Atlan 299: Orbanaschols Ende - H.G. Francis - E-Book

Atlan 299: Orbanaschols Ende E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Das Geschehen im Großen Imperium der Arkoniden spitzt sich unaufhaltsam zu. Es wird gegenwärtig durch innere Konflikte bestimmt - in viel höherem Maß jedenfalls als durch die Kämpfe gegen die Methans. Es gärt auf vielen Welten des Imperiums. Und schuld daran ist einzig und allein Orbanaschol, der Brudermörder und Usurpator, der in seiner Verblendung und Korruptheit einen falschen Weg beschritten hat. Die Tage Orbanaschols sind längst gezählt. Dennoch gibt sich der Usurpator, obwohl er die Zeichen der Zeit zu deuten versteht, noch nicht geschlagen. Während Orbanaschol in seiner Verzweiflung und Panik die ihm verbliebene Macht nutzt, um gegen echte oder vermeintliche Widersacher brutal vorzugehen, sammeln die Gegner seines Gewaltregimes - unter ihnen Atlan-Freunde, aber auch solche, die einen anderen als den Kristallprinzen an der Spitze des Imperiums sehen möchten - ihre Kräfte und ziehen sie in der Nähe des Arkon-Systems oder auf Arkon selbst zusammen. Schläge und Gegenschläge erfolgen, die Machtkonstellationen verändern sich laufend. Die Lage auf Arkon ist chaotisch, bis sich neue, unerwartete Aspekte ergeben. Damit beginnt eine neue Ära - sie wird eingeleitet durch ORBANASCHOLS ENDE ...

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Nr. 299

– ATLAN exklusiv Band 160 –

Orbanaschols Ende

Eine neue Ära beginnt – und ein langer Traum geht zu Ende

von H. G. Francis

Das Geschehen im Großen Imperium der Arkoniden spitzt sich unaufhaltsam zu. Es wird gegenwärtig durch innere Konflikte bestimmt – in viel höherem Maß jedenfalls als durch die Kämpfe gegen die Methans. Es gärt auf vielen Welten des Imperiums. Und schuld daran ist einzig und allein Orbanaschol, der Brudermörder und Usurpator, der in seiner Verblendung und Korruptheit einen falschen Weg beschritten hat.

Die Tage Orbanaschols sind längst gezählt. Dennoch gibt sich der Usurpator, obwohl er die Zeichen der Zeit zu deuten versteht, noch nicht geschlagen.

Während Orbanaschol in seiner Verzweiflung und Panik die ihm verbliebene Macht nutzt, um gegen echte oder vermeintliche Widersacher brutal vorzugehen, sammeln die Gegner seines Gewaltregimes – unter ihnen Atlan-Freunde, aber auch solche, die einen anderen als den Kristallprinzen an der Spitze des Imperiums sehen möchten – ihre Kräfte und ziehen sie in der Nähe des Arkon-Systems oder auf Arkon selbst zusammen.

Schläge und Gegenschläge erfolgen, die Machtkonstellationen verändern sich laufend. Die Lage auf Arkon ist chaotisch, bis sich neue, unerwartete Aspekte ergeben.

Die Hauptpersonen des Romans

Orbanaschol III. – Der Usurpator am Ende seines Weges.

Lebo Axton – Ein Terraner als zweitmächtigster Mann des Imperiums von Arkon.

Kelly – Axtons treuer Roboter.

Atlan und Fartuloon – Gefangene Orbanaschols.

Peter Randok und Jeremy Thorton

1.

Das Panzerschott schob sich surrend zur Seite. Dahinter wurden zwei Männer in dunkelblauen Uniformen sichtbar. Sie trugen silbern schimmernde Gürtel, an denen großkalibrige Kombistrahler hingen. Ihre Gesichter waren scharfgeschnitten und kantig. Ihre Lippen bildeten dünne Striche, und die harten Augen schienen aus Glas zu sein.

Lebo Axton beugte sich nach vorn und stützte sich mit dem Ellenbogen auf die Schulter seines Roboters Gentleman Kelly, der einige Zentimeter über dem Boden schwebte. Kelly hatte nur noch ein Bein und konnte nicht mehr gehen. Ein Energiestrahl hatte ihm das Bein weggerissen.

Die beiden Männer salutierten in übertrieben exakter Weise. Sie riefen damit ein spöttisches Funkeln in den Augen des Terraners hervor.

