Atlan 383: Der Seelenräuber - H.G. Francis - E-Book

Atlan 383: Der Seelenräuber E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Der Flug von Atlantis-Pthor durch die Dimensionen ist erneut unterbrochen worden. Der Kontinent, der auf die Schwarze Galaxis zusteuerte, wurde durch den Korsallophur-Stau gestoppt. Pthor ist nun umschlossen von Staub und planetarischen Trümmermassen, die von einem gewaltigen kosmischen Desaster zeugen, das sich in ferner Vergangenheit zugetragen hat. Die Zukunft sieht also nicht gerade rosig aus für Atlan und seine Mitstreiter. Alles, was sie gegenwärtig tun können, ist, die Lage auf Pthor zu stabilisieren und eine gewisse Einigkeit unter den verschiedenartigen Clans, Stämmen und Völkern herbeizuführen. Die angestrebte Einigkeit der Pthorer ist auch bitter nötig, denn Pthor bekommt es mit den Krolocs zu tun, den Beherrschern des Korsallophur-Staus. Während anhaltende krolocische Spähertätigkeit auf Pthor Atlan dazu bewegt, Vorbereitungen gegen eine drohende Invasion zu treffen, spitzt sich für zwei unter den Pthorern weilende Männer, deren Körper vertauscht sind, die persönliche Situation dramatisch zu. Wir meinen Kennon, den Terraner, und Grizzard, den ehemaligen Schläfer. Letzterer betrachtet den anderen als Körperdieb und SEELENRÄUBER ...

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Nr. 383

Der Seelenräuber

Begegnung der vertauschten Seelen

von H. G. Francis

Der Flug von Atlantis-Pthor durch die Dimensionen ist erneut unterbrochen worden. Der Kontinent, der auf die Schwarze Galaxis zusteuerte, wurde durch den Korsallophur-Stau gestoppt. Pthor ist nun umschlossen von Staub und planetarischen Trümmermassen, die von einem gewaltigen kosmischen Desaster zeugen, das sich in ferner Vergangenheit zugetragen hat.

Die Zukunft sieht also nicht gerade rosig aus für Atlan und seine Mitstreiter. Alles, was sie gegenwärtig tun können, ist, die Lage auf Pthor zu stabilisieren und eine gewisse Einigkeit unter den verschiedenartigen Clans, Stämmen und Völkern herbeizuführen.

Die angestrebte Einigkeit der Pthorer ist auch bitter nötig, denn Pthor bekommt es mit den Krolocs zu tun, den Beherrschern des Korsallophur-Staus.

Während anhaltende krolocische Spähertätigkeit auf Pthor Atlan dazu bewegt, Vorbereitungen gegen eine drohende Invasion zu treffen, spitzt sich für zwei unter den Pthorern weilende Männer, deren Körper vertauscht sind, die persönliche Situation dramatisch zu. Wir meinen Kennon, den Terraner, und Grizzard, den ehemaligen Schläfer.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der König von Pthor befürchtet eine Invasion.

Kennon und Grizzard – Die vertauschten Seelen begegnen einander.

Thalia – Odins Tochter auf einer Suchexpedition.

Espher – Eine schöne Dalazaarin.

Axik

1.

Espher

»Jetzt du«, sagte sie und blickte ihn mit einem herausfordernden Lächeln an. »Ich wette, dass du fünf Runden schaffst.«

Die Männer und Frauen im Saal lachten. Der bisherige Rekord stand auf drei Runden. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen, dass irgend jemand ihn gleich um zwei weitere Runden übertreffen würde.

Kennon fühlte, dass ihm das Blut in den Kopf schoss. Die dunklen Augen des Mädchens verwirrten ihn. Er glaubte, noch niemals zuvor eine so schöne Dalazaarin gesehen zu haben. Sie trug ein Kleid, das ihre weiblichen Reize stark betonte.

»Ich habe es noch nicht versucht«, entgegnete er.

»Dann versuche es jetzt«, rief sie und streckte die Hand nach ihm aus. Jemand stieß ihm eine Faust in den Rücken, und er eilte stolpernd auf das Mädchen zu.

