7,99 €
MEIN GRIECHISCHER BOSS - UND GELIEBTER? Ein toller Job, ein Büro mit Blick auf Londons City: Für Katie geht‘s bergauf. Gespannt erwartet sie ihren neuen Boss - und erlebt einen Schock. Vor ihr steht Alexander Demetri. Exliebhaber und Exchef, ausgerechnet der Mann, vor dem sie geflohen ist, obwohl sie ihn immer noch liebt! Der Unternehmer hat die Firma aufgekauft und Katie gleich dazu. Tapfer wehrt sie Alexis erneuten Verführungsversuch ab: ein Trip nach New York im Privatjet und danach ein Aufenthalt in seiner griechischen Villa. Doch dann macht sie eine Entdeckung, die sie vor eine schwierige Entscheidung stellt … SÜßE VERFÜHRUNG AN DER COTE D'AZUR Ist es der Zauber der südlichen Sonne? Die junge Michelle kann der Anziehungskraft des faszinierenden italienischen Millionärs Alessandro Castiglione einfach nicht widerstehen. Seine Küsse, seine Zärtlichkeiten … Noch nie hat die hübsche Haushälterin sich so begehrt gefühlt. Als Alessandro sie am Pool einer Luxusvilla in Südfrankreich zärtlich verführt, fühlt sie sich wie im siebten Himmel. Doch schon bald muss sie fürchten: Für Alessandro war sie nur ein flüchtiges Abenteuer - für sie ist er der Mann ihres Lebens, dessen Kind sie unter dem Herzen trägt! VERLIEBT IN DEN BOSS? Liebe? Lieber nicht! Kim ist viel zu vorsichtig, um ihr scheues Herz zu verschenken. Bis sie zum ersten Mal in Ben Wests Büro tritt. Da sitzt er, ihr neuer Boss - und ihr Traummann! Wie eine Woge der Sehnsucht überkommt Kim plötzlich der Wunsch nach Zärtlichkeit. Und als ob er ihre Gedanken lesen kann, zieht Ben sie in seine Arme. Noch nie war Kim so glücklich! Sie weiß, sie ist die Frau, die ihm alles geben kann und alles geben will. Doch ihr Traum zerbricht in tausend Scherben, als Ben gesteht: Ja, er begehrt sie, aber nein, mehr als eine Affäre kommt nicht in Frage … ATEMLOS VOR SEHNSUCHT, STAUNEND VOR GLÜCK Ein Blick in seine samtschwarzen Augen, und Rachel ist verloren! Mit dem Polo-Star Diego Ortega erlebt sie berauschende Wochen. Doch dann entdeckt Rachel, dass ihre heißen Nächte unerwartete Folgen haben. Was wird der Jet-Set-Playboy aus Buenos Aires nur dazu sagen?
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 769
Kathryn Ross, Christina Hollis, Helen Brooks, Chantelle Shaw
Auf Befehl des Chefs - Verliebt oder nur verführt? (4-teilige Serie)
Kathryn Ross
Mein griechischer Boss – und Geliebter?
IMPRESSUM
ROMANA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1
© 2009 by Kathryn Ross Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1822 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Maria Poets
Fotos: Strandperle
Veröffentlicht im ePub Format im 12/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86295-108-6
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Katie sah aus dem Fenster. Die Sonne legte einen rosigen Dunstschleier über die Dächer Londons. Vielleicht bin ich gar nicht schwanger. Sie war nur eine Woche zu spät dran, und ihr Zyklus war ohnehin ziemlich unregelmäßig.
Sie sollte endlich diesen Test machen. Jetzt war der perfekte Zeitpunkt, die Telefone hatten aufgehört zu klingeln, und die Büros waren wie ausgestorben.
Und was soll ich machen, wenn der Test positiv ist?
Sie stützte die Stirn gegen das kühle Glas.
Keine Frage, ihr Boss war der attraktivste und aufregendste Mann, dem sie je begegnet war. Und ja, sie hatte die Affäre mit ihm genossen. Aber mehr als das war es auch nicht gewesen – eine Affäre.
Alexi hatte kein Interesse an einer dauerhaften Beziehung, das hatte er von Anfang an klargemacht. Und sie war damit einverstanden gewesen und hatte geglaubt, damit zurechtkommen zu können. Doch jetzt betrachtete sie ihre Affäre mit Alexi in einem völlig anderen Licht, und was sie sah, beunruhigte sie.
Sie wollte gerade nach ihrer Tasche greifen, da erinnerte sie ein Geräusch aus dem Vorraum daran, dass sie nicht allein war. Als sie aufsah, stand Alexi in der Türöffnung.
Wie immer schienen bei seinem Anblick ihre Sinne Karussell zu fahren.
„Hast du nicht gemerkt, dass alle anderen schon nach Hause gegangen sind?“
„Ich musste noch ein paar Zahlen überprüfen.“ Sie versuchte, sich auf das Geschäftliche zu konzentrieren, und ließ sich auf ihrem Stuhl zurücksinken. „Ich bin fast fertig. Noch ein paar Tage, und das Geschäft ist unter Dach und Fach.“ Ein paar Tage noch, und ihre Zeit hier war zu Ende.
Als er näher kam, musterte sie ihn von oben bis unten. Ihr gefiel seine Art, sich zu kleiden, doch es war nicht allein sein exquisiter Stil, der sie anzog, und auch nicht der große, muskulöse und gebräunte Körper, sondern etwas anderes. Er strahlte Macht aus, und seine kühle und schon fast rücksichtslose Art hatte ihre Aufmerksamkeit gefesselt. Sie wünschte, er möge nicht diese Wirkung auf sie haben und sie mit solcher Leichtigkeit um den Verstand bringen, aber so war es nun einmal.
Eilig versuchte sie, ihre Gefühle zu unterdrücken, als er vor ihrem Schreibtisch stehen blieb.
„Du hast deine Sache sehr gut gemacht. Hast du dir schon überlegt, wie es in Zukunft weitergeht?“
Sprach er von ihrer Affäre? Sie schluckte und brachte kein Wort hervor.
„Ich möchte, dass du bleibst.“
Die leise ausgesprochenen Worte erweckten Emotionen in ihr, die sie nicht genauer zu analysieren wagte. Stattdessen musterte sie ihn mit wachsamem Blick. „In welcher Funktion?“
„In derselben wie jetzt. Ich werde eine neue Firma kaufen, und ich will, dass du die Leitung für ein ähnliches Projekt übernimmst.“
Sie versuchte, den Anflug von Enttäuschung zu ignorieren. Natürlich hatte er nicht von seinen Gefühlen gesprochen, dieses Thema war auf jeden Fall tabu. Er war zuerst und vor allem Geschäftsmann.
„Und was ist mit … uns?“, zwang sie sich zu fragen.
„Wir können so weitermachen wie bisher, oder nicht?“ Mit dunklen Augen musterte er sie, dann lächelte er.
Nickend versuchte sie, möglichst gleichgültig auszusehen. „Darüber können wir ja später noch einmal reden.“
Er runzelte die Stirn, als hätte er nicht mit so einer Antwort gerechnet. „Die nächste Frage lautet …“, er beugte sich vor und stützte sich mit den Händen auf ihrem Tisch ab, „… gehen wir zu dir oder zu mir?“
Die Verwandlung vom Geschäftsmann zum Lover verursachte Katie ein Kribbeln im Bauch. Sie wollte alles andere vergessen und nur noch von ihm in den Armen gehalten werden.
Doch Alexi hatte nicht vor, sie einfach nur festzuhalten. Er wollte sie bis zur Besinnungslosigkeit lieben, bis sie so erfüllt war, wie sie es sich nie hätte vorstellen können. Dann würde er sie zufrieden anlächeln und ihr sagen, wie großartig sie sei, ehe er das Gespräch wieder auf die Arbeit lenkte.
Zum ersten Mal, seit sie ihre Affäre begonnen hatten, glaubte Katie, diese Situation nicht ertragen zu können. „Bist du heute Abend nicht mit dem Direktor von Transworth verabredet?“, fragte sie, um Zeit zu gewinnen.
„Ja, aber das wird nicht lange dauern. Vermutlich werden wir gegen zehn fertig sein.“ Er kam zu ihrer Seite des Schreibtischs und setzte sich auf die Kante.
Die körperliche Nähe steigerte ihr Unbehagen noch. „Alexi, es war ein anstrengender Tag heute. Ich hatte keine Pause, und …“
„Hast du keine Lust auf mich?“ Er klang nicht verärgert, eher amüsiert. „Ich fürchte, nein.“ Sie wich seinem Blick aus. „Ab und zu muss ich auch mal schlafen.“
Er streckte die Hand aus und hob ihr Kinn an, bis sie ihn ansehen musste. Zum Glück war das Licht im Büro nur noch gedämpft, denn manchmal meinte sie, er könnte die Geheimnisse ihre Seele ergründen, indem er sie nur anschaute.
„Dafür, dass du so müde bist, siehst du ziemlich umwerfend aus“, murmelte er heiser. Die Berührung ließ sie beinahe schwach werden. „Aber ich werde dir heute Abend freigeben, wenn du mir versprichst, über meinen Vorschlag mit der Projektleitung nachzudenken.“
Sie versuchte, flapsig zu klingen. „Du bist zu liebenswürdig!“
Sanft streichelte er ihre Wange und ließ langsam die Finger in der Fülle ihres dunklen Haares verschwinden. Als er sich vorbeugte und seine Lippen zärtlich auf ihre legte, holte sie tief und zitternd Luft.
