Das letzte Gefecht an der Meeresküste - Mark Cheverton - E-Book

Das letzte Gefecht an der Meeresküste E-Book

Mark Cheverton

0,0

Beschreibung

Herobrine versammelt alle Monster aus Minecraft, in der Hoffnung Gameknight999 und seine Freunde ein für alle Mal zu zerstören. Dieser sucht verzweifelt nach einem Weg, den bösartigen Virus auszulöschen. Laut Weisung des Orakels muss er das geheimnisvolle Ozeanmonument finden, in dem das Buch der Weisheit versteckt ist, und ein undurchsichtiges Rätsel lösen: "Achte auf die niedersten und unbedeutendsten Kreaturen, denn dort wirst du deine Rettung finden!" Seine Freunde vertrauen auf den Benutzer-der-kein Benutzer-ist, doch Gameknight selbst plagen starke Zweifel. Ohne zu wissen, welch grauenhafte Kreaturen sie erwarten, machen sich die Freunde auf Richtung Küste. Auf einen Weg, auf dem sie jeder Schritt das Leben kosten kann.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 301

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der ehemalige Mathematik- und Physiklehrer Mark Cheverton begann mit dem Schreiben, um seinem Sohn die Gefahren von Cyberbullying anhand seines Lieblingsthemas zu erklären: Minecraft. Mittlerweile umfasst die Gameknight999-Serie 18 Titel und ein Ende ist noch nicht in Sicht.

© 2015 by Mark Cheverton

Titel der Originalausgabe: LAST STAND ON THE OCEAN SHORE

ISBN der Originalausgabe: 978-1-63450-098-2

 

This book is published in agreement with the author, c/o BAROR INTERNATIONAL, INC., Armonk, New York, U.S.A.

 

Minecraft® is a registered trademark of Notch Development AB.

Minecraft ®/TM & © 2009–2018 Mojang/Notch.

 

Dies ist kein offizielles Minecraft-Produkt. „Minecraft” ist eine eingetragene Marke der Notch Development AB. Es handelt sich bei diesem Werk nicht um ein offizielles „Minecraft“-Lizenzprodukt, und es steht in keiner Verbindung mit Mojang AB oder ­einem anderen „Minecraft“-Rechteinhaber.

 

Dieses Buch ist reine Fiktion. Der Autor erhebt keinen Anspruch auf die Urheberrechte von Minecraft, Mojang oder irgendwelche Namen, Orte, Kreaturen oder Gegenstände, die in diesem Spiel vorkommen. Alle Namen, Personen und Orte entstammen allein der Fantasie des Autors. Jede Ähnlichkeit mit aktuellen Ereignissen, Orten oder lebenden beziehungs­weise toten Personen ist rein zufällig. Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Erlaubnis des Autors darf dieses Werk weder ganz noch in Teilen, weder mechanisch oder elektronisch, nicht durch Fotokopien, Aufnahmen oder Datenspeicherung, vervielfältigt werden.

 

Alle Eigenschaften und Merkmale, die Gameknight999 in der Geschichte aufweist, sind frei erfunden und geben nicht den echten Gameknight999 wider, der das völlige Gegenteil des Charakters im Buch und ein unglaublicher und mitfühlender Mensch ist.

 

Technische Beratung: Gameknight999

 

© der deutschen Ausgabe: Ullmann Medien GmbH

Übersetzung aus dem Englischen: Kerstin Fricke

Lektorat: Maxi Lange, Claudia Hahn

Satz: Julian Pies

Redaktion: Sabine Herbold

Coverdesign: Owen Corrigan

Coverillustration: Vincent Vallois

Gesamtherstellung: Ullmann Medien GmbH, Potsdam

ePub Konvertierung: Datagrafix GmbH

E-ISBN 978-3-7415-2333-5

www.ullmannmedien.com

[email protected]

facebook.com/ullmannmedien

twitter.com/ullmannmedien

DANKSAGUNG

Ich möchte meinen Freunden und meiner Familie dafür danken, dass sie mich bei dieser Reise durch Minecraft unterstützt haben. Mein besonderer Dank gilt meinen Nichten und Neffen Breanna, Samantha, Lacy, Brennan, Cheyenne, Devin, Grant, Kyle, Kim, Jared, Austin, Courtney und Danielle für ihre Hilfe und ihre Begeisterung, ebenso wie all den „Minions“ meiner Frau. Ich bin euch allen zu großem Dank verpflichtet!

INHALT

Cover

Der ehemalige Mathematik

Titelblatt

Impressum

Danksagung

Inhalt

Was ist Minecraft?

Zitat

Kapitel 1: Das Orakel

Kapitel 2: Milkys Land

Kapitel 3: Überraschung in der Wüste

Kapitel 4: Der Wüstentempel

Kapitel 5: Kampf

Kapitel 6: Geflügelte Spione

Kapitel 7: Träume

Kapitel 8: Xa-Tul

Kapitel 9: Stonecutter

Kapitel 10: Das Wüstendorf

Kapitel 11: Reaper

Kapitel 12: Das Wiedersehen

Kapitel 13: Das Spiel Ändert sich

Kapitel 14: Im Nether

Kapitel 15: Tintenfisch

Kapitel 16: Das Ende

Kapitel 17: Das Küstendorf

Kapitel 18: Türen

Kapitel 19: Treffen der Könige

Kapitel 20: Das Ozeanmonument

Kapitel 21: Der Grosse Wächter

Kapitel 22: Das Buch der Weisheit

Kapitel 23: Die vier Reiter der Apokalypse

Kapitel 24: Zwei mutige Stimmen

Kapitel 25: Bemalte Zombies

Kapitel 26: Die letzte Schlacht

Kapitel 27: Monet113

Kapitel 28: Gemeinsamkeiten

Kapitel 29: Nach Hause

Minecraft-Seeds

Vorschau auf „Crafter in Gefahr“

WAS IST MINECRAFT?