Espher stand neben dem Schwermetallwagen eines einfachen Sportgeräts. Der Wagen lief auf einer Schiene, die schräg in die Höhe führte. Sie verschwand in einer Öffnung in der Wand und fiel danach senkrecht in die Tiefe. Kennon wusste nicht, wie weit es nach unten ging, aber er schätzte, dass es mehrere Meter waren. Danach unterquerte sie den Raum, stieg auf der Rückseite wieder auf und kam aus einer Öffnung in der Wand hervor. Sie senkte sich leicht ab und stieg danach wieder an. Damit war der Kreis geschlossen.

Espher legte ihre Hand auf den Metallwagen, der mit einem Bügel versehen war.

»Versuche es für mich«, bat sie mit weicher Stimme.

Kennon-Grizzard atmete schwer. Ohne es zu wollen, streckte er die Hand nach dem Wagen aus. Einige Männer pfiffen anerkennend.

»Los doch«, rief einer von ihnen. »Zeig, was du kannst.«

Kennon kämpfte mit dem Verlangen, Espher zu beweisen, wie stark er war. Er dachte an den verkrüppelten Körper, in dem er viele Jahre lang gelebt hatte. Wie hatte er diesen Körper geliebt!

Das war kein Wunder gewesen, hatte er doch zuvor als Gehirn in einem Robotkörper existiert. Dabei war er mit umfassenden Fähigkeiten ausgestattet gewesen. Buchstäblich alles hatte er vollbringen können. Wenn er mit diesem Körper hier gestanden hätte, er wäre in der Lage gewesen, den Metallwagen aus der Schiene zu reißen oder ihn so zu beschleunigen, dass man ihn mit bloßem Auge nicht mehr hätte verfolgen können. In dem Robotkörper hatte er sich jedoch nicht als Mensch gefühlt.

Wäre er in seinem natürlich gewachsenen Körper gewesen, so hätte er den Metallwagen noch nicht einmal mit seinen Händen erreicht – es sei denn, man hätte ihn auf eine Kiste gestellt. Auf gar keinen Fall hätte er ihm genügend Schwung geben können.

Kennon blickte Espher an.

Das Mädchen hätte ihn überhaupt nicht beachtet. Er wusste es. Sie bemühte sich nicht zuletzt um ihn, weil er ein schöner Mann war, der einen gut gewachsenen, muskulösen Körper hatte.

»Worauf wartest du?«, fragte sie. »Wenn du es nicht versuchst, gehe ich.«

»Ich versuche es«, versprach er.

Sie lachte leise. Sie war sich ihrer Wirkung auf ihn bewusst und kostete sie voll aus.

Kennon legte die Hände um den Metallbügel. Er schwang den Wagen einige Male langsam auf der Schiene hin und her, riss ihn dann mit aller Gewalt nach vorn und schleuderte ihn die Steigung hoch. Der Wagen beschleunigte, jagte donnernd die Schiene hoch bis zu der Öffnung in der Wand, kippte über die Höhe und stürzte krachend in die Tiefe. Kennon hörte, wie er unter dem Fußboden entlangraste. Er drehte sich um und sah ihn in der Öffnung in der Wand erscheinen. Der Wagen hatte genügend Geschwindigkeit. Er rollte rasch an ihm vorbei, stieg wieder auf, stürzte in die Tiefe, jagte donnernd unter ihm vorbei, erschien erneut in der Öffnung und setzte zu einer weiteren Runde an.

»Drei Runden hast du geschafft«, sagte jemand neben ihm.

Der Wagen schoss Sekunden später abermals an ihm vorbei und stürzte zur vierten Runde in die Tiefe. Die Männer und Frauen brüllten begeistert. Espher klatschte jubelnd in die Hände.

Sinclair Marout Kennon glaubte, die Blicke des Mädchens auf seinem Gesicht brennen zu fühlen. Sie waren wie körperliche Berührungen und lösten ein Glücksgefühl bei ihm aus, wie er es schon seit vielen Jahren nicht mehr gekannt hatte.

Er hörte, wie der Metallwagen nahte. Er sah, wie er die Steigung hinaufkletterte, dabei langsamer und langsamer wurde. Er vernahm die Schreie der Männer und Frauen, die in ein chaotisches Beifallsgebrüll ausarteten, als der Wagen die Höhe erklomm und zur fünften Runde in die Tiefe stürzte. Dabei beschleunigte er so stark, dass er wenig später erneut neben Kennon erschien, seine restliche Geschwindigkeit jedoch auf der Steigung verlor.

