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Ein idyllisches Haus am Fluss mit blauen Fensterläden, eine Gruppe von Frauen, die die Leidenschaft zu Nähen verbindet und eine neue Chance für die Liebe …
Maura ist eine Powerfrau, die alles im Griff hat. Als sie die Nachricht erreicht, dass ihre Tante gestorben ist und Maura deren Haus geerbt hat, macht sie sich widerwillig auf den Weg in ihre alte Heimat, die sie mit 18 fluchtartig verlassen hat. Mauras Plan: Die Beerdigung so schnell wie möglich hinter sich bringen, Tante Hetties Haus verkaufen und dann zurück an die Arbeit. Alles ist genauso, wie sie es in Erinnerung hat: Das idyllische Haus am Fluss mit den blauen Fensterläden, der etwas verwilderte Garten, die Blumenpracht, die Apfelbäume. Aber was ist das? Der Anbau ist neu. Maura öffnet die Tür und betritt den herrlichsten kleinen, bis an die Decke mit schönsten Stoffen gefüllten Nähladen. Sie lernt eine Gruppe Frauen kennen – die sich im Nähladen treffen – und die sie schnell in ihr Herz schließt. Und apropos Herz: Das klopft durchaus schneller, wenn sie auf den geheimnisvollen Marten trifft …
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Seitenzahl: 355
Veröffentlichungsjahr: 2024
Buch
Maura ist eine Powerfrau, die alles im Griff hat. Als sie die Nachricht erreicht, dass ihre Tante gestorben ist und Maura deren Haus geerbt hat, macht sie sich widerwillig auf den Weg in ihre alte Heimat, die sie mit 18 fluchtartig verlassen hat. Mauras Plan: die Beerdigung so schnell wie möglich hinter sich bringen, Tante Hetties Haus verkaufen und dann zurück an die Arbeit. Alles ist genauso, wie sie es in Erinnerung hat: das idyllische Haus am Fluss mit den blauen Fensterläden, der etwas verwilderte Garten, die Blumenpracht, die Apfelbäume. Aber was ist das? Der Anbau ist neu. Maura öffnet die Tür und betritt den herrlichsten kleinen, bis an die Decke mit schönsten Stoffen gefüllten Nähladen. Sie lernt eine Gruppe Frauen kennen – die sich im Nähladen trifft – und die sie schnell in ihr Herz schließt. Und apropos Herz: Das klopft durchaus schneller, wenn sie auf den geheimnisvollen Marten trifft …
Autorin
Sabine Schmidt ist Autorin, Bloggerin, Modemacherin und seit 2016 kreativer Kopf und Gründerin von SewSimple. Jeden Monat begeistern sich Hunderttausende Nähfans für Sabines Anleitungen und Hacks rund um die Themen Nähen und DIY – oder durchstöbern die anfängertauglichen Schnittmuster auf ihrer hoch frequentierten Homepage. »Das kleine Nähcafé am Fluss« ist ihr erster Roman, mit dem sie die Leser*innen gleichermaßen inspirieren wie unterhalten will.
Sabine Schmidt
Roman
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Copyright © 2024 by Blanvalet,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Redaktion: Christine Schlitt
Umschlaggestaltung und -motiv: www.buerosued.de
LH · Herstellung: DiMo
Satz: KCFG – Medienagentur, Neuss
ISBN: 978-3-641-32078-2V003
www.blanvalet.de
Willkommen im kleinen Nähcafé am Fluss. Kuschele dich in einen der nostalgischen Ohrensessel am Kamin, gönn dir einen duftigen Nähtee und genieße Mauras Erlebnisse in ihrer alten, neuen Heimat, mit ihren alten und neuen Freunden. Und: mit ihrem alten, neuen Hobby – dem Nähen. Das Anleitungsbuch zu den Projekten aus dem kleinen Nähcafé wird im Herbst 2025 im frechverlag erscheinen.
In Gedanken rücke ich meinen Sessel neben deinen und leiste dir (einen von Hetties Keksen knabbernd) beim Lesen Gesellschaft.
Ich wünsche dir wundervolle Stunden mit diesem Nähroman.
Deine Sabine
Sie scheinen den Informationsfluss in Ihrem Team einfach nicht im Griff zu haben.«
Mit einem Klatschen, das wie eine saftige Ohrfeige klang, warf Maura das aufgeblätterte Exemplar der »Landschickse« auf den Tisch. »Oder wie erklären Sie sich, dass die Konkurrenz schon wieder drei unserer Kreativ-Themen veröffentlicht hat?«
Unter Mauras frosthartem Blick sank ihre Kreativ-Redakteurin Tessie am anderen Ende des Raumes zu einem knittrigen bunten Häuflein zusammen. Über die an eine spiegelnde Wasseroberfläche erinnernde Tischplatte sah sie Maura an und tupfte sich verstohlen ein paar Schweißtropfen von der Oberlippe. Hilfe suchend blickte sie sich um. Rechts und links von ihr bis obenhin zugeknöpfte Hemden, Designerlabel und aufgeklappte Laptops, während sich vor ihr selbst ein Stapel aus Ordnern mit Notizzetteln in allen Regenbogenfarben, Hasen aus Stroh, Stoffproben und Zeichnungen türmten.
Maura runzelte wortlos die Stirn. Der Himmel über Köln entfaltete sich vor den Panoramafenstern in blauer Pracht. Aus dieser luftigen Höhe konnte man schier endlos weit bis fast ins Oberbergische schauen. Die Sonne spielte auf den Wellen des Rheins. Das silbrige Blau der Gebäudefassaden rundum blendete Maura. Sie blinzelte.
»Wenn der Erfolg der Sonderausgabe allein von Ihnen und der Verschwiegenheit Ihres Teams abhängt, sollten wir es definitiv drangeben. Haben Sie irgendwelche Vorschläge?«
»Ja, na ja, ähm, ich hab was vorbereitet – ich muss nur …«
Verzweifelt und mit hochroten Ohren begann Tessie, in den bunt gemarkerten Stapeln zu wühlen, und stieß dabei um ein Haar ihren grünen Smoothie um. Sie war den Tränen nahe. »Tut mir leid, ich kann mein Factsheet einfach nicht finden.«
Ihr Kollege Patrick warf ihr einen warnenden Blick zu und schüttelte den Kopf.
»Okay, ich sehe schon, so kommen wir hier nicht weiter. Deadline für die Sonderausgabe ist heute in drei Wochen. Jeder von euch weiß, was er zu tun hat. Ich erwarte nichts weniger, als dass ihr liefert. Und zwar perfekt. Und sollte die Konkurrenz auch nur eines der Themen ausspielen, die wir für die Ausgabe geplant haben, haben wir ein Problem. Mehr als eins, um genau zu sein. Okay. Wir vertagen uns auf heute Nachmittag, wenn sich die Kollegin hoffentlich gesammelt haben wird.«
Nur das leise Zuklappen der Laptops und Stühlerücken waren zu hören. Weiter hinten auf der weitläufigen Etage schrillten zwei Telefone.
