchen aus dem Nachbardorf an. Nach dem Tanzen begleitete er die Dorfschönheit heim.

»Bitte keine Küsse, Gustav, denn die Mutter hob, bevor ich zum Tanzfest ging, den Zeigefinger.«

»Karoline lasse dich von keinem Bauernburschen küssen, danach könntest du geschwängert sein.«

»Ich glaube das zwar nicht, um sicherzugehen, werde ich mir aus dem Bücherregal meines Vaters die Literatur suchen, wo Dinge verzeichnet sind, die uns vorenthalten werden.«

Gustav nahm heimlich die Literatur aus dem Regal, schlug die Seite auf, wo das Liebes- und Eheleben beschrieben wurde. Im Bett werden die Kinder gezeugt und nicht auf einer Holzbank, unter dem Birnenbaum.

»Karoline, ich habe mir erlaubt, das Liebesleben zwischen Mann und Frau zu studieren.«

»Gustav, wenn dich dein Vater dabei ertappt hätte.«

Ich hätte ihm gesagt: »Vater, ich mag ein Mädchen, und wenn ich sie anblicke, habe ich immer eine Beule in der Hose, ich weiß nicht, warum?« Aber es ist so, denn ich habe heimlich etwas über das Sexualleben gelesen. Es ist, und das möchte ich nicht, dass sie vor unserer Ehe von mir geschwängert würde.

»Gustav, liebst du mich wirklich?«

»Karoline, Tag und Nacht träume ich von dir.«

»Wenn ich ehrlich bin, Gustav, träume ich auch von dir. Ein Mädchen in meinem Alter ist neugierig, etwas über diese Liebe zu erfahren. Darum erzähle mir davon.«

»Karoline, gehen wir unter den Birnenbaum, setzen uns auf die Liebesbank.«

Sie schaute ihrem Gustav dabei tief in die Augen.

»Meine liebe Karoline, ich möchte dir eine Frage stellen. Könntest du dir vorstellen, mich immer zu lieben, ja meine Frau zu werden? Ich würde dich von dem Tage an auf Händen tragen.«»Gustav, hast du das bis heute nicht bemerkt, dass ich dich liebe und mit wachem Auge beobachte, wie dir die Mädchen aus den Nachbardörfern schöne Augen machen.«

»Mein liebes Mädchen, ich bin doch in der Liebe genauso unerfahren, wie du es bist.«

»Karoline, ich habe gelesen, dass alle Mädchen, bevor sie verheiratet wurden, noch unschuldig waren. In der Hochzeitsnacht darf er dann mit ihr schlafen. Sie wird sehen, wie Gott ihn geschaffen hat. Die erste Nacht in den Armen ihres Ehemannes. Sie spürt bereits ein Kribbeln in seinem Körper. Das Verlangen ist groß. Sie kann so der Versuchung nicht widerstehen, ihre Hand auf seine Brust zu legen. Ihr Körper reagiert auf dieses Gefühl seiner Haut und den Händen. Mit einem gewissen Lächeln beugt er sich zu ihr und küsst ihre Lippen. Seine Wärme und sein Wissen um das, was ihr bevorsteht, erregen sie, und sie presst sich verlangend an ihn. Als er sich von ihr löst, fällt ihr Kleid zu Boden. Sie ist nur noch mit einem Unterhöschen bekleidet. Hände legen sich auf ihre kleinen Brüste.«

Unentwegt schaute sie gerade aus, als würde er ihr die Unschuld nehmen.

»Bitte, bitte, liebster Gustav, sprich nicht weiter, ich möchte, das nicht in Worten mit erleben, nein, in der Nacht möchte ich, dass unsere Liebe unsterblich sein wird.«

Ihre zarten Hände hielten sein Gesicht, sie hauchte einen Kuss auf seine Lippen.

»Bringe mich ein Stück des Weges.«

Von diesem Tage an wusste Gustav, der Bauer, dass er dieses Mädchen als seine Braut zum Altar führen möchte.

Was uns am meisten quält, dass wir uns das Warten gar nicht leisten können. Warum ist die Zeit so gegen uns?

Man machte deswegen kein großes Tamtam. Es gab immer Bäuerinnen, die ihre Arbeit auf dem Feld kurz unterbrachen, nach Hause gingen, um zu gebären. Es gab im Dorf Familien mit vierzehn Kindern. Am Stammtisch wurde viel übers Kinder-Gebären gelästert, ja sogar, was sich in dem Schlafzimmer abspielte, man erzählte die tollsten Geschichten.

»Gustav, bist du erst verheiratet, wirst du sehen, dass die Liebe früher mit einem so ungeheuerlichen Tabu belegt war, dass sich kaum ein Ehemann traute, seine Wünsche auch nur in Ansätzen zu verlangen. Dass die Moralvorstellungen ganz anders waren. Heute muss ein Mann wie du und ich, sich zusammennehmen, wenn all das Süße, zum Pflücken bereit ist. Wenn auch noch einige, unreife Früchte im Dorf herumliefen. Besonders im Sommer ist es für einen jungen Mann kaum auszuhalten, die voll im Saft stehen und ebenso wie die Mädchen, die kaum etwas anders im Kopf haben, als dass man sie zwischen die Schenkel fasst. Man sagt so schön, Lieben heißt auch Leben.“

Freunde, es gibt noch Mädchen in unserem Dorf, die an die wahre Liebe glauben, etwas altmodisch, aber ich denke genauso.

»Gustav, hast du dich vielleicht in einen dieser Dorfschönen verliebt?«

Und schon war es das Thema am Stammtisch: der Gustav ist verliebt. Wer könnte es nur sein?

Gustav von Fedderau ließ sich nicht aus der Reserve locken, er ging seiner Arbeit nach. Im Sommer oder überhaupt zur Zeit der Feld-Geschäfte geht man nach dem Abendessen zur

Ruhe. Im Winter dagegen beschäftigte er sich an den Abenden mit Besen machen, wobei dann die unentbehrliche Pfeife geraucht wurde. Von Fedderau rauchte auch schon einmal eine Zigarre aus der Reihe, da eigentlich nur am Sonntag eine von den gedrehten gereicht wurde.

Die weiblichen Personen strickten, flickten, nähten und ließen das Spinnrad drehen. Nur, wer sollte bei ihm diese Arbeit verrichten? Sein Knecht, der Gustl, übernahm an manchen Abenden diese Arbeit.

Gustav von Fedderau, ein aufstrebender Bauer, der ein Haus mit Scheunen, Schuppen und Waschhaus mit Backofen, einen Hof ohne Einfassungen besaß. Der Keller war unter dem Wohnhaus und konnte durch die Falltür von der Stube oder Kammer erreicht werden. Der Keller diente zur Aufbewahrung von Kartoffeln. Der innere Keller für Aufbewahrung der Getränke. Auf dem Gerüst lagerte das Obst und auf einem aufgehängten Ständer das Brot.

Die Wohnstube im Hause von Fedderau war das Schmuckstück, ein Glasschrank mit wertvollem Porzellan und Goldmünzen. Ein riesiger Kachelofen mit Ofenbank, der von der Küche aus beheizbar war. Am Ofen hatte von Fedderau eine Stange zum Aufhängen der Wäsche anbringen lassen. An den Wänden hingen alte Bilder, eingerahmte Denksprüche, mit der sich die Vorbesitzer gerühmt hatten. Ein Wetterglas durfte auch nicht fehlen. In der Tischschublade lag das tägliche Brot. Die Reinlichkeit ließ zu wünschen übrig. Er aber war stolz auf sein Anwesen. Nur eine Frau fehlte ihm noch zu seinem Glück.

Die Hauptfestlichkeiten für die bäuerliche Bevölkerung war die Kirchweihe. Überall spielte die Musik, es wurde getanzt.

Es gab den dünnen und dicken gebackenen Kuchen. Preise wurden gekegelt. Tage der Freude. Die Musik forderte immer wieder zum Tanz auf. Die Mägde arbeiteten zur Zeit der Kirchweihe nicht.

»Herr von Fedderau, die Kirchweihe steht bevor, ihr Knecht, möchte Ihnen einen Rat geben, zwölf Nächte sollten Sie keine Hülsenfrüchte essen, sonst bekommt man einen unreinen Teint.«

»Aber Gustl, warum soll ich fasten?«

»In unseren Kreisen ist es üblich, wenn man zum Tanzen geht, würde man doch gerne den Teint eines Edelmannes haben. Die Mädchen schauen schon auf das Äußerliche. Und besonders bei Ihnen, Herr von Fedderau.«

Er tat das, was ihm geraten wurde.

Der Spiegel sollte es ihm verraten, Edelmann oder Bauernbursche.

