Bin bei mir - Udo Schroeter - E-Book

Bin bei mir E-Book

Udo Schroeter

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Beschreibung

Die Auszeit am Meer wird für Tom zu einem Wendepunkt

»Wo bin ich nur mit meinen Gedanken? Und findet dort gerade mein Leben statt?«

Alltagsprobleme, Zukunftsängste, alte Wunden aus der Vergangenheit – oft sind wir mit unseren Gedanken überall, nur nicht da, wo unser Leben wirklich stattfindet: im Hier und Jetzt.

Tom und sein alter Freund Paul verbringen einige Tage am Meer. Schnell merkt Paul, dass Tom mit seinen Gedanken ganz woanders ist: Mal ist Tom bei der Arbeit, mal bei seiner nicht ganz einfachen Beziehung und ständig ist er abgelenkt von Belanglosigkeiten. Den gegenwärtigen Moment kann er nicht genießen. Getrieben von innerer Unruhe hat er das Gefühl, niemals im eigentlichen Leben zu sein. Etwas läuft falsch.
Doch dann erzählt ihm Paul die Geschichte von zwei Fischern auf der Suche nach dem idealen Fang und langsam beginnt Tom zu verstehen, wie sehr die fortwährende Überforderung im Alltag ihn daran hindert, im Hier und Jetzt anzukommen. Wie lässt sich das Gedankenkarussell aus alten Verletzungen, der Sorge und Angst vor dem, was kommen mag, bloß stoppen? Anschaulich zeigt ihm Paul anhand eines Modells, wie er wieder zur eigenen Mitte finden kann. Dabei kommen ein Kreis, zwei Flaschen und drei Steine zum Einsatz, die sinnbildlich zeigen, was nötig ist, damit ein erfülltes Leben gelingt. Vor allem aber, wie Tom es auch dann führen kann, wenn die Auszeit am Meer vorbei ist.

Eine inspirierende Erzählung des Bestsellerautors Udo Schroeter - mit einem praktischen Modell zur Visualisierung des eigenen Lebens!

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Seitenzahl: 128

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Inhalt

Wo bin ich gerade mit meinen Gedanken?

Und findet dort, wo ich mit meinen Gedanken bin, gerade mein Leben statt?

Das Wetter ist ideal zum Wellenreiten. Die zwei Freunde Tom und Paul haben sich in einer malerischen Bucht verabredet. Es wäre auch zu schön gewesen, doch bald schon stellt Paul fest, dass Tom mit seinen Gedanken gar nicht bei der Sache ist. Ständig ist er woanders, mal bei der Arbeit, mal bei seiner nicht ganz einfachen Beziehung. Seine innere Unruhe lässt ihn nicht ankommen.

Dann erzählt ihm Paul eine Geschichte von zwei Fischern, die Tom aufhorchen lässt. Als ihm Paul mithilfe dieser bildhaften Geschichte seine Situation anschaulich vor Augen führt, beginnt er zu verstehen. Er begreift, wie sehr ihn seine eigenen Gedanken an die Zukunft oder Vergangenheit daran hindern, im Hier und Jetzt zu sein.

In der Geschichte zeigen ein Kreis, zwei Flaschen und drei Steine sinnbildlich, was nötig ist, damit ein erfülltes Leben gelingen kann. Vor allem aber, wie Tom es auch dann führen kann, wenn die Auszeit am Meer vorbei ist.

Autor

Udo Schroeter ist Autor und veranstaltet Seminare und Workshops zu den Themen Persönlichkeitsentwicklung und Stressbewältigung. 2006 ist er mit seiner Familie auf die dänische Insel Bornholm ausgewandert. Seitdem ist er unzähligen Menschen zum Wegbegleiter geworden und ist ein gefragter Referent und Speaker. Seine tiefe Verbundenheit zur Natur ist in all seiner Arbeit spür- und erlebbar. Neben seinem Bestseller »Bin am Meer« hat er zahlreiche erfolgreiche Bücher veröffentlicht.

www.udoschroeter.com

UDO SCHROETER

Bin bei mir

Eine Erzählung über ein Leben im Hier und Jetzt

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright © 2024 Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: FAVORITBUERO, München

Umschlagmotiv: © Claudia Lieb

Innenteilabbildungen: © Claudia Lieb

Redaktion: Vera Baschlakow

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-32088-1V002

www.koesel.de

Inhalt

Prolog

Die Rückkehr

Die Geschichte der zwei Fischer

Loslassen, um anzukommen

Das Leben umarmt dich!

