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Dieses Buch enthält Amüsantes, Heiteres und Wunderliches aus früheren, längst vergangenen Zeiten, etwa Anekdoten über August den Starken, Fürst Bismarck, über Herzöge, Könige, Kronprinzen und Kaiser, einfache Soldaten und hohe Offiziere, wie Blücher und Wrangel, aber auch Geschichten von Bauern, Handwerkern, Wandergesellen und anderen biederen Leuten, aufgezeichnet von diversen unbekannten Autoren. - Rezension zur maritimen gelben Reihe: Ich bin immer wieder begeistert von der "Gelben Buchreihe". Die Bände reißen einen einfach mit. Inzwischen habe ich ca. 20 Bände erworben und freue mich immer wieder, wenn ein neues Buch erscheint. oder: Sämtliche von Jürgen Ruszkowski aus Hamburg herausgegebene Bücher sind absolute Highlights. Dieser Band macht da keine Ausnahme. Sehr interessante und abwechslungsreiche Themen aus verschiedenen Zeitepochen, die mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt haben! Man kann nur staunen, was der Mann in seinem Ruhestand schon veröffentlicht hat. Alle Achtung!
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Seitenzahl: 235
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Jürgen Ruszkowski
Amüsantes, Heiteres und Wunderliches aus früheren Zeiten - Band 132e in der gelben Buchreihe
Band 132e in der gelben Buchreihe
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort des Herausgebers
Hamburg, 2020 Jürgen Ruszkowski
Amüsante, wunderliche und heitere Anekdoten diverser unbekannter Autoren aus längst vergangenen Zeiten
Auch ein König
Die zwölf Eier
Drei Wünsche
Der überlistete Advokat
Doktor Allwissend
Eine lustige Geschichte vom langen August
August der Starke und der Hufschmied
Bauer und Edelmann
Der ausschweifende Bauernsohn
Weshalb sie den Nachtwächter nicht begraben wollten
Der betrogene Gatte
Ich bin auch Schuster
Bismarck und der Kronprinz
Durch den Herrn Stadtgerichtsrat
Um Himmels Willen, was ist geschehen?
Feldmarschall Blücher und das Hornvieh
Blücher als Geist
Wie man Diebe fängt
Das lebendige Echo
Eigenlob
Eile mit Weile
Eine feierliche Einladung
Von der Eule zu Peine
Ruschenbusch im Examen
Vom Krückstock Friedrich des Großen
Friedrich der Große und Seydlitz
Husar Krüger
Der preußische Pfiff
Der Weißgerbergesell
Die geprellten Räuber
Redlich geteilt
Eine gute Gewohnheit und ihr Lohn
Die große Nase
Hans und der Großvater
Der friedliche Hahnrei
Eine Hasenjagt zu Wasser
Das Hemd des Glücklichen
Ein seltsamer Ausspruch des Bürgermeisters zu Hildesheim
Floit du dinen Hummer
Der schlaue Pater Küchenmeister
Ein Gerichtskuriosum
Ein langes Band
Die lange Reise
Löwe und Tiger
König Ludwig I. und die Schildwache
Ein Märlein von der Wahrheit
König Max Joseph von Bayern und der Gänsejunge
Der Müller ohne Sorgen
Die Pantoffeln
Von einem armen Studenten, der aus dem Paradies kam
Das Pferdeei
Meister Pfriem
Der Großprahler
Eine Schulprüfung Friedrich Wilhelms I.
Der gute und der schlechte Rechenmeister
Man kann es nicht allen Leuten recht machen
Der lange Lorenz von Rostock
Der Kaiser und die Bäckersfrau
Der Kaiser und der Bettler
Die große Rübe
Wie die Schildbürger in den Ruf der Narrheit kamen
Wie die Schildbürger den Kaiser empfingen
Wie die Schildbürger ratseinig wurden, ein neues Rathaus zu bauen und was sich damit begeben hat
Wie die Schildbürger ratseinig wurden, ein neues Rathaus zu bauen und was sich damit begeben hat
Wie die Schildbürger einen Schultheiß wählten
Der Maushund in Schilda
Der Schneider im Himmel
Die Schöppenstedter verschreiben ein Gewitter
Wie die Schöppenstedter einen schiefen Kirchturm bekommen
Der Schuss aus der Harke
Das Schütteln
Das seltsame Rossfutter
Der Schwabe und der Edelmann
Schwäbische Gemütlichkeit
Der Springerwirt
Das Stipendium
Ein Studentenstücklein
Student und Bauer
Wie ein Fuchs den anderen überlistet
Der Zauber der Gardeuniform
Er lässt sich nicht verblüffen
Die Vergeltung
Ein warmes Bad
König und Bauer
Schier dreißig Jahre bist du alt
Der größte Baumeister
Ein Rätsel
Friedrich Wilhelm IV. und das „Fest der Handwerker“
Eine Gratulationsidee
Unmöglich
Eine Ursache zum Lachen
Verschlafen und betrogen
Billige Zeche
Die maritime gelbe Buchreihe
Weitere Informationen
Band 132e-a in der gelben Buchreihe
Impressum neobooks
Vorwort des Herausgebers
Von 1970 bis 1997 leitete ich das größte Seemannsheim in Deutschland am Krayenkamp am Fuße der Hamburger Michaeliskirche.