»Guten Morgen, meine Herren«, sagte Axton-Kennon. »Führen Sie mich zum kommandierenden Offizier.«

Einer der beiden Männer hob den Arm und schnippte mit den Fingern. Ein Offizier von weniger hohem Rang eilte aus einer Kabine herbei.

»Axton möchte zu Cocross.«

Die beiden Wachen aus dem Elitekommando Orbanaschols III. wichen zur Seite und machten dem Geheimdienstchef des arkonidischen Imperiums Platz. Auf ihren Gesichtern zeichnete sich nicht ab, was sie dachten.

Axton schwebte mit Kelly an ihnen vorbei. Er folgte dem Offizier, der den Befehl schweigend entgegengenommen hatte.

Vor knapp einer Stunde hatte Axton auf Arkon II noch auf verlorenem Posten gestanden. Die Revolte der Mächtigen gegen den Imperator hatte auch den Geheimdienst erfasst und das Organisationsbüro von Arkon II auf die Seite der Kontrahenten Orbanaschols gebracht. Doch die Macht der Großen war gebrochen. Moira Erclac lebte nicht mehr. Eihrett Khantron war verschwunden. Und der Dreifache Sonnenträger Spronthrok hatte vergeblich versucht, die Raumflotte Arkons für einen Staatsstreich zu nutzen. Es war ihm nicht gelungen, Atlan in seine Hände zu bekommen.

Damit sah plötzlich wieder alles anders aus.

Nun war Lebo Axton nicht nur auf Arkon I einer der Mächtigen, er war es überall im Imperium. Und selbst der Oberkommandierende der Elitetruppen Orbanaschols musste sich ihm beugen.

Der Zweifache Sonnenträger Cocross war schon informiert, bevor Axton sein Büro betrat. Als sich die Tür vor dem Verwachsenen öffnete, hatte Cocross den halben Weg von seinem Arbeitstisch bis zur Tür schon zurückgelegt. Er lächelte gequält.

»Axton, was kann ich für Sie tun?«, rief er.

Der Kosmokriminalist ließ sich vom Rücken des Roboters gleiten. Er nahm es bewusst in Kauf, dass der Arkonide ihn nun weit überragte und auf ihn herunterblickte. Dadurch entstand scheinbar ein psychologischer Vorteil für den Offizier, tatsächlich aber wusste Axton diese Haltung psychologisch besser zu nutzen. Er musste zwar zu dem Arkoniden aufblicken, doch das störte ihn nicht. Er wusste, dass Cocross sich nun aus seiner innerlichen Verkrampfung löste, ohne sich dessen bewusst zu werden. Der Arkonide fühlte sich weniger unter Druck gesetzt, und gleichzeitig ließ seine Aufmerksamkeit auch nach. Dadurch war es für Axton leichter, seine Vorstellungen durchzusetzen.

»Ich hoffe, Atlan ist noch hier«, sagte er und trat noch etwas dichter an Cocross heran, so dass er steil nach oben sehen musste.

»Allerdings«, erwiderte der Offizier.

»Haben Sie den Imperator bereits informiert?«

Cocross deutete auf den Hyperkom.

»Ich hatte gerade die Absicht, das zu tun.«

»Sie werden damit noch warten«, befahl der Kosmokriminalist, ging an dem Kommandanten vorbei zu seinem Sessel, gab Kelly einen knappen Wink und ließ sich von ihm in einen Sessel heben.

»Meinen Sie nicht, dass der Imperator gerade auf diese Nachricht besonders ungeduldig wartet?«

Axton lächelte spöttisch.

»Ich denke, es steht Ihnen nicht zu, die psychologische Situation des Imperators zu beurteilen«, erwiderte er scharf. »Fraglos ist die Nachricht für den Imperator wichtig, aber alles hat seine Zeit.«

»Aber, Axton, wir haben ...«

»Sie haben nur wenig dazu getan, dass Atlan und sein Begleiter nun in Haft sind«, stellte der Verwachsene fest. »Ich habe Ihnen diese beiden Gefangenen zugeführt. Haben Sie das vergessen?«

Cocross presste die Lippen zusammen. Er schüttelte zögernd den Kopf.

Axton hatte die Gefangenen den Elitetruppen keineswegs zugeführt. Tatsächlich hatte er eine klare Niederlage erlitten. Danach war er Atlan und seinem Begleiter nachgelaufen. Das war gerade in dem Moment gewesen, als die Elitetruppen heranrückten. So hatte es für diese ausgesehen, als sei Axton der Sieger.

