Anleitung zur Mesmerischen Praxis - Joseph Ennemoser - E-Book

Anleitung zur Mesmerischen Praxis E-Book

Joseph Ennemoser

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Der Titel dieses Buches zeigt an, dass der Gegenstand, von dem es handelt, bereits auf festen Füßen steht. Wer andere anleiten will, muss einen festen Grund und ein bestimmtes Ziel haben. Der Mesmerismus beruht nicht mehr auf unbekannten, eingebildeten und zweifelhaften Erscheinungen, sondern aus Tatsachen der Erfahrung, die jedermann nachmachen kann, und die aus dem Felde der Wissenschaften bereits so begründet sind, dass sie nicht nur mit andern bereits erkannten Naturerscheinungen im Zusammenhang stehen, sondern dass sie auch auf das dunkle Gebiet geheimnisvoller Rätsel und unenthüllter Wunder des Geistes ein helles Licht verbreiten. Der Mesmerismus hat aber auch eine wichtigere praktische Seite für das Leben und die Gesundheit der Menschen, was noch viel weniger erkannt ist, und was von Gewohnheitsmenschen, von Witzlingen und sogenannten starken Geistern wohl noch für Chimäre und Phantom oder gar für Teufelsspuk erklärt wird.

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Anleitung zur Mesmerischen Praxis

 

 

 

Dr. Joseph Ennemoser

 

 

 

 

 

Verlag Heliakon

 

 

2024 © Verlag Heliakon, München

Umschlaggestaltung und Bilder: Verlag Heliakon

 

Herstellung: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

 

Titelbild: Pixabay (geralt)

 

www.verlag-heliakon.de

[email protected]

 

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verfassers unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Einleitung

Name und Begriff

Erstes Hauptstück

Kritik über die Einwürfe der Gegner des Mesmerismus

1. Neuheit

2. Die Laien

3. Die Philosophen

4. Die Geistlichkeit

5. Die Ärzte

Zweites Hauptstück

Die Erscheinungen des Mesmerismus

Physische Erscheinungen des Mesmerismus

1. Allgemeine physische Erscheinungen

2. Besondere physische Erscheinungen

Psychische Erscheinungen

Das Schlafwachen

Das Wachschlafen oder Hellsehen

Vom Nutzen des mesmerischen Wachschlafens

Drittes Hauptstück

Die mesmerische Praxis

Wichtigkeit des Gegenstandes

1. Über den Wert des Mesmerismus

2. Vorbedingungen zur mesmerischen Praxis

Von der mesmerischen Behandlung überhaupt

Allgemeine Regeln der mesmerischen Praxis

1. Die Zeit

2. Örtliche Rücksichten

3. Andere der Behandlung vorgehende Rücksichten

4. Von der Haltung des magnetischen Arztes

Von der mesmerischen Behandlung insbesondere

Die magnetische Einwirkung

Die mesmerische Behandlung im Allgemeinen

1. Das allgemeine Verfahren

2. Das örtliche Verfahren

Über die Vereinigung des allgemeinen und örtlichen Verfahrens

Die indirekte mesmerische Behandlung durch Leiter

Die Elementarkräfte als magnetische Leiter

Das Wasser

Kleinere magnetische Hilfsmittel

Die Metalle

Mineralische Körper

Bäume und Pflanzen

Die magnetischen Behälter und Apparate

Der Mesmerismus im Gegensatz des tierischen Magnetismus

Das Selbstmagnetisieren

Besondere mesmerische Behandlung der Krankheiten

Allgemeine Regeln für die spezielle Behandlung der Krankheiten

I. Die akuten Krankheiten

Von den hitzigen Fiebern

1. Das einfache entzündliche Fieber — Synocha

2. Das rheumatische und Katarrhischefieber

3) Das gastrische Fieber

4) Das Nervenfieber

5) Das Faulfieber

Von den Entzündungen

1) Die Lungenentzündung

2) Die Halsentzündung und die Bräune (Angina)

3) Die Gehirnentzündung

4) Die Magenentzündung

5) Die Leberentzündung

6) Die Nieren- und Blasenentzündungen

7) Das Kindbettfieber

8) Die Rose, Rothlauf — Erysipelas

Die hitzigen Hautkrankheiten

Die Einimpfung der Pocken

1) Die Behandlung der Pocken

2) Die Masern

3) Das Scharlachfieber

4) Die Röteln und der Friesel

5) Die Petechien und die Schwämmchen

II. Die chronischen Krankheiten

I. Die Krankheiten des Kopfes und Nervensystem

1) Von den psychischen Krankheiten

2) Von den Krämpfen

3) Von den Lähmungen

4) Von den Schmerzen

II. Von den Krankheiten der Brust und des Zirkulationssystems

1) Von den Herzkrankheiten

2) Von den Lungenkrankheiten

3) Von den Krankheiten des Zirkulationssystems

III. Von den Krankheiten des Unterleibs und des vegetativen Ernährungssystems

1) Die Bleichsucht

2) Die Skrofelsucht

3) Von der englischen Krankheit

4) Das Ungedeihen oder die Abmagerung (atrophia)

5) Magenkrankheiten

6) die Gelbsucht

7) Anschoppungen (Infarkten)

8) Die Gicht

9) Das kalte Fieber

10) Die Wassersucht

11) Die Krankheiten der Harnwerkzeuge

IV. Von den äußeren Krankheiten der Haut und der Glieder

Viertes Hauptstück

Von der Behandlung des Schlafwachens und Hellsehens

Über die Erzeugung des magnetischen Schlafwachens

Die Mondsucht

Das magnetische Schlafwachen

Das Hellsehen

Die Kunst zu fragen

Der Hoch-, Tief- und Doppelschlaf

Theorie des Gehirnlebens im magnetischen Schlafe und des Werkens aus demselben

Nachwort

 

 

 

Einleitung

 

Der Titel dieses Buches zeigt an, dass der Gegenstand, von dem es handelt, bereits auf festen Füßen steht. Wer andere anleiten will, muss einen festen Grund und ein bestimmtes Ziel haben. Der Mesmerismus beruht nicht mehr auf unbekannten, eingebildeten und zweifelhaften Erscheinungen, sondern aus Tatsachen der Erfahrung, die jedermann nachmachen kann, und die aus dem Felde der Wissenschaften bereits so begründet sind, dass sie nicht nur mit andern bereits erkannten Naturerscheinungen im Zusammenhang stehen, sondern dass sie auch auf das dunkle Gebiet geheimnisvoller Rätsel und unenthüllter Wunder des Geistes ein helles Licht verbreiten. Der Mesmerismus hat aber auch eine wichtigere praktische Seite für das Leben und die Gesundheit der Menschen, was noch viel weniger erkannt ist, und was von Gewohnheitsmenschen, von Witzlingen und sogenannten starken Geistern wohl noch für Chimäre und Phantom oder gar für Teufelsspuk erklärt wird. Der Mesmerismus ist bereits ein Fait accompli, mehr eine praktische Wahrheit, als eine theoretische Überzeugung. Der Verfasser nimmt sich gerade die letztere Seite zum Vorwurf dieses Werkes und hat damit mehr den Zweck zu belehren als zu überreden, indem er es für wichtiger hält, von Tatsachen als von Hypothesen zu reden. Über die Erscheinungen des Mesmerismus hat derselbe seine Theorie in einem andern Werke: „Der Magnetismus im Verhältnis zur Natur und Religion“ gegeben, aus welches er zurückweiset. Das Buch soll ein sicherer Führer auf dem noch wenig gekannten Felde des Magnetismus werden und Unterricht geben allen jenen Menschenfreunden, denen die Erleichterung oder Heilung von Krankheiten am Herzen liegt. Übrigens wird dieser Gegenstand hier allseitig dem Leser vor Augen gestellt, damit er sich sowohl bei der Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, als auch bei der Anwendung des Mesmerismus in Krankheiten zurechtzufinden vermag. Zu diesem Zwecke wird es nötig sein, vorerst den Begriff festzusetzen, die Zweifel und Einwürfe gegen die Realität des Magnetismus zu beseitigen; sodann die Erscheinungen, wie sie bei der mesmerischen Behandlung zu erfolgen pflegen, namhaft zu machen, und endlich die Methode der Behandlung selbst anzugeben.

Der Verfasser darf sich mit ziemlicher Sicherheit auf seine eigenen Erfahrungen stützen, die er in einer langen Reihe den Jahren gemacht hat; er hat aber nicht versäumt auch auf alle andern bisher bekannten Autoritäten in der Geschichte des Magnetismus Rücksicht zu nehmen, ja er hat selbst Reisen in fremde Länder, und unlängst noch eigens nach England gemacht, um sich über den gegenwärtigen Standpunkt des Mesmerismus eine genauere Einsicht zu verschaffen. Jedenfalls hat sich derselbe eine bestimmte Überzeugung von jenen drei Baconischen Grundcharakteren in Bezug auf Magnetismus zu verschaffen gestrebt, nach welchen ein jeder Vorwurf den der Macht Gottes, von der Verschiedenheit der Natur und von dem Nutzen für den Menschen Zeugnis geben soll. Derselbe handelt hier zunächst zwar nur von dem Nutzen der Frucht für die Zukunft, wobei es sich indessen doch erweiset, dass in der Verschiedenheit der Natur früher für Wunder gehaltene Dinge ihre Erklärung in dem Magnetismus finden, und dass die versorgende Allmacht Gottes durch ihn insbesondere sich offenbaret und uns zu seiner Verehrung und Liebe mahnet. Der Nutzen ist ein Hauptcharakter der Wahrheit; die Wahrheit aber ist göttlicher Art, sie leuchtet und verscheuchet die Irrtümer der Menschen bei der Verschiedenheit der Naturdinge.

