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Folge 37 der britischen Erfolgsserie
Ein junger Mann stirbt auf mysteriöse Art und Weise in einem alten, verlassenen Haus, einem so genannten "Lost Place". Doch was hat er dort gemacht? Wollte er wirklich nur das einsam gelegene Gebäude erforschen und ist dabei verunglückt? Seine Freunde glauben nicht an einen Unfall und wenden sich an Jack und Sarah. Schon bald muss das Ermittler-Duo erkennen, dass es ziemlich gefährlich sein kann, an alten Geheimnissen zu rühren ...
Über die Serie: "Cherringham - Landluft kann tödlich sein" ist unsere erfolgreichste Cosy-Crime-Serie. Jede Folge ist unabhängig lesbar und geeignet, in die Welt von Cherringham einzusteigen. Cherringham ist ein beschauliches Dorf in den englischen Cotswolds. Doch mysteriöse Vorfälle, eigenartige Verbrechen und ungeklärte Morde halten die Bewohner auf Trab. Zum Glück bekommt die örtliche Polizei tatkräftige Unterstützung von Sarah und Jack. Die alleinerziehende Mutter und der ehemalige Cop aus New York lösen jeden noch so verzwickten Fall. Und geraten das ein oder andere Mal selbst in die Schusslinie ...
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
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Seitenzahl: 145
Cover
Cherringham – Landluft kann tödlich sein – Die Serie
Über diese Folge
Die Hauptfiguren
Über die Autoren
Titel
Impressum
1. Urbex
2. Blackwood House
3. Ein neuer Fall
4. Megan
5. Ella
6. Kekse, Tee und Fragen
7. Nicht lockerlassen
8. Ab in den Kaninchenbau
9. Lukes trautes Heim
10. Tee mit Tom
11. Zu viele Hinweise
12. Die Geschichte des Metzgergehilfen
13. Zeit, welche Zeit?
14. Der Mörder in ihrer Mitte
15. Die Raketensilos
16. In Memoriam
»Cherringham – Landluft kann tödlich sein« ist eine Cosy- Crime-Serie, die in dem vermeintlich beschaulichen Städtchen Cherringham spielt. Regelmäßig erscheinen sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch spannende und in sich abgeschlossene Fälle wie auch Romane mit dem Ermittlerduo Jack und Sarah.
Ein junger Mann stirbt auf mysteriöse Art und Weise in einem alten, verlassenen Haus, einem so genannten »Lost Place«. Doch was hat er dort gemacht? Wollte er wirklich nur das einsam gelegene Gebäude erforschen und ist dabei verunglückt? Seine Freunde glauben nicht an einen Unfall und wenden sich an Jack und Sarah. Schon bald muss das Ermittler-Duo erkennen, dass es ziemlich gefährlich sein kann, an alten Geheimnissen zu rühren …
Jack Brennan hat jahrelang für die New Yorker Mordkommission gearbeitet – und fast genauso lange von einem Leben in den englischen Cotswolds geträumt. Mit einem Hausboot im beschaulichen Cherringham ist für ihn ein langgehegter Traum in Erfüllung gegangen. Doch etwas fehlt ihm. Etwas, das er einfach nicht sein lassen kann: das Lösen von Kriminalfällen.
Sarah Edwards ist Webdesignerin. Nachdem ihr perfektes bürgerliches Leben in sich zusammengefallen ist, kehrt sie mit ihren Kindern im Schlepptau in ihre Heimatstadt Cherringham zurück, um dort neu anzufangen. Das Kleinstadtleben ist ihr allerdings oft zu langweilig. Gut, dass sie in Jack einen Freund gefunden hat, mit dem sie auch in der vermeintlichen Idylle echte Abenteuer erleben kann!
