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Nach dem Buch "Rotgrünstiefel" folgt nun ein weiteres Abenteuerbuch: "Benn von Eifeldorf" mit 55 farbigen Bildern. In dem beschreibt der Autor Lindhorst in 7 Geschichten die wunderschöne Eifel. Jede Geschichte beginnt in der Gegenwart, wie die Eifel jetzt ist. Damit sich der Leser besser in die Geschichten hineinversetzen kann. Durch ein Zauber wird der zehnjährige Benn in die Vergangenhei zurückversetzt, und da erlebt er die märchenhaften Abenteuer. Jede Geschichte ist in sich abgeschlossen, aber zusammenhängend. Darun empfielt der Autor das Buch in der richtigen Reihenfolde zu lesen. Die Geschichten sind sehr spannend und zugleich auch lehrreich für Jung und Alt geschrieben. Der Autor möchte dem Jugendlichen zu einem demokratischen Denken begleiten, ohne erhobenem Zeigefinger. In dem Buch ist auch das Märchen "Der Ostseefischer" enthalten. (Die geschichte vom Reichsein). Zum Schluß ist auch noch eine Zugage: "Wummi" (Eine Geschichte aus dem Leben, besonders für Ausreißer).
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Seitenzahl: 320
Veröffentlichungsjahr: 2015
Benn von Eifeldorf
Märchenhafte Abenteuer
von Lindhorst
Auch dieses Buch widme ich
meiner lieben Frau Katja.
Benn von Eifeldorf
Lindhorst
Impressum
Copyrigt 2015 Lindhorst
Druck und Verlag: tredition, GmbH, Hamburg
ISBN:
978-3-7323-1706-6 (Paperback)
978-3-7323-1707-3 (Hardcover)
978-3-7323-1708-0 (e-Book)
Inhaltsverzeichnis:
Eifeldorf
Hier stellt der Autor das Eifeldorf vor.
Schöndorfental
Eine Kriminalgeschichte in einem Eifeldorf.
Eifelstadt
Eine Liebesgeschichte in der Eifel.
Klostersee
Eine Geschichte von der Gier der Menschen.
Der Ostseefischer
Ein Märchen vom Reichtum.
Schönschloss
Der Bauernaufstand in der Eifel.
Altenburg
Eine Familiengeschichte auf der alten Burg
Höhenburg
Eine Kriminalgeschichte auf einer Burg.
Wommi
Ein Märchen aus dem Leben.
Vorwort:
Nach dem das Buch „Rotgrünstiefel“ mit 28 farbigen Bildern erfolgreich erschienen ist, folgt ein weiteres märchenhaftes Abenteuerbuch.
„Benn von Eifeldorf“ ist eine in sieben Teilen zusammenhängende, märchenhafte Abenteuergeschichte aus der Eifel. Sie ist für Kinder ab 10 bis12 Jahren geschrieben, aber auch Erwachsene haben viel Freude an den spannenden Erzählungen. Die Handlungen sind frei erfunden. Jede Namensgleichheit ist rein zufällig.
Vor jeder Abenteuergeschichte beschreibt der Autor den Ort des Geschehens in der Gegenwart. So, wie er jetzt aussieht, damit sich der Leser ein besseres Bild von der wunderschönen Eifel machen kann.
Es ist schön, in dieser technisch hochentwickelten Welt, noch einmal in alte Zeiten zurückzuschauen, sich in Träumen und Wünschen hängenzulassen.
Der Autor ist als Maler unter dem Pseudonym L. H. Thysen (Lindhorst Hentrich – Thysen) international bekannt. 42 Jahre führte er in Neuwied am Rhein erfolgreich seine eigene Kunst-Galerie, bis er mit 70 Jahren mit seiner lieben Frau Katja in Mayen in den Ruhestand ging. Malen und Schreiben erfüllt jetzt sein Leben.
Die Titelseite, so, wie auch die 54 farbigen Bilder in diesem Buch, hat der Autor natürlich selbst entworfen und gemalt.
Benn von Eifeldorf
Eifeldorf
Benn wohnt vorrübergehend bei seiner Tante Anna in Eifeldorf. Dieses schon 900 Jahre alte Dorf liegt in der schönen Eifel auf einem Hügel in waldreicher Gegend.
Vorrübergehend, weil Knuffi in Eifeldorf ein Haus gekauft hat. Bis der Umbau des Hauses fertig ist und die Renovierungsarbeiten abgeschlossen sind, bleibt der Junge bei seiner Tante Anna. So wurde es beschlossen. Benn ist erst 10 Jahre alt und er sei bei den Arbeiten nur im Wege. Und Knuffi muss es wissen, denn der ist lebenslang Lehrer in der „Alten Stadt“ gewesen.
Mia hat den Jungen mit dem weißen Auto zur Tante gefahren. Tante Anna ist bei der Begrüßung vor Freude fast außer sich. Die Umarmungen und Küsschen waren nicht zu zählen.
Zum Abschied sagte Mia zur Tante Anna: „Der Junge möchte so gerne einen kleinen Hund haben, denn sein Bello ist gestorben, er liegt uns mit diesem Wunsch schon seit Monaten in den Ohren. Nun lass dich von deinem Neffen nicht breitschlagen, indem du ihm einen Hund kaufst. Knuffi möchte keinen Hund in dem neuen Haus haben.“ Die Tante sagt. „Hier im Dorf gibt es so viele Hunde, damit kann sich der Junge ausgiebig beschäftigen.“
Am anderen Tag ist der kleine Benn mit seiner Tan Anna wieder allein.
Die Anna hat einen Kuchen gebacken und für den Jungen neues Spielzeug gekauft, aber Benn ist trotzdem etwas unzufrieden, er möchte raus, er möchte mit anderen Kindern spielen.