Minecraft ist ein unglaublich kreatives Spiel, das die Computerspielindustrie verändert hat. Man spielt es entweder online mit Menschen aus der ganzen Welt, mit Freunden in einem lokalen Netzwerk (LAN) oder allein. Ich habe seit langer Zeit kein Videospiel mehr erlebt, bei dem man seine Kreativität derart ausleben kann. Dieses sogenannte Sandbox-Spiel ermöglicht es den Spielern, mit texturierten Blöcken alles zu bauen, was sie sich ausdenken. Natürlich bauen die meisten zuerst eine Burg. Ich habe das auch getan, und sie sah furchtbar aus, aber da es mein Werk war, habe ich sie geliebt. Ich vermute, dass viele zuerst eine Burg errichten, weil sie mit Blöcken bauen – es ist wie eine Art Initiationsritual.

Aber während ich zusammen mit meinem Sohn baute, bemerkte ich schnell, dass die normalen physikalischen Regeln in dieser digitalen Landschaft außer Kraft gesetzt sind. Im Kreativmodus kann man schwebende Städte, Brücken ins Nichts oder ein Unterwasserdorf aus Glas bauen (das unter anderem auf dem Server meines Sohnes von Griefern zerstört wurde!). Ich habe schon gewaltige verzierte Wendeltreppen gesehen, die sich von der Grundsteinebene bis hinauf zur Baugrenze auf Ebene zweihundertfünfundfünfzig erstreckten, sowie riesige Raumstationen, die am Himmel schwebten und mehrere Hundert Blöcke breit und lang waren. Im Grunde genommen ist alles möglich, solange man sich an die beiden wichtigsten Regeln hält: 1. Alles besteht aus Blöcken! 2. Du kannst alles bauen!

Ihr solltet euch unbedingt einige der Schöpfungen der Baumeister von HermitCraft ansehen, denn die versetzen einen in Erstaunen. Sucht nach ihren Videos, denn das, was sie erschaffen, regt die eigene Fantasie an, sodass ihr garantiert auch bald etwas Umwerfendes bauen wollt.

Das kreative Potenzial von Minecraft ist wirklich sehr beeindruckend. Einige Spieler haben Städte wie London oder Paris nachgebaut, Karten ganzer Länder erschaffen oder Pixelkunstwerke hergestellt, die einen aus den Socken hauen. Das eigentliche Spiel findet allerdings im Überlebensmodus statt. Dabei werden Spieler mit nichts als ihren Kleidern am Leib in einer blockartigen Welt ausgesetzt. In der Gewissheit, dass irgendwann die Nacht anbrechen wird, sammeln sie Ressourcen wie Holz, Stein, Eisen usw., um Werkzeuge und Waffen herzustellen und sich damit gegen die Monster zu verteidigen, die bei Einbruch der Dunkelheit hervorkommen.

Um Ressourcen zu erlangen, muss der Spieler Minen graben und tief in die Welt von Minecraft vordringen, in der Hoffnung, Kohle und Eisen zu finden, die beide für die überlebensnotwendigen Metallwaffen und -rüstungen gebraucht werden. Beim Graben stoßen sie auf Höhlen, mit Lava gefüllte Kammern und möglicherweise auch auf eine der wenigen Minen oder Verliese, in denen sich Schätze finden lassen. Doch viele der Wege und Kammern sind von Monstern (Zombies, Skeletten und Spinnen) bevölkert, die nur darauf warten, sich auf Unachtsame zu stürzen.

Das Land mag voller Monster sein, aber der Benutzer ist nicht allein. Es gibt riesige Server mit Hunderten oder sogar Tausenden von Spielern, die sich alle den Platz und die Ressourcen mit anderen Kreaturen in Minecraft teilen. Auf diesen Servern kann man unterschiedlichste Spieltypen ausprobieren – von Minispielen über Spleef (mein Lieblingsmodus) bis hin zu PvP (kann ich überhaupt nicht), Fraktionen, dem Überlebens- oder Kreativitätsmodus usw. Es ist wirklich erstaunlich, was schon alles in Minecraft erschaffen wurde, und diese unglaubliche Anzahl an Servern beweist wieder einmal, welche Möglichkeiten fantasiebegabte und kreative Spieler in Minecraft haben. Vor Kurzem habe ich einige Server entdeckt, die ich hier unbedingt erwähnen muss. Dort findet ihr eine Vielzahl an unfassbar komplexen Minispielen, aber auch Fraktionen, Gefängnisse, Spleef-Bereiche, PvP-Arenen, „Hunger Games“ … Alle Bauwerke, die man sich in Minecraft vorstellen kann, gibt es auf diesen Servern. Noch interessanter ist allerdings, dass man dort zu jeder Tages- und Nachtzeit Tausende von Benutzern antrifft, und Mineplex, der größte davon, brüstet sich mit über zwanzigtausend Benutzern. Sucht euch die IP-Adressen der Server heraus und testet sie; ihr werdet nicht enttäuscht sein. Aber seid gewarnt, denn in PvP und Fraktionen werden andere Spieler versuchen, euren Charakter zu zerstören – das sind jedoch keine Griefer; vielmehr werden diese Spiele so gespielt. Ich habe mit meinem Sohn auf Mineplex, The Hive, Desteria, MinecraftHG, ArkhamNetwork und Hypixel gespielt, aber es gibt bestimmt noch sehr viele weitere solcher Server.

Minecraft ist eine beeindruckende Plattform für kreative Menschen, die gern etwas bauen und erschaffen, aber sie sind dabei nicht auf Gebäude beschränkt. Mit einem Material namens Redstone können die Benutzer im Spiel elektrische Schaltkreise anlegen und so beispielsweise Kolben und andere Geräte antreiben und komplexe Maschinen aufbauen. Auf diese Weise wurden bereits Musikanlagen, funktionsfähige 8-Bit-Computer und raffinierte Minispiele in Minecraft erschaffen, die alle mithilfe von Redstone realisiert wurden. Seit der Einführung der Befehlsblöcke mit Version 1.4.2 ist es außerdem möglich, Spielmechaniken über Skriptfunktionen zu steuern, woraufhin auf der ganzen Welt völlig neue Minecraft-Programme entstanden, die noch ausgeklügeltere Spielmechaniken ermöglichen.