Der Magnetismus beruht also auf dem göttlichen Grunde der Wahrheit und hat deshalb bei dem rechten Gebrauche den Nutzen zur Folge. Ich will mich indessen mit diesen einladenden Bemerkungen keineswegs überheben, ich weiß recht gut, wie dieser Gegenstand trotz der bereits siebzigjährigen vielseitigen und nun aus allen Ländern übereinstimmenden Erfahrungen noch so ganz in seiner Kindheit ist, dass er uns von Tag zu Tag durch neue Wunder gleichsam stufenweise weiter führt, und wie viel also ein jeder auch noch so eifrige Anhänger zu lernen bat. Solange der Magnetismus so vereinzelt und bloß hie und da, wie bisher, zerstreut, oft nur im Stillen und versteckt ausgeübt wird, fehlt es an gegenseitiger Anregung, am gemeinsamen Band der aufklärenden Verständigung und also an der Möglichkeit einer weitergreifenden Gemeinnützigkeit.

Meistens wird nur aus Neugierde, zur Probe, in Verlegenheiten, ohne alle Kenntnis und Unterricht eben so leichtsinnig ein Versuch gemacht, als man durch das Ausbleiben einer sofort erwarteten, oder beim Eintritt einer plötzlich unverhofften Erscheinung erschreckt, die Sache eben so schnell wieder fahren lässt. Solange nicht durch einen förmlichen medizinischen Unterricht der Gebrauch und die physiologische Begründung des Magnetismus öffentlich gelehrt wird, solange wird die Einsicht und Anerkennung und die allgemeinnützige Heilsamkeit desselben fehlen; die Unwissenheit und das Vorurteil wird durch Verkennung und Verdrehung die tausendfältig bezeugte Wahrheit verdecken; der Missbrauch wird immer neue Gegner und Widerspruch hervorrufen und so der Menschheit ein Mittel vorenthalten, welches die Vorsehung in jedermanns Hand gelegt hat. Wir stehen allerdings erst im Vorhofe einer noch unenthüllten Wunderwelt, und wenn ich es aufs Neue wage, sogar durch eine allgemeine Anleitung für dieselbe Anhänger zu gewinnen, und ihre Überzeugung zu stärken, so werde ich mich gewiss dem Tadel Vieler und der Kritik der klugen Gegner aussetzen, welche weniger sich damit abzugeben pflegen, was das Buch enthält, als was für ihre Meinung darin gefunden werden soll, über welche es in der Welt ohnehin nichts gibt. »Eine vornehm tuende Zweifelsucht«, sagt Humboldt, »welche Tatsachen verwirft, ohne sie ergründen zu wollen, ist fast noch verderblicher als unkritische Leichtgläubigkeit«, beide hindern die Schärfe der Untersuchung seltsamer Fakta, welche dem Einen ein Mirakel, dem Andern ein Spuk, im Grunde aber nichts weiter sind als Wirkungen von Ursachen, die in der Natur immer wirken und mit ihren Gesetzen in der vollkommensten Harmonie sind. So ist es mit dem Magnetismus gegangen, obgleich dieselben Erscheinungen, wie sie beim Mesmerismus vorkommen, von den ältesten Zeiten der Geschichte an namhaft gemacht wurden und bei allen Völkern Beispiele von unverwerflichen Zeugen angeführt werden; obgleich Laien und Ärzte fortwährend die auffallendsten Erfahrungen teils offen, teils unter magischen Verhüllungen bekannt gaben, so ist doch bis auf Mesmer, den wirklichen Entdecker und Aufdecker dieser geheimnisvollen Erscheinungen der menschlichen Natur, eine so große Angelegenheit des Geschlechts unbeachtet und in ihrem physiologischen Zusammenhange mit den allgemeinen Naturkräften beinahe bis heute noch unbekannt geblieben. Der Magnetismus steht nun aber doch so fest, dass er in allen wissenschaftlichen Fakultäten Anerkennung und Verteidigung genießt, und dass ihn daher die Missachtung Einiger und das verhöhnende Leugnen nicht mehr wesentlich aushält. Der Verfasser hat übrigens, wie gesagt, keineswegs den Zweck, jedermann überzeugen zu wollen, der die Realität des Magnetismus bezweifeln zu müssen glaubt, als vielmehr eine richtige Kenntnis über das Verfahren und die notwendigen Bedingungen zu verbreiten, von dem Magnetismus einen nützlichen Gebrauch zu machen.

Da der Mesmerismus also nicht mehr ein unbekannter und zweifelhafter Gegenstand, sondern eine solche Wahrheit ist, die nicht mehr bloß die Gelehrten, sondern auch die Laien als wahres Naturheilmittel angeht, so soll derselbe hier zum allgemeinen Besten erörtert und nach dem bisher erkannten Standpunkt registriert werden. Indem wir somit den Gelehrten ihre Theorien überlassen und die Weisen nicht in ihrer Torheit stören, soll hier auf dem Felde der Beobachtung möglichst treu eine umfassende praktische Anleitung gegeben werden, welche jedoch für die Wissenschaft nicht ohne Wert bleiben wird, weil sie als materielle Grundlage zu psychologischen Untersuchungen und metaphysischen Theorien Stoff bietet; die Naturwissenschaft mit der höheren Geisteskunde des Menschen verbindet und sogar dem Theologen auf seinem mystischen Felde zum Führer dienen kann, auf welchem man heut zutage des wahren göttlichen Lichtes so wenig begierig, die Offenbarung im Verstandeshochmut hier ganz leugnet und dort im Heiligtum des glücklichen Nichtwissens es viel bequemer findet, in gemütlicher Ruhe blind zu bleiben, und starrsinnig alles in die Acht zu erklären, was über dem Horizont des Alltagslebens steht und dasselbe etwa darin stören könnte.

Neben den übereinstimmenden Erfahrungen aus allen Ländern über den Nutzen des Magnetismus zur Heilung der Krankheiten durch Mesmers Entdeckung, ist auch der allgemeine von ihm behauptete Zusammenhang aller Naturerscheinungen jetzt sogar durch physikalische Beobachtungen wissenschaftlich anerkannt. Das stille Treiben der Kräfte folgt allgemeinen Gesetzen von Polaritäten, die im Großen der Himmelskörper wie in allen Arten der Materie vom Sonnenstäubchen bis zum harten Gewichte der Metalle als magnetische Anziehung und Abstoßung sich offenbaren. Aus dem geistigen Gebiete der psychologischen Erscheinungen hat uns der Mesmerismus durch das künstliche Hervorrufen des Schlafwachens und der Ekstase den Schlüssel zur Erklärung einer Menge von Wundern an die Hand gegeben, die bei ungewöhnlichen Erscheinungen der Träume und des Somnambulismus, des Fiebers und der Krämpfe sich offenbaren.

In die Finsternis der schwärzesten Kapitel der Geschichte, welche der blinde verfolgungssüchtige Aberglaube des Pfaffentums, das Vorurteil und die Blödsichtigkeit „der Rechtsweisheit“ — Jurisprudenz — die diabolische Sophistik der Gelehrten, die Leichtgläubigkeit und der Stumpfsinn der Laien zur ewigen Schande der Menschheit als ein schauderhaftes Monument zusammengeschrieben hat, brachte der Mesmerismus das Licht, die vielen Rätsel zu lösen, welche als höllische Ungeheuer Millionen unschuldiger Menschen zu den furchtbarsten Todesqualen verdammten und Jahrhunderte lang fortsetzten. Nicht sowohl in der Erhellung der Pathologie krankhafter Nervenzustände und in der Vereinfachung der Therapie durch eine einfache naturgemäße Heilart der Krankheiten, als durch die Aufklärung der damit zusammenhängenden Geisteszustände, wird Mesmers Name ewig als heller Stern den künftigen Geschlechtern leuchten; denn wenn auch seit des Thomasius denkwürdigen Bemühungen das Hexensuchen und Verbrennen aus der Mode gekommen ist, so will doch die Furcht und der eingenistete Aberglaube hier die übernatürlichen Einflüsse von Wundern und dort von dämonischer Besessenheit geltend machen, während der Mesmerismus nichts weiter sieht als abnorme natürliche Zustände des Seelenlebens durch ein zerrüttetes Nervensystem, in dem er hier die Entzückung und das hellsehende Weissagen einer Heiligen mit seiner Hand aus den Marterkrämpfen hervorruft und dort den Teufel aus der Hexe und der besessenen Nonne statt des Exorzismus austreibt. Das mesmerischer Schlafwachen, welches über dem Faseln des Traumes und des Fieberdeliriums und unter der Inspiration einer höheren, göttlichen Ekstase steht, belehrt uns, dass das Geistersehen auf den Gräbern wie das Feuerausströmen aus den Fingern und Augen gewisser Personen; dass die Gesichte fremdartiger Erscheinungen von Engels und Teufelsgestalten; dass Prophezeiungen ferner Begebenheiten nach Raum und Zeit; dass Empfindungen und Selbstbekenntnisse von einer Art Besessenheit mit den sonderbarsten Gebärden und Handlungen gewisser Personen, wie der Hexen des Mittelalters, ihren wirklichen Grund haben und oft ansteckend sich ausbreiten, wie bei den Tanzkrämpfen und Geißelungen oft wandernder Schaaren.

