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Prinzessin Imogen lehnt sich aus Liebe gegen ihren Vater, König Cymbeline, auf: heimlich heiratet sie Posthumus, einen Mann bürgerlichen Standes. Der wütende Cymbeline verbannt Posthumus daraufhin kurzerhand aus seinem Reich. Gleichzeitig schmieden Imogens Stiefmutter sowie der hinterlistige Iachimo finstere Pläne gegen die einsame Königstochter: Sie beschließt, vom Hof ihres Vaters zu fliehen und ihren geliebten Posthumus zu finden. Es kommt zu überraschenden Wendungen, blutigen Konfrontationen und folgenreichen Begegnungen – kann das Drama ein versöhnliches Ende nehmen? -
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Seitenzahl: 139
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William Shakespeare
Übersezt von Dorothea Tieck
Saga
Cymbeline
Übersezt von Dorothea Tieck
Titel der Originalausgabe: Cymbeline
Originalsprache: dem Englischen
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1833, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726886016
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
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Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
Szene: abwechselnd in Britannien und Rom
Britannien. Garten in Cymbelines Palast
[Zwei Edelleute treten auf.]
Erster Edelmann
Ja, hier schaut jeder finster: unser Blut
Folgt minder nicht dem Himmel, als der Höfling
Stets wie der König scheinen will.
Zweiter Edelmann
Der Grund?
Erster Edelmann
Die Erbin dieses Reiches, seine Tochter,
Bestimmt' er seiner Frauen einzgem Sohn,
Die er als Witwe kürzlich sich vermählt.
Die Tochter wählte nun den Gatten selbst,
Der arm, doch edel ist; sie sind vermählt,
Der Mann verbannt, verhaftet sie; und alles
Ist äußrer Schmerz; obwohl der König, mein ich,
Wahrhaft bekümmert ist.
Zweiter Edelmann
Der König nur?
Erster Edelmann
Auch er, der sie verlor; die Königin gleichfalls,
Die jenes Bündnis wünschte. Doch kein Höfling,
Wenn alle auch ihr Antlitz stimmen nach
Des Königs Blick, des Herz sich nicht erfreut
Ob dem, weshalb sie grollen.
Zweiter Edelmann
Und warum?
Erster Edelmann
Der die Prinzeß verlor, ist ein Geschöpf,
Zu schlecht, ihn schlecht zu nennen; der sie hat
– Das heißt, dem sie vermählt, der Ärmste, ach,
Deshalb verbannt –, ist solch vollendet Wesen,
Daß, wenn man auch den Erdkreis rings durchsuchte
Nach einem, so wie er, stets blieb ein Mangel
Dem, der sich ihm vergleicht; denn ich vermeine,
Mit so viel innerm Wert und äußrer Schönheit
Sei niemand sonst begabt.
Zweiter Edelmann
Ihr übertreibt.
Erster Edelmann
Ich meß ihn nur weit unter seiner Größe,
Drück ihn zusammen, statt ihn zu entfalten
In voller Macht.
Zweiter Edelmann
Wie ist sein Nam und Ursprung?
Erster Edelmann
Ich kenne seinen Stammbaum nicht. Sicilius,
So hieß sein Vater, kämpft' einst ruhmbekränzt
Gegen die Römer, mit Cassibelan;
Doch dem Tenantius dankt er seine Würden,
Dem er mit Glanz und seltnem Glück gedient;
So ward er Leonatus zubenannt.
Er hatte, außer jenem edlen Sohn,
Zwei andre noch, die in dem Krieg der Zeit,
Das Schwert in Händen, fielen, was des Greises
Zu heftge Vaterliebe so erschüttert,
Daß er sich tot gehärmt; sein edles Weib,
Schwanger mit dem, von dem wir sprechen, starb
Bei der Geburt. Da nimmt das Kind der König
In seinen Schutz und nennt ihn Posthumus Leonatus,
Läßt ihn erziehn, macht ihn zu seinem Pagen,
Zu jeder Wissenschaft ihm Zugang bahnend,
Für die sein Alter reif. Das sog er ein,
Wie wir die Luft, es augenblicks begreifend;
Sein Frühling ward schon Ernt; er lebt' am Hofe
– Ein seltner Fall – in Lieb und Lob der Erste,
Dem Jüngsten Musterbild, dem Reiteren
Ein Spiegel für des Schmucks Vollendung, und
Ein Kind, das Greise führt, den Ernsteren;
Der Frau, für die er jetzt verbannt – da zeigt
Ihr Wert, wie sie ihn schätzt' und seine Tugend;
In ihrer Wahl könnt Ihr am besten lesen,
Was für ein Mann er ist.