Dabei lernte ich Tausende Seeleute aus aller Welt kennen.
Im Februar 1992 entschloss ich mich, meine Erlebnisse mit den Seeleuten und deren Berichte aus ihrem Leben in einem Buch zusammenzutragen. Es stieß auf großes Interesse. Mehrfach wurde in Leserreaktionen der Wunsch laut, es mögen noch mehr solcher Bände erscheinen. Deshalb folgten dem ersten Band der „Seemannsschicksale“ weitere.
Inzwischen habe ich über 130 Buchbände gestaltet, überwiegend mit maritimem Hintergrund.
Ruhestands-Arbeitsplatz
Hier entstehen die Bücher und Webseiten des Herausgebers
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Amüsante, wunderliche und heitere Anekdoten diverser unbekannter Autoren aus längst vergangenen Zeiten
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Auch ein König
Der Musikmeister Graun war einer der beliebtesten Opernkomponisten und stand beim Alten Fritz in höchster Gunst.
Eines Tages erhielt er von dem Könige den Befehl, sofort eine Probe seines neuesten Werkes abzuhalten, da er verhindert wäre, der Aufführung beizuwohnen.
Graun tat wie befohlen, und Friedrich folgte dem Vortrage mit der größten Aufmerksamkeit. Am Schluss der Probe ließ er sich die Partitur geben, nahm seinen Bleistift und strich einige Seiten derselben durch. „Alles, was ich gestrichen habe, muss geändert werden. Es missfällt mir“, sagte er und reichte dem Meister die Partitur zurück.
„Das tut mir sehr leid, Euer Majestät“, erwiderte Graun. „Aber ich werde keine Note ändern, denn übermorgen ist Generalprobe und bis dahin ist es mir unmöglich, Neues zu schreiben und einzustudieren. Außerdem habe ich noch einen Grund. Diesen darf Euer Majestät erst dann hören, wenn Sie gnädiger sein werden.“
„Ich bin ja gar nicht ungnädig auf Ihn, Graun. Darum will ich den Grund gleich wissen.“ Graun sah den König ruhig an, nahm seine Partitur an sich und sagte mit freundlicher Miene: „Majestät, überdies hier bin ich König!“
„Da hat Er recht“, rief Friedrich lachend. „Ich lasse mir auch nicht ins Handwerk pfuschen.“
* * *
Die zwölf Eier
Ein reicher Kaufmann trat in einen Gasthof ein, und da er sehr hungrig war und auch einen großen Magen hatte, bestellte er sich zwölf gekochte Eier. Der Wirt besorgte sie, aber in demselben Augenblick traf ein Eilbote ein, der den Kaufmann in einer dringenden Angelegenheit heim rief. So ließ er die Eier stehen, sprang auf sein Pferd und eilte, ohne sie bezahlt zu haben schleunigst von dannen.
Zehn Jahre nachher begab es sich aber, dass der Kaufmann in demselben Gasthofe wieder einkehrte. Der Wirt erkannte ihn nicht gleich wieder; der Kaufmann aber sagte, er wäre heute nicht zum ersten Male in diesem Hause, vor vielen Jahren hätte er sich hier einmal zwölf Eier kochen lassen – und die wäre er noch schuldig und wollte sie jetzt bezahlen.
„Ja“, sagte der Wirt, „die sind Euch angerechnet und werden Euch auch teuer genug zu stehen kommen.“ – „Nun“, sagte der Kaufmann, „allzu schlimm wird es ja wohl nicht werden. Zwölf Eier werde ich ja wohl noch bezahlen können.“ – „Das fragt sich“, entgegnete der Wirt, „es wird sich aber bald ausweisen.“ Und er forderte eine ungeheure Summe für die zwölf Eier.