Das Schöne und Brillante an Minecraft ist, dass es sich nicht nur um ein Spiel handelt, sondern um ein Betriebssystem, das seinen Benutzern gestattet, eigene Spiele zu programmieren und sich auf neue, in Minecraft bisher nie da gewesene Art zu entfalten. Dank der vielen Updates, die Mojang ständig produziert, entwickelt sich das Spiel unaufhörlich weiter und wird immer besser. Die kreativen Programmierer bei Mojang haben die Möglichkeiten der Befehlsblöcke erweitert, sodass inzwischen Spiele wie Missile Wars (was ich sehr mag) und der Klassiker Cake Defense (ein weiterer meiner Favoriten) nachgebaut wurden. Wenn ihr sie noch nicht getestet habt, dann solltet ihr das schleunigst nachholen, denn es macht sehr viel Spaß, sie zusammen mit Freunden zu spielen. Mit Vollversion 1.8 (Bountiful Update) kamen weitere coole Funktionen hinzu … Mir gefallen das Ozeanmonument, die Wächter und die Kaninchen am besten.

Minecraft ist nicht nur ein Spiel, ein Betriebssystem oder eine Programmierumgebung, es ist so viel mehr. Im Grunde genommen entspricht es einer nackten Leinwand, die sich in alle Richtungen erstreckt und auf der man seiner Fantasie freien Lauf lassen kann.

Was wirst du erschaffen?

"Ich sah einen Engel im Marmor und meißelte so lange, bis er frei war."

Michelangelo

KAPITEL 1

DAS ORAKEL

Die gefleckten Creeper kamen wie eine wütende grüne Woge aus dem Dschungel, und nur ein einziger Gedanke beherrschte ihre winzigen Gehirne: Explodieren … explodieren … explodieren.

Herobrine stand auf der Klippe über dem Dschungeltempel und beobachtete, wie seine Kreaturen zwischen den Bäumen hervorkamen und über die Lichtung liefen. Riesige Krater in der Landschaft kennzeichneten die Stellen, an denen TNT explodiert war; die verzweifelten Dorfbewohner hatten die rot-weißen Blöcke gesprengt, um sich gegen die Spinnenkönigin und ihre grausame Armee aus achtbeinigen Monstern zu verteidigen. Zaghaft lugte neues Grün aus der Erde hervor und machte sich daran, die braunen Schandflecken auszulöschen, die dafür sorgten, dass die direkte Umgebung des Tempels eher einer zerklüfteten Mondoberfläche glich.

Die NPCs und Herobrines Erzfeind Gameknight999 waren fort. Eigentlich hatte Herobrine vorgehabt, nach dem Initialangriff der Spinnen über die Dorfbewohner herzufallen und sie mit seiner Armee aus Creepern und Zombies zu vernichten … aber irgendwie war ihnen ein weiteres Mal die Flucht gelungen.

Er kochte vor Zorn, und seine Augen leuchteten hell, aber dann riss er sich zusammen, und das Leuchten ließ nach.

„Ich werde dich ab sofort nicht mehr unterschätzen, Benutzer-der-kein-Benutzer-ist“, knurrte Herobrine. „Unser nächstes Zusammentreffen wird auch das letzte sein!“

Herobrine stand mit ausgestreckten Armen da und blickte auf die grün und schwarz gefleckten Kreaturen hinab.

„Kommt, meine Kinder, gewährt dieser steinernen Struktur eure liebevolle Umarmung.“

Die gewaltige Monstergruppe näherte sich dem Tempel. Ein einsamer Creeper huschte voraus zur steinernen Seite des Gebäudes und bewegte die kleinen Füße so schnell, dass man sie kaum erkennen konnte. Er blieb direkt neben der Mauer stehen, fing an zu zischen und zu leuchten, und sein Körper schwoll während des Detonationsvorgangs an. Im nächsten Augenblick …

BÄMM!

Die Kreatur explodierte vor der bemoosten Bruchsteinmauer. Eigentlich hätte die Wand dadurch einstürzen müssen, doch sie bekam seltsamerweise kaum einen Kratzer. Ein weiterer Creeper trat vor und gehorchte Herobrines Befehl, indem er sein Leben hingab … Auch er explodierte, und wieder blieb die Mauer stehen.

Herobrine knurrte. Er konnte spüren, wie ihn die alte Vettel in ihrer unterirdischen Kammer auslachte.

„So, Orakel, du setzt also deine Magie ein, damit das Gemäuer nicht einstürzt“, stellte Herobrine fest. „Tja, dann wollen wir mal sehen, was du dazu sagst.“

Er hob die Hände gen Himmel, krümmte die Finger, sodass sie wie Drachenklauen aussahen, sammelte seine Crafting-Kräfte und projizierte sie in die dunklen Wolken über seinem Kopf. Ein zufriedenstellendes Donnern ertönte, gefolgt von einem zweiten und einem dritten …

BRITZEL!

Ein Blitz sauste zu Boden und traf einen der Creeper. Im nächsten Augenblick war die Kreatur von einer knisternden elektrischen blauen Ladung umgeben. Funken tanzten über ihre grüne Haut und verliehen ihr ein beinahe magisches Aussehen. Ein weiterer Blitz zuckte vom Himmel herab, dann noch einer und immer mehr, und sie erschufen lauter aufgeladene Monster, deren elektrische Energie ihr zerstörerisches Potenzial deutlich vergrößerte.

Drei dieser geladenen Creeper bewegten sich lautlos auf das Gebäude zu, dann hallte das Zischen ihres Detonationsvorgangs durch die Luft. Dieses Mal rissen die schrecklichen Explosionen die Seite des Gebäudes auf, Bruchsteinblöcke flogen durch die Luft und prallten den umstehenden Monstern auf den Kopf.

„Großartig!“, brüllte Herobrine. „Jetzt alle anderen … ATTACKE! LASST KEINEN STEIN AUF DEM ANDEREN!“

Immer mehr Creeper stürmten vor, explodierten und rissen Löcher in die Mauern des Dschungeltempels. Mit zunehmender Zeit und Creepern verschwand die oberste Ebene. Die gefleckten grünen Monster flogen mit hasserfülltem Eifer in die Luft und hielten Ausschau nach immer weiteren Gebäudeteilen, die sie zerstören konnten, um ihren einzigen Lebenszweck mit lautem Getöse zu erfüllen.

