Bianca Weekend Band 22 - Susan Mallery - E-Book

Bianca Weekend Band 22 E-Book

Susan Mallery

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Beschreibung

AUCH DU BRAUCHST ZÄRTLICHKEIT von SUSAN MALLERY

Wie konnten ihre Freunde ihr nur ein Dinner mit dem Millionär Todd Graham ersteigern? Beth weiß genau, dass ihn Frauen mit Kurven und Kindern kalt lassen. Prompt ist sie so nervös, dass ihr Date ein Desaster wird – aber warum besteht der attraktive Todd trotzdem auf einer Wiederholung?

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Susan Mallery, Joan Elliott Pickart, Christine Rimmer

BIANCA WEEKEND BAND 22

IMPRESSUM

BIANCA WEEKEND erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Neuauflage 2024 in der Reihe BIANCA WEEKEND, Band 22

© 1999 by Susan Mallery, Inc. Originaltitel: „Beth and the Bachelor“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer Deutsche Erstausgabe 2000 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1229

© 2005 by Joan Elliott Pickart Originaltitel: „Home Again“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Ralph Sander Deutsche Erstausgabe 2006 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1548

© 2001 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „The Tycoon’s Instant Daughter“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Patrick Hansen Deutsche Erstausgabe 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BIANCA, Band 1334

Abbildungen: Harlequin Books S. A. / PeopleImages / iStock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2024 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751527590

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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Auch du brauchst Zärtlichkeit

1. KAPITEL

„Was hast du mir gekauft?“, fragte Beth Davis und starrte das Paar, das ihr in ihrem Wohnzimmer gegenübersaß, entsetzt an.

„So furchtbar ist es doch gar nicht“, wandte ihre Freundin Cindy ein. „Ich wusste nicht, dass er es getan hat. Aber wenn ich es mir recht überlege, finde ich es irgendwie nett.“

Beth versuchte zu lachen, doch es klang eher wie ein Aufseufzen. „Nett. Natürlich. So hat er es bestimmt gemeint.“ Sie wandte sich an Mike, Cindys Ehemann. „Was hast du dir bloß dabei gedacht?“

Er grinste. Ihre Bestürzung schien den gut aussehenden Bodyguard nicht im Geringsten zu stören. „Ich wollte dir einen Gefallen tun. Du redest schon lange davon. Also dachte ich mir, dass ich etwas nachhelfe.“

Beth stand auf und trat an die Fenster, die eine ganze Wand einnahmen. Die Panik, die in ihr wuchs, war bei weitem heftiger als der Gewittersturm, der draußen tobte. „Was habe ich dir getan?“

„Bitte nicht, Beth“, versuchte Cindy die Freundin zu beruhigen. „Wenn es wirklich so furchtbar für dich ist, dann musst du es nicht tun.“

„Doch, sie muss“, widersprach Mike. „Hey, es ist für einen guten Zweck.“

Beth wirbelte herum. Auf den Gesichtern ihrer Freunde sah sie Besorgnis und dazu eine beträchtliche Dosis Belustigung. Sie redete sich ein, dass sie es nur gut meinten. Ohne die beiden hätte sie die vergangenen achtzehn Monate nur schwer überstanden. „Aber warum musstest du mir einen Mann kaufen?“

„Ich habe dir nicht einen ganzen Mann gekauft. Nur einen Abend mit ihm. Eine Verabredung. Du wirst bestimmt Spaß haben“, versprach Mike.

Mit einem Stöhnen sank Beth in den nächsten Sessel. „Das ist unmöglich.“

„Nein, ist es nicht. Es ist nur ein Dinner in einem schicken Restaurant. Er holt dich ab, und ihr unterhaltet euch eine Weile bei einem guten Essen. Nichts weiter. Ich bin Todd Graham ein paar Mal begegnet, und er scheint ganz in Ordnung zu sein. Längst nicht so arrogant, wie die Medien ihn darstellen.“

„Todd Graham?“, hakte Beth entsetzt nach. „Der Todd Graham? Der Millionär? Mit ihm hast du mir ein Date gekauft?“

Mike blickte verwirrt drein. „Ist das so schlimm?“

„Nicht im Vergleich zu einem Date mit einem Serienmörder.“

„Ich verstehe das nicht. Was ist denn daran so furchtbar?“

„Ich bin achtunddreißig Jahre alt.“

Er wandte sich an Cindy. „Hat das irgendeine Bedeutung? Geht es um eine Frauensache, die ich nicht begreife?“

Beth sprang auf. „Ich bin eine achtunddreißigjährige Mutter von zwei Kindern. Ich habe Brüste und Hüften.“

„Die meisten Männer wissen es zu schätzen, wenn Frauen diese Dinge haben.“

„Aber Todd Graham will keine Frau. Er will ein zwanzigjähriges Model mit dürrem Körper und ohne Schwangerschaftsstreifen. Ich kann es nicht fassen, dass du so etwas getan hast, Mike.“ Sie deutete mit dem Finger auf Cindy. „Und ich kann es nicht fassen, dass du es zugelassen hast. Was soll ich jetzt bloß tun?“

„Beth, es ist doch nur ein Abend, und noch dazu für einen wohltätigen Zweck“, entgegnete Cindy sanft.

Erneut sank Beth in den Sessel. „Ich weiß, dass ihr euch um mich sorgt und meint, dass ich wieder ausgehen sollte. Vielleicht habt ihr recht. Vielleicht brauche ich Starthilfe. Aber nicht auf diese Art. Auf eine öffentliche Demütigung kann ich verzichten.“

„Dazu wird es nicht kommen“, widersprach Cindy ernst. „Du bist eine sehr attraktive Frau. Er wird dich anbeten.“

„Ich bin eine Frau mittleren Alters. Ich habe zwanzig Pfund zugenommen, seit Darren gestorben ist. Todd Graham und ich haben nichts gemeinsam. Ich will ihn nicht kennenlernen. Ich will nicht mit Teenies verglichen werden, die jünger als meine Tochter aussehen. Außerdem ist er reich. Das hasse ich bei einem Mann.“

Mike stand auf. „Ich gehe lieber. Die Sache entwickelt sich zu einem Frauengespräch, und ihr werdet Dinge sagen, die ich bestimmt nicht hören will.“ Er trat zu Beth und küsste sie auf die Wange. „Ich habe dir dieses Date gekauft, weil ich dachte, dass es dir Spaß machen würde. Wenn du nicht gehen willst, dann respektiere ich das. Aber wenn du einfach nur Angst hast, dann wirst du gehen. Andernfalls repariere ich dir nie wieder einen tropfenden Wasserhahn.“

„Ich habe gelernt, meine Wasserhähne selbst zu reparieren.“

Wortlos zog er die Augenbrauen hoch. „Es ist nicht sehr fair von dir, mir unter die Nase zu reiben, dass ich das letzte Mal versagt habe. Ich möchte dich daran erinnern, dass es nur eine kleine Überschwemmung war.“

Er lächelte Cindy an. „Bis gleich“, verabschiedete er sich und ging.

„Er meint es wirklich gut“, versicherte Cindy. „Er macht sich Sorgen um dich. Wir beide machen uns Sorgen.“

„Ich weiß. Aber ich kann es nicht tun. Ich würde mich lächerlich fühlen. Als ob ich es nötig hätte, mir einen Mann zu kaufen.“

„Für ihn ist es schlimmer. Er ist derjenige, der sich hat kaufen lassen.“

„Ich kann trotzdem nicht.“

„Doch, du kannst. Du hast nur Angst. Nach meiner Scheidung hast du mich monatelang gedrängt, wieder auszugehen. Du hast es getan, um mir zu helfen. Jetzt tue ich dir den Gefallen.“

„Ich hätte meinen Mund halten sollen“, murmelte Beth. „Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen. Es geht mir gut.“

„Du hast selbst gesagt, dass du wieder ausgehen willst.“

„Ich habe gelogen.“

„Du kannst nicht ewig trauern.“

„Doch, ich kann. Mir gefällt es hier zu Hause. Ich habe ein sehr ausgefülltes Leben. Meine Kinder, meine Arbeit, meine Freunde.“

Cindy strich sich das kurze, hellbraune Haar hinter die Ohren. „Du bist einsam. Ich weiß genau, wie du dich fühlst, denn mir ging es nach meiner Scheidung genauso. Wenn du ein anderer Mensch wärest, würde ich dich nicht drängen. Aber du bist eine Frau, die im Grunde ihres Herzens Teil eines Paares sein möchte. Du brauchst das.“

„Nein“, widersprach Beth heftig. „Ich brauche nicht mehr, als ich habe. Ich bin sehr zufrieden.“

Cindy sagte nichts. Es war nicht nötig. Sie waren lange genug befreundet, um sich gegenseitig zu durchschauen.