Unempfindlichkeit gegen Stich und Schlag, wie ein Feinfühlen in die Ferne und das Gedankenerraten; erhöhte Stimmungen und Sprachfertigkeit, oft in fremden Mundarten; Gemeinschaft mit Heiligen und Teufeln; Irrsinn und Weissagung; lange dauernde Ohnmachten, wie gespensterhafte Sprünge und Klettern über Mauern und Dächer, finden sich bei magnetisch behandelten Kranken, wie es einst von den Besessenen und Herrn aller Nationen, Sekten und Konfessionen in allen Zeitaltern, bei Sündern und Heiligen, bei Jung und Alt erzählt wird. In den ägyptischen und syrischen Einöden; in den Hexenprozessen des Mittelalters; bei den Trembleurs desCevennes. bei den ConvulsionnairesdeSt. Medard in Paris; bei dem Gaßnerischen Exorzismus, usw., sind es die gleichen Erscheinungen, und die Zustände sind identisch — derselben Art, weil überall damit ein krankhaftes zerrüttetes Nervensystem in Begleitung war. Der mesmerische Patient gleicht oft völlig einer Hexe, und er ist entweder eine solche, oder die Hexe ist nichts weiter als ein mesmerischer Patient. Hierin liegt wohl auch der stärkste Beweis, dass der Magnetismus nicht auf Einbildung und Betrug beruht, weil er diese Erscheinungen nicht nur hervorzurufen, sondern auch zu leiten und zu heilen vermag. Der magnetische Arzt ist durch das Aufregen der ungewöhnlichen Erscheinungen aus den unterdrückten oder gestörten Bewegungen des Nervensystems der magische Zauberer; er ist durch die gewandte Leitung derselben der Teufel austreibende Exorzist und durch die Linderung oder Wiederherstellung der harmonischen Gesundheit eben so sehr der hilfreiche Engel, als er zur Aufklärung der Gespensterfurcht und der eingebildeten Mirakel das leuchtende Licht bringt. Wie für das praktische Leben, so wird der Mesmerismus also auch ein Offenbarungsmittel für die Wissenschaft, und wir haben eben so sehr nötig, ihn in Demut zu unserm Nutzen aufzunehmen, als wir zu dankbarer Bewunderung der Vorsehung und Allmacht Gottes verpflichtet werden.

Hat der Magnetismus gleichwohl nichtsdestoweniger auch seine Schattenseiten, die wir in der Folge näher, werden kennenlernen, so wird er doch nicht nur für die praktische Heilkunde und Gesundheitsökonomie von einem unberechenbaren Werth, sondern er führt uns auch in psychologischer Hinsicht in die mysteriöse Tiefe der menschlichen Seele; durch die Erscheinungen des mesmerischen Hellsehens gelangen wir zur Einsicht des unermesslichen Umfangs der ungeahnten menschlichen Geisteskräfte, die man den Fabeln oder zauberischen Einflüssen zuschrieb; ebenso geben sie auch Zeugnis von der anthropologischen Würde und von der möglichen positiven göttlichen Tatkraft des Menschen. Die Theologen insbesondere hätten die meiste Gelegenheit unendlich viel Gutes zu tun, und wie es bereits in England häufig auf eine apostolische Weise geschieht, bei ihren Krankenbesuchen mit ihrem geistlichen Troste durch das mesmerische Handauflegen Leib und Seele oft augenblicklich zu erquicken; die Missionäre würden als Sendboten ihre Gotteskraft mittelst ihrer wohltätigen Hände bei den Heiden durch Heilung der Krankheiten überzeugender beweisen, als durch ihre rätselhaften Bibelsprüche.

In the mean time, it most be satisfactory to Magnetism to know, not merely that their simple and truthful statements have received this collateral evidence, but also, that in a secondary sense,. the world is indebted to their declarations for on of the most important and most precious discoveries ever accordet tho science. Pyne.

Um dem Leser weitere Hilfsmittel zum Studium des praktischen Magnetismus und damit zugleich die Quellen nachzuweisen, die der Verfasser zu diesem Werke benutzt hat, folgen hier die Titel der empfehlenswertesten Schriften, auf die, in der Folge die Namen der zitierten Autoren bezogen werden.

Obenan steht vor allen der Entdecker der neuen Lehre auch in praktischer Hinsicht: Anton Mesmer selbst. Seine „Aphorismes“ und seine „Mémoires sur la découverte du magnetisme animal“und „Mesmerismus oder System der Wechselwirkungen. Theorie und Anwendung des tierischen Magnetismus als die allgemeine Heilkunde“, herausgegeben von seinem einzigen unmittelbaren deutschen Schüler, Dr. K. Ch. Wolfart, Berlin 1814 — enthalten die Grundsätze für den ganzen Umfang des praktischen Verfahrens. Bei den Deutschen sind außer den älteren Schriften über Magnetismus von Wienhold, Heinecken und Gmelin; von Böckmanns, Nordhof und Rahns Archive für den tierischen Magnetismus; von Brandis, Richter, Friedr. Huseland (über Sympathie) für die Praxis vorzüglich anzuführen; Kluge, Versuche einer Darstellung des animalischen Magnetismus als Heilmittel; Wolfarts Asklepiarion und Jahrbücher für den Lebensmagnetismus; Kiesers und Eschenmayers Archiv für den tierischen Magnetismus; Passavant über den Lebensmagnetismus und vorzüglich Kiesers System des Tellurismus.

Bei den Engländern, bei denen vorzüglich Geistliche in neuester Zeit den praktischen Magnetismus in die Hand genommen haben, der dort von Laien und Ärzten jetzt sehr vielfach angewendet wird, haben wir unlängst einige wertvolle Schriften erhalten (Our Mesmerisers are not ignorant practitioners; Clergymen, militarymen, barristers, physicians, surgons, ladies hig in rank, men of a distinguished position in the world coud all be named.) Sandby.

The Zoist von Dr. Elliotson, eine Zeitschrift in vielen Heften enthält eine Menge der interessantesten und lehrreichsten Aufsätze und Erfahrungen. Townshend, faits in Mesmerisme, Dr. Esdaile, Mesmerisme in India; Dr. Storers, Mesmerisme in disease; Miss Martineau, letters on Mesm.; Newmann. Human Magnetisme; Spencer Hall, Mesmeric experiency; Edw. Lee, animal Magnetime; Colquhoun, Isis revelata, or history of animal Magnetisme; Lang, Mesmerisme in Scotland; G. Sandby, of Mesmerisme, and its opponents, ein vorzügliches Werk (1848); G. Barth, the Mesmerist's Manual of Phenomena and practice, und ein kleines, aber gehaltvolles Schriftchen, the Magnetisme a remedy by the rev. thom. Pyne, London 1849, 4. Edition.

Eine sehr reichhaltige Literatur über den Mesmerismus besitzen die Franzosen, und zwar mehr in historischer und praktischer als in theoretischer Hinsicht. Außer den älteren Schriften der unmittelbaren Schüler Mesmers, von Deslon, Tardy de Montravel, Court de Gebelin, Vergasse, Bruno (bei Rouliér), usw., gehören hierher vorzüglich die Schriften von M. Puysegur: Rapport de cures operées a Bayonne et à Busancy par le Mag. animal; exposée des cures de Strasburg, etc, und Recherches physiologiques sur le Magn. animal; dann außer den Schriften von Lausane, des procédés et des principes du M.; Roulièr, exposition physsiologique des phénomènes du M.; Duputet, Bertrand, unter den neuesten vorzüglich Deleuze, instruction pratique sur le Magn. Animal, welchem die meisten Franzosen nachfolgen, und der sich durch seine übrigen Schriften über Mesmerismus in historischer und theoretischer Hinsicht unsterblich gemacht hat; Dr. Alphonse Teste, Manuel pratique du Mag. animal; Gauthier, traité pratique du Magnet. et Somnambulisme. Die italienische Literatur ist noch arm in jeder Hinsicht, doch fängt es auch hier zu tagen an. Cogevina, Orioli, Verati, Nani schrieben über den tierischen Magnetismus, doch eine eigentliche Selbstständigkeit fehlt auch den neuesten, als: Francesco Guidi, Magnetismo animale, Torino 1851; Dr. M. Tommasi, il magn. animal considerato sotto un nuovo punto di vista, Torino 1851. Den Italienern ist nur die französische Literatur bekannt, und Tomasi sagt selbst: E maggiormente desiderabile, che questo studio sia condotto da uomini consumati nelle science — in quantache, anche tenuto calcolo della opere di alcuni pochi scritti del 1850, l’italia non ha ancora una produzione sul mag. a. che possa contrapporre alle produzioni tedesce e francesi. Ausgeübt wird der Mesmerismus in Schweden, in Russland und sehr häufig in Nordamerika, in Italien treten Laien und Ärzte jetzt häufiger hervor.

 

 

 

 

Name und Begriff

 

Dr. Fr. Anton Mesmer, 1734 zu Weiler, einige Meilen von Konstanz am Bodensee geboren, hat durch Studien und Beobachtungen, insbesondere durch die Kräfte und Erscheinungen des Magnets angeregt, nicht nur den allgemeinen von jeher geahnten Zusammenhang der Naturdinge, in seiner Doktor-Dissertation zu Wien, de influxu planetarum in corpus humanum 1764 mit der denkwürdigen Horazischen Prophetenstimme: multa renascentur, quae jam cecidere, cadentque, quae nunc sunt in hnore behauptet, sondern er hat auch bald daraus zugleich die einem jeden innewohnende, aber völlig unbekannte lebendige Kraft, auf andere, besonders Kranke heilsam einzuwirken, mit dem nicht weniger merkwürdigen Motto: veniet tempus, quo ista, quae nunc latent, in luem dies extrahat öffentlich ausgesprochen

In beider Hinsicht, hat Mesmer seine neue Lehre Magnetismus genannt; weil sich überall polare, den Magnetwirkungen ähnliche Wechselkräfte der Anziehung und Abstoßung zeigen. Er drückt sich hierüber selbst auf folgende Art aus: »Das Wort Magnetismus, das ich willkürlich angenommen habe, bezeichnet keine Substanz, sondern bloß eine Verbindung der Verhältnisse in den Naturkräften oder des Einflusses überhaupt und insbesondere der Anwendung, den angegebenen Ansichten zufolge in Beziehung auf den Körper des Menschen.«