Wenn er nur nicht so teuflisch gut küssen könnte! Er schaffte es, dass sie von innen her zu leuchten schien und dass sie sich so sehr nach ihm sehnte, wie sie es nie zuvor erlebt hatte. In den letzten Monaten hatte sie sich ihm vollständig hingegeben. Sie hatte die heftigen, überschäumenden Gefühle geliebt, die er stets in ihr wachrief, aber heute jagte ihr die Macht, die er über sie besaß, Angst ein.
Ich will nicht mehr so empfinden, dachte sie vage, doch unwillkürlich beugte sie sich vor und gab sich der Verlockung des Augenblicks hin.
Sein Handy klingelte und durchbrach die Stille. Einen Moment lang ignorierte er die Störung, ehe er sich abrupt abwandte. „Tut mir leid.“
Achselzuckend tat sie, als würde es ihr nichts ausmachen.
„Hi, Mark, wie läuft’s in New York?“
Wie schaffte er es, so leidenschaftlich zu küssen und im nächsten Moment absolut kontrolliert zu klingen?
Weil es für ihn dabei nicht um Gefühle geht. Sie beantwortete sich die Frage selbst und riss sich zusammen. Energisch strich sie sich die Haare aus dem Gesicht und nahm ihre Handtasche.
„Bin gleich wieder da“, flüsterte sie, als sie Alexis Blick auffing.
Er nickte. „Kümmere dich darum, Mark“, sagte er scharf. „Ich gebe dem Kerl keine zweite Chance, er hat alles vermasselt.“
Katie ging den Korridor entlang. Alexi war ein rücksichtsloser Geschäftsmann, das wusste sie. Und sie hatte genug über ihn in diversen Boulevardzeitungen gelesen, um zu wissen, dass er sich privat nicht anders verhielt. Er war einmal verheiratet gewesen, und seit der Scheidung hatte er Frauen gewechselt wie andere Männer ihre Hemden. Wenn sie schwanger war, würde sie allein damit fertig werden müssen. Gerüchteweise hatte sie gehört, dass die Ehe gescheitert war, weil er im Gegensatz zu seiner Exfrau keine Kinder wollte.
Und was war schon eine kleine Affäre wie ihre im Vergleich zu einer Ehe?
Wie hatte sie nur so dumm sein können! Sie war ohne Vater aufgewachsen, und das war hart gewesen. Selbst jetzt noch quälten sie die Erinnerungen. Wenn der Test negativ ist, werde ich mir die Lektion hinter die Ohren schreiben. Und sie würde ein für alle Mal mit Alexi Schluss machen.
Aufgeregt betrat Katie das eindrucksvolle Foyer von Madison Brown. Es war der erste Tag in ihrem neuen Job, und sie konnte es kaum abwarten, endlich anzufangen.
Einen Monat lang hatte sie gesucht und Jobanzeigen studiert, bis sie den perfekten Posten fand. Endlich, denn ohne Beschäftigung hatte sie viel zu viel Zeit, um über Alexi nachzudenken und ihn zu vermissen, und das wollte sie nicht.
Allein der Gedanke an ihn löste einen dumpfen Schmerz in ihr aus, und ärgerlich versuchte sie, ihn zu unterdrücken. Das war doch lächerlich! Sie hatte gewusst, worauf sie sich einließ, und die Entscheidung, Demetri Shipping zu verlassen, war genau richtig gewesen. Ebenso wie der Entschluss, die Affäre mit Alexi zu beenden.
„Hallo!“ Sie lächelte der Empfangsdame zu. „Ich bin Katie Connor, die neue Projektmanagerin.“
„Hallo, Ms. Connor. Der neue Geschäftsführer möchte gerne mit Ihnen sprechen, bevor Sie anfangen. Direkt im obersten Stockwerk.“
Katie ging zu den Aufzügen und versuchte, die typische Nervosität am ersten Arbeitstag zu ignorieren. Alles wird gut! Man hatte sie für diesen Job förmlich angeworben. Der Mann von der Vermittlungsagentur hatte ihr erzählt, dass man ganz beeindruckt von ihr sei. Außerdem hatte er ihr mitgeteilt, dass Madison Brown demnächst Teil eines großen Konzerns namens Tellesta werden würde.
Hier würde sie ein weites Betätigungsfeld für ihr Organisationstalent finden, und sie würde Gelegenheit bekommen, die Niederlassungen in Paris und New York zu besuchen. Sie freute sich auf die Herausforderungen, die vor ihr lagen.
Die Aufzugtüren öffneten sich im obersten Stockwerk, und sie ging zum Tresen am anderen Ende des Raumes, hinter dem eine junge Frau gerade den Computer einschaltete.
„Hallo, mein Name ist Katie Connor. Ich bin …“
„… die neue Projektmanagerin“, beendete die junge Frau den Satz für sie und lächelte. „Ich bin Claire, und ich soll Ihnen Ihr Büro zeigen.“
Interessiert sah Katie sich um, während sie der Frau durch den langen Flur folgte. Die modernen Büros boten einen spektakulären Blick über London. „Fantastisch“, murmelte Katie beeindruckt.
Am Ende des Korridors öffnete Claire eine Tür. „Das ist Ihr Reich.“
Katie konnte ihr Glück kaum fassen. Es handelte sich um ein Eckbüro mit Blick über Canary Wharf, den modernen Gebäudekomplex, der die ehemaligen Docks verdrängt hatte. Nur mit Mühe konnte sie sich von der Aussicht losreißen und sich dem Schreibtisch zuwenden, auf dem bereits ein Stapel Papiere auf sie wartete.
„Ich sollte schon einmal ein paar Unterlagen für Sie heraussuchen“, sagte Claire, während Katie die obersten Blätter überflog. „Um zehn Uhr haben Sie ein Treffen mit dem Vorstand im Konferenzraum.“
Katie nickte. „Wollte der neue Geschäftsführer mich nicht zuerst sprechen?“
„Ja, aber er musste kurzfristig weg. Er sagte, er würde Sie beim Meeting treffen, und bittet Sie, sich die Zahlen anzusehen und einen vorläufigen Bericht zu erstellen. Er möchte, dass Sie dem Vorstand noch heute erste Verbesserungsvorschläge unterbreiten.“
„Ich soll den Bericht bis zehn Uhr fertig haben?“ Katies Nerven begannen zu vibrieren.
„Ich fürchte, ja.“ Claire verzog das Gesicht. „Er hat es ziemlich eilig.“
„Das kann man wohl sagen!“
Nachdem Claire gegangen war, zog Katie ihre Kostümjacke aus und hängte sie an einen Haken neben den Aktenschränken. Ich habe es so gewollt, sagte sie sich, als sie den Stapel Unterlagen in Angriff nahm. Einen Job, der sie herausforderte und sie von der Vergangenheit ablenkte.
Die ständige Aufregung in ihrem letzten Job hatte sie elektrisiert. Oder lag es an der knisternden Spannung, die zwischen ihr und Alexi geherrscht hatte? Rasch schob sie den Gedanken beiseite. Diese Affäre war ein Fehler gewesen. Verärgert arbeitete sie sich durch die Kalkulationen und versuchte sich zu konzentrieren. Aber einen Moment lang konnte sie an nichts anderes außer an Alexi denken. Wie er sie küsste, sie liebkoste …
Sie schloss die Augen und holte tief Luft. Sie rief sich ins Gedächtnis, wie besorgt sie gewesen war, als sie befürchtete, schwanger zu sein. Doch zum Glück war das Testergebnis negativ gewesen. Als sie Alexi mitgeteilt hatte, dass sie nicht länger für ihn arbeiten würde, hatte er sie beinahe kalt angesehen.
„Ist das eine private Entscheidung oder eine berufliche?“
„Spielt das eine Rolle?“
„Ja. Denn wenn du aus privaten Gründen gehst, bedeutet es, dass du nicht mehr klar denken kannst.“ Diese Logik war so typisch für ihn, dass sie gelacht hatte. Dann hatte sie das Kinn in die Höhe gereckt und seinen Blick trotzig erwidert. „Ich möchte den Job nicht, den du mir anbietest, weil es Zeit für mich ist weiterzuziehen. Ich brauche neue Herausforderungen.“ Es war ihr gelungen, ebenso sachlich und ruhig zu klingen wie er. Doch in ihrem Inneren war sie – damals wie heute – zutiefst verletzt.
Sie spürte den Schmerz noch immer, denn sie hatte sich gewünscht, Alexi würde ihr gegenüber ein Fünkchen Gefühl, einen Hauch von Zärtlichkeit zeigen. Aber er hatte ihr lediglich mitgeteilt, dass er ihre Stelle nicht sofort neu besetzen würde, für den Fall, dass sie es sich noch einmal anders überlegte. Anschließend hatte er ihr alles Gute für die Zukunft gewünscht und war gegangen.
Sie schaute auf die Unterlagen vor sich auf dem Schreibtisch. Warum verschwendete sie ihre Zeit damit, über Alexi nachzudenken, obwohl die Zeit drängte und sie einen wichtigen Bericht für ihren neuen Boss schreiben musste? Die Affäre mit Alexi war vorbei, und natürlich hatte er sich nie etwas aus ihr gemacht. Hatte sie das nicht immer gewusst? Sie hatten „ein wenig Spaß gehabt“, wie er es nannte. Um Liebe war es dabei nie gegangen.