»Was kann ich tun?«, fragte Cocross erneut.

»Zunächst möchte ich die beiden Häftlinge sehen. Danach werde ich nach Arkon I fliegen und dem Imperator berichten.«

»Wir könnten Atlan direkt zu ihm bringen«, schlug der Offizier vor.

»Gerade das will ich nicht«, lehnte Axton ab. »Ich will erst mit Orbanaschol sprechen, um ihn entscheiden zu lassen, was zu geschehen hat.«

Cocross legte seine Hand auf den Hyperkom.

»Wir könnten ...«, begann er.

»Das überlassen Sie gefälligst mir«, unterbrach ihn der Geheimdienstchef.

Cocross erbleichte. Er wusste nicht, ob er es sich leisten konnte, sich gegen Axton aufzulehnen. Die kritische Situation im Kristallpalast war auch ihm bekannt. Er als Kommandant der Elitetruppen des Imperators musste in der augenblicklichen Lage alles unterlassen, was ihm von der einen oder der anderen Machtgruppe zur Last gelegt werden konnte. Niemand konnte sagen, wer in einigen Tagen Imperator sein würde. Orbanaschol III. konnte es noch immer sein, ebenso gut aber konnte es auch Atlan sein – oder ein anderer. Auf jeden Fall war Cocross dann noch immer Kommandant der Elitetruppen und als solcher dem neuen Imperator verpflichtet. Schlug er sich jetzt gar zu engagiert auf die Seite Orbanaschols, so konnte ihn das nach seinem Sturz den Kopf kosten. Ebenso konnte es ihm ergehen, wenn er sich gegen Orbanaschol auflehnte und dieser dann doch Imperator blieb.

Er blickte Axton unsicher an.

Der Geheimdienstchef war so ruhig, als wisse er mit absoluter Sicherheit, was in den nächsten Tagen geschehen werde.

»Selbstverständlich liegt das in Ihrer Entscheidung«, sagte der Kommandant. In seinen Augen blitzte es auf.

»Dann ist es ja gut«, erwiderte Axton. Er rutschte aus dem Sessel. »Ich schlage vor, dass Sie mir jetzt Atlan und den anderen Gefangenen zeigen.«

Kelly kniete sich hin, so dass er auf seinen Rücken steigen konnte. Cocross hatte jeden Widerstand aufgegeben. Er ging zur Tür und öffnete sie. Dann trat er zur Seite, um Axton Platz zu machen. Der Kosmokriminalist ließ sich durch die Tür tragen.

Zwei Minuten später stand er vor Atlan und Fartuloon. Beide hatten ihre bisherige Gefangenenkleidung abgeben und gegen eine andere, rote austauschen müssen. Die beiden Männer standen schweigend vor dem vergitterten Fenster. Sie blickten Axton ausdruckslos an. Der Verwachsene war sich dessen sicher, dass sie nicht in der Lage waren, die Zusammenhänge richtig zu deuten.

»Es ist gut«, sagte er zu Cocross. »Ich fliege jetzt zum Kristallpalast. Danach hören Sie von mir. Vielleicht aber hat der Imperator selbst den Wunsch, mit Ihnen zu sprechen.«

Axton suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, Atlan und Fartuloon zu befreien. Die Situation, in der er sich befand, war geradezu grotesk. Er war als Chef aller Geheimdienste nach Orbanaschol III. der mächtigste Mann im Imperium, aber er hatte keine Möglichkeit, Atlan zu helfen.

Flüchtig überlegte er, ob er es übernehmen sollte, Atlan und Fartuloon als Gefangene nach Arkon I zu überführen – und diesen Transport als Fluchtgelegenheit zu benutzen. Er verwarf diesen Plan jedoch sogleich wieder, da er keine Zeit hatte, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Allzu gut erinnerte er sich noch daran, wie es ihm ergangen war, als er ohne jede Vorbereitungen, einfach dem Druck der Situation gehorchend, gegen Moira Erclac vorgegangen war. Er hatte eine Schlappe einstecken müssen.

Das konnte er sich jetzt nicht leisten. Das Leben Atlans stand auf dem Spiel, und eine Niederlage war gleichbedeutend mit dem Tod des Kristallprinzen.