Die Tante sagt zu Benn: „Du kennst doch hier noch keine Kinder.“ Benn winkt ab: „Na und, dann lerne ich die Kinder eben kennen!“ Die Tante Anna streicht ihrem Neffen mit der Hand über den Kopf und sagt etwas ironisch, (das ist so ihre Art): „Na gut, Benn, geh du runter und lerne die Kinder kennen.“
Dabei ist sie sich ganz sicher, wenn der Junge wirklich runterginge, dass er sofort wieder hochkommen würde.
Der Junge geht die Treppe runter und schließt die Tür hinter sich. Tante Anna ist baff, sie steht oben an der Treppe und stützt ihre Wange auf ihrer flachen Hand. Dabei grinst sie und schaut auf die Haustür, denn sie weiß genau, dass die Tür gleich wieder aufgehen wird und der Neffe seinen Kopf durch den Türschlitz steckt: „Tante -.“
Aber dem ist nicht so. Tante Anna wartet noch eine Zeit, doch sie grinst nicht mehr. Sie stützt auch ihre Wange nicht mehr in ihrer Hand. Nach längerem Zögern wird sie nachdenklich, öffnet ihren Mund und macht ein langes Gesicht. Sie macht einen erschrockenen Eindruck und fast sich mit der rechten Hand an ihrem Kopf. „O weh, der wird doch nicht“, schreit sie. Eilig rennt die aufgeregte Frau durch die Küche zum Balkon, lehnt sich auf das Holzgeländer und schaut zur Einfahrt runter, nach links und nach rechts. Es ist niemand zu sehen. Sie hält eine Hand an ihren Mund: „O weih!“ Dann fasst die schon ältere Dame sich wieder, lehnt sich zurück und sagt ganz langsam, etwas leiser in höherer Tonlage: „Benn, ich sehe dich“, sie ist sich ganz sicher, dass ihr Neffe unter dem Balkon steht, denn da kann man von oben nicht einsehen.
Die Tante macht große Ohren und reißt die Augen weit auf, sie hält ihr Lachen zurück und wartet. Nach einer Weile verzieht sich ihr höhnisches Lächeln zu einem ängstlichen Gesicht. Aufgeregt, ohne den Mantel anzuziehen, noch in der Kittelschürze, stürmt sie die Treppe hinunter, reißt die Eingangstür auf und schaut sich um. Doch sie sieht keinen Benn. Sie hält eine Hand vor ihren Mund und lispelt leise: „O Gott o Gott“.
Mit den Worten: „Maria, Maria“, läuft sie schreiend zu der gegenüberwohnenden Nachbarin.
Benn geht vergnügt und langsam die Straße entlang. Oben macht die Straße einen Knick, von da aus kann man das Haus der Tante nicht mehr sehen.
Auf der Treppenstufe eines Hauseinganges sitzt ein Junge, der ist ungefähr so alt wie er selbst. Benn bleibt am Eingang stehen, holt seine Hand aus der Hosentasche und zeigt in Hüfthöhe dem Jungen seine flache Hand: „Hei.“ Der fremde Junge schaut auf und sagt etwas schüchtern: „Hei.“ Benn ergreift das Wort und sagt: „Ich bin Benn, hast du auch keinen zum Spielen?“ „Nö, brauche ich nicht, ich gehe mit dem Opa Waldemar zu den Binnere.“ „Ah, ist dein Opa Imker?“ „Nö, man merkt sofort, dass du ne Frümme bist. Mein Opa hat Ziegen, Geißböcke, eben Binnere.“
Über Benns Gesicht zieht ein Lächeln: „Ich mag Ziegen, besonders die Lämmchen. Habt ihr auch Lämmer?“ fragt er. „Du kannst ja mitgehen, ich muss aber erst den Opa Waldemar fragen. Du kannst Hans zu mir sagen“, erwähnt er nebenbei. Da kommt der Opa auch schon aus der Tür. Der Mann streicht dem Jungen übers Haar und sagt: „Du bist der Benn, von der Anna. Ich habe dich gesehen, wie du mit dem schönen weißen Auto gekommen bist. Ich habe auch eben euer Gespräch mit angehört. Natürlich kannst du mitgehen. Weiß denn deine Tante wo du bist?“ Benn nickt mit dem Kopf. „Dann ist alles in Ordnung. Ja, denn auf geht’s“, sagt der Opa.
Er nimmt seinen langen Wanderstab, auch Hans stützt sich auf seinen Stab, da hält der Opa Waldemar inne. „Der Junge hat ja keinen Stab, das geht nicht, ich hol dir auch einen.“
Der Opa verschwindet im Haus. Hans sagt: „Der findet keinen, denn wir haben nur jeder einen Stab. Wenn du willst, kannst du meinen so lange haben, bis zu den Binnere ist es eh nicht so weit.“ Der Opa kommt mit einem Stab in der Hand wieder aus der Tür. „Hier, der ist von der Oma, jetzt können wir.“
Haus in Eifeldorf
kolor. Federzeichnung von Lindhorst
So gehen die drei noch über eine Straße und da beginnt schon der Wanderweg. Links steht der Mischwald und rechts grasen Pferde auf der Wiese.
Benn hüpfte vor Freude neben Hans her. So hatte er sich sein Leben im Urlaub vorgestellt. Die zwei Jungen verstehen sich sofort gut und scheinen sich auch zu mögen, sie laufen schon voraus, so dass der Opa kaum mitkommt.
Nach einem kurzen Marsch sind sie auch schon da. In einem eingezäunten Wiesenstück, auf dem auch ein paar kleine Tannen stehen, springen vergnügt etliche Ziegen umher.
Als die Ziegen die Jungen bemerken, kommen sie sogleich alle an das Eingangsgatter. Der Opa Waldemar öffnet die Tür und die Zicklein springen sofort um die Kinder herum. Benn streichelt die Tiere über den Rücken, er weiß vor Freude kaum welches Tier er zuerst begrüßen soll. Das ändert sich schlagartig, als der Opa mit der Futterbüchse raschelt, da sind die Kinder von den Ziegen sofort abgemeldet.
