Atlan 522: Die Heilerin - H.G. Francis - E-Book

Atlan 522: Die Heilerin E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Alles begann eigentlich im Dezember des Jahres 3586, als Perry Rhodan mit seinen Gefährten die SOL verließ und zur BASIS übersiedelte, nachdem er den Solgeborenen das Generationenschiff offiziell übergeben hatte. Seit dieser Zeit, da die SOL unter dem Kommando der Solgeborenen auf große Fahrt ging und mit unbekanntem Ziel in den Tiefen des Sternenmeeres verschwand, sind mehr als zweihundert Jahre vergangen, und niemand hat in der Zwischenzeit etwas vom Verbleib des Generationenschiffs gehört. Im Jahr 3791 ist es jedoch soweit - und ein Mann kommt wieder in Kontakt mit dem verschollenen Schiff. Dieser Mann ist Atlan. Die Kosmokraten entlassen ihn, damit er sich um die SOL kümmert und sie einer neuen Bestimmung zuführt. Und das ist auch dringend notwendig. Doch bevor er das an Bord herrschende Chaos beseitigen kann, gilt es erst zu verhindern, dass die in einem Traktorstrahl gefangene SOL von den Robotern des Planeten Osath demontiert wird. Atlan schafft es schließlich nach einer wahren Odyssee auf Osath, das Generationenschiff vor der Vernichtung zu retten. Doch bei den Solanern selbst ist die Lage nach wie vor ziemlich desolat. Das beweist auch die Seuche, die plötzlich an Bord ausbricht. Nur eine Person ist da, die helfen kann. Diese Person ist DIE HEILERIN ...

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Nr. 522

Die Heilerin

Eine Rebellin an Bord der SOL

von H. G. Francis

Alles begann eigentlich im Dezember des Jahres 3586, als Perry Rhodan mit seinen Gefährten die SOL verließ und zur BASIS übersiedelte, nachdem er den Solgeborenen das Generationenschiff offiziell übergeben hatte.

Seit dieser Zeit, da die SOL unter dem Kommando der Solgeborenen auf große Fahrt ging und mit unbekanntem Ziel in den Tiefen des Sternenmeeres verschwand, sind mehr als zweihundert Jahre vergangen, und niemand hat in der Zwischenzeit etwas vom Verbleib des Generationenschiffs gehört.

Im Jahr 3791 ist es jedoch soweit – und ein Mann kommt wieder in Kontakt mit dem verschollenen Schiff. Dieser Mann ist Atlan. Die Kosmokraten entlassen ihn, damit er sich um die SOL kümmert und sie einer neuen Bestimmung zuführt. Und das ist auch dringend notwendig. Doch bevor er das an Bord herrschende Chaos beseitigen kann, gilt es erst zu verhindern, dass die in einem Traktorstrahl gefangene SOL von den Robotern des Planeten Osath demontiert wird.

Atlan schafft es schließlich nach einer wahren Odyssee auf Osath, das Generationenschiff vor der Vernichtung zu retten. Doch bei den Solanern selbst ist die Lage nach wie vor ziemlich desolat. Das beweist auch die Seuche, die plötzlich an Bord ausbricht.

Die Hauptpersonen des Romans

Berylla – Eine Frau mit seltsamen Kräften.

Cortman Stull – Beryllas Assistent.

Kannar Gash – Ein Halbbuhrlo.

Ösfhar – Ein Mediziner der SOL.

Atlan

1.

»Ich brauche einen Arzt«, sagte Kannar Gash. Der Halbbuhrlo streckte seine Hände vor, die mit entzündeten Narben bedeckt waren. Einige Wundstellen befanden sich in einem Entwicklungsstadium, in dem kein Zweifel mehr darüber bestehen konnte, dass er große Schmerzen litt.

Die junge Frau blickte ihn hochmütig an.

»Es gibt Medo-Centren für Leute wie dich«, erwiderte sie.

Kannar Gash schüttelte verzweifelt den Kopf.

»Ich war dort. Nicht nur einmal. Oft. Aber es hat nichts geholfen.« Er war ein kleinwüchsiger Mann mit stark abfallenden Schultern und einem unproportional groß wirkenden Kopf. Auch auf der Stirn hatte er eine Buhrlo-Narbe, die jedoch nicht entzündet war.