Dass eine solche neue Lehre mit einer solchen Zuversicht und mit einer solchen wissenschaftlichen und praktischen Beweisführung einen großen Aufruhr, Widerspruch und Bewunderung in der gelehrten und ungelehrten Welt hervorrief, ist begreiflich; jenen war der Magnetismus ein Phantom und Mesmer ein gewöhnlicher Scharlatan, während diese in ihm ein neues Licht und einen von Gott gesandten Wundermann erblickten. Mag nun Mesmers wissenschaftliches Natursystem seine Mängel haben, in praktischer Hinsicht hat sich seine Entdeckung auf das glänzendste bewährt, und die Zeit ist bereits schon da, wo das was damals noch verborgen lag, klar zutage liegt — in lucem dies ertraxit —! Als eine Entdeckung hat er übrigens sie selbst, nicht als erfunden ausgegeben, denn er sagt: »Ein blinder Empirismus und ungeprüfte Anwendung meiner Methode hat ein Vorurteil gegen dieselbe und eine voreilige Kritik veranlasst; diese neue Heilart erfordert, unabhängig von der Theorie, einen praktisch anschaulichen und gehörig durchgeführten Unterricht. Das Verfahren beruht aus keiner positiven Weise, ja in eine positive Vorschrift eingezwängt würde dasselbe durch zu ängstliche Observanz ein Gegenstand des Aberglaubens werden können, und es ist keine zu gewagte Behauptung, wenn ich sage, dass ein großer Teil der religiösen Zeremonien des Altertums Überbleibsel dieses Empirismus zu sein scheinen.«

Wenn nun Mesmer die allgemeine Wechselwirkung der Natur, Allflut — fluide universel — so wie die gegenseitigen Einwirkungen durch eine Art Anziehung und Abstoßung der Menschen unter sich, nach den analogen Erscheinungen des Magnets Magnetismus genannt hat, so konnte die Sache nicht besser bezeichnet werden. Durch „tierischer, animalischer Lebensmagnetismus“, wurde die besondere Wechselwirkung und ihre Theorie angedeutet, was jetzt offenbar besser durch Mesmertum, Mesmerismus geschieht, weil damit die neue Lehre überhaupt und Mesmers Methode der Krankenbehandlung ohne mögliche Verwechselung und Missdeutung der Begriffe verstanden wird. Das Wort Magnetismus ist aber so gebräuchlich und hat eine Art historisches Bürgerrecht erhalten, dass es nicht leicht ganz zu verdrängen ist, und wir wollen dasselbe daher auch nicht ängstlich vermeiden.

Der Mesmerismus ist übrigens keine besondere Wissenschaft, er beruht auf den allgemeinen physiologischen Prinzipien und was zu Mesmers Zeit noch verborgen war, und was derselbe so allgemein ausgesprochen hat, ist durch die Fortschritte der Naturwissenschaft heute schon eine ausgemachte Sache. Oersted, Arago und Faraday haben gezeigt, dass alle Arten der Materie des Magnetismus fähig sind; dass sogar das Licht aus dem fernen Himmelsraum Magnetismus und Elektrizität erzeugt; der vegetabilische und tierische Lebensprozess insbesondere wird aus elektromagnetische Erregungen zurückgeführt inest et stirpibus calor suus, Kepler.

Einige Naturforscher wirken mit der Hand aus der Magnetnadel, und andere, wie Thilorier, wollen durch festen Blick und Willen sogar Mineralmagnetismus in weichem Eisen hervorgebracht haben. Die sogenannte physiologische Induktion bei der Tätigkeit und Reaktion des Nervensystems kann jeder aufmerksame Arzt beobachten. Wir werden uns aber hierüber nicht weiter beschäftigen, sondern vielmehr die praktische Seite des Mesmerismus hervorheben und die Erscheinungen und Behandlungsweise der neuen Methode, mit der vorzüglichen Rücksicht auf die Gesundheit des Menschen, kennenlernen. Denn der Mesmerismus ist gerade in medizinischer Hinsicht vorzüglich geeignet, Heil und Licht zu verbreiten.

I have no doubt of its opening the way, both by the treatment it suggests, and the inquiries to which it leads, to a new era in the practice, und above all, in the philosophie of medicine. Pyne.

 

 

 

 

Erstes Hauptstück

 

 

 

Kritik über die Einwürfe der Gegner des Mesmerismus

 

Es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen,

Unb das Erhabne in den Staub zu ziehn.

Schiller

 

 

1. Neuheit

Mesmers Auftreten mit seiner völlig neuen ungewohnten Heilmethode, die er mit den auffallenden Argumenten ad hominem auch theoretisch aus allgemeine Naturgesetze zurückzuführen sich bemühte, rief aus der einen Seite Enthusiasten und Bewunderer, auf der andern zweifelsüchtige Gegner und abgesagte Widersacher hervor.

 

In der Tat, der Gegenstand war so auffallend, dass er nicht bloß gegen den im Gang befindlichen Tagesverstand, sondern auch gegen die Satzungen der Praxis, der Wissenschaft und Religion anzustoßen schien. Denn 1) die Heilung von Krankheiten mit der bloßen Hand ohne Stoff und Apothekerwaren; 2) das öfter eintretende Wachen im Schlafe der Patienten und sogar der eigene medizinische Instinkt in der Angabe ihres Übels mit der Vorschrift, die passenden Mittel dafür anzuwenden; 3) die erhöhte Geisteskraft im Schlafe mit verschärfter Sinnestätigkeit, im sogenannten Hellsehen entfernte und künftige Dinge zu prophezeien mit dem lebendigen Schwunge der Fantasie und mit der ungewöhnlichen Verstandes- und Gedächtnisstärke, im Urteil und in Sprachfertigkeit; 4) die richtige Angabe guter und schlechter Eigenschaften von unbekannten Personen; das Lesen verschlossener Briefe und sogar das Erraten der Gedanken eines Andern waren so seltsame Dinge, dass sie den ungelehrten Laien wohl zu dem Glauben verleiten konnten, es gehe hierbei nicht mit rechten Dingen zu. Und wie der Philosoph ohne den vorhandenen Anhaltspunkt von der neuen Lehre zu einer vernünftigen wie unvernünftigen Skepsis herausgefordert wurde, die eben so oft in lustigen Witz wie in böswillige Verdrehung oder Verleugnung der Tatsachen ausartete; so nahm der der Naturwissenschaft, ohnehin meist völlig ledige Theologen, die magnetischen Wunder als übernatürliche aus, und behandelte sie seltener von der mystischen Seite der Mirakel, als von jener der schwarzen Kunst satanischer Einwirkungen. Die Ärzte waren von jeher die heftigsten Gegner aller Neuerung auf ihrem eigenen Gebiete; ihnen war es im Durchschnitt mehr angelegen, gemächlich auf dem gebahnten Wege das auch ohne viele Arbeit dürftig oder reichlich fließende Wasser des Honorars zu schöpfen, als nach der Tiefe der Wahrheit zu gründen. Endlich gibt es Gegner des Mesmerismus, die dessen Existenz zugeben, die aber ganze Bücher gegen die Gefahren desselben geschrieben haben.

Die Einwürfe der Gegner des Mesmerismus fordern uns auf, dieselben nach allen Seiten zu beleuchten, sie sind oft interessant und jedenfalls lehrreich für die richtige Würdigung des Mesmerismus selbst.

Opinionum commenta delet dies, naturae judicia confirmat. Cicero.

Die meisten Gegner des Mesmerismus beurteilen denselben nicht anders als vonseiten der Einwürfe, die gegen denselben gemacht werden, eine unparteiische ruhige Selbstuntersuchung ist teils nicht jedermann so leicht vorzunehmen; teils fehlt es meist an einem unbefangenen Sinn und Wahrheit liebenden Trieb. Der Gegenstand ist wohl auch von so zarter Beschaffenheit, dass das Experiment nicht allemal gelingt, wie aus der Schnellwaage oder in der Retorte des chemischen Laboratoriums. Geduldige Ausdauer und sorgfältige Unterscheidungsgabe sind seltene Eigenschaften; Rechthaberei und der plötzliche Sieg der Partei über den verhassten, der allgemeinen Erfahrung widersprechenden Eindringling ist mehr der Zweck, als durch mühsame Arbeit die verschlungenen Fäden zu lösen und das Licht der Wahrheit zu suchen.

„Aus Zweifel reimt sich Teufel,“ die Lüge läuft neben der Bosheit her, der Zweck heiligt die Mittel. Kann man es nicht als Einbildung oder blödsinnige Wundersucht lächerlich machen, so kann man den Teufel im Hintergrund malen, und Gefahr für die Moral und den christlichen Glauben predigen. Doch der Magnetismus wird seinen Weg zum Ziel sicher gegen alle Hindernisse finden.

Ne rigori di governi, ne anatèmi di caste, ne ostacoli di sistematici oppositori potrano arestare il maraviglioso suo corso. Non puo mancare il triompho di una scienza. che ha dio per punto di partenza, e per base l’umanita. Guidi.

Den Hauptanstoß fand der Magnetismus von Anfang an, in seiner Neuheit; man glaubte sich ihm widersetzen zu müssen, eben weil er neu erschien und gegen allen Brauch der Einsicht und des Naturlaufs streitet. Weil man die seltenen Naturerscheinungen und ihre Gesetze nicht kennt, so werden sie als unnatürlich und unmöglich geleugnet, oder für übernatürlich gehalten. Dies ist aber schon von jeher mit allen neuen Entdeckungen der Fall gewesen.

Harveys neue Lehre von der Zirkulation des Bluts; Jenners — übrigens mit der vorigen in keinem Vergleich von Wichtigkeit stehende — Impfmethode der Blattern, hatte dasselbe Schicksal. Hume erzählt, dass Harvey’s wichtigste Entdeckung in der Medizin kein Arzt über 40 Jahr anerkannte, und dass er deswegen den größten Teil seiner Praxis in London eingebüßt habe. Die Behauptung Galileis: dass die Erde rund sei und um die Sonne laufe, brachte ihn auf den Scheiterhaufen. Gonzales de Mendoza, Erzbischof von Toledo, erklärte Columbus Ansicht für ketzerisch, und gegen die heilige Schrift streitend, womit derselbe auf der runden Erde jenseits des Ozeans Gegenfüßler einer neuen Welt suchen wollte. Als Faust seine erfundene Buchdruckerkunst zu Paris mit der wundervollen Schnelligkeit des Bibeldruckens in vielen hundert Exemplaren bekannt machte, wurde fest behauptet, er habe seine Seele dem Teufel verschrieben. Was hat Hahnemann für Widersacher gefunden, oder glaubt jemand im Ernste, dass gar nichts an der Homöopathie sei? Thomasius Behauptung, dass die Gesichte und die Besessenheit der Hexen Folge natürlicher Krankheitszustände sei, stritt gegen den allgemeinen Glauben an die unmittelbare Gewalt des Teufels, vor welcher die Macht Gottes auf der Erde nicht viel Voraus hatte. Wer hätte die Kraft des Dampfes gegen Wind und Wetter, das Gaslicht, der elektrischen Telegrafie, welche Zeit und Raum aufhebt und die finstere Nacht in Licht verwandelt, für natürlich erklärt, wenn nicht die Naturkunde bereits den gesetzlichen Zusammenhang vor jedermanns Augen aufweisen könnte.

