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Folge 31 der britischen Erfolgsserie.
Pfad der Lügen ...
Drei Mädchen und ein großes Abenteuer: Die Wanderung zum Abschluss der Highschool hat Tradition in Cherringham. Auch Holly, Amy und Jasmine beschließen, fünf Tage lang durch die dichten Wälder der Cotswolds zu wandern und nachts unter dem Sternenhimmel zu zelten. Doch dann verschwindet eines der Mädchen mitten in der Nacht und wird am nächsten Morgen tot aufgefunden. Zunächst sieht alles nach einem schrecklichen Unfall aus. Doch Jack und Sarah sind davon nicht überzeugt. Schon bald finden sie heraus, dass Lügen furchtbare Folgen haben können ... und immer Spuren hinterlassen.
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Seitenzahl: 163
Cover
Inhalt
Cherringham – Landluft kann tödlich sein – Die Serie
Über diese Folge
Die Hauptfiguren
Über die Autoren
Titel
Impressum
1. Auf dem Heimweg
2. Angst im Dunkeln
3. Ruhe in Frieden
4. Amys letzte Nacht
5. Ein neuer Fall
6. Blackwater
7. Jasmine
8. Holly
9. Callum
10. Dinner an Deck
11. Die ach so flüchtige Wahrheit
12. Zurück im Wald
13. Man glaubt es erst, wenn man es gesehen hat
14. Eine tödliche Vertuschung
15. Kein Ausweg
16. Die Wahrheit kommt ans Licht
Leseprobe
»Cherringham – Landluft kann tödlich sein« ist eine Cosy- Crime-Serie, die in dem vermeintlich beschaulichen Städtchen Cherringham spielt. Regelmäßig erscheinen sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch spannende und in sich abgeschlossene Fälle wie auch Romane mit dem Ermittlerduo Jack und Sarah.
Drei Mädchen und ein großes Abenteuer: Die Wanderung zum Abschluss der Highschool hat Tradition in Cherringham. Auch Holly, Amy und Jasmine beschließen, fünf Tage lang durch die dichten Wälder der Cotswolds zu wandern und nachts unter dem Sternenhimmel zu zelten. Doch dann verschwindet eines der Mädchen mitten in der Nacht und wird am nächsten Morgen tot aufgefunden. Zunächst sieht alles nach einem schrecklichen Unfall aus. Doch Jack und Sarah sind davon nicht überzeugt. Schon bald finden sie heraus, dass Lügen furchtbare Folgen haben können … und immer Spuren hinterlassen.
Jack Brennan hat jahrelang für die New Yorker Mordkommission gearbeitet – und fast genauso lange von einem Leben in den englischen Cotswolds geträumt. Mit einem Hausboot im beschaulichen Cherringham ist für ihn ein langgehegter Traum in Erfüllung gegangen. Doch etwas fehlt ihm. Etwas, das er einfach nicht sein lassen kann: das Lösen von Kriminalfällen.
Sarah Edwards ist Webdesignerin. Nachdem ihr perfektes bürgerliches Leben in sich zusammengefallen ist, kehrt sie mit ihren Kindern im Schlepptau in ihre Heimatstadt Cherringham zurück, um dort neu anzufangen. Das Kleinstadtleben ist ihr allerdings oft zu langweilig. Gut, dass sie in Jack einen Freund gefunden hat, mit dem sie auch in der vermeintlichen Idylle echte Abenteuer erleben kann!
Matthew Costello ist Autor erfolgreicher Romane wie Vacation (2011), Home (2014) und Beneath Still Waters (1989), der sogar verfilmt wurde. Er schrieb für verschiedene Fernsehsender wie die BBC und hat dutzende Computer- und Videospiele gestaltet, von denen The 7th Guest, Doom 3, Rage und Pirates of the Caribbean besonders erfolgreich waren. Er lebt in den USA.
Neil Richards hat als Produzent und Autor für Film und Fernsehen gearbeitet sowie Drehbücher für die BBC, Disney und andere Sender verfasst, für die er bereits mehrfach für den BAFTA nominiert wurde. Für mehr als zwanzig Videospiele hat der Brite Drehbuch und Erzählung geschrieben, u.a. The Da Vinci Code und, gemeinsam mit Douglas Adams, Starship Titanic. Darüber hinaus berät er weltweit zum Thema Storytelling. Bereits seit den späten 90er Jahren schreibt er zusammen mit Matt Costello Texte, bislang allerdings nur fürs Fernsehen.
