Das Gedankenkarussell dreht sich. - Iris Zeilmann-Wagner - E-Book

Das Gedankenkarussell dreht sich. E-Book

Iris Zeilmann-Wagner

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Beschreibung

Was uns aktuell alle beschäftigt? PISA und die Bildungsblamage, flächendeckende Sparmaßnahmen, Armut, die Macht der Männer Was uns alle immer beschäftigt? Respekt, Selbstachtung, Kontrolle, Anerkennung, Erfolg, Gerechtigkeit, Zugehörigkeit Wer das sucht, wird es finden in diesen Geschichten.

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Wie entstehen Geschichten?

Die Liebe zum Schreiben musst du in dir tragen. Das kannst du nicht lernen. Dazu kommt ein Gespür für Themen, die lustig, skurril, explosiv, angsteinflößend oder verstörend sind. Du machst sie zu deinem Thema. In diesem Sinn sind sie autobiographisch. Geschichten bringen Situationen und Emotionen ans Tageslicht, auf den Tisch, aufs Papier, auf die Bühne, ins Bewusstsein.

Welche Art von Geschichten mitten ins Herz treffen, zu Lieblingsgeschichten werden, kann ich nie vorhersagen. Das hängt sehr vom Geschmack und den eigenen Erfahrungen des Lesers ab. Im Prinzip haben alle das Potential dazu.

Dieses Buch spiegelt aktuelle Ereignisse (Sparen – das böse Wort, PISA – ein Synonym für alles was schief läuft), unterstreicht Standpunkte (Gottes starke Töchter, In der Liebe und im Krieg – ist alles erlaubt?) und hinterfragt Denkweisen (Schubladen, Letzter werden, Mauerblümchen, Nackt). Es nimmt die Leser mit, unterhält, regt dazu an, sich eigene Gedanken zu machen, zaubert ein Schmunzeln ins Gesicht.

Ich wünsche Dir ganz viel Spaß beim Lesen.

Inhaltsverzeichnis

In der Liebe und im Krieg …

Mir stinkt‘s

Nackt

Entschuldigung

Sparen – das böse Wort

Essen mit Kindern

Gottes starke Töchter

Baumarkt

Dazwischen – stuck in the middle

Letzter werden

Süchtig nach …

Die deutsche Sprache …

Schubladen

Anette, die Nette

Das Mauerblümchen

Der arme Tevje

PISA – ein Synonym für alles …

Menschen mit Masken

Treffpunkte

Erwartungen

Musik - Erlebnis

Fragen stellen erwünscht?

Das hätte ich gerne früher gewusst.

Jetzt red‘ i – sagt mein Esstisch

Lust auf mehr???

In der Liebe und im Krieg …

ist alles erlaubt?

Lea hat geheiratet. Charming Mike hat ihr den Ring an den Finger gesteckt. Merkst Du was? Ich mag ihn nicht besonders: Aalglatt, selbstverliebt, teilt gern aus, einstecken kann er aber nicht.

Das mit der Hochzeit ist unglaublich schnell gegangen. Lea ist im siebten Himmel. Die Flitterwochen dauern schon zwei Monate, sie hat sich noch nicht gemeldet, ich kann sie nicht erreichen. Ich mach einfach mal einen Überraschungsbesuch – so wie früher.

Ich drück auf die Klingel, dreimal. Keiner hört mich, lautes Geschrei, dann Gepolter. Was machen die mit den Möbeln? Plötzlich Stille. Mike reißt die Tür auf, stürmt an mir vorbei, wütend, wortlos. Lea kauert auf dem Sofa, heult. Schiebt sich rasch die Pulloverärmel runter, versteckt ihre blauen Flecken. Hält sich ein Taschentuch vors Gesicht, Nasenbluten.

Was tust du?

Gibt’s ein Drehbuch für diese Szene? Abwarten? Tee trinken mit ihr? Nachfragen? Deine Hilfe anbieten? Sie wiegelt sofort ab.

Lea: Lass es bleiben, Susi. War nur eine kleine Meinungsverschiedenheit. Mike ist ein Goldstück. Ich hab ihn nur auf dem falschen Fuß erwischt. Gleich taucht er wieder auf, mit einem Blumenstrauß und einer Entschuldigung.

Susi: Ne Lea, scheiß auf den Blumenstrauß, sei bitte ehrlich, wie oft ist das schon passiert? Wieviel Blumensträuße hast du schon bekommen? Lass dich nicht so behandeln. Mach was!

Lea: Spinnst du? Mike ist einfach ein leidenschaftlicher Typ. Ich liebe ihn. Und du gehst jetzt besser.

Ein waschechter Rauswurf!

Was tust du?

Zeit verstreichen lassen? Einfach abwarten? Ne, diese Beziehung ist toxisch. Lea ist Mikes Schmuckstück – so nennt er sie oft. Diesen Besitz muss er verteidigen, den lässt er nicht aus den Augen, den kontrolliert er engmaschig, er beherrscht sie. Der Typ ist ein Menschenfänger, er hat sie eingefangen, hat sie eingewickelt, hat sie dort, wo er sie haben will. Er tyrannisiert sie. Ja, genau so, das ist der Soundtrack einer toxischen Beziehung.

