Camp-Fieber - Howard Duff - E-Book

Camp-Fieber E-Book

Howard Duff

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Grüne, rankende, wuchernde Hölle um Charles Tippet. Schmatzender, saugender Boden: der Sumpf. Und Tippet, eine Kugel in der Schulter, liegt auf seinem Pferd. Er weiß, daß er es nicht mehr lange machen wird. Er ist zu schwach. Er kennt seinen Zustand genau und sieht manchmal den Boden sich drehen. Dennoch hält sich Tippet auf einem der wenigen Zugänge zu dem Neosho-Sumpf. Dieser Pfad ist nur zwölf Inches breit. Würde das Pferd nicht haargenau die Hufe einsetzen, dann genügte ein einziger Fehltritt, um das Verhängnis herbeizuführen. Mein Gott, denkt Tippet schaudernd, wenn mein Pferd diesen Pfad nicht schon hundertmal gegangen wäre, läge ich längst in der schmatzenden Brühe. »Halt!« Halt, denkt Tippet, ist gut. Ich halte an. Da ruft einer und zielt auf mich. »Steh still – Hände hoch!« »Ka – kann ich nicht«, sagt Tippet lallend. »Parole – Yorkshire.« Dann ist die heisere Stimme Benfields zu hören. »Verdammt, das ist Tippet.

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Die großen Western – 286 –

Camp-Fieber

… in der verfluchten Rebellenarmee

Howard Duff

Grüne, rankende, wuchernde Hölle um Charles Tippet. Schmatzender, saugender Boden: der Sumpf.

Und Tippet, eine Kugel in der Schulter, liegt auf seinem Pferd. Er weiß, daß er es nicht mehr lange machen wird. Er ist zu schwach. Er kennt seinen Zustand genau und sieht manchmal den Boden sich drehen.

Dennoch hält sich Tippet auf einem der wenigen Zugänge zu dem Neosho-Sumpf. Dieser Pfad ist nur zwölf Inches breit. Würde das Pferd nicht haargenau die Hufe einsetzen, dann genügte ein einziger Fehltritt, um das Verhängnis herbeizuführen.

Mein Gott, denkt Tippet schaudernd, wenn mein Pferd diesen Pfad nicht schon hundertmal gegangen wäre, läge ich längst in der schmatzenden Brühe.

»Halt!«

Halt, denkt Tippet, ist gut. Ich halte an. Da ruft einer und zielt auf mich.

»Steh still – Hände hoch!«

»Ka – kann ich nicht«, sagt Tippet lallend. »Parole – Yorkshire.«

Dann ist die heisere Stimme Benfields zu hören.

»Verdammt, das ist Tippet. Amos, du Affe, schieß nicht! Mann, Tippet!«

Es rauscht im Schilf beiderseits des schmalen Pfades. Sie sind da. Und Tippet auch, mitten im Sumpf. Wie er hineingekommen ist, das kann er nicht sagen. Er hat sich auf sein Pferd verlassen müssen und nicht gemerkt, ob er drei oder sieben Meilen darauf gelegen hat.

»Charly, was ist passiert? Wo ist Jesse?«

Charly Tippet sieht die beiden Männer nur verschwommen. Und er sagt nur ein Wort:

»Tot!«

Einen Moment schweigen sie entsetzt. Vielleicht denken sie auch an Jesses Bruder Manner, der von dem Jungen immer starke Stücke hielt. Dabei hat Jesse nie etwas getaugt. Einer der größten und dabei einer der jüngsten Halunken.

»Charly, das darf nicht wahr sein.«

»Tot. Sheriff Holburn in Columbus hat ihn erschossen. Bring mich weiter, muß zu Brown, es melden.«

»Ja, Charly, los. Ich sitze hinter dir auf. Amos, übernimm die Wache allein!«

Das Pferd schnaubt, Benfield sitzt hinter Charly auf. Und dann geht es weiter. Es ist sicher noch eine Meile weit.

Tippet zittert vor Schwäche, als sie endlich auf der großen Sumpfinsel sind. Es gibt drei oder vier Inseln hier. Kaum ein Mensch kann sie finden. Nur die Indianer wissen genau im Sumpf Bescheid. Und natürlich Brown, den sie wie einen Medizinmann verehren, seitdem er den Sohn des Oberhäuptlings gesund gemacht hat.

