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Pepe kann fliegen, wenn er mit seinem Falken Horus zusammen ist. Aber wird es ihm gelingen, Mojo und seinen Geparden Dante aus der Gewalt der fiesen Beast Boys zu befreien? Hoch in den Anden kommt es zu einem gefährlichen Showdown … Fliegen wie ein Falke, schwimmen wie ein Rochen, rennen wie ein Gepard, klettern wie ein Gecko – die Animal Heroes sind Superhelden mit magischen Tieren. Alle Abenteuer der Animal Heroes: Band 1: Falkenflügel Band 2: Rochenstachel Band 3: Geckoblick Band 4: Gepardenpranke Band 5: Leguanbiss Band 6: Tentakelgriff Alle Abenteuer mit den Animal Heroes: Band 1: Falkenflügel Band 2: Rochenstachel Band 3: Geckoblick Band 4: Gepardenpranke Band 5: Leguanbiss Band 6: Tentakelgriff
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Seitenzahl: 113
Im Tempel der Maya
1. Augen wie ein Falke
2. Ein Rochenjunge taucht auf
3. Flug im HeroSpeeder
4. Aus Pepe wird Falkenflügel
5. Von den Beast Boys entführt
6. Geckojunge in Gefahr
7. Kampf in der Luft
8. Ein gefährliches Tunnelsystem
9. Zeit der Duelle
10. Das Labyrinth des Todes
Cliff Hanger stand in einem Tempel der Maya und ballte die Faust. Einen ganzen Monat lang hatte die Suche gedauert, nun war er am Ziel. Die Schlangenskulptur vor ihm entsprach genau der Zeichnung in dem handgeschriebenen Buch, das er studiert hatte. Mit ihrer Hilfe hatten die Jungen vor über tausend Jahren ihre Tiere gefunden und deren Fähigkeiten angenommen. Und genauso würde es auch heute noch funktionieren. Deshalb musste Cliff die Skulptur an sich nehmen. Denn in den Händen von Mister Yashimoto, seinem größten Feind, würde sie Unheil über die Welt bringen.
Cliff blieb direkt vor dem Altar stehen und holte tief Luft. Dann hob er die Schlangenskulptur vorsichtig hoch.
Im selben Augenblick knirschte die Decke über ihm. Cliff drehte sich um und rannte los. Er sprang gerade über die vergifteten Pfeile am Ausgang des Tempels hinweg, als ihn etwas Haariges im Nacken traf. Er spürte einen stechenden Schmerz. Mit der freien Hand wischte er eine Spinne zur Seite. Sie hatte mehrmals kräftig zugebissen. Cliff wurde schwindelig. Die letzten Meter bis in den Wald stolperte er nur noch vorwärts.
Da schallte ein bellendes Lachen durch den Urwald. Mister Yashimoto trat hinter einem Baum hervor. Er hatte einen Revolver in der Hand. „Cliff Hanger!“, feixte er. „Du hast es also tatsächlich geschafft!“
Cliff versuchte, den Feind zu fixieren, doch die Bilder in seinem Kopf verschwammen. Seine Beine gaben nach, er sank auf die Knie. Wie durch Nebel hindurch sah er Yashimoto auf sich zukommen. Er versuchte, wenigstens die Skulptur umklammert zu halten. Doch die magische Schlange glitt ihm aus der kraftlosen Hand.
„Oh, du hast ein Geschenk für mich?“, höhnte Yashimoto. „Damit werde ich eine Gruppe von Jungen erschaffen, vor denen die Welt zittern wird: die Beast Boys.“
Er hatte Cliffs Rucksack in den Händen, durchwühlte ihn, fand die Ampulle mit dem Gegengift und zertrat sie auf dem Dschungelboden. Dann hob er die Skulptur auf, wickelte sie in ein Tuch und verschwand mit einem letzten höhnischen Lachen im Urwald.
„Ich muss … überleben …“, stammelte Cliff Hanger. „Ich muss mir … die Skulptur zurückholen, denn nur Superhelden können es … mit den Beast Boys aufnehmen … Animal Heroes.“
1.
Am Stadtrand von Barcelona hockte Pepe auf seinem Lieblingsfelsen und blickte in die Ferne. So wie beinahe jeden Tag. Stundenlang konnte er hier sitzen und die Bewegung der Wellen studieren. Sie beruhigten ihn, denn tief im Inneren war Pepe so aufgewühlt wie das Meer an stürmischen Tagen.