Zweiter Edelmann
Ich ehr ihn schon
In Eurer Schildrung. Doch, ich bitt Euch, sagt mir,
Ist sie des Königs einzges Kind?
Erster Edelmann
Sein einzges.
Zwei Söhne hatt er – dünkts Euch merkenswert,
So hört mir zu: der älteste drei Jahr,
Der zweit in Windeln, wurden sie gestohlen
Aus ihrer Ammenstub, und niemand ahnet
Bis diese Stunde, was aus ihnen ward.
Zweiter Edelmann
Wann fiel das vor?
Erster Edelmann
Vor etwa zwanzig Jahren.
Zweiter Edelmann
Daß Königskinder so entwendet wurden!
So schlecht bewacht, so schläfrig aufgesucht,
Daß keine Spur sich fand!
Erster Edelmann
Mags seltsam sein,
Und fast zum Lachen solche Lässigkeit,
So ist es dennoch wahr.
Zweiter Edelmann
Ich glaub es Euch.
Erster Edelmann
Wir müssen uns zurückziehn, denn hier kommt
Der edle Herr, die Königin und Prinzessin.
Sie gehn ab.
Daselbst]
Es treten auf die Königin, Imogen und Posthumus.
Königin
Nein, Tochter, sei gewiß, nie findst du mich,
Nach der Stiefmütter allgemeinem Ruf,
Scheeläugig gegen dich. Zwar als Gefangne
Bewahr ich dich; doch gibt dein Wächter selbst
Den Kerkerschlüssel dir. Und, Posthumus,
Sobald ich kann den grimmen König sänftigen,
Sollt Ihr in mir den Anwalt sehn; doch jetzt
Entflammt ihn noch der Zorn; drum ist es besser,
Ihr neigt Euch seinem Spruch, und so geduldig,
Wie Euch die eigne Weisheit lehrt.
Posthumus
Ja, Hoheit,
Ich reise heut.
Königin
Wohl kennt ihr die Gefahr –
Nur durch den Garten geh ich, denn mich jammert
Die Qual gehemmter Lieb; obwohl der König
Befahl, ihr sollt nicht miteinander sprechen.
Sie geht ab.
Imogen
O heuchlerische Güte! Schmeichelnd kitzelt
Die Schlange, wo sie sticht! – Geliebter Mann,
Wohl fürcht ich etwas meines Vaters Zorn,
Doch nicht – mein heilig Bündnis ausgenommen –,
Was seine Wut mir tun kann. Du mußt fort;
Ich bleibe hier zurück, ein stündlich Ziel
Erzürnten Blicks. Nichts tröstet mich im Leben,
Als daß die Welt mein Kleinod noch bewahrt,
Damit ichs wiederseh.
Posthumus
O meine Königin,
Herrin, Geliebte, weint nicht mehr, daß mich
Verdacht nicht treffe weichrer Zärtlichkeit,
Als sie dem Manne ziemt! Ich bleib auf ewig
Der treuste Gatte, der je Treu gelobte.
In Rom nun wohn ich, bei Philario dort,
Der meines Vaters Freund war, doch mit mir
Durch Briefe nur verbunden. Dorthin schreib,
Und mit den Augen trink ich deine Worte,
Ist Galle gleich die Tinte.
Die Königin kommt zurück.
Königin
Eilt, ich bitte!
Denn wenn der König kommt, so fällt auf mich,
Wer weiß wieviel von seinem Zorn.
Beiseit.
Doch führ ich
Ihn dieses Wegs; so oft ich ihn auch kränke,
Mein Unrecht kauft er, Frieden zu bewahren;
Zahlt mein Versündigen schwer.
Geht ab.