Der Kaufmann lachte laut auf, als er dies hörte und verweigerte die Zahlung. Da kam die Sache vor Gericht und der Wirt rechnete dem Richter vor, aus den zwölf Eiern würden zwölf Küchlein gekommen sein, die Küchlein würden wieder Eier gelegt haben, aus denen wieder Küchlein gekommen sein würden – und so fort, was zuletzt den Betrag ausmachte, den der Wirt gefordert hatte.
Der Richter sprach dem Wirt diese Summe auch zu. Ganz erschrocken verließ der Kaufmann den Gerichtssaal, denn sein ganzes Vermögen reichte kaum hin, die Schuld zu zahlen. Wie er nun ganz betrübt einherging, begegnete ihm ein altes Männchen. Das fragte ihn: „Herr, was habt Ihr denn Trauriges erlebt, Ihr macht ja ein Gesicht, als wenn Ihr morgen hingerichtet werden solltet?“
Der Kaufmann antwortete, wozu er ihm das sagen sollte, er könne ihm ja doch nicht helfen. „Wer weiß“, sagte darauf das Männchen, „ich bin ein guter Ratgeber und habe schon manchem aus der Patsche geholfen, klagt mir nur Eure Not!“ Da erzählte denn der Kaufmann, wie er um die zwölf Eier ein armer Mann werden sollte. „Wenn's weiter nichts ist“, sagte darauf das Männlein, „so geht nur hin zum Richter und sagt ihm, die Sache müsse noch einmal verhandelt werden. Ihr hättet einen Fürsprecher angenommen. Dann will ich Eure Sache vor Gericht vertreten.“ Wer war froher als der Kaufmann! Er tat, was ihm geraten war – und der Richter setzte einen Satz fest, an dem die Verhandlung auf 's Neue geführt werden sollte.
Der Gerichtstag kam heran, der Kaufmann erschien rechtzeitig, aber das Männlein war noch nicht da. Die Gerichtsherren, die schon hinter dem grünen Tische saßen, wurden ungeduldig und fragten ihn ein über das andere Mal, wo denn sein Fürsprecher bliebe; denn die Stunde war fast vorbei und sie wollten schon das erste Urteil bestätigen.
Endlich erschien das Männchen, und die Richter fragten, weshalb er sie denn so lange hätte warten lassen. Er antwortete: „Ich musste heute noch in einem Garten Erbsen pflanzen – und die wollten gar nicht weich werden.“ Da lachten die Richter und der älteste sagte: „Ei, gekochte Erbsen pflanzt man doch nicht, die können ja doch niemals Frucht bringen.“ Und das Männchen erwiderte: „Ei, gekochte Eier lässt man doch nie ausbrüten, davon kommen doch keine Küchlein. Darum seid so freundlich, ihr lieben Herren und sprecht ein anderes Urteil. Dieser Kaufmann ist dem Wirte zwölf gekochte Eier schuldig – und die will und soll er auch bezahlen. Weiter aber schuldet er nichts.“
Das leuchtete den Richtern endlich ein und sie hoben das erste Urteil auf. Der Kaufmann bezahlte dem Wirte die zwölf Eier. Als er aber dem Mann danken wollte, war er schon verschwunden.
* * *
Drei Wünsche
Ein junges Ehepaar lebte recht vergnügt und glücklich beisammen und hatte nur den einen einzigen Fehler, der in jeder menschlichen Brust daheim ist: wenn man es gut hat, hätte man es gern besser. Aus diesem Fehler entstehen so viele törichte Wünsche, woran es unserm Hans und seiner Liese auch nicht fehlte. Bald wünschten sie des Schulzen Acker, bald des Löwenwirts Geld, bald des Müllers Haus und Hof und Vieh, bald einmalhunderttausend Millionen bayerische Taler kurzweg.
Eines Abends aber, als sie friedlich am Ofen saßen und Nüsse aufklopften, kam durch die Kammertür ein weißes Weiblein herein, nicht mehr als eine Elle lang, aber wunderschön von Gestalt und Angesicht – und die ganze Stube war voll Rosenduft. Das Licht erlosch, aber ein Schimmer wie Morgenrot, wenn die Sonne nicht mehr fern ist, strahlte von dem Weiblein aus und überzog alle Wände.
