Brink of Insanity - Elena Bork - E-Book

Brink of Insanity E-Book

Elena Bork

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Beschreibung

Deutschland in einer fiktiven und düsteren Zukunft: Wenn eine Epidemie ausbricht und seltsame Kreaturen über das Land hereinbrechen, sehen sich junge Studenten gezwungen, um ihr Überleben zu kämpfen. Doch es ist nicht nur das eigene Land, das geradezu in die Apokalypse stürzt, sondern auch andere Länder Europas und bald schon die ganze Welt. Wie kann man in einer Welt überleben, in der die Gesellschaft zertrümmert, das Überleben schier unmöglich gemacht wird und sich eine Verschwörung offenbart, die die Welt in Chaos und Verzweiflung stürzen wird. Dies ist das erste Buch einer Reihe, die von einer dystopischen und apokalyptischen Zukunft Deutschlands und der Welt erzählt. Diese Reihe erzählt eine Geschichte voller Spannung, Abenteuer und Horror in einer Welt, in der eine unbekannte Epidemie ausbricht, Gen-Manipulationen an der Tagesordnung sind, eine Weltverschwörung die Fäden im Hintergrund zieht und das Konzept der Gesellschaft aufhört zu existieren. Es erzählt die Entwicklung einer Zombie-Apokalypse von Beginn an und wie eine Gruppe von unterschiedlichen, jungen Menschen um das Überleben kämpfen. Irgendwann werden sie mit der Wahrheit konfrontiert, die eine weitaus größere Bedrohung für sie und die gesamte Menschheit darstellt. Das Buch erzeugt Spannung durch unvorhergesehene Ereignisse und einer beschwerlichen Reise der Protagonisten, in einer Welt die um sie herum zusammenbricht. Das Werk verbirgt jedoch einen viel größeren Zusammenhang, der von den Fortsetzungen lückenlos aufgedeckt wird.

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Buch 1 - Das Ende

Kapitelauswahl

Inhaltsverzeichnis

Krieg

Erwachen

Jäger und Beute

Gefangen

Rettungsaktion

Hoffnung

Aussichtslos

Kein Erbarmen

Sicherer Hafen

Trial and Error

Die Ruhe vor dem Sturm

Barmherzigkeit

Mut zur Wahrheit

Ein Ausflug mit Folgen

Die lauernde Gefahr

Unfall oder Schicksal?

Eine schwere Entscheidung

Unverhofft kommt oft

Ein steiniger Weg

Überlegenheit

Blut und Feuer

Nichts ist wie es scheint

Krieg

Ein Jahr ist es nun schon her. Ein verdammtes Jahr ist nicht spurlos an ihnen vorbei gerast, seit sie zum ersten Mal dem Tod in die Augen geblickt haben. Sie kann auch heute noch ihre salzigen Tränen von damals auf der Zunge schmecken, die katastrophalen Schreie in ihren Ohren hallen hören, den widerwärtigen und sauren Duft aus Blut und Eingeweiden riechen, die Angst auf ihrer Haut spüren, die wie unendlich viele Tausendfüßler herumkrabbeln und sie beißen und den Horror vor ihren Pupillen erkennen, der sie seitdem keine Nacht ruhen lässt. Diese Welt hat ihr bislang nichts weiter entgegengebracht als Angst und Terror....jeden, verfickten Tag, denkt sie. Wie soll sie das alles durchstehen? Wie soll sie dieses Leben noch weiter durchfechten, wenn ihre Lebenszeit jeden Tag schrumpft? Lohnt sich das Leben wirklich noch, wenn alles um einen herum zerbröselt und das Gerüst der eigenen Welt komplett kollabiert ist? Sie fasst sich an die Schläfe und richtet sich vom Bett auf. Auch heute schmerzt ihr der Kopf. Unzählige Albträume, die zu einem größeren werden, kurz bevor sie schweißgebadet aufwacht. Sie kann sogar die Tage zählen, an denen sie nicht von irgendwelchen Gruselszenarien heimgesucht wird. Als wäre dieses Leben nicht gruselig genug mit den ganzen surrealen Ereignissen. Sie streichelt ihre Stirn und wischt sich damit einen weiteren schimmernden Streifen aus Angst und Schweiß. Sie stützt sich mit beiden Armen vom Bett ab und steht auf. Sie faltet ihre Arme hinter ihren Rücken und presst die Schulterblätter zusammen. Diese knacken und knirschen, wie jeden Tag. Ihr Top verdeckt keinen einzigen blauen, grünen oder gelben Fleck, der seit den letzten Monaten ihren Körper als Mosaik dekoriert. Doch von Schmerzen keine Spur. Der innerliche Schmerz setzt ihr Tag für Tag mehr zu als die Blessuren auf ihrem Körper. Sie blickt hinter sich auf das Bett und sieht Hope schlafen. Eines ihrer kleinen Beine liegt auf der Decke, denn nur so kann sie am besten schlafen. Die beste Lösung, damit es ihr nachts nicht zu kalt aber auch nicht zu warm wird. Gaya schaut ihr kurz beim Schlafen zu und wie dieses kleine, süße Mädchen leise atmet. Vielleicht lohnt es sich allein ihretwegen weiter am Leben zu bleiben. Ein Kind in dieser miserablen und verkorksten Welt muss man um jeden Preis beschützen. Als sie sie wecken möchte, ertönt die Sirene.....diese Woche schon zum vierten Mal....Geben diese Dinger niemals Ruhe? Hope erwacht wie aus der Kanone geschossen und setzt sich verängstigt auf. Ihr Brustkorb bewegt sich schnell auf und ab und sie schaut Gaya dabei fassungslos an. Hope greift nach der Decke und zieht diese bis zum ihrem Mund hoch.

„Du bleibst hier, ok Hope? Du kennst die Routine. Egal, was passiert, Du verlässt dieses Zimmer NICHT!“

Hope schaut zur offenen Tür und sieht mehrere Menschen durch den Flur rennen, einige von ihnen bis an die Zähne bewaffnet.

„Hope, schau mich an. SCHAU mich an!“ Gaya dreht dabei den kleinen Kopf des Mädchens zu sich und kann die Angst in ihren wunderschönen, kleinen grünen Augen ablesen. „Du bleibst in diesem Zimmer, EGAL, was passiert. Hast Du mich verstanden?“

Hope nickt langsam und hypnotisierend wie ein Metronom. Gaya weiß, dass die Kleine sie verstanden hat und dass sie bisher auch immer brav auf sie hört. Das wird heute auch nicht anders sein. Gaya zieht schnell eine Hose über und ihre Jacke an, bevor sie aus dem Zimmer rennt und die Tür abschließt. Durch das kleine, quaderförmige Gitter schaut sie ein letztes Mal auf das kleine Mädchen, das ihr verängstigt nachschaut. Sie atmet tief durch, dreht den Schlüssel um und steckt diesen in die enge Hosentasche, sodass er nicht herausfallen kann. Sie folgt den anderen ebenfalls rennend und hält im Flur, circa zwanzig Meter weiter, an und trifft auf Joaquín. Dieser hat bereits seine Rüstung angezogen und schaut sie durch den rostigen Schlitz an.

„Die anderen sind unten. Wir müssen uns beeilen.“ Wortkarg wie immer, dieser unsympathische Mann. Sie braucht ebenfalls ihre Rüstung, doch diese ist unten also rennt sie mit den anderen Soldaten die alte Steintreppe hinunter bis sie von Damian angehalten wird.

„Sie greifen uns wieder an“ er streckt ihr den Lederoverall mit nervöser Hand entgegen.

„Das ist mir schon klar“ nimmt sie diesen an sich und zieht ihn über ihren, vom Schweiß durchtränkten Top und der engen Jeans. Sie merkt auch, dass sie riecht als sie die Arme ausbreitet, um in die Ärmel hineinzugelangen, doch das ist ihr egal. Wasser ist knapp, Duschen ist ein Luxus und der Sommer in Andalusien treibt das Ganze auch noch auf die Spitze. Damian setzt seine Maske wie gewohnt auf und schnappt sich zwei der Maschinenpistolen, die an der Wand hängen. Die anderen um sie herum murmeln unruhig auf Spanisch doch das kennen die beiden bereits. Ein Monat sind sie nun auf dieser Festung und auch wenn sie dort relativ sicher sind, wie ein zuhause fühlt sich das nicht an. Vor allem nicht, wenn Tausende von Menschen hier leben und sie noch nicht einmal einen Viertel von denen kennen. Alles Fremde, die versuchen in dieser Welt zu überleben und für das kämpfen, wofür es sich ihrer Meinung nach zu leben lohnt.

„Ist sie oben?“

„So wie immer, Damian. Mach Dir keine Sorgen....ihr wird nichts passieren.“

Er nickt und legt eine Maschinenpistole um seine Schulter, nimmt die andere an sich und überprüft die Magazine. Die restlichen legt er sich um seinen Gurt und schaut Gaya an, nachdem er die Waffe einsatzbereit in seinen starken Armen platziert.

