Atlan 707: Mrothyr, der Todesbote - H.G. Francis - E-Book

Atlan 707: Mrothyr, der Todesbote E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Auf Terra schreibt man gerade die Jahreswende 3818/19, als der Arkonide, eben noch dem sicheren Tode nahe, sich nach einer plötzlichen Ortsversetzung in einer unbekannten Umgebung wiederfindet, wo unseren Helden alsbald ebenso gefährliche Abenteuer erwarten wie etwa in der Galaxis Alkordoom, der bisherigen Stätte seines Wirkens. Atlans neue Umgebung, das ist die Galaxis Manam-Turu. Und das Fahrzeug, das dem Arkoniden die Möglichkeit bietet, die fremde Sterneninsel zu bereisen, um die Spur des Erleuchteten, seines alten Gegners, wiederaufzunehmen, ist ein hochwertiges Raumschiff, das Atlan auf den Namen STERNSCHNUPPE tauft. Das Schiff sorgt für manche Überraschung - ebenso wie Chipol, der junge Daila, der zum treuen Gefährten des Arkoniden wird. Die Daten des Psi-Spürers der STERNSCHNUPPE bringen Atlan dazu, den Planeten Cairon anzufliegen, dessen Bewohner, wie er meint, vom Erleuchteten bedroht werden. Doch die Bedrohung ist anderer Art, wie Atlan bald erfährt. Seine nächste Station ist der Planet Zyrph, eine Welt, die von Fremden manipuliert wird. Ein junger Zyrpher hat das ebenfalls ganz klar erkannt. Zusammen mit einem Häuflein Gesinnungsgenossen betätigt er sich als Systemveränderer. Er ist MROTHYR, DER TODESBOTE ...

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Nr. 707

Mrothyr, der Todesbote

Atlan im Palast der Mächtigen

von H. G. Francis

Auf Terra schreibt man gerade die Jahreswende 3818/19, als der Arkonide, eben noch dem sicheren Tode nahe, sich nach einer plötzlichen Ortsversetzung in einer unbekannten Umgebung wiederfindet, wo unseren Helden alsbald ebenso gefährliche Abenteuer erwarten wie etwa in der Galaxis Alkordoom, der bisherigen Stätte seines Wirkens.

Atlans neue Umgebung, das ist die Galaxis Manam-Turu. Und das Fahrzeug, das dem Arkoniden die Möglichkeit bietet, die fremde Sterneninsel zu bereisen, um die Spur des Erleuchteten, seines alten Gegners, wiederaufzunehmen, ist ein hochwertiges Raumschiff, das Atlan auf den Namen STERNSCHNUPPE tauft. Das Schiff sorgt für manche Überraschung – ebenso wie Chipol, der junge Daila, der zum treuen Gefährten des Arkoniden wird.

Die Daten des Psi-Spürers der STERNSCHNUPPE bringen Atlan dazu, den Planeten Cairon anzufliegen, dessen Bewohner, wie er meint, vom Erleuchteten bedroht werden.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Arkonide vor einem Exekutionskommando.

Chipol – Atlans junger Freund und Begleiter.

Mrothyr – Ein Freiheitskämpfer.

Grareika – Regentin von Mhyn.

Tarlos und Uaru

1.

Beruhige dich, kämpfte der Logiksektor gegen den Aufruhr meiner Gefühle an. Hast du den Zellaktivator vergessen?

Ich war am ganzen Körper gelähmt. Unter unendlicher Mühe gelang es mir, die Augenlider zu bewegen. Das war aber auch alles. Ich horchte in mich hinein, spürte die Impulse des Zellschwingungsaktivators und hörte das Pochen meines Herzens.

Die Abstände zwischen den einzelnen Herzschlägen schienen immer größer zu werden.

Der Logiksektor versuchte, meine Angst zu dämpfen. Es gelang ihm nicht.

Immer wieder sah ich die Aradiks vor mir, jene Insekten, die einer Kreuzung von Spinne und Skorpion zu entstammen schienen, und deren Gift in meinen Adern kreiste.

»Es ist absolut tödlich«, hatte der Invast gesagt, jener feiste Zyrpher, der vorn im Gleiter saß und in das Schneegestöber hinausblickte.