»Dann gehst du eben noch einmal hin«, empfahl sie ihm kühl.

»Verstehst du denn nicht?«, klagte er, während ihm die Augen feucht wurden und die Stimme ihm zu versagen drohte. »Die Maschinen helfen mir nicht. Sie sind nicht auf solche Entzündungen programmiert. Ein Arzt aber weiß vielleicht weiter. Er kann etwas für mich tun.«

»Dann versuche es bei einem anderen. Ösfhar hat keine Zeit. Er hat Patienten. Also, verschwinde.«

Der Halbbuhrlo wich nicht von der Stelle. Er verdeckte die Drucktaste der Tür mit dem Rücken, so dass die junge Frau diese nicht erreichen und betätigen konnte.

Sie seufzte.

»Gib dir keine Mühe«, riet sie ihm. »Es hat keinen Sinn. Geh zu einem anderen Arzt.«

Gashs Gesicht verzerrte sich vor Wut und Enttäuschung.

»Ösfhar war meine letzte Hoffnung«, gestand er. »Bei den anderen war ich schon.«

Sie lachte kalt.

»Und dann hast du noch immer nicht begriffen? Die Ärzte wollen dich nicht. Es ist nicht nötig, dass unsere Patienten dich sehen. Sie könnten sich vor dir ekeln, du Monster.«

Gash ballte in ohnmächtiger Wut und Empörung die Hände zu Fäusten, schlug jedoch nicht zu.

»Das ist es also. Zum Arzt dürfen nur die, die gut bezahlen können, und die eigentlich gar nicht krank sind«, stammelte er. »Wer wirklich Hilfe braucht, ist nicht willkommen. Im Gegenteil. Er soll sich hier nicht blicken lassen. Er könnte ja die zahlenden Patienten vertreiben.«

Er drehte sich um und verließ das Behandlungszentrum. Tief enttäuscht trat er auf einen Gang hinaus, auf dem mehrere Ferraten standen. Er verbarg seine Hände vor ihnen, als er sich an ihnen vorbeischob, und flüchtete vom Mittelteil der SOL in das SZ-2-Segment.

Als er in einem Antigravschacht aufstieg, gesellte sich ein anderer Halbbuhrlo zu ihm.

»Was ist mit dir los, Kannar?«, fragte er.

Wortlos zeigte Gash seine Hände.

»Ich habe es in den Medo-Centren versucht und bei allen Ärzten, die ich erreichen konnte. In den Medo-Centren habe ich Medikamente bekommen, die nicht helfen, und bei den Ärzten bin ich schon im Vorzimmer gescheitert. Die wenigen Ärzte, die es in der SOL gibt, behandeln keinen Halbbuhrlo.«

Cor Colk warf einen flüchtigen Blick auf die Hände Gashs.

»Sieht böse aus«, sagte er.

»Es wird immer schlimmer. Es juckt, so dass ich schon nicht mehr schlafen kann. Und wenn nicht bald etwas geschieht, heilt es vielleicht nie mehr.« Kannar Gash war vollkommen verzweifelt. Er spielte bereits mit dem Gedanken, seinem Leben ein Ende zu setzen. Die Krankheit hatte ihm jeglichen Lebensmut genommen.

»Seit wann hast du das?«, fragte Colk.

»Ich war dabei, als die Hydroponiktanks gereinigt wurden. In einem der Tanks habe ich so ein grünes Zeug angefasst. Dabei muss ich mich infiziert haben.« Er kratzte sich die Hände, wobei er die Fingernägel vorsichtig an den Wundrändern entlangführte, um nicht noch mehr Keime in die offenen Wunden zu tragen.

»Du musst zur Heilerin Berylla gehen«, empfahl Colk.

Gash blickte ihn fragend an.

»Eine Heilerin? Es gibt eine Heilerin an Bord? Du meinst eine Ärztin?«

»Nein. Sie ist keine Ärztin, jedenfalls nicht in dem Sinn wie die anderen hier an Bord. Sie hat viele gesund gemacht, die sich schon aufgegeben hatten.«

»Ich habe noch nie von ihr gehört. Wo finde ich sie?«

Colk zeigte nach oben.