Charly Tippet hört die Rufe, fühlt sich angehoben, liegt am Boden.

Browns hageres Gesicht mit den tiefliegenden, brennenden Augen eines Fanatikers beugt sich über ihn.

»Holt Verbandzeug, macht Wasser heiß!«

»Brown – kein Glück – heute.«

Jemand brüllt in der Nähe wie ein Stier.

»Wo ist mein kleiner Bruder?«

Plummer schreit wie ein Irrer. Und Brown sagt wild:

»Zum Teufel, Plummer, er ist verwundet.«

Dann sagt Brown kein Wort mehr. Plummer hat den Revolver heraus und setzt ihn dem Mann mitten auf den Bauch.

»Mein Bruder – Mensch, mein kleiner, guter Bruder ist tot. Und der hier sollte auf ihn achten. Er hat ihn umgebracht, ich reiße Tippet in Stücke.«

»Bist du wahnsinnig, Manner?« fragt Brown, und Tippet hört dessen dumpfe Stimme wie aus weiter Ferne. »Nimm den Revolver weg.«

»Ich bring euch alle um! Mein kleiner Bruder ist tot. Fort, weg mit euch! Ich schmeiße dich in den Sumpf, Tippet, ich werfe dich in diese SchlangenBrühe. Maul auf! Wie ist er gestorben? Wie konnte das passieren?«

»Wir haben alles ausgeführt«, erklärt Tippet und sieht Browns haßverzerrtes Gesicht. Der Haß richtet sich gegen Plummer, der sich immer mehr die Führungsrolle aneignet und dem die meisten Männer nachlaufen, weil er härter und erfolgreicher bei Überfällen ist als John Brown.

»Wir haben uns alles angesehen – die Station von Roan, wir sprachen mit einem Mann. Es war dunkel, der Mann erkannte uns nicht. Der alte Roan ist von einem gewissen Grimsby ausgebeutet worden. Grimsby ist Yankee. Er hat praktisch die Stadt in der Tasche. Gebt mir – Brandy.«

Der Brandy hilft, dieser selbstgebraute Fusel.

»Weiter!« keucht Plummer.

»Da ist ein Neffe vom alten Roan. Er soll, erfuhren wir, bei Wichita Falls in Texas eine Farm haben. Dorthin ist der alte Clifford Roan gegangen. Die Station gehört nun Grimsby.

Dieser Neffe von Roan war während des Bürgerkrieges Captain auf unserer Seite. Soll ein harter Brocken sein. Er hat Grimsby geschrieben, er würde kommen und die letzten Beiträge abholen, die Grimsby dem alten Roan noch schuldet. Wir erfuhren alles, Manner. Dann ritt Jesse zu einem Saloon und wollte feiern. Er war nicht zu halten.«

»Mensch, Hundesohn, du hättest ihn anbinden müssen.«

»Ich konnte nicht, er hielt mir den Revolver vor den Bauch«, stöhnt Tippet. »Du kennst doch deinen Bruder – jeder kennt ihn. Er wollte was, und er setzte es durch. Ich ging mit, um zu verhindern, daß er zuviel trank.

Da war ein Mann in der Kneipe, der kam mir bekannt vor. Ich sagte es Jesse, aber er lachte nur. Der Mann war auf einmal weg. Wir raus, als ich es bemerkte, kamen auch gut zu den Pferden, aber dann war der Sheriff da. Er hatte den Mann dabei und seinen Deputy Crane. Sheriff Holburn rief, wir sollten halten.«

»Und?« faucht Plummer, als Tippet erschöpft schweigt. »Weiter, Mensch, weiter!«

»Sie schossen«, fährt Tippet keuchend fort, »und riefen, wir gehörten zu Browns Bande. Da wußte ich, wer der Mann war: Yargin, ein Yankee, dessen Ranch wir überfallen hatten. Damals verrutschte Jesse das Halstuch. Yargin muß sein Gesicht gesehen haben.«

»Du lügst! Keiner darf noch mal mitreiten, wenn ihm das Halstuch verrutscht ist«, schreit ihn Plummer an. »Jesse hätte es gemeldet.«

»Er hat es – verschwiegen. Er sagte damals zu mir, ich solle den Mund halten, Manner.«

»Er lügt, mein Bruder hätte das nie getan!« keucht Plummer wild. »Hundesohn, was geschah weiter?«

»Zwei Kugeln trafen Jesse in den Rücken. Ich hielt ihn und ritt weg. Dann merkte ich, daß er tot war. Sheriff Holburn hatte keine Pferde dabei, das war unser Glück.«

Tippet kann kaum noch reden.

