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HORROR FAST FOOD FÜR ZWISCHENDURCH Was eignet sich da besser für den Horrorfan als die Kurzgeschichten von H.P. Lovecraft? Ein kleines handliches Buch, auch als E-Book erhältlich (Printversion: 64 Seiten Standardangabe, 57 Seiten Kapitelinhalt). DAS DING AUF DER SCHWELLE - Original: 'The thing on the door-step', erschienen im Jahre 1937 in 'Weird Tales'. Eine ausdrucksstarke Erzählung von einem der großen Meister der unheimlichen Fiktion - eine Erzählung, in der das Grauen herumschleicht und wächst, um den Leser schließlich in seiner grässlichen Ganzheit zu überraschen.
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Seitenzahl: 58
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Liebe Leserin, lieber Leser: Manche Orte, Personen oder andere Dinge im Buch sind rein fiktiv und in der Fantasie von Lovecraft oder seinem Umfeld entstanden. Man findet vieles davon auch in anderen seiner Werke wieder.
Es ist wahr, dass ich meinem besten Freund sechs Kugeln in den Kopf geschossen habe, und dennoch hoffe ich, mit diesen Schilderungen zu beweisen, dass ich nicht sein Mörder bin.
Zuerst wird man mich einen Verrückten nennen, noch verrückter als der Mann, den ich in seiner Zelle im Sanatorium von Arkam erschossen habe. Später werden manche meiner Leser jede Aussage abwägen und sie mit den bekannten Tatsachen in Beziehung setzen und sich fragen, was ich denn anderes hätte tun können, nachdem ich mit den Beweisen dieses Grauens konfrontiert wurde – diesem Ding auf der Schwelle.
Bis zu diesem Tag hatte ich nichts als Wahnsinn in den wilden Geschichten gesehen, die mich zu meinem Handeln getrieben haben. Selbst jetzt frage ich mich, ob ich mich habe täuschen lassen – oder ob ich nicht selbst verrückt bin.
Ich weiß es nicht – aber auch andere haben seltsame Dinge über Edward und Asenath Derby zu berichten, und selbst die beharrliche Polizei ist ratlos, wenn es darum geht, diesen letzten schrecklichen Besuch zu erklären. Sie haben sich eine wacklige Theorie zurechtgelegt, wie etwa einen grässlichen Schabernack oder einer Warnung von entlassenen Dienern, doch wissen sie tief in ihrem Innersten, dass die Wahrheit unendlich schrecklicher und unglaublicher ist.
Ich sage also, dass ich Edward Derby nicht ermordet habe. Vielmehr habe ich ihn erlöst und damit die Erde von einem Schrecken befreit, denn sein Fortleben hätte unsagbaren Schrecken über die gesamte Menschheit gebracht.
Es gibt schwarze Zonen voller Schatten am Rande unserer täglichen Wege, und hin und wieder bricht eine böse Seele hindurch. Wenn das geschieht, muss derjenige, der es erkennt, zuschlagen, bevor er mit den Folgen konfrontiert wird.
Ich kannte Edward Pickman Derby sein ganzes Leben lang. Acht Jahre jünger als ich, war er so früh entwickelt, dass wir bereits viel gemeinsam hatten, seit er acht Jahre alt war und ich sechzehn. Er war das phänomenalste Wunderkind, das ich je gekannt habe. Schon mit sieben Jahren schrieb er düstere, fantastische, fast morbide Verse, die seine Lehrer in Erstaunen versetzten.
Vielleicht hatten seine private Erziehung und sein verhätscheltes, abgeschiedenes Leben etwas mit seiner frühen Entfaltung zu tun. Er war ein Einzelkind mit körperlichen Schwächen, die seine liebevollen Eltern Sorge bereiteten und sie veranlassten, ihn eng bei sich zu halten. So durfte er das Haus nie ohne sein Kindermädchen verlassen und hatte nur selten Gelegenheit, ungezwungen mit anderen Kindern zu spielen.
All dies begünstigte zweifellos das seltsam verschlossene Innenleben des Jungen, dessen einziger Weg in die Freiheit die Fantasie war. Jedenfalls war seine jugendliche Gelehrsamkeit erstaunlich und außergewöhnlich und sein flüssiges Schreiben fesselten mich trotz meines höheren Alters.
Ich hatte damals eine Vorliebe für eine etwas groteske Kunst, und ich fand in dem Jüngeren einen seltenen Gleichgesinnten. Der Grund für unsere gemeinsame Liebe zu Schatten und Wundern war zweifellos die uralte, verfallene und auf subtile Weise schaurige Stadt, in der wir lebten – das von Hexen verfluchte und von Legenden heimgesuchte Arkham, dessen zusammengedrängte, durchhängende Giebeldächer und bröckelnde georgianische Balustraden nun schon Jahrhunderte am düster murmelnden Miskatonic-Fluss überdauert haben.