»Wenn wir das nicht unterbinden, sind wir geliefert! Übrigens hast du dich da eben echt zum Affen gekrönt«, hörte Maura Patrick im Hinausgehen Tessie zuraunen.
Er trifft’s auf den Punkt; dem hätte ich schon vor Monaten mehr Verantwortung übertragen sollen, dachte Maura.
Erhobenen Hauptes verließ sie den Konferenzsaal und zischte im Vorübergehen: »Tessie, in fünf Minuten in mein Büro. Und ohne diese lächerliche Fahrradklemme!«
Sie musste sich diese Tessie vornehmen. So hilflos sie immer tat, so heimtückisch arbeitete sie im Hintergrund gegen Mauras Autorität an. Besonders dann, wenn sie das Gefühl hatte, Verlagsleiter Tex könnte ihre Arbeit registrieren, legte sich Tessie furchtbar ins Zeug. Es war nicht schwer, eins und eins zusammenzuzählen: Tessie war inzwischen Ende vierzig und hatte es zur Leitung des Kreativ-Ressorts gebracht. Seit Maura an ihr vorbeigezogen und sich den Posten der Chefredakteurin geangelt hatte, ging es für Tessie nicht mehr weiter. In letzter Zeit kam es immer wieder zu Kompetenzgerangel, bei dem die Kreativ-Redakteurin den Kürzeren zog. Auf Dauer kann das nicht gut gehen, dachte Maura. Tessie ist gut. Aber nicht gut genug, um mir meinen Platz auf dem Chefsessel streitig zu machen. Und dann immer dieses hilflose Klein-Mädchen-Getue. Darauf fällt doch keiner rein, oder? Sie muss einfach lernen, wo ihr Platz ist. Aber nach dem Auftritt heute sollte sie Klarheit haben.
Maura spürte ein vertrautes Hämmern in den Schläfen. Während ihre Finger die schmerzenden Partien massierten, überlegte sie plötzlich, wann sie sich das letzte Mal jung und unbeschwert gefühlt hatte. Zwischen all den jungen Kreativen und Medienmenschen, die sie zum Teil frisch von der Uni rekrutiert hatte, kam sie sich manchmal uralt vor. So als ob ihre eigene Jugend niemals wirklich stattgefunden hätte. Was auch so ist, dachte Maura. Vielleicht hole ich das alles mal nach, wenn ich in Rente bin. Sie grinste schief und sah auf die Uhr. Das kleine tickende Buchhaltergesicht ihrer Rolex runzelte schon wieder die Stirn. Durch diese verdammte Themenklau-Geschichte würde sie unmöglich ihr Tagessoll erfüllen können. Das bedeutete, sie würde ihr an ein Aquarium erinnerndes schickes Eckbüro mal wieder nicht vor zehn Uhr abends verlassen. Der Gedanke an Tex’ Erwartungen hing ihr dabei mindestens genauso im Nacken wie die Zahlen. Am nächsten Morgen war Sitzung mit dem Vertrieb, da musste alles vorbereitet sein. Maura wurde etwas blümerant, wenn sie daran dachte. Seit die Konkurrenz ihnen das Leben schwer machte, waren die Online-Zugriffszahlen rückläufig, und die Beschwerden häuften sich. Nicht nur, dass die Verkäufe bei den Printausgaben im freien Fall waren, auch die Online-Präsenz hatte stark nachgelassen.
Zurück in ihrem Büro, feuerte Maura die Mappe mit den Unterlagen auf ihren kahlen Schreibtisch, dessen einzige Zierde zwei gerahmte Fotos waren. Ein kleines mit goldenem Rahmen, das einen hübschen Jungen mit dunklen Haaren zeigte. Und ein zweites, etwas verblichenes, auf dem die junge Maura sich an eine ältere Frau in bunter Schürze lehnte. Die Frau hatte ihre Hand liebevoll um die Schulter des Mädchens gelegt. Beide lächelten gelöst in die Kamera. Im Hintergrund war eine üppige Flusslandschaft zu sehen. Rockenbrook.
Maura griff nach ihrer To-do-Liste, öffnete ihr Laptop und checkte den Redaktionsplan. Diese Sonderausgabe sollte das Sprungbrett für ihre Karriere werden. Ihr Chef Tex hatte ihr in Aussicht gestellt, die Redaktion für das amerikanische Pendant von »Halm & Nadel« in Portland, Oregon, aufzubauen. Auf den englischsprachigen Markt zu gehen war eine enorme Herausforderung. Die sie um jeden Preis meistern wollte. Sechs Monate waren dafür angedacht. Sechs Monate, um ein funktionierendes Redaktionsteam zusammenzustellen, ein Netzwerk aufzubauen und sich als Chefredakteurin zu etablieren. Sechs Monate, um die Zweifler und Neider zum Schweigen zu bringen. Natürlich wusste sie um die Gerüchte, die auf dem Flur der Redaktion, ja, im gesamten Verlagsgebäude, kursierten. Achtunddreißig und schon Chefredakteurin? Gab’s denn keine fähigen Männer in der Branche? Und warum diese ständige Sonderbehandlung durch den Chef? Maura konnte sich gut vorstellen, wie sich ein paar ihrer Mitarbeiter am Kopierer das Maul über sie zerrissen. Klar, sie hatte Power. Aber warum förderte Tex die Siebenstern überhaupt? Hatten sie was miteinander? War der alte, kahle Verlagsleiter vielleicht sogar der Vater von Mauras Sohn?
Auf einer Weihnachtsfeier im Verlagsbüro hatte Maura vor ein paar Jahren unbemerkt mitbekommen, wie die uralte Redaktionssekretärin Hilde nach drei Gläschen Prosecco ein paar Redaktionskollegen erzählte, wie die seinerzeit zwanzig Jahre alte Maura (»Ein halbes Kind noch, das muss man sich mal vorstellen!«) ihren ersten Tag als Praktikantin angetreten hatte. »So blass und klein, wie die war, die sah aus wie ein Findelkind. Ich weiß noch, dass ich bei mir selbst gedacht hab: Als ich das letzte Mal so was Dürres gesehen hab, war Zahnpasta dran. Aber der alte Tex schien schon damals einen echten Narren an ihr gefressen zu haben.« Hilde hatte nach einer kleinen Kunstpause von einem zum anderen geblickt. »Stellt euch mal vor: Nach einem Monat hat er sie direkt in sein Büro zitiert. Eine Praktikantin! Zum Verlagsleiter! Da muss doch was im Busch sein, oder?« Hilde hatte mit abgespreiztem kleinem Finger noch ein Schlückchen Prosecco geschlürft. »Rief mich im Vorzimmer an und sagte: Hilde, schicken Sie Frau Siebenstern bitte in mein Büro. Frau Siebenstern? Wer soll das sein, frag ich zurück. Maura Siebenstern, die Praktikantin, klärt er mich auf. Ich sag noch: Kenn ich nicht, Chef. Mit Praktikanten hab ich nix am Hut. Da wird der sauer und meckert mich an. Ich meine, ich bin seit dreißig Jahren dabei. Immer loyal, keinen Tag krank. Und dann zickt der wegen so einem Püppchen rum?« Bei der Erinnerung hatte Hilde nur den Kopf geschüttelt und bedeutungsvoll von einem zum anderen geschaut, bis ihr Blick an Tessie hängen geblieben war. »Ich bin ja nicht nachtragend. Aber Teufelnocheins, ich fress einen Besen, wenn der alte Tex bei der Entstehung des Söhnchens nicht auch seine Finger im Spiel hatte. Oder vielmehr …« Dabei hatte sie vielsagend mit dem Finger gewackelt und sich prustend nachgeschenkt.