»Und dann?«

»Hinter den Büschen brach Jesses Gaul zusammen. Ich wollte Jesse mitnehmen, als sie mich trafen, aber ich konnte nicht, war mit einer Hand nicht fähig, ihn zu heben, Manner…«

»Du hättest ihn nicht in den Saloon gehen lassen dürfen!« brüllt Plummer über ihm. »Ich mach dich fertig, du Schurke, ich mache sie alle fertig. Ich stecke Grimsbys Bau an. Und der Sheriff ist so gut wie tot. Ich reite hin und lege alles in Trümmer. Ein Chaos soll zurückbleiben, ich schwöre es.«

Rache für Jesse Plummer.

*

Er kommt, denkt Tippet und umkrallt unter der Decke den Revolver. Wenn er mich wieder anfaßt, dann knalle ich ihn über den Haufen. Mann, ist das ein Tier. Brown hat mir die Kugel herausgeholt und gesagt, ich brauchte keine Angst zu haben. Der hat gut reden, Plummer kümmert sich den Teufel um Browns närrisches Gewäsch. Er hat Plummer gewarnt, nach Columbus zu reiten, aber zwanzig Mann sind für Plummers Plan, die reiten hin.

Charles Tippet kann durch die offene Tür über die Insel sehen. Nichts als Büsche und Schilf. Hier stehen etwa fünfzehn Hütten aus Binsen- und Schilfmatten und Stangen erbaut. Es gibt auf einer der kleinen Nebeninseln noch einige Hütten. Dort hausen manchmal Gefangene. Auf der südlichen kleinen Insel lebt Browns Frau mit Tochter und Nichte. Diese Insel darf keiner der Banditen betreten. Zwei Mann versuchten es einmal. Sie starben durch Browns Hand.

Ein Hitzeschleier wabert über dem Sumpf. Plummer hat verstärkte Wachen aufstellen lassen. Man hat Tippet verfolgt, doch – wie immer – die Spur verloren. Hier findet die Banditen kein Mensch. Oft genug hat man versucht, den Sumpf zu durchkämmen. Aber er bietet unzählige Verstecke und hat schon manchen Mann in irgendeinem Loch verschwinden lassen. Selbst die Armee kommt nicht heran.

Im nächsten Augenblick taucht Plummers Schatten auf.

Tippet umklammert die Waffe, bereit, sich zu wehren, obwohl er flügellahm und verdammt schwach ist. Hinter Plummer erscheint Vickers, Plummers rechte Hand.

»Na, du Schurke, lebst du noch?« fragt Plummer und hockt sich auf die Stangenbank. »Geht dir gut, was? Und Jesse ist tot. Ich sollte dich in den Sumpf werfen.«

»Ja, versuche es nur.«

Plummer schielt tückisch. Er weiß, wie hart Tippet ist. Jetzt geht es Tippet schon so weit besser, daß es kein Kinderspiel wäre, mit ihm fertig zu werden.

»Großmaul!« knurrt Plummer. »Jetzt rede mal, ich will alles wissen. Gestern war Rico in Columbus und hat sich noch mal umgesehen. Stimmt dieser Lageplan, liegen die Gebäude so?«

Er zieht eine Karte heraus, hält sie Tippet vor die Augen und deutet mit dem Finger auf einige Punkte. Ohne Mühe erkennt Tippet, daß es sich um den einen Saloon und zwei Stores handelt, die einmal Südstaatlern gehörten. Jetzt allerdings haben Yankees sich dort eingenistet, nachdem sie die früheren Besitzer durch Druck und Betrug zum Verkauf gezwungen haben.