„Du hast recht“, gab Beth schließlich auf. „Es wird Zeit, dass ich mal wieder ausgehe und tue, was immer die Leute heutzutage bei einem Date tun.“

„Ich glaube nicht, dass sich daran so viel geändert hat.“

„Wie auch immer. Todd Graham ist nicht meine Kragenweite. Ich würde mich den ganzen Abend über furchtbar fühlen. Er würde sich langweilen. Wahrscheinlich würde ich vergessen, wo ich bin, und das Fleisch für ihn klein schneiden.“

Cindy grinste. „Ein netter Versuch, aber es klappt nicht. Deine Kinder sind fast erwachsen. Du brauchst ihnen schon seit Jahren das Fleisch nicht mehr zu schneiden.“ Ihre Miene wurde ernst. „Ich gebe zu, dass Todd Graham nicht gerade ein einfaches erstes Date sein wird, aber das ist ja gerade so gut daran.“

„Entschuldige, aber das musst du mir erklären.“

„Er ist nicht dein Typ, und du bist nicht seiner. Also wird nichts passieren. Betrachte es einfach als eine Probe für ein richtiges Date mit jemandem, mit dem du dich auf eine Affäre einlassen möchtest. Wenn du den perfekten Mann kennenlernst, möchtest du doch ein bisschen Übung haben, oder?“

Beth dachte darüber nach. Sie glaubte nicht, dass es einen perfekten Mann für sie gab. Sie hatte eine wundervolle, achtzehnjährige Ehe hinter sich. Wenn sie sich je wieder mit einem Mann befasste, dann nur kameradschaftlich. „Das stimmt. Ich bin tatsächlich außer Übung. Ich bin schon in der High School mit Darren gegangen, und wir haben geheiratet, als ich gerade neunzehn geworden war.“

„Genau darum geht es mir. Todd wird dein Übergangsstadium sein.“

„Ein Date ergibt noch kein Übergangsstadium.“

„Na gut, dann ist er eben ein Versuchskaninchen.“

„Ich möchte mich nicht während des Essens übergeben.“

Cindy lachte. „Ein großartiges Ziel. Ich bin sicher, dass Todd das auch lieber wäre. Also, deine Aufgabe besteht darin, für zwei oder drei Stunden normale Konversation zu betreiben und dich nicht zu übergeben. Du kannst es schaffen. Und wenn dich ein gut meinender Freund nächstes Mal bedrängt, kannst du dann zumindest sagen, dass du mit jemandem gehst.“

„Das hat einen gewissen Reiz“, gab Beth zu. Sie seufzte. Sie kannte Cindys Hartnäckigkeit und wusste, dass sie vor ihr keine Ruhe finden würde. Darren ging ihr durch den Kopf, ihr wundervoller Ehemann, und sie fragte sich wie so häufig in den vergangenen achtzehn Monaten, warum er hatte sterben müssen. „Also gut, ich gehe.“

„Du wirst es nicht bereuen“, versprach Cindy.

„Ich sehe aus wie eine Kuh“, behauptete Beth am folgenden Samstag, als sie sich im Badezimmerspiegel betrachtete.

„Du siehst sehr hübsch aus, Mom“, entgegnete Jodi, ihre sechzehnjährige Tochter, entschieden. „Und du weißt, dass du nicht so negativ eingestellt sein solltest. Du sagst Matt und mir immer, dass wir positiv denken sollen.“

„Na gut. Ich bin keine hässliche, alte Vettel.“

Jodi stöhnte. „Das ist auch nicht viel besser. Wie wäre es mit: Ich bin eine attraktive, vitale Frau, und jeder Mann könnte sich glücklich schätzen, mich zu haben.“

„Du hast gut reden.“ Beth gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Wange. „Weil es bei dir zutrifft. Jeder Mann könnte sich glücklich schätzen, dich zu haben.“

„Bitte, Mom!“

„Schon gut, schon gut.“ Sie straffte die Schultern und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Spiegelbild zu. „Ich werde versuchen, positiv zu denken.“

Für ihr erstes Date seit über zwanzig Jahren war sie eine volle Woche früher als geplant zum Friseur gegangen. Trotz des feuchten Aprilwetters saßen ihre roten Haare perfekt. Außerdem hatte sie eine Spur mehr Make-up als gewöhnlich aufgetragen. Blaugrauer Lidschatten ließ ihre blauen Augen noch größer erscheinen, und sie hatte sogar die Konturen ihrer Lippen nachgezogen, bevor sie den Lippenstift auftrug.

Nachdem sie sich acht Mal umgezogen hatte, war ihre Wahl schließlich auf ihr altes Lieblingskleid in Weiß und Marineblau mit dazu passender, kurzer Jacke gefallen. Der runde Ausschnitt schmeichelte ihrem Gesicht und wirkte sehr züchtig. Die ganze Woche über hatte Cindy sie gedrängt zu zeigen, was sie hatte. Doch Beth war der Meinung, dass ihre fast vierzigjährigen Brüste besser hinter Stoff verborgen blieben.

Perlenohrstecker, eine schlichte, goldene Uhr, zarte Seidenstrümpfe und marineblaue Pumps vervollständigten ihre Aufmachung. Cindy hatte ihr außerdem eine hübsche blaue Handtasche geliehen.

Kritisch musterte sie ihr Gesicht. Um die Augen waren winzige Linien zu sehen, aber ihre Haut war immer noch recht straff und ihr Teint so klar wie damals mit zwanzig. Sie würde nie wieder Größe achtunddreißig tragen können, aber bei einem Meter sechsundsiebzig ließen sich die zwanzig Pfund, die sie zugenommen hatte, leicht verstecken. Wenn sie wieder anfing zu joggen und ihren Schokoladenkonsum einschränkte, könnte sie das übermäßige Gewicht in einigen Monaten loswerden.

Jodi umarmte sie. „Du bist sehr hübsch.“

Beth musterte ihr kupferfarbenes Haar und das strahlende, jugendliche Lächeln. „Danke, Kind. Mein Ziel besteht darin, mich nicht zum Narren zu machen. Also werde ich mich auf sachliche, kluge Gedanken beschränken.“

„He, Mom, du siehst astrein aus.“

Beth drehte sich um und sah ihren Jüngsten, den vierzehnjährigen Matt, am Türrahmen lehnen. Während Jodi die Haarfarbe und die blauen Augen von ihr geerbt hatte, kam Matt ganz nach seinem Vater. Mittelbraune Haare, braune Augen und eine Brille ließen ihn wie Darren in seiner Jugend aussehen. Nach Darrens Tod hatte sein Anblick sie ihren Ehemann noch mehr vermissen lassen. Doch nun tröstete es sie, in ihm Darren sehen zu können.

„Vielen Dank. Das beruhigt mich ungemein.“

„Wann kommst du nach Hause?“, wollte Matt wissen. „Wir geben nämlich eine Party für große Jungen und Mädchen. Ich habe drei Fässer Bier bestellt, und Jodi hat versprochen, dass eine ihrer Freundinnen strippt.“

Jodi wirbelte zu ihm herum. „Matt! Mach keine Scherze darüber. Mom ist auch so schon nervös genug.“ Sie lächelte Beth an. „Es gibt keine Party. Nur Sara kommt. Wir wollen für die Mathearbeit nächste Woche üben. Ich weiß nicht, was Matt tut, aber er tut es allein.“

„Ich werde meine Schwester und ihre Freundin ärgern. Sara zieht immer so enge Sachen an, und ich will mir ihren Körper ansehen.“

„Du bist abscheulich“, fauchte Jodi und drehte ihm den Rücken zu.

„Ich bin vierzehn, und ich bin ehrlich. Mein Biologielehrer sagt, dass Jungen in meinem Alter von Hormonen überflutet werden. Ich bin also nur normal. Du bist einfach nur neidisch, weil du deine sexuelle Höchstform erst erreichst, wenn du schon fast vierzig bist“, dozierte Matt.

Beth wollte ihre Kinder lieber nicht daran erinnern, dass sie in nur zwei Jahren vierzig wurde und ihrer angeblichen sexuellen Höchstform sehr nahe war. Also wechselte sie schnell das Thema. „Hast du deinen Aufsatz geschrieben?“, erkundigte sie sich.

„Ja. Ich bin gerade fertig geworden. Er liegt auf dem Küchentisch. Du kannst ihn dir ansehen und mir dann morgen früh all die grammatikalischen Fehler unter die Nase reiben.“

„Sicher.“ Mit einem Lächeln verließ sie das Badezimmer und ging in die Küche, gefolgt von ihren beiden Kindern. „Der Thunfischauflauf ist in ungefähr zwanzig Minuten fertig. Außerdem gibt es Eiscreme zum Nachtisch. Matt, ich habe ein paar Videofilme für dich ausgeliehen. Du kannst sie dir in meinem Schlafzimmer ansehen, damit Jodi und Sara im Wohnzimmer lernen können.“

„Wir kommen schon klar“, beruhigte Jodi ihre Mutter. „Ich bin immerhin schon sechzehn. Matt ist zwar noch ein Baby, aber schon einigermaßen reif.“

Er nahm eine Boxerhaltung ein. „Sag das noch mal, und ich zeige dir, was reif ist.“

„Du darfst mich nicht schlagen. Ich bin ein Mädchen.“

„Mom, lass sie mich einmal schlagen. Bitte.“

Beth zauste ihm das Haar. „Tut mir leid. Du darfst keine Frau schlagen.“

„Aber sie hat es verdient.“

„Das hast du auch oft, aber ich schlage dich trotzdem nicht.“

Er richtete sich auf. „Das liegt nur daran, dass ich genauso groß wie du und sehr stark bin.“

Beth seufzte.

Matt wich einen Schritt zurück. „Sie hat diesen seltsamen Blick, Jo. Gleich lässt sie sich wieder darüber aus, wie niedlich wir waren, als wir noch klein waren.“

Das Geräusch eines Wagens lenkte sie alle ab. Beth zog sich der Magen zusammen.

