Brown Wolf - Jack London - E-Book

Brown Wolf E-Book

Jack London

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Beschreibung

Für die Goldsucher, die Ende des 19. Jahr nach Alaska und Kanada aufbrachen, gehörten Hunde zu den treuesten Begleitern in einer lebensfeindlichen Umwelt. Das wusste Jack London aus eigner Erfahrung. In diesem Band sind drei Erzählungen des weltberühmten Autors enthalten, die diese Beziehung zwischen Mensch und Tier zum Thema haben. Dabei bewies London in der bis heute in Deutschland eher unbekannten Geschichte 'Spot', dass er auch über ein beachtliches humoristisches Talent verfügte.

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Jack London

Brown Wolf

Erzählungen von Jack London in einer Übersetzung von Walter Brunhuber

Aus der Reihe: Das Gold des Nordens Erster Band Brown Wolf Zweiter Band Das Gesetz des Lebens Dritter Band Sun Dog Trail

Inhaltsverzeichnis

Spot

Brown Wolf

Mut und Eigensinn

Weitere Titel ...

Impressum

Spot

Ich denke nicht mehr oft an Stephen Mackaye, obwohl ich früher auf ihn geschworen habe. Ich weiß, dass ich ihn damals mehr liebte als meinen eigenen Bruder. Wenn ich Stephen Mackaye jemals wieder treffen sollte, kann ich für nichts garantieren. Es ist jenseits meiner Vorstellungskraft, dass ein Mann, mit dem ich Essen und Bettdecke geteilt habe, und mit dem ich mich auf dem Chilcoot Trail vorangekämpft habe, sich als das erweisen sollte, was er letztlich war.

Ich habe Steve immer als aufrechten Mann überhöht, als einen liebenswürdigen Kameraden ohne eine Spur von Rachsucht oder Boshaftigkeit in seinem Wesen. Ich werde meiner Menschenkenntnis niemals mehr trauen. Warum? Ich habe diesen Mann gepflegt, als er an Typhus litt und mit Fieber ans Bett gefesselt war, wir hungerten beide im Quellgebiet des Stuart Rivers; und er rettete mein Leben auf dem Little Salmon. Und nun, nach all den Jahren, die wir zusammen verbracht haben, ist alles, was ich über Stephen Mackaye sagen kann, dass er der schäbigste Mensch ist, den ich je kennengelernt habe.

Wir brachen im Herbst 1897 zum Klondike auf, zu spät um über den Chilcoot Pass zu kommen ehe der Frost einsetzte. Wir trugen unsere Ausrüstung zum Teil auf dem Rücken über den Pass. Als es anfing zu schneien, mussten wir uns Hunde kaufen, um den Rest des Weges auf Schlitten zurückzulegen. So kamen wir an diesen Spot. Hunde waren teuer und wir zahlten einhundertzehn Dollar für ihn. Dem Aussehen nach war er das Geld wert. Ich sage 'dem Aussehen nach', weil er einer der schönsten Hunde war, die ich je gesehen habe. Er wog sechzig Pfund und er hatte alles, was ein guter Schlittenhund haben musste. Wir konnten nie seine Abstammung ausfindig machen. Er war weder ein Husky, noch ein Malamute, er kam aber auch nicht aus der Gegend der Hudson Bay. Er hatte von jedem etwas, sah aber keiner dieser Hunderassen wirklich gleich. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, hatte er auch noch etwas von einem Haushund an sich, denn auf einer Seite, im Dickicht der bei ihm vorherrschenden gelb-braun-roten bis schmutzig-weißen Farbmischung, gab es einen Fleck, schwarz wie Kohle und so groß wie ein Wassereimer. Deshalb haben wir ihn Spot genannt.

Er sah zweifellos gut aus. Wenn er in Form war, zeichneten sich seine Muskelpakete als feste Bündel überall an seinem Körper ab. Er sah aus wie das stärkste Tier, das mir je in Alaska begegnet war, und auch wie das intelligenteste. Wenn man ihn ansah, war man sich sicher, dass er soviel leisten konnte, wie drei Hunde seiner Gewichtsklasse. Vielleicht hätte er es wirklich gekonnt, ich habe es nie gesehen. Seine Intelligenz war nicht auf so etwas ausgerichtet. Er konnte perfekt stehlen und nach Futter suchen. Und er hatte einen im besten Sinne grausamen Instinkt vorherzusehen, wann Arbeit anstand, um sich entsprechend davonzumachen. Es fehlte ihm nie an Einfällen, um zu verschwinden und zur rechten Zeit wieder aufzutauchen. Aber wenn man ihn einmal drankriegte, und er arbeiten musste, blutete einem das Herz mit anzusehen, wie die Intelligenz aus ihm heraustropfte und nichts als einen zitternden dummen Klumpen Wackelpudding zurückließ.