Über so etwas kann man nun doch ein wenig erschrecken, so schön es aussehen mag. Aber unser gutes Ehepaar erholte sich doch bald wieder, als das Fräulein mit wundersüßer, silberreiner Stimme sprach: „Ich bin eure Freundin, die Bergfee Anna Fritze, die im kristallenen Schlosse mitten in den Bergen wohnt, mit unsichtbarer Hand Gold in den Rheinsand streut und über siebenhundert dienstbare Geister gebietet. Drei Wünsche dürft ihr tun. Drei Wünsche sollen erfüllt werden.“
Hans drückte den Ellbogen an den Arm seiner Frau, als ob er sagen wollte: „Das lautet nicht übel.“ Die Frau aber war schon im Begriff den Mund zu öffnen und etwas von ein paar Dutzend goldgestickter Hauben, seidenen Halstüchern und dergleichen zur Sprache zu bringen, als die Bergfee sie mit aufgehobenem Zeigefinger warnte: „Acht Tage lang“, sagte sie, „habt ihr Zeit. Bedenkt euch wohl – und übereilt euch nicht!“
„Das ist kein Fehler“, dachte der Mann und legte seiner Frau die Hand auf den Mund. Das Bergfräulein aber verschwand. Die Lampe brannte wie vorher und statt des Rosenduftes zog wieder wie eine Wolke am Himmel der Öldampf durch die Stube.
Obschon nun unsere guten Leute in der Hoffnung zum Voraus glücklich waren und keinen Stern mehr am Himmel sahen, sondern laute Bassgeigen, so waren sie jetzt doch recht übel dran: Vor lauter Wunsch wussten sie nicht, was sie wünschen sollten. Und hatten nicht einmal das Herz, recht daran zu denken oder davon zu sprechen, aus Furcht, es möchte als gewünscht gelten, ehe sie es genug überlegt hätten. Nun sagte die Frau: „Wir haben ja noch Zeit bis zum Freitag.“
Des anderen Abends, während die Kartoffeln zum Nachtessen in der Pfanne prasselten, standen Mann und Frau vergnügt an dem Feuer beisammen, sahen zu, wie die kleinen Feuerfünklein an der rußigen Pfanne hin und her züngelten, vertieft in ihr künftiges Glück.
Als die Frau aber die gerösteten Kartoffeln aus der Pfanne in die Schüssel tat und ihr der Geruch lieblich in die Nase stieg, da sagte sie in aller Unschuld und ohne an etwas anderes zu denken: „Wenn wir jetzt nur ein gebratenes Würstlein dazu hätten.“ Und – o weh! – da war der erste Wunsch getan.
Schnell, wie ein Blitz kommt und vergeht, kam es wieder wie Morgenrot und Rosenduft untereinander durch den Schornstein herab. Und auf den Kartoffeln lag die schönste Bratwurst. – Wie gewünscht, so geschehen. – Wer sollte sich über einen solchen Wunsch und seine Erfüllung nicht ärgern, welcher Mann übe solche Unvorsichtigkeit seiner Frau nicht unwillig werden?
„Wenn dir doch nur die Wurst an der Nase angewachsen wäre!“, sprach in der ersten Überraschung, auch in aller Unschuld und ohne an etwas anderes zu denken, der Mann. Und – wie gewünscht, so geschehen. Kaum war das letzte Wort gesprochen, so dass die Wurst unter der Nase des guten Weibes fest wie angewachsen und hing zu beiden Seiten herab wie ein Husarenschnurrbart.
Nun war die Not der armen Eheleute erst recht groß. Zwei Wünsche waren getan – und noch waren sie um keinen Heller und um kein Weizenkorn, sondern nur um eine böse Bratwurst reicher. Noch war zwar ein Wunsch übrig, aber was half nun aller Reichtum und alles Glück zu einem solchen Nasenzierrat der Hausfrau?
Wohl oder übel mussten sie die Bergfee bitten, mit unsichtbarer Hand Barbierdienste zu leisten und Frau Liese wieder von der verwünschten Wurst zu befreien. Wie gebeten, so geschehen. Der dritte Wunsch war nun auch vorüber und die armen Eheleute sahen einander an, waren derselbe Hans und dieselbe Liese nachher wie vorher – und die schöne Bergfee kam niemals wieder.