Das Geheimnis um Mauras Beziehung zu Tex de Hoog hatte sich über die Jahre zu einem Running Gag entwickelt. Dass Maura schon während des Studiums verantwortungsvolle Aufgaben übernommen hatte und anschließend direkt nach ihrem Abschluss Leitung der Garten-Redaktion geworden war, heizte die Gerüchteküche nur noch mehr an. Und rief zunehmend Neider auf den Plan. Allen voran Tessie. Mauras kühler Kopf und ihr wohlüberlegtes Handeln in allen Ehren, aber war sie wirklich sowas Besonderes?, hatte Tessie schon oft gedacht. Hildes Erzählungen hatten ihre Vorbehalte gegen die junge Chefredakteurin bestätigt. Hübsches Gesicht, cooles Auftreten, flugs durchs Studium gejettet. Und sich dann für den Chef hingelegt, um mal schnell Karriere zu machen. Sowas konnte sie nicht ernst nehmen. Für Tessie war alles etwas schwieriger als für andere. Zumindest kam es ihr manchmal so vor. Sie liebte alles Kreative und hätte gerne einen Job gehabt, bei dem sie weniger Druck ausgesetzt gewesen wäre. Auf der anderen Seite waren da die Erwartungen ihrer Eltern. Vater Jurist, Mutter Lehrerin. »Kindchen, wenn du uns schon keine Enkel schenkst, dann mach wenigstens Karriere«, hatte Tessies Mutter beim letzten Weihnachtsfest gesagt. Und der Vater hatte hinzugefügt: »Mach uns stolz, mein Schatz.« Und genau das wollte Tessie auch tun. Immer öfter gab sie sich Tagträumen hin und stellte sich vor, wie Tex endlich einmal sie in sein Büro rief und sie für ihre gute Arbeit lobte. Sie würde dann bescheiden abwinken und ihm zu verstehen geben, dass ihre Beschäftigung bei »Halm & Nadel« für sie sehr viel mehr war als nur ein Job. Und dass er für sie ebenfalls mehr war als nur ihr Chef. Leider gab es zu viele Unbekannte in dieser Gleichung. Und es konnte ja immer noch sein, dass der alte Tex sein ewiges Junggesellendasein aufgab und Maura heiratete. Denkbar war’s zumindest. Und mit der zukünftigen Frau de Hoog wollte sie es sich auf keinen Fall verscherzen. Also Zähne zusammenbeißen und durch. Zumal die Zahlen Maura recht gaben. Der Kreativ-Bereich wuchs ständig und entpuppte sich als der Renner in den sozialen Medien. Aber auch der Garten-Bereich blühte unter Mauras Händen auf. Nicht dass sie allein für die Inhalte zuständig gewesen wäre. Aber ihr Gespür für Themen und Bilder war brillant. Und dass sie praktisch im Alleingang die Social-Media-Kanäle aufbaute und mit Beiträgen bestückte, daran gab’s auch nichts zu rütteln. Aber natürlich hätte das auch jeder und jede andere tun können. Wenn man nur die Gelegenheit – und das Ohr des Chefs gehabt hätte. Kaum kam die mickrige Maura mit einer Idee um die Ecke, war der alte Tex direkt Feuer und Flamme. Und unsereins muss die Drecksarbeit machen, dachte Tessie grimmig.
Maura drückte auf die Ruftaste. Wie von Zauberhand materialisierte sich ihre Sekretärin im Türrahmen.
»Was steht heute an, Lucie?«
»Um zehn haben Sie ein Gespräch mit der Finanzabteilung, um halb zwölf das Online-Meeting mit Maranskij wegen des Rezepteteils, halb eins Mittagsmeeting mit dem Chef. Da geht’s noch mal um die Sache mit dem Themenklau. Ich habe Sushi für Sie beide bestellt. Um drei hat sich Theresa aus der Online-Redaktion eintragen lassen, sie hat Klärungsbedarf, was die Reels für die nächste Ausgabe angeht. Und um halb fünf kommt Wacherau. Er sagt, Sie wüssten schon, worum es geht.«
Maura verzog das Gesicht.
»Und dann war da noch ein Anruf für Sie.«
»Was Wichtiges? Oder können Sie das regeln?«
»Also, ich fürchte …«
»Ja?!« Über Lucies Schulter hinweg konnte Maura sehen, wie Tessie in ihr Vorzimmer schlich. Maura spürte, wie sich ihre Laune verschlechterte. Seit einigen Wochen war Tessie unkonzentriert und hatte den Kopf ständig in den Wolken. Fehlende Unterlagen, ständiges Zuspätkommen und eine chaotische Kreativ-Redaktion waren nur ein Teil des Problems. Hier würde mehr als nur ein ernstes Gespräch nötig sein.
Lucie räusperte sich.
»Was ist denn nun?«
»Na ja, da hat eine Anwältin angerufen und der …« Lucie schluckte und betrachtete ihre Schuhspitzen.
»Ist was mit Quist?!«
»Nein, ähm, das nicht.«
»Gut, dann kümmern Sie sich drum und lassen Sie mich mit unwichtigem Kram in Ruhe. Sie wissen ja, wie mein Terminkalender aussieht!«
»Soll ich wirklich? Also ich denke nicht, dass …«
»Schluss jetzt, an die Arbeit!«
Maura versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Ob mit Quist wirklich alles okay war? Ihr Sohn war vor ein paar Monaten ausgezogen und studierte ein paar Kilometer Luftlinie entfernt. »Ich brauche auch meine Freiheit, Mom«, hatte er grinsend gesagt. Na gut, das war normal. Allerdings: So ganz hatte sich Maura noch nicht ans Alleinsein gewöhnt. Glücklicherweise kam Quist häufig nach Hause. Und das wöchentliche Pizzaritual ließ er sich nur selten entgehen: nur er, Maura, ein Lieblingsfilm und eine überdimensionale Quattro Formaggi.
Alles gut bei dir, mein Schatz?, textete Maura.
Postwendend kam die Antwort:
Klaro. Bei dir auch? Hab gleich das Kolloquium, aber der Prof ist mal wieder cum tempore plus unterwegs.
Maura grinste. Den Hang zur Pünktlichkeit hatte Quist definitiv von ihr. Und von seinem Vater das gute Aussehen, dachte sie. Das Lächeln verschwand.
Sie hörte Lucie im Vorzimmer telefonieren. Ihre Sätze waren abgehackt, die Pausen wurden immer länger.
»Entschuldigung, kann ich zurückrufen?«
Maura hörte, wie Lucie sich leise die Nase putzte. Langsam wurde sie ungeduldig.