»Bauer, heute Nacht um achte wird der Storch kommen und meiner Geliebten einen Sohn schenken. Und ich, der Spitzbub, werde ihr dabei helfen.«

Von Fedderau zog an diesem Tage sein bestes Gewand an. Er hatte es aus feinstem Tuch anfertigen lassen: »Gustav, du kannst mit dir zufrieden sein.«

»Josef, spanne bitte das Pferd vor. Ich möchte am Tag der Kirchweihe die Dorfschönen bewundern.«

Ein Lächeln seines treuen Knechtes, des Josefs. Als Fedderau sich auf den Kutscherbock begab und die Zügel freigab, konnte Josef es doch nicht lassen, zu sagen: »Die Dorfschönen warten schon auf Sie. So möge Ihnen dann das Glück hold sein. «

Gustav von Fedderau war schon mit seinen Gedanken bei

seiner Karoline, das Licht deines Lächelns, es ist so unsagbar schön, heute möchte ich dieses Licht deines Lächelns wiedersehen?

Er trieb sein Pferd an. »Komm, Pedro, lauf, die Karoline wartet auf mich.«

Der Dorfplatz war mit Blumenkränzen geschmückt. Drum herum waren Märkte aufgebaut, und die Musik hatte zum Tanz aufgespielt.

Es waren Jungbauern aus dem Nachbardorf, die Gustav zuriefen: »Bauer, setz dich zu uns, denn heute ist der Tag, wo der Tanz zum unsittlichen Vergnügen werden könnte.«

Gustav trank einen Schwarzgebrannten, der ihm ein wenig fröhlich stimmen sollte. Er verfolgte so das Treiben auf dem Dorfplatz. Hier und dort standen die Dorfschönen, plauderten miteinander, wann würde eine von ihnen ihn zum Tanz auffordern? Nur, die er auffordern wollte, war weit und breit nicht zu sehen. Sie wird keine Erlaubnis bekommen haben. Oder ist sie anderweitig beschäftigt?

Ein Mädchen ohne Scheu stand plötzlich vor Fedderau. Sie schaute ihn mit einem Lächeln an: »Wünsche ich mir zu viel, wenn ich Sie zum Tanzen führen würde, Herr von Fedderau?« Ihr Lächeln sollte sich in seinem Gesicht widerspiegeln.

Fedderau war so überrascht, dass er zuerst nichts sagen konnte.

Ohne ein Wort nahm er sie an der Hand, führte sie zum Tanz.

Der Jungbauer war sich nicht sicher. Glück ist flüchtig, das Glück lächelt nicht, weint, wenn es wieder lautlos davongeflogen ist.

»Im Klang deiner Stimme baden, dich in meine Gefühle einladen; alle Tage mit dir tanzen, abends die Kerzen anzünden. Dich nachts an meiner Seite finden; dich hören, fühlen, sehne und verstehen, meine Wege mit dir gehen.

Wünsche ich mir zu viel? Zeige mir einen Weg, das Ziel? Ein glockenförmiges Lachen faszinierte von Fedderau auf Anhieb. Er blieb im Tanzen stehen, hielt sie fest: »Wie schön, dass Sie mich zum Tanzen ausgewählt haben.«

Die arme Charlotte in den Armen des reichen Bauern von Fedderau.

»Der Gustav ist auf Brautschau, das bedeutet, der ist heiratslustig. Es wird in unseren Reihen bald einen Junggesellen weniger geben.«

Von Fedderau ließ das Mädchen nicht mehr los.

Und er wusste noch nicht mal ihren Namen.

»Sie lassen mir nicht einmal mehr Zeit, um Atem zu holen, mein Herr.«

»Na, von Fedderau, ein Mädchen ganz nach deinem Geschmack?«

»Wilhelm, mich hat der Blitz getroffen, und die nächste Runde geht auf meine Rechnung.«

»Mein Herr, ein Tanz wie in einem Traum.«

Es sollte spät an diesem Abend werden. Die Tanzpausen wurden dazu genutzt, um zu trinken, zu essen, um auch ein wenig zu plaudern.

»Sobald es meine Zeit erlaubt, möchte ich wieder mit Ihnen tanzen gehen.« Worte, die ein wenig traurig klangen.

»Ich sollte mir wirklich mehr Zeit nehmen, mit einem Mädchen wie Ihnen, tanzen zu gehen.«

Sie war so überrascht, dass sie beschämt zu Boden blickte.

»Habe ich etwas Unrechtes gesagt?«

»Sie müssen es so verstehen, ich möchte noch lange von diesem schönen Tag träumen, und wenn es meine Zeit erlaubt, möchte ich wieder einmal einen Tag wie den heutigen erleben.«

»Sie haben mir noch nicht Ihren Namen verraten.«

»Mein Name ist so hässlich wie ich. Und jetzt muss ich mich schnellstens auf den Heimweg machen, denn Zuhause wartet viel Arbeit auf mich.«

»Darf ich Sie mit meiner Kutsche ein Stück des Weges mitnehmen?«

»Nein, nein, ich fürchte das Gerede der Leute und eine Bestrafung wäre die Folge, darum lassen Sie mich bitte gehen.«

»Gar nichts werden Sie tun. Das Gerede interessiert einen von Fedderau erst recht nicht. Sollte es auch nur einer versuchen, Ihnen ein Haar zu krümmen, und wenn es Ihr Vater ist, bekommt er es mit mir zu tun. Also keine Widerrede, wer mit dem Gustav fährt, bekommt keinen Ärger.«

Von Fedderau fasste sie einfach unter, und schon saß sie auf dem Kutscherbock.

Die Bauernburschen bekamen dabei die Maulsperre.

»Der Gustav hat jetzt schon bei ihr den Schlüpfer ausgezogen. Wilhelm, die Mägde haben sich den Reichen zu ergeben. Ich weiß, dass der Gustav ein Kavalier ist, und wenn er sie genommen hat, wird er ihr ein paar Goldtaler in den Ausschnitt stecken.«

So fuhren zwei junge Menschen durch Mutters Natur. Nur das Säuseln im Blätterwald vernahmen sie. Langsam setzte die Dämmerung ein.

»Ich muss wohl mein Pferdchen antreiben, damit Sie

schnellstens heimkommen, um keine Schelte zu bekommen.«

»Nein, so ist auch wieder nicht, denn der Vater ist für ein paar Tage beim Sägewerk beschäftigt. Wie ich es verstanden habe, hat es einen Unfall gegeben. So bekam er den Auftrag, einige Holzspeichenräder zu reparieren. Nur so bekam ich von der Mutter die Erlaubnis, zur Kirchweihe gehen zu dürfen.«

»Und den ganzen Weg sind Sie zu Fuß gegangen?«

»Wir sind sehr arme Leute, mein Herr. Und Vater verdient gerade so viel, dass Mutter alle Münder stopfen kann, und das sind mit mir noch sieben Geschwister. So geht die Mutter, bei Leuten ihre Wäsche zu waschen. Manchmal gibt es am Tag nur zwei Mahlzeiten. Und diese Mahlzeiten nehmen meine Schwestern und ich stehend am Tisch ein, da nur für die Eltern Stühle zur Verfügung stehen. An manchen Abenden wird der Hunger mit ins Bett genommen. Und da ich die Älteste bin, muss ich den Haushalt, den Garten und die Schweine im Stall versorgen. «

»Sie könnten doch auf einem Bauernhof dienen.«

»Ich bete jeden Abend, dass Vater es mir eines Tages erlaubt, dass ich eine Stellung als Magd annehmen darf. Aber wer soll dann die Arbeit im Haus und Garten verrichten? Sie fordert von mir viel Kraft, und die Mutter hätte nicht die Kraft dafür. So muss ich früh am Morgen meine Geschwister für die Schule fertigmachen. Ein Fußweg mit fünf Kilometern bis zur Schule. Nichts mache ich ihm recht, so sitzt die Hand beim Vater des Öfteren sehr locker. Wie oft habe ich schon den Rohrstock oder seinen Lederriemen gespürt. Er nennt es die körperliche Züchtigung, werde bestraft dafür, was meine Geschwister angerichtet haben. Darum, mein Herr, war ich überglücklich, wieder einmal tanzen gehen zu dürfen. Da war der Weg, den ich gehen musste, nur mit der Freude verbunden. Ich träumte von dem jungen Mann, der mich zum Tanz führen würde. An diesem Tag werden bestimmt junge, fröhliche Burschen da sein, sagte ich mir, und ich sollte Recht bekommen. Mit diesem einen, der da so herzhaft lachen kann, mit dem möchte ich tanzen. Der Gustav ist nicht einer, der mit seinen Augen die Mädchen auszieht. Es war der schönste Tag in meinem jungen Leben. Ich habe schon viel zu viel ausgeplaudert. Bitte, halten Sie, mein Herr, mein Weg führt in diese Richtung und der Ihre in die andere Richtung.«

Und ehe von Fedderau versucht hatte, ihr vom Kutscherbock herunter zu helfen, war sie schon seinen Augen entschwunden.