Katie zog den Stapel dichter zu sich heran und zwang sich zur Konzentration. Sie war vierundzwanzig Jahre alt und studierte Betriebswirtin, keine liebeskranke Närrin. Sie hatte einen Fehler gemacht, als sie glaubte, sie könnte eine Beziehung eingehen und die Gefühle dabei außen vor lassen. Doch das hatte nicht funktioniert, und jetzt musste sie damit fertig werden. Energisch holte sie tief Luft. Sie betrachtete die Papiere vor sich und kreiste einige Diagramme ein, die ihr ungewöhnlich vorkamen. Anschließend analysierte sie ihre Strukturen und machte sich Notizen. Um Viertel vor zehn hatte sie einen kurzen Bericht zusammengestellt. Er war nicht perfekt, aber es war das Beste, was sie in der kurzen Zeit zustande bringen konnte. Sie war auf einige interessante Punkte gestoßen, die sie bei dem Meeting zur Sprache bringen konnte.
Sie hatte noch ein paar Minuten Zeit, also stand sie auf und ging zu dem Wasserspender im Korridor, der ihr am Morgen aufgefallen war.
Neben dem Gerät hing ein Spiegel, und sie warf kurz einen prüfenden Blick hinein. Sie hatte mehr Make-up als gewöhnlich aufgelegt, um zu verbergen, dass sie nicht gut geschlafen hatte. Die blauen Augen wurden durch den rauchgrauen Lidschatten sehr betont, und der helle Lippenstift passte hervorragend zu ihrem Teint und den dunklen Haaren.
Als sie in ihr Büro zurückkehrte und die Tür aufstieß, blieb sie wie angewurzelt stehen. Im ersten Moment meinte sie, sich im Raum geirrt zu haben, denn hinter ihrem Schreibtisch saß jemand. Sie konnte nicht sehen, wer es war, denn er wandte ihr den Rücken zu und blickte aus dem Fenster. Alles, was sie erkennen konnte, waren ein Paar lange, ausgestreckte Beine und eine Hand, die ihr Telefon hielt. Der hat ja Nerven, sich hier so häuslich niederzulassen! Sie runzelte die Stirn. Und er hatte ihre Notizen gelesen, wie sie feststellte, als sie sah, was er in der anderen Hand hielt.
„Entschuldigen Sie bitte!“ Sie räusperte sich. „Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“
„Ich melde mich wieder bei dir, Ryan. Ich muss kurz mit der neuen Mitarbeiterin sprechen.“ Die Stimme war samtweich und nüchtern zugleich. Katie erkannte sie auf Anhieb.
Mit der Erkenntnis setzte ein lähmendes Gefühl ein. Der Schreibtischsessel schwang herum, und sie sah sich dem Mann gegenüber, der ihre Welt auf den Kopf gestellt hatte – Alexander Demetri. Mit einem Mal war ihr Mund wie ausgedörrt, und ihr Magen schien sich zu verknoten.
Leide ich unter Halluzinationen? Sie hielt den Atem an. Hatte sie in den letzten Wochen so intensiv an ihn gedacht, dass sie sein Bild heraufbeschworen hatte?
Dann legte er das Telefon zurück, lehnte sich im breiten Ledersessel zurück und lächelte sie an.
„Hallo, Katie.“
Ein Irrtum war ausgeschlossen – der kühle, herablassende Ton und das Funkeln in den dunklen Augen waren ihr nur zu vertraut. Das war nicht irgendein Traum, es war der totale Albtraum.
„Was machst du denn hier?“ Ihre Stimme klang gepresst, und er verzog den Mund zu einem Lächeln.
„Sieht so aus, als hätte ich dich für einen Job engagiert, von dem du behauptet hast, du würdest ihn nicht haben wollen. Merkwürdig, wie das Leben manchmal spielt, nicht wahr?“
Im Gegensatz zu ihr selbst wirkte er ausgesprochen ruhig. Ihre Gedanken überschlugen sich, aber sie bekam keinen einzigen davon zu fassen.
„Ich verstehe nicht …“, flüsterte sie. „Der Job, den du mir angeboten hast, war doch bei Demetri Shipping, oder nicht?“
„Tellesta und damit Madison Brown gehören Demetri Shipping“, informierte er sie. „Ich habe das Unternehmen vor sechs Wochen gekauft.“ Während er sprach, musterte er sie von oben bis unten. Sie sieht gut aus, dachte er zerstreut. Die weiße Bluse und der schwarze Rock wirkten sachlich und verführerisch zugleich. Der breite Gürtel betonte ihre schmale Taille, und die Lippen schimmerten rot. Sie war schon immer viel zu anziehend gewesen, als dass er sie einfach hätte ignorieren können.
Katie spürte seinen Blick und verspannte sich noch mehr. Woran denkt er gerade? Freut er sich, mich zu sehen? Kaum hatte sie sich diese Frage gestellt, schalt sie sich eine dumme Gans. An so etwas verschwendete Alexi keine Gedanken. Sie war nur eine weitere Trophäe in seiner Sammlung.
„Das wusste ich nicht. Ich meine, als ich mich um den Job hier beworben habe, wusste ich nicht, dass du der Boss bist.“
„Das habe ich gemerkt.“
Er war so verdammt selbstsicher! Zu gern würde sie erleben, wie er seine arrogante Maske fallen ließ, nur ein einziges Mal! Aber was sie wirklich wütend machte, war: Sie freute sich tatsächlich, ihn wiederzusehen. Sie hasste sich dafür und redete sich ein, sie sei eben von Natur aus weichherzig. Schließlich war sie inzwischen über die Affäre mit Alexander Demetri hinweg.
Sicher, sie fand ihn immer noch attraktiv, aber das war nur natürlich. Sie müsste aus Stein sein, wenn der Anblick dieses schlanken, muskulösen Mannes sie kaltließe. Jede Frau mit einem Fünkchen Leben in sich musste sich von ihm angezogen fühlen.
Sie bemühte sich, ihn nicht zu eingehend zu mustern. Trotzdem fiel ihr auf, dass sein dichtes schwarzes Haar ein Stück länger geworden war und jetzt den Kragen seines mitternachts-blauen Jacketts berührte. Sein gebräuntes Gesicht wirkte eine Spur kantiger, doch die Linie seiner Lippen war noch genauso sinnlich wie zuvor. Bei dem Anblick seines Mundes erinnerte sie sich daran, wie es war, von ihm geküsst zu werden. Wie es sich anfühlte, wenn seine raue Haut über ihre weiche rieb und er sich leidenschaftlich und ohne Widerspruch zu dulden nahm, was er wollte.
„Wusstest du, dass ich diesen Job bekommen habe?“, fragte sie ihn unvermittelt. „Natürlich!“ Die Frage schien ihn zu amüsieren. „Vor fast einer Woche landete dein Name auf meinem Schreibtisch.“ „Und was sollen wir jetzt machen?“ Ihre Stimme klang ein wenig rau. „Ich kann nicht wieder für dich arbeiten!“
Mit schmalen Augen betrachtete er sie, und ein seltsames Gefühl überkam ihn, das er nicht richtig einordnen konnte. Er vermutete, dass es sich um Ärger handelte. Obwohl er wusste, dass es ihm nicht zustand, war er unglaublich zornig gewesen, als sie sein Angebot ausgeschlagen hatte, weiter für seine Firma zu arbeiten, und einfach gegangen war. Dieser Zorn war in den letzten Wochen nicht weniger geworden, im Gegenteil. Alexi war es gewohnt, zu bekommen, was er wollte; andere Menschen tanzten stets nach seiner Pfeife. Doch Katie hatte ihn verlassen, bevor er bereit war, sie gehen zu lassen.
„Du überraschst mich.“ Er machte eine Pause und wog seine Worte sorgfältig ab. „Ich hätte dich für professioneller gehalten. Du hast gerade einen Viermonatsvertrag mit Madison Brown unterschrieben. Ich dachte, dir läge etwas an dem Job.“
Sie funkelte ihn an. Wie konnte er es wagen, ihr Unprofessionalität zu unterstellen? Es lag ihr auf der Zunge, zu sagen, dass er sich auch nicht gerade an die Regeln gehalten hatte, als er sie, seine Angestellte, verführte! Doch sie hielt sich zurück. Es war sinnlos, in der Vergangenheit herumzustochern, und vermutlich würde er ihr ohnehin nur vorhalten, dass sie genauso verantwortlich dafür war. Und er hätte recht damit. „Ja, ich wollte den Job“, sagte sie also stattdessen und hatte ihre Stimme wieder fest unter Kontrolle. „Aber da wusste ich noch nicht, dass das Unternehmen dir gehört.“
„Was spielt das für eine Rolle?“ Er zuckte die Schultern. „Ich bin bereit, dich wieder einzustellen. Wo also ist das Problem?“
Sie spürte Panik in sich aufsteigen wie aus einer eiskalten Quelle. Er hat keine Schwierigkeiten damit, weil es für ihn nicht um Gefühle ging, für sie aber schon … wenn auch nur an der Oberfläche, wie sie sich hastig einredete. Trotzdem konnte sie mit dem, was geschehen war, nicht so pragmatisch umgehen, wie es ihm offensichtlich gelang. Das war einer der Gründe, warum sie sein Jobangebot ausgeschlagen hatte.
Wahrscheinlich kann er so locker bleiben, weil er so etwas gewöhnt ist, begriff sie wie betäubt. Er verführte Frauen und verschwendete anschließend keinen weiteren Gedanken mehr an sie. Sie selbst hingegen war vollkommen unerfahren in diesen Dingen. Eigentlich war allein die Tatsache, dass sie sich auf eine Affäre eingelassen hatte, völlig untypisch für sie. Vor Alexi hatte sie erst einen einzigen Freund gehabt.