Der Opa repariert den Zaun und die Jungen sitzen in der Wiese und schauen den Ziegen zu. Es ist ein schöner Nachmittag. Die Sonne scheint warm, es duftet nach Tannen, Wiesen und Blumen.
Ein Ziegenkitz hat sich neben Benn in das Gras gelegt. Der Junge betrachtet das Köpfchen des Tieres und streichelt es über den Rücken. Nebenbei unterhält er sich mit seinem neuen Freund über das Dorf, aus dem er stammt.
Die Zeit vergeht wie im Fluge. Jetzt kommt auch die Oma Grete des Freundes hinzu. Oma Grete ist die Frau vom Opa Waldemar. Die Oma bringt in ihrem Korb Kuchen mit, eine Thermoskanne Kaffee für den Opa und für die Kinder hat sie eine Flasche Kakao mitgebracht.
Die Oma Grete berichtet, dass die Tante Anna voller Aufregung war, sie wusste nicht wo ihr Neffe sei, sie wollte schon die Polizei einschalten und einen Suchtrupp organisieren. Aber sie habe die Tante Anna beruhigt, sie habe ihr gesagt, dass der Opa Waldemar und ihr Enkel den Benn zu den Ziegen mitgenommen haben. Jetzt säße die Tante Anna, mit einem kühlen, nassen Lappen auf der Stirn, im Garten.
Benn schaut ganz traurig und sagt leise: „Die Tante Anna weiß doch wo ich bin, Freunde kennenlernen.“
Der Nachmittag ist sehr schön, die Kinder tollen mit den Ziegen herum, und sie pflücken auf der Wiese einen Blumenstrauß. Benn ist sehr glücklich, hier ist es doch etwas anders als in dem vorigen Dorf.
Der Opa Waldemar drängt zum Gehen und sie machen sich alle auf den Heimweg. Sie bleiben noch einmal bei den Pferden stehen, auch bei den Kühen auf der Weide und an einem Zaun hinter dem Rehe äsen.
Als sie in die Straße der Tante einbiegen, kommt die Anna schon mit offenen Armen gelaufen. Sie war im Gesicht ganz blass und aufgeregt, sie packt den Jungen mit beiden Händen an den Oberarmen und sagt, – nein, sie sagte nichts, sie drückt den Jungen fest an sich und lispelt leise: „Mein Benn, lieber Jung, die Tante war ja so traurig, aber ich bin ja selber schuld.“ Nach dem sich alle Aufregung gelegt hat, geht Tante Anna mit ihrem Neffen wieder nach Hause. Noch im Bett zieht der wunderschöne Tag durch die Gedanken des Jungen, dann schläft er ein.
Am anderen Morgen springt Benn ganz früh aus seinem Bett, es sollte ein schöner Tag werden. Nach dem Kaffee kommt Knuffi auf einen Sprung vorbei. Er holt den Jungen für einen Rundgang durch das Dorf ab. Vergnügt geht Benn an Knuffis Hand durch das Dorf.
Unterhalb des Dorfes kommen sie zu den Stallungen, in dem viele Bullen stehen. Der Bauer und Viehzüchter erklärt dem Jungen was die Stiere so alles fressen und wie viel Stroh sie brauchen und das es vorkäme, dass so manches Kälbchen mit der Nuckelflasche großgezogen werden muss.
Benn streichelt ein Paar Kälbchen über den Rücken. Danach gehen sie etwas tiefer in das Tal. Dort zeigt und erklärt der Bauer seine Biostromanlage, da wird Strom aus landwirtschaftlichen Abfällen hergestellt. Benn bestaunt die gewaltigen Maschinen und auch die großen Traktoren, die auf dem Feldweg stehen. Ja, er darf sogar mit Knuffi und dem Bauern auf einem großen Traktor bis hoch auf den Bauernhof fahren.
Dort können sie die Kornbrennerei besichtigen; große kupferne Kessel, unter denen Feuer brennt. Knuffi probiert sogar einen Schnaps und kauft eine Flasche Korn. Der Junge probiert natürlich auch, aber nur einen Apfelsaft.
Dann geht es wieder runter in das Tal. Dort ist auch eine große Hühnerfarm mit vielen, vielen freilebenden Hühnern. Auf dem Hühnerhof werden sie von Jack, dem großen grauen Hund, begrüßt. Jack schnüffelt an Benn herum, während der kleinere schwarz-weiß gefleckte Hund Lina die Füße des Jungen umkreist. Jetzt ist Benn in seinem Element. Er streichelt mit jeder Hand einen Hund. Es ist schwierig den Jungen von den Hunden zu trennen. Knuffi verspricht, dass er heute noch zwei Hunde kennenlernen wird.
Sie gehen weiter zum Hühnerstall. In einer Halle verpacken etliche Frauen Eier in kleine Pappschachteln. Die Eier kommen auf einem Laufband direkt von den Hühnern bis zum Packtisch. Dort nimmt eine Frau mit einem Ansauggerät gleich zehn Eier auf einmal vom Laufband und legt diese in eine Eierschachtel.
Alte Schule in Eifeldorf
kolor. Federzeichnung von Lindhorst
Als sie in das Dorf zurückgehen, kommen sie an der alten Schule vorbei. Dort bleiben sie eine Weile stehen und lauschen den Proben des bekannten Kirchenchors von Eifeldorf. Benn sagt begeistert: „Den Chor habe ich schon mit der Tante Anna in der St. Bernhard-Kirche gehört.“ Nach ein paar Straßen weiter stoßen sie auf eine Galerie. Es ist ein mit einer hohen Hecke umwachsenes schönes Haus. Knuffi sagt: „Hier wohnt mein Freund, der Maler Lindhorst, hier gehen wir rein. Benn, nichts anfassen.“ Benn nickt mit dem Kopf. Der Junge ist begeistert von den schönen Bildern. Der Maler erklärt dem Kind einige Ölgemälde, auch Aquarelle und Radierungen zeigt er. Vor einem Ölgemälde, auf dem der Kopf eines weißen Pferdes abgebildet ist, bleibt Benn mit glänzenden Augen stehen. Er erkennt sofort, dass es sein Pferd ist. Knuffi steht hinter dem Jungen und sagt: „Ich habe es für dich malen lassen, in der nächsten Woche holen wir es ab, dann kannst du es dir in deinem Zimmer aufhängen.“ Benn lächelt und bedankt sich.