Matt lief zu einem Fenster, das nach vorne zur Straße ging. „Es ist eine Limousine. Schwarz und echt cool“, rief er aufgeregt. „Wie reich ist der Typ eigentlich? Glaubst du, dass er mir ein Auto kaufen will?“

Jodi berührte ihre Mutter am Arm. „Es wird alles gut. Du siehst großartig aus. Lächle einfach. Und wenn das Gespräch stockt, dann stell ihm persönliche Fragen. Jungs lieben es, über sich selbst zu reden.“

„Woher weißt du das alles?“

Jodi grinste. „Ich wiederhole nur den Rat, den du mir immer gibst.“

„Zumindest habe ich meine Kinder richtig erzogen.“ Beths Kehle war wie zugeschnürt, als sie zur Haustür ging.

Matt kniete auf dem Sofa vor dem Fenster, spähte hinaus und winkte sie zu sich. „Der Fahrer dreht gerade auf dem Wendehammer um. Man kann gar nicht durch die Fenster gucken. Das ist so cool. Du solltest wirklich mit diesem Typ gehen, Mom. Ich tue so, als ob ich ihn nicht mag, und dann gibt er mir Geld, um sich bei mir einzuschmeicheln. Was hältst du davon?“

Sie beugte sich zu ihm und drückte ihm einen Kuss aufs Haar. „Ich denke, dass du eine großartige Fantasie hast. Deshalb dränge ich dich ja auch immer, deine Aufsätze zu schreiben. Ich weiß, wozu du fähig bist.“

Matt ignorierte ihre Bemerkung. „Ich möchte zu gern wissen, ob der Fahrer in Uniform ist und so. Was meinst du, wie viel Mike für dieses Date bezahlt hat?“

Beth wollte nicht darüber nachdenken. Schon gar nicht wollte sie daran denken, dass Todd Graham bei ihrem Anblick vermutlich am liebsten in die entgegengesetzte Richtung wieder abfahren würde. Sie rief sich in Erinnerung, dass es zu einem guten Zweck geschah. Er hätte eben nicht an der Junggesellenauktion teilnehmen dürfen, wenn er wählerisch war.

2. KAPITEL

Todd Graham blickte durch die getönten Fenster seiner Limousine und wurde sich bewusst, dass er bis zu diesem Augenblick niemals ein Vorstadtviertel aufgesucht hatte. Es sah allerdings ganz so aus, als hätte er nicht viel verpasst.

Zweistöckige Backsteinhäuser säumten die Straße. Sie glichen sich beinahe wie ein Ei dem anderen. In den Auffahrten standen Kleinwagen oder alte Lieferwagen. Wer hätte gedacht, dass es nur fünfundzwanzig Minuten Fahrt von seinem Penthouse hoch über der Innenstadt entfernt lag?

Sein Chauffeur hielt vor einem Haus, das wie all die anderen in der Straße aussah. Todd fand, dass dieses Viertel trotz der stereotypen Architektur einen gewissen Reiz aufwies. Wenn er dasselbe doch nur über sein Date sagen könnte! Frauen mittleren Alters entsprachen nicht seinem Stil, aber er war zur Teilnahme an dieser Junggesellenauktion gedrängt worden, und ihm war keine Ausrede eingefallen, um sich vor diesem Rendezvous zu drücken.

Er bereitete sich innerlich auf einen langen und langweiligen Abend vor. Zum Glück hatte er für halb acht Uhr am nächsten Morgen eine Golfpartie geplant, die ihm einen perfekten Vorwand lieferte, den Abend nicht ausufern zu lassen. Er beabsichtigte, direkt zum Restaurant zu fahren und sie nach dem Essen sofort nach Hause zu bringen. Sein Gewissen ermahnte ihn zwar, dass der hohe Preis für diesen Abend mit ihm zumindest einen Abstecher in eine nette Bar beinhalten sollte, aber diesen Gedanken schob er beiseite. Er glaubte nicht, dass er so viel geistloses Gerede ertragen konnte.

R.J., sein Chauffeur, öffnete stilvoll die Tür des Wagens, und Todd trat hinaus in die warme Abendluft. Obwohl die Sonne bereits vor über einer Stunde untergegangen war, hielten sich noch eine Menge Leute draußen auf. Gelächter erregte seine Aufmerksamkeit. Er blickte zu seiner Linken und sah in einem Vorgarten einen Vater mit seinem Sohn ringen. Der Junge mochte fünf oder sechs Jahre alt sein. Sie hatten beide offensichtlich viel Spaß.

Abrupt blieb Todd stehen und sah ihnen zu. Das Gefühl der Einsamkeit war ihm so vertraut, dass er den Schmerz kaum noch spürte. Vor langer Zeit hatte er sich nach einer kameradschaftlichen Beziehung zu seinem eigenen Vater gesehnt. Doch der alte Mann hatte nie für etwas anderes Zeit aufgebracht als für die neueste Mrs Graham.

„Mr Graham?“ R.J. reichte ihm eine Schachtel mit langstieligen roten Rosen.

„Danke.“ Todd sah keinen Sinn darin, Blumen zu diesem Pflichtakt mitzubringen, aber seine Sekretärin hatte darauf bestanden, und er widersprach ihr nicht häufig. Er ging zur Haustür, läutete und wartete.

Keine zehn Sekunden später wurde die Tür geöffnet, und er sah sich von Angesicht zu Angesicht mit seinem Date wieder. Flüchtig musterte er ihre Gestalt, richtete dann die Aufmerksamkeit auf ihr Gesicht und lächelte. „Guten Abend, Beth. Ich bin Todd Graham.“

Sie entsprach weitgehend seiner Erwartung. Vielleicht sah sie etwas jünger aus, aber nicht wesentlich. Ihre Figur wirkte füllig. Nicht fett, aber kurvenreicher, als er es gewohnt war. Das rote Haar war interessant, doch er bevorzugte Blondinen. Sie hatte hübsche, tiefblaue Augen. Sie sah aus wie das, was sie war: eine attraktive Vorstadtbewohnerin mittleren Alters.

„Es ist nett, Sie kennenzulernen.“ Ihre Stimme war leise und klang ein wenig angespannt. „Ich … Möchten Sie einen Moment hereinkommen?“

Er wollte eigentlich nicht, aber er war entschlossen, höflich zu sein. „Sicher. Allerdings nicht zu lange. Wir haben eine Reservierung in der Stadt.“

„Wie nett.“ Sie trat zurück und bedeutete ihm einzutreten.

Flüchtig blickte er sich im Eingang um. Es war klein, unauffällig möbliert, kaum dekoriert. Wie erwartet. „Die sind für Sie“, sagte er und reichte ihr die Blumenschachtel.

Sie hob den Deckel und entdeckte die Rosen. „Wie hübsch. Vielen Dank.“ Ihr Lächeln wirkte verkrampft und unaufrichtig. „Ich stelle sie schnell ins Wasser.“

Ihre Absätze klapperten auf dem Holzfußboden, als sie davoneilte, vermutlich in die Küche. Erneut blickte er sich um und entdeckte einen Beutel mit Inlineskates an der Garderobe. Sie wirkte auf ihn nicht wie der Typ, der sich dieser Sportart widmete. Dann erstarrte er. Offensichtlich hatte sie Kinder, wie die meisten Frauen ihres Alters.

Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Seit seiner eigenen Kindheit hatte er keinen Umgang mehr mit Kindern. Seine Freunde scherzten oft darüber, dass seine Begleiterinnen jung genug waren, um Kinder genannt zu werden, doch er wusste, dass solche Bemerkungen aus Neid entstanden.

Beth kehrte zurück. „Ich habe sie ins Wasser gestellt. Nochmals danke. Sie sind sehr schön.“ Sie nahm eine kleine Handtasche von einem Tisch neben der Tür. „Wollen wir dann gehen?“

„Gewiss.“

Er wartete, während sie die Haustür schloss, und begleitete sie dann zum Wagen. R.J. hielt ihnen den Wagenschlag auf. Beth stieg ein und rutschte über den Sitz, bis sie die andere Tür berührte.

Todd sank auf das weiche Lederpolster und deutete auf den Champagner in einem Eiskübel. „Darf ich Ihnen ein Glas anbieten?“

Sie schüttelte den Kopf. „Es schmeckt bestimmt herrlich, aber …“ Sie klammerte sich an den Türgriff, als sich der Wagen in Bewegung setzte. „Lieber nicht.“

Er runzelte die Stirn. Fürchtete sie, dass er sie betrunken machen wollte? „Sie sind völlig sicher in meiner Gesellschaft“, scherzte er.

Sie stieß ein kleines Lachen aus, das wie ein ersticktes Stöhnen endete. „Als ob ich das nicht wüsste.“

„Dann verstehe ich es nicht.“

Sie drehte sich zu ihm um, drückte sich aber weiterhin in die Ecke. „Nichts für ungut, Mr Graham, aber ich will eigentlich gar nicht mit Ihnen ausgehen.“

Er konnte es kaum fassen. „Sie wollen dieses Date nicht?“

„Mir wäre eine Wurzelbehandlung ohne Betäubung lieber“, platzte es aus ihr heraus.