„Ich verstehe nur nicht, warum sie jetzt so oft hintereinander kommen....Denkst Du....es könnten diesmal mehr von ihnen sein?“ fragt sie mit gesenktem Haupt. Sie zieht die Bleistiefel mit den Metallspitzen an, setzt ebenfalls ihre Maske auf und greift nach ihrem Speer, dessen Spitze an der Wand frischt poliert glänzt.

„Das werden wir gleich sehen....bist Du fertig?“

Sie nickt, richtet sich auf und folgt ihm die Steintreppe auf der anderen Seite wieder nach oben. Die einhundert Stufen kommen einem gar nicht mehr so lang vor, wenn der Körper Adrenalin durch ihre Adern pumpt. Oben auf dem Spitzenturm angekommen sind alle in Alarmbereitschaft. Die Bogenschützen, darunter auch Rhea, schießen ununterbrochen und Chris steht ebenfalls an den Zinnen angelehnt und überprüft die Eisenseile, damit sie rechtzeitig gekappt werden können. Damian zögert nicht, greift nach dem Haken an einem der Seile und rutscht damit 100 Meter in die Tiefe. Gaya schaut ihm nach und bückt sich über die Zinnen, um einen Blick nach unten zu erhaschen. Durch die dünne, schmale und durchsichtige Plastikschicht, die den Augenbereich der Maske schützt, starrt sie entsetzt über die Mauer nach unten. Ihr schwerer Atem wird immer schneller und sie muss die Maske kurz bis über die Augen nach oben schieben, weil sie ihren Augen kaum traut. Hunderte von Männern und Frauen kämpfen da unten gegen ....

„Oh mein Gott.....das sind viel zu viele“ erschrickt sie und schaut Chris zu ihrer rechten an.

„Wir haben echt keine Zeit darüber zu staunen.....es ist schon schlimm genug, dass es auf einmal mehr geworden sind....Die sind vielleicht noch intelligenter als wir dachten.“

Gaya schluckt bitter schmeckenden Schweiß hinunter und spürt wie Angst sich in ihrem Körper ausbreitet. Hunderte von Überlebende kämpfen bis aufs Blut gegen Tausende von ihnen. Die letzten Tage waren es gerade mal Hunderte von denen. Aber jetzt? So viele von diesen schnellen und aggressiven Infizierten, die diese Festung seit Monaten angreifen. Wird das je ein Ende nehmen?

„LOS jetzt! Wir brauchen Dich Gaya!“ Er streckt ihr den Greifhaken entgegen, doch sie nimmt ihn nicht. Sie wischt sich den Schweiß von ihrem Gesicht, setzt die Maske schnell auf und steigt auf die Zinne drauf. Sie geht in die Hocke, legt ihren Speer auf das Seil und hält diesen mit beiden Händen an jeweils einer Seite fest. Sie stößt sich mit den Stiefeln von der Mauer ab und gleitet mit ihrem Speer nach unten. Noch im Sturzflug erkennt sie aus der Höhe ihre Freunde, die unten mitmischen und die Infizierten, einen nach dem anderen, ausschalten. Ihre Aufgabe ist es nun den ganzen Frontkämpfern vor der Mauer beizuwohnen und sie im Kampf zu unterstützen. Sie müssen das Tor um jeden Preis verteidigen. Zwei Meter über dem Boden lässt sie los und rollt nach vorne. Sie richtet sich aus der Hocke schnell wieder auf, rammt ihre Ferse gegen den sandigen Boden und spurtet nach vorne mitten ins Getümmel hinein. Die Typen mit den Eisenschildern sind natürlich ein Segen für alle, da sie mit ihrer Formation die meisten Infizierten zurückdrängen, damit sie von oben und von unten abgeschossen werden können. Sie springt über einen Soldaten hinweg, indem sie ihren Speer als Stütze einsetzt, wie beim Hochsprung. Im Sprung richtet sie ihren Doppelspitzen-Speer mit einer Klinge nach unten und durchbohrt einen infizierten Mann vom Schulterblatt bis hin zum Oberschenkel. Dieser wird zusammengedrückt und flachgelegt als sie auf ihm landet. Sie richtet sich wieder auf und zieht den Speer mit blutiger und eitriger Klinge heraus. Die Infizierten um sie herum unterbrechen den Angriff auf den Schildwall und widmen ihre Aufmerksamkeit gänzlich ihr zu. Sie packt ihren Speer in der Mitte an und dreht an der Vorrichtung. Die beiden Klingen an den Enden werden an einem langen Eisendraht ausgefahren und baumeln nun an den geöffneten Enden hängend. Sie hebt den Speer über ihrem Kopf und dreht daran mit beiden Händen. Die baumelnden Eisenklingen sind länger geworden, um den Angriffsradius zu erweitern. Die Klingen werden rotiert und wirbeln Sand vom Boden auf. Ein Infizierter faucht und rennt auf sie los. Die anderen folgen seinem Beispiel und stürmen ebenfalls auf sie zu. Gaya richtet ihren drehenden Speer mit den langen Klingen an jeder Seite in die Richtung des näher heranrückenden Infizierten und köpft ihn mit einem sauberen Schnitt. Sie dreht den Speer nun gekonnt in alle Richtungen und rotiert dabei ihren Körper mit. Der Speer mit den Eisenklingen dreht sich wie ein Fleischwolf und zerschneidet jeden Infizierten, der sich ihr nähert. Das ganze Blut und der Eiter fliegen um sie herum und die Spritzer landen auch auf ihre Maske. Kein Infizierter schafft es in ihre Nähe, ohne von den Klingen komplett zerteilt zu werden. Meistens sind es Köpfe, da Gaya die Klingen leicht über ihren Kopf dreht und jeder, der sie angreift, größer ist als sie. Doch bei den schnellen Drehungen werden auch ausgestreckte Arme komplett zerschnitten und Köpfe von kleineren Infizierten skalpiert. Sie senkt die drehenden Klingen zur Seite und unterbricht die Drehung abrupt, indem sie an der Vorrichtung wieder dreht. Die langen Klingen an den Enden werden wieder eingezogen und der Speer ist nun kürzer. Sie rammt diesen in den Boden und stützt sich kurz daran ab, da ihr von der ganzen Drehung etwas schwindlig ist. Um sie herum haben sich schon mehr als vierzig Leichen gesammelt und sie hat keinen Platz mehr, um stabil stehen zu können. Sie greift nach ihrem Speer und rennt nach vorne, um die hintere Reihe anzugreifen. Ihren Speer nutzt sie als Schwert, um mit einer Klinge weitere Infizierte zu zerschneiden, die sich unglaublich schnell auf sie zu bewegen. Als sie merkt, dass sich welche auch hinten um sie herum schleichen, streckt sie die andere Klinge nach hinten und dreht sich dabei um, um weitere Köpfe zu durchbohren. Sie hat vergessen, wie gut es tut, je mehr sie von diesen Dingern das Licht ausknipst. Auch wenn es Menschen waren oder sind, das ändert nichts daran, dass sie einfach unschuldige Menschen beißen, töten, essen....Diese Vorstellung ist einfach nur widerlich und sie spürt, wie die Wut in ihrem Körper aufsteigt. Sie dreht an der Vorrichtung in die andere Richtung und ihr großer Speer wird in der Mitte gelöst, sodass sie nun zwei Eisenstangen mit jeweils einer Klinge an der Spitze, in der Hand hält. Sie hält die Enden gut fest und rennt mit beiden Stangen auf die Angreifer los. Ihre Klingen rammt sie in jedes widerliche Gesicht, das ihr entgegenrennt. Das sind keine Menschen mehr....diese blutrünstigen Augen und diese Aggressivität....das sind definitiv keine Menschen mehr und niemand wird sie jemals vermissen, denn es gibt auch fast keine Menschen mehr, die überhaupt noch jemanden vermissen können. Sie dreht ihren Körper und zerschneidet mit den blut- und eitergetränkten Klingen durch Haut und Fleisch. Sie wischt den Eiter von den Klingen an ihrer Lederrüstung ab und rammt anschließend die beiden Klingen in den sandigen Boden, um eine Rolle rückwärts zu schlagen. Somit ist sie nur knapp einem Angriff entkommen. Einer der Infizierten richtet seine Eisenstange wieder auf Gaya und rennt los. Er ist so schnell, dass sie ihre Klingen nun kreuzen muss, um die Eisenstange aufzuhalten, die nun gegen die Klingen drückt. Funken sprühen und sie hört das Kratzgeräusch des Metalls, das an den Klingen reibt. Das Gesicht des Infizierten ist nah an ihrer Maske und sie erkennt die Wut in seinen Augen. Die unkontrollierte Wut, die seine Arme zittern lässt, die die Eisenstange weiter gegen ihre Klingen drücken. Sie fällt auf ein Knie und stützt sich mit einem Fuß am Boden ab, um nicht komplett abzurutschen.