Würde man diese Erfindungen weniger dem Teufel zuschreiben, als Fausts Buchdruckerei? Es fehlt indessen auch jetzt noch nicht an Gegnern, welche diese neuen Erfindungen als Eingriffe in die göttliche Vorsehung verdammen, gleich wie jene Antwort des Konziliums von Kastilien auf einen unter Karl II. gemachten Antrag, Madrid mit Lissabon auf dem Wasserweg zu verbinden, dahin lautete: dass »wenn Gott diese Wasser hätte schiffbar machen wollen, er es selbst würde getan haben, und dass daher ein solches Projekt eine Verletzung der göttlichen Anordnung sei.«

Wundern wir uns daher nicht weiter, wenn wir gegen den Magnetstab und das mesmerische Baquet einen ähnlichen Widerspruch des Vorurteils und des Eigensinns erfahren, wie es nach Sandby noch zur Zeit der Königin Elisabeth gegen den Gebrauch der Gabeln der Fall war; ein Geistlicher predigte nämlich gegen dieselben „als einen Angriff gegen die Vorsehung und als einen Schimpf gegen die Finger, das Fleisch mit Gabeln zu berühren.“ Ein gerechter Zweifel ist jedoch besser als eine unbedingte Zustimmung zu unbekannten Behauptungen; der Weise folgt weder der Wallung des Gefühles, noch dem täuschenden Scheine der Sinne, er forschet nach den Ursachen mit Ernst und Ausdauern und somit steht auch die Wahrheit und die Wichtigkeit des Magnetismus erst durch wiederholte Untersuchungen nunmehr auf dem unerschütterlichen Boden fest, um in Zukunft bei dem richtigen Gebrauche desselben Heil und Licht zu verbreiten. Denn auch wir rühmen uns, den Mesmerismus nicht gerade so oben weg und ohne alle Untersuchung zu verteidigen.

Nihil est temeritate turpius et indignum. quam aut falsum sentire, aut quod non satis exploratum et cognitum sine ulla dubitatione defendere. Cicero

 

 

2. Die Laien

 

Der große Haufe des Publikums kann eigentlich nicht als Gegner betrachtet werden, wenn er den durch den Magnetismus hervorgebrachten Wirkungen nicht sogleich das volle Vertrauen schenkt. An ihm ist es nicht zu untersuchen, ob etwas neu, und was an dem Neuen wahr ist, er meidet vielmehr alles Neue und hält nach der Stimme ihrer Führer, wie insbesondere der Ärzte und Geistlichen, jede Reformation für Revolution und zieht die süße, trockene Einförmigkeit der Existenz jeder mühsamen Forschung und Erkenntnis vor. Den meisten Menschen ist der Mesmerismus ganz unbekannt geblieben, und eigentlich kennt ihn auch der gebildete Teil und sogar die Ärzte bisher höchstens dem Namen nach. Da nun obendrein von den durch den Magnetismus behandelten viele als ungeheilte Nieten selbst dagegen sprechen und viel Missbrauch damit offenkundig geworden ist; so gibt es wenige, die Mut und Verstand genug haben, sich dem magnetischen Arzte anzuvertrauen; der große Haufe zieht es vor auf, die gewöhnliche Weise umzukommen.

Der Magnetismus ist noch unpopulär, sein Name steht im gehässigen Rufe des Betrugs, oder sonst unziemlicher wo nicht gefährlicher Wirkungen. Es gibt übrigens manche unter den Gebildeten, die bei der Unbekanntschaft des Magnetismus ihre Geistesstärke dadurch beweisen wollen, dass man sie nicht etwa einerseits für leichtgläubig und Schwachköpfe halte, und lächerlich mache; anderseits, dass sie nicht selbst ein Spiel ihrer eigenen Einbildung werden und in Somnambulismus verfallen. Diese letztere Einwendung ist mir öfter von solchen gemacht worden, die mich um Rath und Hilfe anriefen.

3. Die Philosophen

 

Hier könnten wir zuerst fragen, was sind das für Leute? Die Antwort ist nicht ganz leicht, einen richtigen Begriff darüber auszustellen; schon die Wortbedeutung: „Freund der Weisheit“ dürfte nicht immer zutreffen. Richtiger scheint das Goethesche „Irrlichtelieren“ aus die Mehrzahl dieses Namens zu passen; denn der Zweck des Philosophierens ist wohl seltener die höchste Idee der Wahrheit, als doch auch in allem ein Wort mitzusprechen, und dem eigenen angenommenen Gedankengang Geltung zu verschaffen. Nun ist der Mesmerismus ein dem gewöhnlichen Gesichtskreis so sehr entzogener Gegenstand, dass er sich nicht einmal mit physischen Werkzeugen, wie das Licht, die Elektrizität und der Magnetismus messen und festhalten lässt, deren wahre Natur der größte Weise nicht kennt; die Einwürfe, welche daher von dem genug irritabile der Philosophen hertönen, stoßen seine Festigkeit gewiss nicht um; meist ist es wohl auch nur ein hohles Geräusch, das ihn nicht einmal oberflächlich erzittern macht. Besehen wir uns Einiges davon.

Der Weg von den imponderablen Agentien des Magnetismus und der Elektrizität, des Lichts und der Wärme geht nicht gerade aus, um die Verhältnisse des Mesmerismus, der seiner mehrseitigen Ähnlichkeit der polaren Wirkungen halber mit jenen Kräften verglichen wurde, nach denselben abzuschätzen. Der eigentliche Physiker kann seinen mathematischen Calculus hier nicht anwenden, sein Urteil muss auf seine Beobachtungen gestützt werden, die allerdings möglich sind, wie z. B. Reichenbach (die Dynamik des Magnetismus), Robiano (Nevrugie, ou le Magnétisme animal) gezeigt haben. Der größere Teil der philosophischen Krämer ist in der Naturkunde ohnehin nicht zu Hause und noch weniger in der Physiologie des Menschen. Ein Einwurf von solchen Leuten gegen die physischen Wirkungen des Mesmerismus hat daher so viel zu bedeuten, als der heilige Eifer gegen die Bewegung der Erde des Galilei — e pur si move. Der Streit ist jedoch häufiger gegen das magnetische Schlafwachen und die fremdartigen psychischen Erscheinungen des Hellsehens gerichtet. Allein diese sind nicht identisch und nur zuweilen begleitende Symptome mit dem Magnetismus. Außerdem gleichen solche Anstrengungen dem Windmühlenkampfe des Ritters von der traurigen Gestalt und beweisen eine völlige Unbekanntschaft mit der Geschichte und Beschaffenheit der pathologischen und religiösen Ekstase. Wenn Ungeschicklichkeit und oft gehässige Vorgänge bei dem noch so jugendlichen Magnetismus, was keineswegs in Abrede gestellt wird, vorkommen, so trifft eine solche Falschheit nicht das Wesen des Magnetismus und die Anklage von Betrug und das Geschrei von Gefahr, die bei schwachen Frauen, bei reizbaren Naturen und Ignoranten so leicht verfangen, hat nicht einmal so viel Grund als die Furcht vor einem Feuerbrand, den ein Simpel oder ein Spaßvogel mit dem Licht in der Hand erzeugen kann. Die Philosophen erschaffen und regieren aber bekanntlich die Welt auf ihrem Schreibtische, Prinzipien sind ihre unfehlbare Autorität. Wozu die mühsamen Untersuchungen auf einem von jeher verschrienen Felde, dem unfruchtbaren Zeitverlust folgt, obendrein am Ende noch der Spott. Man bleibt bei der Schule und der Freundschaft. Jeder Philosoph par excellence hat sein eigenes Wörterbuch, das zur Gewohnheit geworden, und die meisten haben die bestimmte Form und den gewissen Klang der Wörter, den Zuschnitt der Sätze und das fertige System. Stolz und Eitelkeit sind eben nicht unbekannte Tugenden der Philosophen, und Rechthaberei lässt nicht so leicht auf dem eingeschlagenen Wege wieder umkehren: ja suis toujours de mon premier sentiment, car je suis philosopbe.

Da die Sache nun auch nicht gerade auf flacher Hand liegt, und es so schwer ist, in die Einzelheiten einzugehen, so macht eine gründliche Untersuchung Mühe und kostet Arbeit, dies ist missbehaglich, vielleicht unfruchtbar, führt wohl gar zu bedenklicher Unannehmlichkeit: es könnte ein unreifes, mehrfach anstoßendes Urteil entwischen. Ja, es ist viel leichter an der äußern Rinde oberflächlich etwas zu schaben und zu kratzen, hier und da seinen Schmutzfleck der Meinungen anzubringen, welcher hinreicht das tiefere Mark der aufgestellten mesmerischen Tatsachen vor den Augen des unkundigen Publikums zu verdecken, und die daraus gezogenen Folgerungen zu verwischen. Es sind daher die Artikel solcher Philosophischen Opponenten meist eben so curios, als sie wegen der völligen — kompletten — Unbekanntschaft mit den wirklichen Erscheinungen erbaulich sind. Die Erscheinungen des tierischen Magnetismus sind aber nicht auffallender als alle andern Erscheinungen aus dem materiellen und geistigen Gebiete der Welt, wenn es sich um ihre Ursachen handelt. Das sind aber, schlechte Philosophen, die lieber die Möglichkeit bekannter, aber seltener vorkommender Tatsachen leugnen oder mit wässeriger Tinte wegwaschen wollen, als sie durch Ergründung ihrer Ursachen zu erklären.