* * *
Der überlistete Advokat
Einst war ein Mann wegen eines Vergehens vor das Gericht gefordert und sah wohl ein, dass er ohne eine Geldstrafe nicht davonkommen würde. Da klagte er einem Fürsprecher oder Advokaten seine Not und bat ihn um guten Rat. Dieser sagte: „Ich will dir versprechen, dass du ohne alle Kosten aus der Sache gezogen wirst, sofern du mir für meine Mühe vier Gulden als Lohn geben willst.“ Der Mann war es zufrieden und sagte ihm die vier Gulden zu, wenn er ihm aus der Klemme heraushelfen wollte.
Da gab ihm der Fürsprecher den Rat, wenn er mit ihm vor Gericht käme so sollte er, wie viel man ihn auch fragte, keine andere Antwort geben als das einzige Wörtchen „Blä“. Als sie nun vor Gericht kamen, wurde der Mann hart verklagt und stark beschuldigt. Aber man konnte aus ihm kein anderes Wort herausbringen als „Blä“. Da lachten die Gerichtsherrn laut auf und fragten seinen Fürsprecher: „Was wollt Ihr denn in seinem Namen antworten?“ Der Fürsprecher sagte: „Ich kann nichts für ihn reden, denn er ist ein Narr und kann mir auch nicht sagen, was ich reden soll. Es ist nichts mit ihm anzufangen, er sollte billig freigesprochen werden.“ Also gingen die Herren zu Rate und beschlossen, ihn ledig zu lassen. So geschah es denn auch.
Nun aber verlangte der Fürsprecher von seinem Schützling die vier Gulden. Aber der sprach: „Blä!“ Da sagte der Fürsprecher: „Du wirst mir doch nicht das abbläen, ich will mein Geld haben“, und entbot ihn vor das Gericht.
Und als die Beiden wieder vor dem Richter standen, sagte der Verklagte wiederum nichts weiter als „Blä.“ Da sprachen die Gerichtsherren zu dem Fürsprecher: „Was macht Ihr mit dem Narren? Wisst Ihr nicht, dass er nicht reden kann?“ Also musste der Advokat mit leeren Händen abziehen und das Wort „Blä“ als Entgelt für seine vier Gulden zum Lohne nehmen – und traf wieder einmal Untreue den eigenen Herrn.
* * *
Doktor Allwissend
Es war einmal ein armer Bauer namens Krebs. Der fuhr mit zwei Ochsen ein Fuder Holz in die Stadt und verkaufte es für zwei Taler an einen Doktor. Als ihm nun das Geld ausbezahlt wurde, saß der Doktor gerade zu Tisch. Da sah der Bauer, wie er schön aß und trank, und das Herz ging ihm danach auf – und er wäre auch gern ein Doktor gewesen. Also blieb er noch ein Weilchen stehen und fragte endlich, ob er nicht auch ein Doktor werden könnte. „O ja“, sagte der Doktor, „das ist bald geschehen.“ – „Was muss ich tun?“, fragte der Bauer. „Erstlich kauf dir ein Abc-Buch, so eins, wo vorn ein Gockelhahn drin ist, zweitens mache deine Wagen und deine zwei Ochsen zu Geld und schaff dir damit Kleider an und was sonst zur Doktorei gehört. Drittens lass dir ein Schild machen mit den Worten: ‚Ich bin der Doktor Allwissend‘ und lass es oben über deine Haustür nageln.“ Der Bauer tat alles, was ihm geheißen war.
Als er nun ein wenig gedoktort hatte, aber noch nicht viel, ward einem reichen Manne Geld gestohlen. Da ward ihm von dem Doktor Allwissend gesagt, der in dem und dem Dorfe wohnte und auch wissen müsste, wo das Geld hingekommen wäre. Also ließ der Herr seinen Wagen einspannen, fuhr hinaus ins Dorf und fragte bei ihm an, ob er der Doktor Allwissend wäre. – Ja, der wäre er. – So sollte er mitgehen und das gestohlene Geld wiederbeschaffen. – O ja, aber die Grete, seine Frau, müsste auch mit. Der Herr war das zufrieden und ließ sie beide in den Wagen setzen und sie fuhren zusammen fort.