„Ich habe kein Problem damit, ich wollte bloß weiterkommen“, sagte sie.
Alexi beobachtete, wie sie auf diese entschlossene Art das Kinn hob, die so typisch für sie war, und spürte ein leichtes Ziehen in seinem Inneren. Gewöhnlich war er derjenige, der mit einer Frau Schluss machte. Doch Katie hatte ihm gleich zweimal die kalte Schulter gezeigt, und das gefiel ihm überhaupt nicht.
„Wir hatten eine ziemlich gute Abmachung. Sie hat uns beiden gefallen.“
„Das schon, aber Menschen entwickeln sich weiter. Was einem in einem Moment gefällt, kann im nächsten Augenblick nicht mehr das Richtige sein.“
„Gut erkannt.“ Erneut wurden seine Augen schmal. „Und genau deshalb sind wir beide uns sehr ähnlich.“ Katie wollte ihm energisch widersprechen, doch sie hielt ihre Zunge im Zaum.
„Wir sind uns wohl beide einig, dass wir eine Menge Spaß hatten.“ Er hob die Schultern. „Wo also ist das Problem? Ich wollte dich für diesen Job, weil ich glaube, dass du die Beste dafür bist. Es ging mir allein ums Geschäft.“
„Das ist mir klar.“ Wütend funkelte sie ihn an. „Ich war mir nur nicht sicher, ob du es auch weißt.“
Einen Augenblick sah sie in seinem Blick etwas aufflackern, Wut oder vielleicht auch Verwirrung. Sie hatte es geschafft, seine gleichgültige Fassade einzureißen, und darüber war sie so froh, dass sie ein leichtes Hochgefühl empfand.
Doch ihre Freude war nur von kurzer Dauer, denn er sagte lediglich achselzuckend: „Glaub mir, Katie, die Arbeit steht für mich an erster Stelle. So war es immer, und so wird es immer sein.“
Seine Worte regten sie auf, obwohl sie es nicht sollten. Schließlich kannte sie die Regeln. Trotzdem tat es weh, und ihr kurzes Triumphgefühl verschwand so rasch, wie es gekommen war.
„Dann ist ja alles in Ordnung.“ Mühsam versuchte sie, Haltung zu bewahren. „Gut.“ Überraschend lächelte er. „Nachdem wir das geklärt haben, können wir also wieder neu anfangen.“
Neu anfangen …? Katie war nicht sicher, ob ihr der Unterton seiner Worte gefiel. Kaum wurde ihr die Situation, in der sie sich befand, bewusst, fühlte sie sich, als würde ein LKW in voller Fahrt sie rammen. Sie hatte einen Vertrag für die nächsten vier Monate unterschrieben, und damit war sie gefangen wie ein Schmetterling im Marmeladenglas. Dabei hatte dieser wunderbare neue Job ihr helfen sollen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen.
„Also, können wir jetzt zum Geschäft kommen?“ Er warf einen Blick auf die Uhr. „In fünf Minuten ist das Vorstandstreffen. Sollen wir deinen Bericht noch einmal zusammen durchgehen?“ Er tippte auf das Blatt Papier, auf dem sie sich Notizen gemacht hatte.
Wut stieg in ihr hoch. In diesem Augenblick hasste sie ihn, diese kühle Haltung, die Arroganz, die Missachtung selbst für die leisesten Gefühle.
„Ich denke, es genügt, wenn wir das beim Meeting besprechen“, sagte sie mit fester Stimme.
„Was für ein Selbstvertrauen!“
„Man hat mich eingestellt, weil ich gut in meinem Job bin. Ich brauche keine Sonderbehandlung.“
„Davon war auch nie die Rede. Aber das Projekt ist außerordentlich wichtig, und es wäre sinnvoll, wenn wir vor dem Meeting ein paar Punkte durchsprechen.“
„Für eine ausführliche Diskussion reicht die Zeit nicht mehr. Wenn du irgendwelche Kommentare zu meinem Bericht abgeben möchtest, kannst du das während des Meetings tun.“
„Wie du willst.“ Alexi verzog den Mund. Er bewunderte ihren scharfen Verstand und die Art, wie sie auf Druck reagierte. Er hatte sie absichtlich gebeten, diesen Bericht in so kurzer Zeit zu erstellen, um sie zu testen. Und wie immer hatte sie sich der Herausforderung gewachsen gezeigt. Aus ihren Notizen schloss er, dass sie die Schwachstellen bereits herausgefunden hatte und keine Scheu hatte, sie auf der Sitzung anzuprangern. „Aber ich warne dich: Du wirst auf einigen Widerstand stoßen. Ein paar Vorstandsmitglieder befürchten, dass du zu jung für diese wichtige Aufgabe bist.“
„Ich verstehe.“ Sie bemühte sich, sich ihre Besorgnis nicht anmerken zu lassen. „Doch keine Angst“, er legte den Kopf schräg, „das letzte Wort habe ich.“
„Ich habe keine Angst. Ich komme damit schon klar.“ Katie schaute auf die Uhr. Sie musste ihn unbedingt loswerden und ihre Gedanken sortieren. „Ich komme gleich nach, ich wollte nur noch die wichtigsten Punkte markieren, damit ich meine Notizen besser lesen kann.“
Achselzuckend stand er auf.
Sie hatte fast vergessen, wie groß er war. Sie selbst war nicht gerade klein, aber Alexi ragte mit seinen einen Meter neunzig hoch über ihr auf und schien den ganzen Raum zu dominieren. Jede Faser ihres Körpers war in Alarmzustand versetzt, als er näher kam und schließlich neben ihr stehen blieb. „Übrigens, ich freue mich, dass ich dich wiederhabe.“ Seine geflüsterten Worte klangen fast ein wenig schadenfroh.
Am liebsten hätte sie erwidert, dass es ihr ganz und gar nicht so ging, aber sie zwang sich zu einem Nicken. Er lächelte, als wüsste er genau, was sie gedacht hatte. „Bis gleich.“
Sobald die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, wollte Katie sich am liebsten auf dem Boden zusammenkauern und sterben. Sie fühlte sich körperlich krank. Wie hatte es nur zu dieser unglaublichen Katastrophe kommen können? Sie hatte Madison Brown doch überprüft! Warum war in keiner Finanzzeitung erwähnt worden, dass das Unternehmen von Demetri Shipping übernommen worden war? Wie konnte ihr so etwas nur passieren?
Sie setzte sich an den Schreibtisch, holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Jetzt bloß nicht in Panik geraten! Sie musste sich, so gut sie konnte, mit der Situation abfinden, schließlich waren es nur vier Monate.
Eine weitere Panikwelle erfasste sie. Vier Monate! Wie sollte sie die kühle, nüchterne Fassade so lange aufrechterhalten, wenn Alexi regelmäßig ein emotionales Chaos in ihr auslöste? Wie lange würde es dauern, bis er sie wieder anlächeln und berühren würde, sodass ihr gesunder Menschenverstand sich in Luft auflöste?
Das wird nicht passieren, nahm sie sich fest vor. Sie würde nicht zweimal denselben Fehler machen. Sie starrte auf die Papiere vor sich. In zwei Minuten musste sie sich vollkommen unter Kontrolle haben und im Konferenzraum den ihr feindlich gesonnenen Vorstandsmitgliedern entgegentreten. Dieser Aufgabe sollte ihre gesamte Aufmerksamkeit gelten, nicht Alexi.
Wahrscheinlich würde sie ohnehin nicht viel von ihm sehen.
Immerhin leitete er inzwischen drei Unternehmen, nicht nur eines. Außerdem hatte er vermutlich bereits eine neue Freundin, schließlich rissen sich die Frauen regelrecht um ihn.
Unvermittelt erinnerte sie sich daran, dass ihre Mutter sich stets in die falschen Männer verliebt hatte, die sie verletzten und benutzten. Nie war ein zuverlässiger Mann darunter gewesen, der für sie hätte sorgen können. Katie hatte sich geschworen, das sie niemals denselben Fehler machen würde.
Die Erinnerung gab ihr etwas Kraft. Sie stand auf und zog ihre Jacke an, strich sich kurz über das Haar. Im Spiegel neben der Tür überprüfte sie ihr Make-up, dann sammelte sie ihre Unterlagen zusammen. Sie würde es schaffen.
Als sie den Raum betrat, saßen die meisten Vorstandsmitglieder bereits, aber ein paar Plätze waren noch frei. Sie setzte sich auf den, der am weitesten von Alexi entfernt war.
Er saß am Kopf des langen polierten Tisches. Als sie zu ihm hinübersah, trafen sich ihre Blicke. Auf der Stelle schaute sie in eine andere Richtung. Besser, sie vermied jeden Blickkontakt. Andernfalls würde sie bei ihrer Präsentation noch anfangen zu stottern.
Nachdem auch das letzte Vorstandsmitglied Platz genommen hatte, eröffnete Alexi die Sitzung. Auf der Stelle wurde es still.
„Meine Herren, ich freue mich, dass so viele von Ihnen heute kommen konnten, obwohl das Treffen so kurzfristig anberaumt worden ist. Zunächst möchte ich unsere neue Projektleiterin, Ms. Katie Connor, willkommen heißen. Ich bin sicher, dass sie eine Bereicherung für das Team sein wird, und ich freue mich auf eine enge und fruchtbare Zusammenarbeit.“
Katies Blick schien gegen seinen zu prallen, und ihre Nerven vibrierten. Sie freute sich überhaupt nicht darauf … jedenfalls nicht auf die Zusammenarbeit mit ihm! Hastig wandte sie den Blick ab und konzentrierte sich auf die Männer, die er ihr der Reihe nach vorstellte.