Was tust du?

Du lässt dich nicht abwimmeln, du hältst den Kontakt zu ihr. Du lässt sie nicht allein, in diesem Teufelskreis der Gewalt. Die Spirale der Gewalt wird sich in jeder Krisensituation weiter drehen. Sie muss ihre Angst vor Verlust, ihre Scham überwinden, einen Schlussstrich ziehen, gehen. Du bist an ihrer Seite. Die Krise spitzt sich zu, Lea ruft an.

Lea: Susi, ich bin im Krankenhaus, wir müssen reden, morgen früh.

Was tust du?

Was ist passiert? Ist Lea endlich soweit? Sie liegt auf der Gynäkologischen, im Einzelzimmer. Die Schwester ist besorgt, Lea spricht mit niemandem. Ein Wunder, dass sie mich anruft. Hat nur Besuch von ihrem Mann, dann weint sie. Ihr Anruf kam aus dem Stationszimmer, angeblich hat sie kein Handy. Scheiße – er hat‘s ihr weggenommen, du weißt genau, dass sie eines hatte. Du möchtest ihm mit voller Wucht in die Eier treten, aber Stopp: Ruhig bleiben, Lea wartet auf dich.

Was tust du?

Ihre Hand halten, zuhören, verstehen, deine Unterstützung anbieten.

Lea: Susi, ich war schwanger, er war begeistert, wollte unbedingt einen Sohn. Dann hab ich das Kind verloren, im dritten Monat. Er hat mir die Schuld daran gegeben, ist auf mich losgegangen, hat mich zusammengeschlagen. Ich will nie mehr zu ihm zurück, ich hab Angst vor ihm. Er wird mich nicht gehen lassen. Wo soll ich denn hin?

Susi: Bist du dir sicher? Dann zeig ihn an. Die Polizei kann ihn dazu zwingen, die Wohnung zu verlassen. Er darf keinen Kontakt zu dir aufnehmen. Aber leicht wird das nicht. Dieses Arschloch wird es garantiert als Beziehungstat, als Tat aus Leidenschaft darstellen. Lass dir alle deine Verletzungen vom Krankenhaus dokumentieren. Du wirst die Beweise brauchen. Fürs Erste verschwindest du besser ganz von der Bildfläche, ich kümmere mich um einen Platz in einem Frauenhaus. Dort kann er dich nicht finden, das gibt dir Zeit zum Nachdenken. Egal wie du dich entscheidest, welchen Weg du gehen willst, ich bin an deiner Seite.

Du hast etwas getan! Ist das genug?

Im Krieg und in der Liebe ist - nicht alles erlaubt.

Mir stinkt‘s

Achtung! Nase an Gehirn: Mir stinkt‘s.

Egal ob süßer kleiner Riechkolben oder großer Zinken, unsere Nase kann was – sie kann sogar noch viel mehr, nämlich rausfinden, was da in der Luft liegt, am besten sogar ohne Hilfe der Augen.

Moschusduft liegt in der Luft: Kein Zweifel, der Kollege Müller hat sich kurz vor mir im Zimmer aufgehalten. Gott sei Dank. Er ist so der Umarmer-Typ. Du kommst ihm nicht aus, und dann hast du den Geruch stundenlang an dir hängen. Den Müller wirst du dann einfach nicht mehr los.

Kollege Kurka hält sich dagegen leider noch in diesem Zimmer auf. Der war gestern wieder beim Stammtisch bei seinem Lieblingsgriechen. Der Knoblauchduft dringt durch all seine Poren, wabert durch die Luft und landet unweigerlich in meiner Nase. Wetten, dass der heute keinen einzigen Abschluss bei Kundengesprächen macht? Und montags musst du immer Abstand von Frau Monk halten. Sie besucht jeden Sonntag die Messe in der katholischen Kirche. Dort steht sie anscheinend knietief im Weihrauchnebel. Jedenfalls hängt der Geruch hartnäckig in den Klamotten und Haaren.

Und Herr Faltermann hat gestern wieder mal Sauerkraut gegessen, was sich lautstark und übelriechend auf seine Verdauung auswirkt.

Mir stinkt‘s!

In solchen Momenten würde ich sonst was geben für einen weniger ausgeprägten Geruchssinn. Fast überall stinkt‘s mir gewaltig: im Bus, im Theater, in einer Bar, in fremden Wohnungen. Ich hüte ja wirklich gerne die beiden kleinen Racker meiner Freundin Bea, damit die auch mal in Ruhe zum Friseur gehen kann. Ich hab gar nicht dran gedacht, dass Windelwechsel auch zu diesem Job gehört. Wie hält Bea bloß diesen Gestank aus? Blöderweise hab ich dann auch noch den Windeleimer aufgemacht. Ich erspar dir die Details, nur so viel: Mir war eine Stunde kotzübel.