Boos in der Eifel
Bleistiftzeichnung von Lindhorst
Die Nürburg in der Wintereifel
kolor. Federz. Von Lindhorst
Nach dem sich der Junge noch so einige Bilder angeschaut hat, fragte er: „Eine Radierung, wird da mit einem Radiergummi gemalt?“ Der Maler lächelt und geht mit Benn an eine Druckpresse. Dann erklärt er: „Ich bestreiche eine Zinkplatte dünn mit Asphalt. Wenn der Asphalt trocken und fest ist, dann zeichne ich mit einer Nadel ein Bild spiegelverkehrt auf den Asphalt. Die Nadel ritzt durch die schwarze Schicht und legt da das Metall frei. Das ist das Radieren! Die Platte kommt dann in ein Säure Bad und die Säure frisst feine Kerben in das Metall. Dann wird die Platte mit Farbe eingerieben und die Farbe wird wieder abgewischt. In den Vertiefungen bleibt die Farbe haften. Wenn man angefeuchtetes Papier mit dieser Maschine auf die Platte presst, dann ist das fertige Bild auf dem Papier.“
Sie gehen weiter durch das Dorf. Vor einer Tür steht der Hund Bella. Ein großer, schwarzer Neufundländer. Benn geht sofort auf den Hund zu und streichelt ihn über den Kopf. Bella schließt seine Augen, als würde er die Liebkosung besonders genießen. Nun kommt auch die Frau Fuchs aus dem Haus. Eine große freundliche Frau, sie hat einen Dackel auf dem Arm. Sie beugt sich runter und hält ihren Hund zu dem Jungen.
„Anki möchte auch etwas gestreichelt werden“, sagt sie mit sanfter Stimme. Nun streichelt Benn mit der anderen Hand
auch den Dackel Anki.
Im Dorf stehen ein paar schmucke Bruchsteingebäude mit Fachwerk. Zwischen den dunklen Balken sind die Häuschen weiß verputzt. Es ist das Ofenmuseum. Ein Ehepaar hat diese Häuser selbst umgebaut und restauriert. Die alten Öfen haben sie gesammelt und in jahrelanger Arbeit liebevoll selbst hergerichtet und repariert. Jetzt ist das Museum ein Anziehungspunkt für Urlauber und Wanderer. Benn bestaunt die alten Öfen und Herde, er bekommt von einem älteren Mann mit weißem Bart alle Details und Techniken der Öfen erklärt. Auf den Öfen stehen große Töpfe und über dem Herd hängen verschiedene Suppenkellen und große Löffel.
Die Frau des älteren Mannes ist mit ein paar Damen beschäftigt, sie erklärt und zeigt alte Leinentücher und einen Handtuchhaltervorhang. Bei dem Wort „Handtuchhaltervorhang“ schaut Benn plötzlich auf. So ein Wort hat er noch nie gehört, aber die Öfen interessieren ihn mehr und er wendet sich wieder dem älteren Herrn zu.
Nach dem sie das Museum verlassen, gehen sie am Kriegerdenkmal vorbei und kommen zum Reiterhof.
Als Benn die vielen Pferde sieht, hüpft er während dem Gehen vor Freude. Kinder stehen am Gatter und streicheln Fohlen. Ein Reitlehrer lässt ein Pferd an einer langen Leine im Kreis laufen. Ein paar Jugendliche kommen vom Ausritt zurück und führen ihre Pferde am Zaumzeug in den Stall.
Nun kommt ein Mädchen und führt einen Schimmel am Zaumzeug.
Benn erkennt es schon von weitem. Es ist sein Pferd, welches
Kriegerdenkmal und Reiterhof in Eifeldorf
Federz. Von Lindhorst
er einst vom König bekommen hat. Knuffi hat es im Reiterhof untergestellt, von da aus kann der Junge immer ausreiten. Das Wiedersehen mit seinem Pferd war riesig. Er durfte auch sofort aufsitzen und eine Runde über die Wiese drehen.
Am andern Morgen ist es dem Jungen etwas langweilig. Knuffi hat keine Zeit zum Spazierengehen und die Tante hat im Haus zu tun. Er darf mit seinem Pferd noch nicht ohne Begleitung ausreiten. So geht der Junge allein auf die Straße, er kennt ja das Dorf. Er geht zu seinem Freund, aber der ist mit seinen Eltern für ein paar Tage in den Urlaub gefahren. So geht er noch da und dort hin, aber es ist nichts los, er kennt ja schon alles, – und alleine? Er geht wieder zur Tante Anna. Der andere Tag verläuft genauso eintönig und der nächste ebenfalls.
An einem Morgen beschließt er zum Hochscheid zu gehen. Es ist der höchste Punkt außerhalb des Dorfs. Von dort aus kann man weit über die Eifel schauen, bis in den Westerwald, ja bis in den Taunus. Auf der Anhöhe setzt er sich auf eine Bank und schaut sich die Gegend an. Wunderschön, aber nach einer geraumen Zeit wird es ihm auch da langweilig. Benn sitzt nur so da und schaut etwas traurig vor sich hin. Seine Gedanken sind bei seiner Schwester und deren Freundinnen, die das neue Haus helfen zu renovieren.
Plötzlich hört er hinter sich eine leise Stimme. Erschrocken dreht er sich um und sieht eine Frau ganz dicht hinter seiner Bank stehen. Er hatte die Frau nicht kommen gehört. Die junge Frau ist sehr schön, sie hat lange blonde Haare und trägt ein langes rosafarbenes Kleid.