»Oh, ja, dann versuche ich’s noch mal, Moment, bitte!«
»Was ist denn los, verdammt?«
»Tut mir leid. Ich hab noch mal mit dieser Anwältin gesprochen. Sie sagt, es geht um einen familiären Todesfall. Und sie ist auch noch in der Leitung. Soll ich durchstellen?«
Familie? Maura stand auf und schwankte kurz.
»Stellen Sie durch.«
Das Telefon klang seltsam schrill in ihren Ohren. Sie nahm den Hörer ab. Er fühlte sich ungewohnt sperrig und unhandlich an.
Zehn Minuten später klopfte es, und Tessie steckte den Kopf zur Tür herein. »Passt es jetzt?«
»Äh, nein!«, ließ sich Mauras heisere Stimme vernehmen. Dann, noch etwas leiser: »Jetzt nicht, Tessie, ich melde mich später.«
»Alles in Ordnung?«, fragte Tessie zögernd. »Geht’s Ihnen gut?«
»Jaja, schon gut. Alles okay.«
Maura griff nach ihrer Tasche und sah sich verwirrt um.
»Lucie, sagen Sie bitte alle meine Termine für heute ab. Und auch für morgen. Ich muss los.«
»Ja, aber …«
Lucie starrte ihre Chefin an. Kreidebleich stand Maura da, die Finger ins kostbare Leder ihrer Designertasche gekrallt. So etwas war noch nie vorgekommen. Ihre Chefin funktionierte auch unter größtem Druck wie ein Schweizer Uhrwerk. Und jetzt sah sie aus, als würde sie jeden Moment umkippen.
»Soll ich Ihnen ein Taxi rufen?«
»Was?! Danke, ich komme klar. Wir sehen uns übermorgen.«
Lucie sah ihr nach. Erstaunt beobachtete sie, wie Maura wie blind nach dem Aufzugknopf tastete. Kurz darauf schlossen sich die Flächen aus gebürstetem Stahl lautlos vor Mauras blassem Gesicht.
Ich muss ein, zwei Tage verreisen und ein paar Angelegenheiten regeln, textete sie Quist im Aufzug.
Was ist los?
Es ist was mit Tante Hettie, erzähle ich dir später. Bin morgen Abend zurück. Kannst mich telefonisch erreichen, okay?
Hm. Soll ich mich um Drella kümmern?
Nicht nötig. Bis morgen!
Mit schlechtem Gewissen schrieb Maura anschließend eine kurze Nachricht an Tex und erklärte ihm im Telegrammstil die Umstände.
In ihrer Wohnung angekommen, zerrte Maura ein dunkles Wildlederkleid aus dem Schrank. Eine schwarze Jeans, schwarze Chelsea-Boots und ein Jackett legte sie ebenfalls dazu. Pyjama, Kosmetiktasche, Laufschuhe. Das sollte bis morgen reichen, dachte sie. Sie sah sich noch einmal in ihrem Loft um und warf Drella, ihrer geliebten Yuccapalme, einen prüfenden Blick zu. Einem Instinkt folgend, schaute sie noch einmal kurz in Quists Zimmer vorbei. Er hatte praktisch nur sein Laptop und sein Handy mitgenommen und genoss es, bei ihr zu übernachten, wann immer ihm der Sinn danach stand. Quist reiste gerne mit leichtem Gepäck, genau wie sie selbst. Maura lächelte zärtlich. Dann wurde ihr Mund wieder hart. Rasch griff sie sich ihren schicken Weekender, schloss die Wohnungstür ab und stieg ins Auto.
Die fünf Stunden Autobahnfahrt, die zwischen ihrem wirklichen und ihrem alten Leben lagen, erschienen Maura endlos.
Tante Hettie. Mauras Wangen begannen zu brennen, als ihr klar wurde, wie sehr sie sich dafür schämte, ihre Tante nicht zurückgerufen zu haben. Ganz offensichtlich hatte Hetties Lebenskraft nachgelassen, das war bei ihrem letzten Besuch in Köln schon deutlich zu spüren gewesen. Aber wie hätte sie ihrer Tante beistehen und sich gleichzeitig von Rockenbrook fernhalten können? Denn eins war ihr schon immer klar gewesen: Mit diesem Nest wollte sie nach Möglichkeit nie wieder etwas zu tun haben. Und das machte die Sache ungleich komplizierter. Sie wusste, dass sie tief in Hetties Schuld stand. Ihre Tante hatte immer loyal zu ihr gestanden, besonders dann, als die Dinge aus dem Ruder liefen. Sie hatte viel mehr für sie getan, als Maura jemals wiedergutmachen konnte. Aber darüber wollte Maura jetzt nicht nachdenken. Tante Hettie war tot. Ein unfassbarer Gedanke. Als wäre der Mond vom Himmel gefallen.
Die Anwältin hatte am Telefon berichtet, die Nachbarin habe Tante Hettie gefunden. Auf der Bank unterm Apfelbaum sitzend. Die angefangene Handarbeit zwischen ihren starren Fingern. Schlagartig fiel Maura der große alte Obstgarten in Rockenbrook ein. Bienen, weiches Gras, Apfelblüten, die wie duftende Schneeflocken auf ihre geflochtenen Haare fielen, sobald sie die knorrigen Zweige berührte. Und lange Sommertage, an denen beim abendlichen Bad das Grün von den Gräsern und Kräutern von den Knien geschrubbt werden musste. Nur um sich am nächsten Tag genau dort umso kräftiger einzustellen, wenn Maura mit ihrer Freundin Hilkka im Gras mit Puppen spielte.
In Gedanken versunken fuhr sich Maura mit der rechten Hand durch ihren teuren Haarschnitt und trat das Gaspedal durch. Je eher sie da war und alles regelte, desto schneller konnte sie einen Haken dranmachen und Rockenbrook hinter sich lassen.
Dass Tante Hettie sie zu ihrer Erbin bestimmt hatte, erstaunte Maura. Ihre Tante wusste besser als jeder andere, wie sehr Maura Rockenbrook hasste. Andererseits: Es gab niemand, der sich sonst um Tante Hetties Belange hätte kümmern können. Das Nachlassgericht werde sich in den nächsten Tagen bei ihr melden, hatte die Anwältin noch schnell sagen können, bevor Maura aufgelegt hatte. Tja, wie denn, wenn ich unterwegs bin, dachte Maura. Egal, das Testament würde ihr Anwältin Mockenbrinck aushändigen, mit dem Nachlassgericht wollte sich Maura später befassen. Und dann die Beerdigung. Alles, worauf es ankam, war jetzt: Die Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen und dann nichts wie zurück, damit sie die Redaktionsgründung vorbereiten konnte. Wenn bloß diese Tessie sich wieder in den Griff kriegen würde. Wie konnte man sich durch eine Liebesgeschichte so dermaßen von den Füßen holen lassen? Früher war Tessie korrekt und zuverlässig. Seit sie verliebt war, konnte man sie geradezu als unzurechnungsfähig betrachten. Dass man sich mal verliebte, geschenkt, das kam vor. Aber muss man sich deshalb gleich so gehen lassen?
