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Major Ferdinand, Sohn eines hochrangigen Adligen am Hof eines deutschen Fürsten, entdeckt seine leidenschaftliche Liebe zu der schönen Luise. Die junge Frau jedoch sieht sich als Tochter eines Bürgerlichen den gottgegebenen Gesetzen der ständischen Gesellschaft verpflichtet – ein Überschreiten der Standesgrenzen, und sei es aus tief empfundener Liebe, ist schlichtweg unmöglich. Auch für Ferdinands Vater ist die Verbindung der beiden undenkbar, und er spinnt seine Intrigen. Friedrich Schillers 'Kabale und Liebe', 1784 uraufgeführt, gehört neben Lessings 'Emilia Galotti' zu den gelungensten und repräsentativsten Beispielen des bürgerlichen Trauerspiels.
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Seitenzahl: 185
Friedrich SchillerKabale und Liebe
Kabale und Liebe
Ein bürgerliches Trauerspiel
Kabale und Liebe wurde am 15. April 1784 in Frankfurt uraufgeführt und erschien im selben Jahr in der Schwan’schen Hofbuchhandlung in Mannheim. Textgrundlage der vorliegenden Ausgabe ist die Edition Schillers Werke. Nationalausgabe. Hrsg. von Julius Petersen und Hermann Schneider. Bd. 5: Kabale und Liebe. Kleine Dramen. Hrsg. von Heinz Otto Burger und Walter Höllerer. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger 1957. Der Text wurde unter Wahrung des Lautstandes, der Interpunktion sowie sprachlich-stilistischer Eigenheiten der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2008 Anaconda Verlag GmbH, KölnAlle Rechte vorbehalten.ISBN 978-3-86647-242-6eISBN [email protected]
PRÄSIDENT VON WALTER, am Hof eines deutschen Fürsten
FERDINAND, sein Sohn, Major
HOFMARSCHALL VON KALB
LADY MILFORD, Favoritin des Fürsten
WURM, Haussekretär des Präsidenten
MILLER, Stadtmusikant, oder wie man sie an einigen Orten nennt, Kunstpfeifer
DESSEN FRAU
LUISE, dessen Tochter
SOPHIE, Kammerjungfer der Lady
Ein Kammerdiener des Fürsten
Verschiedene Nebenpersonen
MILLERsteht eben vom Sessel auf, und stellt seine Violoncell
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auf die Seite. An einem Tisch sitztFRAU MILLERINnoch
im Nachtgewand, und trinkt ihren Kaffee.
MILLER(schnell auf und ab gehend). Einmal für allemal. Der Handel wird ernsthaft. Meine Tochter kommt mit dem Baron ins Geschrei. Mein Haus wird verrufen. Der Präsident
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bekommt Wind, und – kurz und gut, ich biete dem Junker aus.
FRAU. Du hast ihn nicht in dein Haus geschwatzt – hast ihm deine Tochter nicht nachgeworfen.
MILLER. Hab ihn nicht in mein Haus geschwatzt – hab ihm’s
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Mädel nicht nachgeworfen; wer nimmt Notiz davon? – Ich war Herr im Haus. Ich hätt meine Tochter mehr koram nehmen sollen. Ich hätt dem Major besser auftrumpfen sollen – oder hätt gleich alles Seiner Exzellenz dem Herrn Papa stecken sollen. Der junge Baron bringt’s mit einem
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Wischer hinaus, das muss ich wissen, und alles Wetter kommt über den Geiger.
FRAU(schlürft eine Tasse aus). Possen! Geschwätz! Was kann über dich kommen? Wer kann dir was anhaben? Du gehst deiner Profession nach, und raffst Scholaren zusammen, wo
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sie zu kriegen sind.
