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Wilhelm Tell ist das letzte Drama Friedrich Schillers und behandelt den Stoff des Schweizer Nationalmythos um Wilhelm Tell, den Rütlischwur und den Schuß mit der Armbrust.
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Seitenzahl: 164
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Wilhelm Tell
Friedrich Schiller
Inhalt:
Friedrich von Schiller – Biografie und Bibliografie
Wilhelm Tell
Erster Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Zweiter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Dritter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Fünfter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Letzten Szene
Wilhelm Tell, F. Schiller
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849635169
www.jazzybee-verlag.de
Der populärste und gefeiertste deutsche Dichter, geb. 10. Nov. 1759 in Marbach am Neckar, gest. 9. Mai 1805 in Weimar. Sein Großvater Johannes S. lebte in dem bei Waiblingen gelegenen Dorfe Bittenfeld als Bäcker und Schultheiß, sein Vater, Johann Kaspar (1723–1796), nahm, noch Jüngling, als Feldscher in bayrischen Diensten am Österreichischen Erbfolgekrieg teil und ließ sich dann 1749, nach dem Frieden heimgekehrt, in Marbach als Wundarzt nieder. Hier heiratete er im Juli d. J. die Tochter des Bäckers und Löwenwirts Kodweis, Elisabeth Dorothea (1732–1802; vgl. E. Müller, Schillers Mutter, Leipz. 1894). Schillers Vater (vgl. Brosin, Schillers Vater, Leipz. 1879) war eine aufstrebende Willensnatur, tief religiös, von unantastbarem Charakter, rastlos tätig. Die Dürftigkeit seines Einkommens ließ den Chirurgus S. 1757 wieder Kriegsdienste nehmen und als württembergischer Fähnrich gegen den großen Preußenkönig nach Schlesien mitziehen. Während er, nach der Heimkehr 1759 zum Leutnant befördert, nahe bei Kannstatt im Übungslager stand, schenkte ihm seine Gattin im Hause ihrer Eltern zu Marbach den ersten und einzigen Sohn, unsern Dichter. Der Militärdienst des Vaters führte die Familie während der nächsten Jahre an verschiedene Orte, endlich 1763 nach Lorch. Hier erhielt der Knabe bei dem Ortspfarrer Moser (dem ein Erinnerungszeichen in den »Räubern« gilt) den ersten regelmäßigen Unterricht. Ende 1766 wurde der Vater zur Garnison nach Ludwigsburg berufen, wo unser Dichter die Lateinschule besuchte, bis ihn der Herzog zu Anfang 1773 als Zögling in seine mit einer Abteilung für künftige Zivildiener verbundene militärische Pflanzschule auf der Solitüde kommandierte, die, noch 1773 zu einer herzoglichen Militärakademie erweitert, 1775 nach Stuttgart verlegt und Ende 1781, nach Schillers Austritt, als »Hohe Karlsschule« (s. Karlsschule) zu einer Art Universität erhoben wurde. S. hegte ursprünglich den Plan, Theologie zu studieren, mußte ihn aber nach seinem Eintritt in die Akademie aufgeben und entschied sich für die Rechtswissenschaft, später für die Medizin. Daß der in beschränkten Verhältnissen geborne Knabe eine freie Weltbildung erwarb, war wesentlich der halb militärischen, halb wissenschaftlichen Lieblingsanstalt des Herzogs zu danken. Unter den Lehrern befanden