Während die unbegrenzte Leichtgläubigkeit schwachen Gemütern eigen ist, so ist die unbegrenzte Zweifelsucht der Antheil eines eingeschrumpften Geistes, der auf unvollständigen Daten sein Urteil stützt und sein eigenes Wissen als Standarte der Wahrheit ausstellt. Abercrombie.

Wir müssen es jedoch zur Ehre der philosophischen Fakultät bemerken, dass jetzt ein großer Teil derselben sich für die Sache des Magnetismus erklärt; wir besitzen eine Menge der schätzbarsten Untersuchungen aus allen Ländern und in allen Sprachen, welche den Mesmerismus in seiner vollen Richtigkeit anerkennen, die neuen Erscheinungen desselben unter längst bekannten Gesetzen einzureihen sich bemühen, und so zur Aufklärung der damit verwebten Rätsel ein Großes beitragen.

Und die Akademien der Wissenschaften? Diese wollen sich nicht zugunsten des Mesmerismus Vernehmen lassen, ja die Pariser Akademie hat sich vielmehr bisher bekanntlich schon seit Mesmers Zeit wiederholt dagegen erklärt! Die Akademiker bestehen fürs erste aus Mitlebenden der Zeit, es gilt daher füglich für sie das oben Gesagte, sie gehören zur Kategorie der schlechten Philosophen. Der größere Teil solcher Mitglieder ist nicht einmal mitzuzählen, oder ist nicht vollwichtig als Gegner auf die Wagschale gestellt, zu werden. Die Welt ist übrigens von der Weisheit der Akademiker eben nicht erhellt worden, man kennt weder neu entdeckte Prinzipien für die Wissenschaften noch Erfindungen für das praktische Leben; beides ging immer nur von Individuen aus. Die Akademiker sind Philosophen nach einer bestimmten Linie, in ihrer Art äußerst liberal, ja bigott, außer derselben aber ignorant und verfolgungssüchtig; sie begreifen nichts, als was sie studieren, und ihr Unglauben kommt nicht aus dem Wissen oder aus dem Gefühl der Zuversicht, sondern aus Stolz und Unwissenheit. Es waren daher auch solche Akademiker aus das unfruchtbare Staunen und auf vornehmes Schweigen beschränkt, indem sie die erzählten Tatsachen des Magnetismus weder zuzulassen noch so geradewegs zu verwerfen wagten, wodurch sie mehr die Notwendigkeit in der Ungewissheit zu verbleiben verraten, als die mystische Decke aufzuziehen, um vor aller Welt das Licht ihrer Weisheit preis zustellen.

So hat einzig die Akademie zu Berlin auf die derselben von Mesmer mitgeteilte Entdeckung und seine motivierte Erklärung ohne weitere Untersuchung kurz geantwortet: »dass er im Irrtum sei.«

Später 1820 hat dieselbe Akademie eine von Hardenberg gegen ihren Willen ausgesetzte Preisfrage über den tierischen Magnetismus dadurch abgewiesen, dass sie alle darüber eingegangene Schriften nach einiger Zeit, die meisten, vielleicht alle ungelesen, wieder zurückschickte, mit der sehr wahren Bemerkung, „dass keine entsprochen habe.“ Die Pariser Akademie hat sich hingegen durch ihren Bericht von den angestellten Examen über den Magnetismus auf ewige Zeit durch die Erklärung ein würdiges Denkmal gesetzt: „dass weder an der Existenz des Magnetismus noch an Mesmers Theorie etwas Wahres sei.“ Was soll man dazu sagen, dass die Kommissäre ihre Untersuchungen nicht bei Mesmer, der doch auch in Paris war, sondern bei Deslon, seinem Schüler vornahmen. Wir lassen die Appellation mehrerer Ärzte, z. B. Deslons, Varniers, usw., gegen das Verfahren der Kommissäre hier beiseite.

Schon die Separatberichte von Mitgliedern derselben Kommission, wie des wahrheitsliebenden Jussieu und anderer beweisen, mit welchen antipathischen Vorurteilen und Bestrebungen man vorgegangen sei, worüber später Deleuze, Bertram und Gauthier die weitern kritischen Aufklärungen erteilt haben.

Zwei Generationen sind über Mesmers Entdeckung hinweggeschritten, man hat sie verneint, verhöhnt, verschwärzt, statt untersucht und ergründet; allein die lebendige Wahrheit schafft sich selbst ihren Platz. Seltener tront sie in den Gerichtshöfen der Weisen, als in dem Munde der Einfältigen: Tandis que les savants disputent comment ils feront la chose, voici qu’un ignorant arrive et la fait.

4. Die Geistlichkeit

 

Als Wächter der Religion und Sittlichkeit hat die Geistlichkeit natürlich auf alle Vorkommnisse und Begebenheiten des öffentlichen Lebens ihre Augen zu richten. Es ist daher nicht zu verwundern, dass sie auch die Ergebnisse des Magnetismus scharf beobachtet und nach ihrem Standpunkte beurteilt. Magisch und Magnetismus sind schon dem Wortlaut nach verwandt, noch mehr aber sind es ihre Wirkungen; hier wie dort geschehen dieselben gegen den ungewöhnlichen Lauf unsichtbar und nach unbekannten Gesetzen; sie tragen daher den Stempel des übernatürlichen Magischen an sich und dieses ward schon in der Bibel als Zauberei verboten. Es hat nicht an enthusiastischen Lobrednern des Magnetismus gefehlt, welche seine Wirkungen den christlichen Wundern gleichstellten, und da manche Erscheinungen bei Krämpfen und somnambulen Zuständen, wie die Unempfindlichkeit gegen Feuer und Stich; die Visionen und das Weissagen bei verschlossenen Sinnen; die fertigen Antworten ungebildeter Personen in religiösen und wissenschaftlichen Fragen; das Gedankenerraten; der vorgebliche Umgang mit Geistern guter und schlechter Art; die Verdrehungen der Glieder und die unmenschlichen Kraftäußerungen mit den wechselnden Ohnmachten; die Schelmerei und zuweilen die fürchterlichen Konvulsionen und sogar das satanische Höhnen gegen das Heilige, offenbar etwas Zauberhaftes an sich haben, so werden diese Dinge ohnehin vor den geistlichen Gerichtshof gefordert. Für die Theologie ist die Naturkunde kein obligates Studium. Alles wunderbar Seltsame wird daher herkömmlich meist für übernatürlich erklärt: jene dem normalen Verlauf widrigen Erscheinungen werden von der Geistlichkeit am wenigsten verneint, vielmehr oft als satanische Wirkungen beurteilt und mit den geistigen Waffen des Exorzismus und der Verdammung bekämpft, indem man entweder die natürliche Wirkung in das magisch Übernatürliche ausarten, oder das satanisch Übernatürliche in das Natürliche zurückwirken lässt.

Das in der Krankheit allein steckende Wunder wird nicht begriffen: Desease was the secret of the whol mat'ter, sagt ein englischer Geistlicher. Das Bemühen der Geistlichkeit geht nicht dahin, den Nutzen des Magnetismus, sondern die Fehler bei seinem Gebrauche auszuforschen;z nicht die Natur zu ergründen, sondern das Unverstandene als unnatürlich zu verfolgen.

Die Unwissenheit ist ein mächtiger Verbündeter des Aberglaubens; wenn man etwas nicht begreift, was gegen den gewöhnlichen Lauf geschieht, so wird die Schwierigkeit am leichtesten durch die Annahme gelöst, dass die Veranlassung jenseits der Grenzen der Natur liegt und dass unsichtbare Geister in der Natur herrschen. Neben Gott Vater spielt im Leben der Menschen der Teufel von jeher eine Hauptrolle: wer den Teufel nicht als ein Wesen von seiner gewissen Allwissenheit und Allmacht gelten lässt, gehört schon in das schwarze Buch der Ketzer. Die sibyllinischen Weissagungen waren ehemals nichts anderes al dämonische Eingebungen, ja der Teufel wirkte in den Höhlen der Erde wie in dem Dampfe der Luft, durch Winde und Wetter. Die Hexen des Mittelalters waren leibhaftig vom Teufel besessen, und er spielte durch diese armen Geschöpfe die seltsamsten Wunder. Krankheiten aller Art waren bekanntlich auch Werke des Teufels, oft sogar neu entdeckte Mittel wider dieselben, wie z. B. die China gegen das Fieber. Merkwürdig ist es aber, dass viele heilsame Erfindungen, die den Menschen zu gut kommen und jetzt sogar dem Volke durch Regierungsgewalt aufgedrungen werden, dem Teufel zugeschrieben wurden, wie z. B. das Einimpfen der Blattern. Ein Herr Matzey predigte nach Sandby zu London 1722: »Alle, welche das Blattergift beibringen, sind höllische Zauberer, und die Inokulation ist eine Erfindung des Satans.« Ein Rektor von Canterbury de la Faye erklärte in einer öffentlichen Predigt das Impfen der Blattern als ein Erzeugnis des Atheismus, und mahnte zur tugendhaften Ergebung in die göttliche Fügung.