Der Mann ist unglaublich stark aber das ist sie auch. Sie drückt mit den Armen und der ganzen Kraft darin gegen die Stange und merkt, dass sie nur wenig bezweckt. Sie atmet aus, drückt die Eisenstange zu ihrer linken und lässt überraschend die Klingen zur Seite los. Die Stange trifft sie an der Schulter und sie merkt, dass ein weiterer, noch übler Fleck daraus entstehen wird. Der Infizierte wirkt überrascht, doch er hat nicht gemerkt, dass während die Stange sie getroffen hat, waren ihre Klingen bereits in seinen Bauch gerammt worden. Sie zieht die Klingen raus, richtet sich auf und schneidet ihm den Kopf ab. Das Blut spritzt wieder gegen ihre Maske und ihre Sicht wird dunkelrot. Mit dem Lederärmel wischt sie sich alle Flüssigkeiten vom Visier und macht weiter, denn es ist noch lange nicht vorbei. Damian hat auch alle Hände voll zu tun. Mit der Maschinenpistole in seinen Armen ballert er mittlerweile nur noch herum, denn es sind tatsächlich viel zu viele, um sich extra Zeit zu nehmen und sie gezielt auszuschalten. Die Bogenschützen und Scharfschützen tun ihr Bestes nur bei dem Ansturm sind diese Infizierten einfach zu schnell und es ist anscheinend auch kein Ende in Sicht. Er schaut sich um und sieht andere Kämpfer, die entweder erfolgreich sind und die Infizierten zurückdrängen oder weniger erfolgreich. Es ist traurig zusehen zu müssen, wie viele gute Kämpfer und Überlebende ihr Leben verlieren und von diesen Infizierten gnadenlos getötet werden. Köpfe werden zerschmettert, Halsadern aufgebissen. Es ist ein furchtbares Bild. Wo sind die nur herausgekrochen, fragt er sich, als er nachlädt und einem Infizierten, der sich nähert, einen Faustschlag verpasst, der ihn auf den Boden zwingt. Nachdem das Magazin schnell wieder geladen ist, stellt Damian seinen Springerstiefel auf den Brustkorb des Infizierten und schießt ihm in den Kopf. Seine Waffe richtet er ganz schnell wieder nach links und schießt auf noch mehr aggressive Körper, die mittlerweile auch den Schildsoldaten gefährlich werden. Von oben sieht er wie auch Kinder und alte Menschen Steine hinunterwerfen auf diejenigen, die einzeln am Schildwall vorbei sind und sich nun dem Tor nähern. Er nimmt die zweite Maschinenpistole von seiner Schulter und bedient sich nun beiden Waffen, um den größtmöglichen Schaden anzurichten. Die Munition ist zwar knapp ausgelegt aber er ist nun einmal ein Soldat und Soldaten benötigen Schusswaffen und nicht irgendwelche Mittelalter Utensilien. Die Kämpfer neben ihm nutzen alle scharfen Gegenstände, die sie sich haben schmieden lassen. Dank den Rüstungen bleiben die meisten unversehrt, zumindest die, die nicht umgeworfen werden, um dann die Rüstung abgezogen und die Haut vom Gesicht abgebissen zu bekommen. Sanitäter können sie sich hier draußen kaum leisten. Er ballert weiter und schaltet so Reihe für Reihe aus. Die Maschinenpistolen sind zwar schwer zu kontrollieren, doch geübt wie er ist, kann er sie problemlos steuern, auch wenn das Drehen des Körpers etwas langsam vorangeht. Einer seiner Kameraden links von ihm verliert sein Schwert im Tumult und rennt schnell zurück hinter den Schildwall. Damian wirft ihm eine seiner Maschinenpistolen zu. Er fängt sie in der Luft und schießt nun von hinter den Schildsoldaten auf die Infizierten, da sein Helm mit voller Wucht abgeschlagen wurde. Wenn auch nur ein bisschen Blut, Eiter oder andere Körperflüssigkeiten mit den Schleimhäuten in Kontakt kommt, ist das ihr Todesurteil. Damian erblickt Gabriel, der sich trotz schwerem Lederoverall fließend bewegen kann und Infizierte einfach nur zu Tode verprügelt oder mit seinen Kicks ins Jenseits befördert. Als einer der Infizierten von hinten nach Gabriel schnappt und den Arm um seinen Hals legt, um ihn nach hinten umzustürzen, nutzt Gabriel eine Infizierte vor sich als Sprungbrett. Er federt sich mit den Beinen ab, indem er mit ihnen gegen ihre Brust drückt und schleudert sich so nach hinten. Er befreit sich aus dem Griff des Infizierten und landet genau hinter ihm. Er packt dessen Kopf mit beiden Metallhandschuhen und dreht ihn, als wäre er aus Pudding, Das Genick des Infizierten knackt und dieser fällt sofort auf den Boden. Gaya wird weiterhin umzingelt und die Infizierten versuchen an ihrem Körper zu ziehen, doch schaffen es nicht weit zukommen, da die Klingen sich entweder schnell in ihre Körper bohren oder diese zerschneiden. Sie muss jedoch höllisch aufpassen, denn einige von ihnen haben auch tatsächlich Waffen. Sie haben sie deutlich unterschätzt, insbesondere die Intelligenz und den starken Tötungs- und Überlebenswillen. Diese Infizierten können nichts dafür, dass sie zu dem geworden sind, was sie jetzt darstellen. Aber die anderen Überlebenden werden bestimmt nicht klein beigeben und als ihr Futter enden.

Das Überleben gebührt den richtigen Menschen und nicht diesen Anomalien. Auch wenn ihre Arme und ihr gesamter Körper schon schmerzen, hört sie nicht auf mit ihren Klingen alles zu zerschneiden, was sich ihr in den Weg stellt. Einer von den Infizierten, dessen Beine von ihren Klingen durchbohrt wurden, krabbelt auf sie zu und zieht die Beine unter ihrem Körper weg. Sie fällt auf den Rücken, ohne die Klingen jedoch loszulassen. Intuitiv rammt sie eine der Klingen genau durch das rechte Auge in den Schädel des krabbelnden Infizierten. Die anderen greifen nach ihren Beinen, um sie wegzuziehen, doch sie strampelt, kickt und fuchtelt aufsitzend mit ihren Klingen herum, die weitere Körperteile zerschneiden und trennen. Der Kopf des Infizierten, der ihre Beine festhält, wird mit einem Schuss zwischen die Augen nach hinten geschleudert. Er lässt ihre Beine los und fällt zunächst auf die Knie und dann auf den Rücken. Gaya strampelt, um sich wieder aufzurichten und bringt ihre kleinen Speere an der Vorrichtung zusammen und dreht daran. Der Speer ist somit wieder vollständig zusammengeführt. Sie blickt kurz über ihre Schulter nach hinten und sieht im blendenden Sonnenlicht eine liegende Silhouette auf einem der kleineren Türme. Es ist Christine, die mit ihrem Scharfschützengewehr nun die restlichen Infizierten abknipst, die um Gaya herum einen Kreis bilden. Gaya nickt in der Hoffnung, dass Christine ihren Dank aus der Entfernung wahrnimmt. Sie dreht sich zu der nächsten Reihe von Infizierten um und rennt auf sie los. Sie nutzt eine der Leichen als Absprung und wirft ihren Speer in die zweite Reihe. Die Stangenwaffe bohrt sich mit der vorderen Klinge durch den Hals einer infizierten Frau, die sich ebenfalls zum Leichenberg dazu gesellt. Als Gaya wieder landet, stehen drei Infizierte vor ihr. Sie läuft auf den mittleren zu und weicht seinen greifenden Armen zur Seite aus. Sie packt seinen Kopf, dreht ihn um und nutzt die Leiche als Halt, um mit ihrem Körper nach rechts abzuspringen. Ihre Bleistiefel mit der ausgefahrenen Klinge platziert sie in das Auge des Infizierten zu ihrer rechten. Sie lässt den Mann los, dessen Hals sie umgedreht hat und rennt auf ihren Speer zu. Da sie von links und rechts angegriffen wird, lässt sie sich auf dem Sand rutschend dahingleiten. Sie rutscht an ihrem Speer vorbei, den sie vorher noch gekonnt rauszieht. Diesen dreht sie liegend in ihren Händen und zerschneidet so viele Beine, deren Oberkörper zum Glück nach hinten fallen und nicht auf sie drauf. Sie macht eine Rolle rückwärts und richtet sich wieder mit dem Speer auf. Sie dreht den Speer in ihren Händen, rotiert dabei ihren Körper und zerhackt, schneidet und enthauptet, ohne auch nur eine Sekunde drüber nachzudenken. Ihr wird unter der Lederrüstung sehr warm und der Schweiß kullert einfach den Hals hinunter, doch sie darf sich keine Pause gönnen, nicht bevor jeder Einzelne dieser Infizierten hier und heute stirbt. Sie kann nur hoffen, dass sie sich wieder zurückziehen, so wie jedes Mal, doch heute ist irgendwie alles anders.

