Der Geschichtenexpress fährt ein. - Iris Zeilmann-Wagner - E-Book

Der Geschichtenexpress fährt ein. E-Book

Iris Zeilmann-Wagner

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Beschreibung

Das Buch enthält kurze Geschichten für die Poetry-Slam-Bühne. Wie ich zu meinen Themen komme? Ehrlich gesagt: Die Themen kommen zu mir. Ein Satz in einem Gespräch, eine Situation in der Familie, manchmal nur ein einzelnes Wort - schon macht es klick, und das Gedankenkarussell kommt in Schwung. Wie ein leckeres Gericht brauchen Geschichten verschiedene Zutaten: Eine Prise Schmunzeln, eine Portion Überraschung, eine Runde Kopfnicken und viel Applaus und Lust auf mehr davon. Einige Geschichten sind mit einem Augenzwinkern geschrieben, andere mit einem Tröpfchen Wehmut, wieder andere in einem Anfall von Empörung und Wut, oder Mut-Machen-Geschichten. Sie bewegen sich querbeet durchs Leben, jeder findet sich darin wieder.

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Seitenzahl: 97

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Zu diesem Buch

Ich bin Iris. Ich schreibe kurze Geschichten für die Poetry-Slam-Bühne. Dafür dürfen die Geschichten nicht länger sein als sieben Minuten.

Wie ich zu meinen Themen komme?

Ehrlich gesagt: Die Themen kommen zu mir. Ein Satz in einem Gespräch, eine Situation in der Familie, manchmal nur ein einzelnes Wort – schon macht es klick, und das Gedankenkarussell kommt in Schwung. Wie ein leckeres Gericht brauchen Geschichten verschiedene Zutaten: Eine Prise Schmunzeln, eine Portion Überraschung, eine Runde Kopfnicken und viel Applaus und Lust auf mehr davon. Einige Geschichten sind mit einem Augenzwinkern geschrieben (Naschkatzen/Autofahren), andere mit einem Tröpfchen Wehmut (Wahre Freundschaft), wieder andere in einem Anfall von Empörung und Wut (Eigentlich/Die Geschichte vom Zappel-Philipp), nicht zu vergessen die ‚Mut-Machen‘-Geschichten (Räume für Träume/Der Tiefpunkt). Sie bewegen sich querbeet durchs Leben, jeder findet sich darin wieder.

Die Geschichten haben euch gefallen?

Weitersagen! Ihr könnt mir gerne auf Facebook folgen, mir mitteilen, welche Geschichte euch besonders gefallen hat. Raus damit, wenn Ihr Themenwünsche habt, versprechen kann ich nichts. Aber ich bin offen für alles.

Inhaltsverzeichnis

Wahre Freundschaft

Geschwister

Woanders

Räume für Träume

Eigentlich….

Nur Mut, dann geht alles gut!

Wer weiß denn sowas?

Sprache

Zwischen den Zeilen lesen

Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd.

Auto fahren

Keine Angst vor ……………

Mit der Wut leben

Die Sache mit dem Rudern

Denken ist die schwerste Arbeit, die es gibt.

Viertel vor sieben (Reinhard Mey)

Der Tiefpunkt – der Punkt von dem es aufwärts geht

Die Geschichte vom Zappel-Philipp

Kreislauf

Geschenke

An alle Naschkatzen

Guys with a sweet tooth

Wahre Freundschaft

Wie viele wahre Freunde hab ich wirklich? Genau genommen hab ich viele gute Bekannte, die Freunde kann ich an einer Hand abzählen. Und wo genau liegt der entscheidende Unterschied?

Na dann fahr doch mal mit Bekannten zusammen in den Urlaub, dann wirst du es vielleicht wissen, mit Max und Gabi zum Beispiel. Vier Personen, vier Meinungen. Ihr habt euch gegenseitig genervt, gestresst, gelangweilt, habt euch wegen Kleinigkeiten angeraunzt, euch sind die Gesprächsthemen ausgegangen? Ganz genau – so ist es gekommen! Sie wollen mit dem Motorrad die Insel erkunden, ihr habt gar keinen Führerschein dafür. Lange Gesichter. Sie freuen sich auf einen Abend mit Halligalli, ihr wollt den Sonnenuntergang am Strand mit einer Flasche Wein. Ach so, und was nun? Sie schlafen morgens bis in die Puppen, ihr habt einen Tagesausflug organisiert. Geht gar nicht. Gabi zieht sich dreimal am Tag um, du magst es lieber leger. Das passt einfach nicht. Wir haben es ein zweites Mal probiert, mit Silvia und Jürgen. Lief deutlich besser. Wir konnten gemeinsam planen, genießen, lachen, uns auf Neues einlassen, schweigen, kurz, die Seele baumeln lassen. Dabei haben wir auch einen Blick hinter die Fassade geworfen, unsere eigene Fassade fallen gelassen. Wie wird es nach dem Urlaub weitergehen? Wie werden sich beide Seiten entscheiden? Meiner Erfahrung nach entweder gar nicht oder es war der Beginn einer Freundschaft.