Nur gut, dass es kein Geruchsfernsehen gibt. Damit wären für mich nämlich alle Serien mit Forensikern gestrichen. Die bewegen sich völlig ungerührt zwischen den Verblichenen. Deshalb kommt einem auch so gut wie nie der Gedanke, wie es dort wohl riechen mag. Nur wenn der Kommissar vorbeischaut, reibt er sich so was Pfefferminzhaltiges unter die Nase - also doch, ich hab‘s doch gewusst! Auch bei Dokumentationen über Animal Hoarding wär ich dann sofort raus. Du weißt doch, dass manche Leute aus falsch verstandener Tierliebe zwanzig Katzen in ihrer Zweiraum-Wohnung halten. Wer schon mal Katzenpisse gerochen hat, der weiß, dass das zu den widerlichsten Gerüchen zählt.

Ok, ich quäl dich nicht weiter. Es hat ja durchaus auch Vorteile, wenn man eine gute Nase hat. Ich würde mich nicht so leicht durch verdorbene Nahrungsmittel vergiften. Mir dreht keiner Gammelfleisch an, ich kann das nämlich riechen. Und wenn ich jemanden nicht riechen kann, liegt das garantiert an seinen Pheromonen oder an seinem Aftershave. Echt jetzt, meine Nase trägt ganz bestimmt zu meinem Paarungsverhalten bei. Zu deinem übrigens auch, das ist wissenschaftlich erwiesen. Es gibt leider kein zweites Date, wenn die Nase eindeutig ‚Nein‘ sagt.

Mir stinkt‘s!

Wenn‘s mir stinkt, ist aber oft gar nicht meine Nase schuld. Ausredenerfinder regen mich maßlos auf: Sie kommen zu spät, halten ihre Versprechen nicht, erledigen ihre Aufgaben nicht, vergessen wichtige Termine. So einer wie mein Kollege Max, äußerst charmant, aber ein Schussel wie er im Buche steht. Ne, von dem Termin hat ihm keiner was gesagt, die Liste mit der Aufgabenverteilung für die nächste Woche hat er leider zu Hause liegen lassen und an der Sitzung der Abteilungsleiter kann er leider nicht teilnehmen, da hat er Hochzeitstag. Das versteht doch jeder, oder? Ne, mein Lieber! Das verstehen wir nicht, das lassen wir dir auch nicht länger durchgehen, uns stinkt‘s langsam. „Ach ihr Süßen, dafür hab ich euch allen Hörnchen mitgebracht, jetzt habt euch doch nicht so, was soll denn der Shitstorm?“ wiegelt Max ab. Allgemeines Achselzucken, Griff nach dem Hörnchen: Den änderst du sowieso nicht! Wow, jetzt kommt der schon wieder durch mit seiner Masche, ich fass das nicht. Mir jedenfalls stinkt‘s!

Mein Chef stinkt mir gewaltig, ein gnadenloser Besserwisser und dazu noch ein Stillstandsverwalter – ohne Hörnchen. Die hast du als Chef nicht nötig, du bist ja der Boss. Auf den hast du genau so wenig Einfluss wie aufs Wetter. Seine Lieblingssätze kennen wir alle schon auswendig: „Das können wir nicht riskieren.“ „Dafür haben wir nicht die passende Ausrüstung“. „Wir warten dafür schon auf eine Verordnung.“ „Das ist erst mal Arbeit für einen Ausschuss.“ „Das liegt eigentlich nicht auf unserer Linie.“

Punkt, aus die Maus, Veränderungen abgewürgt. Herrgott noch mal, wir sind doch keine Saboteure, keine Revolutionäre, wir haben gute Argumente. Hat ihm jemand schon mal gesagt, dass Stillstand Rückschritt bedeutet? Der stinkt mir langsam!

An meinem Kühlschrank hängt ein Zettel, Memo an mich: Lächeln, umdrehen, Augen rollen, nicht andersrum.

So kannst du runterkommen. Wer oder was mich ärgert, bestimm immer noch ich. Und was ich nicht ändern kann, lohnt den Ärger nicht.

Auch wenn mir manches kurzfristig stinkt!

Nackt

Ich schwöre die Wahrheit zu sagen, nichts als die nackte Wahrheit.

Wetten, dass ich sofort deine Aufmerksamkeit habe? Wie fühlst du dich? Neugierig, gespannt, unbehaglich?

März 2023: Job wegen Nacktheit verloren!

Eine Lehrerin im US-Bundesstaat Florida zeigt ihren 11 bis 12-jährigen Schülern ein Bild der nackten Michelangelo-Statue David. Prompt hat sie daraufhin ihre Stelle verloren. Hat sie den Kindern ohne Vorwarnung Pornographie gezeigt? Der Bürgermeister von Florenz lädt sie jetzt jedenfalls in seine Stadt ein, um ihr im Namen der Stadt eine Auszeichnung zu überreichen.