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Dieses eBook: "Cymbeline - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) / Bilingual edition (German-English)" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. - This carefully crafted ebook: "Cymbeline - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) / Bilingual edition (German-English)" is formatted for your eReader with a functional and detailed table of contents. - Diese Zweisprachige Shakespeare Ausgabe hilft dem Leser Shakespeare besser zu verstehen und zu interpretieren, ist praktisch beim Nachschlagen und sehr nützlich um Englisch / Deutsch als Fremdsprache zu Lernen oder zu Lehren. - This bilingual Shakespeare edition helps the reader to understand and to interpret Shakespeare better, is practical for looking up text passages and very useful for learning and teaching german / english language through classic literature. - "Cymbeline" ist ein Theaterstück von William Shakespeare in fünf Akten. Das Stück wird von Kritikern häufig zusammen mit Perikles, Prinz von Tyrus, Der Sturm und Ein Wintermärchen zu Shakespeares späten Romanzen gezählt. - Cymbeline is one of Shakespeare's late romances, which combines comedy and tragedy. The play was certainly produced as early as 1611 and was first published in 1623. - William Shakespeare (1564-1616) war ein englischer Dramatiker, Lyriker und Schauspieler. Seine Komödien und Tragödien gehören zu den bedeutendsten und am meisten aufgeführten und verfilmten Bühnenstücken der Weltliteratur. - William Shakespeare (1564-1616) was an English poet, playwright and actor, widely regarded as the greatest writer in the English language and the world's pre-eminent dramatist.
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Übersetzer / Translators: Dorothea Tieck
(german)
Inhalt
PERSONEN
ERSTER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
FÜNFTE SZENE
SECHSTE SZENE
SIEBENTE SZENE
ZWEITER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
FÜNFTE SZENE
DRITTER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
FÜNFTE SZENE
SECHSTE SZENE
SIEBENTE SZENE
ACHTE SZENE
VIERTER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
FÜNFTER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
FÜNFTE SZENE
Cymbeline, König von Britannien
Cloten, Sohn der Königin, von ihrem ersten Gemahl
Posthumus Leonatus, ein Edelmann, Imogens Gemahl
Bellarius, ein verbannter Lord, unter dem Namen Morgan
Guiderius und Arviragus, Cymbelines Söhne, unter dem Namen Polydor und Cadwal; für [Bellarius'] Morgans Söhne gehalten
Philario, Italiener, Posthumus' Freund
Jachimo, Italiener, Philarios Freund
Ein Französischer Edelmann, Philarios Freund
Cajus Lucius, römischer Feldherr
Ein römischer Hauptmann, zwei britische Hauptleute
Pisanio, Posthumus' Diener
Cornelius, ein Arzt
Zwei Lords an Cymbelines Hof
Zwei Edelleute an Cymbelines Hof
Zwei Kerkermeister
Die Königin, Cymbelines Gemahlin
Imogen, Cymbelines Tochter, von der vorigen Königin
Helena, eine Kammerfrau Imogens
[Zwei Kammerfrauen Imogens
Jupiter und die Geister von des Posthumus Vater Sicilius, von seiner Mutter und seinen zwei Brüdern]
Lords, Hofdamen, römische Senatoren, Tribunen, ein Wahrsager, ein Holländer, ein Spanier, Musiker, Anführer, Hauptleute, Soldaten, Boten, und anderes Gefolge
Erscheinungen
Szene: abwechselnd in Britannien und Rom
Britannien. Garten in Cymbelines Palast
[Zwei Edelleute treten auf.]
Erster Edelmann Ja, hier schaut jeder finster: unser Blut Folgt minder nicht dem Himmel, als der Höfling Stets wie der König scheinen will.
Zweiter Edelmann Der Grund?
Erster Edelmann Die Erbin dieses Reiches, seine Tochter, Bestimmt' er seiner Frauen einzgem Sohn, Die er als Witwe kürzlich sich vermählt. Die Tochter wählte nun den Gatten selbst, Der arm, doch edel ist; sie sind vermählt, Der Mann verbannt, verhaftet sie; und alles Ist äußrer Schmerz; obwohl der König, mein ich, Wahrhaft bekümmert ist.
Zweiter Edelmann Der König nur?
Erster Edelmann Auch er, der sie verlor; die Königin gleichfalls, Die jenes Bündnis wünschte. Doch kein Höfling, Wenn alle auch ihr Antlitz stimmen nach Des Königs Blick, des Herz sich nicht erfreut Ob dem, weshalb sie grollen.