Dieses ungute Gefühl, das sie immer umgibt, wenn sie eine Vorahnung hat. Vielleicht haben sie heute den ultimativen Angriff geplant. Hinter ihr hört sie Schreie, als einem Soldaten aus dem Schildwall der Arm ausgerissen wird. Sie erkennt den Infizierten. Das ist der gleiche Typ, der diese Festung seit einer Weile angreift. Die wenigen dunklen Haare, die an seiner glänzenden Kopfhaut kleben sehen zwar den anderen ähnlich, doch sein Körper ist anders. Dieser ist von eitrigen Beulen übersät und an seinem nackten Oberkörper sind sehr viele rote Blutadern, die durch die Haut schimmern. Er wird vielleicht der Anführer sein, da er sich bislang sonst immer im Hintergrund gehalten und die anderen den Vortritt überlassen hat. Doch heute steht er am Wall und schafft es tatsächlich diesen zu brechen. Der arme Mann fällt samt Schild auf den Boden. Der Infizierte merkt, dass Gaya ihn beobachtet. Er schaut zu ihr rüber und hebt den abgerissenen Arm hoch. Aus der Fleisch-Öffnung des abgerissenen Körperteils fließt Blut und dieses lässt er in seinen Mund rieseln. Gaya setzt an, um ihren Speer nach ihm zu werfen, doch einige Hände greifen von hinten nach ihr. Diese Viecher sind so schnell, dass man noch nicht einmal eine Sekunde lang was anderes machen kann außer kontinuierlich anzugreifen. Sie versucht die Hände abzuschütteln, doch diese bohren sich immer fester in den Lederharnisch, der ihr weitere Schmerzen zusetzt. Mehrere Scharfschützen Patronen später, kann Gaya sich von den regungslosen Händen losreißen. Sie holt weit aus und wirft den Speer nach dem Infizierten. Dieser weicht mit Leichtigkeit aus und Gaya ist entsetzt. Er ignoriert sie und greift nun weitere Soldaten im Schildwall an. Da diese nur für die Defensive zuständig sind, können sie sich nicht großartig wehren. Einer versucht mit seinem Eisenschild gegen den Infizierten-Anführer zu drücken, doch dieser ist zu schlau. Er bückt sich und greift nach den Beinen des Mannes. Dieser fällt mit einem Schrei auf den Rücken und lässt das Schild los. Der Infizierte schnappt sich das quadratische Schild und rammt die schmale Seite in den Hals des Mannes, der noch nicht einmal um Hilfe rufen kann. Die Rüstungen werden ihnen auch nicht viel bringen, wenn die Gegner so stark und auch noch intelligent sind. Ein lauter und tiefer Ton ertönt, der alle von ihren Handlungen kurz ablenkt. Der Infizierten-Anführer schaut nach oben zur Mauer. Dort steht Chris, der in das Waldhorn bläst. Nicht ein, zwei, sondern gleich dreimal. Der Infizierte wirkt verwirrt, lässt sich aber nicht ablenken und wütet weiter am Schildwall. Er könnte natürlich auch direkt zum Tor an der Mauer rennen doch diese Gier nach Blut und der Wahnsinn des Krieges scheinen ihn einfach nur zufriedenzustellen. Zum Glück wissen die Überlebenden was der Horn bedeutet, also bereiten sie sich darauf vor. Gaya und die anderen Kämpfer an der Front unterbrechen ihre Angriffe und machen kehrt. Die Infizierten wirken verwirrt, doch sie brauchen nicht lange um ihnen nachzurennen. Von der Mauer aus werden Blend- und Rauchgranaten gefeuert, die die Sinne der Infizierten vernebeln. Die Kämpfer rennen alle durch den Rauch zu dem übriggebliebenen Schildwall, da sie die Richtung natürlich auswendig kennen und verstecken sich so hinter die großen Schilder der Defensive. Damian springt als Letzter hinter den Wall und landet noch heil hinter einem der Schilde als der Beschuss losgeht. Hunderte von Granaten inklusive einiger Raketen werden von der Mauer aus in die Menge gefeuert und zwar die allerletzten. Zwar wollten sie sich das Bollwerk für eine dringlichere Situation aufsparen, doch was ist dringender als das eigene Überleben, angesichts vor einer großen Gefahr wie der aktuellen. Gaya hält sich die Ohren zu als weitere Granaten abgefeuert werden. Viele kleine Steine, Staub, Erde und Leichenteile werden bis hinter den Schildwall geschleudert. Vor den Füßen der Überlebenden sammeln sich Fleischstücke von Erdpartikeln umwickelt und im Sand eintauchend. Zehn, dann zwanzig und immer weiter werden die Infizierten dezimiert. Der Infizierten-Anführer steht noch im Nebel dicht vor dem Schildwall und schreit unkontrolliert. Mit einer Niederlage haben sie natürlich nicht gerechnet. Der Nebel wird durch die vielen Granaten und Raketen noch dichter und undurchdringbarer. Die Kämpfer, deren Masken mit einer Wärmekamera ausgestattet sind, stehen als erste auf und schießen mit den letzten Magazinen auf die Infizierten, die noch umherirren und nicht getroffen wurden. Damian ist einer von ihnen und als ihm alle Magazine für die Maschinenpistolen ausgehen, zieht er die Uzis von seinem Gurt und schießt gezielt auf die vereinzelten Infizierten, die sich noch dicht vor dem Wall befinden. Er springt anschließend über den Wall und macht sich dann zum Ziel alle auszuschalten, die noch irgendwelche Wärme ausstrahlen.

„Nicht, der Rauch....“ Ruft einer der Schildsoldaten ihm zu, doch Damian hat noch nie gern auf irgendjemanden gehört. Er tastet sich mit leisen und langsamen Schritten nach vorne und schießt jeden Infizierten ab, der noch durch den dichten Nebel taumelt. Auch seine lauten Schüsse verraten nicht seine Position, obwohl sich die Köpfe der Infizierten wie Raubtiere in die Richtung der Laute drehen. Damian hat jedoch keine Angst vor ihnen. Er vernimmt immer weniger Infizierte in der Nähe des Walls also geht er weiter in die Richtung des Feindes. Dort stürmen noch mehr aus den kleinen Wäldern heraus. Wo zum Teufel haben sie sich so lange versteckt und warum kommen sie ausgerechnet jetzt raus und warum sind es so viele, fragt er sich. Er erkennt mindestens zwanzig warme Silhouetten, die sich ihren Weg durch den Nebel bahnen. So viel Munition hat er gar nicht mehr. Er muss zurück und die anderen warnen. Doch die letzten, die ihm verdächtig nahe kommen, knipst er natürlich noch ab. Er will die letzte Kugel in einen weiteren Kopf einer Infizierten platzieren als riesige Krallen sie von hinten für ihn erledigt. Ihr Körper wird mit einer einzigen Attacke an der Hüfte entzweit. Damian erkennt die Kreaturen, die ihnen in den ersten Monaten so viel Ärger bereitet haben. Er hat nicht mehr damit gerechnet, dass er sie wieder sehen würde und doch stehen sie da, breiten ihre Krallen aus und schreien wie Wölfe in der Nacht. Er drückt ab und befördert die letzte Patronenhülse in den Arm der Bestie. Diese reagiert zwar nicht auf den Schuss aber auf die Kugel, die nun in seinem dichten Fell steckt. Sie greift mit den langen und spitzen Krallen nach der Kugel, die fest im Fleisch sitzt und kratzt sich diese samt Fell und Muskeln aus dem Körper heraus. Das war es wohl. Diese Biester sind ihr Ende. Es gibt keine Munition mehr, keine Waffen mehr, die ihnen auch nur annähernd schaden können. Die Kreatur schreit aus vollen Lungen und Damian kann durch seine Kamera beobachten wie mehrere Bestien aus dem Wald herausrennen.

Was vorher geschah.....

Erwachen

Es war einmal ein Fuchs, der in einem Bau im Zauberwald lebte und .....ach Scheiße.....Sie radiert den Satz weg und stellt fest, dass sie keine Lust mehr auf diese Kindergeschichten hat. Zwar wird sie regelmäßig für das Verfassen von Kurzgeschichten auf Honorarbasis eingestellt, doch irgendwie möchte sie das nicht mehr machen. Sie hat diese friedfertige und nimmer enden wollende Zauberpisse satt. Warum macht sie das denn eigentlich? Weil sie sprachlich und literarisch die Beste in der Gegend ist und sie mit ihren Storys vielen Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern konnte. Doch irgendwann hat sie gemerkt, dass Kinder zu früh in die Realität geholt werden, mit der sie dann klar kommen müssen. Am Ende sind Kinder einfach nur kleine Pisser, die sobald sie erwachsen sind, zu älteren und größeren Arschlöchern der Gesellschaft werden. Die Kinder sind mittlerweile genauso grausam wie die Erwachsenen: egoistisch, von der Technologie völlig eingenommen und respektlos. Sie hat viele Kinder erlebt und daraus ist dann wohl die Unlust weiter zu schreiben resultiert. Viel lieber würde sie an ihrer eigenen Geschichte weiter formulieren. Die nüchterne Darstellung einer Welt, die auf sozialer Ebene zugrunde geht. Das macht sie nun auch. Sie zerknüllt das Blatt mit der widerlichen Kindergeschichte und macht mit ihrer Story auf einem neuen Papier weiter.