Mit der Zeit wandte ich mich der Architektur zu und gab mein Vorhaben auf, eines von Edwards Büchern mit dämonischen Gedichten zu illustrieren, aber unsere Freundschaft litt nicht darunter.
Das seltsame Genie des jungen Derby entwickelte sich in bemerkenswerter Weise, und als er achtzehn Jahre alt war, erregten seine gesammelten Albtraumgedichte großes Aufsehen, die unter dem Titel 'Azathoth und andere Grauen' veröffentlicht wurden. Er war ein enger Briefpartner des berüchtigten Baudelaire-Dichters Justin Geoffrey, der 'Das Volk der Monolithen' schrieb und 1926 nach einem Besuch in einem düsteren, verrufenen Dorf in Ungarn schreiend in einem Irrenhaus starb.
In Bezug auf Selbstständigkeit und praktische Fähigkeiten war Derby jedoch aufgrund seines verwöhnten Lebens stark zurückgeblieben. Seine Gesundheit hatte sich zwar gebessert, doch seine kindliche Abhängigkeit wurde von überfürsorglichen Eltern noch gefördert, sodass er nie allein reiste, keine unabhängigen Entscheidungen traf oder Verantwortung übernahm.
Schon früh war klar, dass er dem Kampf in der Geschäfts- oder Berufswelt nicht gewachsen sein würde, aber das Familienvermögen war so groß, dass dies kein ernstes Problem darstellte.
Als er zum Mann heranwuchs, bewahrte er sich ein täuschendes kindliches Aussehen. Blond und blauäugig hatte er den frischen Teint eines Kindes, und seine Versuche, sich einen Schnurrbart wachsen zu lassen, waren nur mit Mühe zu erkennen.
Seine Stimme klang sanft und hell, und sein untrainiertes Leben verlieh ihm eher eine jugendliche Pausbäckigkeit als die Wampe vorzeitigen mittleren Alters.
Er war von stattlicher Größe, und sein hübsches Gesicht hätte ihn zu einem bemerkenswerten Kavalier gemacht, wenn seine Schüchternheit ihn nicht dazu gezwungen hätte, sich zurückzuziehen und über seinen Büchern zu sitzen.
Derbys Eltern nahmen ihn jeden Sommer mit ins Ausland, und er war schnell in der Lage, die äußeren Aspekte des europäischen Denkens und Ausdrucks zu erfassen. Seine 'Poe-ähnliche' [nach Edgar Allan Poe] Begabung wandte sich mehr und mehr dem Dekadenten zu, und andere künstlerische Sensibilitäten und Sehnsüchte wurden in ihm nur zaghaft entfacht.
In dieser Zeit führten wir ausgiebige Gespräche. Ich hatte Harvard absolviert, in einem Bostoner Architekturbüro meine Ausbildung erlangt, geheiratet und war schließlich nach Arkham zurückgekehrt, um meinen Beruf auszuüben. Ich hatte mich im Familienanwesen in der Saltonstall Street niedergelassen, da mein Vater aus gesundheitlichen Gründen nach Florida gezogen war.
Edward kam fast jeden Abend vorbei, bis ich ihn schon als einen Teil des Haushalts betrachtete. Er hatte eine sehr charakteristische Art und Weise, zu läuten oder an die Tür zu klopfen, die zu einem regelrechten Erkennungszeichen wurde, sodass ich nach dem Abendessen immer auf die vertrauten drei zügigen Schläge lauschte, denen nach einer Pause zwei weitere folgten.
Ich hatte ihn selten in seinem eigenen Zuhause besucht, und wenn, dann betrachtete ich mit Neid die obskuren Bände seiner ständig wachsenden Bibliothek.
Derby besuchte die nach dem dortigen Fluss Miskantonic benannte Universität in Arkham, da seine Eltern ihn nicht von zu Hause wegziehen lassen wollten. Er schrieb sich mit sechzehn Jahren ein und schloss sein Studium drei Jahre später ab, wobei er sich auf englische und französische Literatur spezialisierte, und in allen Fächern außer Mathematik und Naturwissenschaften gute Noten erhielt.
Er mischte sich nur sehr selten unter die anderen Studenten, blickte aber neidisch auf die 'verwegenen' oder die wie 'Bohemien' lebenden Studenten, deren oberflächlich 'kluge' Sprache und nichtssagende ironische Pose er nachahmte und deren zweifelhaftes Verhalten er sich gerne zu eigen machen wollte.
Stattdessen wurde er zu einem fast fanatischen Anhänger der magischen Lehren aus dem Untergrund, für welche die Bibliothek der Miskatonic berühmt war und noch ist. Er, der schon immer an der Oberfläche der Fantasie und des Seltsamen verweilte, tauchte nun tief in die Runen und Rätsel ein, die eine sagenumwobene Vergangenheit der Nachwelt zur Belehrung und Verwirrung hinterlassen hat.