Das Erbe der Mondklinge - Smith T. K. - kostenlos E-Book

Das Erbe der Mondklinge E-Book

Smith T. K.

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Beschreibung

Anne wusste nicht was sie tun sollte. Wieder dachte sie an das Leben, das sie in Birmingham führte. Ein Leben, in dem sie Freunde hatte, eine Arbeit, eine Familie. "Nein…" meldete sich plötzlich die andere Stimme wieder zu Wort. "Du belügst dich selbst. Wenn du hier bleibst, dann hast du keine Familie. Du hast gar nichts..."


Arvon lebt mit seiner Mutter Anne in Birmingham. Seit er zurückdenken kann, bekommt er in seinen Träumen Besuch von einer geheimnisvollen Frau, die ihm seltsame Orte zeigt. Orte, die in Arvon ein seltsames Gefühl von Sehnsucht hervorrufen. Was Arvon bislang jedoch als Träumerei abgetan hat, manifestiert sich bald in einer Vision, in der Arvon nicht nur eine völlig neue Sprache lernt, sondern zudem erfährt, dass er der Sohn eines Königs ist. Anne beginnt bald, an Arvons Geisteszustand zu zweifeln. Lediglich sein Freund John kann sich für die Erzählungen des Jungen begeistern. In einer weiteren Vision erhält Arvon den Auftrag, das Schwert der Könige zu suchen, eine mystische Waffe, die einst aus den Überresten des legendären Excalibur geschmiedet wurde. Gemeinsam mit John gelingt es Arvon, auch seine Mutter von der Wahrhaftigkeit seiner Traumgesichter zu überzeugen und Anne lässt sich schließlich überreden, nach Schottland aufzubrechen. In einer Höhle auf den Hebriden entdecken sie den verborgenen Zugang zu einer fremden Welt. Anne steht vor der Wahl: soll sie das Leben, das sie sich in Birmingham aufgebaut hat, aufgeben? Schließlich trifft sie eine Entscheidung, doch ihr Zögern verlangt einen hohen Preis...

Der Auftakt der Suche nach dem Nachfolger des legendären Excalibur...

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Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69

Das Erbe der Mondklinge

Von T. K. Smith

3. Auflage, Oktober 2018

© T. K. Smith – alle Rechte vorbehalten.

T. K. Smith

c/o Dienstleistungsservice Nord

Nissenstr. 49

24148 Kiel

[email protected]

Dieses Buch ist für

Ramla, Younes, Maryam und Amin.

Möge Gott euch immer schützen.

Die Welt ist im Wandel. Einst lebten alle Völker friedlich nebeneinander. Jeder hatte das Recht, seine Religion frei zu wählen. Niemand machte einen Unterschied zwischen einem Elben, einem Zwerg oder einem Gnom. Jeder mochte eigene Ansichten haben. Doch wenn es darauf ankam, standen alle zusammen, egal ob Magier, Elf, Zwerg oder Soldat. Nun stehen wir einer Bedrohung gegenüber, die ein anderes Ausmaß hat. Die neue Religion ist eine des Hasses und der Intoleranz. Und der Hass, den ihre Anhänger säen, trägt erste Früchte. Plötzlich werden Leute offen der Magie bezichtigt und als Hexe oder Hexer gebrandmarkt. Doch war es nicht die Magie, die einst das große Camelot vor Feinden schützte? Wer glaubt, eine Hand voll Ritter, und seien sie noch so stark und mutig, hätte ohne magische Einflüsse ein ganzes Königreich sogar ganz Britannien vor feindlichen Übergriffen schützen können, der ist in meinen Augen dumm. Und doch werden die Stimmen gegen uns lauter.

Wir benötigen eine Heimat. Alle benötigen eine. Nicht nur wir in Britannien, sondern alle, die in dieser Welt beheimatet sind. Auch, wenn sie derzeit in Frieden leben. Doch eines Tages, nicht unbedingt in diesem oder im nächsten Jahr, doch irgendwann werden sie die Verfolgungen erleiden, denen wir jetzt ausgesetzt sind. Und dann brauchen auch unsere Freunde eine Heimat. Eine, die sie aufnimmt. Wir, der Rat der Zwölf, haben daher beschlossen, die Welt zu spalten und so einen Ort des Friedens zu schaffen, an den wir uns flüchten können. Wir werden eine Handvoll Portale schaffen, durch die man zwischen den Welten reisen kann. Die Zugänge werden wir versiegeln. Einmal im Jahr werden die Portale sich für alle öffnen, die ihre Lage kennen.

Samhain ist dafür die am besten geeignete Nacht. Der Schleier ist dünn an Samhain. Darin sind wir uns alle einig. Eleana wird den Zauber wirken. Darin sind wir uns nicht einig, doch Thalas hat seinen Protest aufgegeben, nachdem die anderen ihn überstimmt haben. Eleana ist bereit dafür. Wir werden Boten an die Magiergilden der Welt senden. Sie müssen uns helfen, die Portale zu schaffen und die Welt zu trennen. Ich bin sicher, sie werden es tun. Es ist auch in ihrem Interesse. Noch leben sie in Sicherheit, doch das Christentum überrennt die Welt mit Feuer und Schwert. Mit Hass und Intoleranz. Mit Gewalt und Tod. Und wir wollen und werden ihnen nicht unsere Magie entgegenwerfen. Wir wollen keinen Krieg. Wir wollen Frieden. Und dafür brauchen wir … eine Heimat.

Aus den Aufzeichnungen von Marleyn

Prolog

Rodan rannte. Tränen liefen über das rußgeschwärzte Gesicht, rannen ihm heiß über die Wangen und hinterließen feine, helle Bahnen auf seiner Haut. Der Geruch von Rauch und verbranntem Fleisch lag in der Luft, Rauch, der sich einem schwarzen Schleier gleich hinter ihm erhob. Höhnisch umschmeichelte der Duft seine Sinne, drang ihm süß und durchdringend in die Nase, wurde so intensiv, dass er Rodan makaberer weise an die Nacht von Beltane erinnerte. Jene Nacht, in der die Menschen ihre Feuer entfachten und Massen von Fleisch auf offener Flamme brieten. Die Nacht, in der Hemmungen fielen, wildfremde Menschen sich vereinten, feierten und sich der berauschenden Wirkung von Met, Bier und selbstgebranntem Schnaps hingaben.

Doch was er roch, hatte nichts mit dem beliebtesten Fest des Landes zu tun. Niemand briet Fleisch über dem Feuer, darauf wartend, dass weitere Personen herbeiströmten, um gemeinsam den Sommer zu begrüßen. Es waren Häuser, die brannten, Menschen, die einen qualvollen Tod starben, ob sie verbrannten, erstickten oder erschlagen wurden. Rodans Augen brannten. Er hörte Schmerzensschreie, unmenschliche Klagelaute, die verzerrt von der Stadt zu ihm drangen. Mehr als seine Augen brannten Rodans Lungen vom Laufen, sein Atem rasselte, kleine Dampfwölkchen stoben aus seinem offenen Mund. Doch er konnte sich keine Pause erlauben. Er hörte Hufschläge, die die Pferde der Verfolger auf dem feuchten Waldboden verursachten. Sie klangen gedämpft, wodurch sie nicht weniger bedrohlich wirkten, und Rodan meinte bereits, den Atem der Reiter zu spüren, ihren Gestank wahrzunehmen, jenen Geruch von Tod, der ihnen vorauseilte.

Alles in ihm wollte sich umdrehen, sehen, wie groß sein Vorsprung war. Doch Rodan zwang sich, den Blick nach vorne zu richten und weiter zu rennen. Ein Schrei erschütterte Rodans Mark und seine Eingeweide zogen sich zusammen. Es klang so nah, als sei die Person, die ihn ausstieß, unmittelbar hinter ihm. Schmerzhaft stach es ihm in den Seiten und Rodan beschleunigte seinen Schritt weiter. Er wich geschickt einem herabhängenden Ast aus und setzte über einen Baumstamm weg, der ihm den Weg versperrte. Er strauchelte und wäre fast gestürzt. Rodan war klar, dass es das Ende wäre. Er hätte nicht die Kraft, noch einmal aufzustehen. Er würde sich aufgeben, darauf warten, dass die Verfolger ihn einholten und seinem Leben ein jähes Ende bereiteten.

Nein. Das darfst du nicht denken. Du musst Vaters Schwert in Sicherheit bringen.

Er hielt die lederne Scheide fest umklammert, rannte weiter, schlug Haken und wich dornigem Gestrüpp aus, das ihm ins Gesicht peitschte und sein Vorankommen erschwerte. Er hoffte, dass es auch seine Verfolger am Weiterkommen hinderte. Die Bäume standen dicht beisammen, ihre Blätter bildeten ein Dach aus fast undurchdringlicher Schwärze über Rodans Kopf. Doch je weiter er vorankam, umso mehr lichtete sich der Wald und die Bäume wichen langsam dornigen Büschen und Gestrüpp.

Für Rodan war das ein erfreuliches Zeichen, bedeutete es, dass er den Wald bald durchquert hatte und seinem Ziel näher kam. Die winzigen Stacheln zerrten an ihm wie Krallen einer gigantischen Bestie, die ihre Klauen nach ihm ausstreckte. Sie rissen die Haut an den Händen und in seinem Gesicht auf, während er sich weiter durch das Gestrüpp kämpfte.