Dein Leben und das Leben der anderen

Miteinander im Unternehmen

Eine hoffnungsvolle Vision

Bedeutung der Symbole

… Kreis Hier und Jetzt

… Stein Körper

… Stein Herz

… Stein Verstand und Gedanken

… Flasche Vergangenheit

… Flasche Zukunft

PROLOG

Es war wieder einer dieser mittlerweile unzähligen Momente, in denen ich mit meinen Gedanken nicht dort war, wo sich mein Leben gerade abspielte. Meine Gedanken liefen meinem Leben ständig davon. Sie liefen voraus, immer voraus, und mir ging vom Hinterherlaufen langsam die Puste aus.

Ich konnte einfach den Knopf nicht finden, auf dem stand: Entspann dich endlich mal und fang an, dein Leben zu genießen, in diesem Augenblick: im Hier und Jetzt.

Du hast nur dieses eine Leben, und es findet gerade in diesem Augenblick statt.

Wenn es denn überhaupt einen derartigen Knopf gab …

DIE RÜCKKEHR

Wo bist du gerade mit deinen Gedanken?

Vor zwei Tagen waren mein Freund Paul und ich wieder in dem kleinen Küstenort angekommen, oder um es mit Pauls Worten zu sagen, gestrandet.

Wir waren Rückkehrer.

Rückkehrer sind Menschen, die zu einem Ort eine so tiefe Verbundenheit fühlen, dass sie ihn immer wieder in gewissen Zeitabständen aufsuchen. Und für uns war es jetzt endlich wieder so weit: Rückkehr.

Das erste Mal waren wir vor zwölf Jahren an diesem Sehnsuchtsort gelandet. Damals eher zufällig, weil wir mit unserem knappen Urlaubsbudget auf ein Angebot gestoßen waren, das unsere Herzen im Gleichtakt höher schlagen ließ. Wir buchten unsere erste Reise hierher, und wir wurden nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Manch einer würde bis heute von einem verschlafenen Nest sprechen. Für uns war es stets ein Stück Paradies auf Erden.

Und jetzt waren wir also wieder zurück an diesem traumhaften Ort, am Meer und in unserem Paradies.

Paul und ich kannten uns jetzt seit fast dreißig Jahren. Wir hatten die Schulbank in der letzten Reihe auf der weiterführenden Schule und die schlechten Noten in Mathe und Französisch geteilt. Wir spielten in derselben Fußballmannschaft – Paul als umschwärmter Mittelfeldstratege und ich als grobmotorischer Abräumer in der Sechser-Abwehrkette. Diese geballte Abwehrkette war nicht unumstritten, aber sie war notwendig, damit wir nicht bei jedem Punktspiel die Hucke richtig voll bekamen. Als kleines Dorfteam waren wir auf jeden Mitspieler angewiesen, der halbwegs geradeaus laufen und schießen konnte. Elf Jungs aus zwei Jahrgängen. Das war für ein Dorfteam eine echte Herausforderung, und damit hatten wir auch immer noch keine Auswechselspieler. Bei einer reinen Spielzeit von zweimal dreißig Minuten hissten die meisten von uns nach vierzig Minuten konditionell die weiße Flagge. Die meisten Gegentore bekamen wir in den letzten zwanzig Minuten.

In dieser Zeit verliebten Paul und ich uns beide in die Tochter des Trainers, und wir ließen kein Dorffest und keine Vereinsfeier aus, um bei ihr einen guten Eindruck zu hinterlassen.

Es war schließlich unser Torwart, der ihr Herz eroberte. Diese Schmach kittete unsere Freundschaft noch enger zusammen, und Jahre später war ich Pauls Trauzeuge, als er fest entschlossen und zielsicher in den Hafen der Ehe schipperte.

Er heiratete Maike, die Cousine der Trainertochter. Er hatte sie zufällig auf einem Handballturnier kennengelernt, auf dem er die Plätze kreiden sollte. Seine schief gezogenen Striche sorgen bis heute für Gelächter auf den Vereinsfeiern.