sich mehrere begabte und anregende, in die Gedankenwelt der Jugend liebevoll eingehende Männer, wie z. B. der von S. hochverehrte J. F. v. Abel (vgl. Aders, J. F. Abel als Philosoph, Berl. 1893); daß an der Anstalt die philosophischen Disziplinen gegenüber den klassisch-philologischen entschieden bevorzugt wurden, war ein Umstand, dessen Folgen in der weitern Entwickelung Schillers noch lange nachwirkten. Die kasernenartige Disziplin mit allen ihren Kleinlichkeiten konnte freilich bei Naturen wie S. nur den ungestümen Freiheitsdrang fördern. Schillers Neigung zur Poesie war zunächst durch Klopstocks »Messias« genährt worden. Tiefer und unmittelbarer wirkten die dramatischen Produkte der Sturm- und Drangperiode auf ihn ein; Leisewitz' »Julius von Tarent«, Klingers Erstlingsdramen und Goethes »Götz« regten ihn zur Nacheiferung an. Den stärksten Einfluß auf Schillers Richtung und Bildung gewannen aber Plutarch und J. J. Rousseau: ob er schon damals Schriften Rousseaus gelesen hat, ist ungewiß; aber mit dessen Grundanschauungen wurde er vertraut, und sie erweckten seinen ungestümen Freiheitsdrang (vgl. Johannes Schmidt, S. und Rousseau, Berl. 1876). Seit 1776 erschienen im »Schwäbischen Magazin« einzelne Proben seiner Lyrik. 1777–78 begann die Ausarbeitung seines Trauerspiels: » Die Räuber«. Um den literarischen Bestrebungen freier huldigen zu können, ersehnte S. seine alsbaldige Entlassung aus der Militärakademie. Aber die 1779 eingereichte Abhandlung »Philosophie der Physiologie« wurde um ihres »zu vielen Feuers« willen vom Herzog abgelehnt; erst im Dezember 1780 erreichte S. auf Grund seiner Abhandlung »Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen« (Stuttg. 1780) das ersehnte Ziel. Er wurde zum Medikus ohne Portepee beim Grenadierregiment des Generals Auge mit 18 Gulden Monatsgage ernannt und erfuhr damit, da Herzog Karl eine gute Versorgung in Aussicht gestellt hatte, eine neue Enttäuschung. Von Dichtungen entstanden in dieser Zeit hauptsächlich noch die überschwenglichen Oden »An Laura«, zu denen eine Stuttgarter Hauptmannswitwe, Frau Vischer, den ersten Anlaß gegeben haben mag. Es herrscht in ihnen wie in fast allen Jugenddichtungen Schillers jene ungeläuterte Kraftgenialität, die am gewaltigsten in den »Räubern« zum Ausbruch kam. Seit Goethes »Götz« und »Werther« hatte kein dichterisches Erzeugnis solchen Eindruck auf die Zeitgenossen gemacht. Ganz von Rousseauschen Ideen erfüllt, hinreißend durch die Wucht dramatischen Lebens, erzielte das Werk bei der ersten Aufführung, die im Januar 1782 auf der Mannheimer Hof- und Nationalbühne mit Iffland in der Rolle des Franz Moor stattfand, auch in der von dem Intendanten H. v. Dalberg beeinflußten, manche Verschlechterung aufweisenden Bühnenbearbeitung Schillers einen großartigen Erfolg. Beglückt hierdurch, widmete sich der Dichter bald der Vollendung seiner zweiten Tragödie: »Die Verschwörung des Fiesco zu Genua«. Gleichzeitig gab er aus Opposition gegen F. G. Stäudlins »Schwäbischen Musenalmanach« eine »Anthologie auf das Jahr 1782« heraus, die zum größten Teil Dichtungen von ihm selbst darbot.