So wird auch der Magnetismus nicht selten zur Kategorie der verbotenen Dinge gerechnet, und als ein für den Glauben und die Religion gefährlicher Gegenstand erklärt. In England hat ein Geistlicher noch unlängst von der Kanzel herab den Mesmerismus als eine Wirkung des Satans verdammt, und dass es in der römischen Kirche an Allarmisten gegen solche dem Herkommen widersprechende Neuerungen nicht fehlt, versteht sich von selbst. Das Volk ist belehrt, dass der Teufel ein Wesen von einer ungeheuren Macht und von einer Allwissenheit der Gegenwart und Zukunft sei, womit er den Menschen überall zum Bösen verleitet, indem er sowohl über ihn selbst Gewalt hat, als wie er die Naturerscheinungen willkürlich als täuschende Reizmittel vorspiegeln kann. Es liegt sehr nahe, dass die genannten magnetischen Zustände demnach einer solchen übernatürlichen Ursache zugemutet werden, und dass man darin die mit dem Übel der Krankheit verflochtenen Symptome einem leidhaften bösen Prinzip zuschreibt. Sonderbar aber klingt es, wenn man unsichtbare Wirkungen und krankhafte Störungen leiblicher Funktionen; wenn man Linderung oder Heilungen qualvoller Leiden; wenn man erhöhte psychische Zustände im Schlafe, wie das Gescheitsprechen eines Idioten in demselben, etc., lieber den bösen Teufeln als den guten Engeln zuschreibt; sonderbar, dass man das Verkehrte immer lieber einem fremden äußeren Einfluss als sich selber zur Last legt, und dass man die Heilungen und Wohltaten, die durch den Magnetismus dem siechen Geschlechte zu gut kommen, dem Teufel verdankt, dem man sonst solche Verdienste wie die Linderung der Pein, das Heilen der Krankheiten nicht zuschreibt. Der Teufel pflegt sonst sein Handwerk nicht so offen zu treiben, ja die Theologen pflegen sonst das Prinzip auszustellen, dass der Teufel sich verbirgt, wo er entlarvt werden möchte. »Odit lucem, et in umbra dormit.«

Aber kläglich ist es, dass man offenbare Erfindungen der Fantasie für Wahrheiten des Verstandes ausnimmt und ihnen dadurch Geltung verschafft, dass sie vom bösen Feinde herrühren sollen. Diabolus homini non praestat virtutem, sed homo diabolo sagt der heilige Chrysostomus. Der Mensch erzeugt und pflegt das Schlechte und Gute in sich selber; aber das überkommene Vorurteil und der Aberglaube beherrschet einmal die Welt, und wenn jene übernatürlichen Ungetüme auch schon hundertmal widerlegt und aufgeklärt sind, die Hydra streckt immer wieder ihre unvertilgbaren Köpfe empor. Die Wundersucht ist die schlimmste Krankheit aller Suchten; aber auch ihre Kur ist die schwerste, sie ist unheilbar, wenn es nicht gerade der Mesmerismus selber wäre, der uns den Schlüssel bringt; die berüchtigten Wunder der somnambulen Träume; der ekstatischen Offenbarungen. Der Besessenheit und des Hexentums; der religiösen Entzückung in dem Licht strömenden Scheine und Blut schwitzenden Wundmalen aufzuklären. Die Welt ist voll der Wunder und der Mensch ist das größte Wunder; die Wissenschaft ist noch lange nicht fertig in der Angabe und Aufklärung der Ursachen seltsamer Wirkungen, weil es nur sehr wenigen Ernst ist, die wahren Gründe zu erforschen, und weil gerade die Geistlichkeit die Wissenschaft als einen Feind des Glaubens anklagt; les sciences rendent plus spirituelles les gens d'esprits et les sots plus sots sagt la Bruyere; deshalb ist aber der Acker des wahren Glaubens so dünn besät, und das Unkraut des Aberglaubens so wuchernd; weil es keinen lebendigen wahren Glauben ohne Wissen gibt, und weil nur das rechte Wissen zu Gott hin, die Unwissenheit und der Aberglaube aber von Gott abführt auf das weite unsichere Feld des Irrtums und des Betrugs für falsche Propheten und wundersüchtige Heilige.

Die Geistlichkeit sucht ihren Beruf mehr in der Verteidigung der herkömmlichen Wunder und in der Erhaltung der sorglosen Unwissenheit, das Reich Christi zu stützen, als durch Aufklärung des Verstandes für die Begebenheiten des Lebens. Sie begreift nicht, dass sie damit nur den Zweifel nährt und den Kredit verliert; dass sie den Weg zum Irrtum und zur Täuschung und somit zum Unglauben und zu den entgegengesetzten Lehren und Spaltungen offen lässt, und dass sie in der eigenen Herde statt einer wahren gottergebenen Frömmigkeit eine kopfhängende Frömmelei und lieblose Scheinheiligkeit erzeugt; sie begreift nicht, dass sie die Entdeckung unleugbarer Wahrheiten, die sie endlich selbst zugeben muss, ihren Ungläubigen als Ketzer betitelten Gegnern überlässt, durch die in der Tat bereits die meisten Naturwunder ihre Aufklärung erhalten haben, was namentlich in Hinsicht auf jene für übernatürlich gehaltenen Schlafzustände mit Hilfe des Mesmerismus geschehen ist. Miss Martineau erzählt von sich selber: »dass sie, wenn sie eine fromme unwissende Katholikin wäre, der Überzeugung nicht entgangen sein würde, sie habe himmlische Visionen gehabt, jeden verherrlichten (glorified) Gegenstand vor ihren Augen würde sie für eine Offenbarung und ihren Magnetiseur mit dem hellen Schein um seinen Kopf und das erleuchtete Profit für einen Heiligen oder Engel gehalten haben.« Der Mesmerismus hat das Wesen der Inspiration des alten Priestertums der Sibyllen; der entzückten Nonnen und Frauen; der magischen Träumer, usw., aufgeklärt, wie sie das Volkstum eines jeden Zeitalters nach den gangbaren Begriffen bezeichnet hat. Das Wissen kann wohl das Wunder, aber nicht die Bewunderung aufheben. Das Wissen, welches die Bewunderung raubt, ist ein schlechtes Wissen.

The truth is perilous never to the true,

Nor knowledge to the wise: but to the fool,

And to to false, error und truth a lik.

(Dem Wahren ist die Wahrheit nie gefährlich, wohl aber dem Dummen und dem Falschen ist die Wahrheit mit dem Irrtum zugleich gefährlich.) Bayly.

Obgleich der Mesmerismus eigentlich nur ein Gegenstand der Physiologie ist, weil erstens der Somnambulismus und die Ekstase nicht wesentlich zum Magnetismus gehören, und weil zweitens jene Zustände zur psychischen Anthropologie und nicht zur Theologie gehören; so hat doch auch die Geistlichkeit mit Recht ihr Wort dabei; denn die religiöse Stimmung findet sich auch bei dem magnetischen Schlafwachen, und die Ekstasen wurden allzeit und bei allen Konfessionen mit den damit verbundenen Visionen, Diskursen und Prophezeiungen im Zusammenhang mit dem Übernatürlichen angesehen. Das Predigen der Methodisten und Quäker, wie die mit ansteckenden Krämpfen verbundene Religionsschwärmerei in älterer und neuester Zeit, in Klöstern, Instituten und Kirchen wurde immer für eine höhere Eingebung (Inspiration) gehalten, gleichwie es bei der Pythia zu Delphi und in den Tempeln des Äskulaps und der Isis der Fall war. Der an sich anthropologisch identische Zustand ward aber nach den Zeitbegriffen verschieden beurteilt; ehemals sprachen Apollo und die Götter, jetzt der Heilige Geist durch den Mund der Auserwählten. Nun aber fehlte es nie an Zweifel, ob, und an abweichenden Behauptungen, dass die Entzückung eine Folge des göttlichen Einflusses oder ein Werk der Dämonen und des Satans sei. Der allgemeine Glaube schreibt die Möglichkeit einer gewissen Allmacht und Allwissenheit lieber einer überirdischen Art geistiger Wesen als der eigenen dem Menschen anerschaffenen Anlage zu.

Abgesehen aber auch von dem religiösen Gesichtspunkte und von der Wahrheit oder Falschheit des Mesmerismus, so hat derselbe jedoch teils schon wegen seiner Neuheit und Unbekanntschaft, teils des möglichen falschen Gebrauchs halber seine Kehrseite; noch mehr aber kann derselbe wegen seinem mächtigen Eingriff auf das geistige Leben der Patienten in der Hand eines unkundigen oder unmoralischen Magnetiseurs missbraucht werden und seine Gefahren mit sich fuhren. Diese Behauptung hört man nicht selten, und zwar von Leuten, die einerseits die Existenz des Mesmerismus leugnen, oder die anderseits in religiöser Hinsicht die Achseln zucken und sich darüber eben keinen Skrupel machen. Wäre derartigen Widersachern Ernst, so legten sie selbst Zeugnis ab von der großen Macht des Mesmerismus; ob sie aber deshalb mit mehr Recht auf dessen Unterdrückung als auf dessen sorgfältige Untersuchung und Pflege antragen sollen? Der Missbrauch von Dingen, die wirklich sind und zu jedermanns Händen stehen, wird sicher nie durch Verbote aufgehoben, vielmehr aber durch lehrende Aufklärung beseitigt. Dies gilt insbesondere für den Magnetismus sowohl in physisch-praktischer als in psychisch-moralischer Hinsicht; dort werden die durch Vorwitz und Unwissenheit erregten Zufälle und möglichen Gefahren für die Gesundheit, die Experimente und schaulustigen Unterhaltungen; hier wird die Leichtgläubigkeit und die blinde Hingebung an Unberufene oder schlechte Magnetiseure zur Gefährdung der Sittlichkeit beseitigt, und dem Betrage das Tor verschlossen. Erziehung und Erfahrung sind die Grundsäulen für die Sicherheit und den Fortschritt der Gesundheit und Sittlichkeit des Menschengeschlechts. Ja der Magnetismus kann der Gesundheit wie der Sittlichkeit gefährlich werden, und gerade darin liegt der Beweis, dass er kein geringfügiger, sondern ein mächtiger Gegenstand ist, bei dem ein gehöriges Handhaben erforderlich ist; denn noch sind weder die Tiefe seines Wesens noch die Grenzen seiner Wirkungen bekannt genug. Kurz die Beschaffenheit des Mesmerismus ist von der Art, dass er wie alle Gaben des Schöpfers mit Vorsicht und Klugheit und nur zu wohltätigen Zwecken angewendet werden soll. Wie wir den Donner und den Blitz des Himmels nicht so geradewegs, sondern erst durch die Mühe der Erkenntnis und Erfahrung zu meistern gelernt haben; wie das Feuer und Wasser, wie das Licht, das uns von den Gefahren der Finsternis befreit, durch Missbrauch und Unwissenheit zu verderblichen Elementen werden; wie jeder Arzt, jeder Stand zu sündigen Gelegenheit findet, wenn er will; wie jede Arznei zum Gift, jedes Werkzeug zum Schaden dienen kann; so kann der Mesmerismus durch Unkenntnis, durch Spiel, Versuch und Übermut; durch bösen Willen und schlechte Zwecke missbraucht werden. »Die Gewalt, verbunden mit der Ignoranz«, sagt Bell (animal electricity), »ist, gleich einer Pistole in den Händen eines Kindes. Das Böse ist« nach Franz von Sales, » nichts als der Missbrauch des Guten,« oder nach dem heiligen Thomas »ein Mangel des Guten.« Wir werden in der Folge dieses wichtige Kapitel nicht übergehen und auf die möglichen Gefahren in physischer und moralischer Hinsicht aufmerksam zu machen nicht versäumen. Hier sei vorläufig nur bemerkt, dass der Missbrauch einer Gewalt kein Beweis gegen seinen Gebrauch sei.