Fedderau konnte seine Gedanken nicht ordnen. Ich habe einem Mädchen eine Freude bereitet. Andersherum gab ihm diese Unaufrichtigkeit zu denken. Da war noch etwas, was nicht weichen wollte, Karoline? Sie hatte ihm ihre Liebe gestanden, und er hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht.

Die Arbeit sollte für kurze Zeit die geheimen Gedanken wegwischen. Die Heuernte stand bevor. Beim Schneiden gehen die Knechte hinter dem Bauern her, um das geschnittene Getreide wegzutragen. Es mussten am Palmsonntag grüne Zweige hinter die Dachsparren gesteckt werden, das gegen Hagel und Einschlagen, half. Wer beim Dreschen nachher den letzten Schlag tut, bekommt einen Namen, den man anstandshalber nicht nennen kann. Die Überreste auf dem Feld in den Ostbäumen wurden von armen Leuten gestupfelt.

So rauchte von Fedderau Abend für Abend seine Pfeife, danach fiel auch er müde ins Bett.

In benachbarten Dörfern wurde polnisch gesprochen. Gustav von Fedderau war es wichtig, dass in der Schule deutsch gesprochen wurde. Sein Vater hatte des Öfteren den Zeigefinger gehoben, »in unserem Dorf wollen wir keine Polen und Russen.«

Als die Vertreibung begann, bekamen sie es zu spüren.

Ich, Gustav von Fedderau, verfolge immer wieder die Spuren der Eltern? Dass Liebe in Liebe stets Wunden gebiert. Der Schmerz Wesen der Liebe auch ist, uns erst berührt, wenn es zu spät ist?

Die nächste Stadt lag 10 km vom Dorfzentrum entfernt. Es war für den Junggesellen von Fedderau von Bedeutung, denn mehrmals im Jahr gab es Bauernmärkte, wo Produkte der Bauern verkauft wurden. Für ihn, den Bauern, war die Viehzucht die Haupteinnahmequelle. Fuhr mit dem Pferdegespann heim, sang er, jedes Mal winke ich mit den Augen dir Mutter, wenn du kommst und gehst. Jedes Mal schlinge ich meine Arme um dich. Deine Blicke küssen meine Tränen fort, beim Abschied jedes Mal neu, meiner geliebten Mutter.

So wuchs der Bauernjunge Gustav völlig ungezwungen zwischen Kühen, Schweinen, Hühnern, Enten und Gänsen auf. Hund Benno war stets an seiner Seite. Mit einem Lächeln hob er den Zeigefinger, und Hund und Katze gaben sich die Ehre am Fußende des Bettes. 19 Jahre und die höhere Schule war ein Muss.

»Warum, Vater, muss ich die höhere Schule besuchen, wenn ich doch Bauer werden möchte?«

»Mein Sohn, kluge Leute bauen vor, und eines Tages wirst

du sehen, wie wichtig das Lernen für dich war. Du wirst allen anderen weit überlegen sein. Sie werden zu dir kommen, um dich um Rat zu bitten.«

Damit war für ihn das Schulthema beendet.

Familie von Fedderau bescherte die Bauernwirtschaft einen bescheidenen Wohlstand. Und doch blieben sie einfache Bauern.

Mit seinen 20 Jahren traf Gustav der Blitz aus heiterem Himmel. Sein Vater war mit seiner geliebten Pferdekutsche auf dem Heimweg, als plötzlich sein Herz versagte. Sein treues Pferdchen brachte ihn zusammengesunken auf dem Kutscherbock heim.

Josef und Gustl, die treuen Knechte, sahen sofort, was passiert war. Ohne zu zögern, trugen sie Vater ins Haus zur Kammer hinauf, legten ihn aufs Bett.

Mutter nahm das Spreu Kissen vom Bett, legte dafür Vater ein Federkissen unter seinen Kopf. Wie es Brauch war, wurden die Fenster mit schwarzen Tüchern verhängt und Kerzen angezündet. Dr. Ramsauer konnte nur noch den Tod feststellen. Danach läutete vom Glockenturm der kleinen Dorfkirche die Feuerglocke, und das dreimal. Das hatte zu bedeuten, dass jemand verstorben war. Die Frauen stiegen flüsternd zur Schlafkammer auf. Am Bett vom toten Vater setzte ein Rosenkranzgemurmel ein.

Von dem Tage an fehlte die treue Seele, der Josef hob die Hände gen Himmel, er ist einfach verschwunden, unser alter Herr. Wie sich später herausstellte, hatte Josef die folgenden Nächte im Stall geschlafen. Als der offene Sarg vor dem prunkvollen Portal aufgebahrt wurde und die ersten Trauergäste sich davor versammelten, der Pfarrer mit seinen

Messdienern in ihren Chorhemden Weihrauchkessel schwingend um den Sarg schritten, tauchte aus dem Nichts Josef auf, kniete am Sarg nieder, dankte dem Vater für seine Güte, die er ihm entgegengebracht hatte.

Von dem Tage, wo wir meinen Vater Friedhelm von Fedderau zu Grabe getragen hatten, war das Lächeln im Gesicht der Mutter gestorben. Zum Zeichen der ewigen Trauer trug sie nur noch schwarze Kleider.

Gustav verließ die höhere Schule, um in den Fußstapfen des Vaters zu treten.

Kam Onkel Karl, der nach dem Rechten schaute, gab er mir gute Ratschläge, Euer Hof ist im weiten Umkreis der Schönste, Gustav.

»Danke, Onkel.«

Den Lebensrhythmus bestimmten Feld und Waldarbeit, die Versorgung des Viehbestandes und für die Mutter zusätzliche Hausarbeit. Das Getreide wurde mit der Sense gemäht, eine schwere Arbeit. Vor jedem Markttag wurde die Milch zu Hause mit der handbetriebenen Zentrifuge entrahmt und der Milchrahm in dem großen Butterfass zu Butter verarbeitet.

»Vater fuhr gerne zu den Markttagen, um die landwirtschaftlichen Produkte anzupreisen. Von Zeit zu Zeit kaufte er ein Stück Vieh für seinen Bestand dazu. Besonders liebte Vater seine ostpreußischen Halbblüter. Gute Pferde waren der Stolz jedes ostpreußischen Bauern, und wir hatten diese Pferde. Sie waren schon über die Grenzen bekannt. Bevor Vater starb, kaufte er noch vom Biernat sein Land, mit einem Waldstück auf. Es war gutes Land mit dem angrenzenden Wald. Nachdem Biernat seine Frau mit einem

Handelsvertreter für Futtermittel davongelaufen war, wurde die Kornflasche sein bester Freund und Sohn Hannes half dem Vater dabei. So wuchsen ihm bald die Schulden über den Kopf, und bevor der kleine Bauernhof in den Zwang ging, nahm Vater Biernat beiseite: »Biernat, ich übernehme deine Schulden, biete dir etwas Geld, kannst so mit deinem Sohn eine neue Existenz aufbauen.«

Als er das Geld erhalten hatte, kaufte Biernat einen neuen Anzug, rauchte nur noch gute Zigarren. Er und Hannes, sein Sohn, fanden so den Halt nicht mehr, falsche Freunde waren schnell zur Stelle, um das Geld schnell ausgegeben. Im Dorf wurde er von dem Tage an Biernat, der Säufer genannt.“

Es war immer Vaters Wunsch gewesen, das Haus neu gestalten zu müssen.

»Ich werde den Backsteinbau mit einer Veranda zur Weg-Seite verschönern. Den offiziellen Haupteingang verlegen lassen, und zwar zur Lohndiele hin. Haben wir Gäste, werden wir sie dort bewirten können, möchten die Fenster mit kleinen Glasruten versehen. Vater wird von einem Stern herunterschauen und sagen: »Junge, keiner im Dorf hat einen schöneren Hof als wir.«

Gustav von Fedderau ließ sogar den Ofensetzer kommen und einen neuen Kachelofen mit einer Ofenbank in die gute Stube aufsetzen.