Ein Umweg um den Wald herum hätte Zeit gekostet. Zudem wären die Reiter auf offenem Gelände deutlich schneller. Sie hätten ihn sicher eingeholt, bevor er in die Nähe des Sees gekommen wäre, trotz des Vorsprungs, den er sich bei seiner Flucht mit Trystan verschafft hatte. Also nahm er mit den Ästen und Sträuchern vorlieb, mied die Hauptwege durch den Wald und hoffte, dass die Reiter nicht näher kamen. Er merkte die Schnitte ohnehin kaum. Adrenalin durchflutete jede Faser, jede Zelle seines Körpers wie eine Woge aus reiner Energie, die ihn weiter am Laufen und damit am Leben hielt. Und das war es, was in diesem Moment zählte. Ein Ruck ging durch seine Schulter und riss ihn herum. Rodan fiel vornüber auf den feuchten Boden. Äste knackten, als er versuchte, den Sturz abzufedern, und er landete unsanft mit dem Gesicht auf dem Waldboden.

Das war’s, dachte er, wobei er Erde und Laub ausspuckte und der Duft von Moos stieg ihm in die Nase. Das ist das Ende.

Rodans Atem ging in ein heiseres Keuchen über. Er war ausgelaugt. Er drehte sich auf den Rücken und schloss die Augen. Lieber wollte er mit dem Schwert in der Brust sterben, als wie ein Feigling hinterrücks getötet zu werden. Die Sekunden kamen ihm wie eine Ewigkeit vor. Ein Rabe schrie über ihm auf, flog mit lautem Flügelschlag davon. Rodan erwartete ein Schwert in seiner Brust, den letzten Stoß, doch da war weder ein Schmerz noch ein Stich. Das schmerzhafte Brennen blieb aus. Als warteten sie darauf, dass er die Augen öffnete und den Mördern seiner Eltern ins Gesicht sah, während diese sich ein perverses Vergnügen daraus bereiteten, auch den Letzten seiner Linie zu vernichten. Doch er sah kein Schwert. Kein schwarz gewandeter Reiter starrte ihn aus kalten, toten Augenhöhlen an. Rodan horchte auf. Keine Hufschläge, keine Stimmen, nichts.

Laub raschelte, Äste knackten, der Wald gab sein unheimliches Konzert, während der Wind durch die Bäume fuhr und ihre Blätter sanft erzittern ließ. Die Schreie waren nur noch gedämpft zu vernehmen. Es kam Rodan vor, als seien sie meilenweit entfernt, in einem anderen Reich, einer fremden Welt. Wie in einem Traum, aus dem man erwachte und dessen letzte Geräusche einem als dumpfer Nachhall in den Ohren nachklang. Doch dies war kein Traum. Hatten die Reiter von ihm abgelassen? Nein. Sie waren noch immer hinter ihm her. Das war ihm klar. Mühsam erhob er sich und sah sich nach dem Schwert um. Es hatte sich im Gestrüpp verhakt.

Hastig zerrte er daran, doch der Gurt der Scheide hatte sich im dichten Geäst verfangen. Ihm sank der Mut, als er ein bedrohlich wirkendes Flüstern vernahm. Rodan horchte auf. Er hörte gedämpfte Schritte. Sie waren nicht weit. Sollte er sich im Unterholz verstecken und darauf hoffen, dass er unentdeckt blieb? Oder war es besser, sich weiter zum See vorzuarbeiten und dadurch seine Deckung unweigerlich aufzugeben?

Für einen kurzen Moment, den Anflug einer Sekunde, kam ihm der Gedanke, das Schwert hier zu lassen und dadurch womöglich seine eigene Haut zu retten. Rodan verwarf die Idee, bevor sie sich in seinem Verstand einnisten konnte wie eine Zecke, die sich festbiss. Nein, er musste das Schwert mitnehmen, sonst war alles verloren. Er riss erneut an der Scheide, konnte sie jedoch nicht befreien und da überkam es ihn. In dem Augenblick, als sein Blick auf den Schwertknauf fiel, dessen Anblick ihn schmerzhaft an seinen Vater erinnerte. Und obwohl alles in ihm schrie, ihn drängte, flehte, weiter zu rennen, wurde er von den Gedanken an seine Eltern übermannt. Er hatte sie zurückgelassen, nachdem sie ihm das Versprechen abgenommen hatten, das Schwert und seinen Bruder in Sicherheit zu bringen. Er hatte sie ihrem Schicksal überlassen, sie im Stich gelassen.

Rodan hatte schwören müssen, mit seinem Bruder zu fliehen und das Schwert mit dem Leben zu verteidigen. Erneut trieb es ihm Tränen in die Augen, die ihm heiß auf der geschundenen Haut brannten. Sein Vater erschien vor seinem Auge. Cadan, König von Ardanien, der einen letzten Rest Würde in seine Körperhaltung legte und trotzig die edelsteinbesetzte Krone auf seinem Haupt trug. Cadan, der ihm das Schwert in die Hand drückte und ihn anwies, das Schloss durch den Geheimgang in der Bibliothek zu verlassen und nicht zurückzublicken. Deutlich hörte er die Worte, die ihm in den Ohren klangen wie ein Mal, das sich tief eingebrannt hatte. Es war das Letzte, was er von seinen Eltern gehört hatte.

»Lauft zum See und folgt dem Licht, Rodan. Der Stein wird dir den Weg weisen. Gib auf deinen Bruder acht.«

Daraufhin waren sie losgestürmt.

Gib auf deinen Bruder acht.

Die Worte hallten in Rodans Kopf nach und versetzten ihm einen weiteren Stich ins Herz, als er daran dachte, wie sein jüngerer Bruder Trystan gestürzt war, bevor sie den Wald erreicht hatten. Als Rodan sich nach ihm umgedreht hatte, hatte er zum ersten Mal die Reiter erblickt. Sechs waren es gewesen, die sie vom Stadttor verfolgten und Rodan war bei ihrem Anblick wie gelähmt gewesen. Er hatte sich gezwungen, den Blick abzuwenden und sich auf seinen Bruder zu konzentrieren, der vor Schmerz aufgeschrien hatte.

»Geh!«, hatte Trystan gerufen. Ein zwölfjähriger Junge, ein Kind, und doch, Trystan hatte begriffen, dass die Reise hier für ihn endete. Rodan hatte ihn ebenfalls zurücklassen müssen. Würde auch dieses Opfer am Ende umsonst sein? Ein Grollen holte ihn in die Gegenwart zurück, dröhnend, durchdringend. Rodan sah in ein Paar rot leuchtender Augen, das ihn von der anderen Seite des Gestrüpps anstarrte. Der schwarze Umhang flatterte im Wind, und der Geruch, der von dem Reiter ausging, rief in ihm solche Übelkeit hervor, dass er glaubte, ihm drehe sich buchstäblich der Magen um. Ein Schauer nach dem anderen fegte ihm über den Rücken, seine Nackenhaare richteten sich auf und Schweiß auf seine Stirn.

Rodan zwang sich, die Übelkeit zu ignorieren, und er riss sich vom Anblick des Reiters los. Er zerrte an der Scheide, doch der Gurt gab keinen Zentimeter nach. Die Gestalt stimmte eine Beschwörungsformel an.

Ein weißer Schimmer zog seine Aufmerksamkeit auf sich, der direkt von dem Schwert in der Scheide auszugehen schien. Er hatte die Waffe so oft in der Hand seines Vaters gesehen, doch dieses Leuchten war ihm noch nie aufgefallen. Es war, als erwache die Klinge zum Leben, als versuche sie, Rodans Aufmerksamkeit vom Anblick des Reiters weg und auf sich zu ziehen.

Das war natürlich Unsinn. Ein Schwert mit einem eigenen Willen? Das hatte es seit König Artus nicht gegeben. Rodan erinnerte sich an die Worte eines seiner Lehrer, dass solche Waffen schon lange nicht mehr existierten und alles in ihm wehrte sich gegen den Gedanken, der ihn beim Anblick des weißen Lichtschimmers überkam. Die Beschwörung der Kreatur schwoll an wie Donnergrollen. In der hohlen Hand des Reiters erschien ein Licht, das sich zu einem runden Ball ausdehnte. Rodans Hand tastete sich vom Gurt zum Schwertknauf vor. Als er den Griff umfasste, durchfuhr ihn augenblicklich eine Woge von Licht und Energie. Instinktiv riss er das Schwert aus der Scheide und wurde fast im selben Moment durch die Luft geschleudert, als der Blitz auf die leuchtende Klinge traf.

Ein Schrei entfuhr der Kreatur, das aschfahle Gesicht des Reiters schien sich unter dessen Umhang zu einer zornerfüllten Grimasse zu verziehen. Rodan spürte den Schmerz kaum, der ihm in die Hüfte fuhr, als er unsanft auf dem Boden aufschlug. Er sah, wie der Dornenbusch Feuer fing, sah schemenhaft das verzerrte Gesicht des Reiters unter dessen Kapuze. Welche Macht war hier am Werk? Warum war er nicht tot? Doch es war offensichtlich, dass er den Angriff überlebt hatte. Er sah auf das Schwert, das er noch immer abwehrend vor seinem Gesicht hielt.

