Atlan 384: Duell der vertauschten Seelen - H.G. Francis - E-Book

Atlan 384: Duell der vertauschten Seelen E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Der Flug von Atlantis-Pthor durch die Dimensionen ist erneut unterbrochen worden. Der Kontinent, der unbeeinflussbar auf die Schwarze Galaxis zusteuerte, wurde durch den Korsallophur-Stau gestoppt. Pthor ist nun umschlossen von Staub und planetarischen Trümmermassen, die von einem gewaltigen kosmischen Desaster zeugen, das sich in ferner Vergangenheit zugetragen hat. Die Zukunft sieht also nicht gerade rosig aus für Atlan und seine Mitstreiter. Alles, was sie gegenwärtig tun können, ist, die Lage auf Pthor zu stabilisieren und eine gewisse Einigkeit unter den verschiedenartigen Clans, Stämmen und Völkern herbeizuführen. Die angestrebte Einigkeit der Pthorer ist auch bitter nötig, denn Pthor bekommt es mit den Krolocs zu tun, den Beherrschern des Korsallophur-Staus. Während anhaltende krolocische Spähertätigkeit auf Pthor Atlan dazu bewegt, Vorbereitungen gegen eine drohende Invasion zu treffen, spitzt sich für zwei unter den Pthorern weilende Männer, deren Körper vertauscht sind, die persönliche Situation dramatisch zu. Wir meinen Kennon, den Terraner, und Grizzard, den ehemaligen Schläfer. Hass- und Rachegefühle kennzeichnen das Verhältnis der beiden zueinander. Kein Wunder daher, dass es zwischen den Männern zum Kampf kommt - zum DUELL DER VERTAUSCHTEN SEELEN ...

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Nr. 384

Duell der vertauschten Seelen

In der Gewalt der Piraten vom Regenfluss

von H. G. Francis

Der Flug von Atlantis-Pthor durch die Dimensionen ist erneut unterbrochen worden. Der Kontinent, der unbeeinflussbar auf die Schwarze Galaxis zusteuerte, wurde durch den Korsallophur-Stau gestoppt. Pthor ist nun umschlossen von Staub und planetarischen Trümmermassen, die von einem gewaltigen kosmischen Desaster zeugen, das sich in ferner Vergangenheit zugetragen hat.

Die Zukunft sieht also nicht gerade rosig aus für Atlan und seine Mitstreiter. Alles, was sie gegenwärtig tun können, ist, die Lage auf Pthor zu stabilisieren und eine gewisse Einigkeit unter den verschiedenartigen Clans, Stämmen und Völkern herbeizuführen.

Die angestrebte Einigkeit der Pthorer ist auch bitter nötig, denn Pthor bekommt es mit den Krolocs zu tun, den Beherrschern des Korsallophur-Staus.

Während anhaltende krolocische Spähertätigkeit auf Pthor Atlan dazu bewegt, Vorbereitungen gegen eine drohende Invasion zu treffen, spitzt sich für zwei unter den Pthorern weilende Männer, deren Körper vertauscht sind, die persönliche Situation dramatisch zu. Wir meinen Kennon, den Terraner, und Grizzard, den ehemaligen Schläfer.

Die Hauptpersonen des Romans

Kennon und Grizzard – Die Vertauschten im Duell.

Thalia – Die Odinstochter in Gefangenschaft.

Atlan – Der König von Pthor begegnet einem alten Freund.

Athephet, Treall und Astrak

1.

Überlistet

Dorguet, der Anführer der Bewohner von Goris, stieß mit dem Fuß gegen das stählerne Bein der Porquetor-Rüstung und blickte Thalia an. Die Tochter Odins hatte den Zugor verlassen, mit dem sie gekommen war.

