Callgirl über Nacht - Daisy Summer - E-Book + Hörbuch

Callgirl über Nacht E-Book und Hörbuch

Daisy Summer

4,7

Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

Ja, meine beste Freundin und Mitbewohnerin ist Callgirl. Normalerweise habe ich damit kein Problem, im Gegenteil,Tina hat immer ein paar interessante Geschichten zu erzählen. Dass sie schwanger wird, kam allerdings nicht in ihrem Lebensplan vor, und in meinem auch nicht. Noch weniger hatte ich geplant, für Tina einzuspringen. Aber was solls. Ein Wochenende lang die angebliche Verlobte eines Millionärs zu spielen. Das bekomme ich hin … glaube ich. Ein prickelnder Liebesroman – heiß, witzig und spannend.

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Seitenzahl: 219

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Zeit:5 Std. 4 min

Sprecher:Nathalie Ochalek
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CALLGIRL ÜBER NACHT

TEIL 1 - PLÖTZLICH CALLGIRL

DAISY SUMMER

IMPRESSUM

Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages!

Im Buch vorkommende Personen und Handlung dieser Geschichte sind frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt.

Copyright © 2021 dieser Ausgabe Obo e-Books Verlag,

alle Rechte vorbehalten.

M. Kluger

Fort Chambray 

Apartment 20c

Gozo, Mgarr

GSM 2290

Covergestaltung: Art for your book

INHALT

1. Vergangenheit

2. 4 Jahre später

3. Alle Jahre wieder

4. Noch mehr Probleme, die kein Mensch braucht

5. Die falsche Frau

6. Blöder Neandertaler

7. Let the Party begin

8. Die Wiedergeburt des Jungfernhäutchens

9. Gottverdammte Katergefühle

10. Die Schreckliche

11. Let the Challenges begin

12. Nasses Vergnügen

13. Rang 27

14. Catching the Peaches

15. Tipibau für Dummies

16. Lagerfeuer-Romantik

17. Enthüllungen

18. Die Falle

19. Let the Challenges end, pleeeeeze ...

20. Stolz geschwellte Brust

21. Das zweite erste Mal

22. Zwei Blätter im Indian Summer

23. Vergrabene Gefühle

Die „Plötzlich Callgirl“ Reihe

Über OBO e-Books

1

VERGANGENHEIT

EMMA

Das erste Mal

Sex war definitiv nichts für Feiglinge.

Entweder lag der Mann auf der Frau und die Frau machte fast Spagat. Oder die Frau galoppierte auf dem Mann wie auf einem Gaul. Oder der Typ besprang sie von hinten wie ein Deckhengst eine Zuchtstute. Zwischendurch zückte er seinen gewaltigen Prügel (in Biologie-Büchern verharmlosend erigierter Penis genannt), an dem die Frau begeistert schleckte und lutschte. Zu guter letzt spritzte er ihr unter brünstigem Stöhnen einen halben Liter trübe weiße Flüssigkeit auf den in die Luft gereckten Arsch oder auf die mit den Händen zusammen gequetschten Titten. Und dann ging alles wieder von vorn los.

Zur Abwechslung gab es das Setting statt mit zwei auch mit drei oder vier blöde glotzenden und grunzenden Menschen. Nur noch die Nasen- und Ohrenlöcher der Frau blieben frei. Nicht zu vergessen, dass man sich wahlweise in schwarze Ganzkörperkondome quetschen und sich fesseln und auspeitschen lassen konnte.

Das sah nicht lustig aus.

„Jetzt fühl ich mich noch beschissener”, sagte Ron tonlos.

Mein bester Freund hatte auf mein Drängen hin von seinem großen Bruder drei Pornos ausgeliehen. Heimlich natürlich. Also, er hatte sie geklaut, würde die DVDs aber unauffällig unter die Matratze seines Bruders zurücklegen. Da wir beide mit 18 garantiert die einzigen Jungfrauen auf der Welt waren und uns deswegen unzulänglich fühlten, hatten wir uns gemeinsam auf das erste Mal vorbereitet. Neben der Theorie kannten wir dann jetzt auch die Praxis, jedenfalls vom Zusehen.

Ich warf Ron einen mitfühlenden Blick zu, während ich mich innerlich von dem Gedanken verabschiedete, jemals selbst Sex zu haben. Um Kinder zu bekommen, würde ich mich zu gegebener Zeit künstlich befruchten lassen.

