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"Bertil – frei Schnauze" ist eine lustige Geschichte, in der die Erlebnisse eines jungen Hundes erzählt werden, der in eine liebende Familie aufgenommen wird und die Welt der Menschen kennenlernt. Was er darüber denkt, wird ihm von der Autorin in den Mund gelegt und in imaginäre kleine Briefe verpackt, die er an seine "Mama im Himmel" verfasst ... Aus Sicht des Hundes erscheinen viele Dinge, die die Menschen tun, sehr seltsam. Er stellt sich Fragen wie: Warum gucken die Menschen eher in ein Hundeverstehbuch, anstatt einfach auf ihre Hunde? Ist es wirklich sinnvoll immer bei der Erziehung mitzumachen? Und: Darf man Puh-bah-tät behalten? Auf kindlich-fröhliche Weise berichtet er unbeschwert - und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen - über seine Erlebnisse.
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Seitenzahl: 128
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Bertil – frei Schnauze
Johanna Hirt
Ebook: ISBN 978-3-946723-67-7
Druckversion: ISBN 978-3-946723-66-0
Gestaltung: Elke Mehler, www.querwerker.de
Lektorat und Korrektorat: Gisela Polnik
Zeichnungen: Johanna Hirt
Verlag: Begegnungen, Schmitten
www.verlagbegegnungen.de
Copyright 2021
1. Auflage
Alle Rechte vorbehalten
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bertil - frei Schnauze
von
Johanna Hirt
Für Paul
„Man hat nicht ein Herz für Menschen und eines für Tiere. Man hat ein einziges Herz oder gar keins.“
Alphonse de Lamartine
„Eine der blamabelsten Angelegenheiten der menschlichen Entwicklung ist es, dass das Wort „Tierschutz“ überhaupt geschaffen werden musste.“
Prof. Theodor Heuss, erster Präsident der Bundesrepublik Deutschland
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Alles begann …
Danke
Nachdem „Ein Leben für Merlin“ sehr viele Menschen bewegt hat, wurde ich immer wieder gefragt, ob es denn eine Fortsetzung gäbe. Ich wollte gern ein weiteres Buch schreiben, diesmal aber mit lustigen Anekdoten. Mit Merlin erleben wir natürlich neue Geschichten und neue Entwicklungen. Und immer wieder habe ich diese Geschichten aufgeschrieben, diese und auch viele andere, die ich mit anderen Hunden erlebt habe oder die mir von Freunden und Bekannten erzählt wurden. So entstand im Laufe der Zeit eine ganze Sammlung.
Als nun für Foteini, eine griechische Tierschützerin, eine neue Internetseite erstellt wurde, wollte ich gern etwas dazu beitragen, um ihre Arbeit zu unterstützen. Und so kam die Idee, einige der von mir gesammelten Geschichten in ein Buch einfließen zu lassen, welches von einem Hund aus Griechenland handeln sollte. Das Ergebnis halten Sie nun in den Händen.
„Bertil – frei Schnauze“ ist eine lustige Geschichte und erzählt die Erlebnisse eines jungen Hundes, der in eine liebende Familie aufgenommen wird und die Welt der Menschen kennenlernt. Was er darüber denkt, habe ich ihm in den Mund gelegt und in imaginäre kleine Briefe verpackt, die er an seine „Mama im Himmel“ verfasst ...
Ich bin dabei so manches Mal darüber gestolpert, wie merkwürdig und auch lebensfremd unser menschliches Verhalten doch manchmal ist. Und ich konnte mir nicht verkneifen, uns Menschen, ganz nebenbei, ein bisschen auf die Schippe zu nehmen. Ein wenig hündischer die Welt zu sehen, würde unser Leben sicher bereichern.
Ich hoffe, dass Sie, liebe Leser/innen, genauso viel Spaß beim Lesen haben, wie ich beim Schreiben hatte! Und vielleicht kommen Sie genauso ins Grübeln wie ich, wenn Bertil uns mal wieder einen Spiegel vorhält.