Wenn die Möglichkeit bestünde von Neuem zu beginnen, würden wir dann alles genauso machen wie bisher? Wir wissen nur allzu gut, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist. Wenn wir uns jedoch sicher wären, dass unsere Welt dahinscheidet, würden wir nicht etwas ändern wollen? Jemand sagte mir einst, dass es besser sei gleich zu bleiben. Aber würden wir nicht herausfinden wollen, wie die Alternative aussehen könnte? Die Vergangenheit zu kennen bedeutet, dass man die Gegenwart versteht. Die Zukunft hingegen zu kennen bedeutet, dass man die Vergangenheit nachvollzieht. Wo sehen wir uns in ein paar Jahren? Wir würden wahrscheinlich immer noch die gleiche Jacke tragen, die man uns als Geburtstagsgeschenk gemacht hat, als wir noch dachten, dass Lederjacken cool seien. Wir würden höchstwahrscheinlich immer noch rauchen, weil der Gedanke ans Aufhören einen nur noch nervöser macht. Wir würden über die gleichen Sachen immer und immer wieder nachdenken: Was mache ich aus meinem Leben, werde ich die Liebe meines Lebens kennen lernen und wenn ja, wann? Wir würden weiterhin an unseren stupiden Verhaltensweisen und Wünschen festhalten. Dagegen können wir nichts unternehmen. Was dies betrifft, werden wir uns wohl doch niemals ändern. Zumindest, irgendwo tief in unseren Herzen hoffen wir, dass wir uns nicht ändern. Bedeutet dies dann allerdings, dass wenn wir uns nicht ändern wollen, wir somit auch unsere Welt nicht verändern möchten? So viele Fragen, die permanent in unseren Köpfen umher schwirren. Aber solche Fragen gibt es im Hier und im Jetzt nicht. Es gibt keine existenziellen Fragen in einer Welt, die von Konsum, Verlangen und Perspektivlosigkeit beherrscht wird. In dieser Welt, in der wir uns fragen warum unsere Freunde ihren Facebook Status noch nicht aktualisiert haben, warum wir schon wieder Lasagne zum Mittagessen essen müssen, warum die Haarfarbe dieses Mädchens, das die Straße überquert so perfekt aussieht, warum der Bus mal wieder zu spät kommt. Es gibt keine existenziellen Fragen in einer Welt, in der wir zu beschäftigt damit sind, Fragen zu stellen, auf die wir keine Antwort bekommen. Aber nicht für alle von uns. Es gibt einige Menschen, die in Tagträumen leben und zwar konstant. Diejenigen, die sich wünschen, dass diese Welt mehr zu bieten hat, als das was sie uns jeden Tag ausspuckt. Menschen, die sich von ihrer Fantasie lenken lassen, die unglaubliche Vorstellungen haben und die sich sogar wünschen, dass die Welt eines Tages aufwachen würde und die Menschen damit wach rüttelt. Spirituelle Menschen, die dem konsumorientierten Leben nicht verfallen sind und die Welt nicht der dunklen Macht zugewandt sehen wollen.

Manche von uns leben tatsächlich in einer selbst erschaffenen Welt, um der Langeweile zu entkommen. Diese Menschen hoffen, dass das jetzige Leben sich vielleicht irgendwann spannender und interessanter gestalten könnte. Macht sie das anders im Vergleich zum Rest der Welt? Wenn wir damit aufhören würden so viel Zeit mit Gegenständen zu verbringen, die wir nicht wirklich zum Existieren brauchen - wie zum Beispiel mit unseren Smartphones - und uns stattdessen auf Dinge konzentrieren, die wir bisher immer ignoriert haben, was würde dann passieren? Was würde passieren, wenn wir uns auf die Bewegungen der Wolken konzentrieren würden, auf das Singen der Vögel, auf den Wind, der durch unsere Haare weht, auf unsere innere Stimme ....würden wir somit die Welt eventuell ein wenig besser verstehen? Würden wir den Sinn des Lebens und die Bedeutung unserer Existenz verstehen können? Wenn wir aufhören könnten auf unsere Uhren zu schauen und uns somit unter Druck zu setzen, würden wir uns dann aus einer eigens erschaffenen Sklaverei befreien können? Versuchen wir immerhin am Ende nicht alle die Zeit zu bekämpfen? „Wir brauchen mehr Zeit.“ – Ein Satz, der mindestens alle fünf Minuten zum Ausdruck gebracht wird. Mehr Zeit für unsere liebsten, mehr Zeit für uns, mehr Zeit fürs Einkaufen, mehr Zeit für Serien schauen, usw. Wollen wir wirklich mehr Zeit, weil wir sie brauchen oder weil wir sie nicht haben können? Was würde passieren, wenn die benötigte Zeit uns wirklich mal gegeben sein sollte? Würden wir das zu schätzen wissen und sie sinnvoll einsetzen? In einer Welt, die auf den Abgrund zuläuft, ist Zeit relativ und gar irrelevant. Prioritäten werden schnell umgelenkt und es gibt nichts mehr auf der Welt, wofür eine Person mit massenhaft Zeit diese auch einsetzen könnte. Im Gegenteil: Es gibt mehr Zeit zum Leben. Oder weniger, je nachdem aus welcher Perspektive man dies betrachtet. Widersprüche füllen am Ende unser Leben. Rousseau soll einmal passend hierzu gesagt haben: „der Mensch wird frei geboren und doch liegt er überall in Ketten“. Die Frage, die sich darauf bezieht ist: Wie können wir gleichzeitig frei und doch in Ketten sein? Haben wir den Schlüssel zu diesen Ketten? Wenn wir sie brechen, sind wir dann wahrlich frei oder brauchen wir die Ketten, um uns nach der Freiheit zu sehnen? Wenn unsere Gesellschaft am Ende die größte Kette symbolisiert, die uns davon abhält frei zu sein und alles zu tun was wir uns wünschen, was würde passieren, wenn sie zerbricht? Worin besteht der Unterschied zwischen einem Menschen und einem Tier? Wenn die Gesellschaft zu zerfallen droht, würde dann unser inneres Biest freigesetzt werden? Vielleicht sollte sie damit aufhören weiter wirres Zeug zu schreiben und sich endlich auf die Vorlesung konzentrieren. Einfacher gesagt als getan. Am Ende ist alles einfacher gesagt als getan. Heute ist ein Tag wie jeder andere auch aber was bedeutet uns jener Tag? Jeder hat diese Vorlesung mit unterschiedlichen Gefühlen und auch Erwartungen betreten. Manche hatten vorher vielleicht einen Streit mit ihren Eltern, einige Pärchen sogar Differenzen, andere wiederum hatten vielleicht einen schlechten Kaffee getrunken, manche haben die Prüfungen bestanden und andere wiederum nicht. Einige von ihnen haben ihr gesamtes Getränk auf die brandneuen Klamotten verschüttet, manche haben vielleicht schon wieder zu viel Geld beim Zocken eingesetzt und dieses schließlich ganz schnell wieder verloren. Aber alles wird heute und zwar an diesem Tag, zu Ende gehen. Wenn heute aber alles zu Ende gehen sollte, würden solche Gefühle noch andauern, fragt sie sich und legt dabei den Stift ab. Sie hat schon immer davon geträumt und sich vorgestellt, dass die Welt zugrunde geht, dass die Menschen von Neuem beginnen müssen. Und nun kann sie endlich darüber schreiben.

„Gaya!“ sie denkt weiter und ignoriert die leise Stimme zu ihrer rechten.

„Gaya!“ ruft die Stimme monoton weiter und eine Papierkugel trifft sie an der rechten Backe. Sie wacht wie aus einem Traum auf und schaut die ominöse Person neben ihr an. Es ist ein Kommilitone, dessen Namen sie immer wieder vergisst. Sie war noch nie gut darin sich Namen zu merken. Insbesondere Namen, mit denen sie nur selten etwas zu tun hat. Sie starrt ihn irgendwie erzürnt an und dieser wirkt sichtlich genervt. Sie streift mit ihrer rechten Hand ein paar rote Haarsträhnen aus ihrem Gesicht und befördert diese hinter das rechte Ohr. Ihr Pony halbiert ihr Blickfeld und ihr fällt ein, dass sie unbedingt noch zum Friseur muss, bevor sie noch aussieht wie ein Emo-Kind von früher.