Seit fast zwanzig Jahren hatte sich Maura bewusst von diesem Thema ferngehalten. Ein paar kurze Beziehungen, mal ein One-Night-Stand auf einer Konferenz, ja, durchaus, aber nie etwas Ernstes. Warum auch. Ohne Mann ging es ihr wesentlich besser. Sie hatte einen Job, der ihr jeden Tag alles abverlangte. Das bisschen Energie, das da noch übrig blieb, ließ sie allabendlich im Gym. Die Männer, die ihr dort über den Weg liefen, durchgestylt bis in die Haarspitzen, mit definierten Körpern und hübschen Gesichtern, ließen Maura völlig kalt. Ein paar Fitness-Dates hatte sie gehabt, Verabredungen zum Joggen mit anschließendem Sushi beim Edeljapaner. Aber nichts, was wirklich gezündet hätte. Vielleicht war sie einfach nicht dafür gebaut, sich auf Beziehungen einzulassen. Und vielleicht war das auch gar nicht nötig.
Maura wechselte die Spur. Noch eine Stunde, dann würde ihr die Anwältin mehr über die Umstände von Tante Hetties Tod berichten. Und was er für Maura bedeutete.
Etwas benommen hielt Maura ihr Gesicht in die warme Hamburger Nachmittagssonne. Sie konnte nicht behaupten, dass sie sich besser gefühlt hätte. Oder weniger verwirrt gewesen wäre. Aber wenigstens sah sie jetzt klarer. Und sie würde Anwältin Brigitte Mockenbrinck auf ewig für ihre Feinfühligkeit dankbar sein. Schlanke zwanzig Jahre nicht auftauchen und dann mal fix ein Erbe abgreifen? Nein, das hatte die schmale Frau mit dem klugen Gesicht sicher nicht gedacht. Maura spürte, dass Frau Mockenbrinck kein Mensch war, der sich vorschnell ein Urteil bildete. Und dass sie durchaus in der Lage war, feine Zwischentöne zu erspüren. Ihre grauen Augen hatten jede von Mauras Regungen registriert. Mitfühlend hatte sie Maura in dem kühl eingerichteten Besprechungsraum ihrer Kanzlei in Eppendorf allein gelassen, um einige Augenblicke später mit einem kräftigen Kaffee zurückzukommen.
»Natürlich können Sie das Erbe auch ausschlagen, wenn Sie möchten.«
Maura nickte stumm.
»Allerdings hat Frau Siebenstern verfügt, dass das Erbe an Ihren Sohn geht, falls Sie selbst es ausschlagen wollen.«
»An meinen Sohn? Wie konnte sie …?«
»Tut mir leid, mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Aber warum sollten Sie das Erbe ablehnen? Ihre Tante war nicht verschuldet, im Gegenteil. Das Häuschen ist in ordentlichem Zustand, und der Laden lief auch ganz erfreulich, obwohl sie in den letzten Jahren aufgrund ihres Alters nicht mehr so viel Energie dafür aufbringen konnte wie früher.«
»Ich bin, ehrlich gesagt, erstaunt darüber, dass Sie mich erst heute anrufen.«
»Ja, das tut mir leid. Tatsächlich habe ich selbst auch erst heute vom Ableben Ihrer Tante erfahren.«
»Verstehe.« Mauras Stimme schwankte kurz. Dann straffte sie sich und wurde wieder sachlich. »Den Laden hat sie in den letzten Jahren gar nicht mehr erwähnt, wenn wir uns getroffen haben.«
»Na ja, ich habe ihr vor rund siebzehn Jahren dabei geholfen, alles zu regeln, was damit zu tun hatte. Der Laden war so etwas wie Frau Siebensterns Lebenstraum, denke ich.«
»Ein Nähladen auf dem Land. Schon ziemlich verrückt, oder?«
»Ihre Tante hat darin wohl eine Art Projekt gesehen.«
»Klingt ein bisschen traumtänzerisch.«
»Vielleicht. Aber Träume zu haben, ist ja an sich nichts Verkehrtes.«
Und sowas von einer studierten Juristin. Maura biss sich auf die Unterlippe und rollte innerlich die Augen.
»Wie auch immer, Ihre Tante wollte, dass Sie das Haus, den Laden und das Grundstück in Rockenbrook bekommen. Ein Stück Wald und etwas Land gehören wohl auch noch dazu. Ich kann natürlich auch alles für den Verkauf vorbereiten, wenn Sie möchten.«
»Das wäre gut, ja.«
»Wollen Sie sich das Ganze nicht vorher noch mal anschauen?«
»Wozu?«
»Na ja, vielleicht möchten Sie ein Erinnerungsstück für sich behalten?«
»Nein, eigentlich nicht.« Maura zögerte.
Brigitte Mockenbrinck sah sie ruhig an. »Wirklich nicht?«
In Maura regte sich neben der aufkeimenden Trauer auch das schlechte Gewissen. Immerhin war sie es gewesen, die Tante Hettie nicht zurückgerufen hatte. Sie war einfach in Arbeit untergegangen. Eine kleine Stimme in Mauras Kopf gab zu bedenken: Und du hättest dich damit auseinandersetzen müssen, dass Tante Hettie nicht mehr fit ist. Und Hilfe braucht. Du wusstest genau, dass du dann an Rockenbrook nicht vorbeigekommen wärst.
Maura schloss kurz die Augen. Und dann, einem spontanen Impuls nachgebend, sagte sie: »Okay, vielleicht haben Sie recht, ich schaue mal kurz vorbei.«
»Wo Sie einmal hier sind«, sagte Frau Mockenbrinck und lächelte.
»Gibt’s einen Schlüssel? Wo bekomme ich den?«
»Ich habe einen Satz Schlüssel für das Haus Ihrer Tante im Tresor. Frau Siebenstern hat vor ein paar Jahren für den Fall der Fälle alles hier hinterlegt, sie hatte ja weiter keine Angehörigen.«
Nur mich und Quist. Und ich war nicht für sie da, dachte Maura.
Verdammtes Rockenbrook. Maura wollte da einfach nicht hin. Aber war sie wirklich noch dieselbe wie damals? Würde überhaupt irgendjemand sie heute noch erkennen? Maura hielt das für unwahrscheinlich. Von dem verängstigten, verletzten Mädchen, das damals Knall auf Fall das Dorf verlassen hatte, war nichts mehr übrig. Maura hatte hart an sich gearbeitet. So hart, dass sie sich manchmal innerlich richtig kalt fühlte. Bis auf die Momente mit Quist, in denen sie fröhlich und albern sein und über alles mit ihm reden konnte. Okay, nicht wirklich über alles. Immer häufiger stellte er Fragen, auf die sie nur ausweichende Antworten gab. Mehr als einmal hatte er nach seinem Vater gefragt und war von Maura mit dem Satz »Es war nur eine flüchtige Bekanntschaft, ich weiß nicht einmal seinen Nachnamen« abgespeist worden. Oft genug versickerte dann ein Gespräch, während seine blauen Augen nachdenklich auf ihrem Gesicht ruhten. Wenn ich ihm die Wahrheit erzähle, wird er seinen verdammten Vater suchen, vermutete Maura. Und finden.