Ich suchte immer noch die Frau fürs Leben. Im Augenblick hieß meine Lebensabschnittsbegleiterin Susanne, und alles deutete darauf hin, dass auch die Beziehung mit ihr nur eine Episode in meinem gelebten Beziehungsstückelwerk werden würde.

Meine Beziehungen waren häufig zu emotionalen Kriegsschauplätzen verkommen, auf denen es richtig zur Sache ging: Eifersüchtelei, Besserwisserei, Kleinmacherei, Misstrauen und am Ende stand immer die Trennung – dieser Mix aus Befreiung und Ernüchterung. Beunruhigend war, dass die Lebensabschnitte mit jeder neuen Partnerin immer kürzer wurden. Ich war nicht beziehungsfähig, und es war Paul, der mir das in ein paar Tagen spiegeln würde. Noch ahnte ich davon nichts …

Paul war zum Wellenreiten hinaus auf das Meer gepaddelt, und ich saß in dem gemütlichen Strandcafé, in das ich mich die meiste Zeit des Jahres träumte. Ein Espresso mit Milchschaum, ein Cookie und der Anblick des wellenbewegten, endlosen Meeres, in dem Paul versuchte, nach einem Jahr wieder seine erste Welle zu reiten. Zwei, drei Mal stand er fast schon auf dem Brett, aber die nächste Welle war dann doch schneller als seine gealterten Knochen. Wir hatten schon auf der letzten Reise beschlossen, dass wir unsere Wellenreiterkarrieren rechtzeitig beenden würden. So rechtzeitig, dass niemand am Strand mit Fingern auf uns zeigen würde. Aber noch ging’s.

Und der Plan für die Zeit nach unserer Wassersportkarriere stand auch bereits fest: Wir peilten eine Karriere als Boulespieler an. Das Schöne an dem Sport war, dass man ihn so lange betreiben konnte, wie man noch halbwegs in der Lage war, die Kugeln wieder aufzuheben und nebenbei an einem gut gekühlten Pastis zu nippen. Beides gelang uns noch …

Jetzt in der Vorsaison war es nicht nur in den kleinen Cafés und Restaurants des Ortes angenehm unaufgeregt. Wir mussten auch die Wellen nicht mit allzu vielen anderen Surfern teilen. Am Strand und im Wasser war alles entspannt. Dies war ein weiterer Grund, warum wir immer wieder gerne an diesen Ort zurückkehrten.

Das Café lag direkt neben dem kleinen Hotel, in das Paul und ich uns eingebucht hatten. Fünfzehn Zimmer, und über die Jahre hatten wir wohl die meisten der Zimmer bewohnt.

Rückkehrer wählen gerne die vertrauten Unterkünfte, weil sie schon auf der zweiten, spätestens aber auf der dritten Reise persönlich und mit Vornamen begrüßt werden. Das bestärkt ihr Gefühl des Nach-Hause-Kommens.

Auch Jean, der Besitzer des Hotels, hatte sich über die Jahre unsere Namen gemerkt. Und nicht nur das, er schloss uns bei jeder neuen Begrüßung herzlich in seine starken, tätowierten Arme.

Das kam für einen Rückkehrer schon fast einer Einbürgerung gleich, ganz so, als wäre man nie weg gewesen und würde für immer dazugehören.

Es war früh am Nachmittag, und seit zwei Stunden lief das Wasser wieder auf. Draußen über dem Meer jagten Möwen nach unaufmerksamen Fischen. Die Wellen brandeten mit einem dumpfen Grollen an den vorgelagerten Sandbänken, rollten weiter zum Strand und verkrochen sich dann friedlich im Ufersand. Jede Welle, und war sie draußen auf dem Meer noch so mächtig, verkroch sich am Ende ihrer Reise an Land. Die Frage war nur, wie weit sie es vor ihrem Verschwinden auf den Strand hinaufschaffte.

Für den späten Nachmittag meldete der Wetterdienst Wellenhöhen zwischen drei und vier Metern. Das war der Schwell, mit dem Paul und ich gerade noch zurechtkamen. Ab fünf Metern saßen wir lieber am Strand und schauten den anderen beim Wellenreiten zu. Denen, die es nach unserer Meinung so richtig konnten. Oder wir gingen Boule spielen.