„Mann Gaya, pass doch auf. Wir haben nur noch zehn Minuten und Du weißt doch, dass er zum Schluss immer Aufgaben vergibt und ich habe kein Bock, dass Du mich schon wieder danach fragst.“ Gaya sagt nichts darauf, da es ihr bewusst wird, dass sie nun wirklich aufpassen muss. Simon! Sie schreit gedanklich. Das ist sein Name. Simon widmet seine Aufmerksamkeit wieder dem Professor und Gaya versucht sich ebenfalls zu konzentrieren. Würden solche lapidaren Gedanken, wie sie diese verschriftlicht hat, in einer Welt, die das Ende anvisiert, dahin schwinden? Wären sie womöglich die letzten Gefühle und Empfindungen, die wir mit anderen teilen können? Als sie das überlegt und sie es doch nicht schafft sich von ihrem Buch und ihren Gedanken loszureißen, werden ihre Augen größer. Sie verspürt ein ungutes Gefühl, welches sich von hinten anschleicht. Sie schaut nach oben und alles wird vor ihren Augen verschwommen. Dieses Gefühl hat sie öfters. Ein ungutes Gefühl, welches durch die Extremitäten wandert und sich im Magen hochschaukelt. Dieses Gefühl, dass jeden Moment etwas passieren könnte und es doch nie tut. Aber nicht heute. Nicht heute denkt sie und flüstert die gedachten Worte: „Nicht heute“... Sie reißt sich das Haargummi ab, welches ihre langen roten Haare zu einem Zopf zusammenhält und bindet ihre Haare erneut zusammen. Das macht sie immer, wenn sie nervös ist. Sie spaltet ihr langes rotes Haar mit beiden Händen und zieht daran, bis das Haargummi ganz oben am Scheitel anliegt und ignoriert weitere Strähnen, die sie dabei vergessen hat. Ihr wird ganz warm, wenn sie nervös ist, vor allem, wenn sie Angstzustände verspürt. Sie stampft mit der Ferse ihrer weißen Sneakers rhythmisch auf den Boden und möchte nur noch aus dem Raum verschwinden. Sie denkt an ihre Freunde, die am Ende der Vorlesung draußen auf sie warten werden. Weil nicht alle das Gleiche studieren, treffen sie sich immer nach einer Vorlesung vor dem Gebäude. Sie schaut nach hinten und sieht Naveed ganz oben sitzen. Dieser winkt ihr zu und zeigt auf die Uhr. Es ist schon 15:50 Uhr an einem Freitag und sie freut sich umso mehr darauf, dass sie gleich Feierabend hat und das Ausklingen der harten Woche mit ihren Freunden feiern kann. Doch sie wird dieses komische Gefühl nicht los und muss beobachten, wie ihre Finger leicht zittern. Sie spielt an ihrem Verlobungsring, zieht diesen ab und legt ihn auf den Tisch, da sie dieses unangenehme Gefühl verspürt, dass er sie einengt. Sie versucht sich zu beruhigen und vernimmt .... Stille. Sie schaut sich um und obwohl jeder um sie herum flüstert, nimmt sie nur Stille wahr. Nicht heute, denkt sie sich. Heute ist alles anders. Sie spürt die Stille, die sich tief in ihrem Herzen manifestiert. Stille, obwohl die Lampen an der Decke zu flackern beginnen. Stille, obwohl der Boden unter ihren Füßen leicht zu vibrieren beginnt. Stille, obwohl die Fenster im Auditorium auf wundersame Weise zerbrechen. In ihrem Kopf befindet sich nichts mehr, keine Gedanken als seltsame Geschöpfe durch die Fenster in den Saal hineinstürmen. Über ihre Köpfe hinweg fallen noch mehr davon in den großen Vorlesungssaal hinein durch die nun kaputten Fenster. Stille in einem Horror Szenario, welches sich vor ihren Augen abspielt. Die großen Glas Fragmente fliegen durch die Luft in Zeitraffer, sodass sie ihr eigenes Spiegelbild darin erkennen kann.

Sie erkennt, dass sie nicht angsterfüllt ist wie die anderen um sie herum. Sie hat wohl bis jetzt nicht ganz begriffen, was gerade passiert. Sie starrt die Stille an, welche sie umgibt und versucht ein Bruchteil der Situation einzufangen. Jeder um sie herum gerät in Panik als die Fenster eingebrochen werden und die riesigen Biester auf jeden Menschen im Saal losstürmen, der einen Puls hat. Sie kommt sich unsichtbar vor und spürt nicht die Angst, die sich auf ihrer gesamten Haut bemerkbar macht. Sie möchte auch das empfinden, was die anderen äußern aber irgendwie kann sie es nicht, denn sie sieht nun Dinge, die sie schon immer in der realen Welt sehen wollte. Etwas wovon sie schon immer mal zu schreiben geträumt hat: Eine Situation, die außer Kontrolle gerät. Eine Situation, in der die Welt zu zerbersten droht und in der sich jeder behaupten muss. Eine Situation, der sie endlich einen Sinn verleihen kann. Es vergehen lediglich ein paar Sekunden bis sie erkennt, dass sie diese Situation nicht mehr akzeptieren möchte. Sie sieht ihre Kommilitonen und die Leute, die sie sonst nur im Vorbeigehen begrüßt. Diese schreien um ihr Leben. Sie sieht die Panik, die sich nun in Tränen verwandelt, welche die panischen Gesichter füllen. Sie sieht den Horror in allen Augen und dieser zwingt alle im Raum dazu zu schreien und nach anderen zu greifen. Sie beobachtet wie die Hoffnung aus allen schwindet und sie einigen sogar wortwörtlich aus ihren Körpern herausgerissen wird von etwas, was sie sich nicht ganz erklären kann. Sie sieht Grausames, als sie sich umschaut. Junge Menschen werden vor ihren Augen zerfleischt. Simon befindet sich mittlerweile auf der anderen Seite des Hörsaals als eine gigantische Bestie sein Gesicht mit riesigen, spitzen Krallen zerreißt. Köpfe fliegen durch die Gegend und sie sieht Körperteile herum liegen, die sie nicht mehr zuordnen kann. Ein schreckliches Bild, welches immer schrecklicher wird. Ein menschliches Auge landet auf dem Blatt vor ihr und sie springt auf. Ihre Hände zittern weiter und sie versucht das Ganze dennoch zu begreifen. Sie sieht all diese Menschen sterben, flüchten und vor sich hin schreien. Es ist ganz und gar nicht das Szenario, welches sie in ihrem Kopf hatte, denn es ist nun Realität. Es dauert ein paar Sekunden länger, bis die große Lampenunterdecke weiter vorne im Hörsaal unter dem Druck der Menge der Kreaturen nachgibt, die den Raum stürmen und der Professor darunter zertrümmert wird, bevor er entkommen kann. Sie findet keine Worte, um die nächsten Minuten des Schreckens zu beschreiben. Der Anblick von schreienden jungen Menschen, die nicht auseinander gerissen oder Gliedmaßen von ihren Körpern getrennt haben wollen, ist furchtbar. Sie kann immer noch nicht glauben, dass sie dort steht, völlig unfähig sich zu bewegen, zu sprechen oder gar ein Gefühl auszudrücken. Jeder in diesem Saal geht nun getrennte Wege. Wer würde es nicht tun, wenn das eigene Leben bedroht wird? Sie erkennt zu spät, dass die Angst jedes andere warme Gefühl verdrängen kann, welches die Menschen füreinander haben, wenn sie mit ihrem eigenen Tod konfrontiert werden. Sie fängt an die wilden Kreaturen zu zählen, die sich im riesigen Auditorium ausbreiten. Es sind mindestens fünf oder sechs von ihnen. Ihr Geist ist eingefroren und von Gefühlen überwältigt und dennoch neugierig was die beunruhigende Situation betrifft. Und es ist immer noch still in ihren Ohren. Sie kann das Geräusch schreiender Studenten, armer lebender Seelen nicht hören. Diese versuchen nämlich aus einer frisch kreierten Hölle herauszukommen – doch einige wiederum sind in dieser Hölle bereits gefangen. Sie sieht wie die Knochen unter der Haut brechen, als wären es nicht mehr als ein paar dünne Zweige; dass Fleisch aus Körpern herausgezerrt wird, wie Innereien aus einem toten Tier; dass Blut überallhin spritzt, schon fast wie eine Sprinkleranlage und doch ist es für sie still. Wie können sie alle entkommen, wenn Panik den Raum mit Blut, Schweiß und der Qual des Todes füllt? Es ist schwer herauszufinden, wer noch am Leben und wer bereits dem Fleischwolf zum Opfer gefallen ist. Sie schaut sich weiter um und wird von den wahrscheinlich tödlichsten gelb gefärbten Augen angestarrt. Sie muss das nicht lange analysieren um sicher zu gehen, dass sie nicht menschlich sind. Obwohl ihre Beine ihren Körper vom ganzen Zittern nicht tragen können, versucht sie über die Tische zu klettern, um den Anderen zu folgen. Es gibt keine Zeit für Augenkontakt oder einen Blick zurück. Es bleibt nur die verschwommene Sicht auf eine noch verschlossene Tür oben im Raum. Sie kann nicht dankbar genug sein, dass sie relativ schlank und fit ist, während sie schneller als die anderen rennt und sich zu noch ängstlicheren Körpern dazu gesellt, die zur Tür drängen. Sie kann es nicht lassen und schaut zurück. Sie wirft einen letzten Blick auf das, was von der Welt übrig ist, die sie kannte. Erschrocken und verängstigt merkt sie, wie bedeutungslos ihre Gedanken von vorhin waren. In der Ecke des Raumes steht ein Kasten mit einer Axt darin, dessen Aufschrift sagt: "Im Notfall das Glas zerbrechen". Es gibt einen großen roten Kopf oben an der Treppe, der verkündet: "Im Notfall betätigen". Wie gering doch die Ironie des Notstandes und dessen Wichtigkeit ist. An wen wenden sich die Menschen schließlich? Wenn eine Panik wächst, gibt es keine vernünftige Entscheidung, denkt sie. Wo sind die Momente hin, in denen sie alle entsprechend reagieren sollten? Sie existieren nicht. Sie existieren zumindest nicht mehr. Es gibt keinen Mut, es gibt keine Rettung, und es gibt keinen Plan. Nicht einmal ein barmherziger Tod. Der Raum ist voller Körper, die vor ein paar Minuten noch am Leben waren. Welche grausame Ironie ist der Mensch? Wir sind nichts als eine leere Schale angesichts von etwas, das uns so schnell und mit einer unglaublichen Leichtigkeit in Stücke reißen kann. Da die Kraft der lebenden Schüler, die gegen die Tür drücken enorm ist, gibt diese schließlich nach und geht auf. Sie müssen sich nun alle durch eine kleine Tür hindurch quetschen und jeder von ihnen konzentriert sich nur noch auf das eigene Entkommen. Während Gaya den Flur erreicht, versucht sie für eine Sekunde anzuhalten und vielleicht aus einem sehr unangenehmen Alptraum aufzuwachen.

