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Dass Sie mich nicht verstehen, daran habe ich mich gewöhnt. Dass ich Sie nicht verstehe: Das ist etwas Neues. Bilde ich mir ein.
Das E-Book Baldachin wird angeboten von Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Erzählungen, Kurzgeschichten, Psychografie, Innenleben, Psychogramm
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 31
Geistesgegenwart
Liebe
Quelle
Szenen
Gastlichkeit
Mangel
Sprechstunde
Szenen
Alp
Vokabular
Sprechstunde
Szenen
Fremde
Sturz
Sprechstunde
Szenen
Baldachin
Woran er denkt: Gespinst ist’s. Silbengewebe ist’s. Fugenlaut ist’s. Gemütsverdichtung ist’s.
Fund: Was in ihn einfällt. Fein oder grob. Schleichend oder polternd. Ausgelesen oder unbesehen. Matt oder glänzend. Brummend oder schrillend. Kosend oder schlagend. Zumeist schlagend. Salve Hiebe, womit auch immer. Arsenal, unerschöpflich.
Fund: Was er setzt. Entgegen. Ein. An. Hinzu. Rasend oder besonnen. Sich einlassend oder sperrend. Im Kampf, stöbernd, stöbernd im Spiel. Im Kampfspiel, im Spielkampf. Mal erst dieses, mal jenes, geschieden. Dann umgekehrt. Meistens: Gemeinschaftserschallen in einem Satz.
Doch muss er denken: „Was einfällt, ist das, worüber ich Herr werden kann.“ Ein Gedankenblitz gibt ihm etwas auf. Oder ein Drittelsatz, der wie ein starker Eindringling verfängt. Reaktion: Hinzusetzen, ein, an, entgegen – sei Herrschaft, Herrschaft ohne Hoheit. Grenzverletzungen, ständig. Zwecks Hochzeit.
Er weiß nicht, wie sich Einfall und Setzung paaren. Er weiß, dass sie sich paaren. Das weiß er, weil sie sich paaren. Er weiß, dass die Scheidung nicht vollzogen werden kann, solange es das gibt, was er Herrschaft nennt. Er weiß, dass nicht alles in ihm Einfall ist. Er weiß, dass nur er es ist, der sich gegen den Einfall, der seiner ist, verteidigen kann. Und erwehren muss. Der ergreifen muss, was sich ihm anbietet. Der fortstoßen muss, was sich ihm anbietet. Durch anderes und sich. Obzwar Kräfte schwinden. Doch noch ist nicht alles Einfall. Das tröstet ihn nicht. Es schmerzt aber auch nicht. Herrscher ohne Hoheit auf Zeit. Gekrönt mit gefaltetem Papier. Er entfaltet. Er richtet. Es richtet.
Sein Versuch, die Geistesgegenwart zu bestimmen: ungenügend. Missratene Paarung. Was nicht des Paarens wert war. Es pocht: Weswegen nicht alle Tag und Nacht (so viele Stunden sind es nicht) darum bemüht sind, die Geistesgegenwart einzusehen – ein Rätsel. Ihm ist es eines. Herrgottsschnitzer.
Wenn man es nicht versucht: Welchem Zweck dienen andere Versuche? Alle anderen Versuche? Bevor er das Kissen wendet, streift es ihm durch den Sinn: Das Wesentliche nimmt man hin. Seine Geistesgegenwart. Sich selbst.
„Ich möchte nicht teilhaben an deinem Untergang.“
„Ich verstehe.“
„Ich möchte nicht verleugnen müssen, wer und was du gewesen sein wirst, für mich.“
„Ich verstehe.“
„Ich möchte dich streicheln, weil du mir wichtig bist.“
„Ich verstehe.“
„Ich will dich spalten, weil du mir nichts bedeutest.“
„Ich verstehe.“
„Ich möchte dich streicheln, wie du bist, und dich spalten, damit du gewesen sein wirst.“
„Ich verstehe.“
„Als ich ein kleines, nein, ein junges Mädchen war – ich muss sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein, genau weiß ich dies nicht mehr – spielten wir, ein paar Freundinnen und Freunde (so nannten wir uns zumindest), an Wochenenden öfter in dem leuchtenden Garten, den die alteingesessene Familie eines Nachbarsjungen angelegt hatte. Wenn ich als Mädchen über das Paradies nachgedacht hätte, dann hätte ich es mir als diesen Garten vorstellen können. Aber ich dachte nicht über das Paradies nach. Ich weiß nicht einmal mehr, ob mir das Wort ‚Paradies‘ hätte einfallen können. Ich dachte nicht über das Paradies nach. Das ist sicher. Ich dachte nicht über den Garten nach. Er war einfach da. In ihm gab es, was fehlt: Versteckspielsträucher, so hieß sie wer, es reckten sich prächtige Bäume, glühten Beeren und Birnen. Manchmal zwitscherte und perlte es. Dies mag hinzugedichtet sein.