Der Magnetismus steht seit Mesmer durch Kunst und Erfahrung, durch Forschung und Erkenntnis in jeder Hinsicht bereits auf einer so sicheren Stufe, dass sich jedermann von Gespensterfurcht, von Vorurteil und Missgunst ledig, gehörigen Orts Rath holen kann, und wenn die Autorität der Regierungen demselben einmal die gehörige Stütze leihen würde, so wird man unfehlbar auch die Hilfe schneller und sicherer von daher als von der bisherigen — übelverstandenen — Medizin erlangen.

Brauche, missbrauch’ es nicht, behalt’ es für dich und die Wahrheit,

Die die Natur dich lehrt, und ein Freund der Natur sei dir heilig!

Gib das Heilige nicht den Hunden, den Schweinen nicht Perlen!

Rein ist alles dem Reinen und Wahrheit ist eins mit der Freiheit. Lavater

Eben so wird die Verteidigung nicht geführt gegen die materiellen Böotier, gegen Gastronomen und Gewohnheitssklaven; gegen Duellsucht und Stichnaturen; gegen die Halsstarrigkeit des Vorurteils und die absichtliche Blindheit »Wer Augen hat der sehe, wer Ohren hat der höre!«

Der Glaube der Menschen beruht wohl seltener auf der Grundfeste der gewonnenen Überzeugung, als auf geschriebenen Gesetzen der Dogmatik, wodurch man ohne Anstrengung des logischen Denkens konsequent, ohne zu schwanken und ohne Herzensleid im Gewühle des Lebens fortwandelt. Wer hat denn auch immer Lust sich selbst in die Zweifel der Philosophen, in die Spitzfindigkeiten der Sophisten zu mischen und auf den schlüpfrigen Weg zu treten, auf dem einem mehr Bosheit und Laster als Tugend begegnet.«

Bei den Missverständnissen des Mesmerismus haben ängstliche Gemüter der katholischen Kirche sich an die oberste Behörde in Rom gewandt, als vor einigen Jahren derselbe sich allgemeiner zu verbreiten anfing, und als es sich nicht mehr bloß um die Wahrheit seiner Erscheinungen, sondern auch um das moralische Prinzip des Seelenheils zu handeln schien. Es wurde von Belgien und Piemont aus die Frage gestellt: ob die Ausübung des Mesmerismus erlaubt sei? Nun was hat der Papst geantwortet? Der Papst hat gar nicht geantwortet; weil bei solchen dogmatischen und moralischen Vorkommnissen die Entscheidungen nicht der Nachfolger Petri unmittelbar selbst, sondern die Majorität der geheimen theologischen Kongregation gibt, welches Tribunal indessen keineswegs unfehlbar ist. Allgemein hieß es nun, der Magnetismus sei von Rom aus verboten worden, was aber keineswegs der Fall war. Die Sache verhält sich also: Die Antwort der Generalkongregation war auf die unbestimmte Frage eine so Unbestimmte, dass man darin nur ein höchst vorsichtiges Dokument der Unparteilichkeit der obersten Kirchenbehörde erblickt, was ihr zu größerem Ruhme gereicht, als der einstigen Inquisition der Pariser Akademie der Wissenschaften und Medizin. Die Erste, wie es scheint, an den Bischof von Mecheln geschickte Antwort lautete: »Die einfache Anwendung physischer Mittel, vorausgesetzt, dass dabei keine schlechte Absicht obwaltet, und dass der böse Geist mit seinem Einfluss dabei nicht angerufen wird, ist moralisch nicht verboten.« Es folgt hieraus, was schon im Katechismus steht: »der Mesmerismus ist erlaubt, wenn er zum Guten, und ist verboten, wenn er zum Bösen führt. In Rom hat es übrigens an Verklägern des Mesmerismus nicht gefehlt; denn der Bischof von Mecheln (Journal des Débats 4. Mai 1826) sprach: des ténébreuses inventions … des pretendus savants modernes, adeptes du matérialisme et corrupteure de la morale … cette science funeste du Magnetisme animale.

Jene Antwort wurde nun teils nicht allgemein bekannt, teils erschien sie nicht hinreichend das Gewissen zu beruhigen, es folgte eine wiederholte Bitte, um eine formelle Entscheidung, mit einer näheren beigefügten brandmarkenden Bezeichnung des Magnetismus (qui tend à rendre mécréant, et à corrompre les moeurs), wozu sich namentlich von einem jungen Geistlichen in der Schweiz das Geschrei »von magischen und satanischen Wirkungen« gesellte, was sich bei der mesmerischen Behandlung der Kranken in seiner Nachbarschaft zuträgt. Dieser teilte seine Gefühle dem Bischofe von Lausanne und Genua mit, um zu erfahren, ob er seinen Beichtkindern die medizinische Anwendung des Magnetismus zu erlauben habe. Der Bischof, von all’ den erzählten Wundern unterrichtet, befahl seinem Kanzler, Xav. Fontana, sich um Aufschluss nach Rom zu wenden. Außerdem wurde vom Bischof von Freiburg ein langes Sendschreiben vom 19. Mai 1841, in Bezug »dieser Zauberei,« wie es schloss, nach Rom geschickt, worin die Erscheinungen des Mesmerismus weitläufig aufgezählt, und der Zweifel ausgedrückt wurde, ob dieselben als einfach Natürliche angesehen werden können, da dieselben mit der so unbedeutenden Veranlassung so wenig übereinstimmen. — An simpliciter naturales sint tales effectus, quorum occasionalis cause tam parum cum eis proportionata demonstratun. — Und was erfolgte nun hierauf für eine Antwort? Ganz kurz: »dass auf eine solche Bezeichnung (prout in casu exponitur) der Magnetismus nicht erlaubt sei.«

Eine so behutsame und gemäßigte Antwort ist nach solchen Beschuldigungen wohl nicht erwartet worden, keine Schärfe der Sprache, kein beleidigender Tadel, keine Kuppelei zu schädlichem Vorurteil. Die einfache Entscheidung lauft darauf hinaus: »Wir kennen vom Mesmerismus nichts weiter, als was ihr uns darüber berichtet; wenn es sich aber so verhält, dass wirklich etwas übernatürlich Böses damit im Spiele ist, so ist er nicht erlaubt.«

Sacra poenitentiaria mature perpensis expositis respondendum censet prout respondet: usum magnetismi, prout in casu exponitur, non licere. Roma 1. Jul. 1841. — Das Verbot beruht also auf der angenommenen Bedingung, nicht auf der eigenen Überzeugung; denn zwischen den Zeilen steht die selbst verstandene Wendung: ist der Mesmerismus ein neu entdecktes Mittel von natürlicher Wirkung, so enthält sich das Tribunal von irgendeiner Meinung über dessen Gebrauch. — Diesem negativen Beweis, den jemand für erschlichen halten könnte, gesellt sich ein positiver bei, um den gehorsamen Katholiken sicher zu führen. Der Erzbischof von Reims beriet den römischen Stuhl mit der Übersendung einiger erläuternden Dokumente, ob man von diesem System, ohne Rücksicht auf übrigens möglichen Missbrauch des Mesmerismus, Gebrauch machen dürfe? Es kam hierauf kein offizielles Urteil an den Erzbischof zurück, aber der Kardinal Castracane antwortete in einem Briefe 1844: »dass die Hauptfrage noch nicht entschieden sei (»wenn sie je zu entscheiden sei«), dass aber eine Meinung nur für einige besondere Fälle abgegeben worden, und dass eine voreilige Entscheidung über einen solchen Gegenstand nur die Ehre des römischen Stuhls in Verlegenheit bringen könnte.« Der Erzbischof übergab diesen Brief in die Hände des Generalvikars seiner Diözese, dass der infrage stehende Gegenstand irgendwie zur Erledigung komme. Der Papst blieb also in diesem Falle völlig außerhalb dem Spiel und die Kongregation war zu weise einen Machtspruch gegen eine physikalische Frage zu erlassen, von welcher sie selbst keine Kenntnis hatte, und zugleich zu vorsichtig, das Studium einer Kunst durch eine Zensur zu verhindern, welches lediglich in der Absicht, die Leiden der Menschen zu lindern, unternommen wird.

Alles Vorgefallene beruht also einfach darauf: gewisse Fragen wurden von jungen dienstfertigen Zeloten aufgeworfen, und eine unvollständige Darstellung nach Rom berichtet, worauf eine bedingte unvollständige Antwort erfolgte, die weder ein Gebot noch eine Entscheidung enthielt. Missbrauch ist natürlich hier wie in allen Dingen verboten, aber der rechte Gebrauch bleibt dem Gewissen der Individuen frei überlassen.