Blutworte - Heinrich Raab - E-Book

Blutworte E-Book

Heinrich Raab

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Beschreibung

In dieser vermehrten und verbesserten Neuauflage stellt sich Heinrich Raab wieder den Abgründen der menschlichen Existenz. Mit vollkommen neuen, teils überarbeiteten Gedichten stiehlt sich der Autor in die Herzen seiner Leser.

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Seitenzahl: 35

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Für Sophie

Am alten grauen Turme

Ein Schilderhäuschen steht;

Ein rotgeröckter Bursche

Dort auf und nieder geht.

Er spielt mit seiner Flinte,

Die funkelt im Sonnenrot,

Er präsentiert und schultert –

Ich wollt’, er schösse mich tot.

—Heine

Inhaltsverzeichnis

Der Ring

Der Totengräber

Zusammen

Ohne dich

Una und der Löwe

Ihre Stimme

Die Trennung

Das Bildnis

Der Apfelbaum

Der Knappe

Der Arme und keine Liebe

Nereiden

Warten

Schatten

Aus der Schlacht bei Jemappes

Die Prinzessin

Der Jäger

Die Perle

Der gelehrte Tor

Blutworte

Der Brunnen

Testament

Beschwörung

Die Stimme

Die Fichte

Der unglückliche Fischer

Krähenfraß

Der König der Erde

Ode an die Freude

Sterben

Vorüber

Stadtehe

Nachruf

Der Ring

Es war zu später Jahreszeit

Ein Friedhof unbefriedet,

Dort zitterte am ganzen Leib,

Dem Wasser gleich, das siedet

Der Geistliche des Ortes bleich

Gar weit entfernt vom Himmelsreich.

Er trug das Kreuz verkehrt herum

Auf einem Drudenfuße

Und las mit grämlichem Gebrumm

Von Sündenfall und Buße.

Das Pergament entsetzlich alt;

Die Stimme zu den Sternen hallt.

Er zittert mehr mit jedem Ton

Aus seinem schmalen Munde,

Daß aufgeregt die Raben floh’n;

Es schlug zur zwölften Stunde.

Die Nebel wabern wirr im Kreis

Wie auf des Geistlichen Geheiß.

Zwei Augen leuchten durch die Nacht

Auf leisen Katzenpfoten

Schleichen sie aus einem Schacht,

Zu stören jene Toten.

Der Vollmond hoch am Himmel steht,

Hört das bedrohliche Gebet.

Der Pfarrer hob erbost den Fuß,

Die Katze aufzuscheuchen;

Nicht stockt dabei der Redefluss

Mit schwärzesten Gebräuchen.

Das Tier trotz mancher Püffe nicht

Dem Pfaffen von der Seite wich.

Da öffnete ein Fenster sich

Am dunklen Firmament.

Der Kater um den Pfaffen strich;

Er las vom Pergament.

Und durch des Himmels leeres Loch

Schwarzer Rauch in Schlieren kroch.

Die Wolke brach brachial hervor,

Verfinsterte den Mond

Und schob sich vor das Sternentor,

Wo Gott im Himmel wohnt.

Man sieht kaum mehr zwei Schritte weit,

Den Rest verschluckt die Dunkelheit.

»Die Lüge ist der letzte Lohn«,

Spricht zitternd nun der Greis

Das Wort des Nekronomikon;

Ihm wird es kalt und heiß.

Er wischt den Schweiß ab am Talar;

Der Blick wandert zum Himmel starr.

Aus dem Finster steigen bald

Tastende Tentakel:

Halb Engel ist die Schreckgestalt,

Trägt halb der Menschen Makel.

Der Kopf daselbst ein Oktopus,

Vor dem der Pfarrer schaudern muß.

Die Katze wird auf einmal still

Und schnurrt dem Leib entgegen,

Der durch das Fenster steigen will,

Die Luft ein einzig Regen.

Es schwingt sich auf, sechs Häuser groß

Der wütend schauende Koloss.

Die Flügel waren gräulich blau

Mit Krallen an den Händen.

Verwittert war der Körperbau

Von Tang und Würmerenden.

Das Fenster schließt mit einem Knall,

Schwarzer Rauch ist überall.

Mit einem Schlag kommt er herab

Und landet auf dem Boden.

Erbeben taten Strauch und Grab,

Als meckerten die Toten.

Der Pfarrer wirft sich in den Staub

Und zittert wie ein Espenlaub.

»Wurm«, spricht es wie ein Donnerschlag,

»Was ist dein Begehren?«

Die Stimme ging durch Bein und Mark,

Der Pfarrer sprach in Zähren:

»Herr, ich hatte einst ein Lieb,

Bis sie mir stahl ein elend Dieb«

»Sie kam darauf zur Niederkunft

Und starb noch in den Wehen

Das Kind war ohne Unterkunft

Und tat zu Petrus gehen.

Bringt Ihr mir wieder meinen Sohn,

So sei mein Leben Euer Lohn!«

Der Schemen lachte schallend laut

Mit zuckendem Getaste:

»Nachdem Euch starb die junge Braut,

Gingt Ihr zur Priester-Kaste.

So wird man durch den Frevel fromm,

Zum Gilead das Babylon!«

Ein Tentakel fuhr sogleich

Tief in das Gedränge

Und offenbart, mit einem Streich

Ein Ringlein mit Gepränge.

Darauf gebrannt war sternenhell

Das Zeichen Cadmus’ Peverell.

Er gab ihn lachend an den Abt,

Der flach am Boden kauert

Und dem es noch, wie einst gehabt,

Am ganzen Körper schaudert.

Indem der Greis den Ring hochhält,

Schwindet der Schatten dieser Welt.

Da löste seine Starre sich

Und mit einem Tritte

Jagt er die Katze fürchterlich,

Ein Lächeln auf der Lippe.

Mit viel Geheul entflieht dem Ort,

Eilt das Getier vom Friedhof fort.

Sodann verbirgt der Abt den Ring

Unter der Kukulle