Aber während seine literarische Tätigkeit in diesem Aufschwung begriffen war, zogen schwere Wetter über S. heraus. Im Mai hatte er einer Wiederholung der »Räuber« mit Frau v. Wolzogen, der Mutter zweier ihm befreundeten Karlsschüler, beigewohnt und war deshalb heimlich nach Mannheim gereist. Diese Reise und der Umstand, daß eine Stelle in den »Räubern« in Graubünden Anstoß erregt hatte, zogen ihm außer einer Arreststrafe (während deren Abbüßung er »Kabale und Liebe« konzipierte) das Verbot des Herzogs zu, fernerhin »Komödien« oder sonst dergleichen zu schreiben. Das gab den Anstoß zu dem Plan Schillers, sich durch die Flucht dem Druck des heimischen Despotismus zu entziehen. In der Nacht vom 22. zum 23. Sept. 1782, während die ganze Bevölkerung durch ein glänzendes Hoffest in Anspruch genommen war, verließ der Dichter in Begleitung seines treuen Freundes, des Musikers Andreas Streicher, Stuttgart, am 24. traf er in Mannheim ein (vgl. A. Streicher), Schillers Flucht von Stuttgart und Aufenthalt in Mannheim von 1782–1785, Stuttg. 1836; Neudrucke von Hans Hofmann, Berl. 1905, in Landsbergs »Museum«, das. 1905, und in Reclams Universal-Bibliothek). Er brachte den »Fiesco« fast vollendet mit, der aber bei den Mannheimer Theaterleitern zunächst wenig Beifall fand. Auch fühlte sich S. in Mannheim nicht sicher genug; Ende September wanderte er daher mit Streicher weiter nach Frankfurt, dann nahmen die Freunde im Dorf Oggersheim bei Mannheim in armseliger Wirtsstube Wohnung und hausten dort sieben entbehrungsreiche Wochen hindurch, während deren größere Bruchstücke des bürgerlichen Trauerspiels »Luise Millerin« (später »Kabale und Liebe« betitelt) ausgeführt und der »Fiesco« umgearbeitet wurde, ohne aber auch jetzt zur Ausführung angenommen zu werden. Anfang Dezember öffnete sich dem Dichter ein besserer Zufluchtsort. Einer schon in Stuttgart an ihn ergangenen Einladung der Frau v. Wolzogen folgend, begab er sich auf deren Gut Bauerbach bei Meiningen. »Fiesco« war inzwischen von dem Mannheimer Buchhändler Schwan in Verlag genommen worden und erschien alsbald (1783). Der Plan dieses Werkes, dessen Stoff dem Dichter durch eine Empfehlung Rousseaus anziehend geworden war, hatte während der Ausarbeitung erhebliche Veränderungen erfahren: aus einem republikanischen Freiheitsdrama war ein »Gemälde des wirkenden und gestürzten Ehrgeizes« geworden, eine Schöpfung ungleichen Wertes, in der Charakterzeichnung teils sehr gelungen (Fiesco, Mohr), teils verfehlt, im Aufbau anfechtbar, in der Sprache oft kraftvoll, oft bombastisch. In der winterlichen Stille des Bauerbacher Aufenthalts, wo S. von Liebe zu Charlotte v. Wolzogen, der Tochter seiner Gönnerin, ergriffen wurde, gelang ihm die Vollendung der »Luise Millerin«, und im März 1783 entwarf er den »Don Carlos«. Der freundschaftliche Verkehr mit dem Meininger Bibliothekar Reinwald, der später Schillers Schwester Christophine heiratete, brachte dem Dichter Unterhaltung und Förderung in seine oft beklemmende Einsamkeit. Im Juli 1783 kehrte er nach Mannheim zurück, wo er im August von dem Intendanten Dalberg, der sich jetzt wieder entgegenkommend zeigte, zum Theaterdichter für die dortige Bühne engagiert wurde. Im April 1784 ging »Kabale und Liebe« zuerst über die Mannheimer Bretter und fand begeisterten Beifall. In diesem Stück hatte S. die vollendetste seiner Jugendtragödien, das höchste Meisterwerk in der neuen Gattung des bürgerlichen Trauerspiels geschaffen. Es stellte Zustände der traurigsten damaligen Wirklichkeit dar mit gelegentlich greller Zeichnung, aber doch mit echt poetischer Leidenschaft und Kraft der Charakteristik. Der Erfolg hob Schillers Lebensmut, ohne den materiellen Bedrängnissen des auch von Krankheit oft heimgesuchten Dichters ein Ende zu bereiten. Erfreulich war ihm die Aufnahme in die vom Kurfürsten protegierte Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft (Februar 1784), in der er sich (26. Juni) durch den Vortrag seiner noch ganz in moralisierenden Anschauungen befangenen Abhandlung: »Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet«, einführte. Inzwischen war S. an die Ausarbeitung des »Don Carlos« gegangen, wobei er sich zum erstenmal im Drama des fünffüßigen Jambus bediente (vgl. Zarncke, Über den fünffüßigen Jambus etc., in den »Goethe-Schriften«, Leipz. 