… an einem sonnigen Sommertag am Rande einer kleinen Stadt in einem Land, das Griechenland heißt. Ich kann mich natürlich nicht mehr ganz genau daran erinnern. Aber ich habe die Geschichte schon so oft gehört, dass es mir vorkommt, als wären all die Erlebnisse noch ganz genau in meinem Gedächtnis. Und irgendwie ist es ja auch so. An diesem Sommertag war ich noch ein klitzekleiner Welpe und lebte mit meiner Mama auf der Straße. Eigentlich hatte Mama einmal ein Zuhause gehabt. Irgendwo in den tiefen Winkeln der Stadt. Aber als ihre Menschen merkten, dass sie schwanger war, setzte ihr Besitzer sie in sein Auto, fuhr hinaus in die weite Landschaft und warf sie aus dem Fenster des Wagens. Mama hat sich dabei an einer Pfote verletzt und konnte danach nur noch schwer gehen. Trotzdem versuchte sie irgendwo etwas zum Essen zu finden und schleppte sich mühsam zu einem Ort, der Parkplatz heißt und an dem eine Mülltonne stand. Mama ist ziemlich schlau gewesen und sie merkte schnell, dass immer wieder Leute zu diesem Parkplatz kamen und dort Reste ihrer Mahlzeiten liegen ließen oder in die Tonne warfen.
Deshalb verkroch sie sich in der Nähe unter einem kleinen Felsvorsprung hinter einem Gebüsch und lief jeden Tag mühsam zum Parkplatz, um ihren Magen zu füllen. Dort unter dem Felsen wurde ich auch geboren. Meine Mama hat sich immer liebevoll um mich gekümmert, ich war ihr einziges Kind. Doch ihre verletzte Pfote wurde immer dicker und fing an, ganz scheußlich zu riechen, und Mama wurde immer schwächer. Dazu muss ich vielleicht auch erwähnen, dass Mama schon alt war, sehr alt sogar, und eigentlich wäre es besser gewesen, wenn sie keine Kinder mehr bekommen hätte. Aber ich bin trotzdem ganz froh, dass es mich gibt!
Als ich ungefähr sieben Wochen alt war, machten wir uns auf den Weg. Mama war inzwischen ganz dünn, überall konnte man die Rippen sehen. Mir meine Milch zu geben, hat sie viel Kraft gekostet und dazu musste sie auch immer noch jeden Tag zum Parkplatz laufen, um selbst etwas essen zu können. Und das mit all den Schmerzen. Aber sie hat sich nie beklagt. Langsam trotteten wir durch trockene Wiesen und über staubige Wege. Immer wieder mussten wir uns ausruhen – Mama, weil sie so krank, und ich, weil ich noch so klein war. Doch nach ein paar Tagen kamen wir zu einem Zaun, hinter dem ein Haus stand, und wir hörten, dass dort viele Hunde wohnten. Mama und ich legten uns in die Nähe unter einen Busch und Mama beobachtete eine Weile, was dort vor sich ging. Und nachdem sie sicher war, dass dort gute Menschen wohnten, die Hunden helfen, und uns von dort keinerlei Gefahr drohte, stupste sie mich an und sagte mir damit, dass ich ihr folgen sollte. Langsam krochen wir zu dem großen Tor.
Wir saßen noch nicht lange dort, als eine Frau herauskam und uns fand. Ich hatte ein wenig Angst, denn ich hatte zuvor noch nie einen Menschen gesehen, aber Mama schien das in Ordnung zu finden. Sie hob den Kopf und sagte mir, dass ich mit der Frau gehen solle. Ich könne ihr vertrauen, sie würde mir helfen. Und Mama sagte noch etwas anderes zu mir: Jetzt sei meine Zeit gekommen. Sie selbst würde bald woanders hingehen, aber ich solle nicht traurig sein. Dort wo sie hingehen würde, könne ich nicht mitgehen, jedenfalls jetzt nicht. Ich solle trotzdem fröhlich sein. Und – auch wenn ich sie nicht mehr sehen könnte, würde sie immer da sein und immer auf mich aufpassen und mich lieben. Das dürfte ich niemals vergessen. Ich aber verstand das alles erst einmal nicht.
Es war das letzte Mal, dass Mama etwas zu mir sagte. Sie leckte mit ihrer sanften Zunge noch einmal über mein kuscheliges Fell und lächelte mich an. Danach brach sie zusammen. Obwohl die Frau und noch andere Menschen sich die ganze Nacht um Mama kümmerten und ihr Sachen gaben, die sie wieder gesund machen sollten, ist Mama nie wieder aufgewacht. Zumindest nicht mehr bei uns. Die Menschen haben mir gesagt, dass sie jetzt im Himmel ist.
Die Leute, die versucht hatten, Mama zu helfen, haben sich auch um mich gekümmert. Ich bekam etwas zu essen und zu trinken und in dieser Nacht durfte ich bei der Frau, die uns gefunden hat, im Bett schlafen. Die Frau weinte immer wieder ganz viel und drückte mich ganz fest an sich und wir beide waren sehr traurig.