Sie sieht nicht so wie alle anderen Frauen aus, ehr so wie ein Geist, so ein bisschen gläsern, fast durchsichtig. Die Frau geht langsam vor die Bank und setzt sich zu dem Jungen.
Leise und tröstend sagt sie: „Du bist traurig, ich bin eine Fee, ich könnte deinen Kummer vertreiben, ich kann dir einen Wunsch erfüllen, damit du wieder fröhlich wirst.“ Der Junge schaut die Fee lächelnd an und sagte: „Hier ist es schön, aber wenn hier noch viele hohe Berge wären.“
Die Fee schaut den Jungen an, senkt ihren Kopf und sagt tröstend: „Wenn dich das glücklich macht?“ Mit dem letzten Wort löst sich die Fee in Nichts auf und ist verschwunden.
„Hui, wenn ich das der Tante erzähle“, denkt Benn. Er schaut in die Ferne und ist erschrocken. Dicht vor ihm beginnt ein hohes Gebirge. Felswände auf dem hin und wieder Tannen stehen. Er sieht Gamsböcke mit Geweihen, die über die Felsen klettern.
Benn macht sich sofort auf den Weg zur Tante. Unterwegs sieht er ein großes Sägewerk, in dem viele Männer arbeiten. Auch stehen am Wegesrand so etliche flache Häuser mit dicken Steinen auf dem Dach, die hat der Junge vorher noch nicht bemerkt.
Benn bleibt nicht stehen, er hat es eilig. „Tante, Tante, siehst du die Berge!“ schreit er. Die Tante schaut den Neffen regungslos an, hält den Kopf etwas schief und macht große Augen: „Benn, ich lebe hier, die Berge sind schon immer da“, sagt sie bedächtig.
Ofenmuseum in Eifeldorf
Aquarell von Lindhorst
Benn macht große Augen, er lässt seine Schultern und Arme hängen und sackt in sich etwas zusammen. „Tante Anna“, stöhnt er nur. Die Tante streicht dem Neffen übers Haar und sagte: „Du warst zu lange in der Sonne.“
Als der Junge am Tisch sitzt und zu Mittag isst, kann er durch das große Fenster schauen. Er kann aber nicht mehr so weit in die Ferne sehen, nicht über Wiesen und Wälder, bis über die Mosel, nein, er sieht ein gewaltiges Gebirge.
Benn hält eine Hand vor seine Augen und linst durch zwei Finger durch, die er langsam auseinander spreizt. „Berge“, sagt er leise.
Die Tante hat alles heimlich beobachtet und schon mal mit dem Doktor telefoniert, der auch am Abend in das Haus kommt. Der ältere Herr tröstet die Tante und meint, dass alles nicht so schlimm sei, morgen sei es bestimmt alles vergessen. An diesem Abend versucht Benn ganz schnell einzuschlafen, er wollte diesen Tag lieber vergessen.
Am anderen Morgen steht Benn schon etwas früher aus seinem Bett auf, er schleicht durch das Wohnzimmer und schaut durch das große Fenster: „Immer noch Berge“, haucht er. Auf Zehenspitzen geht er zurück in sein Bett. Er bemerkt aber nicht, dass die Tante im Nachthemd im Wohnzimmer steht und ihn beobachtet.
Am Kaffeetisch fragt die Tante: „Na, Benn, wie hast du denn geschlafen?“ „Nicht gut, ich bin öfter aufgewacht.“ Sie fragt weiter: „Bist du denn am Morgen schon einmal aufgestanden, war es dir schlecht?“ „Ach Tante, ich möchte nicht darüber sprechen.“ Anna nickt nachdenklich mit dem Kopf.
Benn geht die Straße hoch und trifft seinen Freund Hans, der sitzt wieder in der Haustür auf der Treppe. „Hei!“ „Hei!“ „Gehst du mit deinem Opa wieder zu den Ziegen, kann ich mitkommen?“ „Ziegen? Mein Opa ist Jäger, der schießt Gämse, das sind keine Ziegen.“
Dem Benn wird es ganz heiß im Kopf, er schaltete sofort um und sagte: „Ach ja, ich habe mich nur versprochen, ich weiß doch, dass dein Opa Jäger ist.“
Da kommt auch schon der Opa Waldemar und sagt: „Natürlich kannst du mitkommen, aber ich muss vorher der Anna Bescheid sagen, damit sie genau weiß wo du bist.“
Auf geht’s, die Straße runter. Tante Anna steht am Fenster. Der Opa Waldemar zeigte mit der Hand zu Benn, die Tante nickt. Der Opa schulterte sein Gewehr und die Jungen gehen schweigend vor ihm her.
Hinter dem Hochscheid geht es bergauf, steil bergauf. Benn japst nach Luft, man merkt, dass er im Bergsteigen ungeübt ist, denn Hans nimmt die Anstrengung leicht hin, der hat ja auch Erfahrung und Routine im Klettern.
Nach einem langen Aufmarsch machen sie an einer Berghütte Halt. Dort essen sie erst einmal ein Brot, danach beginnt der Opa an einer Futterkrippe zu bauen. Die Kinder stapeln für den Winter Brennholz unter das Vordach der Hütte. Nun holt der Opa seinen Rucksack und es gibt wieder Vesper, jeder bekommt ein dickes Butterbrot. Sie setzten sich alle auf eine Bank, die vor der Berghütte steht und schauen auf die Häuser des Dorfes runter.