Der weiße Stein, der oberhalb des Griffes in die runenverzierte Schneide eingelassen war, leuchtete grell und ließ die gesamte Schwertklinge wie Schnee erstrahlen. Alles hatte nur Sekunden gedauert, doch Rodan war es vorgekommen, als wären Minuten verstrichen. Er rappelte sich auf und preschte los, wobei er das Schwert fest umklammerte. Rodan hatte das Ende des Waldes deutlich vor Augen. Sträucher zerrissen die Kleider, die er in aller Eile zusammengeklaubt hatte. Er sah Tiere, die das von der Stadt aufragende Feuer witterten und ebenfalls aus dem Wald flohen. Vielleicht war es auch die unheimliche Aura der Reiter, die ihnen Angst bereitete.

Rodan war es egal. Er wandte den Kopf um. Er musste einfach sehen, wo seine Verfolger waren, nur kurz. Die Pferde der sechs Reiter hatten zu ihren Herren aufgeschlossen. Er wandte sich wieder nach vorne. Ein dumpfer Schlag traf ihn und ehe er sich versah, lag er ausgestreckt auf dem Rücken, betrachtete benommen den tief hängenden Ast, der ihn erwischt hatte. Ausgerechnet jetzt, wo er den Wald fast hinter sich gelassen hatte. Zeit zum Nachdenken blieb nicht, Rodan sprang auf, zwang sich, die Schmerzen an Kopf und Hüfte zu ignorieren, und langte nach dem Schwert, das vor ihm auf dem Boden lag. Die Klinge leuchtete nicht mehr, als Rodan sie packte und sie schnitt ihm in die Handfläche. Ein dünnes Blutrinnsal lief die Schneide hinab, verteilte sich in den filigranen Gravuren und Ziselierungen. Von der Spitze tropfte es bald in alle Richtungen. Rodan setzte seinen Weg eilig fort. Blut lief ihm von der Stirn und fiel von seinem rechten Augenlid herab.

Deutlich hörte er wieder den Hufschlag der Pferde, doch es kam ihm vor, als kämen die Geräusche nicht mehr wesentlich näher. Hoffnung wallte in ihm auf, als er den Wald endlich hinter sich ließ und in weniger als zweihundert Schritt Entfernung den See glänzen sah. Er konnte es schaffen. Er konnte den Reitern entkommen. Blut rann seine Nase herab über seine Oberlippe und Rodan schmeckte das salzige Aroma auf der Zunge.

Wie würde es weitergehen, wenn er den See erst erreichte? Er hatte keine Ahnung, doch er vertraute auf die Worte seines Vaters. Die schmale Brücke rückte näher, Rodan konnte die Silhouetten der Felsen ausmachen, die rechts davon aus dem See ragten. Von den Felsen stürzte das Wasser rauschend und schäumend herab und staute sich im See, der, obwohl das Wasser nirgendwo ab - oder weiterfloss, noch nie über die Ufer getreten war. Einen dieser Felsen hat sein Vater wahrscheinlich gemeint, als er den Stein erwähnte.

Er war sich seiner Sache jetzt wieder sicherer. Dort würde Rodan einen Hinweis finden, der ihm weiterhalf. Erneut sah er sich nach seinen Verfolgern um. Sie waren tatsächlich zurückgefallen. Er konnte nur noch entfernt ihre Schemen ausmachen, als würden sie langsamer. Rodan konnte sein Glück kaum fassen.

Sie geben auf, triumphierte er innerlich und obwohl sich seine Hüfte und sein Kopf jetzt stärker meldeten, seine Seiten stachen und die Lungen wie Feuer brannten, zwang er sich, sein Tempo beizubehalten. Eine Schar Vögel flog kreischend auf und stob über ihm auseinander, als Rodan auf die schmale Brücke zulief. Ohne jede Vorsicht betrat er den Steg, dessen Pfeiler aus dem See ragten und von einem langen Leben unter Wasser gezeichnet waren.

Die Bohlen ächzten unheilvoll, als er darüber eilte, doch Rodan war überzeugt, dass ihm dieser Weg zusätzliche Zeit bescheren würde. Rechts von sich hörte er das imposante Rauschen des aufprallenden Wassers. Die Hälfte der Brücke hatte er passiert und Rodan suchte bereits nach einem Stein, der ihm irgendeinen Hinweis auf sein weiteres Vorgehen geben konnte, doch er erkannte auf die Entfernung nichts.

Er bemerkte den Reiter erst, als dieser nur etwa dreißig Schritte vor ihm auf der Brücke stand. Rodan bremste abrupt ab, wobei er auf einem feuchten Bodenbrett wegrutschte und sich nur mühsam am Seil festzuhalten vermochte. Das Herz rutschte ihm beim Anblick der Gestalt in die Hose. Das Pferd war gewaltig, pechschwarz und die Augen schimmerten rot.

Das Gesicht des Reiters war unter seiner Kapuze verborgen, doch auch in dessen Augen glaubte Rodan, einen rötlich leuchtenden Schimmer auszumachen. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn, sein Mund wurde trocken und pelzig und seine Eingeweide zogen sich zusammen. Das Rauschen des Wassers dröhnte in seinem Kopf wie ein überdimensionaler Dampfkessel. In der linken Hand hielt der Reiter die Zügel seines Pferdes, in der Rechten ein Schwert, dessen Klinge in Flammen stand.

Der Anblick der Gestalt ließ Rodan die blanke Furcht in die Knochen fahren. Er wich zurück, als das Pferd langsam einen Schritt auf ihn zumachte. Wo war der Reiter hergekommen? Wie hatte er dermaßen schnell um den See gelangen können? Wie hatte er ihm so mühelos den Weg abgeschnitten?

Rodan wandte sich um, sah, wie auch von der anderen Seite der erste Reiter die Brücke betrat.

Deshalb haben sie sich zurückfallen lassen. Weil sie wussten, dass sie dich hier ohne Eile in die Enge treiben können. Du bist so ein…

»Narr!!« Die Stimme war wie Donnergrollen und ihm war, als erzittere selbst der Boden ehrfurchtsvoll bei ihrem Klang.

»Hast du geglaubt, du würdest davonkommen? Du würdest den sieben Reitern von Ankh’Du entkommen? Hast du uns für so dumm gehalten?«

Ein düsteres Lachen ertönte, das direkt aus den tiefsten Abgründen zu kommen schien. Erneut traten Rodan Tränen in die Augen, liefen ihm über die beschmutzten Wangen, als er seinen Fehler bemerkte.

Sieben...

Er war wirklich ein Narr gewesen. Sieben Reiter. Wie oft hatte man ihnen als Kinder die Schauergeschichten von Thalas und den sieben Reitern von Ankh’Du erzählt? Sechs hatten Rodan von der Stadt verfolgt. Warum hatte er es nicht erkannt?

Andererseits; bis heute waren das nichts als Geschichten gewesen. Schaurige Mären, die man den Kindern erzählte, um ihnen Gehorsam beizubringen. Und nun standen sie Rodan leibhaftig gegenüber, hatten ihn fast bis zur Mitte der Brücke zurückgedrängt und waren noch höchstens zwanzig Schritte von ihm entfernt.

»Der Meister wird zufrieden sein. Er war sicher, dass du hier her fliehen würdest.«

Von beiden Seiten drängten die Reiter ihn in die Enge. Rechts von ihm dröhnte das Wasser in seinen Ohren wie in einem gewaltigen Kessel. Dennoch schienen die Stimmen und das Lachen der Reiter dessen Klang sogar zu übertönen. Alles in Rodans Körper meldete sich mit einem Mal zu Wort, sein Kopf, seine Hüfte, die Beine. Alles in ihm war ein einziger, gewaltiger Schmerz. Er spürte Muskeln, von denen er nicht einmal erahnt hätte, dass es sie gab. Doch jetzt forderte einer nach dem anderen den Tribut für die Anstrengungen seiner Flucht.

»Gib mir das Schwert, und ich werde dir einen schnellen Tod gewähren«, sagte der mit der flammenden Klinge und Rodan schob die Schmerzen beiseite. Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen.

Das Schwert…was hat das verfluchte Schwert, dass es diese Kreaturen für ihren Meister haben wollen?

Ihm kamen wieder seine Eltern in den Sinn. Sein Bruder. Das Schloss und die Stadt, in der sie aufgewachsen waren, wo sie bis zu diesem Tag ein friedliches Leben geführt hatten. Sein Zuhause, das in Flammen stand. Sie waren gestorben wegen dieses unheilbringenden Schwertes und auch er würde deswegen sterben. Etwas ging durch seinen Körper, brach sich langsam in ihm Bahn und wuchs wie ein Geschwür in Rodans Magengrube heran.

Wut. Sie flammte wild auf, setzte einen letzten Funken Leben und Trotz in ihm frei. Nein… er würde diesen Höllengeistern das Schwert nicht freiwillig überlassen… wenn er starb, dann nicht kampflos. Er hob das Schwert und schwang es drohend in der Luft.