»Es ist ziemlich weit. Direkt an der Peripherie. Sie wird dich behandeln, aber du musst sie bezahlen.«

»Ich kann niemanden bezahlen, weder einen Arzt noch eine Heilerin. Ich habe kein Geld. Ich habe nichts.« Kannar Gash ließ enttäuscht den Kopf hängen. Seine jäh aufgeflackerte Hoffnung erlosch wieder.

Colk lachte leise.

»Wer nichts hat, muss sich eben etwas besorgen«, sagte er. »Ein bisschen Mühe musst du dir schon machen. Es lohnt sich.«

»Gib mir einen Tipp. Was soll ich holen? Was soll ich tun? Was muss ich ihr geben, damit sie meine Wunden heilt?«

»Es gibt viele Dinge an Bord, mit denen man ihr eine Freude machen kann. Sieh dich um nach eleganten Materialien, die sie für ihre Kleider verwenden könnte. Ich habe von besonderen Chronometern gehört, nach denen die Frauen verrückt sind. In den Lagerräumen der SOL liegen noch viele Dinge, die die Besatzung auf fremden Planeten eingesammelt hat.«

Kannar Gash blickte Colk verwundert an.

»Auf fremden Planeten?«, fragte er. »Willst du damit sagen, dass die SOL einmal auf Raubzug war?«

»Natürlich nicht«, lachte Cor Colk. »Die SOL ist nicht plündernd durch die Galaxis gezogen, falls du das meinst. Aber sie hat unzählige Planeten angeflogen. Die Besatzung hat Kontakt mit vielen fremden Kulturen gehabt, und dabei ist natürlich etwas hängengeblieben. Die Besatzung hat Geschenke erhalten, die sie mit an Bord gebracht hat. Sie ist in verlassenen Städten gewesen und hat dort manches gefunden, was interessant genug war, mitzunehmen. Viele dieser Sachen lagern noch im Depot. Die Sippe der Pyloren wacht eifersüchtig darüber und rückt nichts heraus.«

Kannar Gash seufzte enttäuscht.

»Wenn sie nichts herausgibt, wie soll ich dann etwas holen? Dann brauche ich doch gar nicht erst hinzugehen.«

»Kannar, entweder bist du maßlos dumm oder grenzenlos naiv. Natürlich musst du dir gegen den Willen der Pyloren etwas besorgen. Du musst eben bei ihnen einbrechen.«

»Ach so. Warum sagst du das nicht gleich?« Gash war sichtlich bemüht, nun einen besseren Eindruck auf den anderen zu machen. »Wenn es darum geht, irgendwo einzusteigen, kenne ich keine Hemmungen. Ich müsste allerdings wissen, wo dieses Depot ist, und wie ich an das Lager herankomme.«

»Ich gebe dir genaue Anweisungen.«

»Du weißt also Bescheid? Du kennst dich so gut mit dem Depot aus, dass du selbst hingehen könntest. Warum tust du es nicht?«

Cor Colk zeigte seine Hände. Sie waren makellos rein und narbenfrei.

»Warum sollte ich? Du willst zur Heilerin. Du brauchst etwas, was du ihr geben kannst. Ich nicht.«

»Das ist wahr. Und du glaubst nicht, dass sie mich auch ohne ein Geschenk behandeln würde?«

»Bestimmt nicht.«

»Ist sie so versessen darauf, reich zu werden? Das hört sich so an, als ob sie kein Mitleid mit ihren Kranken kennt.«

Cor Colk lächelte. Er legte dem Freund die Hand auf die Schulter.

»Die Heilerin Berylla ist eine wundervolle Frau«, erwiderte er. »Sie hat ein heiteres Wesen, kann aber auch sehr zornig werden. Doch meistens ist sie freundlich. Sie lacht gern, und ihr Lachen steckt an. Wer je von ihr behandelt wurde, betet sie an. Man hat das Bedürfnis, ihr etwas zu schenken, weil das Gefühl, alles von ihr zu bekommen, einfach überwältigend ist. Wenn du sie kennen lernst, wirst du mich verstehen. Geh zu ihr und frage sie, ob sie dich ohne eine Gegenleistung behandelt. Sie wird es sicherlich tun, aber du wirst dich in Grund und Boden schämen. Du wirst dich selbst zu einem todunglücklichen Menschen machen, wenn du nur nimmst, anstatt auch zu geben. Und du wirst nur noch einen Gedanken haben. Zum Depot zu eilen und dort irgend etwas für sie holen. Also? Wenn du doch früher oder später hingehen wirst, dann kannst du es auch gleich tun.«

»Wahrscheinlich hast du Recht.« Kannar Gash bemerkte, dass sich ihnen einige Ferraten näherten. Rasch zog er Cor Colk in einen Seitengang.