»Das war Rettung in letzter Sekunde«, sagte er, deutete auf Kennon, der kaum zwei Schritte entfernt von der Rüstung im Sand lag. Kennon war vor Grizzard-Porquetor geflüchtet. Als dieser ihn fast eingeholt hatte, war Thalia erschienen und hatte beide mit einem Waggu paralysiert. Damit war der Kampf der beiden zu Ende gewesen. Der Halbroboter aber bewegte sich noch immer. Grizzard, der in ihm steckte, war bewusstlos. Er konnte ihn nicht abschalten. Daher stieß Porquetor die Beine abwechselnd nach oben, ohne dabei auch nur einen Zentimeter weit voranzukommen.

»Wenn der da drinnen nicht bald zu sich kommt, gräbt sich die Rüstung in den Sand ein und verschwindet für alle Zeiten«, fügte Dorguet hinzu, als Thalia nicht auf seine Worte einging.

»Was ist hier los?«, herrschte sie ihn an. »Warum hast du mich belogen? Warum hast du behauptet, der Stählerne sei nach Moondrag weitergezogen, während er tatsächlich im Lager war?«

Dorguet fuhr sich mit beiden Händen durch das üppig sprießende rote Haar.

»Das hatte verschiedene Gründe«, erwiderte er in einem Tonfall, der Thalia zeigte, dass ihr Zorn ihn nicht beeindruckte. »Vielleicht werde ich sie dir später nennen.«

»Ich will es sofort wissen«, rief sie drohend.

»Sie fallen mir im Moment wahrhaftig nicht ein«, behauptete er unter dem Gelächter der Männer und Frauen, die ihn, Thalia, Grizzard-Porquetor und Kennon umgaben.

»Ach, verschwinde«, sagte sie ärgerlich und stieß ihn zur Seite.

Dorguet wich bis zu seinen Leuten zurück, während die Tochter Odins sich neben Kennon niederkniete und ihm die Lider mit den Fingern zuschob, damit die Augäpfel während seiner Bewusstlosigkeit nicht austrockneten.

»Lass dir das nicht gefallen«, wisperte einer der Männer Dorguet zu. »Sie hat kein Recht dazu, dich so anzuschreien.«

»Das denke ich auch«, erwiderte er. »Ich weiß auch schon, wie wir ihr zeigen, dass sie sich hier höflich zu benehmen hat.«

Flüsternd erteilte er seine Anweisungen, und Sekunden später schloss sich der Ring der Neugierigen noch enger.

Thalia bemühte sich, die Porquetor-Rüstung zu öffnen. Sie wollte sie abschalten, da sie sich tatsächlich immer tiefer in den Sand wühlte und somit die Gefahr bestand, dass der Kennon-Körper mit dem Grizzard-Bewusstsein darin erstickte. Da sie jedoch nicht wusste, wo die Verschlüsse waren und wie diese bedient werden mussten, erreichte sie praktisch nichts.

Dorguet kniete neben ihr nieder.

»Vielleicht kann ich dir helfen«, sagte er, wobei er vorsichtig den rhythmisch nach oben stoßenden Armen auswich.

»Wir müssen sie zur Seite ziehen«, entgegnete sie, »bevor sie so tief im Sand steckt, dass wir sie nicht mehr bewegen können.«

»Kommt her, Leute«, befahl der Rothaarige. »Helft, die Rüstung aus dem Sand zu ziehen.«

Einer der Männer hatte ein Drahtseil dabei. Er warf es der Porquetor-Rüstung über den Kopf. Einige Männer gesellten sich zu ihm. Gemeinsam zogen sie am Seil, und allmählich löste sich die schimmernde Rüstung aus dem Sand.

Doch kaum hatte die unentwegt arbeitende Rüstung einen anderen Platz erreicht, als sie sich erneut einzuwühlen begann.

Während Thalia noch überlegte, was nun zu tun war, fielen Arme und Beine der Rüstung plötzlich auf den Boden herab und blieben ruhig liegen.