In allen anderen Bereichen ihres Lebens war Maura ein Diamant auf zwei Beinen. Sobald es ums Geschäft ging, war ihre Devise: Schnell rein, schnell raus, Strich drunter. Und genauso werde ich die Rockenbrook-Sache regeln, schwor sie sich. Wäre doch total albern, davor zu kneifen. Kurz vorbeifahren, Lage sondieren, Beerdigung absolvieren und dann nach Köln zurück. Kann so schwierig nicht sein. Aber wenigstens einmal hinfahren, das war sie ihrer Tante schuldig.
»Kann ich Ihnen die Schlüssel morgen nach der Trauerfeier zurückgeben? Sie brauchen sie ja, um das Haus zu verkaufen, oder?«
»Richtig, kein Problem, ich leite dann alles in die Wege.«
»Was ist eigentlich mit der Beerdigung? Muss ich da noch irgendwas regeln?«
»Keine Sorge, das hat Ihre Tante schon vor Jahren erledigt. Sie hatte da ganz genaue Vorstellungen …«
»Klingt nach Tante Hettie.«
»Ja, sie war wirklich eine besondere Frau.«
»Gibt es eine Trauerfeier?«
»In der Dorfschenke in Rockenbrook.«
»Die gibt’s noch?«
»Muss wohl. Ihre Tante hat vor rund fünf Jahren alles organisiert.«
»Kann ich die Feier wenigstens bezahlen?«
»Frau Siebenstern hatte eine Sterbeversicherung. Sie hat sogar ausgesucht, welche Kuchen es geben soll. Und natürlich die Musik.«
Maura fühlte Übelkeit in sich aufsteigen. Durch ihr trotziges Vermeidungsverhalten hatte sie ihre Tante verdammt alleine gelassen. Obwohl sie nicht mehr die Jüngste gewesen war und sicher Unterstützung hätte gebrauchen können. Aber okay, auch Tante Hettie hatte es alleine geschafft. Und wo nicht, hatte sie sich anscheinend Hilfe gesucht.
»Und die Beerdigung ist ja auch schon morgen«, setzte die Anwältin hinzu.
Plötzlich spürte Maura einen Kloß im Hals. Seit Wochen schon stand der Anruf bei ihrer Tante ganz oben auf ihrer To-do-Liste. Immer wieder hatte sie ihn aufgeschoben. Das war umso schlimmer, als Tante Hettie ihren jährlichen Besuch in Köln wegen einer Grippe nicht wahrnehmen konnte. Hatte sich Tante Hettie von ihr im Stich gelassen gefühlt?
»Also gibt es für mich nichts weiter zu tun?«
»Nichts, nein. Bis auf die Sache mit der Erbschaft.«
»Das sollte kein Problem sein«, gab Maura knapp zurück.
»Gut. Entschuldigen Sie mich bitte kurz!«
Kurze Zeit später kam Brigitte Mockenbrinck mit einem kleinen Schlüsselbund in der Hand zurück und legte ihn vor Maura auf den Tisch. Maura erkannte den alten, abgewetzten Haustürschlüssel, zu dem sich ein zweiter, etwas neuerer gesellt hatte. Der satte Honigton eines großen Bernsteins erregte ihre Aufmerksamkeit. Maura nahm den Schlüssel in die Hand und betrachtete den fein gearbeiteten Anhänger. Tief im sanften Gold des Bernsteins schien eine winzige Mücke im Flug eingefangen zu sein. Plötzlich erinnerte sie sich: Sie war mit Tante Hettie im Urlaub an der Nordsee gewesen. Ende Oktober, und es war bitterkalt gewesen. Das Prickeln von Sandkörnern, die der Wind gegen ihre Stirn hatte prallen lassen, kam ihr ins Gedächtnis. Nach einer Sturmflut waren sie in ihren Ostfriesennerzen und Gummistiefeln am Strand herumgestapft. Dort hatte Maura ihren ersten Bernstein gefunden. Er war so groß gewesen, dass ihre Kinderhand ihn kaum umschließen konnte. Jahrelang hatte er in einer fein gebosselten silbernen Schale auf der Küchenbank geruht. Und jetzt war er hier. Tante Hettie hatte ihn einfassen und in einen Schlüsselanhänger verwandeln lassen. Unglaublich. Zärtlich strichen Mauras Finger über das überraschend warme Material. Ein Seufzen löste sich tief aus ihrer Brust. Maura straffte sich.
»Vielen Dank, ich gebe Ihnen den Schlüssel so bald wie möglich zurück.«
»Lassen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen.«
»Ich fahre nach der Beerdigung direkt nach Köln zurück.«
»Ah, schade. Bevor ich das vergesse, Frau Siebenstern. Ihre Tante hat hier auch einen Brief an Sie hinterlegt. Mit der Weisung, dass Sie ihn nach ihrem Versterben bekommen sollen.«
Die schmale, trockene Hand der Anwältin schob einen Umschlag über den Tisch, auf dem mit der steilen Schrift, die Maura so gut von der Elternunterschrift unter ihren Schulzeugnissen kannte, Mauras Name stand. Eine Welle von Trauer ergriff Maura. Sie biss sich auf die Unterlippe und holte tief Luft.
»Gut, danke. Dann treffen wir uns morgen auf dem Friedhof.«
Ihr Navi hatte Maura gar nicht erst eingeschaltet. Warum auch. Es fühlte sich an, als würde das Auto ganz von selbst den Weg nach Rockenbrook und zu Tante Hetties Haus finden. Alles war noch da. Die verwitterte Mitfahrbank am Ortseingang stand schief im ungemähten Gras, die verblichenen Klappschilder wiesen ins Nirgendwo. Die kleine Backsteinkirche. Die alte Eichenallee warf wuchtige Schatten über die schmale Dorfstraße.
Viel Neues war dazugekommen. Rockenbrook hatte jetzt einen Laden. Und eine Tankstelle. Und viele neue Häuser. Instinktiv scannte Maura die Umgebung und freute sich für eine Millisekunde über die vielen schön gestalteten Vorgärten. Rockenbrook hatte sich gewandelt. Und war doch ganz das alte. Auf einer Wiese grasten tiefschwarze Kühe mit blendend weißen Bauchstreifen zusammen mit ihren Kälbern. Der Fluss war allerdings verschwunden. Nach einer Weile wurde Maura bewusst, dass die Bäume und Sträucher zwanzig Jahre Zeit gehabt hatten, den Ausblick auf den Fluss zu überwuchern.
Je näher Maura ihrem Zielort kam, desto heftiger tobten die Gefühle in ihr: wie der stürmische Mix aus heißer und kalter Luft, den ein Unwetter vor sich hertreibt. Maura fuhr im Schritttempo und spürte, wie sie den Atem anhielt, als sie am Hof des Bürgermeisters vorbeifuhr. Auch hier war alles wie früher. Sogar die Fahne war gehisst. Der Bürgermeister war daheim. Oder sein Sohn, dachte Maura. Schnell gab sie Gas und bog um die erste Kurve.