Zweiter Edelmann Und warum?
Erster Edelmann Der die Prinzeß verlor, ist ein Geschöpf, Zu schlecht, ihn schlecht zu nennen; der sie hat – Das heißt, dem sie vermählt, der Ärmste, ach, Deshalb verbannt –, ist solch vollendet Wesen, Daß, wenn man auch den Erdkreis rings durchsuchte Nach einem, so wie er, stets blieb ein Mangel Dem, der sich ihm vergleicht; denn ich vermeine, Mit so viel innerm Wert und äußrer Schönheit Sei niemand sonst begabt.
Zweiter Edelmann Ihr übertreibt.
Erster Edelmann Ich meß ihn nur weit unter seiner Größe, Drück ihn zusammen, statt ihn zu entfalten In voller Macht.
Zweiter Edelmann Wie ist sein Nam und Ursprung?
Erster Edelmann Ich kenne seinen Stammbaum nicht. Sicilius, So hieß sein Vater, kämpft' einst ruhmbekränzt Gegen die Römer, mit Cassibelan; Doch dem Tenantius dankt er seine Würden, Dem er mit Glanz und seltnem Glück gedient; So ward er Leonatus zubenannt. Er hatte, außer jenem edlen Sohn, Zwei andre noch, die in dem Krieg der Zeit, Das Schwert in Händen, fielen, was des Greises Zu heftge Vaterliebe so erschüttert, Daß er sich tot gehärmt; sein edles Weib, Schwanger mit dem, von dem wir sprechen, starb Bei der Geburt. Da nimmt das Kind der König In seinen Schutz und nennt ihn Posthumus Leonatus, Läßt ihn erziehn, macht ihn zu seinem Pagen, Zu jeder Wissenschaft ihm Zugang bahnend, Für die sein Alter reif. Das sog er ein, Wie wir die Luft, es augenblicks begreifend; Sein Frühling ward schon Ernt; er lebt' am Hofe – Ein seltner Fall – in Lieb und Lob der Erste, Dem Jüngsten Musterbild, dem Reiteren Ein Spiegel für des Schmucks Vollendung, und Ein Kind, das Greise führt, den Ernsteren; Der Frau, für die er jetzt verbannt – da zeigtIhr Wert, wie sie ihn schätzt' und seine Tugend; In ihrer Wahl könnt Ihr am besten lesen, Was für ein Mann er ist.
Zweiter Edelmann Ich ehr ihn schon In Eurer Schildrung. Doch, ich bitt Euch, sagt mir, Ist sie des Königs einzges Kind?
Erster Edelmann Sein einzges. Zwei Söhne hatt er – dünkts Euch merkenswert, So hört mir zu: der älteste drei Jahr, Der zweit in Windeln, wurden sie gestohlen Aus ihrer Ammenstub, und niemand ahnet Bis diese Stunde, was aus ihnen ward.
Zweiter Edelmann Wann fiel das vor?
Erster Edelmann
[Daselbst]
Es treten auf die Königin, Imogen und Posthumus.
Königin Nein, Tochter, sei gewiß, nie findst du mich, Nach der Stiefmütter allgemeinem Ruf, Scheeläugig gegen dich. Zwar als Gefangne Bewahr ich dich; doch gibt dein Wächter selbst Den Kerkerschlüssel dir. Und, Posthumus, Sobald ich kann den grimmen König sänftigen, Sollt Ihr in mir den Anwalt sehn; doch jetzt Entflammt ihn noch der Zorn; drum ist es besser, Ihr neigt Euch seinem Spruch, und so geduldig, Wie Euch die eigne Weisheit lehrt.
Posthumus Ja, Hoheit, Ich reise heut.
Königin Wohl kennt ihr die Gefahr – Nur durch den Garten geh ich, denn mich jammert Die Qual gehemmter Lieb; obwohl der König Befahl, ihr sollt nicht miteinander sprechen.Sie geht ab.
Imogen O heuchlerische Güte! Schmeichelnd kitzelt Die Schlange, wo sie sticht! – Geliebter Mann, Wohl fürcht ich etwas meines Vaters Zorn, Doch nicht – mein heilig Bündnis ausgenommen –, Was seine Wut mir tun kann. Du mußt fort; Ich bleibe hier zurück, ein stündlich Ziel Erzürnten Blicks. Nichts tröstet mich im Leben, Als daß die Welt mein Kleinod noch bewahrt, Damit ichs wiederseh.