Sobald die überirdischen Teile des Tempels zerstört waren, drangen die Creeper in die unterirdischen Gänge ein und hörten erst auf, als kein einziger Bruchstein mehr übrig war. Innerhalb von Minuten war jeder Hinweis darauf, dass an dieser Stelle ein Dschungeltempel gestanden hatte, völlig von der Oberwelt getilgt.

Herobrine teleportierte sich an den Rand des rauchenden Kraters und blickte in das Loch hinab. Ein großer Lavasee lag zu seiner Linken und schien einst Bestandteil einer der Fallen der Alten gewesen zu sein. Rechts entdeckte er eine Treppe, die weiter in die Tiefen von Minecraft hinabführte.

„Ich weiß, dass du da unten bist, alte Frau, und ich komme dich holen“, säuselte er.

Er legte die Finger an die Lippen und pfiff. Das durchdringende Geräusch zerschnitt die Luft wie eine Klinge, die durch Fleisch fährt, und ließ alle Creeper zusammenzucken. Dann hallte auch schon das Stöhnen und Knurren einer riesigen Zombiearmee durch die Luft, die soeben den Wald verließ und sich der gerade entstandenen Mulde näherte. Herobrine wusste genau, was am unteren Ende dieser Treppe wartete: kräftige Kiefer und spitze Zähne, die Fleisch zerfetzen wollten. Doch dieses Schicksal wollte er nicht erleiden. Viel lieber opferte er seine Zombies, bis er sicher sein konnte, dass ihm da unten keine Gefahr mehr drohte.

„Geht in den Tunnel, und sichert ihn“, befahl Herobrine dem Zombiemob, „aber lasst die alte Frau in Ruhe … Sie gehört mir.“

Die Zombies knurrten zustimmend und liefen in den Krater, um den Lavateich herum und die Stufen in die Dunkelheit hinab. Schon hörte Herobrine das Kläffen und Knurren von Wölfen, von denen gut einhundert da unten zu lauern schienen. Er malte sich aus, wie sie gnadenlos nach den Zombies schnappten, aber seine Monster strömten gehorsam weiter die Treppe hinunter, denn Herobrines Befehl und die Furcht vor ihrem Anführer ließen ihnen keine andere Wahl. Welle um Welle der verwesenden grünen Kreaturen drang in den Gang ein. Das Stöhnen und Kläf-fen vermengte sich in der unterirdischen Kammer. Nach und nach hörte man das Zombiestöhnen jedoch besser aus der Kakofonie heraus, während das Kläffen nachließ … Für zwei bis drei gefallene Zombies musste auch ein Wolf sein Leben lassen.

Irgendwann drang der schmerzerfüllte Todesschrei eines Wolfs nach oben, danach war nichts als das Stöhnen der Zombies zu hören. Nun konnte Herobrine gefahrlos nach unten gehen. Er drängte die grünen Kreaturen beiseite und stolzierte wie ein siegreicher Held die Treppe hinunter, obwohl er nichts weiter getan hatte, als egoistisch das Leben anderer auf grausame Weise zu opfern.

Herobrine bahnte sich durch die Zombies einen Weg nach unten, bis er das Ende der Treppe erreicht hatte. Der Gang führte in eine aufwendig verzierte Kammer, deren Boden Blöcke aus Lapislazuli, Smaragd und Gold bildeten. Hohe Säulen aus Bruchstein ragten hinauf bis zur Decke aus Stein und Erde, und an den Wänden hingen im Abstand von vier oder fünf Blöcken Fackeln, deren Flammen Lichtkreise erzeugten und den ganzen Raum in ein goldenes Licht tauchten. Jeder andere hätte diesen Anblick als wunderschön beschrieben, aber das galt natürlich nicht für Herobrine.

„Du bist also endlich gekommen“, sagte eine kratzige Stimme vom anderen Ende der Kammer.

Herobrine verließ die Treppe und betrat den Boden der Kammer. Rings um sich herum sah er unzählige Haufen aus Zombiefleisch und leuchtende Erfahrungskugeln, die über dem Schlachtfeld schwebten. Er machte einen großen Bogen um die Kugeln, da er sich nicht in einen Wolf oder einen Zombie verwandeln wollte. Während er durch die Kammer schritt, hörte er den Gehstock der alten Frau über den Boden klappern. Sie kam auf ihn zu … perfekt.

„Du hast mir ziemlich viel Ärger gemacht, Virus“, sagte sie. „War es wirklich nötig, all meine Wölfe zu töten?“

„Ich werde alles vernichten, was dir lieb und teuer ist. Einfach, weil mir danach ist“, antwortete Herobrine.

„Aber du hast auch viele Zombies sterben lassen“, fuhr das Orakel fort. „Empfindest du denn keinen Respekt für lebendige Wesen?“

„Diese Zombies unterstehen meinem Befehl, und ich kann sie opfern, wenn ich es für nötig erachte. Sie haben ihr Leben gern für mich gegeben.“

„Besonders glücklich sahen sie aber nicht aus“, bemerkte die alte Frau.

„Dir fehlt eben Weitsicht, Weib. Du erkennst einfach nicht, was wirklich wichtig ist. Ein paar Hundert Zombies wurden geopfert … Wen interessiert das schon? Deine Gefühle und Stimmungen beeinflussen dein Urteilsvermögen, und aus diesem Grund wirst du verlieren und ich werde gewinnen.“

„Das werden wir ja sehen, Herobrine. Diesmal wird Gameknight999 jedoch bereit sein.“

„So wie letztes Mal?!“, brüllte er. „Deine jämmerlichen kleinen Hunde waren alles, was ihn vor der Vernichtung gerettet hat. Das wird jedoch nicht noch einmal passieren. Wenn ich dem Benutzer-der-kein-Benutzer-ist das nächste Mal gegenübertrete, habe ich eine kleine Überraschung für ihn … Etwas, das selbst das große Orakel nicht vorhergesehen hat.“ Er trat einen Schritt näher, woraufhin der alte NPC seinen Gehstock fester umklammerte. „Hast du die Veränderung der Server bemerkt? Ich bezweifle es. Ich war sehr vorsichtig, als ich etwas geschaffen habe, das so harmlos und unwichtig erschien, dass es sogar dem allzeit wachsamen Blick des Orakels entgangen ist. Aber dieses unscheinbare Ding wird das Gleichgewicht entscheidend beeinflussen und dafür sorgen, dass der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist bald vor mir auf den Knien liegt.“

Herobrine stieß sein böses, manisches Lachen aus, das durch die Kammer hallte. Er machte noch einen Schritt und zog sein Schwert.