Als sie auf den adligen Hof kamen, war der Tisch gedeckt; da sollte er erst mitessen. Ja, aber seine Frau die Grete, müsste auch mit, sagte er und setzte sich mit ihr hinter den Tisch. Wie nun der erste Bediente mit einer Schüssel schönem Essen kam, stieß der Bauer seine Frau an und sagte: „Grete, das war der Erste“, und meinte, es wäre derjenige, der das erste Essen brachte! Der Bediente aber meinte, er hätte damit sagen wollen: „Das ist der erste Dieb“, und weil er's nun wirklich war, ward ihm Angst und er sagte draußen zu seinen Kameraden: „Der Doktor weiß alles, wir kommen übel an; er hat gesagt, ich wäre der Erste.“
Der Zweite wollte gar nicht herein; er musste aber doch. Als er nun mit der Schüssel herein kam, stieß der Bauer seine Frau an: „Grete, das ist der Zweite.“ Dem Bedienten ward ebenfalls Angst und er machte, dass er hinaus kam. Dem Dritten ging's nicht besser. Der Bauer sagte wieder: „Grete, das ist der Dritte.“ Der Vierte musste eine verdeckte Schüssel hereintragen und der Herr sprach zum Doktor, er sollte seine Kunst zeigen und raten, was darunter läge; es waren aber Krebse. Der Bauer sah die Schüssel an, wusste aber nicht, wie er sich helfen sollte, und sprach: „Ach, ich armer Krebs!“ Als der Herr das hörte, sagte er: „Ja, ja, Er weiß es. Nun – weiß Er auch, wer das Geld hat?“
Dem Bedienten aber ward gewaltig Angst und er blinzelte den Doktor an, er möchte einmal herauskommen. Als er nun hinauskam, gestanden sie ihm alle Viere, sie hätten das Geld gestohlen. Sie wollten 's ja gerne herausgeben und ihm eine schwere Summe dazu, wenn er sie nicht verraten wollte. Es ginge ihnen sonst an den Hals. Sie führten hin auch hin, wo das Geld versteckt lag. Damit war der Doktor zufrieden, ging wieder hinein, setzte sich an den Tisch und sagte: „Herr, nun will ich in meinem Buch suchen, wo das Geld steckt.“
Der fünfte Bediente aber kroch in den Ofen und wollte hören, ob der Doktor noch mehr wüsste. Der saß aber und schlug sein Abc-Buch auf, blätterte hin und her und suchte den Gockelhahn. Weil er ihn nicht gleich finden konnte, sprach er: „Du bist doch darin und musst auch heraus!“ Da glaubte der im Ofen, er wäre gemeint, sprach voller Schrecken heraus und rief: „Der Mann weiß alles!“ Nun zeigte der Doktor dem Herrn, wo das Geld lag, sagte aber nicht, wer's gestohlen hatte, bekam von beiden Seiten viel Geld zur Belohnung und ward ein berühmter Mann.
* * *
Eine lustige Geschichte vom langen August
Der lange August war der stattlichsten Studenten einer in der alten Verbindung „Niandrina“. Ein guter, braver Kerl war er, das muss ihm jeder nachsagen. Aber das Pulver hatte er nicht erfunden, das muss man ihm auch lassen.
Eines Tages lustwandelte er am kühlen Strande der Ostsee. Da fiel dicht vor seinen Augen ein kleiner Knabe ins Wasser. Ein Sprung ihm nach und der brave August brachte das Kind glücklich auf 's Trockene. Freilich war das eben kein Kunststück, denn das Wasser reichte dem langen Kerl kaum bis unter die Arme.
Weiß aber der Himmel, auf welche Weise die Heldentat ruchbar wurde, kurz, eines Tages erhielt der lange August ein amtliches Schreiben, in welchem ihm die Wahl gelassen wurde zwischen einer Geldprämie und einer Erinnerungsmedaille. Zartfühlend, wie August war, verschmähte er die klingende Münze und wählte die Medaille.
Mit trübseligem Gesicht erschien eines Tages Freund August bei Freund Theo, dem stets ein Schelm im Nacken saß. „Hast du Geld, Theo?“ – „Nein, du vielleicht?“ – „Würde ich dich sonst anpumpen wollen?“ – „Siehst du, was für ein Teekessel du gewesen bist! Warum hast du nicht die bare Münze anstatt der Medaille genommen?“ – „Ja, du hast schon recht, aber Geld müssen wir doch haben.“ Theo schwieg nachdenklich.
Dann rief er plötzlich aus: „Wir müssen wieder einen retten. Einer von uns springt ins Wasser, der andere zieht ihn heraus. Und dann teilen wir uns den Raub.“ Damit erklärte sich der bedrängte August einverstanden. Beide Freunde begaben sich nun wieder an den Ort, wo August den Knaben gerettet hatte.