Posthumus
Nähmen wir Abschied
So lange Zeit, als wir noch leben sollen,
Der Schmerz der Trennung wüchse stets. Leb wohl!
Imogen
Oh, nicht so rasch!
Rittst du nur aus, um frische Luft zu schöpfen,
Zu kurz wär solch ein Abschied. Sieh, Geliebter,
Der Demant ist von meiner Mutter: nimm ihn,
Bewahr ihn, bis ein andres Weib du freist,
Wenn Imogen gestorben.
Posthumus
Wie, ein andres?
Ihr Götter, laßt mir die nur, die ich habe,
Und wehrt mir die Umarmung einer andern
Mit Todesbanden! – Bleib, o bleibe hier,
Er steckt den Ring an.
Solang hier Leben wohnt!
[Er steckt den Ring an.]
Und, Süße, Holde,
Wie ich mein armes Selbst für dich vertauschte
Zu deinem schlimmsten Nachteil, so gewinn ich
Sogar bei diesem Tand; dies trag von mir,
's ist eine Liebesfessel, die ich um
Die holdeste Gefangne lege.
Er legt ihr ein Armband an.
Imogen
Götter!
Ach, wann sehn wir uns wieder!
Cymbeline und Lords treten auf [tritt auf mit Gefolge].
Posthumus
Weh, der König!
Cymbeline
Elender du! Weg und mir aus den Augen!
Belästigst du den Hof nach diesem Wort
Mit deinem Unwert noch, so stirbst du; fort!
Gift bist du meinem Blut.
Posthumus
Der Götter Schutz Euch
Und Segen allen Guten, die hier bleiben!
Ich gehe.
Er geht ab.
Imogen
Keine Marter hat der Tod
So scharf wie diese.
Cymbeline
Pflichtvergeßnes Ding,
Du sollst die Jugend mir erneun und häufst
Mir nur der Jahre Last.
Imogen
Ich bitt Eur Hoheit,
Kränkt Euch nicht selbst mit Eurem Grimm; ich bin
Gefühllos Eurem Zorn. Ein tiefres Leid
Tilgt Furcht und Angst.
Cymbeline
Lieblos und ungehorsam!
Imogen
Ach, hoffnungslos, und das heißt: ohne Liebe.
Cymbeline
Den einzgen Sohn der Königin auszuschlagen!
Imogen
O wohl mir, daß ichs tat! Den Adler wählt ich
Und jagt den Raben fort.
Cymbeline
Den Bettler nahmst du, hättest meinen Thron
Zum Sitz der Niedrigkeit gemacht.
Imogen
O nein,
Ich gäb ihm neuen Glanz!
Cymbeline
Verworfne!
Imogen
Vater,
Nur Ihr seid schuld, lieb ich den Posthumus;
Ihr zogt ihn auf als meinen Spielgefährten.
Ein Mann, wert einer jeden Frau, bezahlt
Er mich fast um den ganzen Preis zu hoch.
Cymbeline
Was, bist du toll?
Imogen
Beinah, der Himmel steh mir bei! – O wär ich
Doch eines Schäfers Tochter, mein Leonatus
Des Nachbarhirten Sohn!
Die Königin tritt auf.
Cymbeline
Du töricht Mädchen!
Beisammen waren wieder sie; Ihr tatet
Nicht, wie Wir Euch befahlen. Fort mit ihr,
Und schließt sie ein!
Königin
Ich bitt Euch, ruhig! – Still,
Prinzessin Tochter, still! – Geliebter Herr,
Laßt uns allein und sucht Euch zu erheitern,
Wie Ihrs am besten könnt.
Cymbeline
Mag sie verschmachten
Täglich um einen Tropfen Bluts und alt
An dieser Torheit sterben!
[Er geht ab.] Cymbeline und die Lords gehen ab. Pisanio tritt auf.
Königin
Pfui! – Gebt nach! –
Hier ist Eur Diener. – Nun, was bringst du Neues?
Pisanio
Der Prinz, Eur Sohn, zog gegen meinen Herrn.
Königin
Kein Leid ist doch geschehn?
Pisanio
Es konnte treffen,
Nur spielte mehr mein Herr, anstatt zu fechten,
Und war durch Zorn nicht angereizt; es trennten
Sie einige Herren in der Näh.