„Deine Zeit ist um“, erklärte er grinsend, „und jetzt hast du keine Köter mehr, die dich beschützen können. Alle NPCs haben dich verlassen, und du bist ganz allein. Das Orakel ist von meiner Gnade abhängig.“

„Du kennst die Bedeutung dieses Wortes doch gar nicht“, spie ihm das Orakel ins Gesicht. Sie hob ihren Gehstock hoch und schleuderte ihn zur Seite.

„Was machst du denn?“, fragte Herobrine.

Das Orakel lächelte nur, schloss die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Was hast du vor?“

Sie erwiderte nichts … und lächelte bloß.

Herobrine hörte, wie die Musik von Minecraft immer lauter wurde. Er sah sich nervös im Raum um und wusste nicht, was gerade geschah, drehte sich dann jedoch wieder zu seiner Beute um. Entschlossen umklammerte er sein Schwert, hob es hoch in die Luft, machte den letzten Schritt auf das Orakel zu und ließ die Waffe herabsausen. Aber gerade, als die rasiermesserscharfe Klinge genau über ihrem grauen Haar war, verschwand sie, und Herobrines Schwert durchschnitt nur Luft.

Er drehte sich schnell um die eigene Achse und hielt nach der alten Frau Ausschau. Was ist passiert? Hat sie sich irgendwie teleportiert? Es war ihm völlig neu, dass sie derartige Kräfte besaß. Während er unschlüssig und sprachlos dastand, erloschen die Fackeln an den Wänden eine nach der anderen, als würde ein unsichtbarer Riese die Flammen mit den Fingern ausdrücken. Eine Fackel nach der anderen flackerte und ging aus, bis der Raum in völlige Dunkelheit getaucht war.

Herobrine sammelte seine Teleportkräfte und tauchte im nächsten Moment auf der Klippe wieder auf, unter der sich nun ein gewaltiger Krater anstelle des Tempels befand. Er drehte sich auf der Suche nach dem Orakel um die eigene Achse, konnte es aber nirgendwo entdecken. Den einzigen Hinweis darauf, dass eben etwas Monumentales geschehen war, gab ihm die Musik von Minecraft. Sie war immer lauter geworden, aber nun bemerkte er, dass sie verklang und fast schon wie sonst auch nur im Hintergrund zu hören war.

Während sich Herobrine mit seinen leuchtenden Augen nach links und rechts umschaute, grinste er.

„Dann habe ich es wohl geschafft … Ja! Ich habe das Orakel vernichtet!“, rief er laut aus. „HÖRST DU DAS, GAMEKNIGHT999 … ICH HABE DIE ALTE VERNICHTET, UND JETZT KOMME ICH DICH HOLEN!“

Er verschwand und tauchte an der Meeresküste wieder auf.

„Und dieses Mal habe ich eine kleine Überraschung für dich, Benutzer-der-kein-Benutzer-ist.“

Herobrine stieß erneut sein böses, hasserfülltes Lachen aus und verschwand. Zurück blieb nur der rauchende Krater – eine weitere Narbe im Antlitz von Minecraft.

KAPITEL 2

MILKYS LAND

Tagelang segelten die vielen Boote über den eintönigen Ozean. Es war den NPCs gelungen, die riesige Spinnenarmee am Dschungeltempel zurückzuschlagen, und die offene Feldschlacht war dadurch beendet worden, dass Gameknight999 die Spinnenkönigin vernichtet hatte. Aber der Ausgang des Kampfes hatte auf Messers Schneide gestanden, und es hätte auch ebenso gut anders enden können. Da Herobrine ihnen eine weitere Armee aus Creepern und Zombies auf den Hals gehetzt hatte, war ihnen nichts anderes übrig geblieben, als die Flucht zu ergreifen.

Mithilfe von Booten, die ihnen Gameknights Freund, der Benutzer Shawny, zur Verfügung gestellt hatte, waren sie Herobrines Falle entkommen und ins Ungewisse gesegelt; aber langsam kamen immer mehr Zweifel an dieser Entscheidung auf. Seit Tagen war kein Land zu sehen, und ihre Nahrungsvorräte schrumpften zunehmend. So flüsterten viele NPCs ängstlich miteinander, die schon befürchteten, nie wieder an Land gehen zu können. Gameknight sah, dass einige ihre Angeln hervorholten, doch ihre enttäuschten Gesichter verrieten ihm, dass sie nichts fingen. Wenn sie nicht bald Land entdeckten, würden sie große Probleme bekommen.

Zu seiner Rechten bemerkte Gameknight eine Gruppe von Tintenfischen, deren knallrote Münder mit den scharfen weißen Zähnen sich deutlich vom sanften Blau des Meeres abhoben. Diese Tiere hatten ihn schon immer fasziniert. Ihre Zähne wirkten immer so bedrohlich – erst recht jetzt, wo er sich im Spiel befand – und sahen aus, als könnten sie einen NPC innerhalb von Sekunden zerfetzen. Dabei waren sie völlig harmlose Kreaturen, deren Tintenbeutel beim Craften als schwarze Farbe dienten. Die eckigen Kreaturen bewegten sich mit friedlicher Anmut durchs Wasser und zogen ihre langen, rechteckigen Tentakel hinter sich her. Sie konnten keiner Fliege etwas zuleide tun.

Gameknight999 beneidete diese Tintenfische.