MILLER. Aber, sag mir doch, was wird bei dem ganzen Kommerz auch herauskommen? – Nehmen kann er das Mädel nicht – Vom Nehmen ist gar die Rede nicht, und zu einer dass Gott erbarm’? – Guten Morgen! – Gelt, wenn so ein
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Musje von sich da und dort, und dort und hier schon herumbeholfen hat, wenn er, der Henker weiß was als? gelöst hat, schmeckt’s meinem guten Schlucker freilich, einmal auf süß Wasser zu graben. Gib du acht! gib du acht! und wenn du aus jedem Astloch ein Auge strecktest,
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und vor jedem Blutstropfen Schildwache ständest, er wird sie, dir auf der Nase, beschwatzen, dem Mädel eins hinsetzen, und führt sich ab, und das Mädel ist verschimpfiert auf ihr Leben lang, bleibt sitzen, oder hat’s Handwerk verschmeckt, treibt’s fort. (Die Faust vor die Stirn.) Jesus
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Christus!
FRAU. Gott behüt’ uns in Gnaden!
MILLER. Es hat sich zu behüten. Worauf kann so ein Windfuß wohl sonst sein Absehen richten? – Das Mädel ist schön – schlank – führt seinen netten Fuß. Unterm Dach
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mag’s aussehen, wie’s will. Darüber kuckt man bei euch
Weibsleuten weg, wenn’s nur der liebe Gott parterre nicht hat fehlen lassen – Stöbert mein Springinsfeld erst noch dieses Kapitel aus – he da! geht ihm ein Licht auf, wie meinem Rodney, wenn er die Witterung eines Franzosen
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kriegt, und nun müssen alle Segel dran, und drauflos, und – ich verdenk’s ihm gar nicht. Mensch ist Mensch. Das muss ich wissen.
FRAU. Solltest nur die wunderhübsche Billetter auch lesen, die der gnädige Herr an deine Tochter als schreiben tut. Guter
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Gott! Da sieht man’s ja sonnenklar, wie es ihm pur um ihre schöne Seele zu tun ist.
MILLER. Das ist die rechte Höhe. Auf den Sack schlagt man; den Esel meint man. Wer einen Gruß an das liebe Fleisch zu bestellen hat, darf nur das gute Herz Boten gehen lassen.
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Wie hab ich’s gemacht? Hat man’s nur erst so weit im Reinen, dass die Gemüter topp machen, wutsch! nehmen die Körper ein Exempel; das Gesind macht’s der Herrschaft nach und der silberne Mond ist am End nur der Kuppler gewesen.
FRAU. Sieh doch nur erst die prächtigen Bücher an, die der Herr Major ins Haus geschafft haben. Deine Tochter betet auch immer draus.
MILLER(pfeift). Hui da! Betet! Du hast den Witz davon. Die
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rohe Kraftbrühen der Natur sind Ihro Gnaden zartem Makronenmagen noch zu hart. – Er muss sie erst in der höllischen Pestilenzküche der Bellatristen künstlich aufkochen lassen. Ins Feuer mit dem Quark. Da saugt mir das Mädel – weiß Gott was als für? – überhimmlische Alfanzereien ein,
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das läuft dann wie spanische Mucken ins Blut und wirft mir die Handvoll Christentum noch gar auseinander, die der Vater mit knapper Not soso noch zusammenhielt. Ins Feuer sag ich. Das Mädel setzt sich alles Teufelsgezeug in den Kopf; über all dem Herumschwänzen in der Schlaraffenwelt
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findet’s zuletzt seine Heimat nicht mehr, vergisst, schämt sich, dass sein Vater Miller der Geiger ist, und verschlägt mir am End einen wackern ehrbaren Schwiegersohn, der sich so warm in meine Kundschaft hineingesetzt hätte – – Nein! Gott verdamm’ mich. (Er springt auf, hitzig.)
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Gleich muss die Pastete auf den Herd, und dem Major – ja, ja, dem Major will ich weisen, wo Meister Zimmermann das Loch gemacht hat. (Er will fort.)