Sie stellt fest, dass sie nicht alleine ist. Ein Mädchen, das sie aus ein paar Kursen kennt, fällt vor ihr auf die Knie und fleht um Hilfe. Was sind Menschen bloß für rücksichtslose Wesen, sobald sie ihrem Ende gegenüberstehen? Niemand schaut zurück; niemand verschwendet auch nur den geringsten Gedanken daran, diesem armen Mädchen zu helfen. Wo sind unsere Freunde hin? Nun, wir haben keine Freunde, wenn der Tod uns hinterher brüllt und dieser nach Blut schreit. So wollte sie ihren Tag nicht verbringen. Das ist nicht das Ende, das sie für sich oder die anderen haben wollte. Sie will diesem Mädchen helfen ... also rennt sie nach vorne und macht sich auf den Weg durch die Panikmasse, direkt zu dem verängstigten Mädchen, das nur wenige Sekunden entfernt von ihrem Tod steht. Als Gaya ankommt erkennt sie, wie weit das arme Ding es aus der verdammten Hölle geschafft hat, in der sie gefangen war. Ihr gesamter Oberkörper ist verkratzt, Blut rinnt ihre Knie und Beine hinunter und bildet einen perfekten Kreis um sie herum. Gaya weiß, dass sie nichts für sie tun kann außer sie in ihrem eigenen Blutbad sitzen zu lassen. Es gibt keine Reaktionen in den Gesichtern der anderen, die das Gebäude panisch und laut verlassen. Wie soll man reagieren, wenn die ganze Welt um einen herum zerbröselt? Ihre Hände zittern und sie wendet sich von dem Mädchen ab, dessen gesamter Körper nun den kalten Boden aus Marmor berührt. Die Stille verblasst als Gaya hört, dass ihr Name von draußen gerufen wird. Es sind vertraute Stimmen. Ein Glück, welches niemand beschreiben kann als sie hinaus stürmt und ihre Freunde antrifft, die vor dem Gebäude versammelt stehen und sich ängstlich umschauen. Sie versuchen die Polizei anzurufen und setzen sich in Bewegung als Gaya dazukommt. Naveed hat es auch geschafft, bemerkt sie und den anderen scheint es auch gut zu gehen. Zumindest geht es ihnen körperlich gut aber es ist sehr sichtbar, dass der Schock wahrscheinlich viel zu tief sitzt. Denn auch sie scheinen eine ungewollte, wenn auch flüchtige Bekanntschaft mit den Bestien von vorhin gemacht zu haben. Gaya beginnt über die Personen nachzudenken, die noch vorhin neben ihr saßen bevor die Hölle begann... Studenten, die ihre Freunde waren oder zumindest nette und höfliche Bekanntschaften. Schwer vorstellbar, dass es sie vielleicht nicht mehr gibt. Ein Bild, das sie nicht lange im Kopf behalten will. Niemand antwortet, niemand am anderen Ende des Hörers liefert eine Antwort, um die panischen Seelen zu trösten. Sie sind wohl alle wahrscheinlich damit beschäftigt, ihr eigenes Leben zu retten ...Was ist gerade passiert? Wo wird der berühmte Alarm ausgelöst, wenn solche Dinge auftreten? Wo sind die Helden, denen wir unser Leben anvertrauen können? Wo sind die Hoffnungen, wenn die eigene Hoffnung schrumpft? Es gibt niemanden auf der Straße, an den sie sich wenden können. An wen wenden sie sich nun? Gaya wendet sich ihrer Stärke zu und bemerkt, dass sie Schutz finden müssen als sie geradeaus in der Ferne noch mehr Kreaturen erblicken. Sie denkt noch immer an das Mädchen, das ein Leben und vor allem einen gütigeren Tod verdient hätte. Sie sammelt all ihren Mut und ihre Kraft und beginnt mit den anderen zum zweiten Gebäude der Fakultät zu rennen.

"Lauft weiter" sagt sie zu den anderen aber vor allem sagt sie es zu sich selbst. Niemand, wundersamer weise keine komischen Gestalten, scheinen ihnen zu folgen aber warum sollte man das Risiko eingehen, anzuhalten und dies zu überprüfen? Jeder hat heute schon zu viel gesehen und gelitten. Sie weiß nicht, wie weit die Angst ihre Füße vor der Gefahr und dem Chaos, die sie hinterlassen, weg tragen kann. Ein Versteckspiel scheint begonnen zu haben. Sie rennen alle in das Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite, biegen rechts ab und stürmen das Haus. Keiner von ihnen weiß, wohin sie fliehen sollen aber wovor flüchten sie eigentlich? Selbst wenn es ein Rettungsteam gäbe, könnte keiner von ihnen beschreiben was gerade passiert ist oder was diese Kreaturen waren und sind.

"Was sollen wir tun?", fragt Gabriel erschrocken. Seine blauen Augen sind voller Angst, auch wenn seine lockigen, blonden Haare diese teilweise verdecken.

"Ich weiß es nicht“, antwortet Gaya und versucht ihre Tränen zurückzuhalten.

"Warum verstecken wir uns eigentlich?“ fragt er weiter, während er zurückblickt um sicherzustellen, dass ihnen nichts und niemand folgt.

"Ich weiß es nicht", antwortet sie darauf mit derselben verängstigten Stimme wie ihr Kumpel. Die Wahrheit ist, dass sie das schlechte Gefühl hat, dass niemand draußen ist, der ihnen helfen kann ... Es gab bislang doch auch keine Hilfe. Der Vorraum des Gebäudes scheint leer zu sein; kein Anzeichen einer Katastrophe und auch keine Studenten. Im Untergeschoss finden sie Schutz in den Toiletten, die von innen verriegelt werden können. Dort angekommen schauen sie sich alle an und blicken in die Spiegel ihrer eigenen Verwirrung. So viele Fragen aber niemand möchte die Stille brechen ... diese Stille, mit der sich jeder wohl fühlt.

"Niemand antwortet" sagt Lotta und blickt noch immer wie gebannt auf das Display ihres Smartphones. Sie scheint magisch an eine Hoffnung gebunden zu sein, die jedoch langsam aber sicher von den restlichen Gesichtern verschwindet.

"Niemand antwortet, was ist passiert ... wie konnte das passieren?" Sie blickt weiterhin auf ihr Smartphone. Max schaut auf seine Füße, schüttelt den Kopf und schließt die Augen, in der Hoffnung, dass dies ein Alptraum sei, aus dem er immer noch aufwachen kann.

"Ich habe es versucht Max, es geht nicht weg", sagt Gabriel mit einem fast sarkastischen Gefühl in seiner Stimme. Da sind sie nun. Sechs von ihnen in einer Toilette gefangen und sich nun vor etwas versteckend, vor dem sie noch vor einigen Minuten versucht haben davonzulaufen. Unsicherheit steht in ihren Gesichtern geschrieben aber Gaya versucht immer noch, einige ihrer Fragen zu beantworten.

„Das kann immer noch ein Missverständnis sein“, denkt sie ohne zu bemerken, dass jeder sie reden hört.