Cherringham ist die erste Krimiserie des Autorenteams in Buchform.
Matthew CostelloNeil Richards
CHERRINGHAM
LANDLUFT KANN TÖDLICH SEIN
Ein jähes Ende
Aus dem Englischen von Sabine Schilasky
beTHRILLED
Deutsche Erstausgabe
»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment
Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Titel der Originalausgabe: »Trail of Lies«
Textredaktion: Dr. Arno Hoven
Lektorat/Projektmanagement: Rebecca Schaarschmidt
Covergestaltung: Thomas Krämer nach einer Vorlage von Jeannine Schmelzer unter Verwendung von Motiven © shutterstock: Volodymyr Baleha | suns07butterfly; © iStockphoto: Raylipscombe/
eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf
ISBN 978-3-7325-5387-7
www.be-ebooks.de
www.lesejury.de
»Du schaffst das, Holly! Guck einfach nicht nach unten. Sieh mich an! Gleich habe ich deine Hand.«
Holly Wilson starrte geradeaus und fixierte ihre Freundin Amy, die bereits auf der anderen Seite der wackligen Hängebrücke war. Dort wirkte sie ziemlich klein neben den hohen Bäumen.
Dabei lächelte Amy so zuversichtlich, so beruhigend.
Nur noch wenige Schritte bis zu ihr. Eigentlich war es so, als würde man ein Zimmer durchqueren. Was könnte einfacher sein?
Dann aber sah sie nach unten, durch das Knotenraster der schwankenden Brücke, von der man – im Grunde nicht sehr tief, vielleicht etwa sechs Meter – in einen seichten Fluss fallen konnte.
Was allerdings immer noch reichte, um sich bei einem Sturz zu verletzen, falls man falsch landete. Verstauchter Knöchel, gebrochenes Bein. Oder gar Schlimmeres …
Und in dem Fall würde sich diese Wanderung komplett verändern.
Zudem könnten es statt der sechs Meter ebenso gut dreißig sein, wenn man solche Höhenangst hatte wie Holly.
Sie fühlte bereits, wie ihre Herzfrequenz in die Höhe ging und ihre Atmung schneller wurde.
Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war eine ihrer Panikattacken.
Es war schon schlimm genug, wenn sie eine in den Korridoren ihrer Schule erlitt.
Aber hier … und jetzt?
Sie schloss die Augen und dachte an die Bewältigungsstrategien, die sie gelernt hatte und die – manchmal – das Schlimmste verhinderten.
Tief und langsam atmen. Konzentriere dich! Kontrolliere die Angst, mach sie dir zu eigen. Versuch nicht, sie zu verdrängen.
»Ach, jetzt mach schon, Holly! Mein Gott, das ist ja wohl nicht der dämliche Amazonas-Regenwald, oder?«
Jasmines Stimme war direkt hinter ihr. »Und du fällst garantiert nicht durch die Lücken nach unten, klar?«
Jasmine.
Diese Stimme in ihrem Ohr hatte ihr jetzt gerade noch gefehlt.
Holly drehte sich um – gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Jasmine ihre Augen verdrehte, die Hände in die Hüften stemmte und höhnisch grinste.
»Ups, entschuldige. Ich meine natürlich, mit deinem Rucksack und allem anderen kannst du da nicht durchfallen, klar?«
Holly entging nicht, dass Jasmine abermals die Augen verdrehte und ihr fieses Grinsen noch breiter wurde.
Netter Versuch, das zu retten, dachte Holly. Aber ich weiß, was du gemeint hast, Jasmine.
Du hast gemeint: Holly, du bist so eine verdammt fette Kuh, dass du nicht mal durch diese Brücke hinunterfallen könntest, wenn du es wolltest.
Im nächsten Moment lenkte sie eine andere Stimme von Jasmines grausamen Worten ab.
»Komm jetzt, Holly«, sagte Amy. »Du kannst das.«
Holly drehte sich wieder zu Amy um. Die nette Amy auf der anderen Seite des Flusses, die ihr Mut machte.