„Warum haben Sie dann bei der Auktion für mich geboten?“

„Das habe ich nicht.“ Beth holte tief Luft. „Wohlmeinende Freunde haben diesen Abend für mich gekauft. Sie sind der Meinung, dass ich wieder beginnen sollte auszugehen und dass dies ein leichter Anfang wäre.“ Sie schüttelte den Kopf. „Leicht für sie. Sie sind nicht diejenigen, die sich übergeben werden.“

„Soll ich das Fenster öffnen?“

„Nein. Es geht mir gut. Ich meinte es nicht wörtlich, obwohl ich vorsichtshalber besser auf den Champagner verzichte.“ Sie blickte ihm offen ins Gesicht. „Ehrlich gesagt, hatte ich seit zwanzig Jahren kein Date mehr. Ich erinnere mich nicht, worüber man redet oder wie man sich verhält. Ich kann mir auch nicht denken, dass ich Ihrer Vorstellung von einer perfekten Partnerin entspreche, da ich wesentlich älter als fünfundzwanzig bin.“ Sie lächelte ein wenig. „Nach allem, was ich gelesen habe, wäre Ihnen noch jünger noch lieber.“

Die Richtung, die das Gespräch nahm, gefiel ihm ganz und gar nicht. „Sie wissen also, wer ich bin.“

„Es ist schwer, in Houston zu leben und nicht von Ihnen gehört zu haben, Mr Graham.“

„Dann sind wir uns also einig darüber, dass ich der Experte in dieser Situation bin?“

„Vermutlich. Ich war schon nicht gut in solchen Dingen, als ich noch zur High School ging, und ich habe mich seitdem bestimmt nicht verbessert.“

Ihm gefiel ihre Verletzlichkeit, und obwohl sie schreckliche Dinge über ihn sagte, musste er ihre Aufrichtigkeit respektieren. Vielleicht wurde dieser Abend doch nicht so furchtbar. „Als Erstes gebe Ihnen einen guten Rat“, begann er. „Nennen Sie mich beim Vornamen. ‚Mr Graham‘ klingt aus Ihrem Munde, als wäre ich der Rektor der High School. Alles andere ist wie Fahrradfahren – es kommt von selbst wieder.“

„Das hört sich so an, als ob es etwas Gutes wäre. Ich bin mir da nicht so sicher. Ich erinnere mich deutlich, dass ich in meiner Jugend nervös war und keinen Ton herausbrachte. So will ich nicht wieder sein.“

„Wie wäre es, wenn ich die schwierigen Dinge entscheide? Ich wähle die Gesprächsthemen aus und sorge dafür, dass alles glatt läuft. Sie müssen nur daran denken zu atmen und zu antworten, wenn es angemessen ist.“

Sie entspannte sich ein klein wenig. „Soll ich mir Notizen machen?“, neckte sie ihn sogar und schenkte ihm ein Lächeln, das sie einen Augenblick lang recht attraktiv wirken ließ.

„Ich glaube, Sie sind klug genug, um sich die wesentlichen Punkte zu merken.“

„Fassen Sie die Instruktionen in einsilbigen Wörtern ab, und es wird klappen.“ Sie beugte sich ein wenig vor. „Ich habe allerdings einige Fragen, wenn es Ihnen nichts ausmacht, die zu beantworten.“

„Keineswegs.“

„Gefällt es Ihnen, so oft auszugehen? Werden Sie all die verschiedenen Frauen nicht leid? Und wie um Himmels willen halten Sie ihre Namen auseinander? Das habe ich mich schon immer gefragt. Benutzen Sie für alle ein gemeinsames Codewort? Zum Beispiel ‚Honey‘ oder lieber ‚Baby‘, weil sie noch so jung sind?“ Die Fragen sprudelten nur so aus ihr heraus.

Todds spontane Reaktion war, sich beleidigt zu fühlen. Doch als er sie anblickte, wurde ihm bewusst, dass sie nicht unhöflich sein wollte.

„Ich frage das nur, weil Ihr Leben so ganz anders ist als meines oder das meiner Bekannten.“ Sie lächelte erneut. „Ich war verheiratet, und alle meine Freunde sind ebenfalls verheiratet. Das einzige romantische Erlebnis findet in meinem Haus statt, wenn es einen guten Liebesfilm im Fernsehen gibt.“

„Karteikarten“, antwortete er mit gespieltem Ernst. „Ich lasse meine Sekretärin eine Karteikarte für jede der Frauen anlegen, mit denen ich ausgehe. Wenn ich durcheinander komme, hole ich sie einfach hervor und werfe schnell einen Blick darauf. Natürlich ist es schwieriger im Schlafzimmer, wenn ich meine Hose nicht in Reichweite habe. Dann stecke ich die Karte entweder unter die Matratze oder unters Kissen.“

Beth lachte laut auf, und er stimmte in das Lachen mit ein, während er ihr Gesicht betrachtete. Sie war hübscher, als er zunächst bemerkt hatte. Ihre Augen spiegelten ihre Gefühle auf höchst charmante Weise wider.

„Karteikarten! Eine großartige Idee. Sollte ich jemals in Ihre Situation geraten, werde ich daran denken. Obwohl die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist.“

„Ich glaube, Sie werden es schaffen. Jetzt geht es Ihnen doch besser, oder?“

Ihre Hände ruhten in ihrem Schoß. Er blickte hinab auf ihre langen, unberingten Finger und stellte sich unwillkürlich einen Goldreif an ihrem Ringfinger vor. Beth war eine dieser Frauen, die zur Ehe geboren waren.

„Wenn ich nicht mit Übelkeit kämpfe, dann liegt es an Ihnen.“

„Ein Kompliment, das mein Herz erwärmt.“

„Es ist mein Ernst.“ Sie deutete auf den Innenraum der Limousine und auf ihn. „Ich hätte nie gedacht, dass alles so nett ist, und dass ich mit Ihnen reden kann.“

„Was hatten Sie denn erwartet?“

„Dass Sie ein arroganter Kerl sind, der sich bestimmt ärgert, weil ich kein junger, blonder Hohlkopf bin.“

Todd konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal derart beleidigt worden war.

„Oh, nein“, rief Beth bestürzt aus. „Sie machen ein so verkniffenes Gesicht. Ich habe etwas Schreckliches gesagt, oder? Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht verärgern.“

„Ich bin nicht verärgert.“

„Was dann?“

„Sie haben keine besonders hohe Meinung von mir. Bisher haben Sie mir unterstellt, dass ich nur mit jungen Frauen ausgehe, dass ich sie alle Baby nenne, weil ich mir ihre Namen nicht merken kann, und dass sie alle Hohlköpfe sind.“

Beth schlug die Hände vor das Gesicht, und blickte ihn dann voller Reue an. „Es tut mir wirklich leid. Ich wollte nicht beleidigend sein. Es liegt wohl daran, dass ich Sie nicht als reale Person betrachte. Ich meine, ich habe so oft über Sie in der Zeitung gelesen. Für mich sind Sie wie ein Filmstar oder eine Berühmtheit – viel größer als das Leben.“

Er war sich nicht sicher, wie er diese Worte verstehen sollte. In gewisser Weise war ihre Ansicht schmeichelhaft. Doch er wollte nicht einschüchternd auf sie wirken. Bevor ihm jedoch eine Entgegnung einfiel, machte die Limousine vor dem Restaurant Halt.

Beth blickte aus dem Fenster und las den diskreten Namenszug auf der Markise. „Ich habe von diesem Lokal gehört. Es ist sehr teuer.“

Todd lehnte sich zu ihr und flüsterte: „Keine Sorge, ich kann es mir leisten.“ Ihre Gesichter waren sich sehr nahe, und er verspürte den plötzlichen Drang, sie zu küssen. Verblüfft über diese Anwandlung wich er zurück.

Ein uniformierter Portier öffnete den Schlag. Todd stieg aus und half Beth dann galant aus dem Wagen.

„Bestimmt wollten Sie mich beruhigen, als Sie mir gesagt haben, dass Sie sich ein Lokal wie dieses leisten können“, sagte sie, während sie neben ihm zum Eingang ging. „Aber es hat nicht geklappt.“

„Sie glauben also, dass es leichter wäre, wenn ich LKW-Fahrer oder Lehrer wäre?“

Sie neigte den Kopf ein wenig zur Seite, während sie darüber nachdachte. „Vielleicht. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass ein Date überhaupt Spaß macht. Nun ja, mir wäre es tatsächlich lieber, Sie wären nicht so …“

„Erfolgreich? Reich? Unglaublich gut aussehend?“, warf er hilfreich ein.

Abrupt blieb sie stehen und starrte ihn an. „Ganz zu schweigen von bescheiden.“ Doch ein Lächeln spielte um ihre Lippen, und sie war nicht mehr so angespannt wie zuvor.

Todd winkelte den Arm an und legte sich ihre Hand in die Beuge seines Ellenbogens. „Es wird alles gut gehen. Ich werde dafür sorgen, dass Ihnen nichts Schlimmes widerfährt.“

„Sie wissen ja gar nicht, wie sehr ich Ihnen glauben möchte.“

Sobald sie das Restaurant betraten, führte Lucien, der Besitzer des Restaurants, sie an den reservierten Tisch. Todd nickte mehreren ihm bekannten Gästen zu. Einen Moment lang wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Wäre er mit ihr befreundet, hätte er sie seinen Bekannten vorgestellt. Aber es war kein richtiges Date. Er runzelte ein wenig die Stirn, während er sich fragte, was sie denn nun war. Die Erfüllung einer Verpflichtung?