»Niemals werde ich euch das Schwert geben. Niemals!«

Er spie ihnen das letzte Wort entgegen. Seine sonst gemäßigte Stimme war verzerrt von unvermittelt aufloderndem Hass. Wieder erklang das Lachen der Reiter.

»Er ist genauso ein Sturkopf wie sein Vater«, sagte einer von denen, die ihn verfolgt hatten. »Und wie er wird er sterben. Winselnd und weinend.«

Der Anführer der Reiter stieg aufreizend langsam von seinem Pferd. Rodan achtete kaum mehr auf ihn. Etwas hatte seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ein Lichtschimmer, der aus dem Wasser nach außen drang. Er schien direkt vom Grund des Sees zu kommen und obwohl er undeutlich war, er war da.

Der See…, kam es Rodan in den Sinn. Vielleicht die einzige Chance, die ihm blieb.

»Deine letzte Gelegenheit. Gib mir das Schwert, und ich beende es hier und jetzt. Weigere dich, und du wirst unsagbar leiden, bevor ich dir die Gnade erweise, dich zu töten.«

Der Reiter war noch höchstens fünf Schritt entfernt. Rodan trat vorsichtig einen Schritt zurück, bis er den Rand der Brücke erreichte und mit dem Rücken das Seil berührte. Er musste es versuchen.

»Ihr wollt das Schwert? Ihr werdet es meinen kalten, toten Händen entreißen müssen!«

Er stieß sich ab und sprang rücklings von der Brücke, bevor einer der Reiter die Gelegenheit hatte, zu reagieren. Klatschend landete er im eisigen Wasser, das ihm die Luft abzuschnüren drohte. Doch Rodan zwang sich, den Impuls, zurück an die Oberfläche zu preschen, zu unterdrücken, und tauchte ab. Der Stein, der in das Schwert eingelassen war, leuchtete auf, als Rodan sich auf den Grund des Sees zubewegte, wo er immer deutlicher den matten Lichtschein wahrnahm.

Es war, als zöge das Schwert ihn herab und geradewegs auf das Licht zu. Der Schimmer drang aus einem Spalt, der umfangreich genug war, dass er bequem hindurch tauchen konnte. Rodan hatte keine Ahnung, wo er herauskommen würde, doch er hatte kaum eine Wahl, er musste es riskieren.

Glücklicherweise wurde es nicht enger, sodass er nicht drohte steckenzubleiben, und ein Stück weiter ging es zu seiner Erleichterung aufwärts und er drängte an die Oberfläche. Prustend tauchte er auf und sog die Lungen voll Luft, die ihm so süß erschien wie nichts zuvor in seinem Leben. Mehrere Male atmete er tief ein, seine leidgeplagten Lungen erholten sich bald und erlaubten Rodan, einen klaren Kopf zu bekommen.

Er sah sich in dem Gewölbe um. Zu seiner Überraschung befand er sich in einer Höhle, die unterhalb der Felsen sein musste, über die der Wasserfall in den See stürzte. Sie war von geringer Größe, maß vielleicht zehn Schritt im Durchmesser und war höchstens zehn Fuß hoch. Er stellte überrascht fest, dass die Höhle taghell erleuchtet war, obwohl sie unter der Erde lag. Sein Blick fiel auf das Schwert. Der am Schaft eingelassene Stein leuchtete hell und schien rhythmisch zu pulsieren. Das war jedoch nicht die Lichtquelle, die alles erstrahlen ließ. Das Licht kam aus einer Nische.

Rodan schwamm darauf zu und stieß an eine Kante, an der er sich hinaufzog und aufrichtete. Die Kälte kroch ihm eisig in die Glieder und Rodan begann zu frieren, kaum dass das Wasser seine Beine nur noch bis zu den Hüften bedeckte. Mit erhobenem Schwert trat er auf die Nische zu. Der Stein leuchtete noch immer, er schien umso stärker zu pulsieren, je weiter er sich vorwärts bewegte. Das Licht war gleißend hell, doch es blendete nicht und Rodan wunderte sich, dass er nicht einmal die Augen davor abzuschirmen brauchte. Er watete den schmalen Gang entlang, bis er in eine weitere Kammer gelangte. Was er sah, verschlug ihm den Atem.

Eine Art Kraftfeld leuchtete vor ihm auf, ebenso klar wie der Stein am Schaft seines Schwertes. Beide pulsierten im Einklang miteinander, wie ein Herz, das schlägt. Ob das eines der Portale war, die auf die andere Seite führten?

Rodan war sicher, dass sein Vater das gemeint hatte, als er das Licht erwähnte, dem er folgen solle. Erst jetzt erinnerte er sich, dass der Stein und die Klinge bereits geleuchtet hatten, als er das Geschoss des Reiters damit abgewehrt hatte. Behutsam näherte er sich dem Kraftfeld. Das Schwert schien davon geradezu magisch angezogen zu werden und Rodan hatte Mühe, die Spitze von dem Licht wegzudrücken. Mit der Linken wagte er sich an das Kraftfeld heran. Er schrie auf und zuckte erschrocken zurück, als ihm der Schmerz wie ein winziger Blitz durch die Hand fuhr. Er hatte das Licht nur mit der Fingerspitze berührt und starrte auf seinen Finger, der schwarz, aber zumindest in einem Stück war. Ehrfürchtig betrachtete er das Kraftfeld. Aber das musste der Ausweg sein, den sein Vater ihm in Aussicht gestellt hatte. Geräusche drangen an seine Ohren.

Die Reiter.

Sie hatten den Zugang entdeckt. Panik breitete sich in ihm aus, ergriff von ihm Besitz und drohte ihn in einen Mantel der Verzweiflung einzuhüllen. Rodan versuchte, sich zu fokussieren. Von seinen Haaren fielen einzelne Wassertropfen auf das Schwert, dessen Stein noch immer strahlend leuchtete. Er hörte ein Kratzen hinter sich. Trotz der Kälte, die ihn zu lähmen drohte, bildeten sich Schweißperlen auf Rodans Stirn. Ihm blieben nur Sekunden, um einen Ausweg zu finden. Das Kraftfeld war die Lösung, doch was war der Schlüssel?

Was ist der Schlüssel?

Bei dem Gedanken fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

Der Stein wird dir den Weg weisen…

Rodan betrachtete das Schwert und anschließend das Kraftfeld. Beide pulsierten im Einklang miteinander. Er richtete die Schwertspitze darauf, erwartete den Widerstand und spannte jeden Muskel seines Körpers an. Doch es gab keinen Blitz und auch keinen Widerstand. Stattdessen sah er, wie die Schwertspitze mit dem Kraftfeld zu einer Einheit verschmolz. Er zog die Hand zurück und betrachtete erstaunt die Klinge. Es gab keinerlei Brandspuren daran und sie leuchtete in demselben schneeweiß, wie sie es vorhin im Wald schon einmal getan hatte.

Schritte… ihm blieb keine Zeit mehr. Rodan richtete die Spitze erneut auf das Kraftfeld. Verfolgte mit seinem Blick, wie sie mit der weißen Wand verschmolz und darin verschwand. Als er hinter sich den Schatten des ersten Reiters erahnte, nahm Rodan seinen ganzen Mut zusammen, schloss die Augen und trat mit dem Schwert voraus durch das Kraftfeld.

Teil 1

Birmingham, 1908

Kapitel 1

»Bastard!!«

Arvon hetzte durch die Gassen und Straßen, vorbei an Passanten und Händlern, die ihm unbeholfen auswichen und ihm den einen oder anderen Fluch oder eine erhobene Faust hinterherwarfen.

Daniel und seine Freunde waren dicht hinter ihm und sorgten für weitere, vor allem lautere und empörter klingende Flüche. Doch die Jungen ließen sich nicht von der Verfolgung abbringen. Niemand stellte sich ihnen in den Weg, um Arvon in Schutz zu nehmen oder ihm zu helfen. Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen war die Devise in Zeiten wie diesen und sich nicht einzumischen, wenn andere ihre Kleinkriege miteinander ausfochten, war ein goldener Ratschlag, den jeder beherzigte.

»Bleib stehen, du Bastard«, hörte er Bens Stimme hinter sich. »Du verdammter Heide, wir kriegen dich!«, brüllte einer der anderen Jungen. Arvon bezweifelte nicht, dass es am Ende wirklich dazu kam. Seine Lungen brannten bereits, er hatte Seitenstechen und seine Beine wurden mit jedem Schritt schwerer. Er wähnte sich in einem Albtraum, in dem man vor einer Gefahr wegzurennen versuchte, ohne vom Fleck zu kommen.

Nur war dies kein Traum, es war Arvons verdammter Alltag. Seit das Schuljahr angefangen hatte, hatten Daniel, Ben und William es auf ihn abgesehen und nutzten fast jede Gelegenheit, ihn zu beleidigen oder ihm hinterherzujagen, um ihn schließlich mit Schlägen und Tritten zu malträtieren. Arvon hatte keine Ahnung, warum sie ihn ständig verfolgten. Sie taten es, solange er zurückdenken konnte, um nicht zu sagen, seit er die King Edward’s School besuchte, was seit etwas mehr als zwei Jahren der Fall war.