»Mutter, im Winter wird es für uns noch gemütlicher werden, wenn wir auf der großen Ofenbank am Kachelofen Platz nehmen können.«

»Mein Sohn, deine Mutter findet, seit Vater tot ist, dass es keine Gemütlichkeit mehr in diesem Hause gibt. Ich sehe nur noch Vaters Tod. Er verfolgt mich, wohin ich auch gehe.«

»Mutter, du hast einen Sohn, der dich über alles liebt und braucht. Was sollte ich denn ohne deine fleißigen Hände nur machen?«

»Da ich nicht mehr lange lebe, mein Sohn, suche dir eine Frau, denn der Tod schlummert schon in mir.«

»Mutter, du machst mir große Angst, ich schlage vor, dass wir am Sonntag in die Kirche gehen, um die Predigt von Pfarrer Karl anzuhören. Anschließend werden wir den Pfarrer zum Essen einladen und ihm unsere Sorgen vortragen. Er wird uns mit Rat und Tat zur Seite stehen, Mutter.«

Lange schaute sie ihren Jungen an und meinte: »Habe ich nicht einen gut aussehenden und fleißigen Jungen? Hätte er nur schon eine Frau, könnte ich die Augen jetzt schon schließen.«

Das Abendessen war gerichtet, als Gustav sich an den gedeckten Tisch setzte und der Mutter einen Vorschlag unterbreitete. Ich hätte gerne etwas mit dir besprochen. Wie du immer sagst: »Haben wir zwei fleißige Knechte, die es verdient hätten, mit uns an einem Tisch die Mahlzeiten einzunehmen. So könnten wir gemeinsam beim Essen bestimmte Arbeiten besprechen.«

»Knechte hin und Knechte her, sie gehören nicht an unseren Tisch. Vater sagte immer: »Gibt man ihnen den kleinen Finger, nehmen sie die ganze Hand.«

»Solange ich lebe, möchte ich mit meinem Sohn alleine am Tisch sitzen, danach kannst du dich ja anders entscheiden.«

»Ach, was ich dir sagen wollte, wir haben eine Einladung vom Bauern Geserich bekommen.«

»Eine Einladung, mein Sohn?«

»Bauer Geserich möchte heiraten.«

Ein großes Ereignis, die Hochzeit des Bauern Geserich. Es war der zweitgrößte Bauernhof. Und es sollte eine zünftige Bauernhochzeit werden, mit über hundert Gästen. Eingeladen waren neben der Verwandtschaft auch Nachbarn, Freunde, Lehrer und Amtspersonen. Der Dorfpolizist durfte natürlich auch nicht fehlen. Und eben den Bessergestellten, wie eben von Fedderau mit seiner Mutter.

»Mutter, die Hochzeitsvorbereitungen haben schon begonnen. Es wurde extra eine Köchin engagiert. Im Geserich-Haus herrscht emsiges Treiben. Wir sollten an der Hochzeit teilnehmen. Ich habe zwar noch nicht zugesagt, da du dich zurzeit nicht wohlfühlst. «

»Mein Sohn, wenn wir nicht hingehen, würde man es uns übelnehmen. Es wird uns nachgetragen werden, die Bessergestellten haben es nicht nötig, wie die, von Fedderau an der Hochzeit teilzunehmen. Darum wirst du zusagen.«

Zur Trauung fuhren das Brautpaar und ihre Hochzeitgäste in die kleine Landkirche.

»Schau Mutter, diese schönen geschmückten Pferdekutschen, ich werde, wenn es die Zeit erlaubt, auch einen Zweispänner bestellen.«

Nach der Trauung trat die ganze Gesellschaft hinter dem Brautpaar durch die mit Tannengrün geschmückte Loh-Tür. Es ging an dem heutigen Tage dann in die gute, große Stube. Dort wartete schon ein überaus reich gedeckter Tisch. Der große Festschmaus konnte beginnen. Es wurde in froher Runde gegessen, getrunken. Und als bald die Trachtenmusikkapelle aufspielte, sollte bis zum frühen Morgen getanzt werden.

»Mein Sohn, wir werden heimfahren, ich fühle mich nicht.«

»Es ist gut, denn ist ja auch spät genug, da morgen wieder ein arbeitsreicher Tag beginnt, so brauchen wir am nächsten Tag nicht mit der Musik durchs Dorf marschieren.«

So fuhren die Fedderau heim. Und der Morgen sollte nicht mehr so beginnen, wie der vorherige Tag auf dem Hof von Fedderau begonnen hatte.

Man muss es so sehen, zum Teil herrschten schreckliche Zustände. Jede Frau war ihr eigener Arzt. Die Kranke nahm dieses und jenes Mittel. Kranke Leute besucht man und bringt ihnen etwas.

So war es auch bei der Mutter, als sie des Morgens nicht aufstehen konnte.

»Mutter, ich werde sofort Dr. Ramsauer kommen lassen.«

»Nein, mein Sohn, das wirst du nicht. Du wirst meine Schwester kommen lassen. Die kennt die Hausmittel, die mir bis jetzt immer geholfen haben.«

Von Fedderau ließ Tante Frieda sofort holen, da er sich große Sorgen um die Mutter machte.

»Tante, bei der Mutter rebelliert der Magen, es war wohl das reichhaltige Hochzeitsessen.«

»Ich werde ihr Eibischtee, Albau und verschiedene Tropfen verabreichen, danach sehen wir weiter.«

An Gespenster glaubende Menschen gibt es hier sehr viele, es ist der Gespensterglaube im Allgemeinen. Einen großen Teil macht der Glaube an umgehende Verstorbene. Mutter glaubte fest daran.

»Keine Minute ließ Gustav seine Mutter alleine.«

Von Fedderau schaute auf das Wetterglas, es geht ein starker Wind, und wenn der geht, sagt man, das wilde Heer komme.

Auch eine Eule soll Unglück bringen.

»Es ist ein Licht, mein Sohn, das ich da am späten Abend gesehen hatte, zitternd und bleich sah ich Vater. «

»Mein geliebter Sohn, halt deiner Mutter die Hand, denn er erscheint mir als Geist und sagt: »Ich solle um Mitternacht heimgehen.«

Am Abend verschlechterte sich Mutters Zustand zunehmend.

»Tante, ich werde Dr. Ramsauer kommen lassen.«

»Gustl, reite schnellstens herüber zum Doktor, damit er kommen möge, da Mutter plötzlich krank geworden ist und sich ihr Zustand zunehmend verschlechtert.«

Dr. Ramsauer untersuchte die Mutter.

»Der geschwollene Leib deiner Mutter Gustav gefällt einem Mediziner nicht, vermutlich eine Blinddarmentzündung. Ich habe ihr eine Spritze gegeben. Sollte die Schwellung nicht zurückgehen, werde ich sie ins Krankenhaus überweisen.«

Als von Fedderau ans Bett der Mutter trat, sollte der verdiente Schlaf nicht die Heilung bringen.

»Gustav ich werde dir ein paar Tage den Haushalt führen, bis sie wieder auf den Beinen ist.«

»Tante, dafür bin ich dir sehr dankbar.«

»Meine liebsten Patientinnen, Gustav, besuche ich, bevor bei mir die Praxis aufgeschlossen wird, und nun zu deiner Mutter, wie geht es meiner Patientin?«

»Tante und ich haben eine unruhige Nacht hinter uns. Sie sprach vom Waldteufel, der zu ihr herüberkäme, um mit ihr über den Tod zu sprechen.«

Dr. Ramsauer erkannte sofort die Situation, nur eine sofortige Einweisung ins Krankenhaus könnte ihr noch helfen.

»Gustav, wir müssen deine Mutter ins Krankenhaus bringen, ich befürchte einen Blinddarmdurchbruch.«

»Unfassbar das mit Mutter, Tante. Es erscheint in mir eine Leere. Hände, die nichts tun können, ja, machtlos zu sein.«

Vielleicht war der weite Weg, der zum Krankenhaus führte, eine Ursache? Oder nur, dass sie das Licht sah, das sie zum Vater heimführen sollte? Warum hast du nur so viel gearbeitet? Warum hast du meinen Rat nicht ernst genommen?«

Unfassbar, Freunde und Bekannte zu sagen: »Mutter ist im Himmel angekommen.«

Unfassbar, dass unser Leben weiter geht, die Sonne jeden Morgen aufgeht. Unvergessen deine Nähe, deine Wärme, deine Liebe, dein Lachen. Unvergessen bleibst du tief in meinem Herzen, bis wir uns vielleicht doch einmal wiedersehen. Es war nicht jemand gestorben, es war die Frau von Fedderau. Und so kamen die Nachbarn ins Haus, um zu jammern, um zu trösten. Beim Sarg schließen wurde das Gebet gesprochen.

Der Geistliche, das hölzernes Kreuz, ein Leichenzug und die Frauen trugen in der Hand ein weißes Taschentuch. Gustav von Fedderau spürte in sich die Leere und wusste, dass es ein endgültiger Abschied werden würde, da beim Betreten des Friedhofes sämtliche Glocken läuteten.

Der Sarg wurde in die Gruft herabgelassen.

»Mutter, nicht mehr als drei Hände voll geweihte Erde kann ich dir auf deiner langen Reise mitgeben. «

»Herr von Fedderau, ein jeder Abschied fällt schwer, aber es wird Zeit, dass wir das Grab verschließen. «

»Mutter, ob du daheim, ich war nie allein. Ein Mutter starker Banden, warst du mein Wegfreund, wo ich stand. Dachtest in all den Tagen deiner Arbeitskraft, die Ruhe sucht und Rast.