Posthumus O meine Königin, Herrin, Geliebte, weint nicht mehr, daß mich Verdacht nicht treffe weichrer Zärtlichkeit, Als sie dem Manne ziemt! Ich bleib auf ewig Der treuste Gatte, der je Treu gelobte. In Rom nun wohn ich, bei Philario dort, Der meines Vaters Freund war, doch mit mir Durch Briefe nur verbunden. Dorthin schreib, Und mit den Augen trink ich deine Worte, Ist Galle gleich die Tinte.
Die Königin kommt zurück.
Königin Eilt, ich bitte! Denn wenn der König kommt, so fällt auf mich, Wer weiß wieviel von seinem Zorn.Beiseit. Doch führ ich Ihn dieses Wegs; so oft ich ihn auch kränke, Mein Unrecht kauft er, Frieden zu bewahren; Zahlt mein Versündigen schwer.Geht ab.
Posthumus Nähmen wir Abschied So lange Zeit, als wir noch leben sollen, Der Schmerz der Trennung wüchse stets. Leb wohl!
Imogen Oh, nicht so rasch! Rittst du nur aus, um frische Luft zu schöpfen, Zu kurz wär solch ein Abschied. Sieh, Geliebter, Der Demant ist von meiner Mutter: nimm ihn, Bewahr ihn, bis ein andres Weib du freist, Wenn Imogen gestorben.
Posthumus Wie, ein andres? Ihr Götter, laßt mir die nur, die ich habe, Und wehrt mir die Umarmung einer andern Mit Todesbanden! – Bleib, o bleibe hier,Er steckt den Ring an. Solang hier Leben wohnt![Er steckt den Ring an.] Und, Süße, Holde, Wie ich mein armes Selbst für dich vertauschte Zu deinem schlimmsten Nachteil, so gewinn ich Sogar bei diesem Tand; dies trag von mir, 's ist eine Liebesfessel, die ich um Die holdeste Gefangne lege.Er legt ihr ein Armband an.
Imogen Götter! Ach, wann sehn wir uns wieder!
Cymbeline und Lords treten auf [tritt auf mit Gefolge].
Posthumus Weh, der König!
Cymbeline Elender du! Weg und mir aus den Augen! Belästigst du den Hof nach diesem Wort Mit deinem Unwert noch, so stirbst du; fort! Gift bist du meinem Blut.
Posthumus Der Götter Schutz Euch Und Segen allen Guten, die hier bleiben! Ich gehe.Er geht ab.
Imogen Keine Marter hat der Tod So scharf wie diese.
Cymbeline Pflichtvergeßnes Ding, Du sollst die Jugend mir erneun und häufst Mir nur der Jahre Last.
Imogen Ich bitt Eur Hoheit, Kränkt Euch nicht selbst mit Eurem Grimm; ich bin Gefühllos Eurem Zorn. Ein tiefres Leid Tilgt Furcht und Angst.
Cymbeline Lieblos und ungehorsam!
Imogen Ach, hoffnungslos, und das heißt: ohne Liebe.
Cymbeline Den einzgen Sohn der Königin auszuschlagen!
Imogen O wohl mir, daß ichs tat! Den Adler wählt ich Und jagt den Raben fort.
Cymbeline Den Bettler nahmst du, hättest meinen Thron Zum Sitz der Niedrigkeit gemacht.
Imogen O nein, Ich gäb ihm neuen Glanz!
Cymbeline Verworfne!
Imogen Vater, Nur Ihr seid schuld, lieb ich den Posthumus; Ihr zogt ihn auf als meinen Spielgefährten. Ein Mann, wert einer jeden Frau, bezahlt Er mich fast um den ganzen Preis zu hoch.
Cymbeline Was, bist du toll?
Imogen Beinah, der Himmel steh mir bei! – O wär ich Doch eines Schäfers Tochter, mein Leonatus Des Nachbarhirten Sohn!
Die Königin tritt auf.
Cymbeline Du töricht Mädchen! Beisammen waren wieder sie; Ihr tatet Nicht, wie Wir Euch befahlen. Fort mit ihr, Und schließt sie ein!
Königin Ich bitt Euch, ruhig! – Still, Prinzessin Tochter, still! – Geliebter Herr, Laßt uns allein und sucht Euch zu erheitern, Wie Ihrs am besten könnt.