Es war ein Privileg und Arvon genoss es, die Schule zu besuchen und lernen zu dürfen, auch wenn der Unterricht hart und die Lehrer streng waren. In den ersten zwei Jahren hatten sich Daniel und seine Kumpane damit begnügt, ihn wegen seines Namens aufzuziehen.

»Arvon? Was soll denn das für ein dämlicher Name sein?«

»Mein Vater sagt, nur Heiden tragen solche Namen. Bist du ein Heide?«

Beleidigungen waren an der Tagesordnung gewesen, aber ansonsten hatten sie ihn in Ruhe gelassen. Doch als herauskam, dass Arvons Mutter ihn alleine großzog, war es mit dieser Zeit des Friedens vorbei gewesen. Nun war er in den Augen der Jungen nicht mehr nur ein Heide, sondern auch ein Bastard. Und Bastarde gehörten nicht auf eine angesehene Schule wie St. Edwards. Das zumindest war es vermutlich, was die Väter von Daniel und den anderen ihren Söhnen beigebracht hatten, alles Männer, die es in der Stadt zu Ansehen gebracht haben. Arvon bog nach rechts ab und rannte fast einen alten Mann mit einem Karren um. Es gelang ihm, im letzten Moment auszuweichen, doch er verlor das Gleichgewicht und fiel der Länge nach hin, wobei er seine Knie und Handflächen aufschürfte.

Er rappelte sich auf und hastete weiter. Er hörte die Schritte der drei anderen hinter sich und er gestand sich langsam ein, dass es heute kein Entkommen gab. Es war ein Katz - und Mausspiel, das er gelegentlich für sich entschied, indem er einfach einen Umweg von der Schule ging und den dreien auswich, die ihm oft an denselben Ecken auflauerten. An anderen Tagen war er flink genug, sich in einem Häusereingang zu verstecken. Doch meist endete sein Schultag mit Prügel, und so würde es auch heute sein.

Sein Vorsprung war auf ein Minimum geschrumpft und seine Kräfte ließen nach. Das waren denkbar ungünstige Voraussetzungen, dennoch rannte Arvon weiter, lief um die nächste Ecke und bog sofort wieder ab, in der Hoffnung, die anderen doch abschütteln zu können, aber es war vergebene Liebesmüh. Die Gasse fand ein abruptes Ende, als vor ihm ein riesiges Tor auftauchte, das zur Produktionsstätte der Birmingham Small Arms Company führte. Das Tor war – natürlich – verschlossen und Arvon musste sich eingestehen, dass er in seiner Eile wohl zu früh abgebogen war. Er wandte sich um und beugte sich vor, um zu Atem zu kommen. Im nächsten Moment kamen Daniel und die anderen um die Ecke, alle drei mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. »Du verdammter Bastard«, hörte er William sagen, der vorfreudig seine Faust in die Handfläche hieb, »jetzt haben wir dich.« Ohne Vorwarnung stürzten sie sich auf ihn, Arvon konnte nur noch die Hände zum Schutz heben, bevor die ersten Schläge auf ihn niedergingen…

Kapitel 2

Leander. Du weißt, ich liebe dich. Doch du weißt auch, dass es für uns keine Zukunft gibt. Wie könnte es? Du bist Christ geworden. Das steht dir frei. Doch ich bin eine Elbin. Und du weißt, was die Christen über uns denken. Wie sie über Zauberei denken. Über Magie. Anfangs glaubte ich, es gäbe eine Möglichkeit. Eine friedliche Koexistenz aller Völker in einer Welt, in der genug Platz ist für viele Religionen, Völker oder Rassen. Doch eure Priester sehen das leider nicht so.

Einige von uns wollen bleiben. Ich höre von Elben, die sich sogar ihre Ohren richten lassen wollen. Durch Magie. Richten lassen, wie das klingt. Verstümmeln, das trifft es eher. Nein. Ich werde diese Demütigung nicht über mich ergehen lassen, nur, um bei dir bleiben zu können. Die Welt hat sich gewandelt, Leander. Wir sind jetzt in euren Augen das Böse, das ausgemerzt werden muss. Wir sind die, die euer Gott nicht auf seiner Erde haben will. Zumindest sagen das eure Gelehrten. Wenn es wäre, wie sie sagen, hätte euer Gott uns dann ebenso erschaffen wie euch? Es ist die alte Krankheit der Menschen. Ihr wollt unter euch bleiben.

Ihr ertragt den Gedanken nicht, dass es andere gibt, die die gleichen Rechte beanspruchen. Die euch ebenbürtig sind. Es mag paradox klingen, aber ihr liebt es, alles zu hassen, was anders ist. Es liegt euch wohl im Blut. Und es wird sich nicht ändern. Wenn Artus noch lebte, er würde das nicht erlauben. Er war ein gerechter König. Er hat die Ritter toleriert, die den neuen Glauben angenommen haben. Er selbst hat ihn angenommen, aber nur der Form halber. Tatsächlich ist er seiner eigenen Kultur bis zuletzt treu geblieben. Er hätte diese Spaltung niemals zugelassen. Doch Artus ist tot. Camelot ist zerschlagen. Die Ritter kämpfen jetzt für den Papst. Wir sind in dieser Welt nicht mehr erwünscht.

Diejenigen, die bleiben, werden sie suchen, sie werden sie jagen, und sie werden sie finden und töten, bis das letzte bisschen Magie, bis die letzte Hexe, der letzte Zauberer, der letzte Anderling aus dieser Welt verbannt wurde und nur noch euer Christus regiert. Nein, selbst wenn ich bliebe, dir zuliebe, Leander, wir müssten in ständiger Angst leben. Und was wäre mit unseren Kindern? Würden sie in dieser Welt akzeptiert? Nein. Eure Gelehrten achten kein anderes Wesen neben dem Menschen. Darum werde ich gehen, bevor es zu einem Pogrom kommt. Die Magier bereiten alles vor, Leander. Sie werden die Welten trennen. Sie wollen Portale errichten und diese versiegeln, so dass niemand sie durchschreiten kann, der nicht weiß, wie und wann. Ich werde dann auf der anderen Seite sein, Leander. Ich kann nicht bleiben. Aber du könntest mit mir gehen. Viele Menschen werden mitgehen. Unter ihnen Christen, denen die blinde Wut eurer Priester zu weit geht.

In weniger als drei Wochen werden die Welten getrennt. Es ist ein gewaltiger Akt und alle reden bereits darüber, hinter vorgehaltener Hand, denn wenn eure Gelehrten von den Absichten wüssten, würden sie sofort die Menschen gegen uns aufhetzen. Auf allen Teilen der Erde werden Magier sich treffen. Jedes Land hat vereinbarte Sammelplätze. Unser Treffpunkt ist der Cromlech im Wald. Mehr darf ich nicht sagen, falls der Brief in falsche Hände fällt, aber du weißt ja, was ich meine. Wo wir uns zum ersten Mal geküsst haben. Ich hoffe, du wirst dort sein. Ich werde es. In Liebe

Loreena

Brief einer Liebenden

Francis Xavier Morgan saß gebeugt über einem Brief. Trotz des fortschreitenden Alters - er war mittlerweile einundfünfzig - hatte er nur wenig von seiner einstigen Beweglichkeit eingebüßt. Lediglich um die Stirn herum wurde sein Haar langsam schütter und offenbarte so etwas von seinem Alter.

Doch auch, wenn es nach außen hin nicht so offensichtlich war, Francis merkte dennoch, dass die Zeit ihre Spuren hinterließ. Seine Augen hatten von ihrer einstigen Kraft verloren und er benötigte zumindest zum Lesen eine kleine Nickelbrille, die er auch jetzt auf seiner Nase trug. Es klopfte kaum vernehmbar an der Tür.

»Herein«, murmelte der Geistliche, ohne sich von seiner Lektüre ablenken zu lassen. Er blickte erst auf, als die Holztür am Ende des Raumes knarrend aufschwang und ein Junge schüchtern herein spähte.

»John…«

Pater Francis lächelte und erhob sich von seinem Platz. Der Junge trat zögernd in den Raum.

»Bitte, John, nicht so schüchtern, komm herein.«

»Danke, Pater. Mister Bartlet sagte, Sie wollten mich sprechen?«

»Richtig, John.« Francis trat ihm entgegen und legte väterlich seinen Arm um den Jungen, schob ihn sanft, aber bestimmt in den Raum.

»Nun komm schon rein, John, ich beiße nicht. Wie geht es mit der Schule voran, John? Gefällt es dir am King Edward’s?«

»Ja, Pater«, antwortete John lächelnd. »Vielen Dank, dass Sie mir ermöglicht haben, meine Freistelle dort zu behalten. Die Sprachen haben es mir besonders angetan.«

Pater Francis nickte. »Das glaube ich gerne, John, du hast schon früh ein Talent für Sprachen entwickelt. Deine Mutter, Gott hab sie selig, hat das erkannt. Aber bitte, setz dich doch, mein Junge.«

Er führte ihn zum Schreibtisch und drückte ihn sanft in einen einfachen Holzstuhl, bevor Francis seinen Platz gegenüber John wieder einnahm, der sofort unruhig auf dem Stuhl herum rutschte. Pater Francis sah ihm sein Unbehagen an und auch die dezenten Schweißperlen, die sich auf Johns Stirn bildeten, blieben ihm nicht verborgen.