Matthew Costello ist Autor erfolgreicher Romane wie Vacation (2011), Home (2014) und Beneath Still Waters (1989), der sogar verfilmt wurde. Er schrieb für verschiedene Fernsehsender wie die BBC und hat dutzende Computer- und Videospiele gestaltet, von denen The 7th Guest, Doom 3, Rage und Pirates of the Caribbean besonders erfolgreich waren. Er lebt in den USA.
Neil Richards hat als Produzent und Autor für Film und Fernsehen gearbeitet sowie Drehbücher für die BBC, Disney und andere Sender verfasst, für die er bereits mehrfach für den BAFTA nominiert wurde. Für mehr als zwanzig Videospiele hat der Brite Drehbuch und Erzählung geschrieben, u.a. The Da Vinci Code und, gemeinsam mit Douglas Adams, Starship Titanic. Darüber hinaus berät er weltweit zum Thema Storytelling. Bereits seit den späten 90er Jahren schreibt er zusammen mit Matt Costello Texte, bislang allerdings nur fürs Fernsehen.
Cherringham ist die erste Krimiserie des Autorenteams in Buchform, mit »Mydworth. Ein Fall für Lord und Lady Mortimer« erscheint seit Kurzem ihre zweite Krimiserie.
Matthew CostelloNeil Richards
CHERRINGHAM
LANDLUFT KANN TÖDLICH SEIN
Das vergessene Haus
Aus dem Englischen von Sabine Schilasky
beTHRILLED
Deutsche Erstausgabe
»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Titel der englischen Originalausgabe: »Killing Time«
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Dr. Arno Hoven
Lektorat/Projektmanagement: Rebecca Schaarschmidt
Covergestaltung: Jeannine Schmelzer unter Verwendung eines Motivs © shutterstock: Helen Hotson
eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf
ISBN 978-3-7325-6536-8
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Megan Dunn schaltete den kleinen Citroën C1 einen Gang runter und hoffte, er würde nicht auf diesem schlammigen Feldweg stecken bleiben, der obendrein noch voller Schlaglöcher war.
Schlimm genug, dass die Sträucher zu beiden Seiten am Lack kratzten.
»Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«, fragte sie und blickte hinüber zu Luke, der auf dem Beifahrerplatz saß und sich an den Türgriff klammerte, während der Wagen rumpelte und schaukelte.
»Ich glaube schon«, antwortete er. »Ich meine, die Karte vom Navi könnte veraltet sein, aber mir kommt es trotzdem irgendwie richtig vor.«
Megan lachte. »Na gut, solange du dich an den Kosten für die Lackreparaturen beteiligst. Mein Mum bringt mich um, wenn ich Kratzer am Wagen mache.«
Sie spähte durch die Windschutzscheibe. Seit Minuten fuhren sie durch dunklen Wald.
Und jetzt waren die Kronen der Bäume, die den Weg säumten, so ineinander gewachsen, dass sich dadurch ein finsterer, Unheil verkündender Tunnel gebildet hatte. Megan hätte gern die Scheinwerfer eingeschaltet, doch sie wusste, dass dies zu riskant wäre.
Im Urban Explorers’ Online Forum hatte klipp und klar gestanden, dass Blackwood House ein echtes No-Go war: Es wurde rund um die Uhr bewacht und war mit Stacheldraht und sonst was gesichert, um Besucher abzuschrecken.
Jedenfalls solche Besucher, die sich nichts dabei dachten, in verlassene Häuser einzusteigen, alles zu filmen, was sie dort fanden, und es in Blogs oder auf YouTube zu posten.
Sogar hier draußen, meilenweit von Cherringham entfernt in einem kleinen bewaldeten Tal, lockte ein Ort wie Blackwood die Urbexers an, wie sie sich selbst gerne nannten.
Aber auch wenn Megan und Luke sich als Urban Explorers sahen, ging es ihnen heute nicht um Videos zum Posten, Statusmeldungen oder Klicks.
Nein, dies hier war ernster.
Es ging darum, Zach zu finden.