Das Dorf liegt im Tal, wie in einem Loch, von hohen Bergen umgeben. Benn denkt so für sich: „Das Dorf sieht mit kleinen Veränderungen genauso aus wie ich es kenne, ich sage aber nichts, sonst meinen die ich sei krank.“
In der Nähe der Hütte findet Benn einen wunderschönen blauen Stein. Der Stein hat die Form eines Hühnereies. „Den nehme ich für meine Schwester mit“, sagt er leise vor sich hin. Erst gegen Abend beginnt der Abstieg. Der Opa hat nichts geschossen, denn es ist noch Schonzeit. Auf dem Weg fragt Opa Waldemar: „Benn, du bist so ruhig, du sprichst kaum ein Wort, hat es dir nicht gefallen?“ „Doch, doch, ich bin nur, nur ein wenig nachdenklich.“
Zu Hause verstaut der Junge den blauen Stein in seinen kleinen Rucksack, den er von der Hütte mitgebracht hat. Am Abend, als Benn in seinem Bett liegt, macht er sich so seine Gedanken. „Das Dorf liegt jetzt von Bergen umgeben, wie in einem Loch. Alle sagen, die Berge wären schon immer hier, auch seine Schwester sagte das, komisch. Sonst ist es schön hier, – aber schöner?“
Die nächsten Tage vergehen mit Klettern und Anstrengungen, so ähnlich wie am ersten Tag. Benn macht sich große Sorgen, er glaubt mit den Bergen etwas falsch gemacht zu haben. Er geht allein zum Hochscheid, in der Hoffnung, die Fee wieder zu sehen. Er setzt sich auf die Bank und wartet.
Er wartet und wartet, dann überzieht ihn eine Müdigkeit und er schläft ein. Leise wird er im Traum von einer sanften Stimme geweckt. Die Fee spricht zu ihm: „Benn, du siehst so traurig aus, bist du unzufrieden?“ „Ach, liebe Fee, unser Dorf liegt von den Bergen so eingeklemmt, Knuffi wollte mit mir immer schon ans Meer fahren, kannst du, wenn ich noch einen Wunsch äußern darf, nicht an einer Seite des Dorfes das Meer hinlegen?“
Die Fee schaut den Jungen schweigend an und löst sich wieder wie in ein Nichts auf, so, wie das erste Mal.
Benn wird jetzt ganz wach, aber er hat Angst die Augen aufzumachen. Er hält eine Hand vor seine Augen und linst einwenig durch die Finger durch. Berge, nichts als Berge sieht er. Mit gesenktem Kopf geht er enttäuscht nach Hause.
Als er den Hochscheid verlässt schaut er über das Dorf. Ein Lächeln zieht über sein Gesicht. Hinter dem Dorf liegt das weite Meer.
Benn läuft eilig zur Unterjass und biegt in die „Im Borntal-Straße“ ein. Dort setzt er sich auf einen Stein, lässt seine Füße ins kühle Nass hängen und betrachtet die Silhouette des Dorfes, welche ganz vom Wasser umspült ist. Das Evgestal ist verschwunden, ganz mit Wasser gefüllt, „Wunderbar“, haucht er vor sich hin. An das gegenüberliegende Ufer ankern Fischerboote, die leicht auf kleinen Wellen tanzen. Fischernetze hängen an Pfählen zum Trocknen. Auf einem Steg, der weit ins Wasser reicht, stehen Leute mit ihren Ruten und angeln nach Fischen. Etwas rechts, an der Spitze des Dorfes, spielen lärmende Kinder im flachen Wasser. Dahinter sieht er das weite Meer, auf dem etliche große Schiffe fahren.
Benn hält seinen Kopf etwas schräg zur Schulter und seufzt:
Eifeldorf am Meer vor dem Gebirge
Aquarell von Lindhorst
„Wunderschön“. Nach ein paar sinnlichen Minuten steht er auf und läuft schnell zu seiner Tante Anna, um ihr zu berichten. Er läuft an etlichen Fischerhütten vorbei, die er vorher noch nicht bemerkt hat. Er trifft auch ein paar Kinder, die ein Paddelboot auf einer Karre mit zwei Rädern vor sich herschieben, aber er bleibt nicht stehen, er läuft so schnell er laufen kann.
Tante Anna und die Nachbarin Maria stehen vor der Tür. „Tante, Tante“, schreit der Junge ganz außer Atem. Tante Anna ganz erschrocken: „Was ist denn Junge?“ – Als Benn so vor seiner Tante steht, bekommt er kein Wort aus seinem Mund heraus.
Benn schaut seiner Tante ins Gesicht und überlegt. Er denkt an den Tag, als er von den Bergen berichtete.
Vorsorglich sagt er erst einmal: „Ich habe meine Füße im Wasser gehabt.“ – Die Tante richtete sich wieder auf, wirft einen Blick nach oben und sagt laut: „Allmächtiger Gott, ich dachte schon es wäre etwas passiert, – er war mit den Füßen im Wasser, das ist aber was Umwerfendes. Er hat seine Füße im Wasser gehabt. Ne Frümme. Hier können sogar alle Kinder schwimmen. Wer am Wasser groß wird, der kann das eben!“ Schweigend nickt Benn mit dem Kopf und seine Gedanken rasen durch seinen ganzen Körper.
Er geht schweigend hoch in das Wohnzimmer und schaut durch das große Fenster. Er spricht kein Wort, er betrachtete über ein paar Häuser, wo vorher Berge und davor Wälder und Wiesen zu sehen waren, das weite Meer, auf dem gerade ein großes Schiff vorüber fährt. So sitzt der Junge noch bis zum Abend, ohne ein Wort zu sprechen.
Bevor Benn zu Bett geht wird er noch von der Tante tröstend gedrückt: „Du brauchst doch nicht traurig sein, das Wort Frümme ist doch keine Beleidigung. Frümme besagt doch nur, dass du hier noch fremd bist und noch nicht alles kennst!“
Im Bett kommt der Junge kaum zu Ruhe. Was sollte er auch der Tante sagen. Die würde vielleicht wieder den Onkel Doktor anrufen. Benn freut sich auf das Meer, nur traurig ist er, dass er mit niemanden darüber sprechen kann.