Was man so über Frauenfreundschaften liest, find ich ziemlich kurios, martialisch schon allein durch die Wortwahl. Hört euch das mal an: „Eine Frauenfreundschaft ist wie eine Kulissenwand. Sie fällt um, wenn man sich an sie lehnt“ oder „Freundschaft zwischen Frauen ist nur Waffenstillstand, nicht viel mehr als ein Nichtangriffspakt“. Ja was für eine verdrehte Idee ist das denn? Okay, wir Frauen haben Kampfgeist, im Job, im Sport und auf der Bühne, da schenken wir uns nix. Aber wir sind doch keine Kampfmaschinen, keine Furien, wir kratzen uns nicht gegenseitig die Augen aus und gehen uns an die Gurgel. Im Gegenteil, Mädels wollen unbedingt eine beste Freundin haben. Das geht auch ganz leicht, wenn man fünf oder fünfzehn ist. Und man muss viele Freundinnen gehabt haben, um im Alter eine zu behalten. Keine Ahnung, warum das so ist. Wege trennen sich eben, aber die Ansprüche an eine Freundschaft werden auch höher. Gleiche Werte und Interessen hast du auch mit Kollegen oder anderen Sportlerinnen, man sieht sich regelmäßig, tauscht sich aus, geht mal einen Kaffee oder einen Aperol trinken, aber du weißt, dass der Kollege Benno aus der Vertriebsabteilung und die Rosi, deine Partnerin im Ruderclub, nicht deine Freunde sind. Und dass nicht jeder Facebook-Kontakt ein Freund ist, weiß auch jeder. Benno ist ein ausgesprochenes Lästermaul, vor dem ist keiner sicher. Das kann ganz lustig sein, aber eines ist sicher, wenn du ihm den Rücken zuwendest, macht sein Mundwerk auch vor dir nicht halt. Die Rosi wiederum hat ausgesprochene Nehmerqualitäten, lässt sich von dir einladen, borgt sich Geld und Sachen von dir, die siehst du nie wieder. Aber bist du selber mal klamm, geht sie dir wochenlang aus dem Weg. Mit solchen Leuten will ich einfach nicht befreundet sein, oder bin ich etwa zu wählerisch? Ich gebe lieber Oprah Winfrey Recht:

„In der Luxuslimousine fährt jeder gerne mit. Aber du brauchst Menschen, die mit dir Bus fahren, wenn die Limo liegen bleibt.“

Auf meiner Wunschliste für die beste Freundin steht auch, sie darf/muss mir immer die Wahrheit sagen. Egal, ob sie das neue Kleid unmöglich, meine Ausdrucksweise ordinär oder meinen Freund langweilig findet. Von ihr will ich die Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Bea, meine beste Freundin, braucht übrigens gar nichts zu sagen, und ich hab trotzdem verstanden, so gut kennen wir uns. Aber echte Freundinnen wie Bea sind fast genauso selten wie die große Liebe. Da ist eine Tür zwischen uns, die kann manchmal knarren, sie kann auch mal klemmen, aber sie ist nie verschlossen.

Sind Männerfreundschaften anders als eine Freundschaft zwischen Frauen? Wer weiß denn sowas, als Frau? Männer bezeichnen ihre Freunde gerne als Kumpels, als ‚Bro‘. Sie treffen sich zu gemeinsamen Erlebnissen, Segeln in Kroatien, Trike fahren zum Biergarten, Rennrad fahren auf Malle, Renovierung des Vereinsheims, Vorbereitung auf den Triathlon. Stammtische oder das Feierabendbier sind auch so ein Männerding, gerne besucht von Kollegen oder der Mannschaft nach dem Sport. Was bequatschen die da eigentlich so, würde gerne mal Mäuslein sein, um das raus zu kriegen. Von weitem sieht es eher so aus, als würden sie mit ihren Erfolgen prahlen: mein Haus, mein Boot, meine Maschine, meine Eroberungen. Brauchen sie die Anerkennung und die Bestätigung von anderen Männern? Wie gesagt, ich stochere weitgehend im Nebel, die Unterhaltungen kommen sofort zum Erliegen, wenn sich eine Frau nähert. Körperkontakt zwischen Männern siehst du selten, abgesehen von Sportlern nach einem gewonnenen Spiel. Rudelbildung mit Umarmungen, da schau an, Männer zeigen spontan Gefühle, gefällt mir. Die Verlierer lassen ihren Tränen freien Lauf – gefällt mir auch, ich find das nicht unmännlich. Ihr müsst nicht heimlich weinen, wie das der Grönemeyer in seinem Lied Männer beschreibt. Gibt es überhaupt Vorbilder für echte Männerfreundschaften? Jetzt haltet euch besser fest, mir ist nur eines eingefallen: Winnetou und Old Shatterhand. Die unsterbliche Rothaut und sein weißer Bruder, ein perfektes Gespann, nein, nicht nur Freunde, sondern Blutsbrüder. Aber leider eben nur fiktiv, in einem Buch, geschrieben von einem Typen, der keine Ahnung vom wilden Westen hatte. Tut mir leid, liebe Männer, das war daneben, ihr müsst eure Freundschaften selber gestalten, ich halt mich da raus. Wünsch euch aber viel Glück dabei,

weil sich Freundschaft lohnt!