Er ahnt es. Vielleicht wird er von selbst damit herausrücken.

Francis sah John voller Erwartung an. Die Ärmel seines Gewandes hatte er hochgekrempelt und er stützte die Ellenbogen auf den Schreibtisch aus Eichenholz. Die Finger verschränkte er ineinander, wobei er seine beiden Daumen rhythmisch aneinanderschlug.

»John«, sagte er warm, als er merkte, dass dieser nicht von sich aus reden würde. »Der Grund, weshalb ich dich herbitten ließ, ist folgender: Mir wurde etwas zugetragen, wofür ich gerne aus deinem Mund eine Bestätigung hören will. Du weißt ja, wie sehr ich Klatsch und Gerüchte verabscheue.«

Francis bemerkte, wie John blasser wurde, und er musste über die Sorge, die er in dem jungenhaften Gesicht sah, schmunzeln. Als fürchte John, dass Francis über den Schreibtisch springen und ihn an Ort und Stelle erwürgen würde. Dabei konnte Pater Francis mit fug und Recht von sich behaupten, noch nie, seit er die Vormundschaft für John und Hilary übernommen hatte, wütend auf die beiden Jungs gewesen zu sein. Streng, ja. Hart, nun, wahrscheinlich war er auch schon hart zu ihnen gewesen, das lag im Auge des Betrachters. Aber wütend? Nein. Auch jetzt sprach Francis ruhig, beinahe sanft.

»Also, John, ich frage dich direkt. Ist es wahr, dass du mit diesem Mädchen ausgehst? Wie heißt sie noch gleich? Esther, nicht wahr? John?«

Der andere schreckte auf. »Verzeihung, Pater, ich war nicht bei der Sache.«

»Ist schon gut, John. Ich fragte, ob es stimmt, dass du mit dieser Esther anbandeln könntest.«

Der Geistliche kniff die Augen etwas zusammen, was seinem Gesicht einen Ausdruck von Strenge verleihen sollte, auch wenn Francis wusste, dass meist das genaue Gegenteil der Fall war.

Dennoch musterte er den Sechzehnjährigen eingehend. John fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und senkte den Kopf.

»Edith, Pater. Ihr Name ist Edith. Und ja, ich kann sie gut leiden.«

Morgan nickte kurz, als er die Bestätigung aus Johns Mund vernommen hatte, lächelte den Jungen milde an und erhob sich erneut von seinem Platz. Er umrundete den Schreibtisch, legte behutsam die Hand auf John’s Schulter und drückte mit den Fingern sanft zu.

»Lass uns ein wenig spazieren gehen, John.«

* * *

Das Oratorium in Birmingham im Stadtteil Edgbaston war 1853 als erste Kirche dieser Art von John Henry Newman erbaut worden. Newman hatte sich den Bau einer basilikagroßen Kirche vorgestellt, die an das Gemeindehaus angrenzen sollte. Er hatte umfangreiche Pläne durch einen namhaften französischen Architekten anfertigen lassen. Doch bedeutsame Gründe - wahrscheinlich war es dabei wie so oft um Geld gegangen - hatten letztlich zu einem Aufschub geführt. So hatte man zu Lebzeiten Newmans mit einer provisorischen Kapelle vorliebgenommen, deren Dach von einer ausgedienten Fabrik stammte. Erst nach Newmans Tod gab es neue Gedanken, die Kirche zu dessen Angedenken durch eine größere und repräsentativere zu ersetzen.

Wieder wurde ein Architekt beauftragt, die Grundarbeiten waren im September 1903 begonnen worden und der Grundstein für die Kapelle war im März 1904 gelegt worden.

Das Schiff war bereits vor zwei Jahren fertiggestellt worden und auch die Arbeiten am Querschiff kamen voran, sodass die Gemeinde dessen Fertigstellung für das kommende Jahr erwartete. Die äußere Struktur der neuen Gedenkkirche errichtete man dabei um die bereits bestehende Kapelle, die bis 1906 auch weiterhin als solche gedient hatte.

Pater Morgan und John liefen die Hagley Road entlang, in der sich die Kirche befand. Es war ein behaglicher Tag für die Jahreszeit, eine sanfte Brise wehte ihnen entgegen und es waren viele Spaziergänger auf den Straßen unterwegs, die Francis in regelmäßigen Abständen grüßten.

»Besser, findest du nicht? Dieses Zimmer engt mich immer so ein, es ist wie eine Gefängniszelle.« Er lachte. »Wie gefällt es dir und Hilary bei Mrs Faulkner? Ich war froh, dass sie sich bereit erklärt hat, euch Kost und Logis zu gewähren.«

John nickte. »Es ist angenehm, Pater. Wir sind dankbar, dass wir dort wohnen dürfen, auch, weil es nicht weit zum Oratorium ist.«

Der Geistliche nickte. Die Pension lag in der Duchess Road, einer Querstraße der Beaufort Road und war tatsächlich nur einen Steinwurf vom Oratorium entfernt. Zuvor hatte Francis die zwei Brüder bei deren Tante Beatrice untergebracht. Die lebte zwar auch nicht wesentlich weiter weg, doch Francis hatte früh den Verdacht gehabt, dass John und Hilary sich dort nicht wohlfühlten. Also hatte er während eines Kurzurlaubs in Lyme Regis vorgeschlagen, den Brüdern eine andere Unterkunft zu suchen – ein Vorschlag, der von den beiden Jungs mit dankbaren Blicken quittiert worden war.

Francis kannte Mrs Faulkner von den zahlreichen musikalischen Abenden, die diese abhielt und er hatte sie gebeten, die zwei Brüder bei sich in der Pension aufzunehmen.

»John,« sagte Pater Francis nun in seinem väterlichen Tonfall, »du weißt, du und dein Bruder, ihr seid wie Söhne für mich. Ich kannte eure Mutter, seit ihr hergezogen seid und ich habe mich seither stets um euer Wohl bemüht.«

»Ich weiß, Pater, Sie waren immer gut zu uns.«

Francis nickte. »Und wie du weißt, hat eure Mutter mich als euren Vormund eingesetzt, als sie vor vier Jahren erkrankte. Und ich hoffe, euch beiden ist klar, dass ich für euch immer nur das Beste wollte…«

John schwieg, was Pater Francis als Zeichen der Zustimmung wertete. »Als euer Vormund bin ich für euch verantwortlich und ich habe dafür Sorge zu tragen, dass eure Ausbildung und Religion nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.«

John wollte etwas erwidern, doch Pater Francis schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab.

»Deshalb«, fügte er rasch hinzu, »kann ich eine Beziehung zu dieser Edith nicht dulden.«

John erbleichte und sog hörbar die Luft ein. »Zumindest nicht«, fuhr Francis daher fort, »solange du nicht deine Volljährigkeit erlangt hast.«

»Aber Pater, bis dahin sind es fast fünf Jahre!«, brach es schließlich aus John heraus. Dem Geistlichen blieb das Missfallen in der Stimme des Jungen nicht verborgen und er legte erneut beruhigend die Hand auf dessen Schulter.

»Ich weiß, das ist eine lange Zeit, John, und mir ist bewusst, dass es nicht einfach wird. Aber deine Ausbildung hat absoluten Vorrang und ich dulde unter keinen Umständen, dass deine Leistungen in der Schule aufgrund irgendeiner jugendlichen Schwärmerei leiden.«

»Das werden sie nicht, Pater, ganz sicher.«

John schien um Fassung zu ringen, seine Stimme klang belegt und er hatte Mühe, sich zu beherrschen.

»Keine Widerrede, John, meine Entscheidung steht fest. Ich zweifle nicht an deiner Integrität, ich bin sogar überzeugt, dass du nichts tun würdest, was in den Augen des Herrn verwerflich wäre. Und ich erwarte auch gar nicht, dass du sämtlichen Kontakt mit dem Mädchen abbrichst. Was ich jedoch verlange, ist, dass du dich nicht mehr allein mit ihr triffst, bis du die Volljährigkeit erreichst. Deine oberste Priorität muss die Schule sein, John. Falls du dann noch Gefühle für dieses Mädchen hast und sie auch dir zugetan ist, bin ich der Letzte, der euch seinen Segen verweigern wird. Aber bis dahin…«

Der Geistliche reckte oberlehrerhaft den Zeigefinger in die Luft – eine Geste, die er von seinem Vater hatte, der sie immer gezeigt hatte, wenn er dem kleinen Francis erklärt hatte, er könne alles werden, nur kein Pfaffe. »Bis dahin, John, erwarte ich, dass du mir gehorchst und dich nicht mehr alleine mit Edith triffst, hast du verstanden?«

John ließ die Schultern hängen, sah seinem Vormund jedoch fest in die Augen.

»Ja, Pater. Ich werde Sie nicht enttäuschen.« Francis lächelte. Natürlich würde John ihn nicht enttäuschen. Das wusste der Geistliche, wie er wusste, dass die Bibel Gottes Wort war.