Wahrscheinlich wird er nicht allzu häufig hier sein, beruhigte sie sich erneut, während sie den Männern um sie herum freundlich zulächelte. Er würde in seinem Hauptbüro in London sein oder in New York, vielleicht auch in der Niederlassung in Athen …
„Wenn Sie dann bitte fortfahren würden, Ms. Connor?“, übergab er ihr das Wort. „Bitte berichten Sie uns, was Sie herausgefunden haben.“
„Danke.“ Sie zwang sich, ihm kühl zuzulächeln, und stand auf. Es war entsetzlich, einfach furchtbar. Aber sie musste sachlich bleiben und sich auf etwas anderes als auf ihn konzentrieren.
Alexi lehnte sich zurück und beobachtete sie interessiert. Ausgesprochen selbstbewusst und mit ruhiger Stimme präsentierte sie ihre Einschätzung der Aufstellung des Unternehmens. Anschließend machte sie ein paar Vorschläge, wie sich der Marktanteil vergrößern ließe. Offensichtlich hat sie sich gut vorbereitet, bevor sie ihren Job überhaupt angetreten hat, dachte Alexi. Kein Wunder, dass sie so schockiert war, ihn hier zu sehen. Es war ihm gelungen, seine Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen bis zum heutigen Tag nicht publik werden zu lassen. Hauptsächlich, um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein, aber ein netter Nebeneffekt war, dass Katie auf diese Weise in die Falle getappt war und doch wieder für ihn arbeitete. Er hatte sie die ganze Zeit über für diesen Job gewollt, weil er wusste, dass sie hervorragend dafür geeignet war.
Zugegeben, das war nicht alles, was er von ihr wollte. Er erkannte die Wahrheit, als er sich unvermittelt mit aller Macht zu ihr hingezogen fühlte. Sie hatte eine fantastische Figur, und er erinnerte sich noch gut daran, wie sehr er es genossen hatte, diese sinnlichen Rundungen zu erkunden. Hinter der kühlen Fassade hatte er die leidenschaftliche Katie entdeckt. Vom ersten Moment an, als sie ihn mit diesem unschuldigen und zugleich herausfordernden Blick aus den dunkelblauen Augen angeschaut hatte, hatte er sie gewollt.
Und ich will sie immer noch.
Diese Erkenntnis nagte an ihm. Es war verrückt, schließlich gab es genügend andere schöne Frauen, die ganz wild nach ihm waren. Warum ließ Katie ihm keine Ruhe? Das sah ihm gar nicht ähnlich. Seit seiner Scheidung vor acht Jahren hatte er sich auf niemanden wirklich eingelassen. Und er hatte auch nicht vor, jemals wieder eine ernsthafte Beziehung zu einer Frau einzugehen. Trotzdem hatte er nicht gewollt, dass Katie ging. Er hatte sich zwingen müssen, wie gewohnt weiterzumachen. Obwohl er die Kontrolle über zwei weitere Unternehmen übernommen hatte und er bis über beide Ohren in Arbeit steckte, musste er von früh bis spät an sie denken. Vor allem nachts.
Die Antwort war ihm bei ihrem heutigen Wiedersehen eingefallen. Katie spukte in seinem Kopf herum, weil sie seinen Stolz verletzt hatte, so einfach war das. Normalerweise war er derjenige, der eine Affäre beendete. Sobald es kompliziert wurde oder er genug von der Frau hatte, machte er Schluss. Doch Katie war ihm zuvorgekommen.
Er war erleichtert, dass er endlich wusste, warum sie ihn derart durcheinanderbrachte. Gegen dieses Problem gab es ein einfaches Heilmittel. Er musste sie nur zurück in sein Bett holen, und irgendwann würde er schon genug von ihr bekommen.
In diesem Moment schaute sie zu ihm herüber, und er lächelte. Ihre Augen begannen zu funkeln, und errötend wandte sie den Blick ab.
Er war ihr gar nicht so gleichgültig, wie sie tat. Es wird nicht allzu schwer sein, sie wieder rumzukriegen. Verführung war schon immer seine starke Seite gewesen. Und dieses Mal würde er derjenige sein, der die Sache beendete.
„Haben Sie noch irgendwelche Fragen?“, fragte sie forsch.
Wie er prophezeit hatte, versuchten einige Vorstandsmitglieder, ihr das Leben schwer zu machen, und nahmen sie in die Mangel, aber sie behauptete sich hervorragend. Alexi beobachtete, wie die Stimmung nach nur wenigen Minuten schwankte und Katie alle Kritiker auf ihre Seite zog.
„Ich denke, Sie haben alle Aspekte hinreichend geklärt, Ms. Connor, danke“, sagte er ruhig.
Sie nickte und begann ihre Unterlagen zu ordnen. „Wenn Sie mich dann bitte entschuldigen würden. Ich werde mich sofort an die Arbeit machen.“
„Natürlich.“
Erleichterung durchströmte sie. Sie konnte es gar nicht abwarten, hier rauszukommen.
„Eine Sache noch“, fügte Alexi wie beiläufig hinzu. „Morgen gibt es in New York eine weitere Besprechung, an der Sie unbedingt teilnehmen müssen.“
Sie sah auf und hielt seinem Blick stand.
„Morgen?“ Eine vage Vorahnung verursachte ihr Magenkribbeln. Sie riss sich von seinem Anblick los und sah wieder auf ihren Notizblock.
„Um den Flug brauchen Sie sich nicht zu kümmern; Sie können mit mir im Firmenjet fliegen.“
Katie hob ruckartig den Kopf. Sie fühlte sich, als säße sie bereits im Flugzeug und befände sich im freien Fall aus fünfzehntausend Metern Höhe. Alles in ihr schrie auf, dass es keine gute Idee sei, stundenlang mit Alexi allein zu sein. Sie wollte Nein sagen, nein, auf keinen Fall, aber das wäre absolut unprofessionell.
„Ich möchte die Dinge in den USA so schnell wie möglich klären“, fuhr Alexi ungerührt fort.
Ein paar Männer am Konferenztisch begannen sich leise zu unterhalten. Unter dem Schutz des leisen Hintergrundgeräusches hätte sie ihm am liebsten zugeraunt, was sie von seinem Vorschlag hielt. Dass sie nicht mit ihm allein sein wollte und dass sie nicht einfach so tun konnte, als sei nie etwas zwischen ihnen vorgefallen.
Aber sie sagte nichts davon, schließlich hatte sie ihren Stolz. Stattdessen hielt sie seinem Blick stand, obwohl ihr Herz so heftig pochte, dass sie meinte, ihre Brust müsste zerspringen. „Vermutlich haben Sie recht“, sagte sie mit fester Stimme.
„Gut. Ich hole Sie heute Abend um sieben Uhr ab.“ Bildete sie sich das nur ein, oder blitzten die dunklen Augen tatsächlich triumphierend auf? Sie schaute zur Seite und nahm mit zitternden Händen ihre Unterlagen auf. „Bis später.“ Was sollte sie sonst sagen? Sie waren hier bei der Arbeit, und er hatte sie in eine unmögliche Situation gebracht.
Um kurz vor sieben ging Katie in ihrem Apartment auf und ab. Ihr kleiner Koffer war gepackt, und die Geschäftfrau in ihr war bereit zum Aufbruch, aber innerlich sträubte sie sich gegen diese Reise.
Früher am Tag hatte Alexi sie in ihrem Büro angerufen, um ihr die Flugzeiten durchzugeben und zu vereinbaren, wann und wo er sie abholen sollte. Vergeblich hatte sie versucht, ihm die Sache auszureden.
„Ist es wirklich nötig, jetzt schon zu fliegen?“, hatte sie gefragt. „Wäre es nicht besser, wenn ich mich erst einmal hier einarbeite und mit den Unterlagen vertraut mache, ehe ich mich um die Geschäfte in den USA kümmere?“
„Du kannst dir während des Fluges ein paar Unterlagen ansehen. Ich muss die Verhandlungen so schnell wie möglich vorantreiben“, hatte er ohne Zögern erwidert. „Also sei rechtzeitig fertig, ich hole dich ab.“
Dann hatte er einfach aufgelegt.
Der Typ hatte Nerven! Sicher, er war ihr Boss, aber das bedeutete nicht, dass sie ihm rund um die Uhr zur Verfügung stehen musste. Er hätte zumindest so höflich sein und sie vorwarnen können!
Ihr Handy piepte, meldete eine SMS, und Katie riss sich zusammen. Sie nahm das Telefon aus der Tasche und klappte es auf. Die Nachricht war von Alexi. Ein merkwürdiges Gefühl, seinen Namen wieder auf dem Display zu sehen. Dass er ihre Nummer überhaupt noch hatte! Sie hatte sich schon öfter vorgenommen, seine Nummer zu löschen, hatte es jedoch noch nicht übers Herz gebracht.
Rasch las sie die Nachricht. Bin draußen. Beeil dich. Verärgert schaltete sie das Handy aus. Vier Wochen lang kein Lebenszeichen von ihm, und dann dieser knappe Befehl. Sie ging zum Fenster und schaute nach draußen. Seine Limousine parkte direkt vor der Tür. Allein der Anblick beschleunigte ihren Herzschlag. Sie musste sich entscheiden – entweder sie vergaß diesen Job und sagte Alexi, er solle sich zum Teufel scheren, oder sie setzte die Arbeit an die erste Stelle und stand das irgendwie durch.