Mutter, jetzt merke ich, dass du gegangen von hinnen, wie du mir fehlst, ja ich verlassen bin. Bitte schließen Sie das Grab.«

Ein Wirtshaus, ein Leichentrunk. An jedem Platz stand der Schoppen Wein, ein Teller mit Besteck und ein Leichenlaibchen im Wert von mehreren Reichspfennigen. Auf dem Tisch standen Platten mit Backstein-Käse. Für manchen Armen, die mit eingeladen waren, war es ein Essen und Trinken.

»Josef, Gustl, lass uns die Blumenstöcke gießen, sonst verwelken sie, sowie die Bienenkörbe rücken sonst könnten sie Schaden nehmen?«

Der Tod hatte dem Hof die Liebe genommen, so ließ Gustav alles, was ihm an der Liebe der Eltern erinnerte mit schwarzen Tüchern abdecken.

Kapitel 2

Das Leben auf dem Hof wurde für von Fedderau nicht leichter. Die Arbeit im und ums Haus, das lastete auf seinen Schultern.

Es durfte keine Milch aus dem Hause gegeben werden, bevor sie nicht mit Salz bestreut wurde. Aus dem Stall durfte keine Milch verkauft werden, solange die Kälber nicht ein gewisses Alter erreicht hatten. Im Sommer oder zur Zeit der Feldgeschäfte begab man sich nach dem Abendessen zur Ruhe. Bei Winterbeginn beschäftigte man sich an den Abenden mit Besen machen, Weiden putzen, dazu wurde die Pfeife geraucht. Wieder einmal ertappte sich von Fedderau beim Nachdenken. Es müsste eine weibliche Person, eine Magd ins Haus, um zu flicken, nähen, häkeln und zu spinnen. Fedderau, deine Selbstgespräche müssen endlich aufhören. Am Tage verwischte die Arbeit seine Gedanken. Die Abende waren einsamer als er sich das einredete.

»Josef, du gibst meinen Pferden deine ganze Liebe. Ich möchte besonders dich und Gustl dafür belohnen. Spanne am frühen Morgen den schönen Hengst Jov vor die Kutsche. Wir werden in die Stadt fahren.«

Als von Fedderau aus dem Haus trat, standen die Knechte schon mit der Kutsche und dem gestriegelten Hengst vor dem schönen Eingangsportal.

»Bewegungen braucht der Hengst unbedingt, damit seine gute Kondition erhalten bleibt, Herr von Fedderau.«

»So ist es, Josef. Die Kutschfahrt, die wir heute unternehmen, ist von privater Natur.«

Bedächtig nickte Josef.

»Eure Arbeitskleidung, diese rauen Tuchkleider, sind abgetragen

. Mir soll keiner nachsagen, in dieser erbärmlichen Kleidung laufen die Knechte bei Fedderau herum. Und am Sonntag werdet ihr in einem besseren Gewand zur Kirche gehen.«

Gustl, der Knecht, verstand die Welt nicht mehr.

Von Fedderau besuchte die Stadt Gumbinnen immer dann, wenn ihm sein Zuhause zu eng wurde. Den Verkäuferinnen gab er die Anweisung, seine Knechte ordentlich einzukleiden.

»Josef, nachdem das erledigt ist, werdet ihr euch im Gasthaus melden, damit ihr ein ordentliches Essen serviert bekommt.«

Er ging derweil hinüber ins Gasthaus zum Hirschen-Hof. Der Stammtisch war ihm wohl bekannt. Da saßen die Männer, die ihm alle Neuigkeiten auf dem Teller servierten.

»Ja, was sehen meine trüben Augen, der noble Herr gibt sich die Ehre.«

»Gustav, mein Freund, du hast wohl dem Geruch der Neuen nicht widerstehen können?«

»Ich wüsste nicht, wovon der Stammtisch redet.«

»Gustav, es ist das Gespräch an unserem Tisch. Am Waldweg 3 ist der Damen-Wechsel erfolgt. Eine sehr junge und dazu noch sehr hübsche Dame des horizontalen Gewerbes hat Einzug gehalten. Es kostet 20 Reichsmark und nackt 50 Reichsmark«, sagt sie dem Freier, der bei ihr an der Tür klopft.

Eine Nacht im Haus der Freude war das Ereignis. Eine Dame, die sich vor dir auf dem Tisch auszieht. Ein Geldschein verschwindet dann ganz schnell zwischen den Lustquellen. Neuigkeiten gab es genug, wenn man in die Stadt kam.

Zugleich erfolgte ein Gejohle.

»Nächste Runde geht auf deine Rechnung, Bauer.«

Ja ..., wenn er schon einmal das Wirtshaus betrat, gab er sich spendabel, der Gustav von Fedderau.

»Gustav, was treibt dich in unsere Stadt? Doch nicht eine Nacht voller Gelüste.«

»Die Zeit bleibt mir kaum, denn ich habe Knechte eingestellt und sie werden, weil ich sie nicht nur als Knechte, sondern auch als Menschen schätze, bei der Else eingekleidet, und mein Magen benötigt dringend mal wieder einen Ochsenbraten, danach bleibt mir nicht die Zeit, mich von einem Freudenmädchen verwöhnen zu lassen.«

»Gustav, bevor ich es vergesse, in Insterburg wird demnächst der gesamte Pferdebestand vom Fiebranz versteigert. Der Sohn hat sich zur Armee gemeldet und wird sich zum Rittmeister ausbilden lassen. Seine Frau und die Töchter müssen des Öfteren an die See, um ihre Krankheit behandeln zu lassen. So sieht der Fiebranz keine Zukunft mehr in der Pferdezucht.«

»Friedrich, da wird sich schon einer finden, der die Zucht ersteigert.«

»Keiner in der Umgebung ist in der Lage, ein Gebot abzugeben. Nur du könntest die wertvollen Pferde, und das glaube mir, für einen Schnäppchenpreis von dem erwerben.«

»Friedrich, ich danke dir für diesen Tipp.«

Möchte sagen: »Ist auch viel Arbeit auf dem Hof liegen geblieben, hat sich die Stadttour gelohnt.«

Nachdem im Jägerzimmer das Mittagsmahl gemundet hatte, Fedderau nur könnte aus dem Gestüt Gewinn schlagen.

»Freunde, alles zu seiner Zeit.«

Seine Knechte saßen schon auf dem Kutscherbock und hielten in der fahlen Mittagssonne ein Schläfchen, als von Fedderau sie am Ärmel fasste: »Aufwachen, es wird Zeit, dass wir heimfahren.«

Wir schreiben das Jahr 1905.

Grigori Rasputin der Heilige wie er auch genannt wurde, schrieb in dem Jahr an eine seiner adligen Verehrerinnen, »ich erfreue mit dem Licht der Liebe, das ist mein Leben«. Von dem Tage an war er im mondänen Petersburg ein gern gesehener Gast.

Josef und Gustl hatten endlich den Mut gefasst, mit ihrem Herrn über ihre Zukunft zu sprechen. Ein zögerliches Klopfen an der Tür sollte von Fedderau schon vernehmen. Aber wer klopft so feierlich an seiner Tür, und dort standen die Knechte und in der Hand hielten sie beschämt ihre Mützen.

»Wer so ernste Gesichter vorzeigt, der hat etwas auf dem Herzen, kommt ins Arbeitszimmer und schüttet euer Herz aus.«

»Herr von Fedderau, das Jahr der Trauer ist längst überschritten, und Sie trauern immer noch. Es gehen Gerüchte herum, dass der Bauer Fedderau überlegt, ob er nicht seinen Hof verkaufen sollte, um in die Stadt zu ziehen. Wir möchten nicht unhöflich sein, aber die guten Freunde, wie Sie sie bezeichnen, warten nicht auf Sie. Sie warten auf den mit dem vielen Geld, klopfen ihm gerne auf die Schultern, »Gustav das hast du richtig gemacht, lasst uns feiern. Und sie feiern nur mit Ihrem Geld, bis keines mehr da ist. Vielleicht geht es Ihnen dann so wie Biernat, den sie vor kurzem zu Grabe getragen haben, und das nur mit dem Herrn Pfarrer und dem Sohn Hannes. Da hat die Glocke nur einmal geläutet. Jetzt ist alles gesagt und sie können ihre Knechte entlassen. Aber bevor Sie das aussprechen, möchten wir Ihnen noch zu Ihrem 24. Geburtstag gratulieren, das ist heute Ihr Namenstag. Ein letztes Geschenk möchte der Josef Ihnen noch überreichen. Es die Aufstellung mit den Zuchtergebnissen der Pferde.«

Es war, als schaute von Fedderau durch sie hindurch. Ich, der Bauer von Fedderau, hat sich ein Jahr in diesem Haus mit all den schwarzen Tüchern verkrochen, und die Stille um ihn herum, die ihm fast zum Wahnsinn getrieben, lebte nicht mehr, er vegetierte nur noch, hat sogar seinen Namenstag vergessen.