Den genialen, fantastischen, coolen, wundervollen Zach.
Zach war der cleverste Explorer, den Megan je kennengelernt hatte. Eine Legende, berühmt für sagenhafte Posts von überall auf der Welt: von Militärbunkern in Estland bis hin zu verlassenen Krankenhäusern auf den Philippinen; von russischen Datschas bis hin zu schottischen Burgen.
Zach, der dauernd unterwegs war und nach seinen eigenen Regeln lebte – eben noch hier, postete er kurze Zeit später von einer vergessenen Insel im Pazifik.
Zach, den Megan mit jeder Faser ihres Seins liebte.
Zach, der vor einer Woche aus dem Dorf verschwunden war, ohne irgendwem ein Wort zu sagen.
Was an sich kein großes Ding war. So tickte Zach nun einmal. In dem Jahr, das sie beide inzwischen zusammen waren, hatte Megan es halbwegs geschafft, sich daran zu gewöhnen.
Allerdings war es diesmal anders. Denn zum allerersten Mal war Zach auch online weg. Kein Instagram, kein Facebook, kein Twitter, kein Blog. Nicht mal eine E-Mail.
Total offline.
Megan hatte ihn als vermisst melden wollen, aber die Polizei war daran nicht interessiert gewesen. Wegen seiner Vorgeschichte.
Doch Luke und die anderen Urbexer dachten dasselbe wie sie. Etwas stimmt nicht.
Deshalb waren Luke und sie jetzt hier.
Weil Luke sich erinnerte, dass er vor Wochen bekifft mit Zach über Blackwood House geredet hatte. Die beiden hatten darüber gesprochen, dass es quasi vor ihrer Haustür war. Und weil die Einheimischen behaupteten, dass es dort spuke, wäre es doch ganz bestimmt cool, da mal nachts hinzufahren, oder?
»Wie spät ist es?«, fragte sie, während sie um eine weitere enge Biegung fuhr. Immer noch war nicht zu erkennen, dass dieser Feldweg bald irgendwohin führte.
»Ähm, zehn vor fünf.«
»Und du bist sicher, dass der Wachmann um fünf Feierabend macht?«
»Das hat Zach gesagt. Glaube ich.«
Megan beugte sich ein bisschen weiter über das Lenkrad und konzentrierte sich noch stärker.
»Ja, solche Sachen hat Zach drauf«, sagte sie.
»Meistens«, merkte Luke an.
»Immer«, korrigierte Megan ihn und nahm die nächste Kurve. »Guck mal! Da ist es.«
Vor ihnen tauchte ein Gatter mit fünf Querbalken auf. Dahinter konnte sie eine verwilderte Wiese sehen, und jenseits davon waren die Umrisse eines großen Gebäudes zu erkennen, das zu drei Seiten von Wald umgeben war.
Es wirkte ein bisschen … gruselig. Und so finster, als würde es alles Licht aus dem Himmel saugen. Megans Herz schien einen Schlag auszusetzen.
»Blackwood House?«, fragte Luke.
»Muss es sein.«
Sie hielt den Wagen an und stellte den Motor ab. Ohne ein Wort zu sagen, stieg sie aus dem Wagen, blieb stehen und lauschte.
Stille. Nur das Rascheln des Winds in den hohen Bäumen um sie herum. In der Ferne hörte sie einen Fasan krähen.
Hoch oben, durch die Lücken zwischen den schwankenden Ästen, sah sie schnell vorüberziehende Wolken, die in der spätnachmittäglichen Sonne drohend näher rückende Schatten warfen.
Draußen auf der Wiese war es womöglich noch warm, doch hier im Wald, wo die Sonne kaum durchkam, fühlte sich die Luft klamm und kalt an.
Hatte Zach vor einer Woche auch hier gestanden – allein und bereit, diese Wiese zu überqueren und ins Blackwood House zu gehen?
Megan fröstelte. »Komm«, sagte sie.