Pepe war elf Jahre alt, hatte keine Geschwister und auch in der Schule keine richtigen Freunde. Manchmal machten sich seine Mitschüler über ihn lustig, weil er so schweigsam war, aber meistens ließen sie ihn in Ruhe, und das war ihm nur recht. Insbesondere, seit seine Eltern sich getrennt hatten.
Pepe schlang die Arme um seine Beine und beobachtete ein Kreuzfahrtschiff, das gerade auslief. Er schluckte. Er träumte schon lange von einer weiten Reise, aber so einen Trip würde er sich wohl niemals leisten können.
Pepe drehte den Kopf und ließ seinen Blick die Küste entlangwandern. In einiger Entfernung befand sich eine kleine Landzunge, die weit ins Meer hineinreichte. An ihrem Ende stand ein kleiner, halbverfallener Turm.
„Den wollte ich mir ja schon lange mal ansehen …“, murmelte Pepe. Er stand auf. Für den Weg würde er sicher eine gute Stunde brauchen, aber zu Hause warteten eh nur eine stille Wohnung und ein voller Kühlschrank.
Am späten Nachmittag erreichte Pepe die Landzunge. Der Zugang zum Turm war allerdings durch einen Maschendrahtzaun versperrt. Pepe blickte sich um. Weit und breit war niemand, der ihn anschwärzen konnte. Also hob er den Draht an und schob sich darunter hindurch.
Der Turm war aus grob behauenen Steinen erbaut worden und mit Moos und Flechten bedeckt. Er war verschlossen, doch die alte hölzerne Tür ließ sich leicht eintreten.
Sekunden später stieg Pepe die steinerne Wendeltreppe nach oben. Merkwürdig!, dachte er. Je höher er kletterte, je weiter er sich vom sicheren Erdboden entfernte, desto wohler fühlte er sich.
Der Turm war bestimmt mehrere Hundert Jahre alt. Am Zaun hatte ein Schild gehangen, auf dem stand, dass die Stadt ihn bald abreißen und an seiner Stelle Luxuswohnungen bauen wollte. „Immer nur Luxus!“, knurrte Pepe. „Und für die Armen interessiert sich niemand!“
Nach etwa zweihundert Stufen endete die Treppe in einem kreisrunden Raum. Er war völlig leer. Auf der einen Seite konnte man aufs Meer sehen, auf der anderen über die Dächer der Großstadt. Pepe hatte sofort das Gefühl, hier ein geheimes Versteck gefunden zu haben, einen Platz, der nur ihm allein gehörte. Er kletterte auf die Fensterbank auf der Meerseite und ließ ein Bein nach draußen baumeln. Höhenangst hatte er noch nie gehabt. Weit entfernt fuhr das Kreuzfahrtschiff; Pepe erkannte es nur noch an den vier dicken Schornsteinen. Doch plötzlich war in seinem Kopf kein Platz mehr für irgendeinen Gedanken über reiche Urlauber oder Luxuswohnungen. Stattdessen spürte er im ganzen Körper eine unbekannte Kraft, die Nähe eines anderen Lebewesens.
Pepe fuhr herum. Neben ihm, nur einen Meter von seinem Gesicht entfernt, saß ein Turmfalke auf einem überstehenden Balken.
Turmfalken waren eher scheu, das wusste Pepe. Biologie war eines der wenigen Schulfächer, die ihn interessierten. Doch dieser hier war sogar ziemlich zutraulich. Er trippelte noch ein wenig näher an Pepe heran und Pepe hatte das Gefühl, dass die Vogelaugen direkt in seine Seele blicken konnten. Kraft ging von dem Falken aus, Ruhe und Weisheit.
„Du spinnst!“, ermahnte Pepe sich selbst. „Das ist ein ganz normaler Falke, du hast nur noch nie einen aus dieser Nähe gesehen.“
Pepe hob vorsichtig den Arm und berührte den Falken ganz sanft. Mit seinem Zeigefinger strich er dem Vogel durch das Gefieder.
In diesem Moment durchzuckte ein Blitz Pepes Körper. Es war wie ein kleiner Stromschlag, tat aber nicht weh. Trotzdem schlug Pepes Herz schneller. Nein, das hier war kein gewöhnlicher Vogel, das war ihm jetzt klar. Aber was war es dann?