Doch hatte sie tatsächlich eine Wahl? Ihr Job und ihre Unabhängigkeit waren schon immer das Wichtigste für sie gewesen. Also schnappte sie sich ihre Jacke und die Tasche und ging zur Tür. Sie würde nicht zulassen, dass irgendetwas aus der Vergangenheit sie ablenkte. Die Arbeit ging vor.
Alexi hatte gerade sein Handy hervorgeholt, um sie anzurufen, als sie auf die Straße trat. Er lächelte still und steckte das Telefon wieder weg. Was das Geschäftliche betraf, hatte er Katie genau da, wo er sie haben wollte. Und noch ehe sie nach London zurückkehrten, würde er sie auch privat wieder für sich gewonnen haben. Er beobachtete, wie der Fahrer ausstieg, ihren Koffer verstaute und ihr die Tür aufhielt.
„Hi.“ Zur Begrüßung nickte sie ihm zu, während sie sich auf den Sitz ihm gegenüber gleiten ließ. Er nahm den vertrauten Geruch ihres Parfüms wahr, blumig und leicht und trotzdem auf unglaubliche Weise sinnlich. Sie trug schwarze Jeans und eine weiße Bluse und hatte das Haar nach hinten gebunden. Sie sah gut aus. Vielleicht zu gut, wenn man in Betracht zog, dass er während des Fluges arbeiten musste.
„Du bist spät dran.“
„Nur fünf Minuten.“ Angriffslustig funkelte sie ihn mit ihren hübschen blauen Augen an. „Du kannst von Glück reden, dass ich überhaupt mitkomme. Bei einer Geschäftsreise muss ich wenigstens ein paar Tage vorher Bescheid wissen.“
„Ich werde es mir für das nächste Mal merken.“ „Das nächste Mal?“ Unvermittelt klang sie nervös. „Werden wir öfter unterwegs sein?“
Er legte den Kopf schräg. „Auf jeden Fall. Es geht doch nichts über persönliche Kontakte.“
„Ich verstehe.“ Sie schaute aus dem Fenster.
Warum gerät sie plötzlich in Panik? Nachdenklich musterte er sie. Die Arbeit konnte es nicht sein, sie war Geschäftsreisen gewöhnt. War es der Gedanke, mit ihm allein zu sein?
Warum hat sie mit mir Schluss gemacht? Sie war immer so leidenschaftlich und nachgiebig gewesen, so versessen auf seine Küsse … wieso hatte sie ihre Meinung geändert?
Als der Wagen an einer Kreuzung wendete, rutschte der Aktenkoffer, den sie neben sich gelegt hatte, vom Sitz. Alexi bückte sich zur selben Zeit wie Katie, und eine Sekunde lang berührten sich ihre Finger auf dem kühlen Leder.
Sie riss die Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt, und ließ ihn den Koffer aufheben und zurücklegen.
„Danke.“ Sie konnte ihn kaum anblicken.
„Alles in Ordnung?“
„Natürlich.“
Ihre Wangen hatten einen leichten rosigen Schimmer bekommen, und der funkelnde Glanz in ihren Augen strafte ihre Worte Lügen. Wenn sie bereits errötete und Verlangen in ihren Augen aufloderte, nur weil er sie mit den Fingerspitzen gestreift hatte, was würde dann wohl geschehen, wenn er sie richtig berührte?
Er brannte darauf, herauszufinden, ob die alte Glut noch vorhanden war. Am liebsten hätte er sich vorgebeugt und ihre Hand ergriffen, ihre Lippen liebkost und sie heiß geküsst. Sein Blick wanderte zu den Knöpfen ihrer Bluse, und er stellte sich vor, sie zu öffnen.
Nur mit Mühe zwang er sich, sich in dem komfortablen Lederpolster zurückzulehnen und abzuwarten, bis seine Zeit gekommen war. Die Jagd war eröffnet, aber er durfte nichts überstürzen. Er wollte, dass sie total verrückt nach ihm war und es ohne ihn kaum noch aushielt.
„Hast du die Unterlagen bekommen, die wir noch durchgehen müssen?“, fragte er ruhig.
„Ja, ich habe sie dabei. Mir ist da das eine oder andere aufgefallen …“ Sie griff bereits nach dem Aktenkoffer.
„Das werden wir im Flieger besprechen.“
„In Ordnung.“
Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Immer wieder huschte ihr Blick zu ihm hinüber. In dem dunklen Geschäftsanzug sah er souverän und mächtig aus, ganz der erfolgreiche Manager. Einen Moment lang konnte sie kaum glauben, dass er tatsächlich ihr Lover gewesen war, der sie zärtlich im Arm gehalten und sie leidenschaftlich geliebt hatte. Er sah sie an, und hastig wandte sie den Blick ab. Gedanken wie diese brachten sie überhaupt nicht weiter!
„Und wie ist es dir in letzter Zeit ergangen, Katie?“
Nach dieser unerwartet persönlichen Frage musterte sie ihn wachsam. „Gut. Warum fragst du?“
In den dunklen Augen blitzte es amüsiert auf. „Weil es mich interessiert. Welchen anderen Grund sollte ich sonst haben?“
„Keine Ahnung.“ Sie zuckte die Schultern und zwang sich, sich zu entspannen. Aber die Enge und die Erinnerungen, die er heraufbeschworen hatte, trieben ihren Blutdruck in die Höhe. Allein die kurze Berührung vor wenigen Minuten hatte sie fast um den Verstand gebracht. „Machen wir uns doch nichts vor, Alexi, von Small Talk hast du noch nie viel gehalten.“
„Ach nein?“
Sie musste sich zwingen, Haltung zu bewahren.
„Wir haben schließlich nicht nur zusammen gearbeitet, wir hatten auch viel Spaß miteinander“, fuhr er lässig fort.
Wütend funkelte sie ihn an. „Dieses Thema sollten wir besser nicht weiter ausführen.“
„Und warum nicht?“
„Diese Phase haben wir hinter uns gelassen, wie du dich vielleicht erinnerst.“
„Ach ja.“
Sein Blick streifte ihre Lippen, und sie musste daran denken, wie er sie geküsst und liebkost hatte, bis sie sich ganz und gar lebendig gefühlt hatte. Die Intensität der Erinnerung rief ein quälendes Verlangen in ihr hervor. Sie riss sich von seinem Anblick los und sah erneut aus dem Fenster. Sie musste die Vergangenheit vergessen. Er war kein Mann für eine ernsthafte Beziehung.
Sie hatten ihren Spaß gehabt, doch nun war es vorbei.
„Aber es ist gut, dass wir ohne Streit weiter zusammen arbeiten können, findest du nicht auch?“, fragte er ruhig. „Ja, natürlich.“ Er stellte fest, dass sie die Hände zu Fäusten geballt hatte, und
lächelte. „Also, was hast du so getrieben, seit du bei Demetri Shipping aufgehört hast?“
Verzweifelt versuchte sie, ihn wie einen normalen Arbeitskollegen zu behandeln. „Ich war für eine Woche bei meiner Schwester in Frankreich.“
„Ich wusste gar nicht, dass du eine Schwester hast.“
„Nein?“ Unwillkürlich warf sie ihm einen vielsagenden Blick zu. „Vielleicht liegt es daran, dass sich unsere Gespräche nur um die Arbeit gedreht haben. Im Grunde weißt du doch gar nichts über mich.“
Irgendetwas in der Art, wie sie diese Worte sagte, brachte eine Saite in ihm zum Schwingen. In gewissem Sinne hatte sie recht, die Arbeit war ihm wichtiger als alles andere. Ihm lag nichts an tiefen und bedeutungsvollen Gesprächen. Er war zufrieden gewesen mit dem, was sie aneinander hatten – und für sie galt dasselbe. Mehr als einmal hatte er festgestellt, dass sie sich gerne hinter ihrer Arbeit versteckte. Doch ihm war auch aufgefallen, wie verletzlich sie manchmal ausgesehen hatte, wenn sie sich unbeobachtet fühlte. „Ich weiß, dass dir irgendein Kerl früher einmal wehgetan hat.“
Diese Beobachtung überraschte sie. Nur einmal zu Beginn ihrer Affäre hatte sie Carl kurz erwähnt, aber sie hatte nicht gedacht, dass Alexi diesem Punkt so viel Aufmerksamkeit schenken würde.
„Was hast du damals noch gesagt …“ Er runzelte die Stirn. „Genau, dass du eine feste Beziehung hattest und genug von dieser Gefühlsduselei hast und dass Sex und ehrliche Ansagen dir wesentlich lieber seien.“
Bestürzt sah Katie ihn an. Sie konnte kaum fassen, dass sie das wirklich gesagt hatte, doch es stimmte. Damals hatten sie zum ersten Mal miteinander geschlafen, und es fühlt sich so gut an, in seinen Armen zu liegen. Als er erklärt hatte, dass er mit „Gefühlsduselei“ nichts anfangen könnte, hatte sie diese unbedachte Antwort gegeben.
„Typisch, dass du dich daran erinnerst“, erwiderte sie ungehalten, „aber nicht weißt, dass ich eine Schwester habe.“
Er schenkte ihr ein amüsiertes Lächeln, bei dem sie fast dahinschmolz. Nur mit Mühe behielt sie ihre Gefühle unter Kontrolle.