Geduckt – und mit Luke hinter sich – eilte sie über den matschigen Feldweg zum Gatter.
Von hier aus konnte sie das Haus besser sehen.
Es wirkte viel älter als die meisten Herrenhäuser in der Gegend um Cherringham: zahlreiche Giebel und Dachgauben, Geländer aus Stein, von Efeu überwucherter roter Backstein. Auf den ersten Blick war es eindrucksvoll, ja, imposant.
Doch als sie genauer hinschaute, bemerkte Megan, dass Schieferplatten auf dem Dach fehlten, Fensterscheiben gesprungen waren und der unkontrolliert wachsende Efeu die Regenrinnen abgerissen hatte. Der Garten war ungepflegt und verwildert.
Das Haus stand leer. Verlassen.
Neben ihr stieß Luke einen leisen Pfiff aus.
»Wow, das müssen mindestens zwanzig Zimmer oder so sein«, sagte er. »Und sieh mal dort hinten – ist das ein Swimmingpool?«
Megan veränderte ihre gebückte Haltung, um zwischen den diversen Garagen und Nebengebäuden hindurchzusehen. Tatsächlich waren dort verschimmelte Fliesen, eine kaputte Chromleiter, braunes Wasser und Laub zu erkennen.
»War es mal«, antwortete sie und blickte sich um. »Okay, keine Spur von einem Wachmann.«
Dann hörte sie, wie irgendwo in der Nähe des Hauses ein Motor angelassen wurde, und wenige Sekunden später sah sie einen großen Geländewagen mit einer Lichtschiene über der Kabine von den Gebäuden weg- und auf die Wiese fahren.
»Verdammt«, sagte Luke und duckte sich tiefer. »Der Wachdienst. Wenn er herkommt, war es das für uns.«
Die zwei kauerten sich jeweils neben einem der beiden Enden des Gatters zu Boden: Megan war hinter einer Trockenmauer versteckt und Luke auf der anderen Seite hinter einer dichten Hecke.
Megan beobachtete, wie der Wagen über die Wiese auf sie zugerast kam und schließlich nur wenige Meter entfernt anhielt. Der Motor blieb an.
Durch einen Spalt in der Mauer konnte sie den Fahrer aussteigen sehen, von dem kaum mehr als die Silhouette auszumachen war. Megan erkannte lediglich, dass es ein großer Kerl war, der Stiefel, Jeans und T-Shirt trug und einen Militärhaarschnitt hatte.
Er ging auf das Gatter zu. Megan presste sich fest an die Steine und betete, dass er nicht über die Mauer blickte oder auf sie stieg.
Sie blickte kurz zu Luke, der sich auf der anderen Seite des Feldwegs dicht an die Hecke drängte.
Worauf wartet der Typ?, dachte sie. Kann er den Citroën sehen?
Doch dann hörte sie, wie er zurück in den Geländewagen stieg und die Tür zuknallte. Er ließ den Motor aufheulen, dann düste das Auto los und raste den Hügel hinunter.
»Wow«, sagte Luke und lachte kurz vor Erleichterung. »Ich dachte schon, er erwischt uns.«
Megan schaute zu, wie Luke aufstand, und erhob sich ebenfalls. Sie sah, wie der Geländewagen in Richtung Hauptstraße fuhr, die eine halbe Meile weit weg war. Aber auf einmal bog er ab und verschwand durch eine Lücke in der Hecke auf die nächste Wiese.
Megan konnte in der Ferne einen Wohnwagen erkennen, der in einem kleinen Hain parkte. Will er etwa dahin?
»Glaubst du, er lebt dort in dem Wohnwagen?«, fragte Luke. »Was ist, wenn er zurückkommt?«
Megan drehte sich zu ihm.