»Gewiss, John, davon bin ich überzeugt. Komm, gehen wir zur Kapelle zurück.«

John zögerte. »Pater?«

»Ja?«

Der Junge errötete. »Wie… wie haben Sie das herausgefunden, mit Edith und mir?«

Francis lachte und ließ eine Reihe ebenmäßiger Zähne aufblitzten. »Ich mag alt sein, John, aber ich bin weder blind noch taub. Ich habe meine Ohren überall und in diesem Teil der Welt verbreiten sich manche Dinge wie der Blitz.«

Mit diesen Worten setzte Pater Francis seinen Weg amüsiert fort, während John ihm schweigend folgte.

Kapitel 3

Magier, der, auch Magus oder Zauberer:

Menschen, die durch eine besondere Gabe in der Lage sind, Magie zu wirken. Ungeübte können sich im Selbststudium und durch Übungen Tricks beibringen. Diese Menschen kommen jedoch in den meisten Fällen nicht über Telekinese oder Teleportation hinaus. Sie können bestenfalls einfache Flüche und Zauber wirken. Es gibt jedoch Ausnahmen, die ein hohes Potential besitzen, Magie zu auszuüben und die sich im Selbststudium so weit entwickeln, dass die Gilden sie als vollwertige Zauberer anerkennen. Die meisten Magier unserer Zeit sind traditionell ausgebildet und haben eine vierundzwanzig Jahre dauernde Ausbildung bei einer Magiergilde absolviert.

Einige Elfen können Magie wirken, besonders Kinder aus gemischten Beziehungen zwischen magiebegabten Menschen und Elben bringen gute Voraussetzungen mit. Jedoch können auch reinrassige Elben Magie wirken oder erlernen.

Zwerge können keine Magie verrichten. Zauberer können nicht nur allgemeine Formeln wirken, sondern sich auf bestimmte Sprüche spezialisieren, wenn sie in einem Bereich über eine hohe Sensibilität verfügen. Ein Großteil der Magier beherrscht die Kunst der Verjüngung. Sie ermöglicht einem Zauberer, seinen Körper und dessen Funktionen so zu regenerieren, dass die Magier ein enorm hohes Alter erreichen können, je nachdem, wie fähig sie in dieser Kunst sind. Es wird von Zauberern berichtet, die ein Alter von 3000 Jahren erreicht haben sollen aufgrund ihrer Fähigkeit, sich zu verjüngen. Solche Zahlen halten die meisten Gelehrten allerdings für übertrieben. Doch ein Alter von 1500 Jahren ist für einen Magier keine Seltenheit. So hat manch ein Zauberer es geschafft, ganze Epochen zu überleben und zu verfolgen.

Encyclopedia Ardanica

Niemand kam. Keiner mischte sich ein. Arvon krümmte sich auf dem Boden, hielt sich wechselweise Kopf und Bauch, während weitere Schläge auf ihn einprasselten wie dicke Hagelkörner.

»Bastard!«, hörte er Daniel rufen, »Heide! Du Heidenkind. Sowas wie du gehört nicht auf eine angesehene Schule, hast du kapiert?«

»Aufhören!« Die Stimme war so schallend, dass Arvon sich erschrocken die Ohren zuhielt. Auch Daniel und den anderen schien es ähnlich zu gehen, denn die Schläge ließen im selben Moment nach, in dem die Stimme ertönte. Arvon war sicher, dass er sie kannte, doch er konnte nicht sagen woher. Aus den Augenwinkeln sah er, wie seine drei Angreifer mit weit aufgerissenen Augen dastanden und mit offenen Mündern auf etwas starrten.

»Ihr hört auf, Arvon zu verfolgen. Er steht unter meinem Schutz.«

Arvon sah, wie Daniel die blanke Furcht ins Gesicht fuhr und auch Ben und William schien es ähnlich zu gehen. Er wüsste zu gerne, wer hinter ihm stand und woher er die Stimme zu kennen glaubte.

»Habt ihr verstanden??«

»J-ja, verstanden«, stammelte Daniel. »B-bitte t-tu uns nichts.«

»Ach«, sagte die Stimme, »und warum sollte ich, wo ihr euch seit Wochen einen Spaß daraus macht, diesen armen Jungen zu verfolgen und zu schlagen? Ich glaube, ihr verdient es vielmehr, zu Stein zu erstarren, damit ihr niemanden mehr ärgern könnt. Soll ich euch also in Stein verwandeln?« Arvon richtete sich langsam auf, während er mit unverhohlener Schadenfreude sah, wie Daniels Lippen bebten, als stehe er kurz davor, loszuflennen. Mit noch größerer Befriedigung sah er den feuchten Fleck, der sich auf dessen Hose bildete. Hätte ihm nicht alles geschmerzt, er hätte aus vollem Herzen gelacht. »N-nein, b-bitte«, stammelte Ben, »nicht in St-stein verwandeln.«

Alle drei waren leichenblass, sie tapsten unbeholfen einige Schritte rückwärts und Arvon sah nun tatsächlich die ersten Tränen in den verschreckten Gesichtern. Das entschädigte ihn für zahllose Schläge und Tritte, für ungezähltes Anspucken und schikanieren. Dieser Anblick war Gold wert. »Ihr lasst Arvon ab sofort in Ruhe. Ihr rührt ihn nie wieder an und wenn ich auch nur eine einzige Beleidigung aus euren Mündern höre, komme ich zurück. Und ich höre sie, darauf könnt ihr euch verlassen. Und dann werdet ihr nicht so leicht davonkommen. Jetzt haut ab. Àllean! Eywach!!«

In diesem Moment wurde es Arvon bewusst und er riss verwundert die Augen auf. Die Erkenntnis war so klar wie der Morgentau auf einem Grashalm. Aber war das möglich?? Nein, das konnte nicht sein. Er sah Daniel, Ben und William nach, die auf dem Absatz kehrtmachten und heulend davonliefen. Arvon richtete sich auf und wandte sich um. Niemand war dort zu sehen. Wie war das möglich? Er hatte die Stimme erkannt, eindeutig. Doch sollte er darüber erschrocken sein, dass er ihre Stimme gehört hatte, oder eher darüber, dass die drei Jungs sie ebenfalls gehört hatten? Dass sie die Frau sogar gesehen hatten.

Die Frau aus meinen Träumen…

* * *

»Um Gottes Willen, Arvon!!«

Anne Brentford eilte ihrem Sohn entgegen, der verschmutzt und mit blutverkrusteter Nase auf sie zu stolperte.

»Sag nicht, du hast dich wieder geprügelt?«

Sie kniete sich vor ihm hin, musterte die frischen Schürfwunden im Gesicht des Dreizehnjährigen und betrachtete den Schmutz, der sich in seinen kurzen, pechschwarzen Haaren verfangen hatte. Sie waren durcheinander, obwohl Arvon sie meist zu einem adretten Scheitel kämmte, wie Anne vermutete, um erwachsener zu wirken. Schließlich strich sie ihm behutsam über das Haar und drückte ihn an sich.

»Sag schon, Arvon, was ist vorgefallen?«

Sie musterte ihn noch einmal von oben bis unten. Etwas unterhalb seines rechten Auges hatte sich bereits ein unschöner Fleck gebildet. Sein sonst jungenhaftes Gesicht war geschwollen und wirkte dadurch seltsam entstellt.

»Ich kann nichts dafür, Mama, wirklich nicht.«

Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse und sah Anne aus großen, runden Augen an. Anne kannte die Ausreden bereits in – und auswendig. Ich bin gestolpert, Mama. Ich bin hingefallen, Mama. Zwei, vielleicht drei Mal. Das konnte sie akzeptieren. Doch so oft, wie Arvon in letzter Zeit mit irgendwelchen neuen Wunden und blauen Flecken nach Hause kam, konnte er gar nicht hingefallen sein, soviel war ihr längst klar geworden. Er war schmächtig und recht dünn, so dass man meinen könnte, er würde beim nächsten Windstoß einfach umknicken wie ein Streichholz.

Doch das ihm genau das ständig passierte, war so unglaubwürdig, dass sie es ihm schon beim zweiten Mal nicht mehr abgenommen hatte. Vielleicht wurde er ja deswegen zur Zielscheibe, weil er so schwächlich wirkte, obwohl der körperliche Eindruck bei ihm täuschte. Arvon war in vielerlei Hinsicht ein reifer Junge auf der Schwelle zum Erwachsenenalter.

Manchmal redete er wie ein alter Mann. Er verhielt sich auch sonst sehr erwachsen. Einzig sein Körper schien seiner Entwicklung noch hinterherzuhecheln und Anne hatte ihn wegen seiner Prügeleien bislang in Ruhe gelassen, da sie ihn nicht bedrängen wollte. Wenn er Probleme hatte, würde er irgendwann darüber reden, hatte sie gedacht. Doch scheinbar hatte sie sich da getäuscht. Sie sah Arvon grimmig an.

»Lüg mich nicht an, Arvon, du weißt, dass ich das nicht leiden kann. Ich will endlich wissen, warum und mit wem du dich dauernd prügelst?«

Anne hatte es etwas schärfer gesagt, als sie wollte und sie begriff sofort, dass sie übertrieben hatte. Sie erkannte es an seiner Reaktion. Arvon verschränkte die Arme und knirschte leicht mit den Zähnen, was er immer tat, wenn er trotzig wurde oder ihm etwas nicht passte. Sein Mundwinkel zuckte gefährlich, was Anne an ihren Vater erinnerte und bei ihr nie mehr als ein Schmunzeln hervorrief. Diesmal verkniff sie es sich, dazu war die Angelegenheit zu ernst.