Königin
Das freut mich.
Imogen
Ja, meines Vaters Freund ist Euer Sohn,
Er nimmt sich seiner an. –
Auf den Verbannten ziehn! O tapfrer Held!
Ich wünschte sie in Afrika beisammen
Und mich mit Nadeln dort, um den zu stechen,
Der rückwärts geht. – Was ließest du den Herrn?
Pisanio
Weil ers befahl. Zum Hafen ihn zu bringen,
Erlaubt' er nicht; er gab mir dies Verzeichnis
Von Diensten, die ich Euch zu leisten hätte,
Gefiels Euch, mich zu brauchen.
Königin
Dieser war
Dein treuer Diener stets; mein Wort verpfänd ich,
Daß ers auch bleiben wird.
Pisanio
Ich dank Eur Hoheit.
Königin
Laß uns spazierengehn.
Imogen
Frag bei mir an
In einer halben Stunde; meinen Herrn
Mußt du an Bord noch sehn. Für jetzt verlaß mich.
Alle ab.
Daselbst. Freier Platz
Cloten tritt auf mit zwei Lords [Edelleuten].
Erster Lord [Edelmann]
Prinz, ich möchte Euch doch raten, das Hemd zu wechseln; die Heftigkeit der Bewegung macht, daß Ihr wie ein Opfer raucht; wo Luft ausströmt, zieht auch Luft ein, und keine äußere Luft ist so gesund, als die Ihr ausströmt.
Cloten
Wenn mein Hemd blutig wäre, wollte ichs wechseln. – Hab ich ihn verwundet?
Zweiter Lord [Edelmann]für sich.
Nein, wahrhaftig; nicht einmal seine Geduld.
Erster Lord [Edelmann]
Ihn verwundet? Sein Körper ist ein durchdringliches Beingerippe, wenn er nicht verwundet ist – er ist eine Durchfahrt für Stahl, wenn er nicht verwundet ist.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich.
Sein Degen hatte Schulden und versteckte sich hinterwärts.
Cloten
Der Schurke wollte mir nicht stehn.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich.
Nein, er floh immer vorwärts, auf dein Gesicht zu.
Erster Lord [Edelmann]
Euch stehn! Ihr habt selbst schon Land genug, aber er vergrößerte Euern Besitz: er gab Euch noch etwas Boden zu.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich.
Ja, so viel Zoll, als du Weltmeere hast. Ihr Laffen!
Cloten
Ich wollte, sie wären nicht zwischen uns gekommen.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich.
Das wollte ich auch; bis du gemessen hättest, wie lang ein Narr ist, wenn er auf der Erde liegt.
Cloten
Und daß sie diesen Kerl lieben muß, und mich abweisen!
Zweiter Lord [Edelmann]für sich.
Wenn es Sünde ist, eine richtige Wahl zu treffen, so ist sie verdammt.
Erster Lord [Edelmann]
Prinz, ich sagte es Euch immer, ihre Schönheit und ihr Verstand halten nicht gleichen Schritt; sie ist ein treffliches Gemälde, aber ich habe wenig Reflexe ihres Geistes gesehen.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich.
Sie scheint nicht auf Narren; der Reflex möchte ihr schaden.
Cloten
Kommt auf mein Zimmer; ich wollte, es wäre irgendein Unglück geschehen.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich.
Das wollte ich nicht; es wäre denn der Fall eines Esels, was kein großes Unglück ist.
Cloten
Wollt Ihr mit uns gehn?
Erster Lord [Edelmann]
Ich folge Euch, gnädiger Herr.
Cloten
Nein, kommt, gehn wir zusammen.
Zweiter Lord [Edelmann]
Wohl, mein Prinz.
Alle ab.
Zimmer im Palast
Imogen und Pisanio treten auf.
Imogen
Ich wollt, am Hafen ständst du eingewurzelt
Und fragtest jedes Schiff. Wenn er mir schriebe
Und ich bekäms nicht, solch ein Brief verloren
Wär wie Verlust des Heils. Was war das Letzte,
Was er sprach?
Pisanio
Es war: O meine Königin!
Imogen
Dann winkt' er mit dem Tuch?
Pisanio
Und küßt' es, Fürstin.