Als er ihr gegenüber Platz nahm und in ihre großen, misstrauischen Augen blickte, wurde ihm bewusst, dass sie mehr als nur eine Verpflichtung war. Trotz der Tatsache, dass ihm vor diesem Abend gegraut und er das Treffen am liebsten abgesagt hätte, amüsierte er sich inzwischen.

„Tja, das bestätigt alles“, murmelte sie.

„Was meinen Sie?“

„Wenn ich nicht von vornherein gewusst hätte, dass ich nicht Ihr Typ bin, hätten all die erstaunten Blicke und hochgezogenen Augenbrauen es mir soeben verraten.“

Todd spürte, wie Ärger in ihm aufstieg. Nicht auf sie, sondern auf seine vermeintlichen Freunde, die sie von oben herab betrachteten. „Jetzt bin ich an der Reihe, mich zu entschuldigen. Ich hätte ein anderes Restaurant wählen sollen.“

„Einen Schnellimbiss vielleicht? Ich versichere Ihnen, dass ich weiß, welche Gabel ich benutzen muss.“

„Ich meinte einen Ort, an dem wir in einer Nische sitzen und uns ungestört unterhalten können.“ Er deutete um sich. Sein gewohnter Tisch stand in der Mitte des Raumes. Normalerweise gefiel es ihm, von anderen gesehen zu werden, aber nicht an diesem Abend.

Entgegen seiner Erwartung mochte er Beth. Er fand sie klug und witzig. Ihr hatte vor diesem Date ebenso gegraut wie ihm, aber dennoch war sie kein Spielverderber. Außerdem gefiel ihm, dass er ein Gespräch mit ihr führen konnte, was er von seinen anderen Bekannten nicht unbedingt sagen konnte. Ihm erschienen sie gar nicht so viel jünger, doch allmählich wurde ihm bewusst, dass sich das Alter der Frauen, mit denen er verkehrte, in den letzten fünfzehn Jahren nicht geändert hatte. Vielleicht sollte er etwas dagegen tun.

„Was möchten Sie trinken?“, fragte er.

Sie schlug die Speisekarte auf. „Da stehen ja gar keine Preise drin.“

„Ich habe Sie nicht gefragt, was etwas kostet, sondern was Sie trinken möchten.“

Ihr Haar war stufig geschnitten, und Ponyfransen fielen ihr in die Stirn. Vermutlich hatte sie als Kind Sommersprossen gehabt wie die meisten Rothaarigen, doch nun war ihr Teint ebenmäßig hell.

„Aber ich habe noch nie aus einer Speisekarte ohne Preise bestellt“, beharrte sie. „Ich muss wissen, wie viel ich ausgebe.“

„Warum?“

Sie öffnete den Mund, doch es kam kein Laut heraus.

„Sind Madame und Monsieur bereit, einen Aperitif zu bestellen?“, erkundigte sich der vornehm gekleidete Kellner, der lautlos an ihren Tisch getreten war.

„Beth?“

„Ich weiß nicht. Vielleicht ein Glas Wein?“

„Ich beabsichtige, eine Flasche zum Essen zu bestellen. Möchten Sie vorher etwas anderes?“

Hilflos zuckte sie die Achseln und sagte leise: „Ich nehme an, eine Margarita wäre altmodisch, aber das ist der einzige Cocktail, den ich trinke.“

„Wie wäre es mit einem Cosmopolitan? Ich bin sicher, der würde Ihnen schmecken.“

„Na gut.“

Er bestellte einen für Beth und einen Tanqueray auf Eis für sich selbst.

Sie schwiegen, bis die Getränke serviert wurden. Beth starrte in die rötliche Flüssigkeit in dem Martiniglas. „Ich habe befürchtet, dass ich nicht kultiviert genug bin, aber ich glaube, mein Drink ist kultiviert genug für uns beide.“ Sie nippte daran. „Er schmeckt sehr gut. Danke für den Vorschlag.“

„Gern geschehen.“

Der Kellner blieb am Tisch stehen. „Möchten Madame und Monsieur jetzt die Spezialitäten hören?“

„Gern“, sagte Todd.

Nachdem der Kellner die Gerichte aufgezählt und sie wieder allein gelassen hatte, damit sie sich in Ruhe entscheiden konnten, schluckte sie schwer. „Hat er wirklich Knochenmark gesagt?“

„Das ist nur eine Beigabe zum Roastbeef.“

„Aha. Großartig. Vielleicht könnte ich meine Vorspeise auf einem Teller bekommen, der garantiert nie mit Knochenmark in Berührung gekommen ist.“ Sie schüttelte sich. „Ich wollte eigentlich zum Spaß sagen, dass ich nur einen Hamburger möchte, aber in diesem Lokal traue ich mich nicht. Wer weiß, was sie hineintun würden.“

Er grinste. „Der Lachs dürfte ungefährlich sein.“

„Wahrscheinlich ist der mit kleinen Fischzähnen dekoriert“, vermutete Beth.

„Ich glaube nicht, dass Fische Zähne haben.“

„Haie schon.“

„Dann nehmen Sie eben nicht den Hai.“

Sie hielt seinen Blick gefangen, und er sah Belustigung in ihren Augen. „Ich komme nicht viel herum, aber Sie stehen viel zu sehr im Licht der Öffentlichkeit.“

„Vielleicht.“

„In diesem Raum befindet sich genug Schmuck, um davon die ganze Schulklasse meiner Tochter für vier Jahre aufs College zu schicken.“

Er blickte sich um. Ihm war es bisher nicht aufgefallen, aber Beth hatte recht. Die meisten Frauen trugen Ohrringe, Armbänder und Halsketten mit großen, glitzernden Steinen. Im Gegensatz dazu war Beth sehr schlicht zurechtgemacht.

„Es spricht nichts dagegen, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Ich passe einfach nicht hierher.“

„Natürlich passen Sie hierher“, widersprach er automatisch und wusste doch, dass es eine Lüge war. „Ich hätte etwas anderes planen sollen“, murmelte er. Dabei hatte er selbst diesen Abend überhaupt nicht geplant, sondern seine Sekretärin mit der Reservierung beauftragt. Nun tat es ihm leid. Er wollte, dass Beth sich wirklich wohlfühlte. „Wir könnten ja eine Essensschlacht veranstalten. Das würde die Atmosphäre lockern.“

„Das gestatte ich meinen Kindern nicht mal zu Hause, also lasse ich es Sie nicht in der Öffentlichkeit tun.“ Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf. „Entschuldigen Sie mich, Todd. Ich bin gleich wieder da.“

Er blickte ihr nach, als sie zum Waschraum ging. Hätte ihm vor drei Stunden jemand gesagt, dass ihm der erfolgreiche Ausgang dieser Verabredung mit einer Unbekannten wichtig war, hätte er laut gelacht. Doch nun befand er sich in der unangenehmen Lage, Beth für diesen Abend glücklich machen zu wollen und nicht zu wissen, wie er es anstellen sollte.

Beth atmete tief durch, um die Panik zu unterdrücken. Sie versuchte zu ignorieren, dass allein der Vorraum der Damentoilette nicht nur schöner eingerichtet war als ihr Haus, sondern auch in etwa so groß war wie ihr Wohnzimmer.

Sie stand vor dem Spiegel und gab vor, ihr Make-up zu erneuern. Mehrere Frauen kamen und gingen, während sie herumtrödelte und versuchte, den Mut aufzubringen, Todd Graham wieder unter die Augen zu treten. Was mochte er nur von ihr denken? Sie war nicht nur völlig unvorbereitet für ein Rendezvous mit einem eingefleischten Junggesellen wie ihm, sondern zudem mindestens ein halbes Dutzend Mal ins Fettnäpfchen getreten. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie ihm ihre Übelkeit eingestanden, sich über die fehlenden Preise in der Speisekarte mokiert und ihr Entsetzen über Knochenmark zum Ausdruck gebracht hatte.

Vermutlich glaubte er, dass sie noch nie die Grenze der Stadt, geschweige denn des Staates überschritten hatte. Sie hatten keine Gemeinsamkeiten, und sie hatte sich noch nie in ihrem Leben so fehl am Platze gefühlt. Diese Menschen waren anders. Selbst der Kellner wirkte einschüchternd auf sie. Das Schlimmste daran aber war, dass Todd sich entgegen ihrer Erwartung als sehr nett und geistreich erwies, was in ihr den Wunsch weckte, einen guten Eindruck zu hinterlassen.

Wenn er nur nicht so reich wäre! Oder so gut aussehend. Hätte sie nur nicht ein Prickeln bis in die Zehenspitzen verspürt, als er ihre Hand in seine Armbeuge gelegt hatte. Die altmodische, galante Geste hatte in ihr das Gefühl erweckt, etwas Besonderes zu sein. Einen Moment lang hatte sie sich wieder wie mit sechzehn gefühlt – und in etwa so unsicher.

Sie betrachtete sich im Spiegel. Männer wie er interessierten sich nicht für Frauen wie sie. Außerdem war sie Witwe. Sie hatte kein Recht, sich zu einem anderen Mann hingezogen zu fühlen. Oh, wie sollte sie das Dinner bloß überstehen? Vermutlich würde sie sich an der Vorspeise verschlucken und auf dem flauschigen Teppichboden sterben. Das war das Mindeste.