Frustriert sammelte ich die leeren Pizza-Packungen und Chips-Tüten zusammen und ging nach Hause, um das Gesehene zu vergessen.

„Meiner ist nicht mal so lang”, flüsterte Ron mir am nächsten Tag zu. Wir hatten Mathe bei Prof. Broom. Darin waren wir beide den anderen meilenweit voraus, obwohl wir eigentlich niemals zuhörten. Wenn es um Zahlen ging, waren wir Naturtalente.

„Wie lang?”

Ron bewegte Daumen und Zeigefinger auseinander. Sein rötliches Gesicht wurde dabei so rot, dass fast gar kein Unterschied mehr zu seinem orangeroten Haar zu bemerken war. Aber ich wusste auch so, wovon er sprach.

„Zwölf Zentimeter … Du Glückspilz! In meine Löcher passt kaum ein Zäpfchen rein”, sagte ich.

„Willst du damit andeuten, dass … äh … wir … beide ...” Ron brach mitten im Satz ab und senkte über seinem Mathebuch beschämt den Kopf.

„Ich will unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen”, seufzte ich, obwohl der Gedanke, dass Ron und ich jetzt auch noch miteinander ins Bett gingen, nahe lag. Wir kannten uns seit der Wiege, unsere Eltern waren befreundet, wir waren Nachbarn und wir hatten uns über den Verlust unserer gleichgeschlechtlichen Freunde hinweg getröstet, die in andere Staaten gezogen waren und uns nach ein paar Briefen vergessen hatten.

„Zum Glück sind wir uns einig”, sagte Ron und nickte.

„Du solltest es mit jemandem tun, der zu dir passt. Nicht mit so einem Rotfuchs wie mir. Ich meine, ich bin weiß wie die Wand, dazu das rote Haar, rote Wimpern, die Zahnspange, multiple Allergien”, meinte Ron, nachdem wir eine lächerlich leichte Mathe-Aufgabe gelöst hatten.

„Mit wem?” Jetzt war ich aber gespannt, wen Ron für mich ausgesucht hatte.

„Cole?”

„Willst du mich verarschen? Der hat doch schon mit jeder an der Schule was gehabt.”

„Eben drum. Der sollte wissen, wie es geht. Außerdem ist er schon lange scharf auf dich.”

Das stimmte. Aber es lag nicht an mir persönlich. Wenn Adrenalin-Cole eine Frau sah, musste er seinen erigierten Penis, der vermutlich so aussah wie die Prügel aus den Pornos, in sie reinstecken. Das war bei ihm wie ein bedingter Reflex. Dass ihm das bei mir nicht gelang, konnte er nicht verkraften, was ich daran bemerkte, dass er mich mindestens einmal in der Woche blöde von der Seite anlaberte.

„Komm schon, Emma Smith, mach dich locker. Zieh die Brille ab und ich begleite dich zum Klo.”

Kurz: Cole war ein Idiot!

Ich kam in Schlabberpullis, ausgebeulten Jeans und mit unordentlich zusammengeknüllten Haaren in die Schule. Vermutlich stellte Cole sich meine Wenigkeit ganz einfach frisch gebadet und perfekt gestylt vor. Oder mit einem Sack über den Kopf und ansonsten nackt und breitbeinig.

Ich drehte meinen Kopf und sah zu dem Platz, wo Cole vergeblich über der Aufgabe brütete, die Ron und ich längst gelöst hatten. „Du spinnst. Cole sieht gut aus, aber er ist saublöd.”

„Dumm fickt gut”, sagte Ron.

„Er ist ein Arschloch. Willst du, dass ich nachher heule?”

„Aber ich will es probieren”, sagte Ron trotzig.

Ich musste lachen. „Mit Cole?”

„Bin ich schwul? Mit ner Prostituierten.”

Mir blieb die Spucke weg. Es dauerte eine Weile, bis ich hervorbrachte: „Du spinnst, Ron.”

„Nee, ehrlich. Ich will ganz einfach wissen, wie sich eine Frau von innen anfühlt.”

Ron hatte es getan. Er war tatsächlich zu einer Prostituierten gegangen. Und dann war er doch schwul.