Espher zog sich verheißungsvoll lächelnd vor Kennon zurück, als die Männer und Frauen ihn jubelnd in die Höhe stemmten.

Kennon hörte kaum, was man zu ihm sagte. Er ließ das Mädchen nicht aus den Augen.

Espher drehte sich plötzlich um und verließ den Raum. Kennon versuchte, ihr zu folgen, doch die Menge ließ ihn nicht so schnell gehen. Schließlich befreite Kennon sich energisch und eilte zu der Tür, durch die Espher verschwunden war. Er riss sie auf und wollte hindurchgehen, als sich ihm ein riesiger Dalazaare in den Weg stellte. Der Mann überragte ihn um etwa einen halben Meter. Er hatte nur noch ein Auge. Das andere verbarg er unter einer schmutzigen Augenbinde. Sein Gesicht war von Narben entstellt. Er stieß Kennon-Grizzard um und ging an ihm vorbei. Kennon erhob sich und wollte durch die Tür gehen, doch der Riese packte ihn am Hals und riss ihn herum.

»Fünf Runden, wie?«, fragte er. »Ich werde dir zeigen, wie so etwas gemacht wird.«

Er zerrte Kennon-Grizzard quer durch den Raum, ohne ihm eine Abwehrchance zu bieten. Die Männer und Frauen an der Metallschiene wichen zur Seite. Furchtsam machten sie dem riesigen Dalazaaren Platz.

»Wer ist der Rekordhalter?«, fragte der Riese.

»Du bist es, Gorthan«, antwortete ein Dello.

»Das will ich meinen«, sagte Gorthan zufrieden grinsend. Er ließ Kennon-Grizzard los. »Der Stumme glaubt, mir etwas streitig machen zu können.«

Er lachte dröhnend, legte seine Hand auf den Metallbügel, riss den Wagen einige Male hin und her und jagte ihn dann die Steigung hoch. Kennon-Grizzard wich einige Schritte zurück. Atemlos wie die anderen beobachtete er den Metallwagen, doch schon bald wurde ihm klar, dass Gorthan nicht mehr als drei Runden schaffen würde.

Auch der riesige Dalazaare merkte es. Er wandte sich Kennon zu und streckte die Fäuste drohend nach ihm aus.

»Du hast etwas am Wagen verstellt«, behauptete er. »Das Ding funktioniert nicht mehr so wie früher. Du bist ein Betrüger.«

Er stürzte sich brüllend auf Kennon, der ihm jedoch geschickt auswich. Die Fäuste zuckten dicht an seinem Kopf vorbei. Gleichzeitig versuchte Gorthan, ihn mit dem Knie zu treffen, doch auch das schaffte er nicht.

Kennon-Grizzard tänzelte zur Seite, setzte einen Dagor-Griff an und schleuderte Gorthan auf den Boden. Der Dalazaare schlug so hart auf, dass er betäubt liegen blieb.

Eine junge Frau trat auf Kennon zu.

»Verschwinde, Stummer«, sagte sie hastig. »Er bringt dich um, wenn er wieder zu sich kommt.«

Kennon hörte sie nicht. Er blickte an ihr vorbei zur Tür hinüber. Dort stand Espher. Sie lächelte bewundernd, und sie spitzte die Lippen zu einem angedeuteten Kuss. Er wollte zu ihr gehen. Der Wunsch, mit ihr zusammen zu sein, wurde übermächtig in ihm.

Doch jetzt trat ihm ein uniformierter Dello in den Weg.

»Ich habe eine Botschaft von Atlan für dich«, erklärte er. »Der König von Atlantis will dich sofort sehen.«

Bedauernd blickte Kennon zu Espher hinüber, doch sie war schon wieder verschwunden. Offenbar hatte sie erkannt, dass er nicht zu ihr gehen würde. Kennon befahl dem Androiden, ihn zu führen, und eilte aus dem Raum.

Der Weg führte über gewundene Treppen, schräg ansteigende Rampen und lange Gänge quer durch die FESTUNG zu den Räumen, in denen Atlan, der neue König von Atlantis, sich aufhielt.

Kennon hatte Zeit, über sich und über Espher nachzudenken. Mehr denn je war er sich dessen bewusst geworden, was es bedeutete, nun in einem Körper zu leben, der andere beeindruckte.