»Ein paar Jungs aus der Schule mokieren sich über meinen Namen. Sie sagen, Arvon ist ein Heidenname. Und sie behaupten, ich bin ein Bastard. Und ein Heide.«

Sie bemerkte, wie seine Augen sich mit Tränen füllten, und er sah verschämt zu Boden. »Und ein Bastard hat auf einer angesehenen Schule nichts verloren.«

Anne reute es bereits, dass sie ihn so angegangen war, und sie schloss ihren Sohn in die Arme.

»Ach, Arvon, lass dich davon nicht aufbringen. Du bist kein Heide.«

»Aber ein Bastard!«, schrie er und bei diesen Worten liefen ihm nun doch ungehindert ein paar Tränen über seine Wangen. Schuldgefühle überkamen Anne, weil sie ihn so konfrontiert hatte. Von irgendwo ertönte die Stimme eines Zeitungsjungen, der aufgeregt irgendwelche Neuigkeiten in die Welt rief.

»Du bist kein Bastard, Arvon, und ich möchte nicht, dass du dieses Wort benutzt.«

»Und was bin ich? Wo ist mein Vater? Wer ist mein Vater? Warum ist er nicht bei uns?« Jetzt hatte auch Anne Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten. »Bitte, Arvon, dein Vater ist…«

Sie hatte keine passende Antwort darauf. Sie hatte keinen Schimmer, wohin dieser Nichtsnutz verschwunden war. Alles, was sie wusste, war, dass er sie mit ihrem ungeborenen Kind allein gelassen hatte und wie ein Feigling verduftet war. Wegen dieses Mannes hatte Anne ihre Familie verlassen.

Sie hatte ein angenehmes Leben geführt, als Tochter eines Kaufmanns aus einem Londoner Vorort hatte sie mit ihrem Vater die Welt bereist und viele Orte gesehen. Ihre Familie war nicht das gewesen, was man reich nannte, aber zumindest konnte man sie als wohlhabend bezeichnen und Anne hatte es nie an irgendetwas gefehlt. Eine einzige Nacht oben auf dem Hügel bei ihrem Haus hatte alles verändert. Kurze Zeit später war dieser Taugenichts von einem Mann verschwunden. Er hatte hoch und heilig versprochen, dass er zu ihr zurückkehren würde. Anne hätte ihm das gerne abgenommen. Doch was hätte es geändert? Sie war schwanger und sie war nicht verheiratet. Ihre Eltern hätten sich in Grund und Boden geschämt, hätten sie davon erfahren. Was hätte sie tun sollen? Bleiben? Versuchen, es ihnen zu erklären?

Selbst wenn ihre Eltern Verständnis gehabt hätten, sie hätten doch von da an mit einer Schande leben müssen, die Menschen im Ort hätten sich ihre Mäuler zerrissen. Wer weiß, ob es nicht auch Folgen für das Geschäft ihres Vaters nach sich gezogen hätte? Nein, sie hatte auf keinen Fall bleiben können. In London vielleicht, dort gewährte die Großstadt einem zumindest einen Hauch von Anonymität, und die Gesellschaft verrohte ohnehin zusehends. Ein uneheliches Kind war dort nicht mehr so ein Thema wie noch vor einigen Jahren. Doch im Vorort auf dem Land, wo jeder jeden kannte? Unmöglich. Es war für alle das Beste gewesen, zu verschwinden und ihre Familie zurückzulassen, um ihnen die Schande zu ersparen. Auch wenn es bedeutet hatte, dass sie alles aufgeben musste und ihre Eltern nie wissen würden, wo sie war. Sicher, Anne könnte zurückkehren. Sie besuchen, allein oder mit Arvon, und vorgeben, dass sie inzwischen geheiratet hatte. Aber konnte sie ihren Eltern nach vierzehn Jahren unter die Augen treten und ihnen dann ins Gesicht lügen?

Nein. Anne hatte sich schon vor Jahren damit abgefunden, dass sie das nicht konnte und dass es besser war, ihr früheres Leben zu vergessen. Sie lebte jetzt hier, in Birmingham, mit ihrem Sohn und hatte sich mit Mühe und Schweiß eine neue Existenz aufgebaut. Sie sah Arvon in die Augen, zwang sich, die Gedanken an ihre Familie beiseitezuschieben. »Pass auf, Arvon«, sagte sie, bemüht, ihre Stimme nicht weinerlich klingen zu lassen. »Dein Vater musste uns alleinlassen, weil er eine Aufgabe zu erfüllen hatte. Ich bin sicher, er denkt jeden Tag an uns und wäre nirgendwo lieber als bei uns. Und eines Tages wird er kommen und wir ziehen gemeinsam von hier fort. Aber bis dahin wirst du tapfer und geduldig sein, und du darfst dich nicht von diesen Lügen provozieren lassen.«

Er schniefte und wischte sich mit dem Ärmel über die blutverkrustete Nase. Seine Unterlippe zuckte verräterisch und obwohl er nickte, durchschaute Anne, dass er mit dieser Antwort alles andere als zufrieden war. »Gut, das Thema ist beendet und ich will jetzt nichts mehr davon hören, ja? Geh ins Haus und wasch dich, du musst Pater Francis ein paar Sachen bringen.«

»Ist gut, Mama.« Ein Lächeln huschte über das Gesicht ihres Sohnes, als er an ihr vorbei ins Haus lief. »Arvon?« Er drehte sich noch einmal zu ihr um.

»Ich werde mit der Schulleitung über diese Jungs sprechen. Das kann so nicht weitergehen.«

»Das musst du nicht, Mama. Sie werden mich von jetzt an in Ruhe lassen.« Arvon sah sie nachdrücklich an.

»Was? Wie meinst du das? Hat sich bereits jemand bemüht?«

Arvon lächelte schadenfroh. »Ja«, sagte er mit fester Stimme. »Sie hat sich um alles gekümmert.«

»Sie? Sag bitte nicht, du meinst damit diese Frau, die du immer in deinen Träumen siehst.«

Doch er antwortete nicht und verschwand bereits im Haus.

Kapitel 4

Meine liebste Loreena… ich liebe dich. Doch mein Glaube und die Liebe zu Christus sind größer, als die Zuneigung zu einem anderen Menschen oder Wesen es sein könnten. Magie ist wider den göttlichen Plan, wider die Natur. Die Priester und Gelehrten haben uns die Augen geöffnet, Loreena. Sie haben uns die Wahrheit gezeigt, sie sind inspiriert, sie sind die Einzigen, die die Heilige Schrift deuten können. Sie sagen, Magie und Zauberei sind Werke des Teufels. Des Teufels, hörst du? Du hängst an deinen romantischen Vorstellungen. Artus ist tot. Camelot zerstört. Britannien ist jetzt geeint und genauso vereint müssen wir gegen die teuflischen Einflüsse kämpfen. Die Priester wollen die anderen Rassen nicht vernichten. Sie wollen nicht alles ausmerzen, was anders ist. Sie werden die Elben und die Völker sicher in Ruhe lassen. Du kannst bei mir bleiben, Loreena. Wir haben hier eine gemeinsame Zukunft. Du und ich. Wir können diese Wahnsinnigen aufhalten. Du darfst nicht zulassen, dass sie durch Teufelswerk in die natürliche Ordnung eingreifen. Eine Welt abspalten? Sie werden sie zerstören, denn das tut Magie am Ende immer. Bleib bei mir und dann werden wir den Priestern von den abscheulichen Machenschaften der Teufelsanbeter erzählen. Durch unsere Hilfe sichern wir unsere gemeinsame Zukunft. Sie werden uns in Frieden lassen.

Dein Leander

Brief eines Liebenden

Anne saß am Küchentisch, lehnte sich zurück und starrte auf das Weinglas in ihrer Hand. Das Gespräch mit Arvon hatte sie aufgewühlt und sie hatte sich aus dem Vorratsschrank eine Flasche Wein geholt und auf Anhieb zwei Gläser geleert. Als sie noch bei ihren Eltern gelebt hat, hatte es öfter ein Glas Wein oder einen Brandy für die Herren gegeben.

Doch seit sie in Birmingham war, hatte Anne praktisch keinen Tropfen Alkohol angerührt. Anfangs lag das vor allem daran, dass ihr kaum Geld zur Verfügung gestanden hatte. Es hatte ausgereicht, um eine Zeitlang ohne Not zu leben, doch Anne war klar gewesen, dass diese Mittel früher oder später aufgebraucht sein würden.

Und solange sie kein eigenes Geld verdiente, hatte ihr Hauptaugenmerk darauf gelegen, eine Unterkunft zu finden und mit den Ersparnissen zu haushalten, bis Arvons Geburt überstanden war.

Wein war da beim besten Willen nicht drin gewesen. Und auch in der Folgezeit - Anne hatte mit Hilfe von Pater Francis‘ eine Anstellung im Hause der Familie Stone gefunden, einer bekannten Industriellenfamilie in Birmingham - hatte sie ihren bescheidenen Lebensstil beibehalten. Seit fast zehn Jahren arbeitete sie mittlerweile als Dienstmädchen für die Stones.