Pepe konnte dem Blick des Falken nicht mehr standhalten. Er musste den Kopf drehen und aus dem Fenster sehen. Und in diesem Moment traf ihn der Schock: Er konnte das Kreuzfahrtschiff nun ganz genau erkennen, so scharf, als würde es vor ihm im Hafen liegen. Besser als mit jedem Fernglas! An Deck liefen Passagiere herum, zwei Kellner servierten Getränke. Ein Mann regte sich offenbar fürchterlich auf, sein Gesicht war rot angeschwollen.
Pepe schüttelte ungläubig den Kopf. Es war, als wäre die Sehkraft des Falken auf ihn übergegangen! Er blickte zur Stadt. Die Türme der Sagrada Familia, der berühmtesten Kirche Barcelonas, reckten sich in den Himmel. Pepe hätte ihre Ziegelsteine zählen können, so deutlich nahm er sie wahr. Pepe bekam panische Angst. Mit zitternden Händen betastete er sein Gesicht. Er fühlte keine Veränderung. Was war passiert?
Er sprang von seinem Ausguck und rannte die Treppe herunter. Er nahm zwei, drei Stufen auf einmal, stolperte, fing sich im letzten Moment und lief weiter. Hinter sich hörte er den Falken kreischen. Er musste den Raubvogel durch seine hastige Flucht erschreckt haben. Draußen rannte er weiter und stoppte erst, als ihm der Sauerstoff ausging. Pepe lehnte sich an eine Hauswand und verschnaufte. Der Falke war nicht zu sehen.
„Wenigstens verfolgt er mich nicht“, japste Pepe mit trockener Kehle. Er brauchte dringend etwas zu trinken. Er warf einen Blick zu dem Kiosk gegenüber. Gab es dort seinen Lieblingssaft? Doch sosehr Pepe sich auch anstrengte, er konnte die Schrift auf dem Schild nicht entziffern. So wie früher, wie vor seiner Begegnung mit dem Falken.
Augenblicklich beruhigte sich Pepes Herzschlag wieder. Was auch immer der Falke mit ihm gemacht hatte, offenbar war es wieder verschwunden. Pepe kaufte sich eine Flasche Wasser, trank sie in einem Zug leer und nahm den nächsten Bus nach Hause.
An diesem Abend fand Pepe lange keinen Schlaf. Mitten in der Nacht stand er auf und schaltete seinen Computer an. Bis zum Morgengrauen verschlang er jede Information, die er über Falken finden konnte: wie sie lebten, was sie konnten, wie sehr sie von alten Kulturen wie den Ägyptern und den Maya verehrt worden waren. Erst als die Sonne aufging, ließ Pepe sich aufs Bett fallen.
Am folgenden Tag konnte Pepe das Ende des Unterrichts kaum erwarten. Morgen würden sie die Klassenarbeit in seinem Hassfach schreiben: Mathe. Trotzdem konnte er sich kein bisschen auf die Worte des Lehrers konzentrieren. Das lag nicht nur an seinem Schlafmangel. Pepe dachte die ganze Zeit an den Falken. Dabei hatte sich in ihm etwas verändert. Seine Angst war verflogen und Neugierde gewichen. Er wollte herausfinden, was es mit diesem besonderen Tier auf sich hatte.
Endlich läutete die Schulglocke und entließ die Schüler in die Freiheit. Pepe drängelte sich an den anderen vorbei zur Bushaltestelle und fuhr zu der Landzunge, die er am Vortag Hals über Kopf verlassen hatte. Er stieg wieder in das runde Turmzimmer hinauf, doch der Balken war leer. Der Falke war verschwunden.
„Ich Idiot!“, schimpfte Pepe mit sich selbst. „Warum bin ich nur so ein Schisser!“
Er blickte aufs Meer, sah aber genauso gut oder schlecht wie jeder andere Mensch. Die Veränderung seiner Sehkraft konnte also nichts mit dem Turm zu tun haben, sondern hing tatsächlich mit dem Falken zusammen.
Pepe war tief enttäuscht. Er war der festen Überzeugung, den scheuen Vogel für immer verjagt zu haben. Umso überraschter war er, als es über ihm krächzte. Im Gebälk der Turmruine hockte der Falke. Neugierig blickte er auf den Jungen herunter.