Cymbeline Mag sie verschmachten Täglich um einen Tropfen Bluts und alt An dieser Torheit sterben!
[Er geht ab.] Cymbeline und die Lords gehen ab. Pisanio tritt auf.
Königin Pfui! – Gebt nach! – Hier ist Eur Diener. – Nun, was bringst du Neues?
Pisanio Der Prinz, Eur Sohn, zog gegen meinen Herrn.
Königin Kein Leid ist doch geschehn?
Pisanio Es konnte treffen, Nur spielte mehr mein Herr, anstatt zu fechten, Und war durch Zorn nicht angereizt; es trennten Sie einige Herren in der Näh.
Königin Das freut mich.
Imogen Ja, meines Vaters Freund ist Euer Sohn, Er nimmt sich seiner an. – Auf den Verbannten ziehn! O tapfrer Held!
Daselbst.Freier Platz
Cloten tritt auf mit zwei Lords [Edelleuten].
Erster Lord [Edelmann] Prinz, ich möchte Euch doch raten, das Hemd zu wechseln; die Heftigkeit der Bewegung macht, daß Ihr wie ein Opfer raucht; wo Luft ausströmt, zieht auch Luft ein, und keine äußere Luft ist so gesund, als die Ihr ausströmt.
Cloten Wenn mein Hemd blutig wäre, wollte ichs wechseln. – Hab ich ihn verwundet?
Zweiter Lord [Edelmann]für sich. Nein, wahrhaftig; nicht einmal seine Geduld.
Erster Lord [Edelmann] Ihn verwundet? Sein Körper ist ein durchdringliches Beingerippe, wenn er nicht verwundet ist – er ist eine Durchfahrt für Stahl, wenn er nicht verwundet ist.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich. Sein Degen hatte Schulden und versteckte sich hinterwärts.
Cloten Der Schurke wollte mir nicht stehn.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich. Nein, er floh immer vorwärts, auf dein Gesicht zu.
Erster Lord [Edelmann] Euch stehn! Ihr habt selbst schon Land genug, aber er vergrößerte Euern Besitz: er gab Euch noch etwas Boden zu.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich. Ja, so viel Zoll, als du Weltmeere hast. Ihr Laffen!
Cloten Ich wollte, sie wären nicht zwischen uns gekommen.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich. Das wollte ich auch; bis du gemessen hättest, wie lang ein Narr ist, wenn er auf der Erde liegt.
Cloten Und daß sie diesen Kerl lieben muß, und mich abweisen!
Zweiter Lord [Edelmann]für sich. Wenn es Sünde ist, eine richtige Wahl zu treffen, so ist sie verdammt.
Erster Lord [Edelmann] Prinz, ich sagte es Euch immer, ihre Schönheit und ihr Verstand halten nicht gleichen Schritt; sie ist ein treffliches Gemälde, aber ich habe wenig Reflexe ihres Geistes gesehen.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich. Sie scheint nicht auf Narren; der Reflex möchte ihr schaden.
Cloten Kommt auf mein Zimmer; ich wollte, es wäre irgendein Unglück geschehen.
Zweiter Lord [Edelmann]für sich. Das wollte ich nicht; es wäre denn der Fall eines Esels, was kein großes Unglück ist.
Cloten Wollt Ihr mit uns gehn?
Erster Lord [Edelmann] Ich folge Euch, gnädiger Herr.
Cloten Nein, kommt, gehn wir zusammen.
Zweiter Lord [Edelmann] Wohl, mein Prinz.
Alle ab.
Zimmer im Palast
Imogen und Pisanio treten auf.
Imogen Ich wollt, am Hafen ständst du eingewurzelt Und fragtest jedes Schiff. Wenn er mir schriebe Und ich bekäms nicht, solch ein Brief verloren Wär wie Verlust des Heils. Was war das Letzte, Was er sprach?
Pisanio Es war: O meine Königin!
Imogen Dann winkt' er mit dem Tuch?
Pisanio Und küßt' es, Fürstin.
Imogen Fühllose Leinwand, glücklicher als ich! Und das war alles?
Pisanio Nein, Prinzessin, denn Solang ers machen konnte, daß ihn Auge Und Ohr von andern unterschied, blieb er Auf dem Verdeck, mit Handschuh, Tuch und Hut Stets winkend, wie der Sturm und Drang der Seele Ausdrücken konnt am besten, wie so langsam Sein Herz von hinnen zieh, wie schnell sein Schiff.