Widerwillig gestand sich Maura ein, dass die ehrwürdigen roten Bauernhäuser mit ihren breiten Höfen, auf denen sich Scheunen und Landmaschinen verteilten, ein herzerwärmender Anblick waren. Viele der Gehöfte waren schon seit Hunderten von Jahren im Familienbesitz. Derjenige Sohn, der sich am ehesten für die Landarbeit eignete, erbte den Hof. Falls es nur Töchter gab, machte man sich frühzeitig auf die Suche nach einem geeigneten Schwiegersohn. Dann änderte sich der Familienname. Der Name des Hofes blieb aber immer derselbe. Wie übrigens auch die Automarke, die von der Familie bevorzugt wurde. Schon als Kind waren diese Höfe, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, für Maura ein Zeichen von Stabilität und Sicherheit. Ganz anders als ihr eigenes Leben. Maura verkniff sich ein Seufzen. Sie hatte es sich schon lange abtrainiert, sich selbst zu bemitleiden. Selbstmitleid machte Menschen schwach und angreifbar. Und gerade jetzt wollte sie stark sein. Pur, klar, hart. Ein Diamant auf zwei Beinen.
Plötzlich stolperte ihr Herz. Sie konnte es in den Ohren wummern hören. Eine letzte Kurve, dann ging es rechts ab zu Hetties Haus. Mauras Kopf sagte: Fahr vorbei. Bieg nicht ab. Aber ihre verdammte linke Hand setzte den Blinker, als ob das jetzt wichtig wäre. Weit und breit kein anderes Auto, das ihr Signal registriert hätte. Noch fünfhundert Meter.
Maura hielt auf dem Sandweg neben dem alten Backhaus an. Sie klappte die Sonnenblende herunter und betrachtete sich in dem kleinen Spiegel. Du kannst immer noch umdrehen. Du musst da nicht hin. Kann dir doch egal sein, was das verfluchte Dorf denkt. Neben ihr brannte Tante Hetties Brief ein Loch in den Stoff des Beifahrersitzes. Aus den Augenwinkeln sah sie einen Storch vorbeischweben. Maura schüttelte den Kopf und straffte die Schultern. Nein. Die Flucht ergreifen – das war sie nicht mehr. Sie würde nicht weglaufen. Das hatte sie einmal getan. Nie wieder.
Noch einmal kontrollierte sie ihr Make-up, obwohl sie wusste, dass im Haus niemand sein würde. Sie puderte kurz ihr Gesicht und hatte dabei das Gefühl, eine Maske aufzusetzen. Als ob eine feine Schicht teuersten Puders verhindern würde, dass die Nachbarn sie erkannten. Lächerlich. Komm schon, Maura. Bring es hinter dich. Haus anschauen, Inventar sichten, Fotos machen, ab dafür. Dann nimmst du dir ein schönes Hotelzimmer in Hamburg, belohnst dich mit einer langen Joggingrunde um die Alster und mit einer Luxus-Wellness-Behandlung. Und morgen wird am Jungfernstieg geshoppt. Versprochen.
Im Spiegel sah sie ihr blasses Gesicht kurz grinsen. Dann wurde sie ernst. Immerhin ging es um Tante Hettie. Aus heiterem Himmel begriff Maura, dass ihre Tante nicht da sein würde, wenn sie ins Haus kam. Die Haustür würde nicht einladend geöffnet werden, aus der Küche würde nicht der Duft von selbst gebackenem Apfelkuchen wehen. Keine Tante Hettie. Nicht heute, nie mehr. Eine Träne zog eine feuchte Spur durch die Puderschicht und fiel als beigefarbener Tropfen auf Mauras teures Revers. Verflixt. Sie holte ihr Lieblingsparfüm in einem kleinen goldenen Handzerstäuber heraus. Zwei kurze Sprühstöße. Wie eine Tarnkappe hüllte der vertraute Duft sie ein. Sie atmete tief durch.
Ein Blick aus dem Autofenster ließ sie erschrocken zusammenfahren: Dort stand, mit leicht gekrümmtem Rücken auf einen Rechen gelehnt, der alte Bauer Mehdorn und sah sie regungslos an. Seine ganze lange Figur schien nur aus Kleidung zu bestehen: Die viel zu weite, ehemals blaue Arbeitsjacke und das karierte Hemd suchten vergeblich nach Halt an seinem Körper, während sich die eigentlich nur aus Flicken bestehende Hose tapfer an einem speckig glänzenden Gürtel festkrallte. Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. Er rückte seine abgetragene Prinz-Heinrich-Mütze zur Seite und kratzte sich sinnierend hinterm Ohr. Ohne nachzudenken, nickte ihm Maura zu. Von seiner eigenen Reaktion erstaunt, hob er die Hand, und Maura konnte erkennen, dass zwei Drittel seines rechten Ringfingers fehlten. Immer noch fehlten. Na klar, dachte Maura, Finger wachsen ja nicht nach. Die Erinnerung an den Tag, an dem Bauer Mehdorn seinen rechten Ringfinger samt Ehering verlor, brandete so heftig in ihr auf, dass Maura blinzeln musste.
Sie war acht Jahre alt gewesen. Sie und Hilkka waren nach der Schule an ihrem Lieblingsplatz oberhalb des neuen Spielplatzes verabredet gewesen, einem Stückchen Wildnis aus Büschen und Bäumen, die mit ihrem dichten Blätterdach eine Art Höhle bildeten. Der Boden war festgetreten und immer leicht feucht. Auf den kreuz und quer wachsenden Ästen konnte man herrlich klettern, spielen, träumen und Geheimnisse austauschen. Oft hatten Maura und Hilkka auch ihre Puppen mit zur Höhle genommen und ganze Nachmittage im vielblättrigen, duftenden Schatten verbracht. Den weißen Rattankorb mit ihren Puppen darin schwenkend, hatte sich Maura zur Höhle aufgemacht. Schon von Weitem hatte das vertraute Geräusch von Mehdorns Kreissäge ihr Ohr gekitzelt. Im Näherkommen hatte sie den Duft des feinen Sägemehls wahrnehmen können. Der karierte Rücken von Bauer Mehdorn hatte sich langsam vorgebeugt, während seine Hände ein frisch geschnittenes Brett durch die Säge führten.
»Hallo«, hatte Maura gesagt.
Bauer Mehdorn hatte aufgeblickt, kurz genickt, und Maura hatte erkannt, dass sich im selben Augenblick sein Gesichtsausdruck änderte. Die jähe Erkenntnis, dass hier etwas nicht Wiedergutzumachendes passierte, hatte sich auf seinem Gesicht ausgebreitet. Zwei Fingerglieder rollten in den duftigen Haufen aus gelbem Sägemehl und färbten ihn sattrot. Wer soll damit denn jetzt noch spielen?, hatte Maura gedacht und war plötzlich panisch weggerannt. »Ruf’n Doktor, du Unglückskind!«, hatte ihr Mehdorn hinterhergebrüllt. Sie hatte sich kurz umgedreht und gesehen, wie sich der Bauer bückte, seinen abgetrennten Finger aufhob und ihn verblüfft ansah. »Jessesgottnochmal! ’n Doktor!«, hatte er geschrien. Aber da war Maura schon fast am Spielplatz angelangt. Hilkka hatte erst am Abendbrottisch von Bauer Mehdorns Unfall erfahren.
