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Verbrecher machen keine Pause. Auch nicht zur Weihnachtszeit. Das dachte sich wohl auch der britische Kriminalschriftsteller Edgar Wallace (1875 bis 1932), der während seiner produktiven Schaffenszeit gleich eine ganze Reihe kurzer Weihnachtskrimis verfasste. Zwei davon präsentiert der vorliegende kleine Band zum ersten Mal in deutscher Sprache.
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Seitenzahl: 53
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Auf der Straße nach Witney..
Weihnachtsgeschenke..
Nachwort..
Tom Curtis sagte nichts. Er spielte mit seinem Brotmesser herum und starrte aus dem Fenster, offenbar in das Naturschauspiel versunken, in das Grau der wirbelnden Wolken, in das trunkene Torkeln der Pappeln – in all das, nur nicht in die Ungeheuerlichkeit von Chesney Blackland. Als er schließlich sprach, dann nur, um ein echtes Mordsding vom Stapel zu lassen.
»Ich nehme an«, sagte er gedankenvoll, »dass man alle vierzig Jahre eine verschneite Weihnacht haben muss, um die Weihnachtskarten zu rechtfertigen.«
Margaret presste ihre Lippen fest zusammen, und ihre schönen Augen glitzerten unheilverkündend. »Du bist ein Schuft, Tom«, sagte sie.
Tom schloss in geduldiger Resignation die Augen. Er war ein Schuft, und er war stolz auf seine Nichtswürdigkeit. Er war sechs Fuß und drei Zoll hoch, war breit gebaut, und abgesehen von den Schwankungen des Industriemarktes und der ausgezeichneten Jagd in Cresmore Country hatte er kaum Interesse am Leben.
»Es wird wochenlang keine Jagd geben«, sagte er pathetisch.
»Jage doch Everstein«, fauchte sie. Er sah sie mit leisem Tadel an.
»Wirklich, Margaret, du bist unvernünftig«, sagte er. »Everstein ist von einer Jury seiner Landsleute freigesprochen worden, und damit war die Sache erledigt. Ich gebe zu, dass er eine giftige kleine Bestie ist; ich gehe sogar so weit zu sagen, dass Everstein eigentlich in Dartmoor Koks brechen sollte – oder was immer sie dort tun. Was mich daran erinnert, dass ich zur Devonshire-Jagd am Donnerstag eingeladen wurde. Es ist eine ziemlich sportliche Gegend …«
Margaret lehnte sich zurück, ein Bild der Verzweiflung.
»Ich kann Vater nicht dazu bringen, es genauso zu sehen, aber es hat etwas von einem Verbrechen an sich … Ja, es ist ein Verbrechen, dass sich dieser schreckliche Mann im Sonnenlicht von Monte Carlo aalen soll, die elenden Taschen voll von unserem Geld. Ich denke, Mr. Blackland ist genauso schlimm wie er. Everstein ist ein Krimineller, aber wenigstens Mr. Blackland hat einigen Anspruch darauf, ein Gentleman zu sein.«
Sie blickte ihren Vater zur Bestätigung an, doch der Colonel rutschte nur unbehaglich in seinem Sessel umher und fuchtelte mit der Serviette.
Colonel Robert Curtis war als »schöner alter Mann« beschrieben worden. Er war sanft, gutmütig, schwach. Er hasste jede Art von Ärger, und der Himmel weiß, dass er in den vergangenen sechs Monaten genug Ärger gehabt hatte. Vor etwas mehr als zwei Jahren war ein äußerst glaubhafter Geldgeber mit dem Plan der Fusionierung von Industriezweigen in sein Leben getreten, und der Colonel hatte sich dem Vorstand angeschlossen. Einige dieser Industriezweige waren durch echte Fabriken vertreten, die wirkliche Waren herstellten und verkauften, es gab aber auch ein paar, die kaum mehr waren als verfallene Gebäude und rostige Maschinen. So tauchten sie jedoch nicht in der Bilanz auf: Dort bildeten sie beträchtliche Vermögenswerte, und nur wenige Menschen erkannten ihre völlige Wertlosigkeit, bis der Zusammenbruch kam und Mr. Everstein verhaftet wurde.