»Tippet, ist das hier richtig?«

»Ja. Nur hier, da hat Rico die Station eingezeichnet. Der Bach ist näher dran – sechzig Yards genau, ich hab’s nachgemessen.«

»Aha, müssen wir ändern.«

Plummer nimmt einen Stift aus der Tasche und trägt die Entfernung ein.

»Wie heißen Grimsbys rauhe Burschen, Tippet? Die Namen und ihr Aussehen!«

»Grimsbys rechte Hand ist James O’Toole«, antwortet Tippet heiser. »Ein Ire – groß, rothaarig und schnell. Dann kommt O’Maily, ein Schläger, auch Ire. Der dritte Mann von Grimsbys Leibwache heißt Brad Styles. Die drei Kerle sind fast immer um Grimsby. Sie sollen nur manchmal unterwegs sein und alles verprügeln, was sich Grimsby in den Weg stellt.«

Plummer lacht hämisch, schüttelt den Kopf.

»Hähä! Vorgestern sind sie verdroschen worden, alle drei. Roans Neffe, von dem du erzählt hast, ist wirklich nach Columbus gekommen. Rico hat sein Pferd beim Schmied Dalhart in Columbus neu beschlagen lassen. Dalhart ist ein ehemaliger Rebell und hat es erzählt. Roan ist vorgestern abend nach Columbus gekommen. Er geriet im Saloon mit den Burschen Grimsbys aneinander. Er schlug sie alle drei zusammen. Scheint ein verdammt harter Brocken zu sein.«

Es imponiert Plummer immer, wenn ein Mann über Bärenkräfte verfügt. Für Plummer gibt es nichts Aufregenderes als eine Prügelei.

Roan, denkt Tippet, ich kenne den Namen nicht erst aus Columbus. Als ich noch Corporal war, gab es einen Secondlieutenant Roan, einen Texaner in der Nachbarbrigade. Das war ein Kerl aus Eisen, seine Leute gingen für ihn durch die Hölle. Ob es der ist? Könnte sein.

Tippet schweigt. Was geht Plummer seine Vergangenheit an?

»Nun ja, er hat sie auseinandergenommen. Muß das ein Kerl sein. Dann ist er raus und wollte Grimsby besuchen. Aber der stand vor der Saloontür und hat ihn mit dem Revolver betäubt, der dreimal verfluchte Yankee. Ist das eine Art, einen tapferen Mann umzuhauen?«

Dieser Satan Plummer, denkt Tippet verbittert. Wie viele hat er denn schon umgeschlagen, die gar keine Chance hatten? Aber hier regt er sich auf, weil Roan ein Rebell war und Grimsby ein Yankee ist.

»So, und dann?«

»Roan sitzt im Jail«, sagt Plummer wütend. »Den hole ich raus, verlaß dich darauf. Angeblich soll Roan Schuldscheine von Grimsby bei sich gehabt haben. Aber der Sheriff hat keine gefunden.

Dalhart ist überzeugt, daß Grimsby sie ihm gestohlen hat. Nun stellt der verdammte Yankee es so hin, als hätte Roan keine Forderung an ihn gehabt und sei grundlos auf seine Leute losgegangen.

Die Stadtbevölkerung duckt sich, weil Grimsbys Burschen jeden angehen, der gegen sie ist. Einige Leute wollen genau gesehen haben, daß O’Toole anfing und auf Roan losging. Sheriff Holburn aber ist Yankee und hält zu Grimsby.

»Schweinerei!« knirscht Tippet. »Dann sitzt der Captain also einige Monate, wenn…«

»Ja, wenn sich keine Zeugen finden«, unterbricht Plummer ihn. »Ich hole ihn raus, keine Sorge. Dem Burschen helfe ich.«

Er steht auf und sieht aus der Tür. Neben der Tür lehnt Vickers an der Hüttenwand und beobachtet die weite Fläche des Sumpfsees.

»Brown kommt von drüben«, meldet er. »Manner, er ist gegen den Überfall auf Columbus. Was wirst du dann tun?«

»Er soll sich zu seinen Teufeln scheren«, erwidert Plummer bissig. »Der Kerl ist wahnsinnig, ich sage es dir. Der mit seinem verrückten Sektengerede. Er soll mir bloß nicht in die Quere kommen, dann erlebt er was. Wenn man seinen Bruder umgebracht hätte, würde er genau dasselbe tun wie ich. He, Tippet!«

Er dreht sich um, tritt an das Lager und sieht lauernd auf Tippet hinab.