»Lasst mich in Ruhe«, tönte es krächzend aus der Rüstung hervor. »Verschwindet.«

»Grizzard«, rief Thalia und sank neben der Rüstung auf die Knie. »Hörst du mich?«

»Ich höre dich«, antwortete Grizzard, dessen Bewusstsein in dem verwachsenen Körper Kennons lebte. »Was willst du von mir?«

»Ich soll dich zu Atlan in die FESTUNG bringen«, erwiderte sie, froh darüber, dass er sich endlich aus der Paralyse gelöst hatte. Sie blickte flüchtig zu dem Grizzard-Körper hinüber, in dem das Kennon-Bewusstsein lebte. Dort war die Lähmung noch voll wirksam.

»Lass mich in Ruhe«, forderte Grizzard erneut. »Ich will nichts von dir oder Atlan wissen.«

Thalia erhob sich. Forschend blickte sie Dorguet an.

»Was ist geschehen?«, fragte sie. »Was habt ihr mit ihm gemacht?«

»Wir haben versucht, unsere Not zu lindern, da man uns in der FESTUNG offenbar vergessen hat«, antwortete Dorguet.

»Wir in der FESTUNG haben genug mit uns selbst zu tun«, erklärte Thalia. »Pthor ist von unbekannten Invasoren bedroht. Noch wissen wir nicht, wie wir einen Überfall verhindern sollen. Unter diesen Umständen muss sich jeder selbst helfen, so gut es geht.«

»Ich stimme völlig mit dir überein«, sagte Dorguet spöttisch. »Genau das haben wir getan, und so halten wir es auch jetzt.«

Thalia wunderte sich, weshalb er so eigenartig grinste.

»Wir haben ihn ein wenig für uns arbeiten lassen«, fuhr der Rothaarige fort und zeigte auf Porquetor-Grizzard, der noch immer auf dem Boden lag. »Das scheint ihn ermüdet zu haben.«

Die Tochter Odins wandte sich um und wollte zum Zugor gehen. Sie wollte Grizzard und Kennon in die Flugmaschine legen lassen und dann beide zur FESTUNG fliegen.

Doch der Zugor war nicht mehr da!

Als die Bewohner von Goris vor Thalia zurückwichen, gaben sie den Blick auf die kümmerlichen Reste der Flugmaschine frei. Sie bestanden aus zwei Bodenblechen und einigen Stahlklammern. Das war alles, was von dem Zugor geblieben war.

Thalia war so überrascht, dass sie keine Worte fand. Sie drehte sich um und blickte Dorguet an. Ihre Lippen zuckten. Der Anführer der Lagerbewohner gab sich ahnungslos.

»Ist irgend etwas nicht in Ordnung?«, fragte er.

Thalia schrie wütend auf.

»Was habt ihr gemacht?«, rief sie und fuhr auf Dorguet zu. »Seid ihr wahnsinnig? Was fällt euch ein, den Zugor zu stehlen?«

»Oh – der Zugor«, sagte Dorguet und trat kopfschüttelnd an die Reste heran. Zwei Männer nahmen sie auf und eilten damit zum Lager. »Irgend jemand muss ihn auseinandergenommen haben, während wir hier plauderten. Das ist allerdings eine Überraschung.«

Nur mühsam bewahrte Thalia die Fassung.

»Du hast gesagt, dass jeder sich so gut helfen muss wie eben möglich«, versetzte er. »Einige meiner Leute müssen das etwas zu wörtlich genommen haben.«

»Ich will den Zugor zurück«, sagte Thalia. »Sofort. Deine Leute sollen sämtliche Teile zurückbringen, die sie gestohlen haben. Befehle es ihnen.«

Dorguet hob bedauernd die Schultern.

»Ich bin kein Diktator, nur ein Mann, den die Bewohner von Goris zum Anführer ernannt haben. Ich kann nicht befehlen, sondern nur Ratschläge erteilen. Das will ich natürlich tun.«

Er wandte sich den Männern und Frauen zu.