Kennon hatte weitgehend vergessen, wie glücklich er gewesen war, als die Traummaschine Ischtars ihm zu einem neuen Leben in seinem verwachsenen Körper verholfen hatte. Nach mehr als vierhundertdreißig Jahren Leben in einer Vollprothese hatte er sich in seinem Körper wiedergefunden. Dieser Körper war schwach und voller Mängel gewesen, aber es war ein menschlicher Körper gewesen.

Der Kosmokriminalist dachte oft an diesen Körper, da er wusste, dass dieser ebenfalls auf Pthor war. Doch jetzt sehnte er sich nicht mehr nach ihm zurück, so wie es am Anfang seiner neuen Existenz auf Pthor gewesen war. Er wusste, dass Grizzard in diesem Körper lebte, und er konnte sich gut vorstellen, dass dieser damit gar nicht einverstanden war.

Kennon gestand sich ein, dass er sich geradezu davor fürchtete, dem anderen zu begegnen. Mehr denn je wurde er sich dessen bewusst, dass er nicht mehr tauschen wollte.

Er musste an Espher denken.

Er erinnerte sich nicht daran, dass je eine Frau derartige Gefühle in ihm ausgelöst hatte. Was würde sie tun, wenn er in seiner verkrüppelten Gestalt vor sie trat und ihr erklärte, dies sei seine wahre Erscheinung? Sinclair Marout Kennon brauchte nicht lange nachzudenken. Er wusste, wie Espher sich verhalten würde. Sie würde sich von ihm abwenden.

Der Gedanke daran schmerzte ihn.

Ich würde es niemals wagen, mich ihr zu nähern, wenn ich nicht diesen Körper hätte, fuhr es ihm durch den Kopf.

Eine Tür öffnete sich vor ihm. Helles Licht flutete ihm entgegen. Er sah Atlan, der mitten im Saal stand und sich mit einem Robotbürger unterhielt. Sein Haar glänzte silbern. Lächelnd wandte der Arkonide sich ihm zu, als er ihn bemerkte.

Atlan ahnte nicht, wer der Stumme wirklich war. Er wusste jedoch, dass der verwachsene Kennon-Körper auf Pthor existierte, und fraglos schloss er daraus auch, dass das Kennon-Bewusstsein irgendwo auf Pthor war.

Kennon-Grizzard blieb unwillkürlich stehen, als sich der Robotbürger nicht von Atlan entfernte. Er spürte Hass gegen den Robotbürger in sich aufsteigen, es gelang ihm jedoch, ihn zu unterdrücken und weiterzugehen. Auf keinen Fall wollte er sich durch seine Abneigung gegen Roboter verraten.

»Ich danke dir«, sagte der Arkonide zu dem Robotbürger, und endlich rollte dieser auf seinen Ketten davon.

Der Stumme atmete erleichtert auf. »Setzen wir uns«, bat Atlan und zeigte auf bequeme Sessel, die unter einem Fresko mit einer Kampfszene standen. Der Saal befand sich in der Nähe des Regierungssaals. Er war nur etwa zwanzig Meter lang und zehn Meter breit, enthielt mehrere Tische und Sesselgruppen und diente für Empfänge kleinerer Gruppen. Atlan hatte die Einrichtungen nach seinem Geschmack verändert und allen übertriebenen Schmuck entfernen lassen.

Zögernd ließ Kennon-Grizzard sich in einen Sessel sinken. Seltsamerweise fühlte er sich nicht wohl in der Nähe des Mannes, den er mehr verehrte als jeden anderen Menschen. Für Atlan war er bereit, alles zu geben.

Doch bis jetzt hatte er sich ihm nicht offenbart. Er hatte ihm nicht gesagt, mit welchem Problem er zu leben hatte, denn er wusste, dass der Arkonide auch in seinem Fall eine klare und gerechte Lösung suchen würde. Atlan würde darauf dringen, dass ein Persönlichkeitstausch vorgenommen wurde.

Wie würde ein solcher Tausch überhaupt aussehen?

Atlan sagte einige unverbindliche Worte, und Kennon-Grizzard hörte sich darauf antworten, ohne sich dessen bewusst zu sein, was er überhaupt sagte. Er konnte seine Gedanken nicht von seinem eigenen Konflikt lösen.

Immer wieder hatte er sich gefragt, ob ein Persönlichkeitstausch überhaupt möglich war.