Maura blinzelte die Erinnerung weg. Es war nicht ihre Schuld, dass Mehdorn seinen Finger verloren hatte. Auch wenn ihr Gefühl etwas anderes sagte. Sie gab sich einen Ruck und startete den Motor, bog nach rechts ab und fuhr die schmale Straße zum Haus hinunter. Noch immer war der Fluss nicht zu sehen. Die Pappeln, die vor vielen Jahren schmächtig gewesen waren, warfen jetzt kräftige Schatten auf den bröckeligen Asphalt. Nur noch ein paar Meter. Mauras Herz pochte in ihrer Drosselgrube. Da war das Dach. Der Schuppen. Die leuchtende Backsteinfassade, an deren Ecke ein üppiger Rosenstrauch hinaufkletterte. Der morsche Zaun, dessen Farbe ein wenig abblätterte. Da war das Haus. Ihr Haus. Ihr Zuhause. Maura hielt an. Sie räusperte sich nervös, schüttelte dann den Kopf über sich selbst und stieg aus.
Das Erste, was ihr auffiel: Die blaue Haustür war geschlossen. Sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte sich nicht erinnern, jemals zu Fuß oder mit dem Fahrrad hier angekommen zu sein und die Tür verschlossen vorgefunden zu haben. Meistens lehnte eine lächelnde Tante Hettie am Türrahmen und trocknete sich die Hände am Zipfel ihrer kunterbunten Schürze ab. In den geräumigen Schürzentaschen organisierte Hettie ihren Tag. Morgens holte sie das Schulbrot für Maura heraus, wenn sie das Mädchen zur Tür brachte, mittags wurde die Post darin verstaut. Im Laufe des Nachmittags fanden Garnröllchen, bunte Fadenknäuel, winzige Scheren und das uralte Maßband ihren Weg hinein. Und wann immer Tante Hettie durch den Garten ging, gesellten sich auch eine Zucchini, eine Handvoll Walnüsse, frische Feigen, Karotten oder ein, zwei Birnen dazu. Am Latz der Schürze waren, wie hochrangige Auszeichnungen, Stoffschnipsel mit pinkfarbenen Sicherheitsnadeln befestigt.
»Sicherheitsnadeln halten die Welt zusammen«, pflegte Tante Hettie zu sagen. »Nichts ist haltbarer als das Provisorium.«
Mauras Augen wanderten über das behäbig am Flussufer stehende Gebäude, die verwitterten blauen Fensterläden, das Fachwerk und den üppigen Rosenstock, der sich an der Fassade hinaufrankte. Am Zaun, der das Grundstück gegen den Fluss abgrenzte, lehnte ein rostiges Fahrrad. Ein paar Blumenkästen mit verwelkten Geranien standen auf den Fensterbrettern.
»Na, hallo!«
Eine seltsam vertraute Stimme vom Nachbargrundstück ließ Maura aufblicken. Hinter einem gepflegten Staketenzaun bemerkte sie ein Gesicht, das ihr gleichzeitig vertraut und fremd vorkam.
»Ich hab mich schon gefragt, wann du hier aufschlagen wirst«, sagte Hilkka etwas reserviert.
Mauras Mundwinkel fühlten sich wie zementiert an, als sie automatisch ein höfliches Lächeln aufsetzte. In diese Grimasse mischte sich Fassungslosigkeit, als sie ihre alte Freundin erkannte.
»Hilkka!« Mehr brachte Maura nicht heraus.
»Ja«, sagte Hilkka.
»Du wohnst immer noch hier?«
»Jupp«, sagte Hilkka. »Bin nie von hier weggekommen! Ganz anders als du.«
Maura schwieg.
»Und? Wie geht’s dir?« Hilkkas Frage klang nicht so, als würde sie nach einer Antwort verlangen.
Maura zuckte die Achseln. »Und dir?«
»War ganz schön heftig, dass du damals einfach so abgehauen bist.«
»War es das?« Du hast dein Möglichstes getan, dass es so kam, dachte Maura säuerlich.
»Na hör mal, wir haben uns jeden Tag gesehen, sind durch dick und dünn gegangen. Und von einem auf den anderen Tag ziehst du dich total zurück. Sprichst nicht mehr mit mir, machst total dicht. Und dann bist du plötzlich verschwunden.«
»Stimmt, so war’s wohl«, gab Maura zu. Und jetzt tu mal nicht so, als wüsstest du nicht, warum ich nichts mehr mit dir zu tun haben wollte, setzte sie in Gedanken hinzu.
»Na, okay, anscheinend hattet du ja deine Gründe«, lenkte Hilkka ein.
»Die hatte ich.«
»Tut mir leid, dass ich das frage, aber: Hast du dich wirklich in jemanden von außerhalb verknallt und bist deshalb so mir nichts, dir nichts abgehauen?«
»Wer sagt das?«
»Damals haben das alle gesagt. War halt so ein Gerücht.«
»Und du hast das geglaubt?«
Hilkka zuckte mit den Schultern. »Hm. Ich wusste nicht, was ich glauben soll. Irgendwie war das damals, als wärst du mir plötzlich total fremd geworden.«
Und du mir erst, dachte Maura. Laut sagte sie: »Möglicherweise war’s ein bisschen anders.«
»Was ist passiert?«
»Ist gerade nicht der richtige Moment für Geständnisse«, meinte Maura. Und bevor du mir nicht die Wahrheit sagst, wirst du von mir kein Wort hören, dachte sie.
»Na gut. Ich freu mich trotzdem, dich zu sehen.«
»Danke. Da bist du wohl die Einzige.«
»Na, jetzt übertreib mal nicht. Also, was ist? Kommst du auf einen Kaffee rein?«
Die Erinnerung an die Ereignisse von damals war Maura noch sehr präsent: Hilkka, ihre beste, älteste Freundin, hatte sie mit Thore betrogen, Mauras Freund. Sie selbst hatte die beiden auf dem Heuboden überrascht.
»Sorry, ich hab gerade echt viel um die Ohren!«
»Ein Kaffee mit deiner alten Freundin wird ja wohl drin sein«, drängte Hilkka. »Ich möchte doch gerne wissen, wie es dir ergangen ist.«
Nachdem du eigenhändig dafür gesorgt hast, dass mein Leben eine komplett neue Richtung nehmen musste, du Miststück, dachte Maura. »Ach, nichts Aufregendes«, sagte sie. »Wir sehen uns ja sicher morgen auf der Trauerfeier, oder?«
»Jetzt mal ehrlich: Du verschwindest vor zwanzig Jahren, ohne Pipp und Papp zu sagen, und jetzt willst du nicht mal mit mir reden? Hab ich dir irgendwas getan?«
Jetzt Butter bei die Fische, Mädchen, dachte Maura. Sag’s ihr, konfrontier sie. Du bist doch sonst nicht so zimperlich. Du hast mir meinen Freund ausgespannt, du Schlampe.