»Ihr habt es gehört, Leute«, sagte er freundlich. »Thalia möchte den Zugor wieder zusammenbauen. Bringt ihr, was dazu notwendig ist.«

Grinsend blickten die Männer und Frauen die Tochter Odins an, die in hilfloser Wut vor ihnen stand. Thalia begriff nicht, wie es möglich gewesen war, den Zugor in so unglaublich kurzer Zeit auseinanderzubauen und abzutransportieren, ohne dass sie etwas gemerkt hatte. Sie ließ die erhobenen Arme sinken.

»Gebt mir wenigstens ein Funkgerät«, bat sie, nachdem sie eingesehen hatte, dass man ihr nichts zurückgeben würde. »Ich will Hilfe von der FESTUNG rufen.«

»Wir haben leider kein Funkgerät«, erwiderte Dorguet. »Wir hatten einmal eins. Damit haben wir versucht, die FESTUNG zu erreichen und von dort Hilfe anzufordern. Die FESTUNG hat sich nicht gemeldet. Danach haben wir das Gerät in den Brunnen geworfen.«

»Holt es wieder heraus«, forderte Thalia.

»Das geht nicht. Der Brunnen ist einige hundert Meter tief.«

»Nehmt ihr uns für einige Stunden in Goris auf?«, fragte sie. »Sobald Grizzard und der Stumme soweit sind, werden wir Goris verlassen und zur FESTUNG gehen.«

»Ihr könnt bleiben, solange ihr wollt«, antwortete Dorguet, gab einigen Männern den Befehl, den noch immer bewusstlosen Kennon-Grizzard aufzunehmen, und ging zum Lager zurück.

Weder er noch Thalia wusste, welche Beziehungen zwischen dem verwachsenen Körper in der Porquetor-Rüstung und dem Besinnungslosen bestanden. Keiner von ihnen ahnte, dass die Bewusstseinsinhalte zwischen den beiden Körpern ausgetauscht worden waren.

Einige Männer halfen Grizzard, die Porquetor-Rüstung auf die Beine zu bringen. Danach marschierte diese ohne weitere Hilfe nach Goris. Thalia wachte darüber, dass sie sich dem paralysierten Stummen nicht näherte. Vergeblich grübelte sie darüber nach, weshalb zwischen den beiden eine tödliche Feindschaft bestand.

*

Sinclair Marout Kennon-Axton hatte Mühe, in die Wirklichkeit zurückzufinden, als er wieder erwachte. Bohrende Schmerzen im Hinterkopf signalisierten, dass er bei seinem Sturz auf einen Stein gefallen war.

Er erinnerte sich daran, dass er gestürzt war und dass Grizzard ihn mit Hilfe seiner übermächtigen Porquetor-Rüstung eingeholt hatte. Er hatte sich bereits verloren gegeben, als Thalia überraschend auf der Szene erschienen war und dem Zweikampf ein Ende gemacht hatte.

Jetzt hörte Kennon die Stimmen vieler Menschen. Er fing einige Satzfetzen in pthorischer Sprache auf. Es waren aber auch Männer und Frauen da, die eine ihm völlig fremde Sprache benutzten.

Er öffnete die Augen zu einem winzigen Spalt und spähte durch die Wimpern hindurch. Niemand hatte bemerkt, dass die Wirkung des Lähmstrahlers bereits aufgehoben war. Man achtete nicht auf ihn. Belustigt vernahm er, dass die Bewohner der Siedlung am Rand der Senke der Verlorenen Seelen den Zugor Thalias gestohlen hatten.