Imogen
Fühllose Leinwand, glücklicher als ich!
Und das war alles?
Pisanio
Nein, Prinzessin, denn
Solang ers machen konnte, daß ihn Auge
Und Ohr von andern unterschied, blieb er
Auf dem Verdeck, mit Handschuh, Tuch und Hut
Stets winkend, wie der Sturm und Drang der Seele
Ausdrücken konnt am besten, wie so langsam
Sein Herz von hinnen zieh, wie schnell sein Schiff.
Imogen
Er mußte klein wie eine Kräh dir werden
Und kleiner, eh du aufgabst, nachzuschaun.
Pisanio
Das tat ich, gnädge Frau.
Imogen
Zerrissen hätt ich mir die Augennerven,
Nur um nach ihm zu sehn, bis die Verkleinrung
Des Raums ihn zugespitzt wie meine Nadel.
Ihm schaut ich nach, bis er verschmolzen wäre
Von Kleinheit einer Mück in Luft; und dann
Hätt ich mich abgewendet und geweint. –
Pisanio, sprich, wann hören wir von ihm?
Pisanio
Gewiß mit nächster Schiffsgelegenheit.
Imogen
Wir nahmen Abschied nicht, und noch viel Liebes
Wollt ich ihm sagen, zu erzählen wünscht ich,
Wie ich sein dächt in der und jener Stunde,
Gedenken dies und das; und schwören sollt er,
Italiens Liebchen möchten nicht verlocken
Mein Recht und seine Ehr. Ich wollt ihn nötigen,
Um sechs Uhr morgens, Mitternacht und Mittag
Mir betend zu begegnen, weil ich dann
Für ihn im Himmel bin. Ich wollt ihm geben
Den Abschiedskuß, den in zwei Zauberworte
Ich eingefaßt – da kommt mein Vater her,
Und wie der grimme Hauch des Nordens schüttelt
Er unsre Knospen ab, eh sie erblüht.
Eine Hofdame tritt auf.
Hofdame
Die Königin wünscht Eur Hoheit Gegenwart.
Imogen
Was ich dir aufgetragen, das besorge! –
Der Königin wart ich auf.
Pisanio
Wie Ihr befehlt.
Alle ab.
Rom, in Philarios Hause
Es treten auf Philario, Jachimo, ein Franzose, ein Holländer und ein Spanier.
Jachimo
Glaubt mir, Herr, ich kannte ihn in Britannien: sein Ansehn war damals im Wachsen, und man erwartete die Vortrefflichkeit von ihm, die ihm später auch ausdrücklich zugestanden wurde; aber ich hätte ihn damals ohne die Nachhülfe der Bewunderung ansehn können, wenn auch das Verzeichnis aller seiner Gaben neben ihm aufgestellt gewesen wäre und ich ihn so artikelweise durchgelesen hätte.
Philario
Ihr sprecht von einer Zeit, da er noch weniger ausgestattet war, als er jetzt ist, mit allen den Gaben, die ihn geistig und leiblich so auszeichnen.
Franzose
Ich sah ihn in Frankreich, und dort hatten wir viele, die mit ebenso festem Auge als er in die Sonne blicken konnten.
Jachimo
Der Umstand, daß er seines Königs Tochter geheiratet hat, wobei er mehr nach ihrem als nach seinem eigenen Werte gewogen werden muß, ist gewiß ein Hauptgrund, daß man ihn weit über die Wahrheit hinaus preist.
Franzose
Und dann seine Verbannung. –
Jachimo
Ja, und die Billigung derer, die diese klägliche Scheidung beweinen und der Fürstin zugetan sind; alle diese erheben ihn wunderbar über sein Maß; geschähe es auch nur, um der Prinzessin Urteil zu befestigen, welches sonst ein schwaches Geschütz niederschmettern würde, wenn sie einen Bettler genommen hätte, den nicht die höchsten Gaben schmückten. Aber wie kommt es, daß er bei Euch wohnen wird? Woher schreibt sich diese Bekanntschaft?
Philario
Sein Vater und ich waren Kriegskameraden, und ich hatte diesem oft nichts Geringeres als mein Leben zu danken.
Posthumus tritt auf.