Chipol beugte sich über mich. Seine Finger legten sich auf meinen Hals und tasteten nach meiner Schlagader. Der Junge wollte prüfen, ob ich noch lebte.

»Wir fliegen zu einer Maschinenfabrik«, hörte ich Tarlos sagen. »Sie liegt hoch oben in den Bergen. Fast dreitausend Meter hoch. Es ist nicht mehr weit.«

Ich hatte einen schweren Fehler gemacht, als ich ihm vertraute. Er hatte sich uns angeschlossen, nachdem unser Zug überfallen worden war, und da er sich in der gleichen Not befunden hatte wie Chipol und ich, hatte ich ihn als Verbündeten angesehen. Es war ein Trugschluss gewesen. Gewiss war er der gleichen Gefahr ausgesetzt gewesen wie der Junge aus dem Volk der Daila und ich, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er unser Freund war.

Darüber hinaus war er es gewesen, der uns in eine noch viel größere Gefahr gebracht hatte. Mrothyr hatte uns daraus gerettet. Tarlos hatte es ihm mit Verrat gedankt.

Nein, so durfte ich es nicht sehen. Ich musste anerkennen, dass Tarlos Mrothyr ganz anders gegenüberstand als ich. Für ihn war Mrothyr ein Feind, der eine tödliche Bedrohung für alles darstellte, woran er glaubte und wovon er lebte. Tarlos repräsentierte den Staat, den Mrothyr bekämpfte. Wenn er mit ihm sympathisierte, sägte er sozusagen an dem Ast, auf dem er saß. Und das war mehr, als man von ihm vernünftigerweise verlangen konnte.

Ich allein hatte den Fehler gemacht. Als Tarlos sich uns anschloss, hätte ich mir Gedanken darüber machen müssen, was für ein Mensch er war, und ich hätte mich zu keiner Zeit darauf verlassen dürfen, dass er mich durch sein Verhalten nicht gefährdete.

Wahrscheinlich hätte ich über mich selbst gelacht, wenn es mir nicht so schlecht gegangen wäre. Sogar dem Roboter hatte ich vertraut, obwohl ich ihm selbst den Namen Brutus gegeben hatte. Die Maschine hatte mich prompt hintergangen.

Meine Gedanken wurden durch eine Ohnmacht unterbrochen. Ich wurde mir dessen zunächst gar nicht bewusst. Erst als ich merkte, dass man mich aus dem Gleiter hob, begriff ich.

Schnee peitschte mir ins Gesicht. Vermutlich war es eisig kalt. Ich spürte davon nichts. Mir war unerträglich heiß.

Mir war übel, und ich hatte das Gefühl, in einer unregelmäßig arbeitenden Zentrifuge zu sitzen. Ich würgte, und Chipol drehte mich auf die Seite, um mir zu helfen. Er kühlte meine Stirn mit Schnee.

Leise sprach er auf mich ein, aber ich verstand überhaupt nichts.

Dann wurde es hell, und ich glaubte, durch ein gelbes Fenster in einen Raum sehen zu können, in dem ich selbst in einem Bett lag. Chipol massierte mir Brust und Arme mit kühlen Tüchern.

Ich konnte nicht beurteilen, ob das sinnvoll war. Er tat es, wohl weil er das Gefühl hatte, irgend etwas unternehmen zu müssen. Der Daila blickte mich mit weit geöffneten, dunklen Augen an, während er versuchte, mich ins Leben zurückzuholen. Die silbrig-hellen Fingernägel reflektierten das Licht der Lampen. Mir war, als ob von ihnen eine belebende Kraft ausginge.

Unsinn, tadelte das Extrahirn.

Ich weiß, antwortete ich. Sei nicht so unwirsch, damit änderst du nichts an meinen Gefühlen.

Der Zellaktivator rettet dich. Niemand sonst.

Auch das weiß ich.

Wie schön, spöttelte der Logiksektor.

Du scheinst wenig von dem Gift abbekommen zu haben.

Die Anteile stimmen, aber sie beeinträchtigen mich nicht so wie dich.