1897). Den ersten Akt des Werkes, von dem S. größere Bruchstücke in seiner Zeitschrift »Rheinische Thalia« (später einfach »Thalia«, zuletzt »Neue Thalia«) veröffentlichte, las er Weihnachten 1784 am Darmstädter Hof in Gegenwart des Herzogs Karl August von Weimar vor, der ihm darauf den Titel eines herzoglichen Rates verlieh. Nur langsam gedieh die Fortsetzung des Dramas, besonders auch infolge der leidenschaftlichen Wirren, in die S. durch die Liebe zu Charlotte v. Kalb geriet; hiervon legen die Gedichte »Freigeisterei der Leidenschaft« und »Resignation« interessantes Zeugnis ab. Dazu kam drückende Geldnot. Aber auch Unannehmlichkeiten mit den Schauspielern und dem Intendanten verleideten ihm den Aufenthalt in Mannheim, so daß S. gern der Einladung mehrerer Verehrer (die ihm schon im Juni 1784 Beweise ihrer hingebenden Bewunderung gegeben hatten), nach Leipzig zu kommen, folgte. Ende April traf S. dort ein, wo die Schwestern Minna und Dora Stock sowie deren Verlobte Ferd. Huber und später Gottfried Körner, die Seele dieses ideal gesinnten Kreises, ihm mit feinsinnigem Verständnis entgegenkamen und Körner ihm Befreiung von seiner materiellen Not bereitete. Nach Monaten voll enthusiastischen Glückes, während deren S. in dem nahe bei Leipzig gelegenen Dorfe Gohlis wohnte, folgte er dem neuvermählten Freunde Körner im September nach Dresden, wo er das Lied »An die Freude« schrieb und den »Don Carlos« langsam zum Abschluß brachte. Diese Dichtung, deren Plan während der Ausarbeitung wesentliche Veränderungen erfahren hatte (vgl. Elster, Zur Entstehungsgeschichte des »Don Carlos«, Halle 1889), offenbarte des Dichters pathetisches Freiheitsgefühl in hinreißender Vollendung und enthielt in der Schilderung von Liebe und Freundschaft eine Reihe ergreifender Szenen, die das früher von S. Geleistete wesentlich übertrafen; doch die Einheit der Handlung war während der langen Entstehung verloren gegangen. In den Erzählungen »Der Verbrecher aus Infamie« (später »Der Verbrecher aus verlorner Ehre«) und »Der Geisterseher« (gedruckt 1789; vgl. A. v. Hanstein, Wie entstand Schillers »Geisterseher«?, Berl. 1903) bewies S., daß ihm auch die Gabe des Erzählers keineswegs abging, und in den durch die Gespräche mit Körner angeregten »Briefen des Julius an Raphael« setzte er die philosophischen Erörterungen seiner akademischen Jahre mit größerm Erfolg fort. Während des Dresdener Aufenthalts wurde der Dichter abermals in ein leidenschaftliches Herzensverhältnis gezogen, aus dem er sich nur unter schweren Kämpfen befreite. Ein Fräulein Henriette v. Arnim hatte ihn in ihre Fesseln geschlagen. Im Juli 1787 riß S. sich von Dresden los. Eine Aufforderung Schröders, sein Talent für dessen Bühne zu verwerten und nach Hamburg zu kommen, lehnte er ab; Frau v. Kalb wünschte ihn in Weimar zu sehen, wohin ihn noch andre Interessen zogen.
So langte S. im Juli 1787 in der Musenstadt an, wo er achtungsvolle Aufnahme fand und die herzlichen Beziehungen zu Charlotte v. Kalb erneuerte. Ende 1787 besuchte er in Rudolstadt die Witwe des Oberjägermeisters v. Lengefeld, die er nebst ihren geistvollen und liebenswürdigen Töchtern Karoline und Lotte bereits 1784 in Mannheim flüchtig gesprochen hatte. Im Mai 1788 siedelte er in das nahe bei Rudolstadt gelegene Dorf Volkstedt über; am 9. Sept. lernte er im Lengefeldschen Hause Goethe kennen, zu dem sich aber einstweilen noch kein näheres Verhältnis herausbildete. Inzwischen hatte S. die »Geschichte des Abfalls der Niederlande« auszuarbeiten begonnen, deren erster und einziger Teil 1788 erschien, eine Schrift, die bei unzulänglicher Quellenkritik doch überall die geistvolle Auffassung und Darstellung des Dichters verrät. Daneben entstanden mehrere Gedichte, so im März 1788 »Die Götter Griechenlands«, jene berühmte Klage um die heimgegangene »Religion der Schönheit«, deren elegische Wahrheit die Polemik F. Leop. v. Stolbergs nicht aufzuheben vermochte; und durch die Lektüre Homers und die Übertragung Euripideischer Stücke versuchte S., das Griechentum sich trotz mangelnder Sprachkenntnis näherzubringen. Im November kehrte er nach Weimar zurück. Sein Herz jedoch blieb in Rudolstadt, wo er den Schwestern Karoline v. Beulwitz (die in ihrer Ehe nicht glücklich war) und Lotte v. Lengefeld gleich lebhafte Neigung widmete.