Als er nach links schaute, sah er Digger, der in seinem eigenen Boot übers Meer schipperte. Der große NPC drehte sich zu Gameknight um. Das Licht der Sonne, die gerade am endlosen Horizont aufging, brachte sein hellbraunes Haar zum Leuchten, und in seinen grauen Augen schimmerte wie immer ein Hoffnungsfunke. Neben ihm ruderte Stonecutter. Der stämmige NPC bewegte sein Boot mühelos vorwärts und hielt gleichzeitig auf dem Meer Ausschau nach Gefahren. Er war stets auf der Hut vor Monstern.

„Ich liebe die Farben des Sonnenaufgangs“, sagte jemand rechts neben ihm.

Gameknight drehte sich zu seiner Schwester Monet113 um, die im Boot neben ihm saß. Sie trug noch immer ihre Eisenrüstung, hatte den Helm allerdings abgesetzt. Ihr hellblaues Haar fiel ihr auf den Rücken und unterstrich ihre Liebe zu Farben und Kunst.

„Ich auch“, stimmte ihr Digger zu. „Und selbst hier draußen fühle ich mich sicherer, wenn die Sonne aufgeht.“

„Ja“, meinte Gameknight999, „es ist beruhigend, dass hier im Ozean keine Monster spawnen. Einige kampffreie Tage haben allen gutgetan.“

Der große NPC nickte und bewegte sein Boot neben Gameknights, sodass Stonecutter allein war.

„Hast du eine Ahnung, was wir tun werden, sobald wir Land entdecken?“, wollte Digger wissen.

Gameknight zuckte mit den eckigen Schultern.

„Eigentlich nicht“, gab er leise zu. „Ich weiß nur, dass wir unbedingt ein Dorf und etwas zu essen finden und weitere NPCs rekrutieren müssen. Bestimmt war Herobrine stinksauer, als er entdeckt hat, dass wir seiner Falle entronnen sind. Er wird uns alles, was ihm zur Verfügung steht, entgegenwerfen, wenn er uns wiederfindet. All die Schlachten, die wir bisher geschlagen haben, werden im Vergleich zu dem, was Herobrine in seinem Zorn auf die Beine stellt, verblassen.“ Gameknight beugte sich zu dem großen NPC hinüber und senkte die Stimme. „Ich habe das Gefühl, dass wir die letzte Schlacht um Minecraft nicht etwa auf den Stufen zur Quelle gegen Erebus und die Monster der Oberwelt und des Nether geschlagen haben. Vielmehr wird es die sein, die uns noch erwartet, irgendwo da draußen … und wir müssen bereit sein.“

„Vielleicht können wir Shawny dazu bringen, dass er einige Benutzer bittet, uns zu helfen“, schlug Monet vor.

Aber Gameknight schüttelte den Kopf.

„Der Beschluss des Rats der Crafter besteht noch immer“, erwiderte Gameknight. „Sobald Benutzer auftauchen und die NPCs ihre Hände und Waffen benutzen, werden sie aus ihrem Dorf verbannt … und du weißt ja, was das bedeutet.“

„Dann würden sie zu Verlorenen … NPCs ohne Dorf“, murmelte Digger, der die Worte kaum über die Lippen bekam. „Sie wären gezwungen, ganz allein durch die Oberwelt zu streifen … ohne Gemeinschaft und ohne Freunde.“

„Weißt du, wie lange ein Dorfbewohner allein in Minecraft überleben kann, Monet?“, fragte Gameknight.

„Nicht lange“, sagte Digger.

Der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist nickte.

„Dann sind wir auf uns allein gestellt?“, hakte sie nach.

Gameknight und Digger bestätigten es mit einem Nicken.

„Würde ein Dorfbewohner weiterkämpfen, nachdem ein Benutzer aufgetaucht ist, würde er alles riskieren“, erklärte Gameknight. „Und das kann ich von niemandem verlangen. Wir müssen einen Weg finden, Herobrine ohne die Hilfe von Benutzern zu besiegen.“

„Du weißt ja, dass wir alle auf dich vertrauen. Du wirst uns bestimmt weiterhin gut anführen und Herobrine besiegen“, fügte Digger hinzu.

Wenn ich doch selbst auch so zuversichtlich sein könnte, dachte Gameknight. Aber ich weiß doch gar nicht, was ich hier mache. All diese NPCs glauben, ich wäre eine Art Held, dabei spiele ich ihnen nur etwas vor und versuche, irgendwie über die Runden zu kommen, ohne mir anmerken zu lassen, dass ich eigentlich gar keine Ahnung habe.

Er holte das gepunktete rosafarbene Ei aus seinem Inventar, die Waffe, die den Worten des Orakels zufolge Herobrine vernichten würde. Während er es in seinen klobigen Händen drehte, betrachtete er die Oberfläche und versuchte herauszufinden, was es war … doch es blieb ihm ein Rätsel.

Was soll ich nur damit machen?

Gameknight dachte an sein letztes Gespräch mit der alten Frau zurück. Sie hatte gesagt: „Achte auf die niedersten und unbedeutendsten Kreaturen, denn dort wirst du deine Rettung finden.“

Was hat sie damit gemeint? Es muss sehr wichtig sein.

Er erschauderte und rang wieder einmal mit seinen Zweifeln.

„Weißt du, was du mit dem Ding anfangen musst?“, erkundigte sich Monet.

Gameknight zuckte mit den Achseln.

„Keine Sorge, du wirst es schon noch herausfinden“, beruhigte sie ihn. „Zur rechten Zeit wirst du wissen, was du zu tun hast.“

„Das mag für dich ja in Ordnung sein, Monet, aber ich ticke anders“, entgegnete Gameknight. „Ich kann nicht einfach darauf warten, dass es passiert. Ohne Plan und Vorbereitungen geht bei mir gar nichts, schließlich hängt zu viel davon ab, dass ich das Richtige tue. Ich kann das nicht so machen wie du und erst handeln, um danach nachzudenken … So läuft das bei mir nicht.“ Er richtete den Blick auf die aufgehende Sonne. Der Himmel war inzwischen Dunkelblau geworden, sodass man kaum noch erkennen konnte, wo er aufhörte und wo das Meer anfing. „Jenny … Was ist, wenn ich es nicht herausfinde?“, flüsterte er. „Oder wenn ich dafür nicht klug genug bin?“

„Was ist, wenn?“, wiederholte sie. „Hast du das gerade wirklich gesagt, Tommy?“

Gameknight starrte bedrückt in sein Boot.