»Denk an all die anderen gruseligen Sachen, die wir schon hinter uns gebracht haben. Bei denen du klasse warst. Und das hier ist das letzte Stück, okay? Hiernach sind es nur noch Waldwege, ein paar Hügel –«
»Und noch eine Nacht in dem beschissenen Zelt«, fiel Jasmine ihr ins Wort.
»Und noch ein Abend, an dem wir das Essen ertragen müssen, für das du zuständig bist«, entgegnete Amy.
»Uuh, wie gemein, Amy! Da gibt es für dich heute Abend keine Schokolade oder Kekse«, konterte Jasmine.
»Behalte deine Schokolade«, sagte Amy. »Was juckt mich das?«
»Hast wohl was Besseres bei dir versteckt, was?«, fragte Jasmine.
»Na, das werde ich auch gerade dir auf die Nase binden«, antwortete Amy.
Holly blickte von einem Mädchen zum anderen, bemühte sich, mitzubekommen, worum es bei diesem kleinen Streit ging, und hatte das Gefühl, dass zwischen den beiden Dinge abliefen, von denen sie keine Ahnung hatte.
Zugleich aber ließ ihre Panik nach, weil nicht mehr sie selbst, sondern Amy im Zentrum der Aufmerksamkeit stand.
Es ist immer so schwierig, wenn Leute mich ansehen.
Dann stelle ich mir vor, was sie wohl über mich denken, was sie untereinander tuscheln.
Und gleichzeitig ist mir dabei bewusst, dass das meiste von alldem bloß in meinem Kopf existiert.
Sie holte tief Luft, überprüfte die Riemen ihres Rucksacks … obwohl die nicht überprüft werden mussten.
Und dann, da es keinen Grund mehr gab, weiterhin zu zögern, trat sie auf der wackligen Brücke einen Schritt vor.
Der erste mutige Schritt.
»Hey, super!«, rief Amy. »Weiter so, Holly! Sehr gut!«
Ein Schritt. Dann noch einer. Die Augen unentwegt auf Amy gerichtet.
Die Hände umklammerten fest die Taue zu beiden Seiten.
Nun schwankte die Brücke mit jedem Schritt, und unter ihr rauschte Wasser über Steine.
Die Panik kam zurück – mit voller Wucht.
Oh Gott, ich werde stürzen. Ich werde fallen und sterben.
»Nur noch zwei Schritte, und du bist da, Holly. Sieh mich an! Guck zu mir!«, forderte Amy sie auf.
Holly zwang sich, ihre Augen von dem tosenden Wasser abzuwenden und wieder zu Amy zu schauen, die so verlässlich, so selbstsicher wie eine echte Naturforscherin war. Sie stützte eine Hand an einen Baumstamm und streckte Holly die andere entgegen.
Mechanisch setzte Holly noch einen Fuß vor den anderen, bewegte ihre Hände an den Tauen entlang. Fast da, nur noch ein Schritt …
Sie ließ mit der Rechten das Seil los und streckte sie nach vorn.
Dann wurde ihre Hand von Amys umklammert, und Holly trat auf den Felsen. Als Nächstes fühlte sie Amys Arme um sich, ihre Wange an ihrer. Amys wunderschönes langes Haar in ihrem Gesicht.
»Sehr gut!«, lobte Amy und wich zurück.
Holly blickte in ihr grinsendes Gesicht, in die dunklen, vertrauensvollen Augen, und erwiderte das Lächeln.
»Wurde aber auch Zeit«, sagte Jasmine, die hinter ihr herbeigeeilt kam.
Holly drehte sich zu Jasmine um, die schon die Brücke überquert hatte.
»Oh, Entschuldigung, war nur ein Scherz«, sagte sie. »Ähm, nicht schlecht, Holly. Jetzt sieh mal auf der blöden Karte nach, wo wir hinmüssen.«
Holly öffnete den Reißverschluss der Plastikhülle, die sie an einer Schnur um ihren Hals trug, und zog die Karte hervor. Sie alle hatten ihre Aufgaben, und Holly war unter anderem für die Karte zuständig.
Sie faltete sie auseinander, legte sie auf ein flaches Felsstück und zog den Kompass aus ihrer Tasche. Dann legte sie ihren Rucksack ab und hockte sich hin, um sich zu orientieren.
Ihr war bewusst, dass die zwei anderen neben ihr standen und warteten.