Ungeduldig trommelte Todd mit den Fingern auf den Tisch. Beth war seit einer Viertelstunde verschwunden. War ihr etwas passiert? Sollte er den Kellner bitten, ein weibliches Mitglied des Personals nach ihr sehen zu lassen?

Gerade als er sich dazu entschlossen hatte, erschien der Kellner und legte ihm ein gefaltetes Papiertuch auf den Tisch. „Madame hat mich gebeten, Ihnen das zu geben“, erklärte er mit einer Stimme, die vor Missbilligung triefte.

Augenblicklich wusste Todd, was geschehen war. Nur um seine Intuition zu bestätigen, entfaltete er das Papiertuch und las:

Entschuldigung, Todd, aber ich bin zu dieser Farce nicht bereit. Sie waren die Freundlichkeit in Person, und ich weiß es wirklich zu schätzen. Was mich angeht, sind Sie Ihrer Verpflichtung bezüglich der Junggesellenauktion vollständig nachgekommen. Ich hoffe, mein Verschwinden bringt Sie nicht in Verlegenheit. Manche von uns sind nicht dazu bestimmt, die Vorstadt zu verlassen, und ich gehöre wohl zu diesen Leuten. Bitte akzeptieren Sie meine Entschuldigung. Beth.

„Gibt es ein Problem?“, erkundigte der Kellner sich steif.

Ja, es gibt ein Problem, dachte Todd bei sich. Zum ersten Mal in meinem Leben hat man mich sitzen gelassen.

3. KAPITEL

Beth schloss die Haustür auf und rief: „Ich bin es nur!“ Als sie das Wohnzimmer betrat, blickten Jodi und ihre Freundin Sara erstaunt auf. „Ich weiß, dass ich etwas früh komme“, sagte sie mit sorgsam unbeschwerter Stimme. „Es ist alles in Ordnung. Ich habe Todd gesagt, dass es mir lieber ist, unser Date schnell zu beenden.“

Mit gerunzelter Stirn blickte Jodi zur Uhr. „Etwas früh? Hattet ihr überhaupt Zeit zum Essen?“

Beth war zwar bereit, von der Wahrheit ein wenig abzuweichen, aber regelrecht lügen wollte sie nicht. „Wir hatten Drinks.“

„Ich dachte, es würde von ihm erwartet, dass er dich zum Dinner einlädt.“

„Er hat es angeboten, und ich habe abgelehnt. Ich bin lieber zu Hause.“ Sie nahm sich einen Keks von dem Teller auf dem Esstisch. „Ich gehe nach oben und ziehe mich um. Macht euch keine Gedanken um mich.“

Es erleichterte sie, dass Jodi ihre Erklärung so einfach akzeptierte. Die Geräuschkulisse eines Actionfilms schlug ihr entgegen, als sie das finstere Schlafzimmer betrat. Matt lag auf dem Bett, mehrere Kissen unter den Kopf gestopft und eine Schüssel Popcorn auf dem Bauch.

„Hallo, Sohn“, sagte sie, während sie zu ihrem Schrank ging.

„Mom!“ Er stellte die Schüssel auf den Nachttisch und sprang auf. „Du bist ja so früh zu Hause. Stimmt was nicht?“

Sie legte ihre Handtasche auf die Kommode und drehte sich zu ihm um. „Es geht mir gut. Es war ein kurzes Date. Todd und ich haben uns entschieden, nur einen Drink zu nehmen.“

Hoch aufgerichtet stand Matt vor ihr. Er war ein schlaksiger Teenager mit ernsten Augen hinter seiner Nickelbrille. Seine Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst und seine zu großen Hände zu Fäusten geballt. „Ist etwas passiert? Hat er …“ Seine Stimme versagte, und er errötete. „Hat er etwas versucht?“

Es dauerte einen Moment, bis Beth bewusst wurde, dass ihr Jüngster, den sie immer noch als ihr Baby ansah, um ihre Sicherheit besorgt war und sie zu beschützen gedachte. Kummer und Stolz durchzuckten sie gleichzeitig. Kummer, weil er schon beinahe erwachsen war und es nicht lange dauern würde, bis er das Haus verließ, und Stolz auf den Mann, der er einmal sein würde.

Sie schmiegte die Hände um sein Gesicht. Er rasierte sich noch nicht regelmäßig und hatte immer noch die fleckige Haut eines Heranwachsenden, aber seit dem Tod seines Vaters gab er sein Bestes, um der Mann im Haus zu sein.

„Danke“, flüsterte sie und küsste seine Wange. „Danke, dass du dich um mich sorgst. Ich bin früher zu Hause, als geplant, aber das liegt nur daran, dass ich nicht zum Dinner geblieben bin. Es ist nichts passiert.“ Zumindest nicht so, wie er meinte. Wenn sich jemand schlechten Benehmens schuldig gemacht hatte, dann war sie es, nicht Todd.

„Wirklich nicht?“

„Ich schwöre es.“ Beth hob zwei Finger zur Bekräftigung ihrer Worte. „Jetzt ziehe ich mich um, und dann sehe ich mir den Film mit dir zu Ende an.“

Matt grinste. „Du wirst ihn schrecklich finden.“

„Wahrscheinlich. Aber ich werde mich darüber lustig machen und dich mit meinen sarkastischen Bemerkungen ärgern, sodass es unterhaltsam sein wird.“

Kurz darauf kuschelte sie sich auf das Bett. Die große Schüssel mit Popcorn stand zwischen ihnen. Sie versuchte, sich ebenso wie Matt auf den Film zu konzentrieren. Doch leider vermochte selbst der Anblick barbrüstiger Matrosen sie nicht von Todd abzulenken. War er zum Dinner in dem Restaurant geblieben oder ebenfalls gegangen? Hatte ihr abruptes Verschwinden ihn in Verlegenheit gebracht? Sie nahm eher an, dass es ihn erleichtert hatte, aber sie war sich nicht sicher.

Schuldgefühle quälten sie. Vielleicht hätte sie sich zwingen sollen, den Abend durchzustehen. Ein paar Stunden in seiner Gesellschaft hätte sie ohne Problem ertragen können. Ihr Unbehagen hatte sich vielmehr auf die ungewohnte Situation und das vornehme Restaurant bezogen.

Später, als ihre Kinder schliefen und Beth im Bett lag, grübelte sie immer noch darüber nach, was sie hätte tun sollen.

Der Duft von frisch gebackenem Brot weckte Beth. Offensichtlich hatte Jodi die Zutaten in die Brotbackmaschine gegeben, bevor sie am vergangenen Abend schlafen gegangen war. „Du warst schon immer meine Lieblingstochter“, murmelte Beth, während sie ins Badezimmer eilte.

Zwanzig Minuten später stand sie in der Küche und brühte Kaffee auf. Es war ein sonniger Tag. Abgesehen von einem Sturm vor einigen Tagen hatte es bereits seit drei Wochen nicht geregnet.

„Morgen.“

Beth drehte sich um und sah Jodi am Türrahmen lehnen.

„Selbst guten Morgen. Du bist früh auf.“ Sie blickte zur Uhr an der Wand und zog die Augenbrauen hoch. „Noch nicht einmal neun, und das an einem Samstag. Was ist los?“

Jodi hatte sich Shorts und ein T-Shirt angezogen, aber noch nicht geduscht. Ihr langes, rotes Haar fiel ihr zerzaust auf die Schultern. „Ich wollte mit dir reden.“

„Worüber denn?“, erkundigte Beth sich sorgsam gelassen, obwohl sie etwas ahnte. Sie schenkte Kaffee für sich selbst und Saft für Jodi ein, bevor sie sich an den Tisch setzte.

„Gestern Abend.“

„Was ist mit gestern Abend?“

Jodi setzte sich, strich sich die Haare hinter die Ohren und nahm einen Schluck Saft. „Du hast gesagt, dass du seine Einladung zum Dinner abgelehnt hast.“

„Ja, das habe ich gesagt.“ Es war eine Lüge, aber nur eine kleine.

„Warum bist du dann in einem Taxi nach Hause gekommen?“

„Das Date hat nicht geklappt, also bin ich früher gegangen. Es ist doch nichts dabei, oder?“

„Hat er etwas versucht?“

„Nein. Matt hat mich dasselbe gefragt. Was habt ihr beide denn nur?“

„Wir sind besorgt um dich, Mom. Du warst noch nie mit einem Mann aus. Na ja, mit Daddy, aber das ist etwas anderes. Du weißt, was ich meine. Du bist nicht auf das vorbereitet, was wirklich zwischen einem Mann und einer Frau abläuft.“

„Aber du bist Expertin darin?“

„Natürlich nicht. Aber ich habe Freunde, deren Eltern geschieden sind. Die erzählen mir, wie es für ihre Mutter ist. Männer erwarten gewisse Dinge. Du bist nicht so eine Frau. Ich wollte nur sichergehen, dass alles in Ordnung ist.“

Beth wusste nicht, ob sie hysterisch lachen, Jodi umarmen oder in Tränen ausbrechen sollte. Sie entschied sich für einen Schluck Kaffee. „Ich weiß deine Besorgnis zu schätzen, wirklich. Und ich schwöre, dass Todd Graham ein perfekter Gentleman war. Er hat mich in ein sehr exklusives Restaurant geführt.“ In kurzen Zügen berichtete Beth von den Details, einschließlich der fehlenden Preise auf der Speisekarte und dem Angebot an Knochenmark.