„Übrigens, erinnere mich bitte daran, erneut die Zahlen vom Meeting heute Morgen zu überprüfen.“ Er warf einen Blick auf die Uhr. „Wir müssen unsere Strategie noch im Einzelnen besprechen.“
Sie hatte beinahe vergessen, wie mühelos er von einer Sekunde zur anderen zum Geschäftlichen übergehen konnte. In einem Moment war er der perfekte Liebhaber, und im nächsten Augenblick zählte nur noch das, was ihn wirklich interessierte und um das sich sein Leben drehte: das Geschäft.
„Ja, natürlich.“ Sie nickte und versuchte ebenso unbeteiligt zu klingen wie er.
Sie hatten den Flughafen erreicht. Durch die Sonnenbrille wirkte der warme Juniabend grau und beinahe winterlich. Erstaunlich, wie leicht die Sinne sich täuschen ließen.
Sie hatte sich selbst etwas vorgemacht, als sie sich einredete, sie käme mit einer Affäre mit Alexi zurecht. Er hatte diese fast hypnotisierende Art, sie anzuschauen, und schon hatte sie begonnen, Dinge zu sehen, die gar nicht existierten. Er hatte sie niemals belogen, ihr niemals gesagt, dass sie etwas ganz Besonderes sei, doch seine Küsse und Liebkosungen hatten ihr etwas anderes vorgegaukelt. Mit ihm zusammen zu sein war beinahe wie eine Sucht, und um die weiterhin befriedigen zu können, hatte sie sich eingeredet, dass es nicht um Gefühle ging. Deshalb hatte sie sich zu solchen unbedachten Bemerkungen hinreißen lassen, Sex würde ihr völlig genügen. Doch in Wahrheit war es ihr immer schwerer gefallen, ihre Gefühle auszuschalten.
Sie musste wahnsinnig gewesen sein! Gott sei Dank hatte sie einen Schlussstrich gezogen, bevor es zur echten Katastrophe gekommen war.
Das Auto hielt am Rande des Flugfeldes an. Der Fahrer kam herum, um ihnen die Tür aufzuhalten. Katie stieg aus, und die milde Abendluft umfing sie. Der Firmenjet stand abflugbereit auf dem Rollfeld. Kurz darauf erklommen sie die Stufen der heruntergeklappten Treppe und betraten das luxuriös ausgestattete Flugzeug.
Katie war schon einmal mit Alexi in dieser Maschine geflogen, als sie beide an einer Konferenz in Paris teilnahmen. Sie wollte jetzt nicht daran denken, wie sie damals den einstündigen Flug verbracht hatten. Das sollte sie besser schnell vergessen angesichts der vielen Stunden, die vor ihnen lagen und in denen sie allein sein würden.
Sie nahm ein paar Papiere aus ihrem Aktenkoffer und legte sie auf den Sitz neben sich, bevor sie den Koffer in den Stauraum über ihrem Kopf räumte. Dann setzte sie sich an das Fenster und legte den Sicherheitsgurt an.
Alexi sprach mit dem Piloten. Die Tür zwischen Kabine und Cockpit stand offen, und als Alexi sich zu ihr umdrehte, tat Katie so, als würde sie die Anzeigen und Kontrolllampen mustern.
Wenn er nur nicht so gut aussähe! Mit fünfunddreißig war er zweifellos ein Mann im besten Alter. Der Anzug saß perfekt, betonte die breiten Schultern, das weiße Hemd, die olivfarbene Haut sowie die dunklen Augen und Haare.
Jetzt zog er die Anzugjacke aus, warf sie lässig über die Armlehne und hob seinen Koffer in das Staufach. Er trug kein überflüssiges Gramm Fett mit sich herum, war schlank, muskulös und unglaublich fit. Als er ihr gegenüber Platz nahm, wandte sie den Blick ab.
„Vermutlich wird es ein ruhiger Flug, die Wettervorhersage ist gut“, informierte er sie, während er sich anschnallte.
Wenigstens darüber brauche ich mir keine Sorgen zu machen, dachte sie trocken. Wenn es ihr jetzt noch gelänge, sich auf die Arbeit zu konzentrieren und nicht davon zu träumen, wie attraktiv sie ihren Boss fand oder auf wie angenehme Weise die Zeit bei ihrem letzten Flug verstrichen war, dann wäre sie ganz zufrieden.
Die Tür zum Cockpit schloss sich, und sie waren allein. Ein paar Augenblicke später rollten sie über die Startbahn. Katie schaute aus dem Fenster. Noch war es hell, aber bis zum Sonnenuntergang dauerte es nicht mehr lange. Nachtflüge sind gut, redete sie sich ein. Nach dem anstrengenden Tag würde sie vermutlich keine Probleme damit haben einzuschlafen.
Am Rand des Runways warteten sie auf die Starterlaubnis. „Erinnerst du dich noch an unseren Flug nach Paris, Katie?“, fragte er plötzlich. Erneut spürte sie, wie ihr Magen einen Satz machte. „Nein, nicht so richtig“, log sie. Er lächelte, und sie erkannte, dass er ihr die Antwort nicht im Geringsten abnahm.
„Aber ich bin überrascht, dass du dich daran erinnerst“, fuhr sie rasch fort. „Ich meine, unser Flirt in zwölftausend Metern Höhe ist doch für dich vermutlich nur einer von vielen gewesen.“
Er hob eine Augenbraue. „Glaubst du das?“
Achselzuckend wandte sie den Blick ab.
Plötzlich sagte er etwas auf Griechisch. Obwohl er wie ein typischer Südeuropäer aussah, war sie immer überrascht, ihn in seiner Muttersprache reden zu hören.
„Was hast du gesagt?“, fragte sie ihn und versuchte den wohligen Schauer zu ignorieren, den der Klang seiner Stimme bei ihr ausgelöst hatte.
„Ich finde, der Tag war ziemlich atemberaubend.“ Als sie rot wurde, lachte er laut. „Zum Glück habe ich den Satz nicht ganz richtig übersetzt, sonst würdest du noch die Kabine in Brand stecken.“
„Alexi, hör auf!“, murmelte sie verlegen. „Was damals war, ist vorbei, okay? Das Thema ist tabu!“
Er warf ihr einen spöttischen Blick zu und schüttelte den Kopf. Der Jet beschleunigte, und schon donnerten sie über die Startbahn. „Wer wird denn gleich in die Luft gehen!“
Es schien ihm ein unglaubliches Vergnügen zu bereiten, sie aufzuziehen. Wie sollte sie die Zeit mit ihm allein bloß überstehen? Katie glaubte nicht, dass sie je wieder unbefangen mit ihm würde umgehen können. Er hatte sie dazu gebracht, sich auf eine Art und Weise zu benehmen, die völlig untypisch für sie war. Daran wollte sie nicht erinnert werden, aber in seiner Gegenwart konnte sie es unmöglich vergessen.
Das Flugzeug hob vom Boden ab, und einen Moment verspürte sie eine angenehme Leichtigkeit. Als die Maschine die dünne Wolkendecke durchbrach, verschwand London unter weißer Watte. Kurz darauf erlosch die kleine Lampe, und sie konnte den Sicherheitsgurt wieder öffnen.
„Möchtest du einen Drink, ehe wir uns in die Arbeit stürzen?“ Er sah sie an.
„Nein danke.“ Allein seine Stimme ließ ihre Nerven vibrieren. Alles wird gut, solange ich mich ganz auf die Gegenwart konzentriere.
Alexi stand auf und holte seinen Aktenkoffer aus dem Gepäckfach. „Wo in Frankreich lebt deine Schwester eigentlich?“, fragte er nebenbei, als er ihn öffnete und seine Unterlagen herausnahm.
„Im Südwesten, in einem kleinen Dorf namens Aviger.“
„Ist sie mit einem Franzosen verheiratet?“
„Nein, Lucy ist Single.“
Ihre Schwester war in Sachen Männer genauso ungeschickt wie sie selbst. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatten sie entschieden, dass auf der Familie Connor ein Fluch liegen musste. Die schlechten Beziehungen ihrer Mutter waren legendär, und Lucy und Katie hatten als Kinder beträchtlich darunter gelitten. Ständig waren sie vom Regen in die Traufe gekommen. Kein Wunder, dass sie beide misstrauisch waren, wenn es um Beziehungen ging, und dass beide vehement auf ihrer Unabhängigkeit bestanden.
Katie war stets fest entschlossen gewesen, nicht so zu werden wie ihre Mutter. Als sie mit Carl zusammen war, wollte sie unbedingt glauben, dass er zuverlässig und ehrlich sei. Es hatte ewig gedauert, ehe sie mit ihm ins Bett gegangen war. Sie wollte sich ganz sicher sein. Aber wie konnte man sich über irgendeinen Menschen sicher sein? Es stellte sich heraus, dass Carl in ihr nur eine Herausforderung gesehen hatte. Kaum hatte er mit ihr geschlafen, klang das Jagdfieber ab, und er wandte sich der nächsten Eroberung zu.
Man lernt nie aus, dachte sie jetzt, als sie zu Alexi hinüberschaute. Aber über Liebeskummer wollte sie nicht noch mehr lernen.