FRAU. Sei artig, Miller. Wie manchen schönen Groschen haben uns nur die Präsenter – –
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MILLER(kommt zurück und bleibt vor ihr stehen). Das Blutgeld meiner Tochter? – Schier dich zum Satan, infame Kupplerin! – Eh will ich mit meiner Geig auf den Bettel herumziehen, und das Konzert um was Warmes geben – eh will ich mein Violoncello zerschlagen, und Mist im Sonanzboden
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führen, eh ich mir’s schmecken lass von dem Geld, das mein einziges Kind mit Seel und Seligkeit abverdient. – Stell den vermaledeiten Kaffee ein, und das Tobakschnupfen, so brauchst du deiner Tochter Gesicht nicht zu Markt zu treiben. Ich hab mich satt gefressen, und immer ein gutes Hemd auf dem Leib gehabt, eh so ein vertrackter Tausendsasa in meine Stube geschmeckt hat.
FRAU. Nur nicht gleich mit der Tür ins Haus. Wie du doch den Augenblick in Feuer und Flammen stehst! Ich sprech
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ja nur, man müss den Herrn Major nicht disguschtüren, weil Sie des Präsidenten Sohn sind.
MILLER. Da liegt der Has im Pfeffer. Darum, just eben darum, muss die Sach noch heut auseinander. Der Präsident muss es mir Dank wissen, wenn er ein rechtschaffener Vater ist.
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Du wirst mir meinen roten plüschenen Rock ausbürsten, und ich werde mich bei Seiner Exzellenz anmelden lassen. Ich werde sprechen zu Seiner Exzellenz: Dero Herr Sohn haben ein Aug auf meine Tochter; meine Tochter ist zu schlecht zu Dero Herrn Sohnes Frau, aber zu Dero Herrn
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Sohnes Hure ist meine Tochter zu kostbar, und damit basta! – Ich heiße Miller.
SekretärWURM. DieVORIGEN.
FRAU. Ah guten Morgen, Herr Sekertare. Hat man auch einmal
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wieder das Vergnügen von Ihnen?
WURM. Meinerseits, meinerseits, Frau Base. Wo eine Kavaliersgnade einspricht, kommt mein bürgerliches Vergnügen in gar keine Rechnung.
FRAU. Was Sie nicht sagen, Herr Sekertare! Des Herrn Majors
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von Walter hohe Gnaden machen uns wohl je und je das Bläsier, doch verachten wir darum niemand.
MILLER(verdrüsslich). Dem Herrn einen Sessel, Frau. Wollen S’ ablegen, Herr Landsmann?
WURM(legt Hut und Stock weg, setzt sich). Nun! Nun! Und wie
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befindet sich denn meine Zukünftige – oder Gewesene? – Ich will doch nicht hoffen – kriegt man sie nicht zu sehen – Mamsell Luisen?
FRAU. Danken der Nachfrage, Herr Sekertare. Aber meine Tochter ist doch gar nicht hochmütig.
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MILLER(ärgerlich, stößt sie mit dem Ellnbogen). Weib!
FRAU. Bedauern’s nur, dass sie die Ehre nicht haben kann vom Herrn Sekertare. Sie ist eben in die Mess, meine Tochter.
WURM. Das freut mich, freut mich. Ich werd einmal eine
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fromme christliche Frau an ihr haben.
FRAU(lächelt dumm-vornehm). Ja – aber Herr Sekertare –
MILLER(in sichtbarer Verlegenheit kneipt sie in die Ohren). Weib!
FRAU. Wenn Ihnen unser Haus sonst irgendwo dienen kann – Mit allem Vergnügen, Herr Sekertare –
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WURM(macht falsche Augen). Sonst irgendwo! Schönen Dank!
Schönen Dank – Hem! hem! hem!
FRAU. Aber – wie der Herr Sekertare selber die Einsicht werden haben –
MILLER(voll Zorn seine Frau vor den Hintern stoßend). Weib!
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