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Sardinien. Ein Hotel. Ein Nachmittag. Die Begegnung von einem Kind auf der Suche nach echten Menschen und einer jungen Frau auf der Suche nach sich selbst. Die Schönheit des Augenblicks gefangen in zwei Leben. Grenzen verwischen. Am Ende stehen zwei Verbündete, deren gemeinsamer Schlüssel Humor die Trennung aufhebt.
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Veröffentlichungsjahr: 2019
DU HAST MICH UMGEBRACHT.
Und bist selbst dabei draufgegangen!
Nicht geschafft!
Kannst Du Dir eigentlich vorstellen, welche Freude ich empfand, als Du wieder vor der Tür standest ? All meine Träume sind in Erfüllung gegangen. Woran ich immer geglaubt habe, ist wahr geworden. Meine Wünsche sind Wirklichkeit geworden. Aber Du wolltest nur auf Nummer Sicher gehen, ob Du mich auch wirklich erledigt hast. Du hast noch mal ganz von vorn angefangen, hobst mich in die Luft, um mich in nicht länger als einer Stunde über Deinem Kopf zu zerfetzen. In dieser Stunde habe ich neue Hoffnung geschöpft und sah uns schon ganz woanders. Raus aus diesem beengendem und unbequemen Zimmer, während Du begannst rumzumaulen über dieses unbequeme und beengende Zimmer. In Dir steckte kein Leben mehr. Und es gab nichts, daß Dich darum kämpfen ließ. Alle ziehst Du mit einer Lüge in den Bann. Du betrügst die Leute damit, indem Du vorgibst, zu leben. In Wirklichkeit versuchst Du alle, in einem Strudel aus Fäkalien, Weltschmerz und gescheiterten Versuchen ertrinken zu lassen. Wenn es nach Dir ginge, würdest Du allen ein Heftpflaster auf den Mund kleben, die Ohren verstopfen und sie an einen Stuhl ketten. Du bist eine geistlose Bumsmaschine, von der man in den Genuß kommt, alle Jubeljahre einmal gevögelt zu werden, wenn man dafür bezahlt. Ein Gefühl zählt nichts für Dich, Du merkst es nicht einmal. Du wunderst Dich, betrogen worden zu sein ? Neben Dir ist es unerträglich. Es scheint, daß Deine Existenzberechtigung darin besteht, Dich zu verlassen. Welcher Mensch mit Lebensmut und Willen hat schon Lust auf einen Zombie. So lange Du tot bist, wirst Du immer nur Tod bringen. Von allen vergessen, liegst Du einsam in Deinem Grab. Wie konnte ich mich nur so in Dir irren. War es der süßliche Geschmack der Verwesung...?, schrieb Pauline auf eine leere DIN A4 Kopierpapierseite. Dann war das Blatt voll.
Sie blinzelte in die Sonne, die ihr schräg ins Gesicht schien, und betrachtete die paar Figuren, die sich in knappen Badehosen und Bikinis im zyanblauen Wasser des Swimmingpools tummelten. Ihr war warm. Fast schämte sie sich, daß sie hier gelandet war. Aber es war ein schöner Platz, um vierzehntagelang auszuspannen und sich verwöhnen zu lassen.
Sie war in das nächste Reisebüro gegangen und hatte sich eine Pauschalreise für Porte Conte auf Sardinien reservieren lassen. Sie kannte das Hotel. Es hieß Corte Rosada. Erwartungsgemäß hatten die Meteorologen 28°C im Schatten vorhergesagt.
Sie bewegte ihre Lippen auf den Strohhalm in ihrem Tequila Sunrise zu und trank, ohne das Glas mit den Händen zu berühren, ein paar Züge. Ihre vorgebeugte Haltung ließ sie jünger wirken, und sie verwandelte sich in das freche Mädchen, das sie als Kind einmal war. Ihre Zöpfe baumelten über der Tischplatte. Sie grinste und ließ den Strohhalm über ihre Zähne huschen, bis sie dazu überging Blasen im Glas zu erzeugen.
Das Blubbern ließ einige Hotelgäste auf sie aufmerksam werden, die sie mißbilligend musterten. Pauline verharrte und musterte sie eingehend zurück. Die meisten schauten schnell weg oder verbargen sich wieder hinter ihren Zeitungen. Die Frauen schüttelten die Köpfe, der Barkeeper wirkte belustigt. Ein kleiner Junge begann ebenfalls, durch seinen Strohhalm zu pusten. Dann rutschte er vom Barhocker und kam mit seinem halbvollen Kolaglas auf sie zu. Pauline nahm Haltung an und setzte sich ruckartig auf. Wie ein Erwachsener deutete er mit seinem Glas auf das beschriebene Papier und fragte:
- Was machsten da ?