»Weißt du, ob der Deputy von Holburn im Office schläft?«

»Er soll im Nebenhaus ein Zimmer haben, Manner. Deputy Crane ist nur tagsüber im Office, soviel ich weiß.«

»Das ist gut«, knurrt Plummer. »Hast du eine Ahnung davon, ob manchmal Yankeetruppen in Columbus liegen?«

»Ich konnte nur erfahren, daß ab und zu Streifen durchkommen, Plummer.«

»Verdammt, ich möchte nicht gerade einer begegnen«, brummt Plummer und verläßt die Hütte. Dabei sagt er gehässig:

»Ich schmeiße dich doch noch in den Sumpf, Charly, verlaß dich darauf!«

Ich bringe ihn um, wenn er das macht, denkt Tippet.

Draußen ertönen nun Rufe. John Browns heisere, tiefe Stimme ruft nach Plummer.

»Hier!« antwortet Plummer gallig. »Was schreist du so? Ich habe dir gesagt, was ich tun werde.«

Tippet schiebt sich etwas nach links. Er kann die beiden Männer nun sehen und erkennt, daß sich hinter Plummer über zwei Dutzend Burschen zusammenrotten. Hinter Brown stehen nur fünf Mann.

Das ist eine offene Feststellung. Und wenn Brown kein Narr ist, läßt er es nicht auf eine endgültige Auseinandersetzung ankommen.

»So ist das«, stellt Brown da auch schon fest. »Also das wollt ihr? Plummer, ist das eine Kampfansage?«

»Das kannst du auffassen, wie du willst«, erwidert Plummer höhnisch. »Wir sind es leid, deine blöden Sprüche zu hören. Du willst die Welt mit Feuer und Schwert bekehren, was? In jedem von uns, sagst du doch immer, stecke der Satan. Na gut, er steckt drin. Und darum machen wir, was wir wollen.«

»Das ist Meuterei, du doppelzüngiger Schurke!« donnert Brown. »Ich habe euch hier sicher versteckt. Dafür wolltet ihr mir in allen Dingen Gehorsam leisten. Plummer, wenn du nach Columbus reitest und einen Fehler machst, haben wir nicht nur die Yankees, sondern auch die anständigen Leute gegen uns. Wir haben viele Freunde unter der Bevölkerung. Sie wissen, daß wir nur gegen die Yankees und Verräter kämpfen.

Ich kenne dich, du steckst Grimsby die durch Betrug erworbene Station an. Ich sage es dir: sie liegt zu nahe an Häusern, in denen ehemalige Südstaatler wohnen. Greift das Feuer über, dann haben wir diese Leute gegen uns. Es wird heißen, daß wir nun auch gegen unsere eigenen Leute kämpfen.«

»Es wird gar nichts heißen«, gibt Plummer wild zurück. »Wir werden es den Yankees zeigen. Du hast doch selbst gesagt, man soll sie durch das Feuer ausrotten – dein Höllenfeuer, wie?«

»Aber nicht, wenn Leute, die mit uns sympathisieren, dabei zu Schaden kommen können, Plummer. Ich warne dich, du spielst zu hoch. So viel ist dein Bruder Jesse nie wert gewesen.«

»Was?« brüllt Plummer los. »Mensch, ich jage dich zum Teufel. Das wagst du zu sagen? Jetzt erst recht, wir reiten nach Columbus. Und wenn ich wiederkomme, dann lebt dort kein Yankee mehr, am allerwenigsten der Sheriff. Scher dich weg, du Narr, wir brauchen deine Ratschläge nicht!«

»Ich warne dich«, wiederholt Brown fauchend. »Ich sehe Feuer und Blut, ich sehe die Welt in einem Meer von Blut ertrinken. Das Feuer läutert und reinigt, es macht alles Unrecht zunichte und…«

»Hör auf! Fängst du schon wieder an, deine verrückten Reden zu halten?« schreit ihm Plummer entgegen. »Bei uns nicht, halte sie sonstwo, Mann! Du bist ja verrückt.«

»Es wird Feuer und Schwefel vom Himmel fallen und die Brutstätten des Lasters vernichten. Sturm wird sich erheben…«

Jemand beginnt zu lachen, als John Brown mit hochgereckten Händen wie ein Beschwörer im üblichen Tonfall seine wirren Ideen zu verkünden beginnt. Zuerst lacht nur einer, aber schließlich brüllt der ganze Haufen um die Wette.