Am andern Morgen geht Benn zu seinem Freund Hans. „Hei!“ „Hei!“ „Gehst du wieder mit deinem Opa?“ - Das Wort jagen bleibt ihm im Hals stecken, oder muss er jetzt fischen sagen? Er war sich nicht sicher. „Der Opa ist doch auf der Fähre, der kommt erst um vier zurück. Wir können ja Angeln gehen“, sagt Hans.
Der Freund geht in das Haus und kommt mit zwei Angelruten zurück. Noch einen Eimer und einen Kescher, dann gehen die zwei Freunde zur Underjass, da stehen die besten Fische.
Auf einem lang in den Hafen ausgelegten Anlegesteg machen sie es sich bequem. Hans erklärt seinem Freund, wie er den Wurm am Haken befestigen muss und stellt ihm den Schwimmer an seiner Rute ein.
Nach einigen Stunden waren sechs Fische im Eimer. Benn hat eine Freude, wie schon seit langem nicht mehr. Erst nach mehrfachem Drängen von Hans war Benn bereit mit nach Hause zu gehen, denn die Fische waren zum Mittag bestimmt. Die Tante putzt die drei Fische und kocht ein vortreffliches Mittagessen. Benn ist sehr stolz, er hatte die Fische gefangen und noch eine große rosarote Muschel am Ufer gefunden. Die Muschel verstaut er in seinen Rucksack, die hat er für seine Schwester bestimmt.
Den Nachmittag verbringt der Junge bei einem Nachbarn, er hilft ihm die Netze flicken. Als Lohn bekommt er am Abend eine Flasche mit einem Segelschiff darin. Im Bett denkt er über diesen Tag nach, es war ein schöner Tag.
Am anderen Morgen sitzt Knuffi schon am Kaffeetisch. Er will sich verabschieden, denn er ist Seemann und sticht wieder in See. Benn geht nach dem Kaffee zu seinem Freund, aber der ist nicht da, der ist bei seinem Vater, welcher mit dem Fischerboot für drei Tage ausgelaufen ist.
Allein geht er an das Meer und wirft ein paar Steine ins Wasser. Dann geht er durch das Dorf und bleibt bei einer Fischräucherei stehen. Er schaut zu wie ein kräftiger Mann, der stark nach Qualm riecht, Buchenholzspäne in einen großen Eisenschrank streut. Nach dem er den Schrank mit Holzstangen, an denen gesalzene Fische hängen, gefüllt hat und die Späne angezündet hat, schließt er den Schrank. Blauer Qualm quillt aus dem Ofenrohr, welches oben aus dem Schrank ragt.
Dann der Junge weiter und schaut bei dem Bau eines Holzbootes zu. So vergeht der Tag, überall ist etwas zu sehen.
Am Abend erzählt er der Tante seine Erfahrungen, was er alles gesehen hat. So, oder so ähnlich vergehen auch die nächsten Tage.
Der kleine Benn macht sich so seine Gedanken. Knuffi hatte davon gesprochen, dass er mit ihm Burgen und Städte besuchen wolle. Der Seemann Knuffi weiß davon scheinbar nichts.
Langsam geht der Junge zum Hochscheid und setzt sich wieder auf die Bank. Je länger er dasitzt und über alles nachdenkt, je trauriger wird er.
Viele Kinder spielten nicht mehr mit ihm. Ihre Eltern haben es ihnen verboten. Benn würde so wunderliche Äußerungen machen, er würde wirres Zeugs reden. Dabei ist ihm nur ganz selten aus Versehen ein Satz rausgerutscht, wie: „Unter dem Wasser würde ein Dorf liegen“, oder ähnliches. Tränen laufen dem Jungen über die Wangen, er hat Schuldgefühle, er glaubt mit seinen Wünschen etwas falsch gemacht zu haben.
Wie sehr wünscht er sich, die Fee würde noch einmal vorbeikommen. Er hat seine Hände an seinem Gesicht gedrückt und ist laut am Weinen und Schluchzen. Da berührt ihn eine sanfte Hand.- Die Fee fragte: „Warum weinst du, ich habe deine Wünsche doch alle erfüllt.“ „Ach, liebe Fee, bitte, bitte, mach es wieder so wie es schon immer war, so, wie das Dorf geschaffen und gewachsen ist, so war es schon richtig“. Die Fee setzte sich zu dem Jungen auf die Bank und drückt ihn tröstend fest an sich. Benn spürt an seinem Körper, wie sich die junge schöne Frau auflöst und im Nichts verschwindet.
Als er seine Augen öffnet, kann er wieder weit über Wiesen und Felder in die Ferne schauen. Er sieht wieder den Sportplatz und die Schützenhalle. Ein Lächeln zieht über seine noch verweinten Augen, aus denen noch immer dicke Tränen quellen.
Er braucht noch einen Moment um wieder zu sich zu kommen, dann geht er eilig nach Hause, zu seiner Tante Anna.
Die Tante sieht sofort, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmt, dass er geweint hat, aber sie lässt sich nichts anmerken. Benn testet seine Tante: „Tante Anna, was hältst du vom Meer und von den Bergen?“ „Ach Junge, bis zum Meer und zu den Bergen ist es zu weit, da können wir nicht hinfahren, dahin musst du mit deinen Freunden reisen, im Urlaub vielleicht.“ Benn nickt mit dem Kopf. Jetzt ist er erst richtig glücklich, die Fee hat die Zeit zurück gedreht, auch in den Köpfen der anderen Menschen; niemand kann sich noch daran erinnern, dass hier Berge standen, oder gar das Meer lag.
Schöndorfental
Am andern Morgen kommt Knuffi, er holt den Jungen ab, sie wollen nach Schöndorfental fahren. Bis dahin sind es nur ein paar Kilometer. Ein im Tal liegender wunderschöner Ort durch dem die Elz fließt. Die Elz ist ein so acht bis zehn Meter breiter Bach.