Im Dezember erhielt er durch Goethes Vermittelung einen Ruf als außerordentlicher (zunächst unbesoldeter) Professor der Geschichte nach Jena, dem er trotz einiger Bedenken gern folgte. Nachdem er im Winter sein inhaltreiches Gedicht »Die Künstler« unter Wielands Anteil und nach mannigfaltigen Änderungsvorschlägen Wielands langsam abgeschlossen hatte, trat er sein Lehramt im Mai mit der Vorlesung »Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?« an und wurde von der Studentenschaft mit Jubel begrüßt. S., der im ganzen nur fünf Semester Vorlesungen gehalten hat, übte auch als Dozent auf einen engern Kreis von Zuhörern, unter denen Friedrich v. Hardenberg (Novalis) besonders genannt sei, einen starken Eindruck aus. Seit 1790 gab er eine Sammlung historischer Memoiren heraus und bald, 1791–93, trat er in Göschens »Historischem Damenkalender« mit einer neuen, umfangreichen Arbeit, der »Geschichte des Dreißigjährigen Krieges«, hervor, in der namentlich die ausgezeichneten Charakterbilder Wallensteins und Gustav Adolfs neben der durchweg fesselnden Darstellung zu rühmen sind. Im Juli 1789 hatte sich das Verhältnis des Dichters zu Lotte v. Lengefeld zum völligen Herzensbund gestaltet, und nachdem der Herzog Karl August zu Ende des Jahres einen kleinen Jahresgehalt (von 200 Tlr.) bewilligt hatte, schritten die beiden 22. Febr. 1790 in dem Dorfe Wenigenjena bei Jena vor den Altar. Das reiche, wenn auch durch fast erdrückende Arbeitslasten etwas beeinträchtigte Glück, das S. an Lottens Seite fand, erfuhr aber schon nach wenigen Monaten durch die schwere Erkrankung Schillers eine tiefgreifende Störung. Ein Brustleiden, von dem sich S. niemals wieder ganz erholen sollte, kam Anfang Januar im Hause des Koadjutors Karl v. Dalberg in Erfurt in einem Besorgnis erregenden Anfall zum Ausbruch, ein Rückfall im Mai ließ das Schlimmste befürchten, auch eine Erholungsreise nach Karlsbad, die S. im Sommer antrat, brachte keine Genesung; und besonders bedrückend für den leidenden Dichter war es, daß er, aller Erwerbsmittel beraubt, dem grauen Gespenst der Not entgegensah. In dieser Lage kam unerwartete Hilfe aus weiter Ferne. Ein eifriger Verehrer Schillers, der dänische Dichter Jens Baggesen, hatte auf die falsche Nachricht von Schillers Tod in Hellebeck auf Seeland eine empfindsame Gedächtnisfeier veranstaltet; als er erfuhr, daß S. noch lebe, aber unter materieller Bedrängnis schwer leide, veranlaßte er zwei hochgestellte Teilnehmer jener Feier, den Grafen Ernst Heinrich v. Schimmelmann (geb. 1747, seit 1784 dänischer Finanzminister) und den Prinzen Friedrich Christian von Schleswig-Holstein-Augustenburg (geb. 1765, Schwiegersohn des Königs, seit 1790 Leiter des Unterrichtswesens in Dänemark), den gefühlvollen Worten die edle Tat folgen zu lassen und dem großen Dichter über seine Not hinwegzuhelfen. Sie taten es, indem sie S. in der denkbar zartesten Form, ohne irgendeine Gegenforderung und allein von reinster Menschenliebe getrieben, für drei Jahre eine jährliche Unterstützung von 1000 Tlr. (3600 Mk.) anzunehmen baten. S. griff bewegten Herzens zu, und unabsehbar reich war der Segen jener Gabe. Denn sie setzte den Dichter instand, seinem Genius in stiller Sammlung die Klärung und Bereicherung zuteil werden zu lassen, an der ihn die Hast des Gelderwerbes behindert hätte: er vertiefte sich in die