„Wir müssen vor allem den Zeitplan im Blick behalten.“ Rasch lenkte sie das Gespräch von persönlichen Themen fort. Sie brauchte ein paar Anweisungen und Vorgaben von Alexi und musste sich ganz auf die Arbeit konzentrieren. „Ich habe überlegt, welche Planungen wir mit einbeziehen müssen, damit sich die Umsätze noch weiter steigern lassen.“
„Und, ist dir etwas eingefallen?“
„Ja, ich habe ein paar Ideen, die wir durchsprechen sollten.“
„Ich weiß schon, warum ich unbedingt dich für diesen Job haben wollte.“
Sie errötete leicht, fuhr jedoch mit fester Stimme fort, ihre Vorschläge zu erläutern. Er beobachtete, wie sie die Papiere zur Hand nahm, die sie auf den Sitz neben sich gelegt hatte, und bemerkte, dass sie sich auf die Lippe biss, während sie die Seiten überflog.
Er hatte vergessen, dass sie das immer tat, wenn sie sich konzentrieren musste. Vergessen, wie geschäftsmäßig sie klingen und wie verletzlich sie dabei aussehen konnte. Wie selbstbewusst und erwachsen sie sich gab, und wie verloren sie manchmal wirkte.
Bisweilen strahlte sie etwas zutiefst Unschuldiges aus. Er wusste noch, dass er das gedacht hatte, als er zum ersten Mal mit ihr schlief. Obwohl sie behauptet hatte, sie sei glücklich mit einer Affäre ohne Verpflichtungen, hatte er immer vermutet, dass sie mit diesen Worten nur verdecken wollte, wie verletzlich sie war.
Obwohl sie keine Jungfrau mehr war, war sie ziemlich unerfahren. Sie hatte auf höchst verführerische Weise gezögert, sich ihm hinzugeben, und – das hatte er gespürt – sich zugleich wie eine Süchtige nach seinen Küssen und Berührungen gesehnt.
Er fand diese Mischung überaus köstlich und hatte es genossen, sie aus der Reserve zu locken und sie zu lehren, wie sie ihm Lust bereiten konnte. Allein der Gedanke daran machte ihn jetzt wahnsinnig.
In diesem Moment sah sie ihn an, und er zwang sich, sich auf ihre Ausführungen zu konzentrieren. Die Arbeit ging vor.
Doch eines war klar: Lange würde er nicht mehr warten. Er wurde langsam ungeduldig und war schon ganz kribbelig vor Verlangen. Und das war er überhaupt nicht gewöhnt.
Als Katie die Augen aufschlug und aus dem Flugzeugfenster schaute, konnte sie in der Dunkelheit die Lichter Manhattans sehen.
„Wir landen in zwanzig Minuten“, erklärte Alexi ihr, während er die Papiere verstaute, die er durchgearbeitet hatte.
Ich muss eingeschlafen sein, dachte sie, als sie sich mit einem Ruck aufsetzte. Dabei hatte sie sich doch fest vorgenommen, sich nicht von der Müdigkeit überwältigen zu lassen! Als Alexi ihr vorschlug, die Arbeit zur Seite zu legen und den Sitz auszuklappen, hatte sie es energisch abgelehnt. In seiner Gegenwart wollte sie auf keinen Fall ihre Wachsamkeit aufgeben und auf alles vorbereitet sein. Und wie sah sie jetzt aus? Verlegen hob sie die Hand, um sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen. Sie fühlte sich ganz zerknautscht.
Sie fing Alexis Blick auf. Die Spannung, die den ganzen Abend über zwischen ihnen geherrscht hatte, flackerte erneut auf.
„Mist, ich wollte eigentlich nicht schlafen“, murmelte sie. „Hast du den Zeitplan fertigbekommen?“
„Ja, hat alles geklappt. Du hättest dich richtig hinlegen sollen. Ich hoffe, du hältst das Treffen nachher durch.“
Die kühlen Worte irritierten sie. Typisch, dass er sich nur um das vor ihnen liegende Meeting sorgte und nicht um ihr Wohlergehen.
„Wenn du fit genug bist, dann bin ich es auch.“
Der funkelnde Blick und die Entschlossenheit in ihrer Stimme entlockten ihm ein Lächeln, und er gestattete sich, Katie kurz zu mustern. Zusammengerollt wie ein Kätzchen hatte sie in ihrem Sessel gelegen. Er hätte nur den Arm auszustrecken brauchen, um sie zu berühren. Ihr Anblick hatte ihn beinahe um den Verstand gebracht, bis er sich schließlich verbot, sie anzuschauen. Denn solange er sie mit Blicken verschlang, war an Arbeit nicht zu denken.
Die perfekte glatte Haut faszinierte ihn, ebenso die dichten langen Wimpern und sinnlichen Lippen. Sogar das zerzauste Haar, das ihr Gesicht einrahmte, gefiel ihm. Sie wirkte so frech und sexy, auch ohne dass er ihre weichen Kurven betrachtete. Nur mit Mühe lenkte er den Blick wieder auf ihr Gesicht, und dabei fiel ihm auf, wie blass sie war.
Katie drehte den Kopf von ihm fort und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf die unerwartete Übelkeit, die sie plötzlich verspürte. Was, um Himmels willen, war das? Sie konnte nicht krank sein, nicht jetzt, nicht hier! Erschrocken holte sie ein paar Mal tief Luft, und zu ihrer Erleichterung ließ die Übelkeit ein wenig nach. Ich bin bestimmt nur müde, versuchte sie sich zu beruhigen. Bis auf die paar Stunden Schlaf war sie in den letzten vierundzwanzig Stunden permanent auf den Beinen gewesen. Ein neuer Job, eine wichtige Besprechung, gefolgt von stapelweise Unterlagen, die sie durcharbeiten musste, der Flug nach New York – und zu alldem auch noch das Wiedersehen mit Alexi. Kein Wunder, dass sie sich nicht gut fühlte!
Die letzten Stunden mit Alexi waren nicht einfach gewesen. Sie hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt, das nichts mit der Arbeit zu tun hatte. Die Ungezwungenheit, mit der sie früher zusammengearbeitet hatten, war eindeutig verschwunden.
Katie versuchte sich einzureden, dass das Schlimmste jetzt hinter ihr lag. Eine erfrischende Dusche und ein paar Stunden Schlaf in einem bequemen Bett, und sie wäre wieder völlig munter.
Sie schaute auf ihre Armbanduhr und stellte den Zeiger fünf Stunden zurück auf New Yorker Zeit. Es war frustrierend, dass die Nacht noch lange nicht vorbei war. Sie hob den Kopf und stellte fest, dass Alexi sie immer noch ansah. „Wann ist das Meeting?“
„Um halb zehn. Wir haben also noch genug Zeit, um in mein Apartment zu fahren und ein wenig zu schlafen. Es liegt direkt am Central Park.“
Das Flugzeug begann mit dem Landeanflug, und der Lärm der Triebwerke zerrte an ihren Nerven. Aber zumindest überdeckte der Krach die Stille, die sich zwischen ihnen ausbreitete. Sie schloss die Augen und versuchte, so zu tun, als sei sie irgendwo anders – egal wo, Hauptsache, nicht hier bei ihm. Doch anstatt an etwas Entspannendes zu denken, überschlugen sich ihre Gedanken bei der Vorstellung, mit ihm allein in seinem Apartment zu sein.
Rumpelnd kam der Jet auf der Landebahn auf, bremste mit aller Kraft ab und rollte zum Hangar. Als er endlich anhielt, begannen sie ihre Sachen zusammenzusuchen, bereit zum Aussteigen.
„Alexi, ich würde lieber in ein Hotel gehen“, sagte sie plötzlich.
Er wirkte amüsiert. „Warum?“
„Weil … ich finde die Situation etwas unangenehm, deshalb.“
„Mein Apartment hat mehr als ein Schlafzimmer.“
„Darum geht es nicht“, erwiderte sie hitzig.
„Ach nein?“ Mit hochgezogener Augenbraue sah er sie an. „Worum geht es dann? Hast du Angst, du könntest nicht mit mir allein sein, ohne wieder mit mir schlafen zu wollen?“ Diese arrogante Frage löste eine stürmische Woge aus Ärger und Fassungslosigkeit in ihr aus.
„Natürlich nicht!“, rief sie mit leicht erhobener Stimme. „Das würde mir nicht im Traum einfallen!“
„Dann verstehe ich nicht, wo dein Problem liegt.“ Alexi zog sein Jackett an. „Ach übrigens, hast du dir eigentlich Notizen zu den neusten Umweltschutzrichtlinien gemacht?“
Der abrupte Wechsel zur Diskussion vor mehreren Stunden warf sie fast um. „Ja, natürlich.“
„Gut. Wenn wir später zum Meeting fahren, können wir deine Vorschläge noch einmal durchgehen. Ich glaube, man wird sie gut aufnehmen.“
„Sicher wird man das.“ Verzweifelt bemühte sie sich, ihre Gedanken zu ordnen. Sie wollte keine zu große Sache aus der Geschichte mit dem Apartment machen. Er sollte nicht glauben, dass sie Angst hatte, schwach zu werden und wieder in seinen Armen zu landen. Die selbstgefällige Dreistigkeit seiner Frage nagte noch immer an ihr. Oder war es eher die Tatsache, dass er recht hatte? Und sie hatte nicht nur ein bisschen Angst, sie war entsetzt! Sobald es um Alexi ging, überkam sie eine unheimliche Schwäche, und oft genug hatte sie sofort gehandelt und erst später nachgedacht. Dieses Verhalten war völlig untypisch für sie, und sie durfte nicht zulassen, dass ihr das noch einmal passierte.
Sie musste so schnell wie möglich aus dieser Situation raus. „Wann fliegen wir zurück nach London?“, fragte sie unvermittelt.
„Wahrscheinlich morgen. Das hängt davon ab, wie die beiden Besprechungen laufen.“