Ich verzichtete darauf, weiter an diesem Punkt zu rühren. Wahrscheinlich war der Logiksektor für die Impulse des Aktivators besonders empfänglich. Der Zellaktivator baute das Gift in meinem Körper ab, und im Bereich des Extrahirns sank der Anteil des Giftes am schnellsten.

Die edelsten Teile werden zuerst gerettet, kommentierte mein zweites Ich in beispielloser Bescheidenheit.

Ich lachte, und meine Sinne klärten sich ein wenig mehr. Ich sah Chipol und wunderte mich darüber, dass er nach wie vor so traurig und deprimiert war, bis ich mir dessen bewusst wurde, dass er von dem lautlosen Dialog zwischen meinem Logiksektor und mir nichts ahnte.

Wie gern hätte ich ihm ein Zeichen gegeben, um ihm ein wenig Hoffnung zu machen.

Er erhob sich und drehte mir den Rücken zu. Zwei Zyrpher hatten den Raum betreten. Sie hüllten sich in dicke Pelze, die sich auch über ihre Köpfe hinwegzogen. Sie stampften den Schnee von den Füßen.

Ich glaubte, dass sie etwas für mich tun wollten. Doch dann erkannte ich Tarlos, der mich mit keinem Blick bedachte. Neben ihm stand ein massiger, plump wirkender Mann, der mich mit seinen bernsteingelben Augen abfällig musterte. Als er sprach, entblößte er ein raubtierhaftes Gebiss.

Geradezu unterwürfig verneigte sich der Massige vor Chipol. Ich hörte ihn sprechen, aber ich verstand ihn nicht.

Dann trat Tarlos an mein Bett heran. Ihm war anzusehen, wie sehr er sich über mich wunderte.

»Er lebt noch«, sagte er.

Ein deutlicher Vorwurf klang in seiner Stimme mit. Seiner Erfahrung nach hätte ich eigentlich schon längst tot sein müssen.

»Lass ihn«, entgegnete der andere. »Es ist schließlich egal, wann er stirbt. Wenn er sich länger quälen muss, ist das nur die gerechte Strafe dafür, dass er mit Mrothyr und seinen Leuten sympathisiert hat.«

Was für nette Leute, bemerkte das Extrahirn.

Hoffentlich drehen sie nicht durch, wenn ich morgen noch lebe.

Tarlos und der andere wandten sich Chipol zu und versuchten, ihn zu einem Essen einzuladen. Er weigerte sich jedoch, mich und das Zimmer zu verlassen. Er forderte eine medizinische Behandlung für mich. Sie schienen nicht verstehen zu können, dass er mir helfen wollte.

»Es gibt nichts, was wir tun könnten«, behauptete Tarlos. »Außerdem – wozu? Bisher hat noch niemand dieses Gift überlebt. Es löst die Nervenbahnen auf. Das kann keine Medizin verhindern. So sehr ich es dir wünsche, dein Freund Atlan wird sich nie mehr von diesem Bett erheben.«

Ich hatte ihm das Leben gerettet, doch das schien er vergessen zu haben.

Die beiden Männer redeten weiter auf den Daila ein, und schließlich kühlte dieser mir noch einmal die Stirn und die Arme mit einem feuchten Lappen, schloss sich dann aber den Zyrphern an.

»Ich bin bald zurück, Atlan«, versprach er.

Ich versuchte, ihm ein Zeichen zu geben, indem ich die Augen bewegte, doch ich war dabei so langsam, dass er nicht begriff. Er folgte den beiden Männern.

Kaum war ich allein, als ich eine Bewegung auf meiner Brust bemerkte.

Mir stockte der Atem.

Ein Aradik kroch über meine Brust. Er näherte sich meinem Kinn, berührte es jedoch nicht, sondern ließ sich dicht daneben sinken. Ein unerträgliches Gefühl der Kälte überfiel mich.

Ich wusste, dass eine weitere Dosis Gift tödlich für mich sein würde. Schon jetzt hatte der Aktivator Mühe, mich am Leben zu erhalten und die Schäden zu beheben, die durch das Gift hervorgerufen wurden. Ich war extrem geschwächt. Wohl noch nie zuvor war mein Leben so gefährdet wie in diesen Minuten, und ich konnte absolut nichts tun.

Tarlos musste das Insekt auf meine Brust gesetzt haben, als er neben meinem Bett gestanden hatte.