Ich schwankte zwischen Verabscheuung und Bewunderung wegen der Sache mit der Prostituierten. Schließlich siegte die Bewunderung. Den Mut musste man erstmal aufbringen. Und dass Ron schwul war, hatte ich mir sowieso gedacht.

Aber jetzt war ich die letzte Jungfrau auf der Welt. Ich wollte es hinter mich bringen. Bevor ich wusste, wie es war, würde mein Geist keine Ruhe geben. Vielleicht war ich ja auch homo. Ich glaubte es aber nicht. Dafür hatte ich mich ganz einfach in zu viele Rockstars verknallt. Leider waren die für mich nicht greifbar und die Jungs, die ich so kannte … Es war ein Teufelskreis.

„Wenn du willst, machen wir es einmal, damit du weißt, wie es ist. Männliche Prostituierte sind nämlich unglaublich teuer”, wusste Ron. Er versprach, sich besonders viel Mühe mit mir zu geben. Mit Kerzen, leiser Kuschelmusik und mit viel Zeit und zärtlichem Streicheln.

„Beim ersten Mal ist das besonders wichtig. Aber auch später brauchen Frauen das, sonst kommen sie nicht. Außer einige wenige Ausnahmen”, sagte Ron.

„Ich habe dieselben Bücher gelesen wie du”, erinnerte ich ihn.

„Gib doch einfach zu, dass du es nicht mit mir tun willst, weil ich scheiße aussehe”, sagte Ron und präsentierte mir absichtlich seine blinkenden Brekkies.

Ron brachte mich dauernd zum Lachen, was eigentlich ideale Voraussetzungen für eine Beziehung waren. Aber jetzt war Ron erwiesenermaßen schwul.

„Wenn ich die Brille abnehme, sehen sowieso alle Kerle gleich aus”, grinste ich.

„Okay. Dann mach es mit Cole”, grinste Ron zurück.

Und dann machte ich es mit Cole.

„Du siehst so fucking heiß aus ohne Brille”, stöhnte Cole.

Ich klammerte mich an ihn. Er war groß und breitschultrig. Die Weiber standen wirklich alle auf ihn. Ich auch. Obwohl er nicht die hellste Laterne war, war ich doch stolz, dass er mich heiß fand.

Leider war mir nicht wirklich heiß.

„Mir ist arschkalt”, murmelte ich in Coles Mund hinein, den er sperrangelweit aufgerissen hatte, um mich zu küssen. Ich spürte seine Oberlippe direkt unter der Nase und die Unterlippe auf dem Kinn. Mittendrin machte seine Zunge irgendwas in meinem Hals. Noch einen Millimeter tiefer und ich müsste würgen.

„Echt jetzt, Emmi? Du willst es anal? Boah, geil! Das hatte ich noch nie. Dreh dich um”, sagte Cole und guckte dabei genauso sabberig wie diese Typen aus den Pornos von Rons Bruder. Nebenbei rieb er sich an mir. Von Reibungswärme jedoch keine Spur. Immerhin hatte er mich Emmi genannt. Das war irgendwie niedlich.

„Cole, mir ist ARSCH-KALT!”, stellte ich die Sache dennoch richtig. Es war Winter. Draußen herrschten Minusgrade. Ich fror entsetzlich, denn die Schul-Klos wurden nicht beheizt. „Können wir eventuell etwas schneller zur Sache kommen?”

„Wohoo, du bist eine ganz Scharfe! Ich habe es immer gewusst! Dann komm ich jetzt mit meinem Heiz-Stab”, grinste Cole dreckig und sagte mit so einer finsteren Miene zu mir: „Pack ihn aus.”

Was blieb mir anderes übrig, wenn ich nicht bis zur Rente auf meine Entjungferung warten wollte? Mit zitternden Fingern öffnete ich Coles Jeans.

Da war auch schon sein ... erigierter Penis. Gott sei Dank hatte er keinen von diesen Porno-Prügeln.

Cole rollte geschickt ein Kondom über sein nach links gekrümmtes Teil.

„Du siehst begeistert aus”, freute er sich, während ich mit seiner Hilfe an ihm hochkletterte und meine steif gefrorenen Beine um seine Hüften schlang.