Er wandte sich ab. Cocross schloss die Zellentür. Er machte einen zufriedenen Eindruck. Axton achtete nicht darauf. Er dachte nur an Atlan. Ihn schmerzte die Verachtung, die er in seinen Augen hatte lesen können. Ihm war bewusst, dass Atlan gar nicht wissen konnte, was er für ihn getan hatte, und dass er sein Freund war. In den Augen des Kristallprinzen war er eine Kreatur Orbanaschols. Atlan konnte auch nicht wissen, dass er erst seit ein paar Tagen Geheimdienstchef war.

Als Axton-Kennon in einem Gleiter zum Raumhafen flog, dachte er darüber nach, wie er Atlan informieren konnte. Dieses Problem war nicht weniger vordringlich, als Atlan zu befreien und damit zu einer Figur zu machen, die aktiv in das Geschehen im Kern des Imperiums eingreifen konnte.

*

Zehn Stunden später ließ sich Axton an seinem Arbeitstisch in seinem neuen Büro als Geheimdienstchef nieder. Er tippte die Code-Ziffern Orbanaschols III. in das Videogerät und wartete.

Als der Bildschirm sich erhellte, erschien das Gesicht des Kristallmeisters auf der Projektionsfläche.

»Sie, Axton?«, fragte er überrascht. »Ich wähnte Sie noch auf Arkon II.«

»Ich bin zurück«, erwiderte der Verwachsene. »Bitte, geben Sie mir den Imperator.«

»Sie können ihn nicht sprechen. Er schläft.«

»Dann wecken Sie ihn. Ich habe eine äußerst wichtige Nachricht für ihn.«

Der Oberaufseher der Privaträume des Imperators schüttelte bedauernd den Kopf.

»Ich habe die strikte Anweisung, den Imperator nicht zu wecken. Er schläft zum ersten Mal wieder seit drei Tagen. Der Arzt sagte, er hätte unmittelbar vor einem Zusammenbruch gestanden. Deshalb muss er jetzt noch wenigstens sechs Stunden schlafen. Danach können Sie ihn sprechen.«

»Und was geschieht, wenn eine Revolte ausbricht?«, fragte Axton ironisch.

Der Kristallmeister verstand, was er damit ausdrücken wollte. Er lächelte.

»Für diesen Fall, so meinte der Imperator, habe er tüchtige Männer, die auch ohne ihn mit derartigen Dingen fertig werden.«

»Danke. Ich werde warten. Sollte der Imperator wider Erwarten vorzeitig aufwachen, informieren Sie mich, bitte, sofort.«

»Das werde ich tun.«

Axton schaltete ab. Er war froh über den unverhofften Zeitgewinn. Für etwa sechs Stunden war Orbanaschol ausgeschaltet. Für diese Zeit war Atlan in Sicherheit.

Axton setzte sich mit Cocross in Verbindung und teilte ihm über Hyperkom mit, wie die Lage war.

»Alles bleibt unverändert«, befahl der Kosmokriminalist am Ende des Gesprächs. »Atlan und sein Begleiter bleiben, wo sie sind, bis der Imperator anders entscheidet. Sie werden entsprechend informiert.«

Als er abgeschaltet hatte, lehnte er sich in seinem Sessel zurück. Seine Gedanken überschlugen sich. Jetzt kam es darauf an. Es galt, die verschiedenen politischen Strömungen zu erfassen und in richtige Bahnen zu lenken.

Axtons Blick fiel auf den Informationsauswurf. Das mit dem Hauptcomputer des Geheimdiensts verbundene Gerät zeigte an, dass eine Fülle von Material aufgelaufen war, das gesichtet werden musste. Axton überlegte, ob er sich die Zeit nehmen sollte, die Informationen durchzusehen. Diese Arbeit gehörte zu seinen Pflichten, brachte ihm aber auch außerordentliche Vorteile.

Er tippte die Zahlen Avrael Arrkontas in die Tastatur seines Videos. Eine der beiden Frauen des Industriellen meldete sich und verband ihn sogleich mit dem Freund.

»Ich muss mich kurz fassen, Avrael«, sagte der Terraner. »Alle Erläuterungen später. Bitte, kommen Sie in den Kristallpalast in mein Büro. Ich werde dafür sorgen, dass Sie alle Kontrollen passieren können. Haben Sie Zeit?«

»Selbstverständlich«, erwiderte der Arkonide. »Ich bin spätestens in zehn Minuten bei Ihnen.«

»Danke.« Axton schaltete ab. Avrael Arrkonta war der zuverlässigste Freund, den er in dieser Zeit des altarkonidischen Imperiums gefunden hatte. Auf ihn konnte er jederzeit bauen. Mit ihm zusammen wollte er die notwendigen Vorbereitungen für die nun unvermeidbaren Ereignisse der Zukunft treffen.