»Was ist los?«, fragte Colk, doch dann hörte er die Stimmen der Ferraten und begriff. Sein Gesicht verzerrte sich. Zusammen mit Gash flüchtete er den Gang entlang bis in eine kleine Kammer, deren Tür der Wandverkleidung des Ganges so angepasst war, dass sie kaum zu erkennen war. Schweigend verharrten die beiden Halbbuhrlos im Dunkeln.

Schritte näherten sich, und ein Mann fluchte.

»Sie waren doch eben noch hier«, bemerkte einer der Ferraten verärgert. »Verdammt, beinahe hätten wir das Monster erwischt.«

Kannar Gash zuckte zusammen. Er wusste, dass er damit gemeint war und nicht sein Begleiter, denn bei ihm sah man die Narben, bei Colk jedoch nicht. Dieser war vom Schicksal weniger benachteiligt worden als er. Auch er hatte Narben, aber sie lagen bei ihm auf dem Rücken und auf der Brust. Eine dicke Buhrlo-Haut zog sich von seinem Nacken bis zu den Hüften hinab, aber sie war nicht zu sehen, da sie sich unter der Kleidung verbergen ließ.

Colk griff nach der Hand Gashs, um ihn zu beruhigen. Er wollte ihm zu verstehen geben, dass er zu ihm halten würde.

»Gehen wir weiter«, schlug ein anderer der Ferraten vor. »Sie sind uns entkommen.«

Die Schritte der Männer entfernten sich, doch die beiden Halbbuhrlos verharrten noch in ihrem Versteck. Sie ahnten, dass die Jäger noch eine geraume Weile in der Hoffnung an einem Ende des Ganges warten würden, dass sie vorzeitig wieder herauskamen. Oft genug waren Gejagte leichtsinnig geworden und hatten mit ihrem Leben bezahlt.

Erbittert kauerten die beiden Halbbuhrlos sich auf den Boden.

Sie fühlten sich keineswegs als Monster, auf die jeder nach Lust oder Laune Jagd machen durfte, sondern allenfalls als Kranke.

Die Halbbuhrlos waren neben den Monstern die am meisten benachteiligte Minderheit an Bord der SOL. Einige von ihnen hatten nur wenige, kleine Buhrlo-Narben, und sie konnten ein fast normales Leben führen, wenn sich diese glasartigen Hautverdickungen unter der normalen Kleidung verbergen ließen. Andere aber waren stärker gezeichnet. Ihre Narben saßen am Kopf oder an den Händen und blieben deutlich sichtbar.

Kannar Gash beneidete Cor Colk, weil dieser ihm gegenüber erheblich im Vorteil war. Gash wusste von ihm, dass er an vielen Stellen im Schiff arbeitete und technische Leistungen vollbrachte, zu denen normalerweise ein Buhrlo gar nicht fähig war. Daher galt Colk bei jenen, die nicht wussten, wer er wirklich war, als normaler Solaner.

»Sei zufrieden«, flüsterte Colk. »Es hätte dich schlimmer treffen können.«

Gash wusste, was er meinte, und wenn es an seiner Niedergeschlagenheit auch nichts änderte, so musste er doch zugeben, dass er Recht hatte.

Am schlimmsten war es für jene Halbbuhrlos, die eine fast durchgehende Buhrlo-Haut besaßen und doch nicht weltraumfest waren.

Bei einigen von ihnen war die Haut nicht genügend weit ausgebildet, so dass sie es nicht wagen durften, ohne schützenden Anzug in den Weltraum hinauszugehen. Bei ihnen schloss sich die Hornhaut niemals, sondern es kam zu einem Abschuppen und Abschilfern der obersten Hautschicht. Andere hatten unterentwickelte Papillos, die die Körperöffnungen nicht ordnungsgemäß schließen konnten. Und darüber hinaus kannte Kannar Gash auch noch Halbbuhrlos, bei denen die sauerstoffspeichernde Schicht nicht ausreichend ausgebildet war.