Der Anblick, der sich vom Café auf das Meer bot, war in seiner ganzen Schönheit kaum in Worte zu fassen.

Eine lang gestreckte, malerische Bucht mit feinstem Strandsand, die an ihrem südlichen Ausgang in rund gewaschene Felsformationen aus rötlichem Granit überging. Hier und da wuchsen kräftige Strandkiefern zwischen den Felsen. Der Seewind hatte sie geformt, und sie waren weise genug, mit dem Wind zu wachsen. Draußen vor der Küste ragten einige kleine Felseninseln aus dem Wasser. Auf zwei der Inseln standen Seezeichen. Sie wiesen den Booten den Weg in die Hafeneinfahrt.

Das Café selbst lag auf einer zwei Kilometer langen Promenade, die sich direkt an den überschaubaren Hafen in nördlicher Richtung anschloss. Es war ein lokaler Hafen, genutzt von den letzten Fischern in der Region und von protzigen Sportbootbesitzern, die meistens nur am Wochenende hier auftauchten. Das Hafenbecken war von Holzstegen gesäumt, auf denen zusammengezimmerte und rot angestrichene Holzschuppen für die Gerätschaften der Fischer standen. Manch einer der Schuppen schrie nach frischer Farbe.

Hinter dem Hafen erstreckte sich, wie auf der Südseite der Bucht, eine Klippenküste aus rund gewaschenen Graniten.

Auf der Promenade reihten sich Cafés, Restaurants und kleinere Geschäfte aneinander. In diesem kleinen Universum war alles vorhanden, was Rückkehrer und Neulandentdecker für ihre Auszeit am Meer brauchten. Sogar eine kleine Kapelle gab es.

Sie lag am südlichen Ende der Promenade und war nicht nur ein Rückzugsort, sondern auch der Ausgangspunkt für einen Küstenpilgerweg, der nach vierhundert Kilometern in einer anderen Kapelle am Meer sein Ziel fand.

Vierhundert Kilometer, das ist eine lange Strecke, um über sich und sein Leben nachzudenken.

Zwei Angler standen auf den Felsen am Ausgang der Bucht und warfen ihre Köder in das schäumende Wasser der anbrandenden Wellen. Vermutlich machten sie Jagd auf Wolfsbarsche, die mit jeder Flut direkt vor die Klippen schwammen, weil dort die Jungfischschwärme Schutz suchten.

Wer hier angelte, schaute immer zuerst in den Tidenkalender. Meistens jedenfalls …

»Tom? Hey, Tom? Mensch, wo bist du immer mit deinen Gedanken?«, fragte Paul plötzlich kopfschüttelnd, während er seinen Trockenanzug umkrempelte. Er war gerade aus dem Wasser gekommen und setzte sich zu mir an den kleinen Tisch. Ich hatte ihn nicht bemerkt.

Er lehnte sein Surfbrett an eine rustikale Holzwand neben dem Café, die irgendjemand aus Treibholzbrettern zusammengezimmert hatte. Auf einem der Bretter stand in grob eingekerbten Lettern »Pirate Islant«.

Mindestens einer auf der Pirateninsel litt unter einer Rechtschreibschwäche.

Es war das zweite Mal an diesem Tag, dass Paul mich fragte, wo ich mich gerade mit meinen Gedanken herumtrieb. Das erste Mal lag eineinhalb Stunden zurück, auf unserer Morgentour zum Strand.

Ich fühlte mich in diesem Moment ertappt, denn immer öfter war ich mit meinen Gedanken nicht mehr dort, wo sich mein Leben gerade abspielte.

Genau wie in diesem Moment. Der grandiose Blick auf das Meer, die hereinrollenden Wellen, der strahlend blaue Himmel, die chillige Atmosphäre in dem Strandcafé und die schmeichelnden Temperaturen waren, nach einer kurzen anfänglichen Begeisterung, nur noch der Rahmen für meine Gedankenreisen in die Zukunft.

Ich war da und doch nicht da.