Imogen Er mußte klein wie eine Kräh dir werden Und kleiner, eh du aufgabst, nachzuschaun.
Pisanio Das tat ich, gnädge Frau.
Imogen Zerrissen hätt ich mir die Augennerven, Nur um nach ihm zu sehn, bis die Verkleinrung Des Raums ihn zugespitzt wie meine Nadel. Ihm schaut ich nach, bis er verschmolzen wäre Von Kleinheit einer Mück in Luft; und dann Hätt ich mich abgewendet und geweint. – Pisanio, sprich, wann hören wir von ihm?
Pisanio Gewiß mit nächster Schiffsgelegenheit.
Imogen Wir nahmen Abschied nicht, und noch viel Liebes Wollt ich ihm sagen, zu erzählen wünscht ich, Wie ich sein dächt in der und jener Stunde, Gedenken dies und das; und schwören sollt er, Italiens Liebchen möchten nicht verlocken Mein Recht und seine Ehr. Ich wollt ihn nötigen, Um sechs Uhr morgens, Mitternacht und Mittag Mir betend zu begegnen, weil ich dann Für ihn im Himmel bin. Ich wollt ihm geben Den Abschiedskuß, den in zwei Zauberworte Ich eingefaßt – da kommt mein Vater her, Und wie der grimme Hauch des Nordens schüttelt
Rom, in Philarios Hause
Es treten auf Philario, Jachimo, ein Franzose, ein Holländer und ein Spanier.
Jachimo Glaubt mir, Herr, ich kannte ihn in Britannien: sein Ansehn war damals im Wachsen, und man erwartete die Vortrefflichkeit von ihm, die ihm später auch ausdrücklich zugestanden wurde; aber ich hätte ihn damals ohne die Nachhülfe der Bewunderung ansehn können, wenn auch das Verzeichnis aller seiner Gaben neben ihm aufgestellt gewesen wäre und ich ihn so artikelweise durchgelesen hätte.
Philario Ihr sprecht von einer Zeit, da er noch weniger ausgestattet war, als er jetzt ist, mit allen den Gaben, die ihn geistig und leiblich so auszeichnen.
Franzose Ich sah ihn in Frankreich, und dort hatten wir viele, die mit ebenso festem Auge als er in die Sonne blicken konnten.
Jachimo Der Umstand, daß er seines Königs Tochter geheiratet hat, wobei er mehr nach ihrem als nach seinem eigenen Werte gewogen werden muß, ist gewiß ein Hauptgrund, daß man ihn weit über die Wahrheit hinaus preist.
Franzose Und dann seine Verbannung. –
Jachimo Ja, und die Billigung derer, die diese klägliche Scheidung beweinen und der Fürstin zugetan sind; alle diese erheben ihn wunderbar über sein Maß; geschähe es auch nur, um der Prinzessin Urteil zu befestigen, welches sonst ein schwaches Geschütz niederschmettern würde, wenn sie einen Bettler genommen hätte, den nicht die höchsten Gaben schmückten. Aber wie kommt es, daß er bei Euch wohnen wird? Woher schreibt sich diese Bekanntschaft?
Philario Sein Vater und ich waren Kriegskameraden, und ich hatte diesem oft nichts Geringeres als mein Leben zu danken.
Posthumus tritt auf.
Hier kommt der Brite; laßt seine Aufnahme unter Euch so sein, wie sie Männern von Eurem Verstand gegen einen Fremden von seinen Verdiensten ziemt. – Ich bitte Euch alle, macht Euch näher mit diesem Herrn bekannt, den ich Euch als meinen edlen Freund empfehle; seine Vortrefflichkeit möge sich in Zukunft lieber selbst kundgeben, als von mir vor seinem Ohr gepriesen werden.
Franzose Herr, wir kannten uns in Orleans.
Posthumus Seitdem war ich Euer Schuldner für Artigkeiten, an denen ich stets abzuzahlen haben werde und doch in Eurer Schuld bleibe.
Franzose Herr, Ihr überschätzt meine geringen Freundschaftsdienste. Es war mir lieb, daß ich Euch und meinen Landsmann versöhnen konnte; es wäre schade gewesen, wäret ihr mit so tödlichen Vorsätzen zusammengekommen, wie ihr sie damals beide hattet, und wegen einer Sache von so leichter, unbedeutender Art.