Verwirrungen
Liebe Mama im Himmel,
wo bist du? Die freundliche Frau, zu der du mich gebracht hast, hat mir erzählt, dass du jetzt im Himmel wohnst. Sie hat geweint, als sie das gesagt hat, ihre Worte klangen so, als sei es schwierig, sie auszusprechen, und sie hat mich ganz fest an sich gedrückt, sodass ich ihr Herz hören konnte. So wie ich deins immer gehört habe. Ich weiß nicht genau, was das bedeutet im Himmel, aber es macht mich traurig. Ich habe begriffen, dass du wohl nicht mehr bei mir sein kannst, ich dich nicht mehr sehen und riechen, mich nicht mehr in dein schönes Fell kuscheln kann. Aber ich kann dich noch spüren. Nicht mehr so, wie sonst. Es geht nicht mehr, dass ich deinen Körper berühre, weil der weg ist, aber ich fühle dich um mich herum. Ich kann es gar nicht beschreiben. Aber ich weiß, dass du da bist und auf mich aufpasst. Wie du es versprochen hast.
Ein paar Wochen blieb ich dort bei dieser Frau. Ich durfte in ihrem Bett schlafen, bekam in einer Schüssel leckeres Essen und die Frau streichelte mich immer wieder – mit ihrer Menschenhand und nicht, wie Mama, mit der Zunge. Doch dann, als eines Tages draußen ein großes Fahrzeug in den Hof gefahren war, nahm sie mich ganz fest in den Arm, weinte wieder ein paar Tränen und steckte mich in eine Kiste. Wie vorher Mama, sagte auch sie mir, dass ich vertrauen sollte, dass alles gut werden würde.
An die nächsten Stunden kann ich mich sehr gut erinnern, denn ich hatte furchtbar viel Angst. Und so lernte ich auch gleich was über Vertrauen – man kann das nicht so einfach. Schon gar nicht, wenn man etwas Trauriges erlebt hat. Um mich rumpelte es, meine Kiste wurde hochgenommen, hingestellt, weitergetragen und ein- und ausgeladen. Um mich herum gab es fremde Geräusche, die ganz laut und scheußlich klangen, und neue Gerüche, die ich nicht kannte. Und irgendwann, als ich schon dachte, es hört nie mehr auf und ich müsste bald zu Mama in den Himmel, wurde plötzlich die Kiste geöffnet.
Und wieder stand eine Frau vor mir. Allerdings eine, die ich nie zuvor gesehen hatte. Sie streckte ihre Hand nach mir aus und sprach ein paar Worte, die ich nicht verstand. Das, was sie sagte, klang auf irgendeine Weise komisch – es war eine ganz andere Melodie in ihren Lauten. Aber es hörte sich freundlich und irgendwie liebevoll an und ganz zaghaft berührte ich die Finger der Frau – mit meiner Zunge –, so wie ich es von Mama kannte. Und schon fing die Frau an zu weinen. Also, wenn auch die Sprache der Menschen hier anders war, das Weinen war genau dasselbe wie zu Hause in Griechenland. Mhm! Warum weinen Menschen denn immer?
Die Frau zog mir ein komisches Ding an, das Geschirr heißt, wie ich mittlerweile weiß. Sie band an dieses Geschirr zwei Leinen und dann gingen wir dort ein wenig auf der Wiese spazieren. Aber irgendwie war die Stimmung komisch. Ich merke sowas. Und es war die gleiche Stimmung wie vor der langen Fahrt in der Kiste – ich fühlte, irgendwas würde noch kommen. Und richtig, ich wurde wieder in eine Kiste gesetzt. Diesmal in eine andere und diesmal wurde die Kiste mit mir drin in ein kleineres Auto geladen und mit einem Gurt festgemacht. Die Frau setzte sich neben mich, sprach mit mir. Und dann gings los: Gebrumme, Gerüttle. Diesmal mit der beruhigenden Stimme der Frau und auch gar nicht so lang.