„Hm. Er ist so schön ...” Das klein verkniff ich mir im letzten Augenblick. Ron hatte mich davor gewarnt. Außerdem war die Fliesenwand in meinem Rücken gefroren. Egal. Gleich war es soweit. In wenigen Sekunden würde ich wissen, wie es war. Würde es an meinem ganzen Körper kribbeln? Würde ich schreien, so wie die Frauen in den Pornos? Oder sah es bei mir eher so aus wie in dem Aufklärungsbuch? Würde mir ein sanftes Lächeln über das Gesicht huschen? Wie wohl der Orgasmus war?

Da! Es war soweit. Cole steckte, beziehungsweise fummelte mir sein Teil in meine Pussy. Er war drin. Ich spürte ihn in mir.

„Aaaaaaaah, Baby, ich komme!”, grunzte er und dann riss mein Jungfernhäutchen.

2

4 JAHRE SPÄTER

EMMA

Probleme, die kein Mensch braucht

Wo zum Teufel war Ron? Und damit meinte ich nicht Ron Weasley, den besten Freund von Harry Potter, meiner Lieblingslektüre, sondern tatsächlich meinen immer noch allerbesten, rothaarigen Freund. Der Ron, mit dem ich am Wochenende ein halbes Dutzend Action-Videos durchziehen und im Bett Pizza vertilgen konnte, während sich meine Mitbewohnerin und zugleich beste Freundin mit gut zahlenden Kerlen herumtrieb. Der Ron, mit dem ich jedes noch so komplizierte mathematische Problem bequatschen konnte, ohne dass er die Augen verdrehte. Der Ron, der fast gemeinsam mit mir seine Unschuld verloren hatte und der mir seit dem ersten Semester an der New York Columbia mit seiner Anwesenheit die Scheißtypen vom Hals hielt.

Wir hatten es wahrhaftig geschafft und studierten das, was wir schon immer am besten konnten. Und das auch noch in New York. Ron lebte sogar mit der Liebe seines Lebens zusammen. Er hieß Jonathan und war ein echt lieber, süßer Kerl. In meinem Liebesleben hatte sich nicht wirklich viel getan.

Egal. Die in dem Moment einzig wichtige Frage war sowieso, wo Ron nur blieb. Ich zückte mein Handy und schickte ihm eine WhatsApp, während das arrogante Arschloch, das sich direkt neben mich gepflanzt hatte, mich beäugte. Wo sollte Michael auch sonst hin? Der Seminarraum für die Masterstudenten hatte ja bloß 60 Plätze. Und es befanden sich immerhin vier Personen in dem Stochastik-Kurs, einschließlich dem Professor und mir.

„Nur weil mein Freund heute nicht auf meinem Schoß sitzt, musst du deinen Ellbogen nicht auf meinem Blatt parken. Nimm ihn da weg!“, knurrte ich meinen lästigen Mitstudenten an. Michael sah gut aus, richtig gut. Sogar besser als Cole, mein Entjungferer. Die Weiber bettelten ihn geradezu an, dass er sie begattete. Aber was gutes Aussehen mit gutem Sex zu tun hatte, wusste ich inzwischen. Michael sollte seinen Porno-Prügel gefälligst woanders reinfummeln. Ich wollte das Ding gar nicht erst sehen.

„Was denn? Macht dich jetzt schon mein Ellbogen an? Vielleicht sollten sexy Ron und du nicht bis zur Hochzeit mit dem Sex warten. Oder soll ich ihn vertreten?”, grinste der Hirni blöde.

Warum studierte dieser Idiot nicht ein Fach, in dem mehr als eine Frau eingeschrieben war oder ging gleich in eine Bar? Aber bitte nicht in die, in die ich gleich nach dem Seminar musste, um zu arbeiten. New York war klasse, aber es war so furchtbar teuer, dass ich neben meinem Mini-Job in der Uni-Bibliothek und dem Mini-Job als Tutorin bei Prof. Kentwell noch in einer Bar kellnern musste. Das Stipendium reichte höchstens für ein halbes Zimmer im Studenten-Wohnheim und meine Eltern waren nun wirklich nicht in der Lage, mich zu unterstützen.