Posthumus Verzeiht mir, ich war damals ein junger Reisender, etwas störrisch, dem, was ich hörte, beizustimmen, und wenig geneigt, mich in jeglicher Handlung durch die Erfahrung anderer leiten zu lassen; aber auch nach meinem reiferen Urteil – wenn ich nicht prahle, es reifer zu nennen – war mein Zwist von damals doch nicht so ganz unbedeutend.
Franzose Wahrhaftig doch zu unbedeutend, um der Entscheidung der Waffen unterworfen zu werden; und von zwei solchen Männern, wo, höchstwahrscheinlich, einer vom andern vernichtet oder beide gefallen wären.
Jachimo Darf man, ohne Unbescheidenheit, fragen, was der Streit war?
Franzose Warum nicht? Es wurde öffentlich verhandelt und mag drum ohne Anstoß wieder erzählt werden. Es betrat einen Punkt, dem ähnlich, über den wir gestern abend stritten, wo jeder von uns sich im Lob der Damen seines Landes ergoß. Dieser Herr beteuerte damals, und zwar auf die Gewähr, es mit seinem Blute zu beweisen, die seinige sei schöner, tugendhafter, weiser, keuscher, standhafter und unvertührbarer als irgendeine unsrer auserlesensten Damen in Frankreich.
Jachimo Diese Dame lebt nicht mehr, oder der Glaube dieses Herrn ist, was den Punkt betrifft, schwächer geworden.
Posthumus Sie behauptet noch ihre Tugend, und ich meine Meinung.
Jachimo Ihr dürft sie nicht so sehr über unsere Italienerinnen erheben.
Posthumus Wenn ich so gereizt würde, wie damals in Frankreich, so würde ich sie ebensowenig beeinträchtigen lassen, obwohl ich mich ihren Anbeter nenne, nicht ihren Geliebten.
Jachimo Ebenso schön als gut – fast eine zu verschwisterte Vergleichung –, wäre etwas zu schön und zu gut für irgendeine Dame in Britannien gewesen. Wenn sie andre, die ich gekannt habe, so sehr übertrifft, wie dieser Euer Diamant manchen, den ich sah, überstrahlt, so muß ich wohl glauben, daß sie unter vielen die vorzüglichste ist. Doch unter allen Kleinodien, die es gibt, sah ich wohl nicht das köstlichste noch Ihr die edelste unter den Weibern.
Posthumus Ich pries sie, wie ich sie schätze; und so auch meinen Stein.
Jachimo Wie hoch haltet Ihr ihn?
Posthumus Höher als alles, dessen die Welt sich rühmt.
Jachimo Entweder ist Eure unvergleichliche Geliebte tot, oder sie wird von einer Kleinigkeit überboten.
Posthumus Ihr seid im Irrtum; das eine mag verkauft oder verschenkt werden, wenn Reichtum genug für die Zahlung oder Verdienst genug für die Gabe da wäre; das andere ist nicht feil und nur einzig Gabe der Götter.
Jachimo Welche die Götter Euch verliehen haben?
Posthumus Welche, durch ihre Gnade, mein bleiben wird.
Jachimo Ihr mögt sie rechtlich als die Eurige haben; aber Ihr wißt, fremde Vögel lassen sich auf den Teich des Nachbars nieder. Euer Ring kann Euch ebenfalls gestohlen werden; so ist von Euren beiden unschätzbaren Gütern das eine nur schwach und das andere zufällig. Ein listiger Dieb oder ein in dem Punkt vollendeter Hofmann würden es unternehmen. Euch das eine oder das andere abzugewinnen.
Posthumus Euer Italien besitzt keinen so vollendeten Höfling, daß er die Ehre meiner Geliebten in Gefahr bringen könnte, wenn Ihr sie im Bewahren oder Verlust derselben schwach nennen wollt. Ich zweifle nicht im mindesten, daß Ihr einen Überfluß von Dieben habt, demungeachtet fürchte ich nichts für meinen Ring.
Philario Laßt uns hier abbrechen, meine Freunde.
Posthumus Von Herzen gern. Dieser würdige Signor, ich danke ihm dafür, behandelt mich nicht als Fremden; wir sind gleich bei erster Bekanntschaft Vertraute.
Jachimo Mit fünfmal soviel Gespräch würde ich mir bei Eurer schönen Gebieterin Bahn machen, sie rückwärts treiben, ja, zum Wanken bringen, hätte ich Zutritt und Gelegenheit, näher Bekanntschaft zu schließen.