»Ihr habt schnell gelernt«, sagte er leise, als zwei Männer ihn aufhoben. »Ich hätte nicht gedacht, dass ihr einen Zugor auseinandernehmen könnt.«

Sie stellten ihn überrascht auf die Füße. Er sank in die Knie, kam dann aber aus eigener Kraft wieder hoch, und es gelang ihm, die letzten Folgen der Paralyse abzuschütteln. Er sah, dass Grizzard die Porquetor-Rüstung zum Lager steuerte. Thalia blieb mit mehreren Dellos dicht bei ihm. Vorläufig interessierte sie sich nur für Grizzard, aber das würde sich bald ändern, wenn sie ihn nach dem Grund der Auseinandersetzung befragte.

Kennon überlegte fieberhaft, während er zwischen den Männern zum Lager ging.

Jetzt musste die Entscheidung fallen. Vielleicht half ihm dabei, dass Dorguet Thalia überlistet hatte. Der Diebstahl des Zugors erzürnte sie derart, dass sie sich offensichtlich nicht auf andere Dinge konzentrieren konnte. Bot sich ihm dadurch eine Chance, an Grizzard heranzukommen und ihn zu töten?

Grizzard war durstig und hungrig. Er hatte vor kurzem zwar ein wenig getrunken, aber sicherlich zu wenig. Also benötigte er bald etwas. Das war die vielleicht letzte Chance, ihn aus dem Weg zu räumen.

Sinclair Marout Kennon war nach wie vor fest entschlossen, Grizzard zu töten, da er sich davor fürchtete, in den verwachsenen und schwachen Körper zurückzukehren, in dem Grizzard jetzt lebte. Er war sich darüber klar, dass Grizzard alles tun würde, den Körpertausch rückgängig zu machen – doch die besseren Karten hatte er, Kennon.

Er wartete ab, bis Dorguet, Thalia und Grizzard-Porquetor Goris erreicht hatten, dann pirschte er sich langsam an Dorguet heran, doch dieser wich nicht von der Seite des Stählernen. Daher wandte Kennon-Axton sich schließlich an einen anderen Lagerbewohner in seiner Nähe.

»Hör zu«, sagte er. »Ich muss Dorguet sprechen. Sofort. Thalia und der Stählerne dürfen es nicht bemerken. Geh zu ihm und sage ihm, dass er zu mir kommen soll.«

Er kannte den Mann nicht, aber dieser kannte ihn. Kennon hatte in den letzten Stunden einige Berühmtheit erlangt. Er hatte nicht nur mit dem Stählernen gekämpft, sondern er hatte den Bewohnern von Goris auch wichtige Aggregate aus einem abgestürzten Zugor verschafft. Dabei hatte er sie so gut eingewiesen, dass sie in der Lage gewesen waren, innerhalb weniger Minuten einen ganzen Zugor auseinanderzunehmen und fortzuschleppen. Damit war das Energieproblem für Goris endgültig gelöst.

Dorguet schaffte es tatsächlich, sich unauffällig von Thalia freizumachen und zu Kennon zu kommen.

»Ich nehme an, du willst Hilfe von mir«, sagte Dorguet, bevor Kennon sich äußern konnte. »Ich vermute, du willst den Krüppel umbringen, der in der Rüstung steckt.«

»Du weißt, dass es ein Krüppel ist?«

»Ich habe ihn gesehen, als er die Rüstung verließ. Ich habe beobachtet, dass du ihn beinahe getötet hast. Ich lag auf dem Boden und konnte mich nicht rühren, aber ich konnte sehen.«

»Hilf mir«, bat Kennon. »Jetzt verbirgt er sich wieder in der Rüstung, so dass ich allein nichts gegen ihn ausrichten kann.«

Dorguet schüttelte den Kopf.

»Es tut mir leid, Stummer«, erwiderte er. »Du hast uns geholfen, ohne dass wir etwas für dich tun konnten. In diesem Fall werde ich dir jedoch nicht helfen. Wenn du ihn töten willst, dann töte ihn, aber erwarte nicht, dass ich dir zur Hand gehe. Verlange etwas anderes von mir, und ich werde es dir geben.«

Tief enttäuscht wandte sich Kennon von ihm ab. Er verstand nicht, weshalb Dorguet ihm eine Abfuhr erteilt hatte.