„Na, nun spring du hinein!“, sagte er zu Theo. „Ei bewahre“, entgegnete dieser. „Es würde auffallen, wenn du immer der Retter bist. Du musst hinein.“ – „Gut“, sagte August und zog sich den Rock aus. „Ei, bewahre“, hinderte ihn Theo, „du musst verunglücken, das ist viel natürlicher.“ Auch das war einleuchtend.
August sprang gehorsam bis an den Hals ins Wasser, schlug nach Kräften um sich und rief mit kläglicher Stimme: „Hi – i – ilfe! Hi – i – ilfe!“ Aber Theo rührte sich nicht. Laut lachend stand er da mit übergeschlagenen Armen am Ufer, während der gefoppte August seinen Hilferuf immer lauter und kläglicher vertönen ließ.
Endlich wurden einige Schiffszimmerleute, die in der Nähe arbeiteten, aufmerksam. Aber als einer von ihnen sich ans Rettungswerk begeben wollte, hielt Theo ihn mit den Worten zurück: „Der verstellt sich nur; das ist ja derselbe, der neulich hier den Jungen aus dem Wasser gezogen hat. Passen Sie nur auf, der kommt gleich selber wieder ans Land.“
Jetzt endlich merkte der arme August den schwarzen Verrat. Pustend und schnaubend stieg er in nicht allzu rosiger Laune langsam ans Ufer. Wenig fehlte und er hätte obendrein die Fäuste der erbosten Zimmergesellen zu fühlen bekommen. Aber er war zu gutmütig, um lange grollen zu können. Seine Freundschaft zu Theo erhielt keinen unheilbaren Riss; und wenn er, was oft geschah, mit seinem zu Wasser gewordenen schlauen Streiche geneckt wurde, pflegt er gelassen zu sagen: „Hätte ich nur wenigstens meine neuen Hosen nicht angehabt.“
* * *
August der Starke und der Hufschmied
Der Kurfürst August II. von Sachsen war außerordentlich stark. Einst ritt er spazieren und sein Pferd verlor ein Hufeisen. Vor der nächsten Schmiede hielt er an, um ein neues Eisen auflegen zu lassen.
Als der Schmied das Hufeisen brachte, fasste es der Kurfürst mit beiden Händen und er brach es mit Leichtigkeit. „Das Eisen taugt nichts“, sagte er. Der Schmied brachte ein neues, aber auch dies noch andere zerbrach er. Endlich stellte er sich, als habe er eins gefunden, das fest genug wäre. Das Pferd wurde beschlagen.
Jetzt ging's ans Bezahlen. Der Kurfürst gab dem Schmied einen blanken Taler. Der Schmied bog denselben krumm und sagte: „Herr Kurfürst, der Taler taugt nichts.“ Es wurden ihm noch einige Taler gereicht, aber auch diese bog er zusammen.
„Nun“, sagte der Kurfürst endlich, „hier ist ein Louisdor, der wird ja wohl gut sein“ . Nun war der Schmied zufrieden und der Kurfürst ritt fröhlich von dannen und freute sich, jemand gefunden zu haben, der ihm an Stärke gewachsen war.
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Bauer und Edelmann
Im Mittelalter standen bekanntlich die Bauern und Edelleute nicht immer auf freundschaftlichem Fuße miteinander – und mancher arme Landmann seufzte unter den Lasten, die ihm von dem Edelmann auferlegt wurden, während dieser sich heimlich die Hände rieb und in unedler Gesinnung des Schadens seines bäuerlichen Nachbars lachte. Doch gab es auch gar leutselige und freundliche Herren unter den Edelleuten, die selbst munteren Späßen und Schwänken, die sich ab und zu die Bauern erlaubten, nicht abgeneigt waren. Einer dieser – allerdings dünn gesäten – Edelleute war ein gewisser Graf Johann von Zimmern, der im Schwarzwald wohnte und mit den Bauern im Dorfe Wittershausen sehr gemütlich verkehrte.
Einst machte der Schulze des Dorfes, dem der Schelm im Nacken saß, seinen Freunden den Vorschlag, sie wollten sich einmal einen Spaß mit ihrem Herrn Grafen erlauben.
Alle waren damit einverstanden und gingen hinaus vors Dorf an die Straße, auf der Johann von Zimmern meistens heimkehrte. Hier legten sie sich in einem Kreis platt auf die Erde, dass alle ihre Füße sich ineinander verschränkten.