Ich hasste ihn aus tiefstem Herzen, und ich schwor ihm Rache für den Fall, dass ich überlebte.

Die Aufregung war zuviel für mich gewesen. Meine Nerven versagten, und ich stürzte in eine tiefe Bewusstlosigkeit. Als ich daraus erwachte, war es dunkel. Nur das Licht der Sterne fiel durch das Fenster herein.

Ich erinnerte mich an das Insekt.

War es noch da? Lauerte es womöglich an meinem Hals oder an meiner Hand?

Ich weiß nicht, ob ich in der Lage gewesen wäre, mich zu bewegen, denn ich wagte es nicht, es auszuprobieren.

Tarlos hatte nicht Unrecht.

Meine Lage war nahezu aussichtslos. Vielleicht überlebte ich das Gift, aber da gab es noch jemanden, der vermutlich darauf aus war, mich zu töten.

Mrothyr!

Ich mochte diesen Zyrpher, und ich hatte ihm geholfen, zu Waffen zu kommen. Ich war sogar bereit gewesen, an seiner Seite zu kämpfen, und ich hätte es auch jetzt noch getan, wenn ich die Kraft dazu gehabt hätte.

Doch Mrothyr musste mich für einen Verräter halten.

Tarlos, der feiste Invast und Brutus, der Roboter, waren aus dem geheimen Lager der Freiheitskämpfer geflohen. Sie hatten Chipol und mich mitgenommen – ganz gegen unseren Willen. Das aber spielte für Mrothyr und seine Leute keine Rolle. Für sie war allein wichtig, dass ich zusammen mit dem Invast und Tarlos verschwunden war. Sie mussten glauben, dass ich sie verraten hatte.

Früher oder später würde Mrothyr mir folgen. Er würde sich für den vermeintlichen Verrat rächen wollen, und er würde mir sicherlich keine Gelegenheit geben, ihm zu erklären, wieso ich das Lager verlassen hatte.

Die Tür öffnete sich, und Licht flammte auf.

Der Aradik kauerte noch auf meiner Brust. Leise zischend hob er den Schwanz mit dem Giftstachel. Es war offensichtlich, dass das Licht ihn irritierte. Doch seine Aggressivität richtete sich nicht gegen mich, sondern gegen denjenigen, der in den Raum getreten war.

Es war Tarlos.

Er näherte sich mir. Seine bernsteingelben Augen glühten vor Hass.

Ich dachte daran, dass wir Gäste bei den Pfahlmännern gewesen waren, und dass er unsere Gastgeber beleidigt hatte. Er warf mir nun vor, dass ich sein Fehlverhalten kritisiert hatte. Eine andere Erklärung für sein feindseliges Verhalten gab es nicht, ließ man einmal außer acht, dass er mich mit Mrothyr und den Freiheitskämpfern auf eine Stufe stellte.

Er stieß die Hand auf mich zu, um den Aradik aufzuschrecken. Laut zischend wich das Tier vor ihm zurück. Ich sah, dass Gift aus seinem Stachel tropfte.

»Töte ihn«, sagte Tarlos leise. »Nun los doch. Du sollst ihn stechen.«

Er wedelte mit seiner Hand vor dem Insekt herum, um seine Angriffslust zu steigern.

Er will, dass du stirbst. Er hat Angst vor dir. Er fürchtet, dass du wieder auf die Beine kommst, und dich dann an ihm rächst, ihn vielleicht gar an Mrothyr auslieferst, um dich selbst zu retten, erkannte der Logiksektor.

Du weißt, dass ich so was niemals tun würde, antwortete ich.

Ein Seufzen schien von meinem Extrahirn auszugehen.

Tarlos schlug mir die flache Hand auf die Brust. Augenblicklich schnellte sich das Insekt auf die Hand zu und versuchte, sie mit den Zangen zu packen.

Mir stockte der Atem, und ich fühlte, dass mir der Schweiß aus allen Poren brach.

»Was tust du hier?«, fragte eine helle Stimme von der Tür her. Tarlos fuhr herum.