Der Rothaarige folgte ihm.

»Warum willst du den Krüppel töten?«, fragte er. »Wenigstens das könntest du mir sagen.«

Kennon schüttelte den Kopf. Wie hätte er Dorguet erklären sollen, dass es ihm einzig und allein darum ging, den verkrüppelten Körper zu vernichten und damit eine Rückkehr in diesen Körper unmöglich zu machen. Dorguet hätte ihm kein Wort geglaubt.

»Das ist etwas, was ich nicht kann«, sagte Kennon. Er senkte den Kopf. »Ich danke dir, Dorguet, dass ich bei euch bleiben durfte.«

»Für die paar Stunden! Das lohnt den Dank nicht. Du willst uns also verlassen?«

»Ich werde mit Thalia und dem Stählernen zur FESTUNG gehen, und ich hoffe, dass er nicht dort lebend ankommt.«

»Du wirst deine Gründe haben. Ich akzeptiere sie.« Dorguet reichte ihm die Hand und verabschiedete sich von ihm. Kennon blickte ihm enttäuscht nach. Er wusste nicht mehr, was er tun sollte.

Kennon wurde sich der Ironie der Situation bewusst. Im Grunde genommen hatte sich nichts geändert. Als er in dem schwachen, verwachsenen Körper gelebt hatte, war er allen Gegnern unterlegen gewesen. Daher hatte er eine besondere Kampfart entwickelt und sich vornehmlich auf seine geistigen Waffen verlassen.

Jetzt hatte er zwar einen schönen, kräftigen Körper, aber er war seinem Gegenspieler wiederum klar unterlegen. Grizzard konnte ihn mit Hilfe der Porquetor-Rüstung jederzeit mühelos besiegen.

Kennon zweifelte nicht daran, dass Grizzard nur darauf wartete, dass Thalia unaufmerksam war oder sich zur Ruhe legte. Die Dellos, die sie begleiteten, waren wertlos. Sie würden es nicht wagen, in einen Kampf einzugreifen. Sie würden lamentieren und dumm dreinblicken, wenn alles vorbei war.

Dorguet hatte ihm die Hilfe verweigert, also würde niemand aus Goris für ihn eintreten, wenn Grizzard angriff.

Kennon erwog den Rückzug. Zwischen der Senke der Verlorenen Seelen und der FESTUNG lagen verschiedenartige Landschaften mit teils üppiger und teils völlig fehlender Vegetation. Er dachte daran, in einem Wüstengebiet ein Treibsandloch zu suchen und Grizzard hineinzulocken. Dort, wo er selbst noch ungefährdet gehen konnte, würde Grizzard mit seiner schweren Rüstung versinken.

Kennon verwarf den Plan so schnell wieder, wie er ihn aufgegriffen hatte, weil er nicht sicher sein konnte, dass Grizzard ihm folgen würde. Viel wahrscheinlicher war, dass Grizzard zur FESTUNG ging, Atlan informierte und dann in aller Ruhe auf ihn wartete.

Kennon-Axton sah ein, dass es ein Fehler gewesen wäre, sich von den Stählernen zu trennen. Er musste einen anderen Plan entwickeln. Zunächst einmal war es wichtig, sich in Thalias Nähe zu halten, weil sie einen offenen Kampf verhindern würde. Unter ihrem Schutz wollte er danach seine Aktion gegen Grizzard aufbauen.

Kennon fühlte sich besser, nachdem er sich über diese Dinge klargeworden war.

2.

Plünderer

Zwischen ihm und Grizzard standen wenigstens zweihundert Männer und Frauen. Sie bildeten einen dichten Gürtel, den er nicht durchbrechen konnte. Doch nun löste sich die Menge langsam auf, nachdem die meisten Bewohner von Goris ihre erste Neugierde gestillt hatten.