Benn bestaunt die schönen, gepflegten Fachwerkhäuser. Alles Fachwerk in Englischrot gestrichen und in weißem Putz gehalten. Die Häuser stehen zum Teil bis an den Bach.
Knuffi erklärt, dass dieser Ort schon öfter bei dem Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ gewonnen hat und viele Touristen diesen Ort besuchen. Der Bach teilt den Ort in zwei Hälften, die aber durch Brücken aus Basaltstein wieder verbunden sind.
Am Rande des Ortes ragen auf einer Anhöhe zwei alte Burgen empor. Die etwas kleinere Burg liegt etwas tiefer, sie ist die schönere Burg und die etwas höher gelegene ist dafür größer.
Schöndorfental
Ölgemälde von Lindhorst
Die stattliche Kirche steht auf der linken Seite des Baches und ist direkt am Wasser errichtet.
Wenn man über die Brücke geht, steht auf der linken Seite in der Mitte auf einer steinernen Säule ein buntbemaltes Kruzifix. Am Fuße der Säule sitzen vier steinerne Löwen. Der Heilige Nepomuk steht mannsgroß aus Stein gehauen, gegenüber, auf der rechten Seite.
Von der Brücke aus kann man nach links und auch rechts, in einiger Entfernung, je eine etwas kleinere Brücke aus Bruchstein sehen. Hinter der Brücke steht auf der linken Seite ein gewaltiges weißes Gebäude, auch in Fachwerk, das Rathaus.
Brücke in Schöndorfental
kolor. Federzeichnung von Lindhorst
Vor dem Rathaus steht ein dicker, alter Pfahl, an dem verrostete Ketten hängen. An den Kettenenden sind ein tellergroßer Eisenreifen und zwei Handschellen angenietet. Knuffi zeigt mit der Hand zu dem Pfahl und sagt: „Das ist der Schandpfahl. Leute, die etwas verbrochen haben, oder sonst etwas ausgefressen haben, denen wurde früher dieser Eisenreifen um den Hals gelegt, und sie mussten zu ihrer Schande hier am Pfahl stehen.“ Benn geht ein paar Schritte vor und schaut ängstlich auf die verrosteten Ketten mit dem daran hängenden Eisenreif.
Knuffi drängt weiter zu gehen, an dem Pfahl wäre doch nicht so viel zu sehen. Benn scheint aber anderer Meinung zu sein, er kann sich von dem Pfahl schlecht losreißen. Noch im Weitergehen dreht er sich immer wieder um, als hätte er etwas verpasst zu sehen.
Knuffi führt den Jungen an das Café „Rotes Sofa“ vorbei. „Da gehen wir nachher rein“, sagt Knuffi im Vorbeigehen.
Oben, an der Hauptstraße, in einem wunderschönen
Schöndorfental
kolor. Federzeichnung von Lindhorst
Fachwerkhaus, ist an der linken Ecke eine Bäckerei und Café. Auch etliche gepflegte Gasthäuser sind zu sehen.
An der Töpferei vorbei, biegen die zwei rechts ab und gehen zum Alten Bahnhof. „Das war früher der Bahnhof und das Stellwerk der Bahnanlage. Jetzt fährt hier nur noch ein Triebwagen der Bundesbahn. Der Bahnhof ist zu einem guten Speiselokal umfunktioniert, in dem man auch einen guten Wein trinken kann“, sagt Knuffi. Benn bestaunt das Stellwerk, die schwarzen Hebel im „Alten Bahnhof“.
Dann gehen sie aber wieder zurück zum Café „Rotes Sofa“. Über eine alte, ausgetretene Stufe gehen sie durch eine mit Butzenscheiben, schiefhängende, quietschende alte Tür. Beim Öffnen der Tür bewegt sich eine oben hängende Bimmel. Einige Gäste schauen sofort auf die Tür. Rechts am Eingang steht ein altes Klavier mit Blumen darauf. In dem kleinen Raum stehen etliche alte Stützbalken, die mit Wurmlöchern durchsetzt sind. Auf den Querbalken stehen alte Kaffeemühlen, viele, viele Mühlen in allen Größen. In der Ecke sieht man ein altes, rotes, hohes Kanapee hinter einen runden Tisch mit verzierten Beinen stehen. Auch uraltes Kaffeegeschirr ist in allen Ecken zu sehen. Ein altes Grammophon, mit Messingtrichter, leiert ein Lied aus den zwanziger Jahren ab. Knuffi zeigt mit der Hand zu einem kleinen Tisch, an dem zwei geschnitzte Stühle stehen, dort nehmen die zwei Platz.
Eine hübsche junge Frau im langen, geblümten Kleid mit Rüschen und Bändchen an den Ärmeln, kommt sogleich und Knuffi bestellt einen Kaffee und einen Tee mit Obstkuchen.
Nach dem Benn den Kuchen aufgemampft und Knuffi sich noch einen Cognac bestellt hat, fragt Benn: „Kann ich schon rausgehen, ich warte dann an der Brücke.“
„Aber nicht zu dicht an das Wasser gehen“, ermahnt Knuffi. Benn nickt und an der Tür bimmelt er noch einige Male. Knuffi schaut zu Benn und zieht die Stirn kraus. Benn hört auf zu bimmeln und läuft zu dem alten Pfahl, auf dem jetzt ein dicker Rabe sitzt.
Benn schaut auf den Raben und hält seinen Kopf schief. „Na, du dummer Vogel“, sagt Benn spitzbübisch.
„Dummer Vogel“, wiederholt der verärgerte Rabe.“ Dein Onkelchen da ist dumm, denn ich sitze hier nicht auf einem Schandpfahl, sondern auf einem Pranger. Es ist schon richtig, dass hier die Missetäter mit einem Eisenreif um den Hals stehen mussten, aber auch unschuldige Leute haben hier gebüßt.
Plötzlich erscheint an dem Pfahl die Fee im rosa Kleid, aber nur ganz kurz, dann verschwindet sie sofort wieder.