Er stand auf, »kommt ans Fenster, ich möchte euch etwas zeigen. Es ist undenkbar, ein stiller Teich im Park, eine Trauerweide mit tief hängenden Zweigen, die sich dem Wasser entgegenstrecken, als wären es meine Hände, die sich da widerspiegeln, eine traurige Schönheit. Und ich schaue an jedem Tag dorthin, warte auf den leisteten Windhauch, dass sie mit sanftem Wehen antworten. Ein Tag wie der andere, ein Jahr liegen wie Schatten auf mir und dem Haus, verdunkeln das Heute, bedrängen, bedrücken, halten mich fest in lähmender Angst. Könnte ich doch nur das dort begraben, damit ich wieder angstfrei leben kann.«

»Herr von Fedderau, Sie müssen versuchen, ohne die tote Mutter zu leben. Es grünt zwar Jahr für Jahr ein Zweig. Viele Leben hat der Baum, wir aber haben nur ein Leben, und es muss auf diesem Hof fortgeführt werden. Wir entfernen die Trauerweide am Teich, und Sie entfernen die Leichentücher aus den Räumen, denn es wartet viel Arbeit auf Sie. Bevor der Winter kommt, müssen wir neue Pferdeställe bauen. Wohin sollen wir sonst mit den Pferden? Nehmen Sie unseren Rat an, gehen Sie wieder unter Menschen. Reiten Sie in die Stadt. Im Wirtshaus gibt es Neuigkeiten, die Sie interessieren werden.«

»Josef, du hast ja Recht. Eine Totenstille herrscht in diesem Hause, seit die Mutter tot ist. Nur kann man eine Mutterliebe nicht so einfach aus seinem Herzen streichen.«

»Wir können Sie gut verstehen, denn Ihre Mutter war eine großartige Frau.«

Josef wollte sich schon zurückziehen, »bevor ich es vergesse, Herr von Fedderau, nächste Woche ist der letzte Bauernmarkt. Wir sollten nach einem Jahr wieder auf den Markt unsere Produkte anbieten. Nur so können Sie Ihrem Ruf als bester Bauern weit und breit wieder gerecht werden.«

Die Knechte, die überaus glücklich waren, als es zum Bauernmarkt ging. Erstes Mal wieder in die Stadt fahren. Mit Leuten sprechen, die man über ein Jahr nicht gesehen hatte. Einen Herrn, der vor Willenskraft nur so strahlte.

»Was sehen meine noch so verschlafenen Augen, ein neues Gesicht auf einem Markt, der wohl seinesgleichen sucht, dazu einen gut aussehenden jungen Mann hinter dem Ladentisch, das gefällt mir einfach.«

»Meine Dame, ein so nettes Kompliment habe ich lange nicht mehr bekommen, womit kann ich Ihren Korb füllen, doch nicht nur mit netten Worten?«

Als sie den Verkaufsstand verließ, blickte von Fedderau ihr verstohlen nach. Eine attraktive Frau, wer ist die Dame? Das wäre etwas für ein einsames Herz?

Was sagt der Volksmund so gleich: »Man trifft sich zweimal im Leben.« Ein Wirtshaus, das nach einem jeden Bauernmarkt voll besetzt war

. Als von Fedderau das Wirtshaus betrat, wurde er sofort vom Friseurmeister Wilhelm begrüßt.

»Das kann doch nicht wahr sein, Gustav ist von den Toten auferstanden. Er ist zurückgekehrt. Ein Hoch auf unseren Stammtisch Bruder Gustav.«

Wer in dieser Runde Platz nahm, konnte sich auf Neuigkeiten gefasst machen.

»Gustav, das, was ich jetzt zu sagen habe, ist nur für deine Ohren bestimmt, vor ein paar Tagen erschien ein gut gekleideter Herr in meinen Friseursalon. Er hätte gern einen Haarschnitt, und den Vollbart möchte ich ihm auch ein wenig stutzen. Wie du weißt, ist ein Friseur nicht neugierig, aber einem Friseurmeister darf nichts entgehen.«

»Mein Herr, Sie sind wohl auf der Durchreise?«

»Gustav ich hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Der feine Herr war Rittmeister bei der Berittenen. Er wäre zum Korps Hauptquartier befohlen. Er sollte vorstellig werden, um sein Wissen weiter zu geben, denn es sollten zusätzlich 500 Pferde für den Kavalier angeschafft werden. Er aber zuckte nur mit den Schultern, wo hernehmen und nicht stehlen!«

Ich sagte ganz nebenbei: »Da gäbe es eine Lösung, denn wir haben einen von Fedderau, der züchtet Pferde, die Sie benötigen.«

»Es ist oft so, geht man zum Friseur, bekommt man die Neuigkeiten präsentiert, über die man sich monatelang den Kopf zerbrochen hat? Drum danke für den Tipp, darauf werde ich bestimmt zurückkommen.«

»Nur, Wilhelm, wo soll ein Bauer in dieser Region in so kurzer Zeit 500 Pferde züchten, oder aufkaufen?«

»Der Herr Rittmeister legte bestimmte Worte gewählt auf die Waagschale, das beinhaltete, dass es bei der Armee einen Jahresplan für Pferde gab, warum wollte er mir nicht sagen. Dieser Plan, meine Herren, steht unter strenger Geheimhaltung. Sie werden versuchen, im Jahr ein Teil Pferde aufzukaufen, bis das Projekt abgeschlossen ist. Gustav, nun kommt das interessante an dem Vorhaben. Vor circa drei Wochen kam Christof Fiebranz, der Pferdezüchter, und Bauer in meinen Salon und ließ sich die Haare schneiden. Er klagte mir sein Leid.

Der Sohn zur Armee, dazu das Leiden meiner Kinder und der Frau, wenn es nicht bald ein Ende hat, wüsste er nicht, wie es weiter gehen sollte, denn keiner hätte ein Angebot abgegeben, und so werde ich wohl meine Pferdezucht für einen Spottpreis verkaufen müssen und für meine Familie würde eine neue Existenz an der Nordsee in weite Ferne rücken. Die Ärzte raten seit Langem, dass es nur durch jodhaltige Luft eine Heilung bei seiner Frau und seinen Kindern geben könnte. Und so werden wir alles aufgeben müssen. Es wird hinter vorgehaltener Hand gesagt: »dass es in absehbarer Zeit zu einer Versteigerung kommen könnte.«

»Wilhelm, überlege einmal, eine Pferdezucht in so großem Stil, welch ein Risiko für mich. Ob da meine Sparkasse mitspielt, da kommen mir gewisse Bedenken!«

»Gustav, ich bin zwar nur ein kleiner Friseurmeister, der die Haare für ein paar Reichspfennige schneidet, du aber bist in deinem jungen Alter ein wohlhabender Bauer, der den Verstand und die Erfahrung hat, so ein Geschäft durchzuziehen. Ich sage dir: Da braut sich in nächste Zukunft etwas zusammen, das wir heute noch nicht wahrhaben wollen. Eines Tages wird es Krieg geben.«

»Und dann, Wilhelm?«

»Und dann werden sie deine Pferde für jeden Preis abkaufen, den du den Kriegsherren diktieren wirst.«

»Erst einmal recht herzlichen Dank für diese Auskunft. Ich werde ein paar Nächte darüber schlafen müssen.«

»Wenden wir uns nun den schöneren Dingen zu, nur ein kleiner Tipp. Wie du weißt, spielt sich bei Männern die Liebe zwischen den Schenkeln ab. Und, dass bei einer Dame ganz privat, so am Waldweg 3. Wenn im Fenster die Stalllaterne angezündet wird, geht es dort in Sachen Körperkontakte hoch her. Junge, da platzt dir die Hose. Dann lassen die Männer die Hosen herunter. Wenn es dich mal überkommt, kannst du ja einmal den Versuch wagen und mir berichten, ob die Hose dann nicht mehr so stramm sitzt?«

»Noch so ein Tipp, und ich kaufe mir in Zukunft keine Zeitung mehr, Herr Friseur.«

Da mussten doch beide herzlich lachen.

Josef trat an den Tisch begrüßte freundlich den Friseur.

»Herr von Fedderau, es wird Zeit, dass wir heimfahren, denn dort warten die Tiere auf mich.«

»Josef, ich werde nur noch die Rechnung bezahlen, dann fahren wir.«

»Fedderau überlege nicht zu lange, sonst könnte es sein, dass jemand Wind von der Sache mit dem Rittmeister bekommt.«

»Wilhelm, wie du weißt, liebte einst Napoleon die Trauerweiden. Unter ihnen wollte er begraben sein. Als das geschehen war, kamen die Schaulustigen und raubten dem Baum sämtliche Zweige. Mir soll ist nicht so gehen, dass sie mir bei dem Geschäft mein Eigentum rauben und für mich dann keine Habe übrig bleibt.«

Aus dem Friseurladen trat ein nachdenklicher von Fedderau mit seinem Knecht heraus, es wird sich eine Lösung für dieses Problem finden.