Frustriert seufzend raffte ich mein Zeug zusammen und setzte mich auf einen anderen Platz. Weit weg von Michael hatte ich endlich Ruhe, um mich auf den Stoff zu konzentrieren. Das hieß, vorher erreichte mich endlich eine Nachricht von Ron: „Tut mir leid, Em. Jonathan hat die Grippe und ich fürchte, ich hab mich angesteckt. Fieber, Kopf, Hals. Ich krieg kein einziges Wort raus. Wir liegen zwar zusammen im Bett, können aber nicht mal die Finger bewegen. Ich hab zwar auch Rudy eine Message geschickt, aber entschuldige mich bitte trotzdem noch bei ihm. Du weißt ja, wie er ist … Ich schick dir einen Kuss ohne Bazillen … Ron.”

Das war doof. Ron und ich besuchten nicht nur gemeinsam die Uni-Seminare, wir arbeiteten auch beide in Rudy’s Bar. Heute war After Work Party. Ausgerechnet heute war Ron krank. Ich wusste schon jetzt, dass ich ganz sicher drei Kreuze machen würde, wenn meine Schicht vorbei war. Diese After-Workler waren echt die übelsten Grapscher. Ich arbeitete sonst hinter der Theke, aber wenn Ron nicht da war, würde ich in den Gastraum müssen.

„Gute Besserung euch zwei Süßen. Wenn ihr was braucht (Schokolade oder Kondome), schick mir ne SMS. Ebenfalls bazillenfreier Kuss, Em”

Als das Seminar vorbei war, packte ich, so schnell ich konnte, meine Klamotten und raste mit gesenktem Kopf zur Tür, denn Prof. Kentwell wollte sicher wieder mit mir reden. Ich aber nicht mit ihm. Er war sowieso viel zu jung für einen Professor und, wie ich fürchtete, genauso sexbesessen wie Michael. Das Gerücht ging jedenfalls rum.

„Emma Smith!”

Ich versuchte ruhig weiter zu atmen und blieb stehen, obwohl die Fluchtgedanken drängten. „Tut mir leid, Professor, ich habe in fünf Minuten einen Zahnarzttermin“, log ich lächelnd und stürmte davon. Wenn Kentwell erfuhr, dass ich neben der Uni und der Bücherei noch in einer Bar arbeitete, war ich den Tutoren-Job los. Und wenn ich zu spät in der Bar auftauchte, war ich den Kellner-Job los. Und nur von dem Stipendium und dem Mini-Job in der Bücherei konnte ich nicht überleben. Diese Teufelskreise verfolgten mich durch mein gesamtes Leben. Aber wenn Ron gesund war, ging es mir super!

Kurz bevor ich die Bar betrat, erreichte mich Rons WhatsApp: „Jetzt müsstest du eigentlich Michael und Kentwell abserviert haben. Die notgeilen Karriereheinis schaffst du auch noch. Ich glaub an dich, Em. Weiterer bazillenfreier Kuss von Ron”

Ach, mein lieber, guter alter Freund … Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Leider war es vorerst das letzte.

Das Geräusch, das mir beim Aufschließen des Apartments entgegen schallte, verhieß nichts Gutes.

Es klang wie „Würg“. Und „Wuäääh”. Etwas bröckelte und schluchzte.

Nein! Nicht auch noch das! Doch es war genau das.

„Ich bin schwanger!“, würgte Tina meine Vermutung nebst grünlicher Brocken hervor. „Es ist von ihm.“

Das hatte ich befürchtet. Ich kniete mich neben das Nervenbündel vor dem Klo und nahm ihr langes Haar aus der Schüssel. Mit einer gewohnheitsmäßigen Bewegung zwirbelte ich es zu einem unordentlichen Bun und ignorierte, dass sich darin Erbrochenes befand. Ein bisschen Kotze war nun wirklich unser geringstes Problem. Meine Freundin und Mitbewohnerin arbeitete bei einem Escort-Service, um ihr Studium zu finanzieren. Das dumme Huhn hatte sich in einen Kunden verliebt, der natürlich auch noch verheiratet war.

„Seit wann weißt du es?“ Augenblicklich vergaß ich die ganzen notgeilen Typen aus der Uni und aus der Bar, die mein Leben verpesteten. Ich hatte sie alle abgewehrt. Darin war ich in den vergangenen Jahren zur Expertin geworden. Und die große Liebe, nach der ich mich in meinen schwachen Augenblicken sehnte, hatte ich schon lange abgeschrieben. Ungefähr seit ich Tina und ihr Problem kannte.

Ein lautes Schnaufen, gefolgt von einem Würgen und Spucken ließ Tinas schönen Körper erneut erbeben.