»Ein Aradik sitzt auf seiner Brust«, entgegnete er. »Ich habe versucht, das Tier zu vertreiben. Ich würde es ja erschlagen, aber ich fürchte, dass es ihn dann sticht.«

»Danke«, sagte Chipol. »Ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass du das für meinen Freund tun würdest.«

»Ich habe ihm einiges zu verdanken.« Tarlos wandte sich mir zu. In seinen Augen glühte der Hass. Ich glaubte, ihm ansehen zu können, was er dachte. Er konnte nicht zulassen, dass ich Chipol irgendwann die Wahrheit sagte.

Gibt es außer dem Daila eigentlich noch irgend jemanden, der dich nicht töten will?, fragte das Extrahirn.

»Warte einen Moment«, rief der Daila. »Ich komme gleich wieder. Ich hole etwas, womit wir das Insekt töten können.«

Damit eilte er hinaus.

Ich hätte schreien mögen.

Chipol, ahnst du denn nicht, dass er mich umbringen will?

*

Tarlos blickte sich suchend um. Er überlegte fieberhaft, was er in der kurzen, ihm verbleibenden Zeit tun konnte. Er entschied sich für das einfachste und wirksamste Mittel. Er stieß mich mit dem Fuß an. Zunächst trat er mir gegen die Beine. Damit erschütterte er meinen ganzen Körper.

Der Aradik richtete sich drohend auf.

»Ah, das wirkt«, flüsterte der Zyrpher und trat noch einmal zu. Ich flog zur Seite, und das Insekt wäre beinahe von meiner Brust geworfen worden.

»Ich habe etwas gefunden«, rief Chipol von draußen.

Tarlos wich von mir zurück.

»Beeile dich«, antwortete er. »Das scheußliche Ding sieht ganz so aus, als würde es gleich stechen.«

Mein Freund Chipol stürzte in den Raum. Er hielt eine lange Eisenzange in den Händen. Damit packte er das Insekt, riss es hoch und tötete es. Danach trug er es erleichtert hinaus.

Tarlos beugte sich über mich.

»Das hilft dir gar nichts«, flüsterte er. »Ich werde nicht zulassen, dass du mich verrätst. Ich habe keine andere Wahl. Ich muss dich töten. Der schwarze Durchgang wird sich dir öffnen. Verlass dich drauf.«

Ich merkte, dass ich mich hätte bewegen können, aber ich verhielt mich still. Er trat zurück und wandte sich dem Ausgang zu.

»Er hat eine erstaunliche Konstitution«, bemerkte er. »Eigentlich hätte er längst tot sein müssen. Es wäre großartig, wenn wir einen Mann wie ihn in den Dienst des Volkes stellen könnten. Aber leider geht das nicht.«

Er ging an Chipol vorbei hinaus. Die Tür schloss sich hinter ihm. Besorgt kam der Daila zu mir, setzte sich ans Bett und legte mir die Hand an den Hals, um mir den Puls zu fühlen.

»Es geht schon wieder«, lallte ich.

Seine Hand zuckte zurück, als ob sie gegen eine glühende Herdplatte gekommen sei.

Ich hob eine Hand und legte sie auf seinen Arm. Es ging leichter, als ich erwartet hatte. Ich fühlte das Blut in meinem Arm pulsieren, und ich versuchte, auch den anderen Arm zu bewegen. Es ging nicht.

»Keine Angst, Chipol«, murmelte ich. »So schnell öffnet sich der schwarze Durchgang nicht für mich.«

Tränen der Freude schossen ihm in die dunklen Augen. Er warf sich über mich und umklammerte mich. Er redete pausenlos, aber ich verstand so gut wie nichts. Immerhin begriff ich, dass es uferlose Freude war, die ihn um seine Fassung brachte.

Es war ein angenehmes Gefühl, einen solchen Freund zu haben.

Als Chipol sich erholt hatte, richtete er sich verlegen auf, wischte sich die Tränen aus den Augen und fuhr sich mit dem Ärmel über die Nase.

»Entschuldige«, schluckte er. »Ich habe mich wohl etwas gehen lassen.« Er lächelte und schüttelte fassungslos den Kopf.

»Eben noch habe ich geglaubt, dass du sterben musst, und jetzt ...« Er schlug die Hände vors Gesicht und setzte sich wieder zu mir.

»Ich schaffe es«, versprach ich ihm.