Diese eine Fähigkeit hatte sie ihnen voraus.
Sie stand auf, blickte zurück zu der Brücke und dem Fluss, dann in den Wald hinein, der sich vor ihnen bis zum grauen Horizont erstreckte.
»Okay, wir gehen da lang«, sagte sie und zeigte auf einen teils überwucherten Trampelpfad, der sich im dichten Unterholz verlor.
Dann nahm sie ihren Rucksack auf, schwang ihn zurück auf ihre Schultern und marschierte los.
Sie hatte den Hängebrückentest bestanden, und jetzt war sie die Anführerin.
»Das ist hoffentlich richtig«, sagte Jasmine hinter ihr.
»Karten? Navigation? Da hat Holly immer recht«, entgegnete Amy.
Holly hörte es und lächelte vor sich hin, als sie weiter durch die Büsche ging, die über den Pfad wuchsen.
Ich liebe dich, Amy, dachte sie. Andererseits, wer liebt Amy nicht?
Jasmine lehnte sich mit dem Rücken an ihren Rucksack, öffnete eine Brotdose aus Plastik und sah hinein.
Den Abend zuvor hatten sie mit anderen Gruppen aus der Schule in einer Jugendherberge übernachtet und heute Morgen Proviantpakete für die Wanderung mitbekommen.
»Uärgs«, sagte sie. »Käsesandwiches – schon wieder? Holly, willst du?«
Sie beobachtete, wie Holly sich aufrichtete und zu ihr kam.
Mann, das ist, als würde man zugucken, wie ein Tier aus einem Wasserloch steigt, dachte sie. Watschel, watschel …
»Ähm, willst du die wirklich nicht?«, fragte Holly.
»Wir haben das einundzwanzigste Jahrhundert, Holly. Keiner isst mehr Käsesandwiches.«
»Ich schon«, erwiderte Holly. »Ich mag die gerne.«
Was isst du nicht gerne?, dachte Jasmine.
»Ja, das sehe ich«, sagte sie, als Holly nach den Sandwiches griff.
»Ich nehme auch eines«, sagte Amy. »Die erinnern mich an die Mittagessen in der Grundschule.«
Jasmine sah, wie sie herüberkam und Holly eines abnahm.
Auf dieser Tour spielt sich Amy plötzlich als Hollys Beschützerin auf.
»Weißt du noch, wie wir in der Grundschule immer Kekse getauscht haben?«, fragte Amy.
»Du hattest immer die besten, Amy! Von deiner Mum, nicht? Die Bäckerin bei Huffington’s ist«, sagte Holly.
Was gibt sie sich überhaupt mit der ab?, dachte Jasmine. Ist ja nicht so, als würden wir je wieder mit Holly reden, wenn dieses Schuljahr zu Ende ist und das richtige Leben anfängt!
Sie nahm ein schlaffes Salatblatt aus ihrer Brotdose und blickte zu den beiden anderen, die auf dieser kleinen Waldlichtung hockten und aßen.
Was für eine Zeitverschwendung diese ganze Tour gewesen ist – und dabei hätte sie so cool sein sollen!
Insgesamt wanderten sie fünf Tage durch die Cotswolds; sie campten eine Nacht, und die nächste verbrachten sie in einer Jugendherberge. Fünfzig Meilen, und das ohne Lehrer. Nur drei Mädchen.
Dies war eine Herausforderung – und ein Ritual im letzten Jahr an der Cherringham High: eine Wanderung, die sie vollständig selbst organisierten, um Spenden einzuwerben.
Gott, es hätte total fantastisch werden können.
Aber Freya war kurz vorher krank geworden, und deshalb hatten Amy und sie nun die Loserin Holly am Hals.
Loserin Holly. Ich meine – im Ernst? Wie zur Hölle konnte das passieren?
Und das Schlimmste von allem war, dass Amy sich jetzt tatsächlich mit ihr zu verstehen schien! Was war das – irgendeine Mitleidsnummer? Wie die Suche nach einem verirrten Welpen?
Je eher wir wieder in Cherringham sind und den Klops loswerden, desto besser, dachte sie.
Sie blickte hinüber zu Amy, die auf ihrem Handy tippte. Eine Weile beobachtete Jasmine sie und fragte sich, wem sie schrieb.