Kantsche Philosophie, durch die seine Weltanschauung und seine Kunstübung eine wesentliche Umgestaltung erfuhr und erst zu jener Höhe emporstieg, die wir in den nun bald folgenden Meisterwerken Schillers bewundern. Vor allem den ästhetischen Problemen zugewandt, legte er die Ergebnisse seines Nachdenkens in einer Reihe gehaltvoller Abhandlungen nieder, die einen dauernden Gewinn der Kunstlehre bedeuten. Auf die noch sehr anfechtbaren Aufsätze »Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen« und »Über die tragische Kunst«, die er 1792 in der »Thalia« veröffentlichte, folgten interessante, aber in der Hauptsache gleichfalls noch mißlungene Versuche, die von Kant gegebene subjektive Grundlegung des Schönen durch eine Charakteristik des ästhetischen Objekts zu ergänzen; sie sollten in einer unvollendet gebliebenen Schrift »Kallias« genauere Erörterung finden, für die uns die ausführlichen Briefe an Körner vom Februar 1793 Ersatz bieten dürften. Schön sind nach S. die Objekte des Lebens dann, wenn sie, in Analogie zu dem transzendentalen Freiheitsbegriff der Kantschen Lehre, auf freier Selbstbestimmung zu beruhen scheinen, wenn sie also, obwohl der Erscheinungswelt angehörend, an jener transzendentalen Freiheit teilnehmen, kurz: schön ist nach S. die Freiheit in der Erscheinung. Über diese keineswegs einwandfreie Formel hinaus gelangte S. in der Abhandlung »Über Anmut und Würde« (1793), in der er eine wertvolle Kennzeichnung zweier ästhetischer Lebensbegriffe gibt: er erblickt die Anmut dort, wo sich Neigung und Pflichtgebot in der Seele zu vollkommener Harmonie zusammengefunden haben, Würde dagegen in dem Sieg der Vernunft über die sinnliche Regung. Sein Bestes bot er aber in der Schrift »Über die ästhetische Erziehung des Menschen«, die aus Briefen, die S. an den Herzog von Augustenburg richtete, hervorgegangen sind (die Originale sind durch eine Feuersbrunst verloren gegangen, eine Abschrift wurde von Michelsen, Berl. 1876, veröffentlicht; vgl. Breul, Die ursprüngliche und die umgearbeitete Fassung der Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen, in der »Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur«, Bd. 28, das. 1884). Eine vollständige Wiedergeburt der in politischen Wirrnissen verkommenen Menschheit (S., anfangs ein Freund der französischen Revolution, hatte sich seit der Hinrichtung Ludwigs XVI. mit Abscheu von ihr abgewandt) erwartet er hier allein durch eine ästhetische Veredelung der Gefühle und Triebe; er findet, zu Kants subjektivistischer Auffassung zurückkehrend, den ästhetischen Zustand dort, wo der Mensch die Eindrücke der den Lebensstoff uns darbietenden Sinnlichkeit frei auf sich wirken läßt, ohne ihn durch die Eingriffe seines Begehrens und seiner Vernunft zu verändern, wo er sich an ihnen wie an einem freien Spiel ergötzt; S. erblickt in dem von ihm genauer charakterisierten Spieltrieb das Bezeichnende des ästhetischen Verhaltens. Von gleichgroßer Bedeutung wie diese Schrift ist die Abhandlung »Über naive und sentimentalische Dichtung«, die er in den »Horen« 1795 und 1796 veröffentlichte: in ihr sucht er namentlich in der Beschreibung der subjektiven (sentimentalischen) Auffassungsweise eine Reihe charakteristischer Grundstimmungen (das Pathetische, Satirische, Elegische und Idyllische) in sehr fruchtbringender Weise zu unterscheiden.