»Josef, da beschäftigten mich seit einiger Zeit Neuigkeiten, die einem hier und dort zu Ohren kommen. Sie besagen: Dass der Bauer Fiebranz seinen gesamten Pferdebestand aufgeben möchte, oder muss. Nun rate mal, wer es kaufen könnte?«

»Ich wüsste da jemanden.«

»Und der wäre, Josef?«

»Sie, Herr von Fedderau.«

»Josef, du bist ein kluges Bürschlein. Es gibt nur ein Problem, man müsste einen neuen Pferdestall mit Boxen errichten. Zur gleichen Zeit müsste das Gesindehaus weichen und an anderer Stelle neu erstellt werden und das mit Wohnbereichen für jeden Angestellten mit Waschraum.«

Das erste Mal sprach Fedderau von seinen Angestellten, das überraschte nun den Josef doch. Das Wort „Angestellte“ sollte sich in Josefs Kopf festsetzen.

Ein neuer Tag, der schon in der Morgendämmung anbrach, der sollte sich von anderen Tagen unterscheiden.

»Herr von Fedderau, wir wünschen Ihnen bei den Verhandlungen viel Erfolg.«

Ein kurzer Gruß noch, und schon setzte sich das Pferdegespann mit seinem geliebten Grauschimmel in Bewegung.

Mit einer Kutsche Stunden zu kutschieren war anstrengend genug, da der Hof von Fiebranz außerhalb des Dorfes lag. Von Fedderau hielt, schaute und sein Herz begann zu pochen.

Welch eine Herde. Beim Anblick der Herde bekommt man schon Herzflattern. Bauer Fiebranz kam aus dem Haus und begrüßte von Fedderau mit den Worten: »Es ist ein weiter Weg zu mir herauf, Bauer Fedderau.«

»So ist es, Fiebranz. Wer Geschäfte machen möchte, wie ich, muss weite Wege in Kauf nehmen.«

»Fedderau gehen wir ins Haus. Einen frisch gekochten Kaffee kann ich dir anbieten, mehr nicht, meine Frau mit Kindern sind auf den Rat des Arztes an die Ostsee gefahren. Ihnen geht es wieder einmal nicht sehr gut. Vor allem meine Mädchen leiden unter der Erkrankung. Nur eine Luftveränderung kann Linderung schaffen. Mein großer Junge ist zu einem Vorstellungsgespräch der Berittenen gefahren. All das das bereitet mir große Sorgen, Fedderau.«

»Ich kann es dir nachfühlen. Seit Mutter verstorben, ist mein Haus öd und leer, Fiebranz. Eine Frau könnte wieder Leben ins Haus bringen, aber welches junge Mädchen möchte schon auf einem Hof mit der vielen Arbeit Bauersfrau spielen? Doch das Leben geht weiter, und so bin ich hier, um über deinen Pferdebestand zu sprechen, eventuell zu kaufen.«

In die Stille hinein genoss Fedderau den heißen Kaffee.

»Schauen wir uns die Pferde an, danach kannst du dir deine Meinung bilden.«

Fedderau war überrascht, wie sauber und gepflegt alles war.

»Mit Frau, den Kindern, den Knechten haben wir den Bestand, den du hier vorfindest, aufgebaut. Wäre mein Sohn nicht so besessen, Soldat zu werden, hätte ich versucht, dass er die Pferdezucht mit Alfons, dem Knecht, der die Pferde betreut, weiter führt. Nun wird er uns, wenn sie verkauft sind, verlassen. Er will jetzt sein Glück in der Großstadt versuchen.«

»Louis, der Knecht, wird wohl bleiben, da Bauer Gutzeit meinen Hof übernehmen möchte, um eine Milchwirtschaft zu betreiben? Schau, Fedderau, wie mein Herz an meinen Pferden hängt, da möchte ich nicht, dass man sie zum Schlachthof führt. Ich würde sie dir zu einem fairen Preis verkaufen.«

»Gehen wir ins Haus, Fiebranz, und besprechen weitere Einzelheiten.«

»Fiebranz ich will ehrlich zu dir sein, den Preis, den man für deine Pferde zahlen müsste, werde ich dir nicht bieten können, da ich für neue Ställe einiges investieren muss. Einen Knecht müsste ich in naher Zukunft einstellen, das sind wiederum Kosten, Fiebranz, sage mir deine Preisvorstellung, und ich werde mit Ja oder Nein antworten.«

Fiebranz überlegte, lange bevor er den Preis für seine Pferde preisgab.

»Fedderau, ich weiß, dass zurzeit mit Pferden kein Geld zu verdienen ist, darum würde ich sie für hundert Reichsmark per Stück abgeben.«

Ein Bauer sah seine Zukunft hier nicht mehr, schaute somit ins Leere. Er hatte Angst, dass der Preis, den er gerade genannt hatte, von Fedderau abgelehnt würde.

»Alle Achtung, das ist ein fairer Preis, den du mir anbietest, ich möchte deinen Preis unter einer Bedingung um einiges aufstocken. Die Pferde werden weiter von euch gepflegt, bis die neuen Ställe erstellt sind. Sollte es nach einer Prüfung nicht der Fall sein, wirst du mir laut Vertrag die Hälfte des Wiesengeländes überschreiben. Wenn du damit einvertanden bist, könnten wir einen Vertrag aufsetzen, eben zu meinen Bedingungen. Danach würde ich dir einen Barscheck ausstellen.«

»Das würde bedeuten, dass ich die Ferienpension bezahlen könnte und noch einen Ponyhof aufbauen könnte.«

»Du hast es richtig gehört, Fiebranz, das Geld reicht noch für einiges mehr.«

Der Vertrag wurde im gegenseitigem Einvernehmen unterzeichnet.

»Bauer Fiebranz, da wir beide in keinem Moment um einen Preis gefeilscht haben, benötigst du für die Zeit der Pferdepflege Futtergeld. Das Geld zahle ich dir in bar aus.«

Fiebranz war überglücklich, dass seine geliebten Pferde in gute Hände kamen.

An dem Tag, an dem die Pferde von seinem Wiesengelände geholt wurden, versteckte sich die Familie im Haus.

Von Fedderau gab seinem Grauschimmel die Zügel, der trabte freudig los. Gustav von Fedderau hatte das Geschäft seines Lebens gemacht, und so trabte er mit seinem Pferd der Abenddämmerung entgegen.

»Der Heimweg, Jonathan, ist zu weit. Wir werden beide im Hirschen eine Pause einlegen.«

Die Abenddämmerung kommt schnell, sagte sich Fedderau, ich werde im Gasthof übernachten, da mein Pferd auch eine Rast verdient hat.

Er fuhr zum Mietstall, um sein Pferd unterzustellen.

»He, ist hier niemand? Wo steckt der Pferdeknecht Fridolin?«

»Fridolin, mein Tag war anstrengend genug, so braucht mein Pferd den verdienten Hafer. Also, bewege endlich deinen Hintern!« Da waren es nur noch ein paar Schritte bis ins »Gasthaus zum Hirschen Hof.«

»Einen guten Abend, Gustav. Warum bist du noch so spät unterwegs?«

»Der Weg war weit, aber er hat sich gelohnt, Heinrich.«

»Und von dir, Else, möchte ich etwas Kräftiges zu essen, danach ein Bett, um meine Beine ausstrecken zu können, und die Ruhe genießen, die Geschäfte verlangten einen langen und anstrengenden Arbeitstag.«

Gustav von Fedderau war an diesem Tage mit sich und seiner Welt zufrieden. Ein Zimmer, ein Bett zum Nachdenken und Schlafen, mehr wollte er nicht. Er zog die Vorhänge am Fenster zurück, steckte eine Pfeife an, rauchte sie mit Genuss. Am Nachthimmel begegnet ihm ein Stern, der im Mondlicht noch magischer, ja verzaubert wirkt, Gustav, dich gleichsam ins Schwärmen bringt. Mein Lieber, der von süßen, betäubenden Düften in den Nächten spricht, die es gibt am Waldweg 3. Ein Liebeshaus für alle Liebenden, denen das Kribbeln zwischen den Schenkeln in den Kopf steigt?

Von Fedderau klopfte seine Pfeife aus und zog die Vorhänge zu, löschte das Licht und begab sich auf den Weg, nur einmal zu schauen, wer hinter all dem steckt. In einer Fensterluke ein flackerndes Licht. Ein Klopfen, das bei jedem jungen Mann Herzklopfen erzeugt. Wurde die Tür auch nur einen Spalt geöffnet, ein Lächeln, es war mehr, als er erwartet hatte.

»Trete näher, Schatz, da ich seit geraumer Zeit auf dich warte, da vom Tage an, wo du mich auf dem Markt bedientest, ich dich nicht vergessen konnte. Wann begegnet denn ein Freudenmädchen einem so hübschen, noch dazu starken Mann, wie dich. Und nun bist du da und die Nacht wird nur uns gehören.