„Komm!“, flüsterte Pepe und streckte die Hand aus. „Horus, komm!“ Wieso er den Falken Horus nannte, wusste Pepe nicht. Er hatte in der Nacht viel über den ägyptischen Falkengott gelesen und der war Horus genannt worden. Der Falke jedoch schien auf den Namen zu reagieren, denn er trippelte ein wenig in Pepes Richtung.
„Horus!“, sagte Pepe noch einmal.
Der Falke stieß sich von dem Balken ab, segelte durch die Spitze des Turms und landete dann auf Pepes Hand. Ausgebildete Jagdfalken konnten mit ihrem Griff den Arm eines Menschen glatt zerquetschen, das wusste Pepe. Horus aber spürte er kaum. Was er fühlte, war ein erneuter Blitz in seinem Inneren.
Pepe sah aufs Meer. Seine Sehkraft hatte sich wieder um das Hundertfache verbessert. Er konnte jede Kleinigkeit auf den vorbeisegelnden Jachten erkennen. Sogar die Farbe der lackierten Fußnägel einer Schönheit, die sich auf einem Deck rekelte. Es war unglaublich!
„Das machst du, Horus. Stimmt’s?“, fragte Pepe nach.
Statt einer Antwort krächzte der Falke.
Bestimmt eine halbe Stunde saß Pepe so auf dem Fenstersims des Turmes. Er traute sich nicht, sich zu bewegen, denn er wollte den Falken nicht wieder verschrecken. Als es langsam dunkel wurde, musste Pepe eine Entscheidung treffen.
„Ich muss nach Hause“, sagte er leise. „Meine Mutter wartet mit dem Essen. Kommst du mit?“
Der Falke streckte den Hals und hackte mit dem Schnabel in die Luft, als würde er Mücken fangen. Vorsichtig stand Pepe auf. Horus blieb auf seiner Hand sitzen.
Als Pepe am Rande der Stadt angekommen war, erhob sich Horus in die Luft. Aber er folgte Pepe den ganzen Weg bis zu seinem Wohnhaus.
„Ich mache gleich mein Fenster auf“, versprach Pepe. „Dann weißt du, wo ich wohne.“
Er schloss die Haustür auf und rannte die Treppe nach oben zu ihrer Wohnung. Ohne Gruß stürmte er an seiner Mutter vorbei ins Zimmer. Horus saß bereits auf dem Fensterbrett und wartete auf ihn.
„Willst du reinkommen?“, erkundigte Pepe sich unsicher.
Horus bewegte sich keinen Zentimeter.
Also ließ Pepe das Fenster offen.
„Ich esse schnell, dann komme ich wieder“, sagte er.
Und tatsächlich: Der Falke war auch eine Viertelstunde später noch da. Pepe redete den ganzen Abend mit ihm. Er erzählte ihm all das, was er einem guten Freund erzählt hätte – wenn er einen gehabt hätte. Mehr noch, er schüttete dem Vogel sein Herz aus. Wie er sich seit der Trennung seiner Eltern fühlte, wie sehr er darunter litt, keine Freunde zu haben, und er sprach über seine Sehnsucht nach etwas anderem, Wichtigem in seinem Leben. Nach einem Ziel, einer Aufgabe.
Horus krächzte. Der Falke schien Pepe nur zu gut zu verstehen. Pepe wünschte sich, auch Horus könnte mit ihm sprechen, wie ein Mensch.
Um zehn fielen Pepe beinahe die Augen zu.
„Gute Nacht, Horus“, nuschelte er verschlafen. „Kommst du morgen wieder?“
Horus gurrte wie eine friedliche Taube. Dann erhob er sich und flog elegant durch die engen Gassen Barcelonas davon.
Am nächsten Tag folgte Horus Pepe bis zur Schule. Pepe lächelte still in sich hinein. Er hatte noch immer die hervorragenden Augen eines Falken. So gelang es ihm, die Lösungen für alle Matheaufgaben im Heft des Lehrers zu erkennen. Pepe baute extra ein paar Fehler in seine Klassenarbeit ein, damit sein Lehrer nicht misstrauisch wurde. Doch auch so würde das seine beste Leistung aller Zeiten in Mathe werden, so viel war ihm klar.
Nach dem Unterricht machte sich Pepe zum dritten Mal auf den langen Weg zu dem verfallenen Turm. Und die Überraschung, die ihn dort erwartete, veränderte sein Leben für immer.