Instinktiv fürchtete er sich davor, dem anderen direkt zu begegnen, denn er glaubte, dass bei einer Begegnung der Tausch automatisch erfolgen würde. Kennon war davon überzeugt, dass ein Bewusstsein eine Form von Energie darstellte. Aus diesem Gedanken heraus leitete er ab, dass zwischen den beiden Bewusstseinsinhalten eine Art energetische Spannung entstehen würde, sobald sie sich räumlich nur weit genug näherten.

Wie aber würden sich die beiden Energieeinheiten verhalten? Würden sie sich gegenseitig abstoßen? Würden sie in sich zusammenstürzen? Würden sie sich miteinander vereinigen, oder würde jede mit unwiderstehlicher Gewalt zu jenem Körper gerissen werden, in dem sie geboren und gewachsen war?

Logischerweise – so meinte Kennon – musste es zu einem Tausch kommen, zu einem Ereignis also, das er auf gar keinen Fall wollte.

»... habe ich mich entschlossen, ein Sonderkommando zu bilden«, sagte Atlan.

Sinclair Marout Kennon schreckte auf. Der Name Grizzard war gefallen.

»Was ist denn?«, fragte der Arkonide.

»Es tut mir leid«, erwiderte Kennon. »Ich habe für einen Moment nicht zugehört. Ich habe ...«

»... an Espher gedacht?« Atlan lächelte, und die rötlichen Augen musterten den Stummen.

Kennon fühlte, dass ihm das Blut in die Wangen schoss, und er ärgerte sich über diese Reaktion.

»Worum geht es?«, erkundigte er sich und bemühte sich um eine abweisende Haltung. »Ich nehme an, Espher hat nichts damit zu tun.«

Atlan lachte. Er schüttelte den Kopf.

»Natürlich nicht«, erwiderte er. Für ihn war der Stumme ein Schläfer aus der Senke der Verlorenen Seelen, der nichts über seine Vergangenheit wusste oder nichts darüber erzählen wollte. Er respektierte, dass er sich darüber ausschwieg, und er versuchte auch gar nicht, Informationen von ihm zu bekommen, die seine Herkunft betrafen. Der Stumme war ihm sympathisch, und er fühlte sich zu ihm hingezogen. Atlan hatte davon gehört, dass der Stumme sich für das Mädchen Espher interessierte, und er hatte Erkundigungen über sie eingezogen. Diese waren ganz und gar nicht so ausgefallen, wie er erhofft hatte. Der Arkonide schwieg sich darüber jedoch aus, weil er wusste, dass es sinnlos gewesen wäre, sein Gegenüber damit zu konfrontieren.

Daher hatte Atlan beschlossen, den Stummen mit einer Aufgabe zu betrauen, die ihn für einige Zeit aus der FESTUNG wegführte. Er hoffte, dass sich die Gefühle des Freundes danach etwas abgekühlt hatten.

»Wir haben genügend Sorgen wegen der drohenden Invasionsgefahr«, führte Atlan aus. »Das heißt jedoch nicht, dass wir unsere Freunde vergessen.«

»Natürlich nicht«, antwortete Kennon mäßig interessiert. Es gelang ihm nicht, sich von den Gedanken an Espher zu befreien.

»Ich habe eine seltsame Begegnung gehabt. Es geht dabei um einen alten Freund, doch ich habe nur seinen Körper gesehen. In diesem Körper existierte ein anderes Bewusstsein.«

Sinclair Marout Kennon war plötzlich hellwach. Wie weggewischt waren die Gedanken an Espher.

»Dieser Körper steckte in der Rüstung Porquetors. In ihm lebt ein gewisser Grizzard.«

War es Zufall, dass Atlan ausgerechnet ihn zu sich gerufen hatte? Kennon hatte das Gefühl, den Boden unter sich zu verlieren. Seine Finger krallten sich in die Polster des Sessels.

»Ich mache mir nun Sorgen um einen alten Freund«, fuhr Atlan fort. »Ich möchte, dass du diesen Grizzard suchst. Für mich ist klar, dass nicht nur dieser Körper hier auf Pthor materialisiert sein kann, das Kennon-Bewusstsein muss auch hier irgendwo sein. Und ich möchte, dass es eine Chance erhält, in den eigenen Körper zurückzukehren.«