Gluckenmütter
Liebe Mama im Himmel,
ich weiß jetzt, was du gemeint hast, als du gesagt hast, dass du immer bei mir bist und auf mich aufpasst. Ich bin mir ganz, ganz, ganz sicher, dass DU mich hierhergeschickt hast. Auch wenn mir am Anfang erst einmal alles unheimlich war – so langsam beginne ich das alles zu verstehen. Sogar die komische Sprache der Menschen. Du weißt ja sicher, dass es hier zwei Menschen gibt – die Frau, die immer so schnell weint, und einen Mann. Der weint nicht. Jedenfalls bis jetzt noch nicht. Ich glaube, Männer weinen weniger, Frauen mehr. Aber du hast nie geweint. Und Sally weint auch nicht. Sie wohnt auch hier. Sally sieht dir ein bisschen ähnlich, find ich. Auch wenn ihr Fell etwas kürzer ist. Sie weint, wie gesagt, auch nicht, aber sie ist trotzdem so eine Glucke. Das Wort hat Herrchen –gesagt – also der Mann. Der ist nämlich mein Herrchen und die Frau mein Frauchen. So heißt das hier. Also Herrchen hat gesagt: „Ihr seid vielleicht zwei Gluckenmütter. Verhätschelt doch den Jungen nicht so“, und dabei hat er mich mitleidig angeschaut und mir vertraulich zugezwinkert. Der Junge – damit hat er mich gemeint. Und was Glucken sind, weiß ich jetzt, glaub ich, auch. Glucken sind Leute – also Hundeleute oder Menschenleute oder andere Tierleute –, die immer um einen herumwuseln, ständig besorgt sind und gucken, dass man vor allem sicher ist, alles richtig macht und dass es einem gut geht. Auch wenn es einem durch dieses Glucken manchmal gar nicht so gut geht, weil dieses Glucken einem manchmal ganz furchtbar auf die Nerven geht. Verstehst du, was ich meine? Frauchen und Sally sind immer sehr besorgt um mich. Ständig werde ich geschmust und gestreichelt – von der Frau mit den Händen, von Sally mit der Zunge. Normalerweise finde ich das sehr schön, das Verhätscheltwerden von den Glucken. Bei Sally darf ich im warmen Fell schlafen, so wie bei dir, und bei Frauchen im Bett oder auf dem Sofa. Frauchen und Herrchen haben nur Kopf-Fell. Das heißt, Herrchen hat ein ganz kleines bisschen Brustfell und im Gesicht manchmal ganz kurzes stacheliges Fell. Aber es ist nicht der Rede wert, sehr dünn und deshalb tut Herrchen mir etwas leid. Aber es ist ganz lustig, die kahle Haut zu lecken. Die schmeckt leicht salzig und bei jedem ein bisschen anders. Herrchen lacht dann immer, weil ihn das kitzelt.
Also ich genieße das Verhätscheltwerden meistens. Eine der Frauen ist immer in meiner Nähe. Aber manchmal, da möchte ich einfach mal meine eigenen Wege gehen, ein bisschen das Haus erkunden, die Dinge anschauen und probieren, was man damit machen kann. Zum Beispiel sind da der dicke Teppich, den ich so gerne anknabbere, und die Tischbeine. Da hab ich schon ein kleines Loch reingenagt, also in den Teppich. Aber kaum bin ich damit beschäftigt, da kommt auch schon eine der Glucken angerannt und aus ist der Spaß! Auch die Treppe darf ich nicht gehen, da kommt sofort Frauchen und trägt mich. Sie sagt, das sei nicht gut für mich, dass ich jetzt schon Treppen steige. Warum soll das nicht gut sein – es macht doch sooo Spaß, die Treppen hoch und wieder runter zu hüpfen! Aber neulich, als ich an der Tischdecke gezogen habe und von oben der Teller runtergefallen ist und ganz laut gescheppert hat, da hatte ich doch Angst und war froh, dass mein Gluckenfrauchen gleich da war!
Liebe Mama, ich glaube, du hast das gemacht, dass ich hierhingekommen bin. Wie gut du doch für mich sorgst! Auch wenn du jetzt im Himmel bist, bist du doch meine Mama. Ich habe jetzt also drei Mamas: Hier auf der Erde zwei Ersatz-Mütter. Und dich im Himmel, wo ich dich zwar nicht sehen kann, du aber immer auf mich aufpasst.
Danke Mama! Ich hab dich lieb!
Der Hund braucht einen Namen
Liebe Mama im Himmel,
ich war noch keinen Tag da, da haben Frauchen und Herrchen sehr ernst miteinander geredet. Diskussion heißt das bei den Menschen. Ich hab gleich gemerkt, dass die über mich reden und richtig – es ging darum, dass sie einen Namen für mich gesucht haben. Also Sally heißt Sally, Herrchen heißt Michael und Frauchen Hannah. Und wir alle heißen auch noch Schuster. Wie hast du eigentlich bei den Menschen geheißen?