Sie waren Freundinnen, doch in letzter Zeit schien Amy einige Geheimnisse zu haben.
Jasmine bekam ein wenig Angst. Amys beste Freundin zu sein war, nun ja … alles.
Sie holte ihre Wasserflasche hervor und trank einen großen Schluck.
»Und, Holly, weißt du, wo wir sind?«, fragte sie.
»Ich glaube, ja.«
»Du glaubst, aber du weißt es nicht?«
»Na ja, ich bin mir ziemlich sicher.«
»Ach so, da bin ich doch unglaublich beruhigt«, erwiderte Jasmine und blickte zu Amy in der Hoffnung, von ihr Unterstützung zu erhalten.
»Ist ja gut, Jas. Holly hat es doch bisher super gemacht«, sagte Amy und steckte endlich ihr Handy wieder ein.
»Was anderes behaupte ich ja auch gar nicht.«
»Und was meinst du, Holly?«, erkundigte sich Amy. »Noch zehn Meilen heute Nachmittag, dann sind wir in Shipton Woods, was?«
»Ja, das denke ich«, antwortete Holly.
»Shipton Woods?«, fragte Jasmine. »Von dem entzückenden Flecken habe ich noch nie gehört.«
»Da zelten wir heute Nacht«, sagte Holly. »Dann bleiben nur noch ungefähr fünf Meilen bis Cherringham. Morgen wird es also eine lässige Tour.«
»Dem Himmel sei Dank!«, stöhnte Jasmine. »Ich könnte eine Nacht in einem richtigen Bett vertragen.«
»Und ich einen Tag im Spa«, meinte Amy.
»Massage mit heißen Steinen!«, ergänzte Jasmine.
»Eine Flasche Prosecco!«
»Und einen Braten zum Dinner!«, warf Holly ein.
Jasmine sah zu Amy.
Braten? Dauernd nur Essen.
Auf welchem Planeten lebt Holly?
»Wasserpause?«, fragte Jasmine, als sie hintereinander einen Übertritt über eine Trockenmauer neben einem schmalen Sträßchen bewältigten.
Sie griff nach der Flasche in ihrem Rucksack und trank einen kräftigen Schluck.
Die letzten zwei Stunden waren hart gewesen: im Gänsemarsch schlammige, rutschige Feldwege hinunter, dann über weite, hügelige Felder, wo bei jedem Schritt in der durchgepflügten Erde die Beine schmerzten.
Sie beobachtete, wie Holly wieder die Karte hervornahm und ihren Standort überprüfte.
»Sag mir bitte, dass wir fast da sind«, flehte Jasmine.
Holly kam mit der Karte zu ihr und zeigte mit dem Finger auf eine Stelle.
»Hier sind wir«, sagte sie und tippte dann auf einen anderen Punkt auf der Karte. »Und da ist Cherringham – hinter dem Hügel.«
Jasmine sah in die Richtung, in die Holly nun wies – eine Weide hinauf und zu einem dunklen Wald oben auf einer Erhöhung.
»Hügel?«, wiederholte sie. »Für mich sieht das wie ein weiterer fieser Berg und eine Klippe aus.«
»Na ja, im Prinzip ist es bloß ein Hügel«, erwiderte Holly.
»Und was soll das sein?«, fragte Jasmine und tippte auf einen blauen Klecks auf der Karte, der direkt neben Hollys »Hügel« war.
»›Blackwater Lake‹ steht hier.«
»›Schwarzes Wasser‹ – klingt unheimlich«, sagte Amy, die zu ihnen kam und auf die Karte blickte.
»Es ist eine Art alte Kiesgrube«, erklärte Holly. »Die sich mit Wasser gefüllt hat.«
»Sieht man«, meinte Jasmine. »Da müssen wir rumgehen, oder?«
»Es sei denn, du willst rüberschwimmen«, antwortete Holly lachend.
»Nacktbaden!«, rief Jasmine.
»Auf keinen Fall«, sagte Amy. »Nicht in schwarzem Wasser – iih!«
»Mit Monstern in der Tiefe!«, fügte Jasmine hinzu.
»Ich glaube, der See heißt Blackwater, weil er so tief ist«, vermutete Holly. »Nicht, weil er wirklich schwarz ist.«
Jasmine sah sie an.