Jodi schüttelte sich. „Das ist ja furchtbar.“

„Wem sagst du das? Ich konnte nur daran denken, dass alles, was ich auch bestelle, auf einem Teller serviert wird, auf dem schon mal Knochenmark war. Mir hat sich der Magen umgedreht.“

„Aber Todd war nett?“

„Sehr nett.“

„Und ihr habt euch unterhalten?“

„Allerdings, und das überrascht mich.“

„Hatte er Spaß?“

„Ich bin mir nicht sicher, aber ich würde Ja sagen. Wir sind gut miteinander ausgekommen.“

„Warum hat er dich dann früher gehen lassen?“

„Ist das Brot noch nicht fertig?“ Beth sprang auf und ging zur Maschine. Zu ihrem Leidwesen zeigte der Timer noch fast zehn Minuten an.

„Mom? Warum machst du so ein komisches Gesicht? Was verheimlichst du?“

„Gar nichts. Todd hat nichts zu meinem Verschwinden gesagt, weil ich ihm keine Chance gegeben habe. Ich habe mich entschuldigt und ihm eine Nachricht an den Tisch geschickt.“

Stille.

Beth schalt sich, Kinder erzogen zu haben, die eigene Meinungen hatten und diese äußern durften, solange es höflich und respektvoll geschah.

„Du hast ihn allein am Tisch gelassen und bist gegangen?“

„So wie du es sagst, klingt es furchtbar. So war es gar nicht.“

„Inwiefern war es denn anders?“

„Ich bin sicher, dass es ihn erleichtert hat. Ich bin nicht sein Typ. Er geht mit Frauen, die eher dein Alter haben als meines.“

„Aber du hattest eine Verabredung mit ihm, Mom. Wenn Matt oder ich so etwas täten, würdest du uns einen Monat lang Stubenarrest erteilen.“

„Ich hatte meine Gründe.“ Beth kehrte an den Tisch zurück, sank auf ihren Stuhl und barg das Gesicht in den Händen. „Ach, Jodi, du hast recht. Es war gemein von mir.“ Sie hob den Kopf. „Ich konnte es einfach nicht ertragen. Das Restaurant war piekfein. Ich habe mich so fehl am Platze gefühlt. Die Frauen, mit denen Todd geht, erscheinen in den Klatschspalten.“

Jodi wirkte immer noch schockiert, und dadurch fühlte Beth sich noch schlechter. Sie hasste es, ihre Kinder zu enttäuschen und ihnen mit schlechtem Beispiel voranzugehen. „Ich habe falsch gehandelt, und ich werde mich entschuldigen. Ich habe es bereits in der Nachricht getan, aber am Montagmorgen werde ich ihm Blumen ins Büro schicken lassen.“

„Wie war er denn so?“

„Anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Nett und charmant. Er hat mir nicht das Gefühl geben, dass er jede Minute furchtbar fand. Er hat sich sehr bemüht, mir diese offensichtlich für beide Seiten peinliche Situation zu erleichtern.“

„Also magst du ihn.“

Beth lächelte. „Ich halte ihn für einen angenehmen Mann, und das hat mich überrascht. Ich mag ihn, wie ich einen Bekannten mag.“

Jodi grinste. „Sicher, Mom.“ Sie stand auf. „Ich gehe jetzt duschen. Kannst du nach dem Brot sehen?“

„Kein Problem.“

Als Jodi die Küche verlassen hatte, starrte Beth aus dem Fenster hinaus in den Garten. Doch anstatt der Hecken, der Blumen und des Rasens sah sie Todds Gesicht vor sich. Er war ein gut aussehender Mann mit geradezu perfekten Zügen, einer geraden Nase und einem entschlossenen Mund. Sein dunkelblondes Haar war klassisch geschnitten, reichte gerade bis an den Kragen. Kühle, blaugraue Augen verliehen ihm etwas Geheimnisvolles, und trotz der Kleidung konnte man sehen, wie gut sein Körper in Form war. Entweder besaß er hervorragende Erbanlagen, oder er trieb regelmäßig Sport.

Jodis Bemerkung ging ihr immer noch durch den Kopf: Also magst du ihn.

Lag darin das Problem? War sie vorzeitig gegangen, weil er ihr Interesse geweckt hatte? Sie wollte es nicht für möglich halten. So feige war sie doch eigentlich nicht. Aber sie hatte das unangenehme Gefühl, dass es genau darum ging. Sie war nicht in der Position, sich mit jemandem einzulassen. Abgesehen davon, dass Todd sich bestimmt mit ihr gar nicht einlassen wollte. Beth hatte außerdem nicht das Bedürfnis, sich wehtun zu lassen. Sie war achtunddreißig Jahre alt und hatte das Gefühl, dass ihr Herz wie alle anderen Körperteile länger brauchte, um zu heilen, als damals mit sechzehn.

„Ich habe das Richtige getan“, beruhigte sie sich laut, während sie zur Haustür ging und die Morgenzeitung holte, die auf der Schwelle lag.

Sie blickte zu dem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite und war ausnahmsweise froh darüber, dass Cindy und Mike übers Wochenende weggefahren waren. Zumindest blieben ihr ein paar Tage, bis sie ihren besten Freunden von dem misslungenen Abend erzählen musste. Sie durfte gar nicht daran denken, wie Cindy reagieren und wie Mike darüber lachen würde.

Der Duft von Rosen erfüllte das Büro. Todd starrte auf den großen Blumenstrauß, der auf seinem Schreibtisch stand. Im Laufe der Jahre hatte er Hunderte von Sträußen verschickt, doch es war das erste Mal, dass er selbst Blumen erhielt. Ein Umschlag steckte zwischen den Stängeln. Er erkannte die Handschrift. Schließlich hatte er das Wochenende über immer wieder die Nachricht gelesen, die Beth Davis ihm hatte überbringen lassen. Also hatte sie die Karte selbst beim Floristen abgeliefert. Das war viel Mühe für eine Frau, die ihn sitzen gelassen hatte.

Er öffnete den Umschlag und überflog den Inhalt. Es war eine Wiederholung dessen, was sie ihm bereits am Freitagabend geschrieben hatte. Dass es ihr leidtat, ohne Abschied gegangen zu sein. Dass sie seine Freundlichkeit zu schätzen wusste und hoffte, er würde Verständnis für ihr Verhalten aufbringen.

„Eigentlich verstehe ich es nicht“, murmelte er vor sich hin, während er zu seinem Schreibtisch ging und in den Ledersessel sank.

Todd konnte es immer noch nicht fassen, dass sie ihn hatte sitzen lassen. Seiner Meinung nach besaß er ein gesundes Selbstvertrauen, ohne übertrieben eingebildet zu sein. Für gewöhnlich warfen sich Frauen ihm an den Hals, scharwenzelten um ihn herum und gaben deutlich zu verstehen, dass er sie haben konnte, wann immer und wo immer es ihm beliebte. Wieso hatte Beth ihre Verabredung vorzeitig beendet?

Er sagte sich, dass er es einfach dabei bewenden lassen sollte. Doch er konnte an nichts anderes denken. Entgegen seiner Erwartung, sich furchtbar zu langweilen, hatte er es genossen, mit ihr zu reden. Ihm gefiel, dass sie sich unbeeindruckt von ihm gezeigt hatte. Ihre Unsicherheit beruhte auf Unerfahrenheit, nicht auf seinem Bekanntheitsgrad. Ihre Aufrichtigkeit war verblüffend gewesen. Doch ihm gefiel, dass sie sagte, was sie dachte, und nicht das, was er hören wollte.

Sein Telefon klingelte. „Mr Graham, das Marketingteam erwartet Sie.“

Er stand auf und verließ sein Büro. Beth Davis hatte bereits zu viel seiner Zeit beansprucht. Das Meeting würde den ganzen Nachmittag über andauern. Wenn es vorüber war, wollte er die Blumen seiner Sekretärin schenken, beide Nachrichten wegwerfen und nie wieder an Beth denken. Vielleicht sollte er ein paar Tage verreisen. Nach New York? Es war April. Das Wetter konnte wunderschön dort sein. Lieber nach Paris, dachte er. Dort lebte eine Bekannte, die ihm einen netten Kurzurlaub bescheren würde.

Mit diesem Entschluss eilte er den Korridor entlang und ließ die Blumen und die Gedanken an Beth hinter sich.

4. KAPITEL

Zwei Stunden später verfluchte Todd sich selbst und den Wirrwarr an Straßen in Sugar Land. Er hatte sich verfahren.

Was zum Teufel ist bloß mit dir los? fragte er sich. Er hatte das Meeting mit einer unzureichenden Erklärung verlassen und fuhr nun seit fünfundvierzig Minuten durch die Gegend. Und wozu das alles? Er redete sich ein, dass er Beth Gelegenheit geben wollte, sich persönlich zu entschuldigen. Und er glaubte das auch beinahe.