„Das ist es ja gerade“, schluchzte sie herzergreifend, während ich ihr über den Rücken streichelte. „Ich bin schon in der zehnten Woche. Wenn ich es behalte, kann ich bald nicht mehr arbeiten gehen. Ralph will nichts mehr mit mir zu tun haben. Er leugnet alles und behauptet, das Kind könnte von jedem sein. Ich müsste einen Vaterschaftstest anleiern, Alimente einklagen ...“

Ich wartete, bis Tina sich ausgekotzt hatte und wir Seite an Seite mit angezogenen Beinen auf ihrem kleinen Sofa saßen und süßen Kamillentee schlürften.

„Weißt du denn schon, was du machen willst?“, fragte ich sie sanft.

Tinas große, braune Augen füllten sich wieder mit Tränen. Es sah aus, als plätscherte ein ganzer See darin.

„Abtreiben. Was sonst?“

Sie sah mich fertig an. Ich war alles andere als weltfremd, aber bei dem Gedanken an eine Abtreibung drehte sich mir der Magen um. Ich hielt schon nicht viel davon, dass Tina diesen Job machte, aber irgendwann war es ihr gelungen, mich davon zu überzeugen, dass das ihre freie Entscheidung sei. Dass sie Spaß daran hatte, mit immer anderen, angeblich gut erzogenen und gebildeten Männern auszugehen. Leichter und amüsanter könnte man kein Geld verdienen, hatte sie behauptet. Und jetzt erwartete sie ein Kind von einem verheirateten Kunden.

„Ich habe mir schon einen Termin besorgt. Nächste Woche. Mittwoch, neun Uhr ist es soweit“, sagte sie plötzlich ganz klar. Sie fuhr sich mit dem Unterarm über ihr Gesicht und trocknete die Tränen.

„Bist du dir sicher?“ Mit einem Mal war ich so fertig, wie Tina es vorhin noch gewesen war.

„Nein, natürlich nicht. Aber es ist die einzige vernünftige Lösung.“ Tinas Körper bebte, als sie mich mit ihren langen, schlanken Armen umfing. Im Gegensatz zu mir war sie trotz ihrer superschlanken Figur durchtrainiert und stark und hielt mich wie in einem Schraubstock.

„Oh je”, sagte ich. „Ich weiß, das ist eine blöde Frage, aber kann ich irgendetwas für dich tun? Bitte, lass mich dir helfen!“

„Kannst du zaubern?“

„Nein, aber ich kann dir zuhören, während du deine Entscheidung nochmal überdenkst. Wenn du dich dann aus voller Überzeugung für die Abtreibung entscheidest, wenn du sicher bist, dass du die Entscheidung nicht bis an dein Lebensende bereust, begleite ich dich.”

„Nein. Tu das nicht. Und hör auf, mich so anzusehen. Ich habe keine Zeit, noch länger zu heulen. Ich habe einen Auftrag, der das ganze Wochenende geht.“

„Sag ab.“

Tina legte den Kopf schräg und schaute mich an wie ein Kind, das die einfachsten Sachen nicht kapiert. „Und wovon soll ich die Abtreibung bezahlen? Die Miete? Die Studiengebühren? Nein, das geht gar nicht. Ich muss da durch. Ich bin schon froh, dass du mir zuhörst, dass du mir keine Vorwürfe machst, obwohl du mich oft genug gewarnt hast. Danke, Emma. Danke, danke, danke! Und jetzt lass mich bitte allein. Ich muss schlafen, damit ich Freitag wieder auf den Beinen bin.“

Am Freitagmorgen war Tina noch nicht wieder auf den Beinen. Es war sogar alles noch schlimmer geworden mit ihr. Tina war ein Schatten ihrer selbst. Ihr sonst so glänzendes, rotes Haar war stumpf und strähnig wie eine alte Karnevalsperücke. Ihre durchtrainierte Figur, für die ich sie so bewunderte, wirkte schlaff und ausgemergelt. Aber am schlimmsten war ihre Gesichtsfarbe. Tina war grün im Gesicht und ihre Kotzanfälle waren unberechenbar. Aber sie weigerte sich, ins Krankenhaus zu gehen, und ihr Gynäkologe, den ich zu einem Hausbesuch überredet hatte, behauptete, das sei die normale Schwangerschaftsübelkeit. Meine Gyn, die ich zwecks einer zweiten Meinung ebenfalls zu uns bestellt hatte, sagte dasselbe. Je mehr man kotzte, desto besser ginge es dem Kind.