Es gab Zeiten, da dachte ich, es war nicht Dummheit. Vielleicht war er, wie einige Männer, die ich kenne, einfach zu schlau, um zu arbeiten. Es würde mich nicht wundern, wenn er uns alle hereingelegt hätte mit seiner Intelligenz. Vielleicht hat er sich das alles ganz gut überlegt und und hat für sich entschieden, dass es um einiges besser ist, hin und wieder eine Tracht Prügel einzustecken und nicht zu arbeiten, als die ganze Zeit zu arbeiten und dafür keine Prügel zu bekommen. Er war schlau genug, um so berechnend vorzugehen. Ich sage euch: Ich habe mich hingesetzt und diesem Hund in die Augen gesehen. Die Intelligenz, die ich dort aufblitzen sah, jagte mir Schauer den Rücken herunter und ließ mein Mark wie Hefe kribbeln. Ich kann diese Intelligenz nicht beschreiben. Sie existierte jenseits von Worten. Ich habe sie gesehen, das ist alles.

Manchmal war es, als würde man in eine menschliche Seele blicken, wenn man in seine Augen sah. Was ich sah, erschreckte mich und löste alle möglichen Gedanken über Reinkarnation und dieses ganze Zeugs in mir aus. Ich sage euch, ich fühlte etwas Großes in den Augen dieses Tieres. Es gab da eine Botschaft, aber ich hatte nicht die Größe sie zu begreifen. Was immer es war (ich weiß, ich mache mich gerade zum Narren) – was immer es war, es verwirrte mich. Ich kann nicht beschreiben, was ich in den Augen dieses Tieres sah. Es war kein Licht, es war keine Farbe, es war etwas, das sich bewegte, das zurückwich, wenn die Augen selbst sich nicht bewegten. Es war ein Gefühlsausdruck. Ja, das war es – und ich hab einen Eindruck davon bekommen. Nein. Es war etwas anderes, als nur ein Eindruck, es war mehr als das. Ich weiß nicht, was es war, aber es gab mir das Gefühl, damit verwandt zu sein. Oh, nein, nicht einfach nur verwandt. Es war mehr ein Gefühl der Verwandtschaft unter Gleichberechtigten.

Diese Augen bettelten nicht wie die Augen eines Wildes. Sie forderten mich heraus. Nein. Es war kein Trotz. Es war lediglich die stille Annahme von Gleichwertigkeit. Und ich glaube nicht, dass es Absicht war. Ich glaube, dass es unbewusst war, von seiner Seite aus. Es war da, weil es da war und es konnte nicht anders, als herauszuleuchten. Nein. Ich meine nicht leuchten. Es leuchtete nicht. Es bewegte sich -

Ich weiß, ich rede Müll, aber wenn ihr dem Tier in die Augen gesehen hättet, so wie ich, dann würdet ihr mich verstehen. Steve war genauso beeindruckt wie ich.

Warum ich einmal versucht habe, diesen Spot zu töten? Er war zu nichts gut und das hat mich verrückt gemacht. Ich habe ihn ins Unterholz geführt, und er kam mit, langsam und unwillig. Er wusste, was los war. Ich hielt an einem geeigneten Platz, stellte meinen Fuß auf das Seil und zog meinen großen Colt. Und dieser Hund setzte sich hin und sah mich an. Ich sage euch, er hat mich nicht angefleht. Er hat mich nur angesehen. Und ich habe gesehen, wie sich alle möglichen unverständlichen Dinge bewegten, yeah, 'bewegten', in seinen Augen. Sie haben sich nicht wirklich bewegt. Wie gesagt, ich dachte, ich hätte es gesehen. Aber, ich glaube, ich habe es nur gespürt.

Um es gleich zu sagen – es überstieg meine Kräfte. Es war, als würde man einen Menschen töten. Einen unerschrockenen Mann, der bei vollem Bewusstsein ist, der ruhig in deine Waffe blickt, als würde er sagen: „Wer hat Angst?“ Die Botschaft war so nahe, dass ich, anstatt schnell den Abzug durchzudrücken, innehielt um zu sehen, ob ich die Botschaft diesmal packen konnte. Da war sie. Genau vor mir, bewegte sich, glänzte in diesen Augen.

---ENDE DER LESEPROBE---