Werd doch endlich mal erwachsen, Holly, dachte sie. Sie sah, dass Holly blinzelte und dann wieder auf die Karte schaute.
»Jedenfalls, wenn wir den Wald da oben durchquert haben und oberhalb vom See angelangt sind, wird es flacher, also …«
»Hol, sollen wir da zelten?«, fragte Amy.
»Ich denke, ja. Auf der anderen Seite von Shipton Woods. Gleich … hier«, antwortete Holly und zeigte auf einen grünen Flecken im Wald auf der Karte. »Oben ist es schön und eben. Und wir sind noch im Hellen da, können die Zelte aufbauen, ein Feuer machen …«
»Was für ein Spaß«, sagte Jasmine und sah Amy an. »Unsere letzte Nacht im Paradies.«
Hierfür fing sie sich einen bösen Blick von Amy ein.
»Streicht mich nur bitte für das Trällern am Lagerfeuer, ja?«, erklärte Jasmine, steckte ihre Wasserflasche ein und schnallte ihren Rucksack zu.
Dann machte sie sich auf den Weg über das Feld.
»Kommt jetzt!«, rief sie, ohne sich nach den anderen umzusehen.
Je eher das hier vorbei ist, umso besser, dachte sie.
Amy packte einen überhängenden, bemoosten Ast und zog sich den schlammigen Hang hinauf, ehe sie ihren Stiefel gegen einen Baumstumpf stemmte, damit sie Holly zu sich hochziehen konnte.
»Fast geschafft«, sagte sie lächelnd. Hollys Gesicht war schweißglänzend, von Schlamm verschmiert und sehr rot.
Das hier ist heftig für sie.
»Danke, Amy!« Holly beugte sich vor, um zu verschnaufen. »Auf der Karte … sah es einfacher aus.«
»Dieser viele Regen«, erklärte Jasmine, die weiter vorn stehen blieb und sich zu ihnen umdrehte. »War eigentlich klar. Super Pfadfinderin!«
»Es ist nicht Hollys Schuld«, erwiderte Amy, während sie an Jasmine vorbei den Weg hinaufblickte. Sie waren bereits eine knappe halbe Stunde durch diesen dunklen Wald gewandert, wo der Weg immer wieder im Unterholz und Schlamm verschwand, weshalb sie mehrmals anhalten und in die Karte schauen mussten.
Die einzige Konstante war das dunkle Wasser des Sees, der sich ein Stück weit unterhalb von ihnen befand und durch die Bäume gerade noch sichtbar war.
Manchmal mussten sie tiefer in den Wald, um steile Hänge und Felskanten zu meiden.
Jetzt allerdings schien der Wald vor ihnen lichter zu werden. Durch die Baumkronen war endlich der Himmel zu erkennen.
»Beinahe da«, sagte Amy und legte eine Hand auf Hollys Schulter. »Weiter geht’s.«
Holly lächelte. Sie trottete an ihr vorbei und hinter Jasmine her.
Amy blickte ihr nach – und plötzlich bemerkte sie an einer Seite eine Bewegung in der Dunkelheit zwischen den Bäumen.
Dann … erspähte sie ein winziges Aufblitzen, wie Sonnenlicht, das von einem Glas widergespiegelt wurde …
Sie wirbelte herum und blickte in die Ansammlung von dicht beieinanderstehenden Eichen und Kiefern.
Da! Ja! Da ist was. Ein Tier?
Oder … jemand …?
Ein dunkler Umriss, der nur für einen Moment sichtbar war, ein Muster, das sich von der Finsternis drum herum abhob. Und es schien hinter dem dicken Stamm einer Eiche weiter weg zu verschwinden.
Ein fernes Rascheln, das Knacken eines Zweigs …
Und es war fort.
Amy blieb stehen und horchte. Doch das einzige Geräusch, das sie hörte, war ihr eigener Atem.
Plötzlich hatte sie ein beklemmendes Gefühl in der Brust, und ihr Herz pochte.
Ihr Verstand kam zu dem offensichtlichen Schluss.
Der Umriss hatte ausgesehen wie …
Ein Mensch!
Sie schaute den Hang hoch: Jasmine war nicht mehr in Sicht, und Holly erreichte gerade den Hügelkamm.
Ich will hier unten nicht alleine sein, dachte sie.