Sie löschte die Laterne, nahm ihn an der Hand und führte ihn dorthin, wo man für die Liebe bezahlen musste. Ein Zimmer und ein Kanapee – mehr sah der junge von Fedderau zuerst nicht.

»Hast du schon einmal mit einer Hure geschlafen?«

»Ja, ja ja…«

»Ich sehe es dir an, du lügst, mein Freund.« Sie legte den Arm um ihn, eine Zunge schob sich zwischen seine Lippen. Ein junger Mann erstarrte, als er ihre Zunge spürte.

Ohne weiteres Wort zog sie ihm das Leinenhemd aus, das zu Boden fiel. Eine Hose, Unterhose, die sich von seinem Leib entfernte. Wie Gott ihn geschaffen hatte stand er vor ihr. Sie ging um ihren Freier herum, strich mit der Hand über sein Gesäß, schaute auf sein Männliches.

»Ich glaube, du bist stark genug, eine Frau wie mich zu befriedigen.«

Und plötzlich kamen Worte aus ihrem Mund. »Mein Schatz, mein Liebling, heute Nacht wird es für dich kein Bordell geben. Die Nacht wird, die Rosa, für dich in ein Liebesnest verwandeln, denn eine Frau, darf an manchen Tagen, die als Hure bezeichnet wird, auch einmal träumen, so habe ich nur von dir geträumt, mein Schatz. Ich erzähle nicht gerne etwas über meine Freier, dir werde ich ein wenig davon erzählen: »Männern, die zu mir kommen, helfe ich, wenn der Druck in der Hose zu schmerzen beginnt. Ich nehme ihnen diesen zwischen den Schenkeln. Sie zahlen, gehen mit erhobenem Haupt der Befriedigung zu ihren biederen Ehefrauen ins Ehebett. Dort spielen sie den braven Ehemann, bis es ihnen wieder zwischen den Schenkeln brennt.« Zärtlich bewegte sie ihren Zeigefinger über seine Lippen. Von Fedderau war nicht imstande nur ein Wort zu sagen. Hauchte danach einen Kuss auf seine Lippen. Sie wollte auch einmal geliebt werden und das von diesem jungen Mann, in dieser einen Nacht.

»Man kann nur lieben, wenn man seinem Partner vertraut, so weiß ich mehr über dich, als dir lieb ist, mein Allerliebster, weiß, dass du ein wohlhabender Bauer bist. Ein Mensch, der einmal voller Tatendrang war, bis zu dem Tage, da die Mutter starb. Damit starb in dir die Mutterliebe.« Wieder hauchte sie einen Kuss auf seine heiß gewordenen Lippen. »Von dem Tage lebtest du nur noch in der Vergangenheit. In dir war eine Leere eingekehrt, das Haus war leer geworden. Die Arbeit gab dir keine Befriedigung, da du des Nachts mit der Mutter sprachst. Im Wirtshaus wurde deine Seele für ein paar Stunden betäubt. Kamst du heim, waren alle Räume mit schwarzen Tüchern verhangen, wollten nicht weichen, du wolltest es so, da die Mutterliebe erloschen war, erlosch in dir das Leben, Lieben heißt Leben. Ich möchte wie du, heute geliebt werden, und morgen leben. Menschen wie du und ich haben Lust auf die Liebe und das Leben, wir werden sie entdecken, werden in den Stunden der Liebe zusammen träumen.«

Er nickte heftig, nicht darüber nachdenkend, dass sie seine Reaktion nicht sehen konnte. Bewusst hatte sie bis jetzt nicht seinen Namen erwähnt. Und von Fedderau merkte es nicht einmal, da er diese sündige Form noch nie präsentiert bekommen hatte. Rosa wusste, was er brauchte und sie wusste ganz genau, was sie wollte! Rosa schaute lächelnd auf ihn.

»Als wir uns das erste Mal auf dem Markt sahen, wusste ich sogleich, dass ich dir gefalle.«

Sie berührte mit ihren Fingern seine Brustwarzen. Von Fedderau suchte nach Worten.

»Also, nein, ich meine, ich sah doch nur, jetzt, wo du es sagst?« Hilflos hob er die Schultern. Rosa schmiegte sich an ihn.

»Lust auf Sex haben alle Männer. Ich habe es bis heute nicht ganz verstanden, warum die Kerle zu einer Nutte gehen. Zahlen für vorgegaukelte Zärtlichkeit. Sie müssten doch fühlen, was da läuft. Dass man ihnen die Lust nur vorspielt und so tut, als ob die Freier die tollsten Hechte wären. Aber glaube nur nicht, dass wir nicht auch Gefühle haben. Sie sind stärker, als du glaubst, mein Geliebter. Nur wann darf eine Frau wie ich es einem zeigen, dass ich nur von ihm befriedigt werden möchte?«

»Küss mich.« Stöhnend forderte sie ihn auf.

Von Fedderau tat, was ihm befohlen und konnte nicht genug von dem weichen, üppigen Fleisch zwischen seine Lippen bekommen. Die Gier nach dem unbekannten Frauenkörper reizte ihn an dem heutigen und weiteren Abenden. Er liebkoste und küsste sie mit einer Intensität, dass sie ungemein anspornte. Sie merkte, dass das Männliche genau so heiß war, wie in seinem Kopf, fühlte, wie prall und unternehmungslustig es in seiner Unterhose war.

»Denke immer daran, kein bezahlter Gast bekommt je das, was du von mir bekommst. Nur du darfst mich dort verwöhnen, mich besitzen.«

Mehr Erregung konnte es nicht geben. Beide spürten, wie es tief unten in den Körpern anfing, impulsiv zu zucken. Es glühte jetzt das Feuer. Ganz langsam breitete sich das Zucken von dort aus. Jeder Körperteil schien eine passende Gleichheit zu finden. Arme und Beine, Busen und Bäuche schmiegten sich weich ineinander, als seien sie füreinander geschaffen. Seine Hände umfassten ihre Hüften, hob sie hoch, trug sie zum Bett. Sie ließ es geschehen, sie hatte erreicht, von diesem muskulösen Mann die Befriedung zu bekommen.

»Du bist hochgradig, willst du noch länger, so solltest du deine Gedanken in die Tat umsetzen. «

Sie verharrte noch einen Moment, ehe sie anfing, sich ganz langsam hin und her zu bewegen. Ihre Hände glitten an ihm hinunter, umfassten zärtlich das Männliche. Es wurde ein Tanz wie im Traum.

»Gustav von Fedderau, wer liebt, der lebt.«

»Du, es sind nicht meine Hände, die sanft über deine Haut gleiten, es ist der Anblick deines Körpers, der für mich vorbereitet ist und mich erregt. Entspann dich, mein Liebling, so werden meine Hände mit sanftem Druck über dich streichen. Deine verschlafenen Augen werde ich wach küssen. Deine Brüste werden zärtlich massiert, bis du leise aufstöhnst und genießen darfst. Es wird ein ungewöhnlicher Akt, nachdem es geschah, wird dein Körper erschöpft sein, lasse dich fallen und genieße nur, denn es wird wie in einem Märchen für dich sein.«

Für einen jungen Mann in seinem Alter war es ein eigenartiges Gefühl, nachdem sie ihn in einem goldfarbenen Tanga zur Tür begleitet hatte. Er schaute wieder und wieder auf das Reizvolle, als Rosa ihren Gustav zum Abschied zärtlich küsste, hielt er den Atem an. Nein, dieses starke Verlangen, sie wieder zu berühren. Wie sollte so ein unbescholtener Bauernsohn seine Gefühle zurückhalten können. Ihr intensiver Blick, den sie bewusst ausgewählt hatte, elektrisierte seinen Körper aufs Neue. Rosa bemerkte schon, dass ihr Liebhaber wieder hochgradig erregt war.

»Mein großer, starker Gustav«, zum ersten Mal hatte sie seinen Vornamen erwähnt.

»Meine Liebe zu dir wird groß sein, so dass unsere Körper, wenn wir das Verlangen danach haben, sich wieder vereinigen werden.«

Zwei junge Menschen, und waren sie in gewissen Dingen noch weit voneinander entfernt, waren es Worte von ihr, »liebe, wenn du leben willst.«

Gustav von Fedderau sollte sein Leben verändern. Er fing an, ganz bei sich selbst zu sein. Blitzartig erkannte er, dass er an diesem elenden Zustand ganz alleine schuld war. Er hatte sich in eine Form gepresst, in der er nicht hineinpasste.

»Wir, Rosa, haben solche Kräfte, deshalb wollen wir keine Sekunde mehr mit der Vergangenheit verschwenden, ich bin nicht wie die Männer, die für paar Reichsmark bei dir um eine Befriedigung betteln. Wir sind auf dieser Welt etwas völlig Neues, meine Liebe.«

Sie wiegte den Kopf hin und her.