Der Colonel war einer der Direktoren der Mutterfirma gewesen, und der Schlag hatte ihn viel Geld gekostet. Wie viel, das wusste Margaret nicht. Sie wusste, dass ihr Vater sich nach Eversteins Verhaftung als gebrochener Mann ins Bett gelegt und drei Wochen lang von seinem bevorstehenden Ruin gesprochen hatte; er war sogar so weit gegangen, einen Makler aus Oxford zu bestellen, um Deeplands mit allem, was es enthielt, zu schätzen. Aber weiter ging er nicht: Der drohende Verkauf fand niemals statt, und der einzige Diener, der entlassen wurde, war ein Chauffeur, der zwei abgenutzte Reifen ohne Zustimmung seines Herrn entsorgt hatte.
»Everstein hat Vater an den Rand des Verderbens gebracht«, sagte Margaret tragisch. »Wenn Vater nicht in der Lage gewesen wäre, sich Geld von seinen Freunden zu leihen, würden wir jetzt in einer elenden kleinen Villa leben und der Vermieterin Geld schulden.«
»Unsinn!«, sagte ihr praktischer Bruder. »Angenommen, Blackland hätte Everstein nicht verteidigt, oder angenommen, er hätte ihn verteidigt und Everstein wäre für sieben oder acht Jahre ins Gefängnis gewandert, welchen Unterschied hätte das gemacht? Chesney ist der beste Kerl der Welt, und jeder Idiot weiß, dass es die Pflicht eines Anwalts ist, seinen Mandanten so gut wie möglich zu verteidigen. Hätte er das nicht getan, wäre er ein Stinktier gewesen.«
»Und du nennst ihn deinen Freund«, sagte Margaret vernichtend.
»Er ist ein sehr guter Freund und ein wirklich feiner Kerl! Wärst du nicht so eine unvernünftige Gans, hätte ich ihn gebeten, herüberzukommen und den Weihnachtstag mit uns zu verbringen.«
Mehr brauchte es nicht, um Margaret zur Weißglut zu treiben. Sie stand auf, ihre Hände packten das Tischtuch und sie beugte sich zu ihm hinüber.
»Tommy«, sagte sie heftig. »Wenn du Chesney Blackland hierher bringst, verlasse ich das Haus! Ich werde keine Stunde mit ihm unter einem Dach verbringen. Hast du seine Verteidigungsrede gelesen?«
Sie stürzte auf den kleinen Sekretär zu, der in einer Ecke des Zimmers stand, riss eine Schublade heraus und zog eine gefaltete Zeitung hervor.
»Hör zu: ›Es besteht kein Zweifel daran‹, fuhr der Anwalt fort, ›dass sich unter Eversteins Gesellschaftern einige der leichtgläubigsten und einfältigsten Leute von ganz England befanden. Tatsächlich ist es doch so, dass die Beweise, die dem Angeklagten in dieser Sache zur Last gelegt werden, Eversteins Geschäftsführern ebenfalls zur Last gelegt werden müssen.‹«
Sie ließ die Zeitung sinken und starrte ihren Bruder an. »Mit anderen Worten«, sagte sie geflissentlich, »hat dieser elende Mann gesagt, dass Vater ein ebenso großer Dieb wie Everstein war … und dieses Reptil ist dein Freund!«
Tom rieb sich die Nase und sah seinen Vater an. Der aristokratische Mann schüttelte den Kopf und schloss die Augen, als könne er entweder die Gedanken seines Sohnes oder die Erinnerung an Blacklands Ungeheuerlichkeit nicht ertragen.
»Jedenfalls haben Anwälte alles Mögliche zu sagen«, meinte Tom beherzt. »Es ist doch dumm, auf einen Anwalt wütend zu sein, bloß weil er diese Rede zur Verteidigung eines …« Seine Stimme verebbte kraftlos.
»Wenn du es wagst, Chesney Blackland hierher zu bitten, Tom, werde ich dir nie vergeben.« Sie richtete einen drohenden Finger auf den jungen Mann. »Vater würde ihm natürlich verzeihen, weil Vater jedem verzeiht, und er ist ein Christ und all diese Sachen.«
»Es ist Weihnachten«, murmelte Tom.
»Es würde auch keinen Unterschied machen, wenn es der Bankfeiertag im August1