Denn anstatt den Blick auf das Meer zu genießen, die wohltuende Wärme der Sonne auf meiner Haut zu spüren und mir den Espresso schmecken zu lassen, war ich die ganze Zeit mit meinen Gedanken woanders unterwegs. Das passierte meistens unbewusst, schleichend, und ich ließ mich mit meiner Aufmerksamkeit in meine Gedankenwelten entführen wie jemand, den etwas überkam, ohne selbst dafür verantwortlich zu sein.

Ein Unglück im Glück.

Und dabei hatte ich mich das ganze Jahr auf diese Reise gefreut – auf dieses überwältigende Panorama, auf die Atmosphäre in dem Café und auf die freie Zeit, ohne Anforderungen und Erwartungen.

Was ich vergessen hatte, war, dass ich mich selbst auf diese Reise mitgenommen hatte und dass es mir schon auf früheren Reisen nicht wirklich gelungen war, entspannt Urlaub zu machen.

Schon sehr lange, vielleicht seit Jahren, liefen meine Gedanken meinem Leben immer häufiger davon, und mir ging vom Hinterherlaufen langsam die Puste aus. Mir fiel kaum mehr ein, wann ich mit meinen Gedanken wirklich über eine längere Zeit einmal dort anwesend war, wo sich mein Leben gerade abspielte. Oder besser noch: ich einmal überhaupt nicht nachdachte, sondern mein Leben einfach nur genießen konnte.

Einfach nur da sein, mit allen Sinnen. Ein Leben im Hier und Jetzt.

Das war lange her!

Auch jetzt war ich wieder ein Getriebener meiner Gedanken, so sehr, dass ich nicht mal Pauls Erscheinen wahrnahm. Ich blickte auf die hereinrollenden Wellen und dachte daran, was mich nach unserem Trip wieder in meinem Büro erwartete. Ich war selbstständig, führte eine Druckerei, ein mittelständisches Unternehmen mit fünfundsechzig Mitarbeitern, und es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht die meiste Lebenszeit und Energie in diesem Unternehmen ließ. Und in den letzten Jahren wurde es gefühlt immer schwerer für mich, dieses Unternehmen zu führen. Der Markt, die Krisen, die wirtschaftlichen Herausforderungen – es war ein immer größer werdender Sorgenberg.

Und jetzt war es wieder da: dieses eingeschlichene Gedankenkino. Ich dachte am ersten Urlaubstag an mein Unternehmen und das an diesem wunderschönen Ort, bei traumhaftem T-Shirt-Wetter. Mein Büro lag rund zweitausendfünfhundert Kilometer entfernt …

Es gab in meinem Gedankenkino leider nicht den Hinweis: »Ihr gedanklicher Zielort befindet sich in zweitausendfünfhundert Kilometern Entfernung. Sie brauchen auf dem kürzesten Weg dreiundzwanzig Stunden und vierzehn Minuten, um diesen realen Ort zu erreichen.«

Meine Gedanken überbrückten die Entfernung spielend leicht in einer Nano-Sekunde!

Und als ob das nicht an sich schon reichte, um dieses Gefühl von innerer Unruhe und Kraftlosigkeit in mir zu kreieren, konnte ich gedanklich spielerisch leicht und fast unbemerkt aus meinem Unternehmen in meine Beziehung mit Susanne reisen. Wir waren jetzt seit drei Jahren ein Paar.

Auch Susanne lebte gerade in zweitausendfünfhundert Kilometern Entfernung, und für die Zeit meines Urlaubes hatten wir vereinbart, nicht miteinander zu sprechen. Jeder sollte für sich zur Ruhe kommen. Das würde uns beiden guttun.

Tja, statt die Ruhe zu suchen und zu finden, machte ich mir schon nach sechzehn Stunden und ein paar Minuten äußerem Abstand Gedanken über unsere Zukunft. Wenn es denn überhaupt noch eine Zukunft für uns gab …

Ein Fischkutter fuhr aus dem kleinen Hafen hinaus auf das Meer. Ein alter Holzkutter, wie er früher überall in den kleinen Werften an der Küste gebaut wurde.

Während der eine Fischer den Kutter sicher durch die enge Fahrrinne hinaus auf die offene See steuerte, klarte der zweite Fischer auf dem Hinterdeck die Netze auf. Die Möwen auf den Hafenmolen blieben entspannt sitzen. Kutter, die hinausfahren, haben keine Fische und keine Fischabfälle an Bord …