Als nun der Graf in ihre Nähe kam, fingen sie an, heftig miteinander zu hadern und schrien um Hilfe. Der Graf fragte verwundert, was denn das Geschrei bedeuten sollte. „Wir haben unsere Beine verloren und keiner weiß, welches die seinigen sind“ riefen sie.
Da merkte der Graf, dass sie ihn necken wollten, nahm eine ernste Miene an und sagte: „Ich werde den Streit schlichten, aber bedinge mir als Lohn einen Sack voll Korn aus, den ihr mir schicken sollt.“
Die Bauern waren's zufrieden und versprachen sogar, eine schriftliche Urkunde darüber auszustellen, wenn sie erst ihre Beine wieder hätten. Nun ergriff der Graf seinen Stecken und schlug damit so übermäßig auf die Beine der Bauern los, dass jeder bald die seinigen an sich zog und in die Höhe sprang.
Unter herzlichem Danke verabschiedeten sich darauf die Bauern von ihrem Grafen und stellten ihm nachher die versprochene Urkunde. Der Graf aber ließ einen so großen Sack machen, dass er, wenn er gefüllt war, kaum auf einen Wagen geladen konnte, schickte nach Wittershausen und ließ sich das Korn ausbitten. Die Bauern waren nicht wenig erstaunt, als sie den großen Sack erblickten. Aber der Schulze machte ihnen klar, dass sie ja den Mund halten sollten, in der Urkunde stände nichts davon, wie viel Korn der Sack enthalten sollte.
Übrigens meinte er, würde sich gewiss die Gelegenheit einmal bieten, dass sie ihren Schaden wieder gutmachten könnten. Und so wurde denn der große Sack mit Korn gefüllt und dem Herrn Grafen zugestellt, der sehr vergnüglich über seinen gelungenen Streich lachte.
Einige Zeit nachher kam der Schulze zu dem Grafen und bat ihn im Auftrage der Wittershäuser Gemeinde, ihnen doch die Erlaubnis zu erteilen, in seinem Walde einen großen Baum fällen zu dürfen, den sie zum Bau eines Gemeindehauses notwendig haben müssten.
Der gutmütige Graf gab der Bitte der Bauern Gehör – und diese gingen nun in den Wald und fällten einen der größten Bäume. Dann sandten sie abermals zum Grafen und baten ihn, doch zu erlauben, dass einige Bäume, die ihnen bei Fortschaffung des gefällten Baumes im Wege ständen, entfernt und von ihnen mitgenommen werden dürften.
Auch dieses sagte ihnen der Graf zu. Die schlauen Bauern legten nun, um ihren Kornschaden wieder gutzumachen, den gefällten Baum nicht der Länge, sondern der Breite nach auf einen Wagen, schlugen alles, was rechts und links davon stand und sie an der Abfuhr des Baumes hinderte, um nahmen alles Gefällte mit sich ins Dorf.
* * *
Der ausschweifende Bauernsohn
Ein Bauer hatte einen Sohn beim Studieren. Der machte ihm ein wüstes Loch in seinen Säckel und blies tapfer die roten Pfennige heraus, studierte aber nur sehr wenig und verbrachte die Zeit mit allerlei nichtsnutzigen Dingen, wie die Herren Studios das wohl öfters zu tun pflegen.
Eines Tages kam der Sohn heim und wollte wieder Geld haben, denn seine Taschen waren leer. Den guten Vater verdross aber die große Vergeudung seines Sohnes sehr – und er konnte es auch nicht mehr leisten. Aber er verbarg seinen Unmut eine Zeitlang.
Als jedoch der Sohn seine Bitte wiederholte, wurde der Vater zornig – und auf den Knecht blickend, der gerade Mist auflud, hob er den Stock drohend empor und fragte den Herrn Studiosus: „Kerl, wie heißt der Ochs auf lateinisch?“ – „Ochsus“, sagte der Sohn und zitterte dabei am ganzen Leibe . „Und wie heißt“, fragte der Vater weiter, „der Rock?“ – „Rockus“, war die Antwort des Sohnes. „Die Gabel?“ – „Gabelinus.“ – „Der Mist?“ – „Mistelinus.“
„Also“ fuhr zuletzt der Vater fort, „du Ochsus, zieh aus den Rockus und nimm die Gabelinus und lad auf den Mistelinum; sonst nehme ich diesen Stockus und hau dich über 's Kruzifixus!“