»Was kann er uns schon tun?«, erwiderte sie und versuchte, selbstsicher zu klingen. »Uns wegschicken?«
»Typen wie der … die haben manchmal keine Regeln.«
Megan schüttelte den Kopf. »Jetzt sind wir so weit gekommen. Falls Zach irgendwo da drinnen ist …«
»Falls …«
»Falls er es ist, würde ich mir nie verzeihen, jetzt umzukehren. Und er mir auch nicht.«
Sie sah Luke an und erkannte an seinen Augen, welche Angst er hatte. Und er war nicht der Einzige.
Doch all ihre Gefühle waren darauf konzentriert, Zach zu finden. Und hatte er ihr nicht einmal gesagt, dass es so etwas wie Angst nicht gab?
Angst ist bloß ein Geisteszustand, und dein Geist ist etwas, das du kontrollieren kannst, hatte er erklärt. Diese Worte würde sie niemals vergessen.
»Holen wir die Ausrüstung«, sagte sie.
»Gehen wir rein?«, fragte Luke.
»Sind wir nicht deshalb hergekommen?«
Megan lächelte, um ihm Mut zu machen.
Doch innerlich – trotz Zachs Worten und seinem breiten Grinsen, als er sie gesagt hatte – fürchtete Megan sich.
Sich hatte schreckliche Angst davor, was sie in dem verlassenen Herrenhaus finden könnten.
Megan stieg durch den kaputten Fensterrahmen und achtete trotz ihrer Handschuhe darauf, die Glasscherben nicht zu berühren. Drinnen schaltete sie ihr Rotolight ein und blickte sich um.
Sie war in einer Art Speisekammer mit hohen Metallregalen. In vielen von ihnen standen immer noch verstaubte Schachteln, Dosen und Flaschenkästen.
Sie machte ihre Helmkamera an und filmte einmal den ganzen Raum ab, wobei sie zum Schluss auch Luke einfing, der hinter ihr durch das Fenster eingestiegen war.
»Mann, das Zeug sieht aus, als wäre es nie angefasst worden«, sagte sie und nickte zu den Regalen.
»Ich schätze, die Leute nehmen die Sicherheitswarnungen ernst.« Luke schaltete sein Helmlicht und auch seine Taschenlampe ein und leuchtete damit durch den Raum, sodass die grellweißen Strahlen spitze Schatten an die Decke warfen.
»›Betreten verboten!‹, ›Vorsicht – Kampfhund!‹, ›Warnung – Lebensgefahr!‹ Wie oft haben wir solche Schilder einfach ignoriert?«
»Ich habe das Gefühl … hier sind sie vielleicht berechtigt«, sagte Luke.
Megan lächelte ihn wieder an.
Luke war schon seit einem Jahr bei ihnen, aber immer noch sorgte er sich dauernd und wurde leicht nervös.
Weshalb sie sich fragte, warum er überhaupt so etwas tat.
Doch eigentlich wusste sie die Antwort bereits: wegen des Team-Feelings, der gemeinsam erlebten Gefahr und des Lachens hinterher.
Für sie alle war es eine Droge – für Tom, Ella, Luke … und Zach.
Ihr Motto war dasselbe wie das aller Urbexers auf der Welt: Macht nichts als Fotos, hinterlasst nichts als Fußabdrücke.
»Los, weiter!«, sagte sie, ging zur Tür und öffnete sie. Sie gelangten in eine riesige Küche mit lauter verstaubten Edelstahloberflächen, Regalen voller Töpfe und Pfannen sowie einer Reihe von Herden und Öfen.
Diese Küche war … unheimlich.
»Wow«, entfuhr es Luke, der mit einer Hand über eine lange Reihe von herabhängenden Löffeln und Sieben fuhr. »Das ist ja eine echte Profiküche. Oder war jedenfalls eine. Jetzt schau dir das mal alles an! Oh Mann, wer hat hier wohl gewohnt?«
»Wer auch immer die waren …«, antwortete Megan, »die waren stinkreich.«
»Und anscheinend sind sie sehr eilig von hier verschwunden«, sagte Luke, der seine Lampen auf einen Tisch in einer Ecke richtete.