Er stürzte sich auf die Informationen, die aus dem Computer kamen, nachdem er sie nach Themen geordnet hatte. Ihre Bedeutung konnte er nicht von vornherein erkennen. Daher musste er sie alle zumindest überfliegen.

Am meisten interessierten ihn die Nachrichten, aus denen er sich ein Bild über die Machtsituation im Kern des Imperiums machen konnte. Die zahlreichen Agenten, die überall auf den drei Planeten Arkons arbeiteten, hatten sich besonders darauf konzentriert. Allen war klar, dass Orbanaschol die gefährlichste Krise seiner Amtszeit erlebte. Daher glich die arkonidische Gesellschaft zur Zeit einem brodelnden Kessel.

Der Türsummer schlug an. Axton erwartete Avrael Arrkonta. Er hatte inzwischen Anweisungen an die Kontrollstellen gegeben, ihn durchzulassen. Doch nicht der Industrielle trat ein, sondern eine zierliche Arkonidin. Sie war nicht besonders hübsch, hatte aber ausdrucksvolle, große Augen und einen weichen Mund. Axton hatte sie schon öfter gesehen. Sie war eine enge Mitarbeiterin des ermordeten Frantomor gewesen. Von ihm hatte sie Axton häufig Nachrichten überbracht, die nicht über Video übermittelt werden sollten.

»Karena Eze«, sagte er überrascht. »Was führt Sie zu mir?«

»Ich habe hier einige Informationen, die soeben eingegangen sind. Ich halte sie für so wichtig, dass ich sie Ihnen direkt geben wollte.« Sie reichte ihm einige beschriftete Bögen hin. Er nahm sie entgegen und blickte sie abwartend an. Sie machte keine Anstalten zu gehen. Unsicher wich sie seinen Blicken aus.

»Ist noch etwas?«, fragte er.

Sie presste die Lippen zusammen und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Dann schüttelte sie den Kopf, drehte sich um und eilte zur Tür. Dort blieb sie erneut stehen. Sie blickte über die Schulter zurück.

»Nun, Karena? Wollen Sie es mir nicht sagen?« Er spürte, dass sie ihm etwas mitzuteilen hatte, was wichtig war. Er erhob sich und wollte um seinen Arbeitstisch herumgehen, doch plötzlich wurde er sich seines missgestalteten Körpers bewusst. Das Blut schoss ihm in die Wangen. Seine Hände krampften sich um die Tischkante. Er spürte, dass die Frau ihn beobachtete, und stürzte in ein Gefühlschaos, das ihn so plötzlich und unerwartet überfiel, dass er nicht damit fertig wurde.

Ruckartig wandte er sich ab und kehrte zu seinem Sessel zurück. Er versuchte, sich hinter eine Fassade von Ablehnung und Frostigkeit zu retten.

»Lassen Sie mich allein«, befahl er mit schriller Stimme.

Sie schüttelte den Kopf und kam langsam auf ihn zu. Er sah, dass ihre Finger zitterten, als sie sich auf die Tischplatte drückten.

»Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich Ihnen jederzeit helfe«, erklärte sie mit schwankender Stimme. Sie suchte seine Blicke. »Ich wollte es Ihnen schon lange sagen.«

Damit wandte sie sich um und eilte hinaus. Er blickte ihr verblüfft und restlos verunsichert nach. Vergeblich versuchte er, mit seinen Gefühlen fertig zu werden. Schließlich hieb er seine Faust zornig auf den Tisch.

»Du Narr«, sagte er keuchend. »Sie meint doch gar nicht dich. Sie meint dein Amt, deine Funktion. Du bist Chef hier. Das ist alles, was sie interessiert.«

Er wusste, dass er ihr unrecht tat, aber er redete es sich dennoch immer wieder ein. Um sich abzulenken, griff er nach den Nachrichten, die sie ihm übergeben hatte. Er las sie in aller Eile durch. Als er etwa die Hälfte des Informationsmaterials gesichtet hatte, erschien Avrael Arrkonta.

Der Arkonide blickte sich lächelnd im Büro um.

»Alle Achtung«, sagte er anerkennend. »Dieser Raum zeigt ein wenig mehr her als der andere.«