Posthumus Nein, nein.
Jachimo Ich wage es, darauf die Hälfte meines Vermögens gegen Euren Ring zu verpfänden, die, nach meiner Schätzung, noch etwas mehr wert ist; aber ich unternehme meine Wette viel mehr gegen Eure Zuversicht als gegen ihre Ehre, und um hierin auch jede Beleidigung Eurer auszuschließen, ich wage den Versuch gegen jede Dame in der Welt.
Posthumus Ihr seid außerordentlich getäuscht in dieser zu dreisten Überzeugung, und ich zweifle nicht. Euch wird das, was Ihr durch solcherlei Versuch verdient.
Jachimo Und das wäre?
Posthumus Eine Abweisung, obwohl Euer Versuch, wie Ihr es nennt, mehr verdient: Züchtigung auch.
Philario Ihr Herrn, genug davon! Das kam zu plötzlich; laßt es sterben, wie es geboren ward, und – ich bitte – lernt Euch besser kennen!
Jachimo Ich wollte, ich hätte mein und meines Nachbars Vermögen auf die Beweisführung dessen gesetzt, was ich behauptete.
Posthumus Welche Dame wähltet Ihr zu Eurem Angriff?
Jachimo Die Eure, deren Festigkeit Ihr für so unerschütterlich haltet. Ich setze zehntausend Dukaten gegen Euren Ring, mit dem Beding, Ihr empfehlt mich an den Hof, wo Eure Dame lebt, ohne mehr Begünstigung als die Gelegenheit eines zweiten Gesprächs, und ich bringe von dort diese ihre Ehre mit, die Ihr so sicher bewahrt glaubt.
Posthumus Ich will Gold wetten gegen Euer Gold; meinen Ring achte ich so teuer als meinen Finger; er ist ein Teil von ihm.
Jachimo Ihr seid ängstlich und deshalb um so klüger. Wenn Ihr Frauenfleisch auch das Quentchen für eine Million kauft, so könnt Ihr es doch nicht vor Ansteckung bewahren. Aber ich sehe, es ist etwas Religion in Euch, daß Ihr furchtsam seid.
Posthumus Dies ist nur eine Gewohnheit Eurer Zunge; Euer Denken ist, hoffe ich, ehrbarer.
Jachimo Ich bin Herr und Meister meiner Reden und würde unternehmen, was ich sprach, das beschwör ich.
Posthumus Würdet Ihr? Ich werde Euch meinen Diamant bis zu Eurer Rückkehr nur leihen; mag ein Vertrag zwischen uns aufgesetzt werden. Meine Geliebte übertrifft in Tugend die Unermeßlichkeit Eurer unwürdigen Denkart. Ich fordre Euch zu dieser Wette auf: hier ist mein Ring!
Philario Es soll keine Wette sein.
Jachimo Bei den Göttern, sie ist es; wenn ich Euch nicht hinlängliche Beweise ringe, daß ich das teuerste Kleinod Eurer Geliebten genoß, so sind meine zehntausend Dukaten Euer und Euer Diamant dazu. Wenn ich abgewiesen werde und sie die Ehre bewahrt, auf welche Ihr so fest vertraut, so ist sie, Euer Juwel, dies Euer Juwel und mein Gold Euer! Doch, wie bedungen, ich habe Eure Empfehlung, um ungehinderten Zutritt zu bekommen.
Posthumus Ich nehme diese Bedingungen an; laßt die Artikel unter uns aufsetzen, und nur insofern sollt Ihr verantwortlich sein. Wenn Ihr Eure Unternehmung gegen sie richtet und mir deutlich zu erkennen gebt, daß Ihr gesiegt habt, so bin ich nicht ferner Euer Feind, sie war unsers Streites nicht wert; wenn sie aber unverführt bleibt und Ihr das Gegenteil nicht beweisen könnt, so sollt Ihr wegen Eurer schlechten Gesinnung und für den Angriff auf ihre Keuschheit mir mit dem Schwerte Rede stehen.
Jachimo
Britannien, in Cymbelines Palast
Es treten auf die Königin, Hofdamen und Cornelius.
Königin Solang der Tau am Boden, pflückt die Blumen; Rasch: wer hat das Verzeichnis?
Erste Hofdame Ich.
Königin So geht!
Die Hofdamen gehn ab.
Nun, Doktor, habt Ihr die Mixtur besorgt?