Dort waren noch die Überreste einer Mahlzeit – ein halbes Dutzend Teller, verschrumpeltes Essen, überall Schimmel, kreuz und quer herumliegendes Besteck, als wären alle einfach aufgesprungen und weggerannt.
»Dies hier ist die Personalküche«, stellte Megan fest. »Und es sieht beinahe aus, als … als hätte etwas sie in Angst und Schrecken versetzt. Sie sind weggelaufen und nie wieder zurückgekommen.«
»Aber was?«, fragte Luke, dessen umherhuschendes Taschenlampenlicht für einen Augenblick von der Fensterscheibe gespiegelt wurde und Megan blendete.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wissen will«, antwortete Megan.
Und sie bemerkte, dass die Kälte, die sie vorher draußen am Gatter empfunden hatte, hier drinnen noch viel schlimmer war.
Was nicht nur an den Temperaturen lag.
Sie hörte ein Geräusch aus einer Ecke und wirbelte herum. Mit ihrer Helmlampe leuchtete sie dorthin. Sie sah, dass Wasser die Wand herunterlief und die Decke sich nach unten bog, als hätte es eine Überschwemmung gegeben.
»Oh, oh!«, sagte Megan. »Passen wir lieber auf. Wie es aussieht, sind oben Rohre geplatzt – oder Dachrinnen. Die Fußböden werden morsch sein.«
Sie drehte sich um, und die beiden gingen durch die Küche in einen Korridor, der in zwei Richtungen führte.
»Wo lang?«, fragte Luke.
»Keine Ahnung. Aber Zach denkt immer logisch. Also sollten wir auch logisch vorgehen. Als Erstes überprüfen wir jedes Zimmer in diesem Stockwerk. Dann gehen wir nach oben und machen es da genauso.«
»Du hast recht«, stimmte Luke zu. »Und falls Zach hier war …«
»Falls er hier war …« Megan bemühte sich sehr, optimistisch zu bleiben, und hoffte, dass sie bloß um die Ecke gehen müssten, um Zach zu finden – der vielleicht verletzt war, aber sie grinsend anschauen und mit einem Augenzwinkern zu ihr sagen würde: »Wusste ich’s doch, dass du mich retten kommst, Megs!«
Sie sah, dass Luke nickte, worauf sie ihm ebenfalls zunickte. Sie war froh, dass er bei ihr war.
Gemeinsam wagten sie sich weiter ins Haus vor.
Megan war schon in zahlreichen Bauwerken als Urbexer unterwegs gewesen. In Häusern, Kirchen, Bürogebäuden, Fabriken und verlassenen Bunkern.
Aber dieses Haus? Das war einfach der schrägste Ort von allen bisher. Das Innere war nicht mal ansatzweise so, wie sie es erwartet hatte.
Große weiße Ledersofas, dicke Teppiche und gigantische Fernsehbildschirme an den Wänden. Fantastische Soundsysteme, die, wie Megan vermutete, alle miteinander verbunden waren.
Jetzt jedoch war alles schmutzig, verstaubt und fleckig. Und einige von den Sofas waren aufgeschlitzt, als wären sie regelrecht angegriffen worden.
Weiß der Himmel, welches Ungeziefer hier jetzt lebt!
Megan und Luke glitten über Marmorböden durch das Erdgeschoss, vorbei an Badezimmern mit in den Boden eingelassenen Wannen, einem Kinoraum, einem Billardzimmer und noch mehr Fernsehzimmern.
»Wer hat hier gewohnt?«, fragte sie.
»Ich glaube, das weiß keiner«, antwortete Luke. »Vielleicht irgendein Promi?«
»Ein Fernsehstar?«, mutmaßte Megan, öffnete eine leere Schublade und schloss sie wieder. »Eines jedoch ist echt schräg.«