Ich schwor mir, dass ich garantiert nicht mal mit künstlicher Befruchtung ein Kind bekommen würde.

„Tina, so kannst du nicht zu deinem Auftrag!”, sagte ich bestimmt. Ehrlich, das konnte sie doch nicht wirklich vorhaben. Weder Ruhe, noch das Medikament, das der Gyn Tina gegeben hatte, wirkten.

Tina göbelte in ihren Eimer und sagte erschöpft: „Aber ich muss. Ich kann mir den finanziellen Ausfall nicht leisten. Oder hast du zufällig 5000 Dollar auf dem Konto, die du mir borgen kannst?”

Hieß ich Rockefeller? Natürlich hatte ich keine solchen Unsummen auf meinem Konto. Am Monatsende hatte ich diese Zahl ohne die drei Nullen im Portmonee und mein Konto war in den roten Zahlen. So sah es aus.

„Du musst dir das Geld von jemandem leihen. Was ist mit deinen Eltern? Geschwister? Andere Freunde? Ralph muss es dir geben! Er hat den Schlamassel, in dem du steckst, zu verantworten”, beschwor ich meine ruinierte Mitbewohnerin / Freundin.

„Keine Chance. Mein Vater ist arbeitslos und meine Mutter lebt schon lange nicht mehr. Geschwister habe ich keine. Meine Freunde kennst du. Es sind dieselben wie deine. Und Ralph - ich habe echt keine Ahnung, wie er mit Nachnamen heißt, wo er wohnt ...” Tina würgte, ohne dass etwas aus ihr rauskam. Ein Lächeln zog über ihr grünes Gesicht. „Es ist vorbei …”

Aber es war nicht vorbei. Schon im nächsten Augenblick kam noch mehr dünnflüssiges, grünes Zeug aus Tina raus.

„Kannst du dir von der Agentur einen Vorschuss geben lassen?”

„Wenn ich so kurzfristig absage und dann auch noch einen Vorschuss brauche, bin ich raus. Wuäääääh …”

„Ich spreche mit denen!”

„Bitte, bitte, tu das nicht. Die haben keine Nachwuchssorgen! Wuäääääh ...”

Damit war ich am Ende mit meinem Latein. Jetzt fiel mir nur noch eine Lösung ein und die gefiel mir gar nicht. Leider war ich ebenfalls am Arsch, wenn Tina am Arsch war. Ich konnte wohl kaum zu Ron und Jonathan in ihr 14-Quadratmeter-Apartment ziehen.

„Tina, ich übernehme deinen Job für dieses eine Wochenende - du erholst dich und überlegst dir die Sache mit der Abtreibung!“

Tina kotzte noch eine Runde. Vermutlich verdaute sich ihr Körper gerade selbst. Ich hätte sie immer noch am liebsten sofort in die Klinik gebracht.

„Das würdest du wirklich für mich tun?” Ihre Augen mit den tellergroßen dunklen Ringen, die in den vergangenen Tagen darum gewachsen waren, erschienen über dem Rand des Eimers.

„Ja”, sagte ich mit fester Stimme, obwohl ich meine Hilfsbereitschaft auch schon ein klein wenig bereute.

„Traust du dir das denn zu? Es geht um ein Wochenende, an dem du vor seinen Freunden die zukünftige Frau eines reichen Geschäftsmannes spielen sollst”, fügte Tina hinzu.

„Er wird ja wohl kaum vor seinen Freunden mit mir vögeln wollen.”

„Auch nicht hinter ihrem Rücken. Er will nur die Begleitung. Aber es muss schon echt aussehen. Händchen halten, verliebte Blicke und so.”

„Okay, das krieg ich hin. Aber es ist schon beknackt, oder? Warum tut er das?”

„Er will seine alten Freunde mit einer tollen, jungen Frau neidisch machen.” Tina zuckte mit den Schultern, bevor sie in den Eimer kotzte.

„Mach dir keine Sorgen, Tina. Das wird schon nicht so schwer sein. Ich stelle mir vor, ich wäre eine Schauspielerin. Im Übrigen bleibe ich meinen Prinzipien treu: Erst das Studium beenden, dann Karriere machen, dann weitersehen. Zeig mir einen Kerl, der es schafft, mich ins Bett zu kriegen. Ich bin die Weltmeisterin im Männer-Abschütteln.”