Cornelius[ihr ein Fläschchen reichend.] Wie Eure Hoheit mir befahl, hier ist sie.Ihr ein Schächtelchen reichend. Doch ich ersuch Eur Gnaden – zürnt mir nicht, Denn mein Gewissen dringt auf diese Frage: Weshalb verlangt Ihr dieses giftige Mittel, Des Wirkung ist ein langsam schleichender Tod, Wenn schnell nicht, sicher doch?
Königin Mich wundert, Doktor, Daß du so fragst. Bin ich nicht deine Schül'rin Schon längst? Hast du mich nicht Duftstoffe mischen Gelehrt und destillieren, konservieren, Daß unser König selbst mich oft gebeten Um Proben meiner Einmachkunst? Und hältst du Mich nicht für teuflisch, ist es doch natürlich, So weit gekommen, weiter noch zu streben In meinem Wissen? So will ich die Kräfte Deiner Mixtur an Kreaturen prüfen, Die nicht des Hängens wert sind – nicht an Menschen! –, Um ihre Wirkung zu erproben, wende Dann Gegenmittel an, und so erforsch ich Den mannigfachen Einfluß.
Cornelius Solche Übung Muß, hohe Fürstin, Euer Herz verhärten; Auch ist der Anblick dieser Wirkung schädlich Sowohl als ekelhaft.
Königin Oh, sei ganz ruhig!
Pisanio tritt auf.
[Königin]für sich. Hier kommt ein schmeichlerischer Bub; an ihm Prüf ichs zuerst: er ist für seinen Herrn Und meinem Sohn entgegen. – Ei, Pisanio! – Doktor, fürs erste brauch ich Euch nicht mehr; Ihr mögt nun gehn.
Corneliusfür sich. Ich trau Euch nicht; doch, Dame, Ihr sollt kein Unheil stiften!
Königinzu Pisanio. Hör, ein Wort!
Corneliusfür sich. Verdächtig ist sie mir. Sie glaubt, sie habe Ein zehrend Gift; doch kenn ich ihren Sinn Und würde keinem, der ihr gleicht an Tücke, So höllschen Trank vertraun. Das, was sie hat, Betäubt und stumpft den Sinn auf kurze Zeit. Vielleicht versucht sie's erst an Hunden, Katzen, Dann immer höher auf; doch in dem Schein Des Todes, den dies gibt, ist nicht Gefahr; Es fesselt nur auf kurze Zeit den Geist, Der um so frischer dann erwacht. Betrogen Wird sie durch falschen Schein; ich, falsch an ihr, Bin um so treuer.
Königin Doktor, du magst gehn, Bis ich dich rufen lasse.
Cornelius Ich gehorche.Er geht ab.
Königin Du sagst, sie weint noch immer? Glaubst du nicht, Daß mit der Zeit sie ruhger wird und Rat Einläßt, wo Torheit herrscht? Tu, was du kannst. Sagst du mir einst, sie liebe meinen Sohn, Dann, glaube mir, stehst du im Augenblick Hoch wie dein Herr; und höher, denn sein Glück Liegt sprachlos da, sein Name selbst schöpft bald Den letzten Hauch. Heimkehren kann er nicht, Noch bleiben, wo er ist; den Ort verändern, Heißt nur ein Elend mit dem andern tauschen, Und jeder neue Tag zerstört ihm nur Des vorgen Tages Werk. Was kannst du hoffen, Lehnst du dich an ein Ding, das im Verfall Und neugebaut nicht werden kann? Er hat Nicht Freund', um ihn zu stützen. –Die Königin läßt die Schachtel [das Fläschchen] fallen, Pisanio hebt es auf. Du nimmst auf Und weißt nicht was, doch nimms für deine Müh. Ich macht es selbst, und fünfmal hats den König Vom Tod gerettet; keine beßre Stärkung Ist mir bekannt. – Behalts, ich bitte dich; Es sei das Handgeld eines größern Lohns, Den ich dir zugedacht. Sag deiner Herrin, Wie ihre Sache steht, tu's, wie von selbst! Bedenk, wie sich dein Glücksstand ändert; denk nur: Die Fürstin bleibt dir, meinen Sohn gewinnst du, Der dich auszeichnen wird; den König stimm ich Zu jeder Art Befördrung, wie du nur Sie wünschen magst; zumeist bin ich verpflichtet, Die dir den Weg zu dem Verdienst gezeigt, Die Mühe glänzend zu belohnen. Sende