„Du weißt doch, was Dad in dem Fall immer gesagt hat?“

Er nickte.

„Ja … Er sagte, man soll sich nicht auf das konzentrieren, was sein könnte, sondern auf das Hier und Jetzt“, rezitierte Gameknight die Worte, die er schon unzählige Male von seinem Vater gehört hatte. Er beugte sich zu seiner Schwester hinüber. „Ich wünschte, er wäre jetzt hier und nicht unterwegs. Wir könnten seine Hilfe gebrauchen … Beim Digitalisierer … Mit Herobrine. Wenn er zu Hause wäre, wüsste er bestimmt, was zu tun ist. Aber er ist nie da, und ich muss immer seine Arbeit machen, solange er weg ist … Also eigentlich immer!“

Gameknights Vater war ständig unterwegs und versuchte, seine Erfindungen zu verkaufen; aus diesem Grund war Gameknight überhaupt erst in Minecraft gelandet. Während der Abwesenheit seines Vaters war es Gameknights Aufgabe, sich um seine Schwester zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sie keine Schwierigkeiten bekam. Aber keiner hatte damit gerechnet, dass Jenny, wie seine Schwester im wirklichen Leben hieß, den Digitalisierer benutzen und in Minecraft landen würde. Ihre impulsive Art, die sie dazu brachte, erst zu handeln und hinterher nachzudenken, brachte ihr ständig Ärger ein, und immer blieb es an Gameknight hängen, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.

Doch Gameknight verdrängte die Unsicherheit und die Angst und blickte zu den Booten hinüber, die in seiner Nähe auf dem Wasser schaukelten. In der Ferne sah er eine funkelnde Rakete zum Himmel hinaufsteigen und dort farbenfroh explodieren – es war eine von Crafters Feuerwerksraketen. Der kluge NPC schoss sie ab, damit alle Boote zusammenblieben, was während der langen Nächte gut funktioniert hatte, aber inzwischen war Gameknight besorgt, dass Crafter bald die Raketen ausgehen würden. Als er Digger gerade danach fragen wollte, hallte Crafters kindliche Stimme über das Rauschen des Meeres hinweg zu ihnen herüber.

„Ich sehe Land!“, rief Crafter. „LAND IN SICHT!“

Die NPCs jubelten laut, und Diggers Freudenruf dröhnte in Gameknights Ohren. Voller Hoffnung lenkten die Dorfbewohner ihre Boote in Richtung des erdfarbenen Flecks, der am Horizont langsam größer wurde.

Nach einigen Minuten konnte auch Gameknight das neue Land sehen … aber es war nicht so, wie er erwartet hatte. In der Landschaft ragten hohe Pilze auf, die wie Wächter wirkten, und auf ihren roten Hüten befanden sich kleine weiße Quadrate. Dazwischen standen braune Pilze mit flachem Hut und knochenweißen Stielen. Der Boden schien eine Mischung aus Lila- und Pinktönen zu sein, wodurch es beinahe so aussah, als wäre man auf einem anderen Planeten. Gameknight wurde immer aufgeregter, als ihm klar wurde, dass sie sich einem Pilzbiom näherten. Er hatte noch nie zuvor eins betreten, aber online schon sehr viel darüber gelesen und sich auf YouTube zahlreiche Videos angesehen.

Nachdem Gameknight sein Boot an den Strand gelenkt hatte und an Land gegangen war, konnte er das Muhen von Kühen hören. Er lief eine flache Anhöhe hinauf und stand einer riesigen Herde von Mooshrooms gegenüber, rot-weiß gefleckten Kühen, auf deren Köpfen und Rücken Pilze wuchsen. Ihre hellrote Haut bildete einen starken Kontrast zum lavendelfarbenen Myzel, das den Boden bedeckte. Als sich Gameknight umschaute, bemerkte er, dass seine Schwester bereits auf einem flachen Pilz stand und staunend die Landschaft betrachtete. Er lief zu ihr.

„Gefällt es dir hier?“, fragte Gameknight.

Sie nickte, blickte auf ihn herab und grinste breit.

„Die Farben sind großartig“, sagte sie. „Die Blöcke, aus denen die Landschaft besteht …“

„Das ist Myzel“, erklärte er.

„Genau, Myzel. Es ist wundervoll. Ich kann wenigstens sechs verschiedene Farben erkennen. Und aus allen wachsen winzige Sporen, als würde das Land versuchen, weitere Pilze hervorzubringen.“ Monets Stimme klang beinahe, als würde sie träumen. „Und die Kühe …“

„Die nennt man Mooshrooms.“

Monet lachte auf.

„Aber wir haben jetzt keine Zeit, uns hier lange umzusehen, Monet. Es gibt viel zu tun.“

Sie blickte seufzend auf ihren Bruder hinab und stieg die behelfsmäßige Treppe aus Erdblöcken hinunter, die sie errichtet hatte, um auf den Pilz zu gelangen. Gameknight und Monet machten sich auf die Suche nach Crafter. Monet entdeckte den jungen NPC zuerst, dessen schwarze Robe vor dem malvenfarbenen Hintergrund besonders auffiel. Crafter hatte seine Axt in der Hand und marschierte auf den hohen weißen Stiel eines gewaltigen braunen Pilzes mit flachem Hut zu, der bestimmt zehn Blöcke hoch sein musste.

„Crafter, wir müssen …“, setzte Gameknight an.

„… die Pilze ernten“, fiel ihm der junge NPC ins Wort.

„Genau“, bestätigte Gameknight und wandte sich an seine Schwester. „Monet, besorg dir Schüsseln von allen, die eine dabeihaben. Wir können aus diesen Pilzen eine Suppe kochen. Dafür braucht man jeweils einen braunen und einen roten Pilz sowie eine Holzschüssel. Sammle so viele Schüsseln wie möglich ein, damit wir genug Suppe für alle zubereiten können.“

Er musterte die Gesichter der Umstehenden und hielt Ausschau nach einem ganz bestimmten NPC.