Er erinnerte sich daran, dass jemand einmal gesagt hatte, die Buhrlos seien eben ein evolutionsgeschichtlich sehr junger Nebenast der Spezies Mensch, ihre Entwicklung sei noch nicht abgeschlossen, und so käme es häufig zu Pannen.

Das Gefühl, selbst eine »Panne« zu sein, war niederschmetternd für Gash. Es machte ihm deutlich, dass er ein Leben voller Hoffnungslosigkeit vor sich hatte, und dass es keine Zukunft für ihn gab. Die Heilerin konnte die Entzündungen der Narben vielleicht beseitigen, und ihn damit von Juckreiz und Schmerzen befreien, die Narben selbst aber würden bleiben.

Es wird immer so sein, dass andere mich als Monster ansehen, dachte er. Vielleicht ist es leichter, sich ihnen zu stellen, als ein Leben lang gejagt und verachtet zu werden.

Er lehnte sich zurück, bis sein Rücken die kühle Wand der Kammer berührte.

Eine Todessehnsucht erfasste ihn, die übermächtig zu werden drohte.

Er wusste, dass er nur die Tür zu öffnen und auf den Gang hinauszutreten brauchte, um seine Leiden zu beenden.

Doch ihm war auch klar, dass er Cor Colk damit verraten und den Jägern preisgeben würde.

»Glaubst du, dass die Heilerin Berylla die Narben auch ganz beseitigen kann?«, flüsterte er.

»Man sagt von ihr, dass sie wahre Wunderdinge vollbringt«, wisperte Cor Colk, »aber so etwas kann wohl selbst sie nicht.«

Er verstummte, denn er hörte, dass sich ihnen Schritte näherten.

Leise fluchend rückte er von Kannar Gash ab, und dieser begriff mit einem Mal, dass Colk keine Rücksicht auf ihn nehmen würde, wenn es wirklich ernst wurde.

*

»Es tut mir leid, wir müssen abbrechen«, erklärte Ösfhar. Er erhob sich und kam um seinen Arbeitstisch herum. »Bitte, geh. Wir sehen uns später wieder.«

»Aber ich sollte eine Injektion haben«, protestierte der Patient, ein weißhaariger Ahlnate.

»Später, später«, wehrte der Arzt nervös ab. »Nicht jetzt. Bitte. Geh. Sofort. Es muss sein.«

Der Patient stand zögernd auf und rollte den Ärmel wieder herunter, den er aufgekrempelt hatte, damit Ösfhar die Hochdruckspritze ansetzen konnte. Er verstand nicht, warum der Mediziner ihn plötzlich zum Aufbruch drängte. Dafür schien es keinen Grund zu geben. Er hatte lediglich gesehen, dass ein rotes Licht auf dem Tisch aufgeleuchtet war, und nun wollte er wissen, was das zu bedeuten hatte. Er wandte sich betont langsam der Tür zu.

Ösfhar ergriff seinen Arm.

»Nein, nein, dort hinaus«, sagte er ungeduldig. »Nun geh schon.«

»Es gibt auch noch andere Ärzte«, entgegnete der Patient drohend.

»Das ist mir klar. Geh doch zu einem anderen, wenn dir etwas nicht passt.«

Er schob den Ahlnaten zur Tür hinaus und schloss sie hinter ihm. Dann kehrte er zu seinem Stuhl zurück. Kaum hatte er ihn erreicht, als die Tür zum Vorzimmer sich öffnete und seine Assistentin Lyta Kunduran hereinführte.

Das jüngste Mitglied in der Kaste der Magniden, das erst vor einem Jahr berufen worden war, ging zu dem Stuhl vor dem Arbeitstisch und setzte sich. Sie blickte den Arzt fragend an.

»Ich freue mich, dass du zu mir kommst«, sagte dieser, mühsam seine wahren Gefühle vor ihr verbergend. »Es ist alles vorbereitet.«

Lyta Kunduran nickte, als habe sie es nicht anders erwartet. Ihr Gesicht war wächsern und wirkte fast durchsichtig. Ihre großen, grauen Augen schienen ihm bis auf den Grund seiner Seele blicken zu können.

Von dieser Magnidin hieß es, dass sie sexuell kalt und empfindungslos sei, und dass sie nur ihre »Berufung« im Sinn habe.