Brown bricht mitten in seiner wirren Rede ab. Er sieht sich um, als erwache er aus einem Traum. Dann stampft er mit dem Fuß auf und dreht sich um.

»Ihr werdet an meine Worte denken, ihr Ungläubigen und Lästerer!« verspricht er grollend. »Schlagt eure Feinde, aber schont eure Freunde, so steht es geschrieben. Ich warne euch alle: das Gericht ist nicht fern!«

Plummer wankt zu einem Baumstamm und hält sich den Bauch vor Lachen. Sie lachen noch, als John Brown in sein Kanu steigt. Es ist das einzige Kanu oder Gefährt im ganzen Sumpfcamp.

»Wehe euch, die Mächte der Finsternis werden euch verderben.«

Damit stößt er ab und paddelt davon.

»Der verrückte Kerl«, japst Plummer. »Seine Mächte der Finsternis, was? Ihm hat die Hitze zu sehr zugesetzt, wette ich. Jetzt hat er mal wieder seine verrückten Tage.

Macht euch fertig, wir brechen am späten Nachmittag auf. Die Yankees sollen vor uns zittern und sehen, wie ich mitten unter ihnen diesen Roan befreien. Heute ist Columbus dran.«

*

Es ist still, die Stadt ruhig. Noch zweieinhalb Stunden bis Mitternacht. Und noch eine halbe Stunde Zeit für die Männer.

Der Brush Creek führt östlich an Columbus vorbei. Er besitzt zwei Nebenarme, die die Stadt von drei Seiten einschließen.

Im Osten tackt nun leises Hufgeräusch. Dort schieben sich sechs Mann bis unter die Büsche und halten. Zwei sitzen hastig ab, kriechen unter den Büschen den Hang hoch und sehen die Häuser vor sich liegen.

Die Stadt scheint zu schlafen. Nun tauchen im Norden acht Reiter auf. Sie stoßen in den Nordwestarm des Brush Creek hinab und verschwinden dort.

»Wartet!« befiehlt Manner Plummer eiskalt. »Dick, komm her, es ist Zeit für dich! Du gehst mit.«

»Ja«, antwortet Dick Jones. Ihm ist, als säße ein Kloß in seinem Hals. »Es ist so ruhig, Manner. Und wenn sie auf uns warten?«

»Warten – diese Narren?« fragt Plummer bissig. »Wir haben genug aufgepaßt, denke ich. Ich wette, sie sind ahnungslos. Laß dich ansehen.«

Er betrachtet den Mann, der den langen Übermantel nun ablegt und darunter die Uniform eines Yankeekavalleristen trägt. Auch Dick Jones’ Pferd trägt den US-Sattel.

»Gut! Du reitest vom Friedhof aus zur Schmiede. Der Blacksmith macht hier die Arbeit des Totengräbers. Frage ihn, wo das Grab ist, nachdem du dich nach deiner Patrouille erkundigt hast. Du weißt schon, wie du es zu machen hast. Ihr anderen wartet.«

Drei Minuten später sind sie auf dem Weg in die Stadt. Rechter Hand liegt der Friedhof. Sie halten kurz hinter ein paar Büschen, dann biegt Plummer ab und kauert sich nahe den wenigen Bäumen hin.

Dick Jones kommt an der Schmiede vorbei und biegt in den Hof ein. Er sieht noch Licht hinter einem Fenster und klopft vom Sattel aus an die Scheibe.

Innen rührt sich was. Dalhart öffnet das Fenster, blickt hinaus und sieht den Yankee hoch zu Pferd vor sich.

»Hallo«, sagt Jones heiser. »Sind Sie Dalhart?«

»Ja. Was ist, Mann?«