„Herder!“, rief Gameknight.

„Hier drüben!“

Gameknight drehte sich um und entdeckte den großgewachsenen, dünnen Jungen mit langem schwarzem Haar, der ihm zuwinkte. Der NPC trug eine Robe in der Farbe braunen Leders mit einem weißen Streifen in der Mitte und kam mit breitem Lächeln angelaufen, sobald er die Stimme seines Idols hörte.

„Ich bin hier … Ich bin hier!“, rief der Junge aufgeregt und blieb direkt vor dem Benutzer-der-kein-Benutzer-ist stehen.

„Ja, das sehe ich“, erwiderte Gameknight. „Du stehst mir ja fast schon auf den Füßen.“

„Oh, entschuldige“, murmelte Herder und machte einen Schritt nach hinten. „Wie kann ich helfen?“

„Es geht um die Mooshrooms“, antwortete Gameknight.

Herder starrte erst ihn und dann die rot-weißen Kreaturen verwirrt an.

„Ich möchte, dass du sie scherst“, erklärte Gameknight. „Du kannst die Pilze einsammeln, dann werden sie zu normalen Kühen. Nach dem Scheren musst du so viele anlocken, wie du nur kannst. Wir brauchen eine neue Herde, und wie jeder weiß, ist das dein Fachgebiet.“

„Aber ich habe keine Wölfe, die mir helfen können“, beschwerte sich der schlaksige Junge.

„Dann lass dir von den Kriegern helfen. Aber wir brauchen unbedingt etwas zu essen.“

Herder zuckte zusammen, als Gameknight andeutete, dass sie die Tiere vielleicht töten mussten. Er wusste, dass diese Vorstellung für Herder schwer zu verkraften war, aber der Junge kannte auch die raue Realität: Wenn einem die Nahrung ausging, dann hielt man nicht mehr lange durch.

„Ich übertrage dir diese Aufgabe … Kann ich mich darauf verlassen, dass du sie erledigst?“

Herder blickte zu Gameknight auf und nickte, denn er war stolz, dass ihm der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist eine so wichtige Aufgabe anvertraute. Dann ging der Junge mit einer silbernen Schere in der Hand los. Gameknight bedeutete einigen Kriegern, ihm zu helfen. Sie hörten sofort auf, Pilze auszugraben, und folgten Herder. „Wolfsmann! Wolfsmann!“, riefen sie begeistert.

Gameknight lächelte.

Noch vor gar nicht langer Zeit war Herder verspottet und tyrannisiert worden. Weil der Junge anders war als die anderen, hatte man ihn verhöhnt und ihm bei jeder sich bietenden Gelegenheit gemeine Streiche gespielt. Sein Spitzname war „Schweinejunge“ gewesen, weil er mit Tieren arbeitete, aber dieser Name hatte ihn verletzen und nicht ehren sollen. Doch der Junge hatte es geschafft, im Kampf an der Quelle Mut und Ehre unter Beweis zu stellen, indem er die Monsterhorde mit einem riesigen Wolfsrudel an der Seite zurückgedrängt und Hunderte seiner Kameraden gerettet hatte. Nun nannte man ihn nicht mehr „Schweinejungen“, sondern „Wolfsmann“, und diesem Namen wohnte Respekt inne, da seine einzigartige Gabe endlich von allen anerkannt wurde und ihn das ganze Dorf als wichtiges Mitglied der Gemeinschaft akzeptierte. Gameknight war stolz auf Herder und blickte ihm lächelnd hinterher.

Dann ließ der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist den Blick über die Landschaft schweifen. Alle NPCs gruben Pilze aus und verstauten die kleinen rot-braunen Blöcke in ihrem Inventar. Einige hatten sogar schon angefangen, Pilzsuppe zuzubereiten, tranken von der blassen Flüssigkeit und reichten die Holzschüssel danach an den nächsten Dorfbewohner weiter. Gameknight entdeckte Digger auf der Spitze eines kleinen Hügels und nahm sich eine Schüssel Pilzsuppe, mit der er den Hang erklomm, bis er neben dem großen NPC stand.

„Digger … Für dich“, sagte Gameknight und reichte ihm die Schüssel.

Digger streckte einen seiner muskulösen Arme aus, nahm die Schüssel, trank alles aus und gab sie Gameknight zurück.

„Danke“, sagte er mit seiner tiefen Stimme.

Gameknight nickte und stand dann neben ihm mit dem Rücken zum Ozean. Aus dieser Höhe konnten sie erkennen, dass es sich bei dem Pilzland um eine große Insel handelte, die nur durch einen schmalen Wasserstreifen vom Festland getrennt war. In der Ferne sahen sie bereits das Land, das sie erwartete … eine heiße, trockene Wüste.

„Dort wird es wenig Nahrung geben“, meinte Digger, ohne seinen Freund anzusehen. „Wir sollten so viele Pilze mitnehmen, wie wir tragen können.“

„Crafter hat schon alle zur Ernte eingeteilt.“

Digger brummte.

„Weißt du, welche Richtung wir einschlagen müssen?“, fragte Digger.

Gameknight schüttelte den Kopf.

„Ich dachte, wir gehen nach Osten“, sagte der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist. „Je weiter wir uns von Herobrine entfernen, desto besser. Aber wenn wir nicht bald ein Dorf finden, bekommen wir Probleme. Diese Pilze werden nicht lange reichen.“

„Wir müssen uns eine Strategie für die Durchquerung der Wüste ausdenken“, stellte Digger fest. „Auf dem Meer gab es keine Monster, und auf Pilzinseln kann man auch keine antreffen, daher waren wir in letzter Zeit ziemlich verwöhnt. Aber wir müssen alle daran erinnern, dass der Krieg noch lange nicht vorbei ist.“

„Die Spinnen in der Wüste werden uns das bestimmt bald ins Gedächtnis rufen“, meinte Gameknight.