„Sie ist nicht mein Typ“, murrte er vor sich hin, während er am Straßenrand anhielt. Er schaute im Stadtplan nach und stellte fest, dass er an der letzten Kreuzung falsch abgebogen war. „Sie ist nicht mein Typ, und wir haben nichts miteinander gemeinsam.“

Sie war zu alt, zu intelligent und zu ehrlich. Sie hatte Kinder. Er mochte keine Kinder. Zumindest nahm er das an.

An der nächsten Ecke bog er rechts ab und fand sich in der richtigen Straße wieder. Erneut fiel ihm auf, wie ähnlich sich die Gebäude hier alle waren. Er folgte den Hausnummern und hielt vor dem richtigen Haus an.

Eine junge Frau stand im Vorgarten und wässerte einige Pflanzen. Sie trug Shorts und ein T-Shirt und war groß und kurvenreich. Es überraschte ihn, dass Beths Tochter offensichtlich schon so alt war. Sie musste bereits sehr jung schwanger geworden sein.

Er stieg aus dem Wagen und spazierte den Gehweg hinauf. „Entschuldigen Sie!“, rief er über das Rauschen des Wassers hinweg. „Ist Ihre Mutter zu Hause?“

Sie wirbelte zu ihm herum. Er starrte in Beths Augen. Ihr Haar war zerzaust, ihr Gesicht frei von Make-up. Obwohl sie nicht für zwanzig durchgehen konnte, sah sie überraschend jugendlich in ihrer lässigen Kleidung aus.

„Was tun Sie denn hier?“, fragte sie verblüfft.

„Ich wollte zu Ihnen.“

Sie wich einen Schritt zurück, dann noch einen. Todd erkannte die potenzielle Gefahr und warnte: „Passen Sie auf den Sprinklerkopf auf.“

Doch es war schon zu spät. Beth stieß mit der Ferse an den Metallstutzen und geriet ins Stolpern. Der Schlauch in ihrer Hand zappelte wild, und ein Strahl kaltes Wasser traf sein Hosenbein.

Beth sah ihn entsetzt an. Er hoffte, dass es an dem Missgeschick und nicht an seinem unerwarteten Auftauchen lag. Doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie mit beiden Tatsachen zu kämpfen hatte. Sie ließ den Schlauch fallen, eilte zum Wasserhahn und drehte ihn zu. Dann wischte sie sich die Hände an den Shorts ab und wandte sich zu Todd um. „Sie sind hier.“

„Ich weiß.“ Er seufzte und gab vor, enttäuscht zu sein. „Ich habe mir gedacht, dass in der Vorstadt alles anders ist. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihre Begrüßungszeremonie billigen kann. Allerdings nehme ich an, dass es dennoch besser als eine Feuertaufe ist.“

Ihr Blick glitt an seinem Körper hinab zu seiner klatschnassen Hose. Sie schluckte schwer. „Ich würde ja anbieten, sie in den Trockner zu stecken, aber ich fürchte, dass der Stoff sich nicht dazu eignet.“ Sie schüttelte den Kopf. „Es tut mir so leid, Todd, wirklich.“

„Kein Problem. Obwohl ich nichts dagegen hätte, wenn ich mich etwas abtrocknen könnte.“

„Oh, ja, natürlich. Sie brauchen ein Handtuch.“ Beth blickte die Straße hinab. Zwei Frauen standen ein Stück weit entfernt. Sie unterhielten sich lebhaft und waren offensichtlich sehr an den Vorgängen in Beths Garten interessiert. „Wir sollten lieber hineingehen.“

Er spürte das kalte Wasser an seinen Beinen hinab in seine Schuhe rinnen. Zweifellos war die Hose ruiniert, doch das war ihm egal.

Beth ging voraus zur Rückseite des Hauses. Als sie die Hintertür öffnete, seufzte sie und murmelte: „Jetzt wird es mir heimgezahlt. Das überrascht mich gar nicht.“

Gerade wollte er sie fragen, was sie damit meinte, doch sie verschwand und ließ ihn in der Küche stehen. Am Freitag hatte er sich nur kurz im Eingang aufgehalten und den Eindruck gewonnen, dass ihr Haus klein und spärlich eingerichtet war. Doch nun sah er es anders.

Die Küche wirkte hell und behaglich. Eine Baseballmütze lag auf dem runden Tisch, zusammen mit Schulbüchern und einem Briefumschlag von einer örtlichen High School. Eindeutige Beweise dafür, dass sie Kinder hatte, was ihm nicht neu war. Unwillkürlich fragte er sich, wie viele es waren und wie alt sie sein mochten. Er hatte nie daran gedacht, eigene Kinder zu haben und sich nie für die Sprösslinge anderer Leute interessiert. Doch ihr Nachwuchs weckte seine Neugier.

Beth kehrte mit mehreren Handtüchern zurück. „Ich schlage vor, dass Sie ein paar davon mitnehmen, um Ihren Autositz zu schonen.“

„Danke.“ Er nahm ihr die Handtücher ab und begann, seine Hose abzutupfen. Er spielte mit dem Gedanken, ihr die Aufgabe zu übertragen, aber das hätte sie vermutlich völlig aus der Fassung gebracht.

Verlegen trat sie von einem Fuß auf den anderen. „Sie möchten doch keinen Kaffee oder so, oder?“

„Welch gnädige Einladung. Ein Kaffee wäre herrlich.“

„Es tut mir leid. Ich wollte nicht unhöflich sein. Es ist nur …“ Hilflos gestikulierte sie mit den Händen. „Sie sind hier. Ich habe Sie nassgespritzt. Heute ist nicht gerade mein Tag. Ich habe gebetet, dass sich die Erde auftun und mich verschlingen möge, aber hier in Texas gibt es nicht viele Erdbeben. Also muss ich es wohl einfach durchstehen.“

„Ist es denn so furchtbar?“

„Das hängt davon ab, warum Sie hier sind.“

„Wie wäre es mit dem Kaffee?“

„Ist Ihnen ein Eistee auch recht? Ich habe gerade welchen kalt gestellt.“

„Das klingt großartig.“

Während sie ihm ein Glas einschenkte, setzte er sich auf einen Stuhl am Tisch. Beth bot ihm Zucker an, den er ablehnte, und nahm widerstrebend ihm gegenüber Platz. Sie versuchte, ein Lächeln vorzutäuschen, und versagte kläglich.

Beinahe verspürte Todd Mitleid mit ihr. „Was haben Sie damit gemeint, dass es Ihnen jetzt heimgezahlt wird?“

Sie schmiegte die Hände um ihr Glas. „Das ist einfach so. Jahrelang war ich zufrieden mit meinem Leben. Ich wollte genau das, was ich hatte. Nicht mehr und nicht weniger. Ich habe meine ledigen oder geschiedenen Freundinnen mitleidig belächelt und keinen Gedanken daran verschwendet, dass ich auch einmal an die Reihe kommen könnte. Jetzt bemitleiden die Leute mich. Ich bin eine dieser ledigen Freundinnen.“

Unwillkürlich fragte er sich, ob ihr Ex-Mann in ihrem Leben noch eine Rolle spielte und ob er Umgang mit den Kindern hatte. Die Vorstellung wirkte seltsam beunruhigend. „Wie lange sind Sie schon geschieden?“

„Gar nicht. Ich bin Witwe. Mein Mann ist vor achtzehn Monaten gestorben.“ Ihr Lächeln wirkte traurig. „Unsere Ehe war sehr glücklich.“

„Das wusste ich nicht. Es tut mir leid.“ Er musterte ihr hübsches Gesicht und ihr leuchtend rotes Haar. Seiner Vorstellung nach waren Witwen alte, ganz in Schwarz gekleidete Frauen. Beth hingegen hatte Kinder, die noch zur Schule gingen. Ihr Mann hätte nicht sterben dürfen. Dass sie Witwe war, missfiel ihm auch noch aus einem anderen Grund. Ihre Ehe hatte nicht geendet, weil ihre Gefühle zu ihrem Mann oder seine zu ihr erloschen waren. Mit einer Scheidung hätte Todd besser umzugehen gewusst.

Sie stellte ihr Glas ab und stützte ihr Kinn auf die Hände. „Ich vermisse ihn immer noch. Ist das nicht albern? Aber es ist so. Es kam sehr unerwartet. Ein Autounfall.“

„Sie haben ihn geliebt.“

„Natürlich. Deshalb habe ich ihn geheiratet. Wir haben zwei Kinder zusammen.“

Liebe. Er hatte von dem Gefühl gehört. Jedes Mal, wenn einer seiner Elternteile wieder heiratete, handelte es sich angeblich um die wahre Liebe, die ein Leben andauern sollte. Stattdessen hielten die Beziehungen im Schnitt etwa zwei Jahre. Dann folgten lautstarke Auseinandersetzungen und Vorwürfe, die zur Scheidung führten. Kaum ein Jahr später war die nächste Hochzeit fällig. „Wie lange waren Sie verheiratet?“

„Knapp achtzehn Jahre.“

Das war praktisch ein Leben lang. Er kannte niemanden, der so lange verheiratet war. Die Ehe seiner Eltern hatte fast fünf Jahre gehalten, und die gesamte Familie hielt das für eine große Leistung. Worüber redete man Jahr für Jahr? Wie hielt man es miteinander aus, ohne sich gegenseitig verrückt zu machen?

„Ich glaube nicht, dass Sie den ganzen Weg hierher gefahren sind, um über meine Witwenschaft zu reden. Warum sind Sie also hier?“