„Warum hier? Warum jetzt?“ Alle können sie hören aber niemand schaut sie an. Sie dachte immer, wenn solche Dinge passieren würden, hätte sie noch Zeit die Situation zu verstehen und zu begreifen warum das passiert. Mehr Zeit zu haben, um mit etwas fertig zu werden, das im Moment einfach nur verkorkst ist. Sie kann weder verstehen, was im Auditorium vor ein paar Minuten passiert ist, noch was sie hier unten im Keller tun sollen und was sie sich eigentlich letztendlich erhoffen. Sie haben alle einfach aus Panik heraus gehandelt und das kennt man auch nur zu gut aus der Tierwelt. Wenn Du jemanden in die Ecke drängst, bleibt Dir nichts anders übrig als Dich zu verstecken. Gaya schaut ihre Freunde an. Irgendwie scheint das Gefühl, dass sie bei ihr sind, beruhigend zu sein. Die Freunde neben sich zu haben ist immer besser, als alleine oder mit Fremden zusammen zu sein, denkt sie. Was für ein merkwürdiger Gedanke in einer seltsamen Situation wie dieser. Sie sind nicht einmal lange ihre Freunde. Sie sind die Freunde, die man haben sollte, wenn das Leben eines Studenten beginnt. Man ist auf der Suche nach Menschen mit den gleichen Zielen wie sie, die gleichen Hobbys und mittlerweile auch die gleichen Probleme. Sie steckt in einer Sackgasse fest mit den Leuten, die sie erst seit ein, zwei Jahren kennt. Seltsam, sie Freunde zu nennen aber in dieser Stunde der tödlichen Stille und der schockierenden Momente sind sie das Beste, was sie sich vorstellen kann. Diese Leute könnten schließlich die letzten sein, die sie jemals zu Gesicht bekommen wird. Sie schüttelt jedoch den Kopf, da sie solche finalen Gedanken nicht haben möchte und versucht an ihren Verlobten zu denken aber alles, was ihr in den Sinn kommt, sind die Bilder der blutbefleckten jungen Leute und der Kreaturen von vorhin. Bilder, die sich für den Rest ihres Lebens in ihr Gehirn eingebrannt haben. Sie kann sich an deren Aussehen erinnern als wäre es ein gruseliges Bild aus einem Horrorfilm, von denen sie schon so viele gesehen hat. Sie kann sich keinen Regisseur oder Fantasy Autor vorstellen, der solche Kreaturen beschreiben könnte. Es wäre eine maßlose Untertreibung gewesen, diese Monster groß zu nennen, da sie enorm sind; wahrscheinlich die doppelte Größe eines wirklich großen Menschen. Sie schaudert, als sie daran denkt und kann den Blick in den Augen der Monster nicht beschreiben. Vielleicht eine Mischung aus Wut und Angst.

Sie kann und wird nicht vergessen, was gerade geschehen ist; so sehr sie alle es auch versuchen, sie werden für ihr Leben vernarbt sein und können nicht wissen, ob das Schlimmste ihnen nicht doch noch bevorsteht. Max nähert sich ihr und holt ein kleines Erste-Hilfe-Set heraus, das er in seiner Jackentasche hält. Seltsam, woran die Leute in solchen Zeiten festhalten. Sie merkt, dass sie alle mit fast leeren Händen da stehen. Keiner von ihnen hat eine Tasche dabei. Lediglich die Sachen, die man sonst in den Hosen- und Jackentaschen mit sich herum schleppt. „Scheiße“, denkt sie. Sie hat nichts dabei. Ihr Smartphone, ihre Schlüssel, ihre ganze Existenz liegt noch im Auditorium. Ob sie das jemals zurückerlangen wird? Sie tastet sich ab und merkt, dass sie nur einen Bleistift dabei hat. Fluchend schmeißt sie ihn auf den klebrigen, kalten Boden. Wie schnell die Besitztümer in so einer Situation abhanden kommen können. Max fasst ihre Hände an und wischt das vertrocknete Blut von ihren Handflächen ab. Sie hat bereits ganz vergessen, dass sie zweimal ausgerutscht und hingefallen war - wahrscheinlich auf dem Weg aus dem Auditorium nach draußen – und somit in ein paar Blutlachen gelandet ist. Sie hat es wohl gar nicht bemerkt, denn sie war so sehr mit der Flucht beschäftigt, dass sie nicht einmal die Zeit hatte zu sehen, ob sie irgendjemanden auf dem Weg nach draußen verletzt hat, während sie sich durch die große Menge ängstlicher Menschen kämpfte. Gaya widersetzt sich ihm jedoch nicht und steht nur verkrampft da, während ihr Kumpel sich um sie kümmert. Sie versucht nicht mehr daran zu denken, wie dieses Mädchen vor ihren Augen gestorben ist. Sie schließt ihre Augen, die sich mit Tränen füllen und schafft es Max leicht anzulächeln, der ihr Lächeln allerdings nicht erwidert. Er ist zu sehr damit beschäftigt, die Situation zu verdauen. Und es ist dennoch bemerkenswert, wie er in solch einer Situation an andere denken kann. Und da ist sie wieder. Diese schreckliche Stille scheint bei den jungen Menschen jedes menschliche Gefühl zu zermalmen. Gaya versucht zu reden, aber die Worte sind zu weit weg, um ausgesprochen zu werden. Ein einfacher Seufzer ist das Ergebnis. Plötzlich beginnen die Lichter zu flackern und der Strom gibt unter mehreren Schwingungen der Decke fast nach.

"Oh nein, bitte nicht" - "Wir sollten hier raus". Ihre Angst zwingt sie ein paar Worte zu sagen. "Beruhige dich, Gaya, vielleicht werden sie nicht einmal merken, dass wir hier sind". Max ist genauso ängstlich wie alle anderen im Raum.

"Was ist, wenn es da draußen Hilfe gibt und sie nach Überlebenden suchen?" Naveeds Satz bringt jeden Kopf dazu, sich widerwillig zu ihm zu drehen. Er ist der Einzige dessen Blick die Situation analysiert und sich darauf eingestellt hat. Was muss dieser junge Mann erlebt haben, dass er als Einziger einen kühlen Kopf bewahren kann. Seine braunen Augen sind voller Entschlossenheit als er Gaya anschaut. Er krempelt die Ärmel seines Hemdes bis zu den Ellenbogen hoch, als würde er sich auf einen Kampf vorbereiten.

"Er hat recht! Was, wenn ... was, wenn es Hilfe gibt? Sie können uns wegbringen ... weg von hier." Lottas Stimme beginnt zu zittern. Gaya hat Lotta noch nie so ängstlich erlebt und Lotta ist eigentlich die taffste junge Frau, der sie in ihrer Studienzeit begegnet ist. Diejenige, die überall beliebt ist, diejenige, die viel Geld hat und sich einen Dreck darum kümmert, was andere von ihr halten. Diejenige, die nie nüchtern zu den Seminaren kommt, diejenige, die schon die härtesten Drogen genommen hat. Sie steht nun mit buckeligem Rücken vor ihr und kratzt sich an den Armen. Es tut wirklich im Herzen weh, jemanden so zu sehen.

"Wir können nicht riskieren, diese Tür zu öffnen". Der vernünftigste Satz, den Gaya heute von sich gab. Sie wissen, dass sie Recht hat. So überzeugend Ihre Aussage jedoch auch sein mag, kann niemand erahnen was als Nächstes folgt. Sie sitzen fest wie Schrödingers Katze als Schritte sich plötzlich im Flur nähern und dutzende weitere Schritte durch den Korridor auf ihre Tür zu rennen. Sie krabbeln tiefer in die Toilette hinein als ob sie wüssten, dass nichts Gutes von außen kommen kann. Die tiefe, raue Stimme eines Mannes ruft nach Überlebenden. Sie bringt Staunen in ihre Augen. Was für ein verrückter Zufall, der einen Hoffnungsschimmer zurückbringt. Doch nicht für Gaya. Nicht heute. Sie hat mal wieder ein schlechtes Gefühl, denn sie hat fast immer ein schlechtes Gefühl; vielleicht weil sie niemandem vertraut. Sie versucht das Ganze zu verstehen. Die anderen wirken nicht gerade begeistert und jeder zögert auf den Ruf zu reagieren. Aber es gibt keine Notwendigkeit für eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen ihnen als Max den Tür Knauf berührt, um die Rettung zu begrüßen, die so vielversprechend klingt. Er zögert nicht als er den Tür Knauf in seinen Händen leicht dreht. Die Blicke der anderen erstarren, als eine Kugel durch die Tür direkt in seinen Kopf fliegt und diese ihn zwingt auf den Rücken zu fallen. Er lässt nun mit regungsloser Hand den Knauf los, der anfangs so vielversprechend aussah. Das Geräusch des Schusses zwingt sie alle sich die Ohren zuzuhalten auch wenn sie sich eher wünschen, dass sie ihre Augen hätten bedecken können, um ihrem Freund beim Sterben nicht zusehen zu müssen. Sie haben noch nicht einmal die Zeit auf das zu reagieren, was gerade passiert, als eine weitere Erschütterung sie erneut trifft, die Spiegel dadurch auf den Boden fallen und in winzige kleine Stücke zerbrechen. Das einzige Fenster bricht durch den Druck aus dem Rahmen, verstellt den Fensterhebel, öffnet sich gegen seinen Willen und lässt staubige Luft in den kleinen Raum hinein. Während sie sich aneinander festhalten, denken sie zum Glück nicht zweimal nach, bevor sie auf das offene Fenster rennen, gemeinsam heraus klettern und von dort verschwinden. Gaya kann dabei nur an ihren Kumpel denken, der sich in den letzten Minuten seines jungen Lebens um sie gekümmert hat. Es gab keine letzten Worte, keinen Abschied, nur eine Patronenhülse, die sich durch seinen Kopf gebohrt hat. Sie presst die Lippen zusammen als sie rausklettert und ihr die anderen folgen. Sie war noch nie so verzweifelt und nervös wie jetzt.

Jäger und Beute