Ich kratzte mich am Kopf.

„Na ja, an deinem Äußeren müssen wir trotzdem noch was tun”, meldete sich Tina mit zerknirschtem Gesichtsausdruck zurück.

Ratsch …

„AUUUUUU … Wollen Sie mich umbringen?”, brüllte ich die Kosmetikerin an. Ich erwartete nicht wirklich eine Antwort von ihr, aber zumindest eine Entschuldigung für das, was sie meiner unteren Hälfte antat.

„Glaub mir, Emma. Ist der Bär einmal weg, sieht das Ganze schon viel hübscher aus”, zwinkerte Ron mir zu. Jonathan war jetzt bei Tina und Ron begleitete mich zu Tinas Kosmetikerin.

Ron hielt schon die ganze Zeit meine Hand. Jetzt wusste ich, warum. Eine Vollnarkose wäre jedoch angebrachter gewesen.

„Ich werde aussehen wie ein Kleinkind. Warum machen wir das überhaupt? AUTSCH!! Ich werde sicher nicht mit dem Typen ins Bett steigen, denn er will nur meine Begleitung. Würde es nicht genügen, wenn dieser weibliche Folterknecht mir die Haare aus den Waden reißt?”, fauchte ich Ron an, unbeeindruckt von den komischen Blicken der Kosmetikerin.

„Die kommen auch noch an die Reihe. Aber, Süße, du wirst Tinas Kleider tragen. In dem Fall ist ein Brazilian-Waxing nur angebracht”, entgegnete Ron, während er irgendetwas in sein Handy tippte.

Wenn ich wirklich Tinas Kleider tragen würde, hätte Ron recht, denn die waren so kurz, dass ich mich schon manches Mal gefragt hatte, ob es nicht reichen würde, wenn sie sich einfach nur in Zahnseide einwickeln würde. Aber ich würde Tinas Kleider schon darum nicht anziehen, weil sie eine Kleidergröße weniger trug als ich.

Das sagte ich Ron, doch der schüttelte nur vorwurfsvoll den Kopf und tippte weiter ins Handy.

„AUUUUUU!!!”

Warum riss mir die Kosmetikerin denn jetzt auch noch die Härchen vom Hintern runter?

„Was tust du da eigentlich, Ron? AAAAAH….”

Jetzt war mein Anus blank.

„Ich schreibe mit Danny, meinem Optiker des Vertrauens.”

„Seit wann hast du einen Optiker deines Vertrauens?”

Ron klimperte mit den Wimpern, die er seit geraumer Zeit schwarz färben ließ. Sollte das eine Antwort gewesen sein?

„Und warum schreibst du mit Danny?”, insistierte ich.

„Wir brauchen Kontaktlinsen. Oder glaubst du, dass du Tina mit deinen Vergrößerungsgläsern vertreten kannst? Dieser reiche Mann will seine Freunde beeindrucken. Mit einer Kopie von Harry Potter wird das kaum gelingen.”

„AUUUUU.” Das war meine rechte Wade.

Ron schaute mich mitleidig an.

„Ach, Süße, ich liebe dich doch so wie du bist, aber für diesen Mann müssen wir dich so aufpimpen, dass nicht auffällt, dass du in Wirklichkeit eine hochintelligente Mathe-Studentin bist, die mit den Männern abgeschlossen hat. Eine Mogelpackung. Das würde ihm bestimmt nicht gefallen und Tina den Job kosten. Und entspann dich endlich, Emma.“

Die Kosmetikerin kapierte wohl in dem Moment auch, wovon Ron und ich sprachen. Was den weiblichen Folterknecht prompt dazu veranlasste, die Waxing-Stripes unter meinen Achseln besonders ruckartig abzuziehen.

„AUAAAAH!”

„Sie sind fertig”, verkündete die Frau geradezu schadenfroh und tupfte mir die Achseln sowie die blanke Scham mit einem alkoholhaltigen Tuch ab.

Dieses Mal verkniff ich mir das Gebrüll, da es das brutale Weib womöglich zu weiteren Foltermaßnahmen angeregt hätte. Außerdem stand mir die wirkliche Folter noch bevor.