Geschwister

Kann man eine Geschichte über Geschwister schreiben, wenn man gar keine hat? Also ich kann ja nichts dafür, oder? Ich hätte mir so sehr eine kleine Schwester gewünscht, hat aber nix gebracht. Dabei hab ich alles aufgeschnappt, was ich darüber in Erfahrung bringen konnte. „Storch, Storch Bester, bring‘ mir eine Schwester.“ Und dazu sollte ich ein Stück Zucker mit einem rosa Bändchen auf die Balkonbrüstung legen, haben mir augenzwinkernd die Erwachsenen geraten. Aber als ich‘s ausprobieren wollte, hat Mama gesagt: „Lass das, so ein Quatsch“. Sie wollte nicht, dass ich eine Schwester bekam, das war ganz offensichtlich. Erst wollte ich‘s heimlich probieren, aber dann sind mir Geschichten eingefallen, von Kindern, die ins Heim gebracht werden. Wenn Mama also keine Schwester haben will, dann bringt sie sie vielleicht sofort ins Heim und ich kann gar nichts dagegen machen. Und ich wär Schuld an dem Schlamassel! Versteht ihr jetzt – genau deshalb hab ich keine Schwester bekommen.

Ein Bruder stand nicht zur Diskussion. Mama ist nämlich mal versehentlich rausgerutscht, dass Papa eigentlich lieber einen Stammhalter gehabt hätte, aber dann kam halt nur ich. Obwohl ich keinen blassen Schimmer hatte, was ein Stammhalter ist, war mir klar, Papa hätte gerne einen Jungen gehabt. Und eine Konkurrenz wollte ich mir auf keinen Fall ins Haus holen.

Das Leben als Einzelkind war nicht wirklich gemütlich, immer stehst du im Zentrum der Aufmerksamkeit, ob du willst oder nicht. Lieber nicht, ich weiß, wovon ich erzähle. Und du hast keinen Verbündeten gegen deine Eltern, du kannst sie höchstens gegeneinander ausspielen. Deshalb war ich mir schon immer ganz sicher, ich will mal mindestens zwei Kinder, am besten zwei Mädels. Warum? Na weil ich weiß, was ich mit denen spielen kann, wofür die sich interessieren, wie die ticken.

Prompt kamen dann zwei Jungs auf die Welt, kerngesund und putzmunter, ich hab sie von Anfang an geliebt. Aber da hatten wir nun den Salat, was zur Hölle spielt man bloß mit Jungs? Warum sind die beiden so verschieden, obwohl sie aus dem gleichen Eisen geschmiedet wurden? (Na ja, mit Eisen und schmieden hatte das in Wahrheit nix zu tun.) Warum streiten die sich wie die Bürstenbinder und sind im nächsten Moment Verbündete, weil sie noch nicht ins Bett geschickt werden wollen? In meinem schlauen Erziehungsratgeber steht: ‚Geschwister sind die hohe Kunst der Ellbogentechnik‘, jeder kennt die Schwächen des anderen und weiß, auf welchen Knopf er drücken muss, um den anderen zur Weißglut zu treiben. Und da steht auch „Geschwister sind die einzigen Menschen, über die man sich pausenlos aufregt, aber die man trotzdem liebhat.“ Oh mein Gott, wie beruhigend, sie lieben sich trotzdem. Genau das hab ich gebraucht, damit ich sie wieder als starkes Team wahrnehmen kann. Kind1 ist aus den Windeln raus, verschwindet auf die Toilette zum Pinkeln, Kind 2 im Schlepptau. Am nächsten Tag find ich Kind 2 vor der Kloschlüssel, ohne Windel, wie er verzweifelt versucht, zu pieseln wie der große Bruder. Es kann gar nicht klappen, nicht mal auf Zehenspitzen, er ist gute zehn Zentimeter zu klein. Ich muss mir das Lachen verkneifen, gleichzeitig geht mir echt das Herz auf. So funktionieren also Geschwister. Bevor Sohn1 in die Schule kommt, sollte er schwimmen können. Im Hallenbad betätigt sich Papa als Schwimmlehrer, ich behalt Sohn 2 im Kinderbecken im Auge. Endlich haben es Papa und Sohn1 geschafft, er schwimmt tatsächlich ohne Schwimmflügel, beide sind stolz wie Bolle. Sohn 2 schaut sich das an, streift unbemerkt die Schwimmflügel ab, hüpft beherzt ins Wasser und – geht unter wie ein Stein. Wer ist zuerst zur Stelle und zieht ihn raus? Der große Bruder! Wie sich herausgestellt hat, dachte der Kleine: „Was der Große kann, das kann ich auch!“ Was soll ich sagen, ich war megastolz – auf alle beide, was für ein tolles Team, wenn es drauf ankommt.